Therapie der Plaque-Psoriasis, Teil 1* - Lokaltherapie, UV-Therapie und konventionelle Systemtherapie

 
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Therapie der Plaque-Psoriasis, Teil 1* - Lokaltherapie, UV-Therapie und konventionelle Systemtherapie
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Therapie der Plaque-Psoriasis, Teil 1*
Lokaltherapie, UV-Therapie und konventionelle Systemtherapie

Simon M. Müller, Katja Ivanova, Peter Itin, Peter Häusermann
Dermatologische Poliklinik, Universitätsspital, Basel

                                                                                    die Lokal- und UV-Therapie sowie die konventionellen
                                                                                    systemischen Antipsoriatika. Der zweite Teil (nächste
Quintessenz
                                                                                    Ausgabe) befasst sich ausschliesslich mit den Biologika.
P Die Psoriasis vulgaris ist eine häufige Dermatose. Bei der Schweregrad-
Einteilung in «leichtgradig» oder «moderat bis schwergradig» wurde der
Dermatology Life Quality Index (DLQI) neu als Instrument für Therapie-              Grundlagen der Therapie
entscheidungen definiert.
                                                                                    Die optimale Therapie der Psoriasis richtet sich nach
P Die Therapiestrategie richtet sich nach dem klinischen Typ, dem Schwe-
regrad und extrakutanen Patientenfaktoren. Eine leichtgradige Plaque-               dem klinischen Typ (u.a. Plaque-Psoriasis, Psoriasis
Psoriasis wird mit Lokaltherapie behandelt, eine moderat bis schwergra-             inversa, Psoriasis pustulosa, Psoriasis-Arthritis), dem
dige Psoriasis (zusätzlich) mit Photo- und/oder Systemtherapeutika.                 Schweregrad und extrakutanen Patientenfaktoren wie
                                                                                    Alter, Schwangerschaft/Stillzeit und Komorbiditäten.
P Die Standard-Lokaltherapie beinhaltet Keratolytika, potente topische              Der Schweregrad wird in der Regel mittels PASI (Psori-
Kortikosteroide, Vitamin-D3-Analoga und Rückfettung.                                asis Activity and Severity Index), BSA (Body Surface
P Phototherapie der Wahl ist meist die Schmalband-UVB-Therapie.                     Area) und/oder DLQI (Dermatology Life Quality Index)
                                                                                    definiert (Tab. 1 p). Mit dem PASI werden die betrof-
P Methotrexat gilt weiterhin als primäre Systemtherapie; die anderen                fene Körperoberfläche und die Entzündungsaktivität
konventionellen Systemtherapeutika (Cyclosporin A, Acitretin, Fumar-                (Erythem, Infiltration und Schuppung) standardisiert er-
säure) haben zu Gunsten der seit ca. zehn Jahren verfügbaren Biologika              fasst. Der DLQI ist ein nicht-psoriasisspezifischer Frage-
an Stellenwert eingebüsst.                                                          bogen zur Einschränkung der Lebensqualität durch eine
                                                                                    dermatologische Krankheit. Gemäss europäischem Kon-
                                                                                    sensusprogramm von 2010 sollte eine leichtgradige
                                                                                    Plaque-Psoriasis lokal (8 UV-Therapie), eine moderate bis
                      Einleitung
                                                                                    schwere Psoriasis systemisch (8 UV-Therapie) behandelt
                                                                                    werden [3]. Neu wird der DLQI als «Decision-making
                      Die Psoriasis vulgaris ist mit einer Prävalenz von 2% in
                                                                                    tool» in der Schweregrad-Einteilung vorgeschlagen.
                      der kaukasischen Bevölkerung eine häufige Dermatose
                                                                                    Diese Therapie-Empfehlungen sind weitgehend im Ein-
                      [1]. Aufgrund dieser Häufigkeit und des chronisch-rezi-
                                                                                    klang mit der klinischen Praxis der letzten Jahrzehnte.
                      divierenden Verlaufs ist nahezu jeder klinisch tätige Arzt
                                                                                    Neu ist aber, dass bei PASI/BSA 10 for-
                      irgendwann mit diesem Krankheitsbild konfrontiert.
                                                                                    mal die Indikation für eine systemische Therapie besteht.
                      Basiskenntnisse der Psoriasis sind deshalb auch für
                                                                                    Die subjektive Krankheitseinschätzung (DLQI) wird also
                      Nicht-Dermatologen wichtig.
                                                                                    gegenüber der vom Arzt erhobenen klinischen Schwere-
                      Dieses Krankheitsbild erlebte in den letzten zehn Jah-
                                                                                    grad-Einschätzung priorisiert. Neu werden auch spe-
                      ren mit dem Aufkommen der Biologika einen regelrech-
                                                                                    zielle Situationen als moderat bis schwergradig klassi-
                      ten «Publikations-Boom», was unter anderem den kom-
                                                                                    fiziert mit entsprechender therapeutischer Konsequenz
                      petitiven Antipsoriatika-Markt mit einem jährlichen
                                                                                    (Tab. 1). Die Empfehlung, bei BSA/PASI >10 und DLQI
                      Marktvolumen von geschätzten 3,5 Mrd. US-Dollar
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                                                                   wirkungen. Nach ca. zweiwöchiger Induktionstherapie
 Tabelle 1
                                                                   sollte die Applikationsfrequenz im Sinne einer Erhal-
 Schweregrad-Einteilung und Therapiekonzept der Plaque-Psoriasis
 (gemäss [3]).
                                                                   tungstherapie auf zwei- bis dreimal pro Woche reduziert
                                                                   werden [11]. Ein abruptes Absetzen kann ein Rebound-
 Leichtgradige Plaque-Psoriasis                                    Phänomen provozieren, eine dauerhafte Anwendung
 PASI ≤10 + BSA ≤10 + DLQI ≤10                                     kann eine Tachyphylaxie begünstigen, welche bereits
 PASI >10 oder BSA >10, aber DLQI ≤10                              nach wenigen Tagen einsetzt [12]. Die Galenik der TC
 Behandlung: lokal; falls refraktär zusätzlich UV-Therapie         (Lotio, Creme, Salbe, Schaum, Spray) sollte der indivi-
                                                                   duellen Situation angepasst sein [13]. Nässende Läsionen
                                                                   sollten mit Lotionen, Schaum oder Cremen behandelt
 Moderate bis schwergradige Plaque-Psoriasis
                                                                   werden, trocken schuppende Läsionen mit Salben. Die
 PASI >10 oder BSA >10 + DLQI >10                                  Kombination mit Vitamin-D3-Analoga oder mit Salicyl-
 PASI ≤10 + BSA ≤10, aber DLQI >10                                 säure ist wirksamer als die Monotherapie mit TC und
 Spezielle Situationen, z.B.:                                      zudem steroidsparend [10, 14, 18].
 – leichtgradige Plaque-Psoriasis, die mit Lokaltherapie nicht
   adäquat kontrollierbar ist und zu einer eingeschränkten         Vitamin-D3-Analoga: Calcipotriol, Tacalcitol, Calcitriol
   Lebensqualität führt                                            Calcipotriol (z.B. Daivonex® Crème, wird in der Schweiz
 – (ausgedehnte) Beteiligung des Capillitiums, der Nägel           aus wirtschaftlichen Gründen vom Markt genommen),
   (>2 Finger), palmoplantar, genital                              Tacalcitol (z.B. Curatoderm® Salbe) und Calcitriol (z.B.
 Behandlung: systemisch; allenfalls zusätzlich Lokal-              Silkis® Salbe) gelten als vergleichbar wirksam [15]. Die
 und UV-Therapie                                                   Anwendung als Monotherapie erfolgt ein- bis zweimal
                                                                   pro Tag. Dabei sollte das behandelte Areal wegen der
                                                                   Gefahr einer Hyperkalzämie nicht mehr als 30% der
                                                                   Körperoberfläche betragen resp. die Dosis 100 g pro
einer Alkohol- oder anderen Suchtkrankheit. Da sich die            Woche nicht überschreiten [16, 17].
Hinweise verdichten, dass Psoriasis per se aufgrund des            Gemäss einer Cochrane-Review-Analyse zeigten sich im
«Psoriatic march» (systemische Inflammation 3 endo-                Head-to-head-Vergleich keine signifikanten Unterschiede
theliale Dysfunktion 3 Atherosklerose) ein unabhängiger            zwischen potenten/sehr potenten TC und Vitamin-D3-
kardiovaskulärer Risikofaktor darstellt, sollten diese             Analoga betreffend Effektivität (Ausnahme: besseres An-
Risikofaktoren gut kotrolliert sein [4–6]. Eine Gewichts-          sprechen der Scalp-Psoriasis auf TC) [18]. Im klinischen
reduktion kann zudem das Ansprechen auf die TNFa-In-               Alltag scheinen uns die TC während der Induktionsphase
hibitoren verbessern [7–9] und im Fall einer psoriatischen         aber deutlich wirksamer. In der Cochrane-Analyse war
Osteoarthropathie die Gelenke entlasten. Psoriasis-ag-             die Kombination von Vitamin-D3-Analoga mit TC effizien-
gravierende Medikamente wie Betablocker, ACE-Hem-                  ter als die jeweilige Monotherapie.
mer, NSAID, (Hydroxy-)Chloroquin oder Lithium sollten              Vitamin-D3-Analoga können lokal irritativ wirken (Bren-
nach Möglichkeit äquivalent ersetzt werden. Psychische             nen, Juckreiz, Rötung). In dieser Situation kann die Be-
Stressoren, welche die Psoriasis negativ beeinflussen, soll-       handlungsfrequenz reduziert oder eine erneute Kombina-
ten limitiert werden. Vice versa kann eine Psoriasis die           tion mit TC eingeleitet werden. Die kombinierte Therapie
Lebensqualität deutlich einschränken und einen Circu-              mit salicylsäurehaltigen Externa sollte wegen Inaktivie-
lus vitiosus unterhalten, der eine Suchtproblematik indu-          rung der Vitamin-D3-Analoga vermieden werden.
zieren resp. verstärken kann. Diese Problematik sollte             Relative Kontraindikation für Vitamin-D3-Analoga sind
von ärztlicher Seite aktiv angesprochen und gegebenen-             Psoriasis pustulosa, Störungen des Kalzium-Stoffwech-
falls psychiatrisch/psychosomatisch behandelt werden.              sels, schwere Nieren- und Leberkrankheiten sowie Kind-
                                                                   heit (keine kontrollierten Daten), Schwangerschaft und
                                                                   Stillzeit [18]. Unter Kalziumsubstitution und/oder ora-
Lokaltherapie                                                      len Vitamin-D3-Analoga sowie unter Thiaziddiuretika
                                                                   sollten regelmässige Kontrollen des Serumkalziums er-
Topische Kortikosteroide der Stärkeklassen III und IV              folgen.
Das PASI-75-Ansprechen (Verbesserung des PASI um
75%) ist die häufigste Messgrösse für das Ansprechen               Topische Calcineurin-Inhibitoren:
der Antipsoriatika in klinischen Studien. Unter Mono-              Pimecrolimus, Tacrolimus
therapie mit topischen Kortikosteroiden (TC) der Klassen           In der Schweiz sind die topischen Calcineurin-Inhibito-
III (z.B. Mometasonfuroat, Elocom® Salbe) und IV (z.B.             ren (TCI) für die Behandlung der Psoriasis vulgaris nicht
Clobetasol-17Propionat, Dermovate® Gel) betrug dieses              zugelassen. Sie sind den TC in der Effizienz unterlegen,
in Metaanalysen ca. 50% resp. ca. 80% [10, 18], allerdings         aber im Off-label-use an besonders TC-sensiblen Stellen
wurden dabei auch Studien mit zweimal täglichen An-                (Gesicht, Genitale) und vor allem bei der intertriginösen
wendungen berücksichtigt, was nicht klinischer Usus ist.           Psoriasis gerechtfertigt. Eine Kombination mit UV-The-
Die Anwendung erfolgt aufgrund der Halbwertszeit ein-              rapie sollte vermieden werden, da im Tiermodell Hin-
mal pro Tag. Häufigere Applikationen erhöhen das Risiko            weise für eine gesteigerte Photokarzinogenese vorliegen
lokaler Nebenwirkungen (Hautinfekte, Hautatrophie,                 [19]. Relative Kontraindikation bestehen bei Hautinfek-
Teleangiektasien, Follikulitis, periorale Dermatitis) und          ten, Immunsuppression sowie während der Schwanger-
bei grossflächiger Anwendung auch systemischer Neben-              schaft und Stillzeit.

                                                                                 Schweiz Med Forum 2013;13(6):105–111   106
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                                                                                  nannten Lokaltherapie, ein- bis zweimal täglich ange-
                                                                                  wendet sinnvoll. Damit kann die gestörte Hautbarriere
                                                                                  teilweise kompensiert werden. Hinweisend für die Wirk-
                                                                                  samkeit dieser Rückfettung ist, dass die mit dem Vehi-
                                                                                  kel behandelten Placebo-Gruppen in zahlreichen Stu-
                                                                                  dien eine deutliche Besserung im Vergleich zur Baseline
                                                                                  erreichten.

                                                                                  UV-Therapien

                                                                                  Eine UV-Therapie kann bei einer leichtgradigen Plaque-
                                                                                  Psoriasis mit ungenügendem Ansprechen auf die Lokal-
                                                                                  therapie oder initial bei moderat bis schwerer Psoriasis
                                                                                  kombiniert mit Topika erfolgen, um die Latenz bis zum
                                                                                  Wirkungseintritt der Systemtherapeutika zu überbrücken.
Abbildung 1                                                                       Allerdings ist die Indikation einer fortgesetzten Kombi-
Plaque-Psoriasis.                                                                 nation von PUVA/UVB-Therapie mit Methotrexat auf-
                                                                                  grund der erhöhten Phototoxizität streng zu stellen; die
                    Teer-basierte Produkte: Steinkohleteer, Dithranol             Kombination mit Cyclosporin A (v.a. PUVA) ist wegen der
                    Die Anwendung von Steinkohleteer ist historisch begrün-       erhöhten Photokarzinogenese gemäss den europäischen
                    det und wird heute aufgrund der kanzerogenen Wirkung          S3-Guidelines kontraindiziert [22]. Dies gilt auch für die
                    nicht mehr empfohlen. Der photosensibilisierende Effekt       TNFa-Inhibitoren, da Hinweise eines erhöhten Risikos
                    von Teer wurde früher in Kombination mit einer UV-            für Basalzell- und Plattenepithelkarzinome unter TNFa-
                    Therapie genutzt (Goeckermann-Schema).                        Inhibitor-Therapie bestehen [21].
                    Das synthetische Derivat Dithranol (Cignolin, Anthalin)       Der therapeutische Effekt des UV-Lichts bei der Psoriasis
                    findet seit ca. 90 Jahren Verwendung in der Lokalthera-       beruht auf der Wechselwirkung von hochenergetischen
                    pie der Psoriasis. Allerdings wird es aufgrund der gerin-     Photonen mit zellulären Strukturen der Epidermis (Hem-
                    geren Wirksamkeit im Vergleich mit den TC und Vit-            mung der DNS-Synthese der Keratinozyten) und des
                    amin-D3-Analoga, der Braunverfärbung der behandelten          entzündlichen Infiltrats (Hemmung der Aktivierung
                    Areale sowie der irritativen Lokalreaktionen mit mögli-       und Apoptose-Induktion von reaktiven T-Lymphozyten,
                    chem Pseudoleukoderm kaum noch angewendet. Dia-               Antiangiogenese). Die UV-Therapie hat in den letzten
                    thranol kann aber als Monotherapie im stationären Set-        Jahren zugunsten der Biologika an Wichtigkeit verloren.
                    ting aufgrund der günstigen Kosten-Nutzen-Relation und        Die Schmalband-UVB-Therapie (UVB narrow band, nb)
                    der fehlenden systemischen Nebenwirkungen bei leich-          kommt aufgrund des günstigen Nutzen-Risiko-Profils
                    ter bis mittelschwerer Psoriasis auch heute noch erwo-        und der Praktikabilität im Gegensatz zu den PUVA-The-
                    gen werden [20]. Die Kombination von Dithranol mit            rapien noch häufig zum Einsatz und gilt bei der Plaque-
                    UVB-Therapie (Ingram-Schema) zeigt eine gute anti-            Psoriasis meist als UV-Therapie der Wahl.
                    psoriatische Wirksamkeit und wird noch vereinzelt an-         Risiken der Langzeitanwendung der Phototherapie be-
                    gewendet.                                                     inhalten chron. Lichtschäden der Haut (PUVA-Lentigines,
                                                                                  Katarakt, Photo-Aging und Photokarzinogenese). Die
                    Keratolytika: Salicylsäure 3–10% und Harnstoff 3–10%          Kanzerogenität der systemischen PUVA für Basalzell-
                    Bei stark schuppenden, hyperkeratotischen Stellen sollte      und Plattenepithelkarzinome (in Abhängigkeit der kumu-
                    zur verbesserten Penetration der Topika vor allem in          lativen Dosis) gilt als gesichert, der Kausalzusammen-
                    der Induktionsphase eine ausreichende Keratolyse mit          hang mit der UVB-Therapie wird noch kontrovers
                    Salicylvaseline oder Harnstoff 3–10% durchgeführt wer-        diskutiert [22]. Das Melanom-Risiko unter UV-Therapien
                    den. Die Wirksamkeit der Topika kann durch eine zu-           kann noch nicht abschliessend beantwortet werden,
                    sätzliche okklusive Abdeckung (z.B. mit Frischhaltefolie)     Berichte über eine erhöhte Melanom-Inzidenz existieren
                    verbessert werden. Bei Kindern sollte eine grossflächige      aber.
                    Anwendung von Salicylsäure wegen potentieller Neuro-          Kontraindikationen für eine UV-Therapie sind Photo-
                    und Nephrotoxizität vermieden werden. Harnstoff hat           dermatosen (z.B. Xeroderma pigmentosum, Porphyrien,
                    neben keratolytischen auch feuchtigkeitsspendende             Lupus erythematodes), UV-induzierte Hautmalignome,
                    Eigenschaften im Stratum corneum.                             das dysplastische Naevus-Syndrom und Immunsuppres-
                                                                                  sion (insbesondere Ciclosporin A). Vor Start mit einer
                    Rückfettende Produkte                                         UV-Therapie sollten photosensibilisierende (z.B. Prome-
                    Bei der hyperproliferativ verdickten Psoriasis-Haut ist die   thazin, Chlorpromazin, Hydrochlorothiazid) und photo-
                    Barriere-Funktion vor allem wegen des gestörten Lipid-        toxische Medikamente (z.B. Tetracycline, Amiodaron,
                    musters (besonders der Ceramide) des Stratum corne-           Phenothiazine, Furosemid, Piroxicam, Johanniskraut-
                    ums gestört. Obwohl die Rückfettung weder in den euro-        Präparate) nach Möglichkeit abgesetzt werden. Ein UV-
                    päischen noch in den amerikanischen Richtlinien               Pass sollte die kumulative UVA-Dosis dokumentieren.
                    Erwähnung findet, sind rückfettende Hautpflegemittel          Diese sollte eine Lifetime-Dosis von 1000 J/cm2 nicht
                    (Lipolotionen, Fettcremen, Salben), ergänzend zur ge-         überschreiten [23].

                                                                                                Schweiz Med Forum 2013;13(6):105–111   107
CURRICULUM

                                                                                       einen synergistischen Effekt mit rascherem Ansprechen
         PASI 75             im Vergleich zu den jeweiligen Monotherapien. Aufgrund
                                                                                       der langen Halbwertszeit von Acitretin ist eine hormo-
                                                                                       nelle Kontrazeption bis zwei Jahre nach Therapieende
                                                                                       gefordert. Diese Therapie wird heutzutage kaum noch
                             DLQI >5                 DLQI
CURRICULUM

Tabelle 2
Konventionelle Systemtherapeutika zur Behandlung der moderat-schweren Plaque-Psoriasis.

                          Acitretin                                         Methotrexat                                            Ciclosporin
Wirkmechanismus           – Vitamin-A-Derivat, u.a. Regulation              – Antimetabolit der Nucleinsäuresynthese               – Hemmung der Transkription
                            der epidermalen Proliferation und Differen-       durch Dihydrofolatreduktase-Hemmung                    von IL-2,4,5, TNFa, IFNg
                            zierung, Modulation des zellulären/             3 antiproliferativ                                     3 Hemmung der T-LC-Aktivie-
                            humoralen Immunsystems                          3 antiinflammatorisch                                    rung und T-LC-abhängigen
                          3 antiproliferativ, antikeratinisierend                                                                    Antikörper-Produktion
                          3 leicht antiinflammatorisch
Zusätzliche               – Im Rahmen der Retinoid-PUVA                     – Psoriatische Erythrodermie                           – Psoriatische Erythrodermie
Indikationen,             – Add-on bei pustulöser Psoriasis                 – Psoriasis-Arthritis
Wirkspektrum              – Bei zusätzlichem aktinischem Hautschaden        – Pustulöse Psoriasis
Abklärungen               – Blutbild, Leber- und Nierenwerte, Lipidstatus   –   Blutbild, Leber- und Nierenwerte                   – Blutbild, Leber- und
vor Therapiestart         – Schwangerschaftstest                            –   HBV-, HCV-, (HIV-), Schwangerschaftstest             Nierenwerte, Elektrolyte
                          – Schwangerschaftsschutz 4 Wochen                 –   Impfempfehlung gemäss BAG                          – Blutdruck (ggf. antihyperten-
                            vor bis 2 Jahre nach Acitretin wegen langer     –   Thorax-Röntgen (im Hinblick auf mögl.                sive Therapie)
                            T1/2 des Metaboliten Etretinat; «Minipille»         MTX-induzierte interstitielle Pneumopathie),       – HBV-, HCV-, HIV-Screening
                            ungenügend                                          falls pathol.: Spirometrie, Diffusionskapazität,   – Impfstatus gemäss BAG
                          – Nüchternglukose, ggf. HbA1c                         HRCT
Dosierung                 – Initial: 25–30 mg/d p.o. für 2–4 Wochen mit     – Startdosis: 7,5 mg/Woche s.c.;                       – Initial: 2–3 mg/kg/d
                            Mahlzeit oder Glas Milch                          p.o. schlechtere Toleranz und variable               – Bei ungenügender Wirkung:
                          – Erhaltungsdosis: falls nötig steigern             intra-/interindividuelle Bioverfügbar-                  steigern um 0,5–1 mg/d
                            auf 0,5 mg bis max. 1 mg/kg                       keit                                                 – Bei guter Wirkung:
                                                                            – Erhaltungsdosis: 7,5–30 mg/Woche                       Reduktion 0,5–1 mg alle
                                                                            – inkl. Folsäuresubstitution                             1–2 Monate, bis tiefstwirk-
                                                                              5–10 mg/Woche 24–48 Std. nach MTX                      same Dosis
                                                                            – Begrenzte Kumulativdosis: ca. 1,5 g                  – Maximaldosis: 5 mg/kg/d
                                                                              (nach 2–4 Jahren erreicht)
Med. Wirkungseintritt     4–8 Wochen                                        2–6 Wochen                                             4–8 Wochen
Effektivität              Nach 12 Wochen: 25–41%                            Nach 16 Wochen: 25–75% [34–36]                         Nach 12–16 Wochen: 50–70%
(PASI-75-                 (deswegen nicht empfohlen) [30, 31]                                                                      [37–39]
Ansprechen)               94% bei RePUVA [32]
als Monotherapie
Kontrollintervalle        Nach 4, 8, 16 Wochen mit Blutbild,                Nach 1, 2, 4, 6, 8, 12 Wochen, dann                    Nach 2, 4, 8, 10, 12 Wochen,
                          Leberwerten, Lipidstatus                          alle 2–3 Monate mit Blutbild, Leber-/Nieren-           dann alle 2 Monate mit
                                                                            werten, CRP.                                           Blutbild, Leber-/Nierenwerten,
                                                                            Prokollagen III alle 3 Monate ab Kumulativdosis        Elektrolyten, Blutdruckmes-
                                                                            von 1,5 g (Leberzirrhose-Marker) + evtl. Leber-        sung, Urin-Status
                                                                            Ultraschall
Kontraindikationen,       – Absolut: Schwangerschaft/Stillzeit              – Absolut: Schwangerschaft/Stillzeit, erhöhter         – Nephropathien, chron.
Interaktionen             – Relativ: Diabetes mellitus, Hepato- und           Alkoholkonsum, Hepatopathien, TBC,                     Hepatitis B, unkontrollierte
                            Nephropathien, Dyslipidämien, Spinalkanal-        HIV/AIDS; Kreatinin-Clearance 30%
und Komplikationen        3 stark teratogen), Xerodermie, Cheilitis und     ?: MTX 3 Monate davor pausieren,                       3 Dosis 4), diastolische
(Auswahl)                 Konjunktivitis sicca, Hyperlipidämie, Glukose-    /: MTX 3 Monate davor stoppen),                        Hypertonie, Nausea, Hyper-
                          toleranz verbessert oder verschlechtert,          Schleimhauttoxizität, Nausea, Durchfall,               kaliämie und -urikämie,
                          Effluvium, erhöhte Photosensitivität, ver-        vermehrte Infekte, persistierend erhöhte Trans-        Hypomagnesiämie, vermehrte
                          mindertes Dämmerungssehen, Myo-                   aminasen, makrozytäre Anämie, Leuko- und               Infekte, Anämie, Thrombo-
                          arthralgien, Hyperostosen                         Lymphopenie, Effluvium, interstitielle Pneumo-         zytopenie, Muskelkrämpfe,
                                                                            pathie                                                 Hypertrichose, Tremor,
                                                                                                                                   Gingivahyperplasie, Mali-
                                                                                                                                   gnome, lymphoproliferative
                                                                                                                                   Krankheiten
Vorteile                  – Keine Immunsuppression                          – Sehr gute Kosten-Nutzen-Relation                     – In der Schwangerschaft
                          – Einsparung Etanercept bei Kombination           – Kein perioperativer Unterbruch                         unter engmaschigen
                            [33]                                                                                                     Kontrollen einsetzbar

                                                                                                                Schweiz Med Forum 2013;13(6):105–111          109
CURRICULUM

                                                                            Schweregradeinteilung
                                                                            mittels PASI, BSA, DLQI
                                                                                gemäss Tabelle 1

                                leichtgradige Psoriasis                                                   moderat bis schwergradige Psoriasis

   Lokaltherapie                 adult          SS/Stillzeit       Kind                      System-Therapie         PsA      adult        SS/Stillzeit   Kind

   Keratolyse                    +++            +++                 +++                      MTX                     +++      +++          –              +
   1 x tgl. bis Schuppung                                           cave
                                                                    Salicylsäure
   deutlich reduziert                                                                        CyA                     (+)      (+)          +              –

                                                                    ++                        Biologika              ETA         ETA           ETA        ETA
   TCS-Klasse III–IV             +++            ++
                                                                                                                     ADA        ADA
   1 x tgl. für ca. 2 Wochen,
                                                                                                                      INF       USTE
   dann 2–3/Woche
                                                                                                                                 INF

   Vit.-D3-Analoga               +++             –                  –
   1 x tgl. max. 30% BSA                                                                      Bis zum vollen Wirkungseintritt der Systemtherapie:
                                                                                              Kombination mit Lokal- und evtl. kurz UV-Therapie.
   TCI                           +++           (+)                  ++                        Nach Wirkbeginn der Systemtherapie keine Kombination
                                                                                              von Biologika/CyA und UV-Therapie
   für Inversa-Anteile,
   Gesicht, Genitale

                            Wenn Therapieziel nach 4–8 Wochen nicht erreicht:
                            Kombination mit UV-Therapie evaluieren
                                                                                             Evaluation der Systemtherapie
                                                                                             am Ende der Induktionsphase,
                                                                                                danach alle 2–3 Monate
   UV-Therapie                   adult          SS/Stillzeit        Kind                          gemäss Abbildung 1

   UVB-nb                        +++            +++                 +++

  PUVA
  – systemisch                   +              –                   –
  – lokal                        ++            (+)                 (+)
                                                                                             Therapieziel: mindestens PASI-75-Verbesserung
                                                                                                              oder DLQI ≤5
  RePUVA                         +              –                   –

                                      Bei ungenügendem Ansprechen
                                      Evaluation, ob «spezielle Situation» erfüllt
                                      gemäss Tab. 1, ggf. Systemtherapie

Abbildung 3
Therapie-Algorithmus gemäss Schweregrad der Psoriasis.
Abkürzungen: TCS: topisches Corticosteroid; TCI: topischer Calcineurin-Inhibitor; RePUVA: Retinoid-PUVA; MTX: Methotrexat;
PsA: Psoriasis-Arthritis; CyA: Ciclosporin A; ETA: Etanercept; ADA: Adalimumab; INF: Infliximab; USTE: Ustekinumab.

  Impfung alle 5 Jahre, Varicellen-Impfung, sofern nicht                                wirksam ist, ist sie in der Schweiz nicht zugelassen. Das
  immunisiert. Lebendimpfstoffe sind unter Immunsup-                                    Präparat kann aber über die internationale Apotheke aus
  pression kontraindiziert. Nach einer Lebendimpfstoff-                                 Deutschland bezogen und im Off-label-use mit Kosten-
  Impfung muss vier Wochen gewartet werden, bevor                                       gutsprache des Versicherers angewendet werden. Der
  mit der immunsuppressiven Systemtherapie gestartet                                    Wirkmechanismus beruht auf einer Hemmung aktivier-
  wird, und eine Lebendimpfstoff-Impfung darf frühes-                                   ter Lymphozyten und deren Zytokinantworten. Fumarat
  tens drei Monate nach Absetzen einer immunsup-                                        eignet sich vor allem für die Langzeittherapie, das PASI-
  pressiven Therapie erfolgen [26].                                                     75-Ansprechen nach 16 Wochen beträgt 50–70% [27].
– Ausschluss von (latenten) chronischen Infektionen:
  HIV-, HBV-, HCV-Screening, IGRA (Quantiferon, T-                                      Small Molecules
  spot-Test, bei MTX und CyA fakultativ). Bei positi-                                   Apremilast, ein Phosphodiesterase-4-Inhibitor, der die
  vem Testresultat sollte das Prozedere interdiszipli-                                  Produktion proinflammatorischer Mediatoren (u.a. TNF-
  när definiert werden.                                                                 alpha) hemmt, zeigte bei Patienten mit moderater bis
                                                                                        schwerer Psoriasis in einer Phase-II-Studie ein PASI-
Die detaillierten Eigenschaften der in der Schweiz ge-                                  75-Ansprechen nach 16 Wochen von bis zu 41%. Dieses
bräuchlichen konventionellen Systemtherapeutika sind                                    Medikament wurde insgesamt gut toleriert und zeigte
in Tabelle 2 p aufgeführt. Zusätzlich ist noch Fumarat                                  ein günstiges Sicherheitsprofil, Phase-III-Studien sind am
zu erwähnen. Obwohl diese Substanz bei der Psoriasis                                    Laufen (ESTEEM 1 und 2) [28]. Trotz der gemäss diesen

                                                                                                           Schweiz Med Forum 2013;13(6):105–111                  110
CURRICULUM

ersten klinischen Daten geringeren Wirksamkeit gegen-       Korrespondenz:
über den Biologika bieten die Small Molecules diesen        Dr. med. Simon Müller
gegenüber womöglich Vorteile (z.B. orale Einnahme, kein     Dermatologie
                                                            Unispital Basel
Monitoring der Leberwerte, weniger schwere Infektio-
                                                            CH-4031 Basel
nen). Weitere Small Molecules, zum Beispiel MAP-Kinase-
                                                            muellersim[at]uhbs.ch
Inhibitoren, Proteinkinase-C-Inhibitoren oder JAK-In-
hibitoren, sind für die Indikation Psoriasis ebenfalls in
klinischer Prüfung [29].
                                                            Literatur
Zusammenfassend können wir für den klinischen Alltag        Die vollständige nummerierte Literaturliste finden Sie unter
den Therapie-Algorithmus entsprechend Abbildung 3 x         www.medicalforum.ch.
empfehlen.

                                                                             Schweiz Med Forum 2013;13(6):105–111          111
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