Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich

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Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
Das Magazin für die ETH-Community
              April 2021

Was bleibt?
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
PANORAMA
                                                                           !
                                                               nu n g zählt
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                                                            bis a m 23. A
                                                       Noch Sie an der                g
                                                              n                ragun                              Führungskultur
                                                       könne itendenbef ternen

                                                                                                                  Ulrike Kutay erhält
                                                              be                  in
                                                        Mitar Umfrage zur hmen:
                                                              e r               l n e
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                                                                          n te i
                                                                u ni                    gen
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                                                                                                                  ALEA Award
                                                                         z  .ch
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                                      Beschaffungsrecht                                                           Ulrike Kutay, Leiterin des Instituts für Biochemie, ist mit dem ALEA Award als

                                      Tiefere Schwelle
                                                                                                                  vorbildlichste Führungskraft geehrt worden. Die Professorin wird von ihrem
                                                                                                                  Team als ehrliche, respektvolle und aufmerksame Gruppenleiterin geschätzt.

                                      für Einladungs-
                                                                                                                  Sie setzt sich ein für Diversität, familiäre Werte und flache Hierarchien, was
                                                                                                                  für ein motivierendes Arbeitsumfeld sorgt. Der ALEA Award wird jährlich an

                                      verfahren
                                                                                                                  Vorgesetzte verliehen, die innovative Arbeitsbedingungen ermöglichen und
                                                                                                                  die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Nominiert werden die Füh-
                                                                                                                  rungskräfte durch ihre Mitarbeitenden, die Jury besteht unter anderem aus
                                      Seit Jahresbeginn gilt das neue öffentliche Be-                             Vertreterinnen und Vertretern der AVETH, der HR und der PeKo.
                                      schaffungsrecht. Neben dem sogenannten Para-                                www.ethz.ch/alea →
                                      digmenwechsel hin zu mehr Nachhaltigkeit müssen
                                      auch Änderungen im Prozess beachtet werden. Ins-
                                      besondere müssen neu ab einem Auftragswert von
                                      150 000 Franken offizielle Einladungsverfahren
                                      durchgeführt werden. Dies erfordert die Erstellung
                                      eines Pflichtenhefts und eine nachvollziehbar do-
                                      kumentierte Evaluation. Daher muss die Beschaf-
                                      fungsstelle frühzeitig eingebunden werden. Wenn
                                      möglich sind jeweils drei Angebote einzuholen.
                                      Fehlende Angebote müssen begründet werden.
                                      www.ethz.ch/beschaffungsrecht →

                                      3246
                                      Die Zahl

                                                              So viele Tonnen CO2-Äquivalente
                                                              an Treibhausgasemissionen haben
                                                                                                                                                         F oto: z v g
                                                               Dienstreisen von ETH-Angehö-
                                                               rigen im letzten Jahr verursacht.
                                                          t
                                                                         Das sind rund 80 Prozent we-             «Point»
                                                 ftsberich

                                                                                                                  Neue Community-Plattform
                                           Geschä
                                           2020                          niger Emissionen als 2019. Die
                                                                                Auswirkungen, welche das
                                                                                Coronavirus auf den interna-
                                                                                 tionalen Flugverkehr hatte,      «Point» ist eine neue digitale Gemeinschaftsplattform der ETH Zürich und
                                                                                 zeigt sich somit auch deutlich   steht allen Angehörigen offen – vom Verwaltungspersonal über den Lehrkör-
                                                               12.03.2
                                                                      1 10:32

                                                                                 in der Bilanz der Dienstrei-     per bis hin zu den Studierenden. Auf der Webseite können sich Nutzerinnen
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                                                       sen von ETH-Angehörigen. Weitere                           und Nutzer in Gruppen zu ihren Interessen austauschen, Veranstaltungen und
                                      spannende Zahlen zur ETH Zürich im Jahr 2020                                Tipps teilen oder über den Marktplatz gebrauchten Gegenständen ein länge-
                                      finden Sie im aktuellen Geschäftsbericht.                                   res Leben schenken.
                                      www.ethz.ch/geschaeftsbericht →                                             www.point.ethz.ch →

                                      2        life 1 / 2021
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
Projekt rETHink

                                                                                                     Workstreams
                                                                                                     im Überblick

                                                                                Foto: Omar Zeroual
                                                                                                     Damit die ETH Zürich auch in Zukunft zu den bes-
                                                                                                     ten Hochschulen der Welt gehört, wurde das
                                                                                                     Projekt rETHink ins Leben gerufen. Es soll die
                                                                                                     Weichen stellen für die organisatorische Wei-
                                                                                                     terentwicklung der ETH. In sechs Teilprojekten
Veranstaltungsmanagement                                                                             wird die jetzige Organisation reflektiert und an

Studio für
                                                                                                     den Herausforderungen gespiegelt, mit denen
                                                                                                     sich die Hochschule heute und morgen konfron-
                                                                                                     tiert sieht. Auf der rETHink-Webseite werden die

virtuelle Events
                                                                                                     einzelnen Workstreams vorgestellt und deren
                                                                                                     aktueller Projektstand publiziert.
                                                                                                     www.ethz.ch/rethink →
Die Abteilung Services hat ein Studio für virtuelle und hybride, also virtu-
ell-physisch kombinierte, Events im Hauptgebäude eingerichtet. Das Studio
ist technisch bestens ausgestattet und eignet sich unter anderem für die Pro-
duktion von Podiumsdiskussionen, Townhalls oder Webinaren. Dank Green-
screen ist der Hintergrund individuell wählbar. ETH-Angehörige können das
Studio über das Tool «Servix» online buchen.
www.ethz.ch/virtuelleveranstaltungen →

Öffentliche Führungen

Die ETH im Live-
stream entdecken                                                                                     Die PeKo wird 50 Jahre alt. Alle Infos und Events auf:
                                                                                                     www.peko.ethz.ch →
Aufgrund der aktuellen Situation werden die öffentlichen Führungen der ETH
neu auch virtuell durchgeführt. Jeden Dienstagabend können Interessierte
die Hochschule und all ihre Facetten über einen Livestream kennenlernen.                             Impressum
                                                                                                     «life – Das Magazin für die ETH-Community» ist ein Medium
Angeboten werden sowohl geführte Rundgänge durch ETH-Räumlichkeiten                                  der internen Kommunikation der ETH Zürich und wird von
                                                                                                     der Hochschulkommunikation (HK) vierteljährlich auf Deutsch
als auch Präsentationen zu Fachgebieten. Die Führungen dauern rund eine                              und Englisch herausgegeben.
Stunde. Informationen zum Programm und die Anmeldung sind online verfügbar.                          Redaktion                         Druck
                                                                                                     Anna Maltsev (Leitung),           Neidhart + Schön AG
www.ethz.ch/fuehrungen →                                                                             Karin Köchle (Stv. Leitung),
                                                                                                     Leo Herrmann, Michael             Auflage
                                                                                                     Walther, Omar Zeroual,            14 670 Exemplare
                                                                                                     Angelika Bühler
                                                                                                                                       Kontakt
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                                                                                                     Was wird von der Krise            HG F 41, 8092 Zürich
                                                                                                     bleiben?
                                                                                                     (Illustration: Stephan Schmitz)   Mail an die Redaktion:
                                                                                                                                       life@hk.ethz.ch
                                                                                                     Gestaltung
                                                                                                     gestalten AG                      Weitere Informationen:
                                                                                                                                       www.ethz.ch/life
                                                                                                     Lithografie
                                                                                                     Küenzi + Partner

                                                                                                     Korrektorat
                                                                                                     Linkgroup AG (deutsch),
                                                                                                     Lilian Dutoit (englisch)

                                                                                                     Übersetzung
                                                                                                     Louise Killeen
                                                                                                     Translations Limited
                                                                                Foto: zvg

                                                                                                                                              life 1 / 2021        3
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
THEMA

Was bleibt?
Ein Ende der Pandemie ist noch nicht absehbar, doch
es gibt Anlass zur Hoffnung. Wie hat das erste Jahr
mit dem Virus die ETH verändert? Und was wird von
der Krise bleiben?

4     life 1 / 2021
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
Text Leo Herrmann Illustration Stephan Schmitz   der ETH verneinen, sagt Detlef Günther,      drei verschiedenen Departementen an-
                                                 Vizepräsident Forschung der ETH: «Ich        gehören. Die Zusammenarbeit entstand
Wie die ETH einst war, habe ich nur kurz         war zu jedem Zeitpunkt mit der ganzen        aufgrund der besonderen Situation, be-
miterlebt. Rund einen Monat nach mei-            Breite unserer Grundlagenforschung           stätigt Co-Leiterin Susanne Ulbrich: «Wir
nem ersten Arbeitstag setzten die ersten         konfrontiert. Das wird sich auch langfris-   kannten uns vorher nicht und wollten
Corona-Massnahmen des Bundesrats ein.            tig nicht ändern.» Als Beispiele nennt er    gemeinsam zum Wissensgewinn über
Und ausgerechnet an jenem Tag im März,           etwa Data Science, Ernährung, Medizin        die Verbreitung und das Verhalten des
an dem dieser die «ausserordentliche             oder Energie, die weiterhin Schwerpunkte     Virus in der ETH-Community beitragen.»
Lage» ausrief, wurde ich 25 Jahre alt. Mit       sein würden. Auch bei der Vergabe von        Dass die Studie, an der bis jetzt rund 2900
Freunden sass ich in einem Zürcher Park,         Fördergeldern im letzten Jahr finden         Probandinnen und Probanden teilnehmen,
die Stimmung war gedrückt, die Situation         sich Projekte aus vielfältigen Bereichen.    bereits eineinhalb Monate nach Beginn
nicht richtig fassbar. Das erste Jahr mit        «Nichtsdestotrotz wird die Forschung         des ersten Lockdowns starten konnte,
dem Virus ging gefühlt schnell vorbei: Die       rund um Krankheitserreger künftig mehr       sei auch einer grossen Solidarität zu
Interpunktion des Alltags fiel teilweise         Gewicht haben», ist Günther überzeugt.       verdanken: «ETH-Angehörige aus allen
weg und liess die Zeit gleichförmiger da-                                                     möglichen Bereichen haben uns mit Rat
hinfliessen. Trotzdem hat diese Zeit uns                                                      und Tat grosszügig unterstützt. Das zu
wohl alle verändert. Während viele be-                                                        erleben, war extrem bereichernd.»
ruflich oder privat unter einem erhöhten         «Die Krise hat einen                             Diese Offenheit gelte es auch für die
Druck stehen, hat die Krise auch kollektiv
unzählige Fragen aufgeworfen. Eine davon
                                                 Diskurs zwischen                             Zeit nach Corona mitzunehmen, betont
                                                                                              Detlef Günther: «Unkonventionelle, in-
ist, was wir am Ende mitnehmen.                  allen Disziplinen ge-                        terdisziplinäre Forschungsinitiativen
     Die ETH Zürich hat in dieser Situation
eine besondere Verantwortung. Als eine
                                                 fördert und innovative                       sind wichtiger denn je, um die grossen
                                                                                              Probleme unserer Zeit anzugehen.» Hier
der führenden Hochschulen trägt sie              Zusammenarbeiten                             könnte die nun noch stärker etablierte
mit ihrer Forschung zur Bewältigung                                                           digitale Kommunikation helfen. Denn so
der Krise bei, muss aber auch mit Blick          hervorgebracht.»                             zermürbend es auch sein kann, sich mit
auf Tausende von Mitarbeitenden und                                                           Mitarbeitenden nur noch am Bildschirm
                                                 Detlef Günther
Studierenden aus der Krise lernen und                                                         auszutauschen: Gerade für internationale
                                                 Vizepräsident Forschung der ETH
innovative Lösungen für die Arbeit und                                                        Forschungskooperationen sind Teams,
die Lehre der Zukunft finden.                                                                 Zoom & Co. eine Chance. Ein weiterer
     Was die Öffentlichkeit in der Krise                                                      Punkt, in dem Günther Potenzial sieht, ist
von der ETH am stärksten wahrnimmt, ist          Ohnehin besteht traditionell eine starke     der schnelle Austausch von Daten. «Das
ihre Forschung. ETH-Angehörige berech-           Verbindung zwischen Naturwissenschaf-        Bewusstsein könnte gewachsen sein,
nen den berüchtigten R-Wert, ermitteln           ten und Medizin: Rund ein Drittel der ETH-   dass man Grosses bewirken kann, wenn
die Belegung der Intensivbetten, die Kon-        Forschenden beschäftigte sich schon vor      man gewonnene Daten zusammenfliessen
junkturstimmung oder die Mobilität der           der Pandemie direkt oder indirekt mit        lässt», sagt der Vizepräsident.
Bevölkerung. Sie helfen mit, Orientierung        medizinischen Fragen.
in diese ungewisse Situation zu bringen.             Zentral für Detlef Günther ist, dass     Risiken und Chancen in der Lehre
Wie aber hat umgekehrt die Krise die             der Wert von Synergien noch stärker          Auf ein Ende der Pandemie hofft Günther
Forschung an der ETH verändert?                  hervorgetreten sei. Die Krise habe einen     ganz besonders für die Studierenden:
                                                 Diskurs zwischen allen Disziplinen geför-    Zum Studium gehörten Lerngruppen,
Solidarität und Innovation                       dert und innovative Zusammenarbeiten         informelle Treffen und auch Partys – das
In den Medien nehmen Forschungspro-              hervorgebracht. Die Forschungsprojekte       lasse sich nicht digitalisieren. Weitere
jekte zur Pandemie viel Raum ein. Spiegelt       wurden oft in einem hohen Tempo lan-         kritische Punkte sind das psychische
das ein tatsächliches Ungleichgewicht            ciert. Ein Beispiel ist die «CoV-ETH»-Stu-   Wohlbefinden und die Lern- und Arbeits-
wider? Obwohl Corona-Themen den öf-              die, die sich mit dem Immunverlauf von       situation zu Hause. Das zeigt sich in einer
fentlichen Diskurs dominieren, könne             Covid-19-Infektionen befasst. Geleitet       Studierendenumfrage, welche die Abtei-
er das für den Forschungsbetrieb an              wird sie von drei ETH-Forschenden, die       lung Lehrentwicklung und -technologie

                                                                                                                       life 1 / 2021   5
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
THEMA

Mitte Dezember 2020 durchgeführt            werden», sagt Springman. Die Gestaltung    Entwicklungen angestossen haben. Künftig
hat. Weit über die Hälfte der befragten     des digitalen Unterrichts soll auch für    könnte eine hybride Lehre, die sowohl auf
Studierenden bewertete ihre Fähigkeit       die Dozierenden ein Lernprozess sein:      Präsenz- als auch auf digitalen Unterricht
zur Konzentration sowie ihre Motiva-        «Jede Lehrperson soll die Distanzlehre     zurückgreift und die jeweiligen Vorteile
tion schlechter als in einem normalen                                                  in sich vereint, Normalität sein. Auch die
Semester und berichtete zudem, sich                                                    Studierenden stehen einer Teildigita-
häufiger niedergeschlagen zu fühlen.                                                   lisierung des Unterrichts mehrheitlich
Vor allem neu eintretende Studierende,      «Eine zentrale                             positiv gegenüber. In der Befragung ge-
im Bachelor wie im Master, fühlen sich      Herausforderung                            ben rund 80 Prozent der Teilnehmenden
sozial zu wenig integriert.                                                            an, sich weiterhin mindestens einen Tag
    «Eine zentrale Herausforderung bei      bei der digitalen                          Fernunterricht pro Woche vorstellen zu
der digitalen Lehre ist es, Interaktion
herzustellen», meint ETH-Rektorin Sa-
                                            Lehre ist es, Inter-                       können. Sarah Springman sieht weiteres
                                                                                       Potenzial bei Joint-Studiengängen. So
rah Springman. In der Befragung zeigt       aktion herzustellen.»                      könnten Module virtuell angeboten wer-
sich deutlich, dass die Studierenden jene                                              den, damit Studierende mehrerer Hoch-
Veranstaltungen bevorzugen, die For-        Sarah Springman                            schulen gleichzeitig daran teilnehmen
                                            ETH-Rektorin
men von Austausch bieten. Dazu gehören                                                 können.
Breakout-Sessions, Umfragen oder die
Möglichkeit, per Chat Fragen zu stellen.                                               Die Arbeitsumgebung der Zukunft
Die Massnahme, die bei den Befragten am     in ihrem persönlichen Stil gestalten und   Auch für die Mitarbeitenden der ETH
meisten Anklang fand, war das Einschal-     mit neuen Ansätzen experimentieren, um     haben sich durch die Krise Risiken und
ten der Webcam, vor allem bei kleineren     sie so lebendig wie möglich zu machen.»    Chancen eröffnet. Für viele ist die Home-
Veranstaltungen. «Immerhin ein Teil des     Die Corona-Krise könnte in der Hoch-       office-Pflicht mit einer höheren Belas-
Zugehörigkeitsgefühls kann so gewahrt       schullehre langfristig auch positive       tung verbunden. Die Abteilung Human
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
Resources unterstützte Mitarbeitende und      Leiter der Abteilung Personal: «Wir ha-      in Richtung flexibler Arbeitsformen zu
Vorgesetzte mit Coaching sowie Beratung.      ben erkannt, dass im Homeoffice nicht        prüfen. Treibende Faktoren dahinter sind
Auf die oft thematisierte mentale und         die Produktivität der kritische Punkt ist,   die Digitalisierung, veränderte Bedürf-
physische Fitness reagierte die Schullei-     sondern das Gemeinschaftsgefühl.» Das        nisse der Arbeitnehmenden sowie die
tung mit einer Serie von vier Townhalls.      verändere das Führungsverständnis:           ökologischen und ökonomischen Vor-
Während die administrativ-technischen         «Führungskräfte werden vermehrt zu           teile einer effizienteren Raumnutzung.
ETH-Mitarbeitenden von einer hohen Ar-        Ermöglichern und Ermöglicherinnen.»          Obwohl Corona nicht der eigentliche
beitsplatzsicherheit profitieren, steht der   Um diesen Prozess zu begleiten, hat das      Grund für diese Entwicklung ist, dürfte
akademische Mittelbau unter erhöhtem          HR bereits für verschiedene Gruppen von      die Arbeitssituation im letzten Jahr sie
Druck. Die Doktorierenden und Postdocs        Führungskräften, Professorinnen und          stark beschleunigen und viele wertvolle
sind befristet angestellt und für ihre wis-   Professoren Webinare veranstaltet, die       Erkenntnisse für die Umsetzung liefern.
senschaftliche Karriere darauf angewie-       jeweils auf grosses Interesse stiessen.          Die Corona-Krise lässt uns noch nicht
sen, an andere Universitäten wechseln zu      Vonesch kann sich gut vorstellen, dass       los. Sie richtet global grossen Schaden
können. Mit der schwierigen Wirtschafts-      auch der physische Arbeitsplatz eine         an, hat aber vielerorts auch Chancen
lage und Reisebeschränkungen ist für viele    neue Bedeutung erhält: «Vielleicht nut-      eröffnet. Ob wir diese nutzen, liegt in der
von ihnen die Unsicherheit erhöht und die     zen wir diesen künftig bewusster als eine    Verantwortung von uns allen. «Wir haben
Zukunft ungewisser geworden. Schon seit       Art Begegnungszone.»                         die Möglichkeit, viel aus der Pandemie
Beginn der Krise setzt das HR mit neuen           Fest steht: Homeoffice wird auch in      zu lernen. Aber nur, wenn jeder und jede
Regelungen Leitplanken für möglichst          Zukunft für viele zum Arbeitsalltag ge-      bereit ist, das Gute wie das Schlechte
flexible und individuelle Lösungen. In        hören. Damit verändern sich auch die         gründlich zu reflektieren, bevor man
vielen Fällen wurden Verträge verlängert.     Anforderungen an die Arbeitsinfrastruk-      weitermacht wie zuvor», schliesst ETH-
    Langfristig gesehen eröffnet sich, be-    tur. Der Bund hat den ETH-Bereich im         Vizepräsident Detlef Günther. 
schleunigt durch die Krise, eine neue Sicht   Dezember beauftragt, diese Auswirkun-
auf unsere Arbeit, sagt Lukas Vonesch,        gen zu analysieren und Veränderungen

                                                                                                                    life 1 / 2021   7
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
IM GESPRÄCH

«Viele betreuen so, wie
sie selbst betreut wurden»
Antonio Togni geht, Manfred Sigrist kommt. Der alte und der neue
Prorektor Doktorat diskutieren über die neue Doktoratsverordnung
und darüber, wie sich ihr eigenes Doktorat vom heutigen unterscheidet.
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
Interview Michael Walther Fotos Gian Marco Castelberg                 Es warten also viele Diskussionen auf Sie …
                                                                          Togni: Auf die Diskussionen kommt es an! Ich muss zugeben,
Sie beide betreuen Doktorierende. Wie ist die                         dass ich die alte Doktoratsverordnung zum ersten Mal von A
momentane Situation für sie?                                          bis Z gelesen habe, als ich Prorektor geworden bin. Und ich
    Togni (rechts im Bild): Im März 2020 ist meine ganze Gruppe       bin mir sicher, ich war nicht der Einzige, der sie nicht so gut
ins Homeoffice. Die meisten meiner Doktorierenden mussten             kannte. Es gab im Alltag ja keine dringende Not, die Regeln zu
eigentlich nur noch schreiben. Der Lockdown kam ihnen da              lesen. Jetzt ist die Situation anders: Dank der Vernehmlas-
fast entgegen, und weil die Laborarbeit entfiel, konnte ich mir       sungsarbeit kennen viele an der ETH die neue Verordnung
auch viel Zeit nehmen für Gespräche.                                  relativ gut.
    Sigrist: Es gibt dieses typische Bild der theoretischen Phy-          Sigrist: Das ist ein wichtiger Punkt. Viele haben bisher so
siker, die in einer Gruppe vor der Wandtafel stehen und disku-        betreut, wie sie selbst betreut wurden. Und man macht sich oft
tieren. Diese Situation lässt sich nur bedingt virtuell herstellen.   erst dann über die Vorschriften Gedanken, wenn es irgendwo
Online ist der Austausch mit meinen Doktorierenden weniger            klemmt. Ich hoffe, dass sich alle durch den Neuanfang bewuss-
spontan. Das fehlt ihnen jetzt genauso wie mir.                       ter mit den Regeln auseinandersetzen. Dann bin ich zuversicht-
                                                                      lich, dass es auch zu weniger heiklen Situationen kommen wird.
Die neue Doktoratsverordnung tritt im Herbst in Kraft.
Was verbessert sie?
    Togni: Im Kern schwächt sie die Eins-zu-eins-Abhängigkeit
der Doktorierenden von ihrem Betreuer oder ihrer Betreuerin           «Wir wollen mit der neuen
ab. Wir stellen den Doktorierenden eine zweite Person zur Seite,
die sie auch wissenschaftlich nah begleitet. Zudem haben wir          Verordnung auch erreichen,
das Eignungskolloquium eingeführt. Damit wollen wir erreichen,        dass die Auffassung darüber,
dass sich die Doktorierenden gemeinsam mit ihrem Professor
oder ihrer Professorin vom ersten Tag an mit ihrem Forschungs-        was ein Doktorat ist, ETH-
projekt auseinandersetzen. Es gibt Departemente, die das schon
                                                                      weit homogener wird.»
kennen. Jetzt haben wir das ETH-weit eingeführt.
                                                                      Antonio Togni, ehemaliger Prorektor Doktorat
Was haben wir noch nicht erreicht?
   Togni: Wir wollen mit der neuen Verordnung auch erreichen,
dass die Auffassung darüber, was ein Doktorat ist, ETH-weit
homogener wird. Wir möchten, dass sich Professoren und                Wie wurden Sie selbst als Doktorand betreut?
Professorinnen mehr mit ihrer Rolle als Betreuerin oder Be-               Sigrist: Ich habe hier am Institut für Theoretische Physik
treuer auseinandersetzen. Dass sie wissen, was diese Rolle            doktoriert und sehr gute Erinnerungen. Mein Betreuer kannte
beinhaltet.                                                           all die neuesten Entwicklungen im Gebiet und hat mir aufge-
                                                                      zeigt, welche Fragestellung und welcher Weg wohl ergiebig
Kann das ein Reglement?                                               wären und hat mich dann recht frei arbeiten lassen. In Diskus-
   Togni: Natürlich nicht. Aber für die neue Verordnung dis-          sionen haben wir dann die Ideen weiterentwickelt, wobei ich
kutieren wir an der ETH nun seit über einem Jahr über das             von seiner immensen Erfahrung profitieren konnte. Mit meinen
Doktorat. Das ist gut!                                                Doktoranden möchte ich auch so umgehen. Als Betreuer muss
                                                                      man aber auch wissen, dass verschiedene Doktoranden ver-
Manfred Sigrist, wie geht es jetzt weiter, nachdem die neue           schiedene Bedürfnisse haben. Was die einen als Freiheit emp-
Verordnung steht?                                                     finden, erfahren andere als Vernachlässigung.
    Sigrist: Es liegt nun an den Departementen, das neue                  Togni: Ich erinnere mich, wie mein Professor und ich ge-
Reglement umzusetzen und dabei auch ihren Gestaltungs-                meinsam an einem Manuskript gearbeitet haben. Auf Papier
spielraum wahrzunehmen. Ich sehe meinen Beitrag darin, dort           und von Hand. Wenn man einen Abschnitt verschieben wollte,
Hilfe zu leisten, wo offene Punkte zu klären sind, aber nicht als     musste man ihn mit der Schere ausschneiden und wieder ein-
Polizist aufzutreten. Ich denke, dass das neue Reglement dem          kleben. Das habe ich ganze Nachmittage lang mit ihm gemacht
Doktorat klarere Strukturen gibt und dadurch besser sichtbar          und dabei gelernt, was es heisst, ein Manuskript zu schreiben.
wird, ob ein Doktorat gut läuft. Am Ende entscheidet aber im-         Wie Manfred habe aber auch ich gelernt, zu geniessen, wenn
mer das gute Zusammenspiel aller Beteiligten, dass es nicht           mich jemand machen lässt. Beim Rekrutieren von Doktorie-
zu problematischen Situationen kommt. Da sind alle gefragt,           renden habe ich mir deshalb oft überlegt: Ist das jemand, den
sich in die neue Kultur einzuleben.                                   man machen lassen kann?

                                                                                                                    life 1 / 2021   9
Was bleibt? - Das Magazin für die ETH-Community April 2021 - ETH Zürich
IM GESPRÄCH

Worauf kommt es in einem guten Doktorat an?                        «Am Ende entscheidet aber immer
    Sigrist: Doktorierende sollten sich als Mitarbeitende des
Betreuers fühlen. Man erarbeitet ein Projekt gemeinsam,            das gute Zusammenspiel aller
tauscht Ideen aus, bis die Ergebnisse konvergieren. Ein Dok-
                                                                   Beteiligten, dass es nicht zu pro-
torat ist gut, wenn ich als Betreuer von meinen Doktorierenden
auch herausgefordert werde und auch mal meine ursprüngli-          blematischen Situationen kommt.
chen Ideen aufgeben muss.
    Togni: Ein Beispiel: Vor einigen Jahren kamen zwei Dokto-
                                                                   Da sind alle gefragt, sich in die
randen zu mir und sagten: «Wir haben es dir noch nicht gesagt,     neue Kultur einzuleben.»
weil wir nicht wussten, ob du einverstanden bist. Aber wir haben
etwas probiert. In deinen Ferien. Und das hat funktioniert!»       Manfred Sigrist, Prorektor Doktorat
(lacht). Daraus wurde eine sehr erfolgreiche Publikation!

Wie hat sich das Doktorat seit Ihrem eigenen verändert?            Herr Togni, was geben Sie Manfred Sigrist mit
    Sigrist: Es gibt mehr Ablenkung. Heutzutage gibt es ein        in seine neue Funktion?
Überangebot an Events und Tagungen, an denen die Doktorie-             Togni: Eigentlich nicht viel. Im Gegenteil – man soll auf
renden teilnehmen sollten. Und man erwartet von ihnen, dass        keinen Fall das Gefühl haben, man müsse die Arbeit des Vor-
sie in ihrem Thema à jour sind, obwohl die Webarchive täglich      gängers wiederholen. Die Rektorin gab mir bei der Arbeit viel
mit neuen Publikationen geflutet werden. Zudem sollen sie sich     Vertrauen und Freiheit. Ich sage darum: einfach machen! 
auch bereits für Grants und Fellowships bewerben. Ich hatte zu     www.ethz.ch/doktoratsverordnung →
meiner Zeit mehr Musse und fühlte mich weniger belastet.
    Togni: Ja, und die Doktorierenden sind stärker dem Druck
ausgesetzt, zu publizieren. An mir ging das damals vorbei. Ich
finde es absurd, dass sich manche Doktorierende heute vor
allem überlegen, was sie tun müssen, um das nächste Paper
zu publizieren.

Antonio Togni ist im Misox (GR) aufgewachsen, studierte            Manfred Sigrist ist in Giswil (OW) aufgewachsen und studierte
an der ETH Chemie und promovierte 1983. Bevor er als               Physik an der ETH Zürich. Er promovierte am Institut für
Assistenzprofessor zurückkehrte, forschte er am California         Theoretische Physik, wo er mittlerweile seit über 20 Jahren
Institute of Technology in den USA und bei der damaligen           als Professor forscht und lehrt. Seine Karriere führte ihn
Ciba-Geigy in der Schweiz. Neben seinem Engagement für             unter anderem an das MIT in Cambridge in den USA und die
das Doktorat hat sich Togni unter anderem für die Reform           Kyoto-Universität in Japan. Nach der Emeritierung von
der Ausbildung von Gymnasiallehrkräften eingesetzt.                Antonio Togni hat er das Amt des Prorektors Doktorat ab
                                                                   Februar 2021 übernommen.

10    life 1 / 2021
ÜBRIGENS

«Die LunchLottery ist ein Lichtblick
im Homeoffice»
Die Pandemie hat die physischen Kontakte erheblich eingeschränkt. Mit dem neuen Format
der LunchLottery haben ETH-Angehörige die Möglichkeit, sich zu einem Austausch über
die üblichen Teamgrenzen hinweg zu treffen.

Text Angelika Bühler Illustration Benjamin Hermann               bei der sie die Namen der zugelosten Personen erfahren. Ob
                                                                 man sich dann für ein gemeinsames virtuelles Mittagessen
Christian Thurn brachte Ende Oktober mit seinem Beitrag auf      oder eine Kaffeepause trifft, ist den Teilnehmenden selbst
dem rETHink-Blog den Stein ins Rollen: Er schlug eine Platt-     überlassen. Auch die ETH-Bibliothek nutzt dieses Format seit
form für Mittagstreffen vor, um Vielfalt und Teamgeist inner-    geraumer Zeit: Bereits über ein Drittel der Belegschaft hat sich
halb der ETH-Community zu stärken. Mit Julia Dannath-Schuh       angemeldet und nimmt regelmässig daran teil.
als Vizepräsidentin für Personalentwicklung und Leadership           Pia Aeschlimann von den Akademischen Diensten hat das
nahm Thurns Idee konkrete Formen an: Sie rief gemeinsam          neue Format ausprobiert: «Ich bin ein Fan der LunchLottery –
mit einem externen Partner ein neues Format ins Leben, um        auch wenn es im Moment aufgrund der Lage wohl eher ‹Teams-
die soziale Fitness zu stärken – die ETH LunchLottery war        Coffees› sind.» Was sie besonders an der neuen Vernetzungs-
geboren. «ETH-Angehörige schätzen es ungemein, neue              möglichkeit schätzt, ist die Durchmischung. Da die Terminfin-
Leute kennenzulernen und ihr Wissen zu erweitern», meint         dung nicht einfach ist, sei aber die Frequenz noch etwas zu hoch.
Dannath-Schuh. Das findet auch Doktorand und ursprünglicher      Um noch mehr Verbesserungspotenzial zu erkennen, soll die
Ideengeber Christian Thurn: «Die LunchLottery ist besonders      LunchLottery nach einer dreimonatigen Pilotphase evaluiert
in Homeoffice-Zeiten ein niederschwelliges Angebot, um mit       und weiterentwickelt werden. Regula Furegati Hafner, Dozentin
anderen in Kontakt zu treten.»                                   am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften,
    Bei der LunchLottery können sich alle Mitarbeitenden und     freut sich bereits auf neue Begegnungen über Mittag: «Die Idee
Doktorierenden registrieren. Ziel ist eine möglichst bunte       der LunchLottery ist ein Lichtblick im bereits ein Jahr dauern-
Durchmischung – unabhängig von Herkunft, Alter, Abteilungs-      den Homeoffice – und es ist ein Fenster in den vielfältigen und
zugehörigkeit und Funktion. Jeweils am ersten und dritten Mon-   faszinierenden Betrieb der ETH Zürich.» 
tag des Monats erhalten sie eine sogenannte Matching E-Mail,     www.ethz.ch/lunch-lottery →

                                                                                                                 life 1 / 2021   11
EINBLICK

Wie steht es um die finanzielle
Zukunft der ETH?
Die Schulleitung hat bekannt gegeben, dass die ETH ihr Wachstum in den nächsten Jahren
verlangsamen muss. «life» beantwortet die wichtigsten Fragen zur finanziellen
Entwicklung unserer Hochschule.

Anzahl Professuren

600

                                                                                                                   07
500

                                                                                                                 20
                                                                                                                 ab
400

300
                                                                                    1
                                                                                  97
                                                                                –1

200
                                                                                60
                                                                              19

                                                                                                                               Die ETH erlebte
100                                                                                                                            seit ihrer Gründung
                                                                                                                               zwei ausgeprägte
  0                                                                                                                            Wachstumsphasen
      1860   1870    1880   1890   1900   1910   1920   1930   1940   1950   1960    1970   1980   1990   2000   2010   2020   bei den Professuren.

Text Redaktion Grafiken Josef Kuster                                          und Personal zur Verfügung. Ein steigender Personalbestand
                                                                              zieht aber auch Investitionsbedarf bei der Infrastruktur (Räume,
Warum muss die ETH ihr Wachstum bremsen?                                      Geräte usw.) und einen Anstieg der laufenden Ausgaben nach
In den letzten Jahren ist die ETH sehr stark gewachsen. Die                   sich. Drittmittel werden dafür in weit geringerem Umfang zur
Departemente und die Schulleitung haben neue strategische                     Verfügung gestellt.
Forschungsfelder erschlossen, um den Forderungen seitens
der Politik und Gesellschaft sowie der wachsenden Anzahl                      Hätte die Schulleitung die bevorstehenden Budget-
Studierender gerecht zu werden. Gleichzeitig ist der Finanzie-                mitteldefizite nicht kommen sehen müssen?
rungsbeitrag des Bundes in den letzten vier Jahren nicht wie                  Die Schulleitung hat selbstkritisch eingeräumt, dass sie an-
erwartet um 2 bis 2,5 Prozent pro Jahr gewachsen. Weil unsere                 gesichts des überproportionalen Mehrbedarfs bei den Bud-
Hochschule zu mehr als 70 Prozent aus Bundesmitteln finan-                    getmitteln 2020 bis 2024 und der veränderten Finanzierungs-
ziert wird und der Bund wegen der Corona-Pandemie grosse                      situation allenfalls noch früher hätte eingreifen können. Das
Defizite macht, blicken wir herausfordernden Zeiten entgegen                  Resultat wäre aber dasselbe gewesen: Die ETH muss das
und müssen unser Wachstum daher bremsen.                                      Wachstumstempo drosseln und deshalb die geplanten Vor-
                                                                              haben (re-)priorisieren.
Warum wird das sinkende Bundesbudget nicht über
mehr Drittmittel ausgeglichen?                                                Wie wird das Wachstum nun gebremst?
Die zur Verfügung stehenden Drittmittel der ETH sind in den                   Zum einen wird das Budget im Bereich der Bauprojektausgaben
letzten Jahren dank grosser Anstrengungen stark gestiegen.                    auf ein nachhaltig finanzierbares Niveau von 180 bis 200 Mio.
Die meisten Drittmittel stehen für kreative Forschungsideen                   Franken pro Jahr reduziert. Dafür wurde unter anderem das

12       life 1 / 2021
Projekt zur Sanierung und Erweiterung des MM-​Gebäudes und            wirtschaftlich herausfordernden Zeiten nachhaltig finanzierbar
der Polyterrasse gestoppt. Da derzeit gleich vier Immobilien-​        bleiben. Das gleiche gilt auch für die zentralen Schulleitungsbe-
grossprojekte kurz vor ihrer Vollendung stehen, sind trotz            reiche, Stäbe, Abteilungen und Technologieplattformen. Auch
dieses Verzichts die Mittel von 2021 bis 2024 für kleinere und        diese waren bereits im letzten Sommer dazu angehalten, ihre
mittlere Projekte äusserst begrenzt. Für 2021 hat die Schul-          Bedarfsplanung zu revidieren und für die kommenden Jahre
leitung daher ein einmaliges Zusatzbudget von 25 Mio. Franken         um rund 20 Mio. Franken pro Jahr nach unten anzupassen.
und weitere Zusatzmittel in der Höhe von über 8 Mio. Franken
für die Immobilien gesprochen. Zudem haben sämtliche De-              Gibt es einen Einstellungsstopp oder kommt es
partemente zugestimmt, einen ersten Solidaritätsbeitrag von           gar zu einem Stellenabbau?
insgesamt 15 Mio. Franken für das laufende Jahr zu leisten.           Nein, es gibt zurzeit weder einen Einstellungsstopp noch einen
Für jedes Departement bedeutet dies eine Verschiebung von             Stellenabbau.
Reserven in der Höhe von 2,27 Prozent des jeweiligen Grund-
auftragsbudgets. Zusätzlich sind alle Departemente auch in            Ist die ETH mit dieser «Sparübung» international
den kommenden drei Jahren aufgefordert, gemeinsam weitere             noch konkurrenzfähig?
15 Mio. Franken pro Jahr beizutragen, um geplante, ETH-​weite         Die ETH Zürich ist finanziell nach wie vor gesund aufgestellt
Infrastrukturprojekte in den Bereichen Lehre und Forschung            und verfügt über eine solide Eigenkapitalbasis. Und auch im
zu finanzieren.                                                       internationalen Vergleich steht die ETH Zürich sehr komfortabel
    Ausserdem hat die Schulleitung die Departemente bereits           da. Da unsere Hochschule zu 70 Prozent aus Mitteln des Bundes
im vergangenen Herbst aufgefordert, die Planung ihrer zukünf-         finanziert ist, muss sie im Gegensatz zu vielen ausländischen
tigen, zusätzlich beantragten Professuren zu überprüfen und           Hochschulen nicht auf Bestehendes verzichten. Die Abstriche
zu priorisieren. Mit dieser Massnahme möchte die Schulleitung         werden in erster Linie bei der Wachstumsplanung – also auf
das langfristige Wachstum dämpfen und sicherstellen, dass             den Wunschzetteln – gemacht. 
die Professuren und die dafür benötigte Infrastruktur auch in         www.ethz.ch/finanz-entwicklung →

Der Budgetmittelbedarf der ETH Zürich gemäss revidierter
Bedarfsplanung und Budgetmitteleinnahmen

Millionen Franken                                    Vergangenheit    Zukunft

1 600

1 500

1 400

1 300

1 200
        2017             2018          2019          2020          2021             2022          2023         2024            2025

               Budgetmittelbedarf gemäss revidierter Bedarfsplanung (MFP)

               Budgetmittelüberschüsse                                      geplante Budgetmittelüberschüsse
               Budgetmitteleinnahmen                                        beantragte Budgetmitteleinnahmen gem. Budgetantrag 2022–2025
               Budgetmitteldefizite                                         erwartete Budgetmitteldefizite

                                                                                                                       life 1 / 2021   13
PORTRÄT

Mark Buschor, Leiter ID Service Desk

Techniker im Herzen
Text Karin Köchle Foto Florian Bachmann                       Der Zürcher schloss seine Lehre als Informatiker bei
                                                              der UBS ab, wollte dann aber weg vom Bankenumfeld und
«Wir haben gelitten», erinnert sich Mark Buschor an den       absolvierte die Unteroffiziersschule bei der Schweizer
März 2020. Er ist seit neun Jahren Leiter des ID Service      Armee. Bereits mit 21 Jahren trat er seine erste Stelle beim
Desk, der Anlaufstelle für sämtliche Anfragen rund um die     ID Service Desk der ETH an. Als Ausgleich zu seinem Job
IT. Letztes Jahr haben sich diese gegenüber dem Vorjahr       verbringt er viel Zeit draussen: im Winter beim Snowboarden,
fast verdoppelt. Es galt aber nicht nur unzählige Fragen zu   im Sommer beim Wandern. Und mit Kim, dem Hund seiner
beantworten – der Service Desk hat auch das Umstellen auf     Freundin. Mit dem Border-Collie-Mischling geht er regel-
Fernunterricht ermöglicht und Tausende Mitarbeitende im       mässig zum «Hoop Agility»-Training, bei dem er die Hündin
Homeoffice unterstützt.                                       allein durch seine Haltung und seine Stimme durch einen
    Neben seiner Funktion als Leiter eines sechsköpfigen      Hindernisparcours führt. «Ohne die beiden hätte mir das
Teams betreut Buschor auch das Ticketsystem für die Infor-    letzte Jahr bestimmt mehr zugesetzt», meint der 35-Jährige.
matikdienste, den Chatbot oder die neue Wissensdatenbank,         Könnte er sich dereinst auch eine andere berufliche
die alle Anleitungen rund um die IT Services umfassen wird.   Tätigkeit vorstellen, vielleicht sogar in der Natur? «Im
Das Führen eines Teams von zu Hause aus sei schon eine        Moment nicht», sagt Buschor bestimmt. «Ich kann so viel
Herausforderung und setze viel Vertrauen voraus. Er habe      bewirken und Neues lernen an der ETH. Ich habe zwar
aber gelernt, stärker auf den Output seiner Leute zu fokus-   auch eine Leidenschaft für Management in mir entdeckt,
sieren und weniger auf deren Arbeitszeiten.                   aber ich bleibe wohl immer ein Techniker im Herzen.» 

14    life 1 / 2021
FORUM

Brauchen wir eine Du-Kultur an der ETH?

                                                                                                                                        Illustrationen: Kornel Stadler
                           Pro                                                                   Kontra
                           Christine Bratrich                                                    Robert Schikowski
                           Leiterin Sustainability                                               Mitarbeiter Grants Office
                           im Stab Präsident                                                     im Stab Forschung

Wir brauchen Begegnungen auf Augenhöhe – gerade an einer               «I strongly suggest that you …»: Wenn ich das während meines
Hochschule! Sie sind das Elixier, um kreative Ideen zu entwickeln      Postdoktorats von meinem Chef hörte, wusste ich gleich, dass
und neue Denkansätze zu wagen. Dazu müssen wir uns von «Du             Widerworte schwierig würden. Dabei handelte es sich doch
zu Du» offen und wertfrei austauschen. Wir alle. Studierende,          scheinbar nur um einen Vorschlag von einem Du zum andern
Lehrende und Mitarbeitende. Nur so schöpfen wir das volle              (oder vielmehr von einem Sie zum anderen, denn das englische
Potenzial unserer Hochschule aus. Die ETH Woche berührt mich           «you» war ursprünglich ein höflicher Plural).
in diesem Zusammenhang immer wieder: Sie schafft eine bar-                 Was man an diesem Beispiel schön sieht: Sprache kann
rierefreie Umgebung, in der Lernen und Lehren auf Augenhöhe            Dinge verschleiern. Sie kann Befehle wie Empfehlungen oder
möglich sind – ganz egal, ob Sarah Springman, Claude Nicollier         eben Vorgesetzte wie Gleichgestellte und Fremde wie Freunde
oder eine Studentin ihre Ideen teilen. Eine Sie-Kultur zementiert      aussehen lassen. Als Linguist wäre ich der Letzte, der abstritte,
Hierarchien und behindert innovative Prozesse. Die ETH wird            dass Sprache die Wirklichkeit auch formen kann – man muss
kreativer, wenn wir vom Sie zum Du gelangen.                           nur von Fall zu Fall sehen, wie sehr. Wenn man beispielsweise
    Daneben würde auch unsere Führungskultur profitieren.              glaubt, mit Sprache Hierarchien abschaffen zu können, wird
Menschen mit natürlicher Autorität überzeugen uns. Wir                 man wahrscheinlich enttäuscht.
brauchen kein Sie, um unsere Teams erfolgreich zu führen.                  Damit will ich nicht sagen, dass Hierarchien und ähnliche
Unsere Mitarbeitenden und Studierenden gewinnen wir mit                unzeitgemässe Ideen wie Förmlichkeit und Distanz unabänderlich
Kompetenz und Vertrauen. Als Vorgesetzte können wir uns                sind. Ich glaube aber, dass eine Sprachregelung in Form einer
im Sie leicht hinter der institutionellen Macht verstecken. Im         verordneten Du-Kultur nicht der richtige Ansatz ist, um sie zu
Du sind wir verletzlicher und somit authentischer. In meinem           ändern. Die ETH ist eine komplexe Organisation mit mittlerweile
ersten Job nach dem Studium erlebte ich einen Chef, der von            über 33 000 Angehörigen. In einem solchen Mikrokosmos ist
niemandem mehr kritisiert wurde – selbst, wenn er offen-               Platz für verschiedenste soziale Beziehungen. Weisungsbefugnis
sichtliche Fehler beging. Offene und ehrliche Kritik fällt umso        und Anonymität sind darin ebenso eine Realität wie kollegiale
schwerer, je eindrücklicher der Titel ist. Im Du sind wir für Kritik   Diskussionen und Mitsprache über Hierarchien hinweg. Wo und
zugänglicher – das mag schmerzlicher sein, aber wertvoller.            wie sich das Du ausbreitet, soll nicht zentral entschieden werden,
    Last but not least: Respekt und Wertschätzung gebührt              sondern von vielen Einzelpersonen in ihren Netzwerken, denn
jeder Person. Unabhängig von deren Alter, Ausbildung oder              jede und jeder weiss selbst am besten, ob Du das angemessene
Herkunft. Unsere persönlichen Vornamen drücken diese                   Pronomen für die jeweilige Begegnung ist.
Wertschätzung wesentlich besser aus als ein Sie, das Distanz               Ich selber duze übrigens schnell, aber hier und da sieze ich
demonstriert und die Ungleichheit einer Beziehung betont.              lieber (Sie haben es sicher schon geahnt). Für mich ist das ein
Wer, wem, wann das Du anbieten darf, ist Ausdruck einer                Zeichen von Ehrlichkeit und Professionalität, aber auch ein Schutz
anachronistischen Ungleichheit, die wir überwinden sollten.            vor zu viel Nähe. Ausserdem ist es ein gutes Mittel, um eine
Gerade wenn der Forschungs- und Lehrbetrieb reibungslos                Person und ihre Rolle besser trennen zu können, besonders auch
verläuft, geht oft vergessen, dass dieser Betrieb nur durch            in unangenehmen Situationen. Kritik auszusprechen und nicht
die vielen Menschen im Hintergrund möglich ist. Menschen,              persönlich zu nehmen, fällt mir in einer Sie-Beziehung leichter.
die im Heizkraftwerk oder in unseren Werkstätten arbeiten,                 Ich verbinde mit dem Sie aber auch angenehme Erinnerun-
in der Logistik oder der Informatik. Der Erfolg der ETH hängt          gen, zum Beispiel an eine frühere Chefin, mit der es erst nach
von uns allen ab. Nennen wir diesen Erfolg beim Namen und              einem Jahr zum Duzis kam. Mein Verhältnis zu ihr war immer
zeigen unsere Wertschätzung. Begegnen wir uns mit unseren              ausgezeichnet – aber Vertrauen und Kollegialität brauchen
Vornamen und stärken damit unser Wir-Gefühl!                           ihre Zeit, und manchmal eben auch der Übergang zum Du. 

Was halten Sie von einer Du-Kultur an der ETH? Diskutieren Sie mit auf Intern aktuell: www.ethz.ch/du-kultur →

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ZUM SCHLUSS

#moveETH bewegt
Im vergangenen Spätherbst kam das Coronavirus mit voller Wucht
zurück. Das graue Wetter und die kurzen Tage machten die Situation
noch unerträglicher. Weil sich Rektorin Sarah Springman um die psy-
chische Gesundheit der ETH-Angehörigen sorgte, stiess sie zusammen
mit dem ASVZ die Bewegungskampagne #moveETH an. Auf den sozialen
Medien sollen sich ETH-Angehörige gegenseitig mit diesem Hashtag
zu sportlichen Aktivitäten animieren, denn Sport steigert nicht nur
das physische, sondern auch das psychische Wohlbefinden. Seit dem
Start am 14. Dezember 2020 sind bereits über 250 Posts entstanden.
www.ethz.ch/move-eth →
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