Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

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Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Bayerische Landesanstalt
für Wald und Forstwirtschaft

Praxishilfe

Tiere und Pflanzen der
FFH-Richtlinie im Wald
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Impressum

Herausgeber         Bayerische Landesanstalt                             Praxishilfe
und Bezugsadresse   für Wald und Forstwirtschaft (LWF)
                    Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1
                    85354 Freising
                    Telefon: +49 (0) 81 61/4591-0
                                                                         Tiere und Pflanzen
                                                                         der FFH-Richtlinie
                    poststelle@lwf.bayern.de
                    www.lwf.bayern.de
Verantwortlich      Dr. Peter Pröbstle, Leiter der LWF

                                                                         im Wald
Autoren             Philipp Gilbert, Anna Kanold, Christine Franz,
                    Martin Lauterbach, Patrick Bilan, Klaus Schreiber,
                    Sarah Schneider, Siegmar Wüst, Beatrix Enzenbach,
                    Veronika Zimmerer und Stefan Müller-Kroehling
Redaktion           Michael Mößnang, Christine Hopf
Layout              Christine Hopf, Andrea Nißl
Titelfoto           Gero Brehm, AELF Fürstenfeldbruck
Druck               Druckerei Lanzinger, Oberbergkirchen
Auflage             2.800 Stück, Juni 2022
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Inhalt

                     Einführung7

                     Erläuterungen8

    Amphibien        Gelbbauchunke       10   Eremit                                  50   Käfer
                     Kammmolch12              Hirschkäfer52
                     Springfrosch14           Alpenbock54

                                               Heldbock56

    Säugetiere       Bechsteinfledermaus16    Grubenlaufkäfer58
                     Großes Mausohr      18   Hochmoorlaufkäfer60
                     Kleinabendsegler20       Scharlachkäfer62
                     Mopsfledermaus22         Gestreifter Bergwald-Bohrkäfer          64
                     Luchs24                  Veilchenblauer Wurzelhalsschnellkäfer   66
                     Wildkatze26

                     Baummarder          28   Frauenschuh68                                Pflanzen
                     Iltis30                  Prächtiger Dünnfarn                     70
                     Alpenschneehase32

                     Biber34                  Gekieltes Zweizeilblattmoos             72   Moose
                     Baumschläfer36           Grünes Besenmoos                        74
                     Haselmaus38              Grünes Koboldmoos                       76
                     Alpensteinbock40         Kärntner Spatenmoos                     78
                     Gams42                   Rudolphs Trompetenmoos                  80

    Schmetterlinge   Heckenwollafter44        Bildnachweis, Literatur                 82
                     Kleiner Maivogel    46                                                 Maßnahmentabelle
                     Spanische Flagge    48

4                                                                                                               5
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Einführung

    Die Waldnatur in Bayern ist vielfältig. Von den kühlen Hochlagen der
    Alpen über das Flach- und Hügelland bis in die wärmeren Gegenden
    in Franken trifft man unterschiedlichste Lebensräume an. Diese Wald­
    typen beherbergen verschiedenste charakteristische Arten, für die
    wir besondere Verantwortung tragen. Es ist uns ein besonderes
    Anliegen, diese erstaunliche Artenvielfalt in den Wäldern zu erhalten.

    Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, bestehend aus Fauna-
    Flora-Habitat (FFH)- und Vogelschutzgebieten (SPA), zielt auf den Erhalt
    der biologischen Vielfalt ab. Stellvertretend für die heimische Artenvielfalt
    wurden seitens EU einige Schirmarten ausgewählt und in den Anhängen
    II, IV und V unter gesonderten Schutz gestellt. Eine Vielzahl davon sind
    klassische Waldarten.

    Jede gelistete Art steht für wichtige und seltene Strukturen im Wald wie
    Totholz, Baumhöhlen oder lichte Wälder. Vom Erhalt dieser Strukturen
    profitieren weitere, nicht in den Anhängen der Richtlinien aufgeführte
    Arten, die jedoch dieselben Strukturansprüche besitzen und ebenso ein
    Teil der vielfältigen Waldnatur sind.

    In den ausgewiesenen Natura 2000-Schutzgebieten sollen die dort ge-
    schützten Arten (aufgeführt im Standarddatenbogen des jeweiligen Ge-
    biets sowie in der Bayerischen Natura 2000-Verordnung (BayNat2000V))
    in einem güns­tigen Zustand erhalten oder dieser wiederhergestellt wer-
    den. Der Zustand der Arten darf sich nicht verschlechtern (Verschlechte-
    rungsverbot). Das Gebietsmanagement basiert auf Managementplänen,
    welche konkrete Angaben zum Zustand der Arten machen und bei Be-
    darf geeignete Maßnahmen vorschlagen.

    In dieser Praxishilfe werden die Arten der FFH-Anhänge in Form von
    Steckbriefen vorgestellt. Darin werden die vielfältigen Lebensweisen abge­
    bildet, eingeordnet und die relevantesten Ansprüche herausgearbeitet,
    um den Praktikern den täglichen Umgang mit den Arten in unseren
    Wäldern zu erleichtern.

6                                                                                                7
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Erläuterungen

                                 S streng und besonders geschützt                   Arten mit der Kennzeichnung »beson­ders«                                                                                     Laubwald
    Schutzstatus                                                                                                                          Waldzusammen­
    nach §7 BNatSchG   S         b besonders geschützt
                                                                                    oder »streng ge­schützt« sind auch außerhalb
                                                                                    der Natura 2000-Schutzgebiete über das Arten-
                                                                                                                                          setzung
                                                                                                                                                                                                                 Mischwald
                       §         – nicht geschützt                                  schutzrecht nach §44 BNatschG geschützt.                                                                                     Nadelwald

                                 0    Ausgestorben, Verschollen             G       Gefährdung unbekannten Ausmaßes
                                                                                                                                                             Alte, totholz- und biotopbaumreiche Wälder
    Rote Liste                   1    Vom Aussterben bedroht                R       Extrem selten
    Bayern             2         2    Stark gefährdet                       V       Vorwarnliste
                                                                                                                                          Waldtypen          Die Kategorie bezieht sich auf Arten reifer Waldentwicklungsphasen,
                                                                                                                                                             die durch einen relativ hohen Anteil an Totholz und Biotopbäumen
                                                                                                                                                             geprägt sind.
                                 3    Gefährdet                             D       Daten unzureichend
                                                                            *       Nicht gefährdet

                                                                                                                                                             Feuchte oder luftfeuchte Wälder bzw. Kleingewässer
                           FFH   II	Tier– und Pflanzenarten, für deren Erhaltung Schutz­gebiete                                                             In diese Kategorie fallen Arten feuchter Waldstandorte (z. B. Sumpf-,
    FFH-Anhang
                                     im Natura2000-Netz ausgewiesen werden müssen                                                                            Bruch- oder Auwälder) sowie Arten in Wäldern mit einem Bestandes­
                           IV                                                                                                                                innenklima, das sich durch hohe Luftfeuchtigkeit auszeichnet.
                                 IV	Tier– und Pflanzenarten, die europaweit unter Schutz
                                     stehen, auch außerhalb der ausgewiesenen Schutzgebiete
                                 V	Tier– und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren
                                    Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungs-                                                           Sonderstrukturen
                                    maßnahmen sein können                                                                                                    Umfasst Arten, die sich aufgrund ihrer sehr speziellen Habitat­ansprüche
                                                                                                                                                             nur teilweise oder überhaupt nicht in andere Kategorien einordnen lassen.
                                 * Prioritäre Art

                                                                                                          S              N

    Verbreitung                                                                                                nival
                                                                                                                                                             Lichte Wälder
                                                                                                    2700 m                                                   Hier leben Arten der standorts- oder nutzungsbedingt licht bestockten
                                                                                                                         2400 m                              Wälder, inklusive der Übergänge zu halboffenen Landschaften.
                                                                                                              alpin
                                                                                                 2100 m
                                                                                                                             1900 m
                                                                                                              subalpin
                                                                                             1400 m
                                                                                                                               1200 m                        Mehrschichtige Wälder
                                                                                                              montan
                                                                                                                                                             Alle Arten in Wäldern, die auf dem überwiegenden Flächenanteil
                                                                                            700 m
                                                                                                                                600 m                        zwei oder mehr vertikale Bestandesschichten aufweisen.
                                                                                         400 m                kollin
                                                                                                                                  300 m
                                                                                                              planar

                                 Vorkommen
                                 Deutschlandweiter       Erhaltungszustand                   Die Höhenstufen sind für
                                  günstig                                                                                                                    Störungs­
                                 in der kontinentalen und alpinen bio-                       Arten dargestellt, bei denen                                                                                        Vorkommen
                                  ungünstig–unzureichend
                                 geographischen Region (FFH-Bericht 2019)                    die Höhenverbreitung eine
                                                                                                                                          Besonderheiten     empfindliche
                                                                                                                                                                                                                 in Felsspalten
                                                                                                                                                             Art
                                     günstig                                                 wesentliche Rolle spielt.
                                     ungünstig–unzureichend
                                     ungünstig–schlecht
                                     unbekannt/Daten unzureichend
                                     kein Vorkommen
                                                                                                                                          Jagdrecht          Arten, die dem Jagdrecht unterliegen. Für sie gelten
                                     Vorkommen 2006–2018                                                                                  Stand: 6.10.2021   Jagd- und Schonzeiten und sie unterliegen der gesetz­
                                     Quellen: FFH-Bericht 2019, Bayerische Forst-                                                                            lichen Hegepflicht (§ 1 BJagdG und § 2 (1) Nr.1 BJagdG).
                                     verwaltung, Bayerische Umweltverwaltung

8                                                                                                                                                                                                                                        9
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
S               2                   FFH
                              Gelbbauchunke                                                                     §                             II, IV

                              Bombina variegata
                              Linnaeus, 1758

                                                                                                             Lebensraum und Habitatstrukturen                      Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                             Ursprünglich ist die Gelbbauchunke eine Art           Als Pionierart ist die Gelbbauchunke an sich
                                                                                                             der Gewässerauen, wo aufgrund der Gewäs­ser­          rasch verändernde Lebensräume angepasst.
                                                                                                             dynamik natürliche temporäre Kleinstgewäs-            So können juvenile Tiere neu entstandene
                                                                                                             ser entstehen konnten. Heute findet man sie           Gewässer auch in mehreren Kilometern Entfer-
                                                                                                             haupt­sächlich in anthropogen entstandenen            nung zügig besiedeln. Adulte Gelbbauchunken
                                                                                                             Gewässern z. B. in Abbaustellen, auf Truppen-         bleiben jedoch standorttreu. Im Sommer wird
                                                                                                             übungsplätzen oder in Fahrspuren auf Erd­             zwischen Laich- und Aufenthaltsgewässern so-
                                                                                                             wegen. Diese für die Reproduktion wichtigen           wie Tagesverstecken an Land gewechselt. Die
                                                                                                             Gewässer sind idealerweise flach, gut besonnt,        Überwinterung findet in frostfreien Verstecken
                                                                                                             vegetationsfrei sowie arm an Prädatoren. Die          im Umkreis von wenigen hundert Metern um
                                                                                                             in der Nähe liegenden Aufenthaltsgewässer,            die Gewässer statt.
                                                                                                             die zwischen den Laichperioden (bis zu drei
                                                                                                             im Jahr) oder von noch nicht geschlechtsreifen
                                                                                                             Individuen genutzt werden, können hingegen                      Beratungsempfehlungen
                                                                                                             strukturreicher und kühler sein. Als Tages- und                 Erhaltung bzw. Anlage eines ausreichenden Netzes
                                                                                                             Winterverstecke werden Erdhöhlen, Stein­                        geeigneter (temporärer) Kleinstgewässer (Gruppen
                                                                                                             haufen oder Totholz in direkter Umgebung                        von jeweils 3 –5 Gewässern in maximaler Ent­fernung
                                                                                                                                                                             von 1.500 Metern voneinander)
                                                                                                             der Gewässer aufgesucht.
                                                                                                                                                                             Erhaltung bzw. Schaffung eines strukturreichen
                                                                                                                                                                             Landlebensraumes in Gewässernähe (Totholz, Reisig-
                                                                                                             Ernährungsweise                                                 und Steinhaufen)
                                                                                                             Als Nahrung dienen der Gelbbauchunke über-
                                                                                                                                                                             Kein Pestizideinsatz in Nähe der Gewässer
                                                                                                             wiegend Insekten, vor allem Ameisen, Blatt­
                                                                                                                                                                             Instandsetzung von Wegen, Grabenpflege oder das
                                     Gelbbauchunken haben sich mit ihrer kurzen Larvenentwicklung ideal an   läuse und Schwebfliegen, aber auch Milben,
                                                                                                                                                                             Verfüllen von Fahr- und Rückespuren ausschließlich
                                     Laichgewässer angepasst, die nur wenige Wochen Wasser führen.           Asseln, Spinnen und Schnecken. Die Larven er-                   außerhalb der Laichzeit (Mitte April bis Anfang
                                                                                                             nähren sich im Wasser vorwiegend von Grün­                      September) in Vorkommensgebieten
                                               Verbreitung und Bestandssituation                             algen und Detritus.                                             Wiederherstellung der Gewässerdynamik an Fließ­
                                               Der Verbreitungsschwerpunkt der Gelbbauchunke in                                                                              gewässern
                                               Deutschland liegt im Süd-Westen der Bundesrepublik,
                                               während im Norden und Osten Nachweise fehlen. In
                                               Bayern ist die Verbreitung lückig und zeigt drei Schwer-
                                               punkte: Die tonigen Böden des Unteren Keupers, das
                                               Donautal und das Alpenvorland. Die Gelbbauchunke              Phänologie                                                                      Hauptphase        Nebenphase
                                               kommt bis in eine Höhe von circa 1.000 m ü.NN vor.            Monat                     Jan   Feb     Mrz   Apr   Mai   Jun      Jul    Aug     Sep    Okt     Nov    Dez
                                               Insgesamt ist ein Bestandsrückgang festzustellen.             Winterquartier
     Vorkommen                                                                                               Adulte im Wasser
     ungünstig–unzureichend                                                                                  Eiablage, Larvenstadium
     ungünstig–schlecht                                                                                      Juvenile im Wasser

10                                                                                                                                                                                                                                 11
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
S                2                   FFH
                              Kammmolch                                                                             §                              II, IV

                              Triturus cristatus
                              Laurenti, 1768

                                                                                                                 Lebensraum und Habitatstrukturen                       Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                                 Kammmolche verbringen im Vergleich zu den              Die adulten Tiere sind standorttreu und halten
                                                                                                                 anderen heimischen Molcharten ausgesprochen            sich überwiegend im Wasser oder in unmittel­
                                                                                                                 lange Zeit im Laichgewässer. Sie bevorzugen            barer Nähe dazu an Land auf. Nur durch die
                                                                                                                 größere, tiefe, besonnte und dadurch wärme­-           frisch entwickelten Jungtiere erfolgt eine Aus-
                                                                                                                 re Gewässer, die fischfrei sind. Besonders ge­         breitung von wenigen hundert Metern um ihr
                                                                                                                 eignet sind Gewässer im späten Sukzessions­            Ursprungsgewässer.
                                                                                                                 stadium, die im Uferbereich und im Wasser
                                                                                                                 üppige Vegetation aufweisen. Dabei dienen
                                                                                                                 die Pflanzen gleichzeitig als Versteck und zur                   Beratungsempfehlungen
                                                                                                                 Eiablage. Die Präferenz beim Landlebensraum                      Zu hohe Fischbestände in Gewässern reduzieren
                                                                                                                 liegt klar bei Laub- und Mischwäldern. Die Über-                 oder entfernen
                                                                                                                 winterung findet sowohl im Gewässer als auch                     Ggf. Auflichten und Freistellen von Gewässern
                                                                                                                 an Land unter Steinen, Totholz, in Kleinsäuger­
                                                                                                                                                                                  Anreicherung des Uferbereichs und der näheren
                                                                                                                 bauten oder Wurzelhöhlungen in direkter Um-                      Umgebung mit Versteckmöglichkeiten z.B. Totholz
                                                                                                                 gebung zum Gewässer statt.                                       und Steinhaufen
                                                                                                                                                                                  Ggf. Schaffung neuer (Sekundär-)Gewässer mit
                                                                                                                 Ernährungsweise                                                  > 0,5 m Tiefe und > 100 m² Größe in Nähe bestehen-
                                                                                                                                                                                  der Laichgewässer (max. 500 bis 1.000 m Entfer-
                                                                                                                 Im Wasser ernähren sich adulte Tiere von Schne-
                                                                                                                                                                                  nung)
                                                                                                                 cken, Insekten(-larven), Würmern und Klein-
                                                                                                                                                                                  Pufferzonen zu landwirtschaftlich genutzten Flächen
                                                                                                                 krebsen. Nicht selten werden auch die Larven                     um die Gewässer
                                                                                                                 der eigenen Art und anderer Lurche gefressen.
                                                                                                                                                                                  Verzicht auf Maßnahmen, die das Grundwasser ab-
                                                                                                                 Die Nahrung der Larven besteht vor allem aus                     senken oder Fließgewässer regulieren
                                     Kammmolche verbleiben vergleichsweise lange Zeit in ihren Laichgewässern.   Wasserflöhen, Kleinkrebsen und Mücken­larven.
                                     Die Männchen tragen zur Paarungszeit eine farbenprächtige »Wassertracht«.   Auch an Land jagt die Art nachts Insekten, de-
                                                                                                                 ren Larven sowie Schnecken und Regenwürmer.
                                               Verbreitung und Bestandssituation
                                               Der Kammmolch kommt, wenn auch sehr lückenhaft,
                                               deutschlandweit vor. Auch in Bayern zeigt sich ein lücken-
                                               haftes und regional sehr inhomogenes Verbreitungsbild.
                                               Hier ist er vor allem im Bereich des Fränkischen Schicht­
                                               stufenlandes und des voralpinen Moor- und Hü­gellandes
                                               anzutreffen. Als Flachlandart besie­delt er die Mittel- und       Phänologie                                                                       Hauptphase        Nebenphase
                                               Tieflagen bis etwa 1.000 m ü.NN. Der Bestand entwickelt           Monat                      Jan   Feb     Mrz   Apr   Mai   Jun      Jul    Aug     Sep    Okt     Nov    Dez
                                               sich in weiten Teilen Bayerns rückläufig.                         Winterquartier
     Vorkommen                                                                                                   Adulte/Subadulte i. Wasser
     ungünstig–unzureichend                                                                                      Eiablage, Larvenstadium
     ungünstig–schlecht                                                                                          Juvenile im Wasser

12                                                                                                                                                                                                                                     13
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
S               V               FFH
                              Springfrosch                                                                      §                                  IV

                              Rana dalmatina
                              Fitzinger, 1839

                                                                                                             Lebensraum und Habitatstrukturen                                 Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                             Der Springfrosch ist eine wärmeliebende Art,                     Die adulten Tiere nutzen die Laichgewässer als
                                                                                                             die zum Laichen stehende, besonnte und fisch-                    sogenannte »Frühlaicher« nur im Frühjahr von
                                                                                                             freie Gewässer bevorzugt, die gelegentlich aus-                  Januar bis März. In dieser Zeit legen die Weib-
                                                                                                             trocknen. Sie sollten reich an Vegetation sein                   chen zwischen 300 und 1.800 Eier in faustgro­ßen
                                                                                                             und flache Uferbereiche aufweisen. Die Palette                   Ballen an Strukturen unter Wasser ab. Den Rest
                                                                                                             der angenommenen Gewässergrößen reicht                           des Jahres verbringen sie in ihren Landlebens­
                                                                                                             dabei von wenigen bis über mehrere tausend                       räumen (Sommerquartier), die im Umkreis von
                                                                                                             Quadratmeter. Von allen heimischen Frosch­                       bis zu 1.500 m liegen können. Während adulte
                                                                                                             lurchen bevorzugt er die trockensten Wald­                       Tiere standorttreu sind, besiedeln Jungtiere rasch
                                                                                                             bereiche. Landlebensräume sind lichte, war­me,                   neue Lebensräume. Die Winterquartiere befin-
                                                                                                             trockene und strukturreiche Laubwälder mit                       den sich in unmittelbarer Nähe der Laichgewässer
                                                                                                             Totholz, Kraut- und Strauchschicht.                              unter Moospolstern, Erdschollen, Steinen, Blatt-
                                                                                                                                                                              haufen oder in Lückensystemen im Boden.
                                                                                                             Ernährungsweise
                                                                                                             Rund die Hälfte der Beutetiere sind Lauf- und                                Beratungsempfehlungen
                                                                                                             Rüsselkäfer. Daneben dienen Blattkäfer, Flie-                                Anlage oder Wiederherstellung (Entlandung) ge­eig­
                                                                                                             gen, Ohrwürmer, Schlupfwespen und andere                                     neter Laichgewässer(-gruppen). Max. Ent­fer­nung
                                                                                                             wirbellose Tiere als Nahrung. Den geringsten                                 von Gewässerkomplexen 1.000–2.000 m

                                                                                                             Anteil machen Schnecken und Regenwürmer                                      Landlebensraum um Gewässer strukturreich gestalten
                                                                                                             aus.                                                                         Pufferstreifen um die Laichgewässer, um Eintrag von
                                                                                                                                                                                          Schad- und Nährstoffen zu verhindern
                                                                                                                                                                                          Verbindungen/Korridore (z. B. Waldrandgestaltung,
                                     Für die Ablage seiner Laichballen nutzt der Springfrosch vorzugsweise                                                                                Hecken) zwischen Gewässer und Wald sowie zwi­-
                                     sonnenexponierte und vegetationsreiche Gewässer.                                                                                                     schen Populationen schaffen oder wiederherstellen
                                                                                                                                                                                          Zu hohe Fischbestände in geeigneten Gewässern re-
                                                                                                                                                                                          duzieren oder entfernen
                                                Verbreitung und Bestandssituation
                                                Die geschlossenen Verbreitungsgebiete des Springfroschs                                                                                   Vermeiden von Holzeinschlägen während der Aktivi-
                                                                                                                                                                                          tätsperiode (Januar–März) am und um das Gewässer
                                                liegen in Süd- und Südosteuropa sowie in Teilen Zentral-
                                                europas. Innerhalb von Deutschland sind die bekannten
                                                Areale der Art stark fragmentiert, wobei Bayern das
                                                größte zusammenhängende Vorkommensgebiet auf-                Phänologie                                                                                   Hauptphase        Nebenphase
                                                weist. Hier werden Höhenlagen bis 750 m ü.NN besiedelt.      Monat                     Jan   Feb        Mrz      Apr      Mai       Jun      Jul    Aug     Sep    Okt     Nov    Dez
                                                In einigen Regionen Bayerns nehmen die Bestände der          Winterquartier
                                                Art zu und eine leichte Expansion der räumlichen Verbrei-    Adulte im Wasser                                 ♂ verbleiben länger als ♀
     Vorkommen                                  tung ist zu beobachten.                                      Eiablage, Larvenstadium
     günstig                                                                                                 Adulte (Sommerquartier)
     ungünstig–unzureichend                                                                                  Juvenile (Sommerquartier)

14                                                                                                                                                                                                                                              15
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
S              3                FFH
                              Bechsteinfledermaus                                                                   §                             II, IV

                              Myotis bechsteinii
                              Kuhl, 1817

                                                                                                                 Lebensraum und Habitatstrukturen                        Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                                 Die Bechsteinfledermaus ist – neben der Nym-            Die Weibchen bilden »Wochenstubenverbän-
                                                                                                                 phenfledermaus – die am engsten an den Le­              de«, die alle zwei bis drei Tage das Quartier
                                                                                                                 bensraum Wald gebundene heimische Fleder-               wechseln. Eine Kolonie von etwa 20 Weibchen
                                                                                                                 mausart. Sie bevorzugt strukturreiche Laub-             nutzt in der Wochenstubenzeit ein Gebiet von
                                                                                                                 oder Mischwälder mit einem großen Angebot               circa 300 ha Waldfläche und bis zu 50 Quar­
                                                                                                                 an Baumhöhlen, wobei sie vor allem ältere               tiere. Die Männchen verbleiben dagegen zum
                                                                                                                 Spechthöhlen mit kuppelförmiger Höhlendecke             Teil mehrere Wochen lang im gleichen Quartier.
                                                                                                                 als Quartier annimmt. Nistkästen werden eben-           Die indivi­duellen Jagdhabitate liegen in direkter
                                                                                                                 falls gerne bewohnt. Bechstein­fledermäuse              Umgebung des Tagesverstecks, im Normalfall
                                                                                                                 jagen in unmittelbarer Umgebung zu ihren                in Entfernungen von wenigen hundert Metern.
                                                                                                                 Quartieren, bevorzugt in mehrschichtigen
                                                                                                                 und unterwuchsreichen Buchen- oder Buchen-
                                                                                                                 Eichen­wäldern. Vorkommen in Nadelwäldern                         Beratungsempfehlungen
                                                                                                                 sind selten. Die Bechsteinfledermaus weist eine                   Erhaltung von Höhlenbäumen (mindestens 5 Stück/
                                                                                                                 sehr hohe Reviertreue auf. Aus diesem Grund                       ha) und stehendem Totholz
                                                                                                                 ist eine Kontinuität in ihrem Lebensraum be­                      Förderung von mehrschichtigen Waldbeständen und
                                                                                                                 sonders wichtig. Zur Überwinterung nutzt sie                      strukturreicher Waldrandgestaltung
                                                                                                                 vermutlich Stollen, Keller oder Höhlen.                           Kleinflächige Bewirtschaftung
                                                                                                                                                                                   Verzicht auf Hiebsmaßnahmen um bekannte Wo-
                                                                                                                 Ernährungsweise                                                   chenstuben im Zeitraum von April bis Ende August
                                                                                                                 Die Bechsteinfledermaus gehört zu den »Glea-                      Vernetzung von Waldgebieten durch Hecken­
                                                                                                                 nern«, d. h. sie liest ihre Beute im Rüttelflug von               strukturen
                                     Mehrschichtige Laubwälder mit einem großen Angebot von Baumhöhlen sind      Blättern, Zweigen und vom Boden auf. Vermut-                      Minimierung von Störungen an bekannten Winter-
                                     typisches Jagdhabitat und bevorzugter Lebensraum der Bechsteinfledermaus.   lich jagt sie auch krabbelnd auf Ästen. Neben                     quartieren (Besucherlenkung, Vergitterung)
                                                                                                                 Schmetterlingen und Zweiflüglern zählen daher
                                               Verbreitung und Bestandssituation                                 auch viele flugunfähige Gliederfüßer zu ihrem
                                               Das Verbreitungsgebiet der Bechsteinfledermaus ist                Beutespektrum.
                                               weit­gehend auf Europa beschränkt. Deutschland be­
                                               her­bergt fast ein Viertel der europäischen Population
                                               und hat des­halb eine besondere Verantwortung für
                                               diese Art. In Bayern kommt sie vor allem in den großen            Phänologie                                                                        Hauptphase       Nebenphase
                                               Laub­wäldern Frankens (Spessart, Haßberge, Steiger-               Monat                   Jan    Feb    Mrz    Apr      Mai   Jun      Jul    Aug    Sep     Okt    Nov    Dez
                                               wald, Frankenalb) vor, in Süd- und Ostbayern ist sie              Sommerquartier
                                               nur lückenhaft ver­treten.                                        Geburt
     Vorkommen                                                                                                   Wochenstuben
     ungünstig–unzureichend                                                                                      Paarung
     unbekannt/Daten unzureichend                                                                                Winterquartier

16                                                                                                                                                                                                                                    17
Tiere und Pflanzen der FFH-Richtlinie im Wald - Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
S              *              FFH
                              Großes Mausohr                                                                  §                           II, IV

                              Myotis myotis
                              Borkhausen, 1797

                                                                                                           Lebensraum und Habitatstrukturen                    Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                           Große Mausohren sind Gebäudefledermäuse,            Die Wochenstubenkolonien weisen eine hohe
                                                                                                           die strukturreiche Landschaften mit hohem           Bindung an ihre Quartiere auf, die sie über
                                                                                                           Anteil geschlossener Wälder in der Umgebung         Jahrzehnte traditionell nutzen. Die Jagdgebie­­-
                                                                                                           als Jagdhabitate benötigen. Optimal sind Laub-      te liegen in einem Radius bis zu 15 km um die
                                                                                                           und Mischwälder mit geringer Kraut- und             Wochenstube und werden oft über feste Flug­
                                                                                                           Strauchschicht und mehreren Metern hindernis-       routen entlang von Hecken, Baumreihen oder
                                                                                                           freiem Luftraum. Offenland (Äcker, Weiden,          anderen linearen Strukturen angeflogen. Je­des
                                                                                                           Obstgärten, frischgemähtes Grünland) oder Na-       Individuum bejagt ein eigenes Gebiet von circa
                                                                                                           delwälder werden auch, aber seltener genutzt.       30 bis 35 ha Größe – meist über Jahre hinweg.
                                                                                                           Die Wochenstubenquartiere sind i.d.R. geräu­        Die Distanzen zwischen Sommer- und Winter-
                                                                                                           mige, warme sowie störungs- und zug­luftfreie       quartieren liegen zwischen 50 und 100 (max.
                                                                                                           Dachstühle in Kirchen oder anderen alten Ge-        200) Kilometern.
                                                                                                           bäuden. Fledermauskästen oder Baumhöhlen
                                                                                                           werden nur einzeln von solitär lebenden Männ-
                                                                                                           chen oder Weibchen ohne Junge besetzt. Die                    Beratungsempfehlungen
                                                                                                           Art überwintert in Stollen, Höhlen und                        Naturverjüngung und Bepflanzungen kleinflächig
                                                                                                           Kellern.                                                      durchführen, damit nicht abrupt großflächig Jagd-
                                                                                                                                                                         habitat (Boden ohne Vegetation) verloren geht

                                                                                                           Ernährungsweise                                               Erhaltung von Höhlenbäumen
                                                                                                           Im langsamen bodennahen Flug werden vor                       Laubbaumanteil erhöhen, wenn zu gering
                                                                                                           allem Großinsekten am Boden oder im Flug
                                                                                                                                                                         Erhaltung von Strukturen wie Heckenstreifen, Ga­
                                                                                                           erbeutet. Neben Laufkäfern (85 %) gehören                     leriewälder oder Feldgehölze als Vernetzungslinien
                                     Laub- und Mischwälder mit geringem Unterwuchs sind die bevorzugten    auch andere Gliedertiere wie zum Beispiel Kohl-               und sichere Flugrouten zwischen Wochenstuben-
                                     Jagdhabitate des Großen Mausohrs.                                                                                                   quartieren und Jagdhabitaten
                                                                                                           und Wiesenschnaken, Spinnen, Hundertfüßer,
                                                                                                           Käferlarven, Heuschrecken und Schmetterlings-                 Minimierung von Störungen an bekannten Winter-
                                                                                                                                                                         quartieren (Besucherlenkung, Vergitterung, Infor­
                                              Verbreitung und Bestandssituation                            raupen zum Nahrungsspektrum.                                  ma­tionstafeln)
                                              Das Große Mausohr ist eine europäische Art. In Deutsch-
                                              land ist es weit verbreitet und zählt zu den nicht sel­te­
                                              nen Fledermaus­arten. Bayern beherbergt die größten
                                              Bestände Mitteleuropas. Das Große Mausohr ist hier
                                              mit Aus­nahme der Hochlagen von Fichtelgebirge, Baye­        Phänologie                                                                    Hauptphase        Nebenphase
                                              rischem Wald und Alpen sowie einiger waldarmer Agrar-        Monat                 Jan    Feb    Mrz   Apr     Mai   Jun      Jul    Aug     Sep    Okt     Nov     Dez
                                              landschaften fast flächendeckend ver­breitet.                Sommerquartier
                                                                                                           Geburt
     Vorkommen                                                                                             Wochenstuben
     günstig                                                                                               Paarung
     ungünstig–unzureichend                                                                                Winterquartier

18                                                                                                                                                                                                                            19
S             2               FFH
                              Kleinabendsegler                                                                   §                            IV

                              Nyctalus leisleri
                              Kuhl, 1817

                                                                                                              Lebensraum und Habitatstrukturen
                                                                                                              Der Kleinabendsegler ist eine typische Wald-
                                                                                                              und Baumfledermaus. Seine Tagesverstecke
                                                                                                              und Wochenstubenquartiere befinden sich
                                                                                                              hauptsächlich in Baumhöhlen und -spalten in
                                                                                                              alten Laub- und Mischwäldern mit hohen Laub-
                                                                                                              baumanteilen. Es werden aber auch Fledermaus-
                                                                                                              kästen und Nisthöhlen angenommen. Teleme­
                                                                                                              trie-Untersuchungen zeigten, dass Abendsegler-
                                                                                                              Wochenstubenverbände sehr häufig – teilweise
                                                                                                              täglich – das Quartier wechseln. Ein großes
                                                                                                              Angebot an Höhlen- bzw. Spaltenbäumen im           Insektenreiche Waldlichtungen und Waldränder sind
                                                                                                              Sommerhabitat ist für die Art dementsprechend      typische Jagdhabitate des Kleinabendseglers.
                                                                                                              wichtig. Die Jagdgebiete werden wahrscheinlich
                                                                                                              nicht nach Strukturen, sondern nach dem Nah-       Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                              rungsangebot und freiem Flugraum ausgewählt.       Die Art hat einen relativ großen Aktionsradius.
                                                                                                                                                                 Die Weibchen aus Wochenstuben befliegen re-
                                                                                                              Ernährungsweise                                    gelmäßig etwa 5 km entfernte Gebiete. Einzel-
                                                                                                              Der Kleinabendsegler zeigt wenig Beute-Spe­        ne Individuen konnten aber auch schon wesent-
                                                                                                              zialisierung. Er jagt opportunistisch meist nach   lich weiter vom Quartier entfernt beobachtet
                                                                                                              mittelgroßen Fluginsekten im freien Luftraum       werden. Kleinabendsegler zählen zu den Fern-
                                                                                                              in Höhen von etwa 4 bis 15 m, wo das Nah-          wanderern. Sie verbringen den Winter in Quar-
                                                                                                              rungsangebot reich ist. Dementsprechend wer-       tieren in südlichen Regionen und überwinden
                                     Baumspalten und -höhlen werden vom Kleinabendsegler als Tagesverstecke   den keine Jagdgebiete bevorzugt und die Tiere      dabei bis zu 1.500 km.
                                     und Wochenstubenquartiere genutzt.                                       wechseln oft in einer Nacht zwischen mehreren
                                                                                                              Nahrungshabitaten. Als Jagdgebiete werden
                                              Verbreitung und Bestandssituation                               vor allem Lichtungen und Schneisen in Wäldern,            Beratungsempfehlungen
                                              Der Kleinabendsegler kommt bis auf NW-Schottland,               Windwurfflächen, Kahlschläge und andere freie             Erhaltung von Höhlen- und Biotopbäumen in aus­
                                              Skandinavien und Nordrussland in ganz Europa vor.               Flugflächen genutzt. Auch über Gewässern,                 reichender Anzahl
                                              Sein Status ist jedoch in vielen Ländern nicht bekannt.         Bach- und Flussauen sind Kleinabendsegler bei             Erhaltung von Totholz
                                              Auch in ganz Deutschland gibt es Nachweise, die Kennt-          der Jagd zu beobachten.
                                                                                                                                                                        Ggf. Erhöhung des Laubbaumanteiles
                                              nisse zur Verbreitung und Bestandesgröße sind jedoch
                                              unzureichend. In Bayern zeigt seine Verbreitung einen
                                              deutlichen Schwerpunkt im Nordwesten mit Spessart,              Phänologie
                                              Südrhön, Mainfränkischen Platten sowie Fränkischem              Nicht darstellbar, da Kenntnisse noch unzu­
     Vorkommen                                Keuper-Lias-Land.                                               reichend.
     ungünstig–unzureichend
     unbekannt /Daten unzureichend

20                                                                                                                                                                                                                       21
S              3                 FFH
                              Mopsfledermaus                                                                  §                           II, IV

                              Barbastella barbastellus
                              Schreber, 1774

                                                                                                           Lebensraum und Habitatstrukturen                     Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                           Die Mopsfledermaus kommt in nahezu allen             Die Mopsfledermaus ist eine ortstreue Art. Ihre
                                                                                                           Waldtypen vor. Nadelwald wird ebenso be­sie­         Sommer- und Winterquartiere sind meist nicht
                                                                                                           delt wie Misch- und Laubwald. Die Sommer-            weit voneinander entfernt (bis 20 km). In ihrem
                                                                                                           quartiere von Einzeltieren und Wochen­stuben         Jagdverhalten ist sie relativ mobil. Ihre Jagdge-
                                                                                                           (i.d.R. 10–15 Tiere) liegen in Wäldern vor allem     biete befinden sich meist in einem Radius von
                                                                                                           hinter abstehender Rinde von absterbenden            4–5 km um das bewohnte Quartier. In einer
                                                                                                           oder toten Bäumen, seltener auch in Baumhöh-         Nacht werden i.d.R. mehrere Jagdreviere auf­
                                                                                                           len oder -spalten. Wegen ihres häufigen Quar-        gesucht, wofür oft Waldwege, Wasserläufe
                                                                                                           tierwechsels ist die Art auf ein hohes Quartier-     und andere lineare Strukturen als Verbindungs­
                                                                                                           angebot angewiesen. Als Sekundärquartiere            achsen genutzt werden. Die Mopsfledermaus
                                                                                                           werden auch Spalten hinter Holzverkleidungen,        ist eine niedrigfliegende Art und wird deshalb
                                                                                                           Fensterläden etc. an Gebäuden genutzt. Die Art       überproportional häufig Verkehrsopfer.
                                                                                                           überwintert hauptsächlich in Höhlen, Kellern
                                                                                                           und Gewölben, zieht jedoch wegen ihrer Kälte-
                                                                                                           toleranz erst bei tiefen Frosttemperaturen in                  Beratungsempfehlungen
                                                                                                           die unterirdischen Quartiere. Bei milder Winter-               Erhaltung von Totholz und Habitatbäumen mit Rin-
                                                                                                           witterung werden wahrscheinlich Verstecke an                   dentaschen, Spalten und Höhlen (≥ 4 Spaltenquar-
                                                                                                           Bäumen als Winterquartier genutzt.                             tierbäume/ha)
                                                                                                                                                                          Erhaltung/Schaffung von Gehölz(rand)-strukturen
                                                                                                           Ernährungsweise                                                an verkehrsarmen Straßen oder Wegen, Wasserläu-
                                                                                                                                                                          fen und Feldrainen
                                                                                                           Mopsfledermäuse sind von ihrem Beutespek­
                                                                                                                                                                          Verzicht auf Hiebsmaßnahmen um bekannte Wo-
                                                                                                           trum her stark auf Kleinschmetterlinge speziali-
                                                                                                                                                                          chenstuben im Zeitraum von April bis Ende August
                                     Biotopbäume mit Rindentaschen sind das typische Quartierhabitat der   siert, die bis zu 90 % ihrer Nahrung ausmachen
                                     Mopsfledermaus.                                                                                                                      Minimierung von Störungen an bekannten Winter-
                                                                                                           und im Flug erbeutet werden. Sie jagt vor allem
                                                                                                                                                                          quartieren (Besucherlenkung, Vergitterung, Infor-
                                                                                                           im Kronenraum des Waldes, aber auch entlang                    mationstafeln)
                                               Verbreitung und Bestandssituation                           von Strukturen wie Waldrändern und Wald­
                                               Das Verbreitungsgebiet der Mopsfledermaus ist über­         wegen.
                                               wiegend europäisch mit einer nördlichen Verbreitungs-
                                               grenze in England, Irland und Südskandinavien. Inner-
                                               halb von Deutschland ist sie vor allem in den ostdeut-
                                               schen Bundesländern und in Bayern stärker verbreitet.       Phänologie                                                                     Hauptphase        Nebenphase
                                               Da rund 16 % der bekannten Vorkommensgebiete in             Monat                  Jan   Feb     Mrz   Apr     Mai   Jun      Jul    Aug    Sep     Okt    Nov     Dez
                                               Deutschland liegen, hat die Bundesrepublik eine be­         Sommerquartier
                                               sondere Verantwortung für diese Art.                        Geburt
     Vorkommen                                                                                             Wochenstuben
     günstig                                                                                               Paarung
     ungünstig–unzureichend                                                                                Winterquartier

22                                                                                                                                                                                                                            23
S             1                   FFH
                             Luchs                                                                                       §                               II, IV

                             Lynx lynx
                             Linnaeus, 1758

                                                                                                                      Lebensraum und Habitatstrukturen                           Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                                      Luchse benötigen störungsarme Rückzugs-                    Luchse haben enorme Raumansprüche und sind
                                                                                                                      gebiete und besiedeln vor allem größere, un-               sehr mobil. Die Reviergröße kann in Mitteleuro-
                                                                                                                      zerschnittene Waldgebiete. Jedoch sind sie                 pa 50–400 km² betragen. Sie wird durch die
                                                                                                                      auch in der reich strukturierten Kulturland-               Faktoren Gelände, Habitatqualität, Beuteange-
                                                                                                                      schaft zu finden, da hier die Rehwilddich-                 bot und Nachbarreviere beeinflusst. Die Männ-
                                                                                                                      ten höher sind. Dabei sind Wald-Feld-Über-                 chen, auch Kuder genannt, beanspruchen ge-
                                                                                                                      gänge als Jagdgebiet besonders attraktiv.                  wöhnlich größere Reviere als die Luchskatzen.
                                                                                                                                                                                 Entscheidend für die Entwicklung des Luchsbe-
                                                                                                                      Ernährungsweise                                            standes ist die Anzahl der Weibchen, die Junge
                                                                                                                      Der Luchs ist ein nachtaktiver Pirschjäger, der            haben. Luchsweibchen erlangen nach circa zwei
                                                                                                                      seine Beute überrascht und mit einem gezielten             Jahren die Geschlechtsreife und bekommen
                                                                                                                      Biss, meist in die Kehle, erlegt. Den Hauptnah-            i. d. R. zwei bis drei Junge. Kuder nehmen meist
                                                                                                                      rungsanteil bildet das Reh. Einen geringeren               ab dem 3. Lebensjahr an der Paarung teil.
                                                                                                                      Anteil am Beutespektrum machen Gämsen oder
                                                                                                                      Jungtiere anderer Cerviden, aber auch Hasen
                                                                                                                      und Raubwild aus. Nur selten werden Nutz­-                           Beratungsempfehlungen
                                                                                                                      tiere wie Schafe oder Ziegen gerissen. Ein aus-                      Erhaltung unzerschnittener Waldgebiete
                                                                                                                      gewachsener Luchs frisst im Mittel etwa 1,5
                                                                                                                                                                                           Verzicht auf weitere Erschließung von Wäldern
                                                                                                                      bis 2 kg Fleisch pro Nacht, was etwa einem Reh                       (öffentliche Straßen/Forstwege)
                                                                                                                      pro Woche entspricht.
                                                                                                                                                                                           Schaffung von Grünbrücken (Vernetzung der Teil­
                                                                                                                                                                                           populationen für genetischen Austausch)
                                                                                                                                                                                           Kanalisieren von Wanderwegen, um Ruhezonen
                                         Unzerschnittene Waldgebiete mit Felsstrukturen sind das Primär­habitat der                       Der Luchs unterliegt dem Jagd-                   zu schaffen
                                         Luchse.                                                                                          recht und ist ganzjährig geschont.
                                                                                                                                                                                           Vermeidung von Störungen während der Jungen-
                                                                                                                                                                                           aufzucht von Mitte Mai bis Juli
                                                   Verbreitung und Bestandssituation                                                                                                       Waldbesitzer und Jagende für Luchse sensibilisieren
                                                   Nachdem der Luchs in Deutschland vor etwa 200 Jahren
                                                                                                                                                                                           Luchssichtungen an das Landesamt für Umwelt
                                                   ausgerottet worden war, begannen in den 1970er Jah-                                                                                     melden
                                                   ren aktive Wiederansiedlungsprojekte. Heute gibt es in
                                                   Deutschland drei voneinander isolierte Luchspopulatio-
                                                   nen: eine im Harz, eine im Pfälzerwald und die dritte im
                                                   Bayerischen und südlichen Oberpfälzer Wald sowie dem               Phänologie                                                                            Hauptphase        Nebenphase
                                                   tschechischen Böhmerwald. Bei Zählungen 2019/20 konn-              Monat                    Jan     Feb    Mrz     Apr      Mai   Jun      Jul    Aug     Sep     Okt    Nov     Dez
                                                   ten deutschlandweit insgesamt 194 Luchse (inkl. 64 Jung-           Paarung
     Vorkommen                                     tiere) nachgewiesen werden, davon allein in Bayern 71 In­          Tragzeit
     ungünstig–schlecht                            divi­duen (inkl. 20 Jungtiere). Obwohl die Anzahl der Luch-        Wurfzeit
     kein bekanntes Verbreitungsgebiet             se steigt, gilt der Erhalt der Population als nicht gesichert.     Führungszeit

24                                                                                                                                                                                                                                               25
S                2                 FFH
                              Wildkatze                                                                         §                                 IV

                              Felis silvestris
                              Schreber, 1777

                                                                                                             Lebensraum und Habitatstrukturen                           Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                             In Deutschland besiedelt die Wildkatze vor­­­-             Außerhalb der Paarungszeit sind Wildkatzen aus-
                                                                                                             zugs­weise struktur- und deckungsreiche Wald­              gesprochene Einzelgänger. Die Streifgebiete er­
                                                                                                             landschaften. Primär werden alte Eichen- und               reichen bei Kudern bis zu 10 km² Größe. Sie über-
                                                                                                             Buchen­mischwälder angenommen - weniger                    schneiden sich oft mit mehreren, nur circa 2 bis
                                                                                                             Nadelwälder. Wichtig ist ein hoher Anteil an               5 km² großen Streifgebieten der Katzen. In der
                                                                                                             Waldrandzonen. Wesentliche Habitatelemente                 Ranzzeit von Januar bis März sind Wildkatzen­
                                                                                                             sind zudem offene Areale wie Windwürfe,                    kuder sehr aktiv und die Streifgebiete meist
                                                                                                             Lichtungen oder Wiesen und Felder. Als Ver­                größer als im Sommer. Die Weibchen sind schon
                                                                                                             stecke und für die Aufzucht der Jungen werden              mit einem Jahr geschlechtsreif (Männchen erst
                                                                                                             Fels- und Baumhöhlen, Reisighaufen, Wurzel­                mit 2 Jahren) und ziehen i.d.R. einen Wurf pro
                                                                                                             teller, Dickichte, alte Dachs- und Fuchsbauten,            Jahr mit bis zu sechs (selten acht) Jungen auf.
                                                                                                             aber auch Holzpolter genutzt.                              Nach einem halben Jahr löst sich der Familien­­ver­
                                                                                                                                                                        band auf und die Jungen suchen sich ihre eige-
                                                                                                             Ernährungsweise                                            nen Reviere.
                                                                                                             Die Hauptnahrung der Wildkatze bilden fast
                                                                                                             ausschließlich Mäuse (bis zu 90 %). Aber auch                            Beratungsempfehlungen
                                                                                                             Kleinvögel, Amphibien, Reptilien oder Fische                             Erhaltung lichter, strukturreicher Mischwälder mit
                                                                                                             werden erbeutet. Aas wird gemieden. Die                                  hohen Laubholzanteilen
                                                                                                             Meinung, Wildkatzen könnten auch größeren                                Belassen von Bäumen mit Faulhöhlen sowie von
                                                                                                             Tieren nachstellen, konnte durch umfangreiche                            starkem, stehendem und liegendem Totholz
                                                                                                             Untersuchungen widerlegt werden. Diese Fehl-                             In Gebieten mit Wildkatzenvorkommen auf Ab-
                                                                                                             einschätzung führte zu einer massiven Ver­                               schuss von Katzen mit Wildfärbung verzichten (Ver-
                                                                                                                                                                                      wechslungsgefahr)
                                         Die Wildkatze bevorzugt strukturreichen Laubwald als Lebensraum.    folgung der Wildkatze, bis sie 1934 durch das
                                                                                                             Reichsjagdgesetz unter Schutz gestellt wurde.                            Schaffung von Wanderkorridoren (strukturreiche
                                                                                                                                                                                      Waldränder und Uferstreifen, Hecken und Feld­
                                                                                                                                                                                      gehölze, Grünbrücken oder Wildtunnel an Straßen)
                                                  Verbreitung und Bestandssituation
                                                                                                                                                                                      Sensibilisierung der Waldbesitzer und Verzicht auf
                                                  In den 1930er Jahren war die Wildkatze in Deutschland                           Die Wildkatze unterliegt dem Jagd-
                                                                                                                                                                                      Abtransport von Holzpoltern zu Beginn der Jungtier-
                                                  nahezu ausgerottet. Aufgrund der Auswilderungsprojek-                           recht und ist ganzjährig geschont.
                                                                                                                                                                                      aufzucht (April–Juni) in Gebieten mit Wildkatzenvor-
                                                  te seit den 1980er Jahren (in Bayern: Spessart, Steiger-                                                                            kommen
                                                  wald und Bayerischer Wald) hat sich der Bestand in
                                                  Deutschland wieder auf circa 5.000 Tiere erhöht. In
                                                  Bayern leben derzeit wieder mindestens 700 Individuen      Phänologie                                                                                  Hauptphase      Nebenphase
                                                  (2019) – Trend positiv. Verbreitungsschwerpunkte liegen    Monat                       Jan   Feb      Mrz   Apr      Mai      Jun      Jul      Aug        Sep   Okt   Nov    Dez
                                                  vor allem nördlich der Donau.                              Paarung
     Vorkommen                                                                                               Tragzeit
     ungünstig–unzureichend                                                                                  Wurfzeit                                                        Wurf kann bis August erfolgen

     kein bekanntes Verbreitungsgebiet                                                                       Jungenaufzucht (ca. 5 Mon.)

26                                                                                                                                                                                                                                         27
–                 *                     FFH
                 Baummarder                                                                        §                                        V

                 Martes martes
                 Linnaeus, 1758

                                                                                                Lebensraum und Habitatstrukturen                                 Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                Der Baummarder ist ein scheuer Bewohner                          Scheinbar bestimmt das Nahrungsangebot die
                                                                                                struk­turreicher Waldgebiete. Im Vergleich zum                   Reviergrößen des Baummarders. Die einzelgän-
                                                                                                Steinmarder gilt er als Kulturflüchter, meidet                   gerischen Marder verteidigen ihre Territorien
                                                                                                offene Bereiche und die Nähe menschlicher                        aggressiv gegen Artgenossen. Männchen be­
                                                                                                Infrastruktur. Ruheplätze können Kobel von                       anspruchen bis zu 1.180 ha, Weibchen 700 bis
                                                                                                Eichhörnchen, Vogelnester, Baumhöhlen oder                       900 ha. Die Tagesverstecke werden von den In-
                                                                                                Astgabeln sein. Die Jungen werden meist in                       dividuen fast täglich gewechselt und nur selten
                                                                                                Baumhöhlen zur Welt gebracht, weshalb bio­                       mehrmals genutzt. Die Aufzucht der Jungen
                                                                                                top­baumreiche Altbestände eine wichtige                         findet ab Ende März hauptsächlich in Baum-
                                                                                                Struktur im Marderrevier darstellen.                             höhlen statt. In dieser Zeit hat die Fähe einen
                                                                                                                                                                 wesentlich kleineren Aktionsraum. Im Herbst
                                                                                                Ernährungsweise                                                  löst sich die Mutter-Fa­milie auf. Die jungen
                                                                                                Der Baummarder hat ein recht breites Beute-                      Baummarder suchen dann nach freien Revieren.
                                                                                                spektrum. Der Hauptbestandteil liegt bei
                                                                                                kleinen Beutetieren wie Mäuse, Vögel oder
                                                                                                Insekten. Früchte, Regenwürmer und auch                                    Beratungsempfehlungen
                                                                                                Säugetiere bis Hasengröße wurden bei Nah-                                  Förderung von strukturreichen, biotopbaumreichen
                                                                                                rungsanalysen ebenfalls nach­ge­wiesen.                                    Altbeständen
                                                                                                                                                                           Fragmentierung noch unzerschnittener Waldgebiete
                                                                                                                                                                           vermeiden

                                                                                                                          Der Baummarder unterliegt dem
                        Große strukturreiche Waldgebiete sind der Lebensraum der Baum­marder,                             Jagdrecht. Die Jagdzeit erstreckt
                        die als »Kulturflüchter« menschliche Nähe meiden.                                                 sich in Bayern vom 16. Oktober bis
                                                                                                                          zum 28. Fe­bruar.

                                  Verbreitung und Bestandssituation
                                  Der Baummarder ist in ganz Europa verbreitet und hat
                                  fast überall einen günstigen Erhaltungszustand. Auf
                                  Grundlage der Streckenlisten auf Hegegemeinschafts­
                                  ebene liegen für Bayern flächendeckende Nachweise
                                  vor.                                                          Phänologie                                                                                  Hauptphase           Nebenphase
                                                                                                Monat                          Jan    Feb       Mrz   Apr      Mai   Jun     Jul     Aug      Sep     Okt       Nov   Dez
                                                                                                Ranzzeit
                                                                                                Tragzeit (260–290 Tage)                                                      Pausierende Embryonalentwicklung

     Vorkommen                                                                                  Wurfzeit
     günstig                                                                                    Jungenaufzucht

28                                                                                                                                                                                                                            29
–             *                    FFH
                              Iltis                                                                              §                                 V

                              Mustela putorius
                              Linnaeus, 1758

                                                                                                              Lebensraum und Habitatstrukturen                             Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                              Feuchtgebiete sind die primären Lebensräume                  Iltisse sind dämmerungs- und nachtaktive Jäger.
                                                                                                              des Iltisses. Sekundär nutzt er strukturreiche               Die Streifgebiete sind 1 bis 11 km² groß, je nach
                                                                                                              Waldränder und Landschaften mit Hecken.                      Nahrungsangebot und Lebensraumqualität.
                                                                                                              Im Winter trifft man ihn auch in der Nähe                    Obwohl sich die Territorien innerhalb der ver-
                                                                                                              des Menschen, mit Ruheplätzen zum Beispiel                   schiedenen Geschlechter stark überschneiden,
                                                                                                              in Holzstößen, Feldscheunen oder auf Bauern-                 gehen sich diese weitgehend aus dem Weg.
                                                                                                              höfen.

                                                                                                              Ernährungsweise                                                        Beratungsempfehlungen
                                                                                                              Auf dem Speiseplan des Iltisses stehen haupt-                          Erhaltung des Lebensraums durch Verzicht auf Ent-
                                                                                                              sächlich Amphibien und Kleinsäuger. Weitere                            wässerungsmaßnahmen, Ver­rohrung von Gräben
                                                                                                              Beutetiere sind Hasenartige, Insekten, seltener                        sowie weitere Intensivierung der Landwirtschaft

                                                                                                              auch Vögel, Eier oder Früchte und im Winter                            Bei Bau von Brücken über Gewässer auf einen ausrei-
                                                                                                              vermehrt Aas. Die Zusammensetzung variiert                             chend breiten Uferrandstreifen für die Durchgängig-
                                                                                                                                                                                     keit achten, damit weniger Straßen­verkehrsopfer zu
                                                                                                              stark durch die jahreszeitliche Verfügbarkeit                          verzeichnen sind
                                                                                                              der Nahrung. Es werden auch Nahrungsvorräte
                                                                                                                                                                                     Wiedervernässungsmaßnahmen und Anlage von
                                                                                                              angelegt.                                                              strukturreichen Waldrändern schaffen neue Lebens-
                                                                                                                                                                                     räume mit zusätzlichem Nahrungsangebot

                                                                                                                                Der Iltis unterliegt dem Jagdrecht.
                                                                                                                                Die Jagd­zeit erstreckt sich in Bayern
                                                                                                                                vom 1. August bis zum 28. Februar.
                                     Der primäre Lebensraum des Iltisses erstreckt sich entlang natürlicher                     In der Streckenliste hat sich die Zahl
                                     Gewässer.                                                                                  der gemeldeten Iltisse in Bayern
                                                                                                                                seit 1985 kontinuierlich auf etwa
                                                                                                                                800 Stück halbiert.
                                               Verbreitung und Bestandssituation
                                               Der Iltis ist nur in Europa verbreitet. Der Erhaltungs­
                                               zustand reicht in den einzelnen Ländern von »un­
                                               günstig« bis »günstig«, zum Teil ist er nicht bekannt.
                                               In der kon­tinentalen biogeografischen Region wurde
                                               er zuletzt (2019) mit »ungünstig« und negativem
                                               Gesamttrend bewertet. Im Alpenraum befindet er
                                               sich stabil in einem »günstigen« Erhaltungszustand.
                                                                                                              Phänologie                                                                             Hauptphase        Nebenphase
     Vorkommen                                                                                                Monat                  Jan     Feb       Mrz    Apr        Mai   Jun      Jul    Aug    Sep     Okt    Nov     Dez
     günstig                                                                                                  Ranzzeit
     ungünstig–unzureichend                                                                                   Wurfzeit

30                                                                                                                                                                                                                                         31
–             *                   FFH
                             Alpenschneehase                                                        nival

                                                                                                   alpin
                                                                                                                    §                                V

                             Lepus timidus                                                         subalpin
                             Linnaeus, 1758
                                                                                                   montan

                                                                                                   kollin

                                                                                                   planar

                                                                                                                 Lebensraum und Habitatstrukturen                        Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                                 In den Alpen ist der Schneehase meist oberhalb          Der Alpenschneehase ist vorwiegend nachtak-
                                                                                                                 von 1.200 m ü.NN anzutreffen. Im Winter kommt           tiv, wobei seine Aktivitätsschwerpunkte in der
                                                                                                                 er auch in tieferen Lagen bis 800 m vor. An das         Dämmerung liegen. Die Aktionsräume mehre-
                                                                                                                 Hochgebirge ist er mit seiner gedrungenen Ge-           rer In­dividuen können sich überschneiden und
                                                                                                                 stalt, der jahreszeitlich wechselnden Farbe des         es wird kein eigenes Territorium belegt oder
                                                                                                                 Fells und den weit spreizbaren Hinterpfoten mit         verteidigt, meist sind sie jedoch einzelgänge-
                                                                                                                 langen Borsten optimal angepasst. Er benötigt           risch unterwegs. Zwischen den Sommer- und
                                                                                                                 ein deckungsreiches, aber nicht geschlossenes Ge-       tiefer gelegenen Wintereinständen finden
                                                                                                                 lände. Meist findet man ihn zwischen Wald- und          saisonale Wanderungen statt. Die Häsinnen
                                                                                                                 Baumgrenze mit enger Verzahnung von Nah-                können bis zu zweimal im Jahr trächtig werden,
                                                                                                                 rung und Deckung. Durch den Klimawandel und             mit Wurfgrößen zwischen zwei und vier Jun-
                                                                                                                 der damit verbundenen Höhenwanderung der                gen. Kreuzungen mit dem Feldhasen in Über-
                                                                                                                 Ge­hölze nimmt seine Lebensraumfläche ab und            lappungsbereichen zeugen unfruchtbare Nach-
                                                                                                                 seine Vorkommen werden stärker fragmentiert.            kommen, wodurch sich der Bestand verringert
                                                                                                                 In klimawandelbedingten schneearmen Wintern             und der Genpool verarmt. Fast alle naturschutz-
                                                                                                                 macht ihn das weiße Fell zur leichten Beute.            relevanten Populationsparameter sind unbe-
                                                                                                                                                                         kannt, weshalb Freilandforschung mit jeglicher
                                                                                                                 Ernährungsweise                                         Fragestellung zu unterstützen ist.
                                                                                                                 Die Nahrung richtet sich nach Jahreszeit und ört-
                                                                                                                 lichem Angebot: im Sommer vorzugsweise Grä-
                                                                                                                 ser, Kräuter und Zwergsträucher, im Winter ein                 Beratungsempfehlungen
                                                                                                                 hoher Anteil von Zweigen und Rinden verschie-                  Lenkung von Tourismus, besonders im Winter, da
                                         Der Schneehase trägt nur im Winter »Weiß«. In den anderen Monaten ist   dener Holzarten und Sträucher. Zur besseren                    die Art störungsempfindlich ist
                                         er mit seinem braunen Sommerfell ebenfalls hervorragend getarnt.        Verwertung der Nahrung nimmt er Blinddarm­                     Erhaltung von Deckung, da neben dem Fuchs Feinde
                                                                                                                 losung auf und verdaut sie ein zweites Mal.                    wie z. B. Steinadler, Kolkrabe, Uhu und bei den Jung-
                                                   Verbreitung und Bestandssituation                                                                                            hasen Raben und Alpendohlen vor allem aus der
                                                                                                                                                                                Luft kommen
                                                   Der Schneehase kommt in Europa in Fennoskandinavien
                                                   nördlich des 52. Breitengrades, in Schottland mit den                             Der Alpenschneehase unterliegt
                                                   Shetland- und Färöer-Inseln, in Irland sowie im Alpen-                            dem Jagdrecht und ist ganzjährig
                                                                                                                                     geschont.
                                                   raum vor. Die verschiedenen Populationen werden als
                                                   Unterarten gesehen, wobei in den Alpen und damit
                                                   in Bayern Lepus timidus varronis (Miller, 1901) lebt.
                                                                                                                 Phänologie                                                                      Hauptphase        Nebenphase
                                                                                                                 Monat                     Jan     Feb     Mrz   Apr    Mai   Jun   Jul    Aug     Sep    Okt     Nov     Dez
     Vorkommen                                                                                                   Paarung
     günstig                                                                                                     Setzzeit
     kein bekanntes Verbreitungsgebiet                                                                           Weißes Winterhaar

32                                                                                                                                                                                                                                      33
S                 *             FFH
                 Biber                                                                              §                             II, IV

                 Castor fiber
                 Linnaeus, 1758

                                                                                                 Lebensraum und Habitatstrukturen                     Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                 Der Biber ist eine Charakterart großer Fluss-        Als »Landschaftsarchitekt« gestaltet der Biber
                                                                                                 auen und besiedelt bevorzugt Weichholzauen           seinen Lebensraum und trägt durch seine Bau­
                                                                                                 und Altwasserarme, aber auch Seen und klei-          tätigkeit zur Renaturierung der Gewässer bei.
                                                                                                 nere Fließgewässer. Voraussetzung für seine          Somit ist er eine Schlüsselart für eine Reihe von
                                                                                                 Ansiedlung ist ein gutes Nahrungsangebot,            Folgearten. Die Strukturanreicherung wirkt sich
                                                                                                 zum Beispiel krautige Uferrandstreifen und ein       positiv auf die Anzahl und Biomasse von vielen
                                                                                                 hoher Anteil an Weichlaubholz – insbesondere         anderen gefährdeten Tierarten (z. B. Fische,
                                                                                                 Weiden und Pappeln. Seinen Bau (Biberburg)           Spechte, Fledermäuse) aus. Die Revierlänge be-
                                                                                                 legt der Biber im Uferbereich des Gewässers          trägt an Flüssen zwischen 0,1 und 5 km, wobei
                                                                                                 an. Grabbare Ufer sind deshalb günstig. Der          sich seine Hauptaktivität vor allem auf Gewäs­
                                                                                                 Eingang liegt permanent unter Wasser, um             serrand­streifen von 20 m konzentriert. Neue
                                                                                                 sich vor Feinden zu schützen. Um den Was-            Lebens­räume werden durch reviersuchende sub-
                                                                                                 serstand im Revier zu regulieren und um sich         adulte Biberpaare erschlossen. Biber sind an die
                                                                                                 Nahrungsquellen zu erschließen, bauen Biber          aqua­tische Lebensweise gut angepasst. Sie be­
                                                                                                 Dämme, fällen Bäume und legen Kanäle an.             sitzen Schwimmhäute zwischen den Zehen der
                                                                                                                                                      Hinterfüße und bewegen sich bevorzugt schwim-
                                                                                                 Ernährungsweise                                      mend. Am aktivsten sind Biber im Frühjahr nach
                                                                                                 Der Biber ist ein reiner Pflanzenfresser. Er er-     der harten Winterzeit und im Herbst, wenn sie
                                                                                                 nährt sich im Sommer von Kräutern der Ufer­          sich Fettreserven für den Winter anfressen.
                                                                                                 vegetation und von Wasserpflanzen, im Winter
                                                                                                 von Wasserpflanzenrhizomen und Rinde, be­                      Beratungsempfehlungen
                                                                                                 vorzugt von Weiden oder Pappeln. Als Gehölz­                   Gewässerrandstreifen von mindestens 10 m (besser
                        Entlang von Flüssen und Gewässern gestaltet der Biber als Landschafts­   äsung werden vor allem schwache Stämme                         20 m) aus der Nutzung nehmen, um Konflikte mit
                        architekt mit Dammbauten seinen Lebensraum.                              unter 5 cm bevorzugt, aber auch Bäume mit                      Bewirtschaftern und Anwohnern zu vermeiden

                                                                                                 50 cm Durchmesser und darüber können vom                       Ggf. Anlage von Weichlaubholzstreifen entlang von
                                  Verbreitung und Bestandssituation                              Biber gefällt werden.                                          Gewässern

                                  Nachdem der Biber in Europa beinahe vollständig aus­                                                                          Keine Uferversteinung
                                  gerottet worden war, begannen in Bayern in der zweiten                                                                        Gewässerzerschneidung vermeiden
                                  Hälfte des 20. Jahrhunderts Wiederansiedlungsmaßnah-
                                  men, die von den zuständigen Ministerien gefördert
                                  wurden.Inzwischen hat der Biber fast alle bayerischen
                                  Fluss­systeme wieder besiedelt und in vielen Gebieten          Phänologie                                                                     Hauptphase        Nebenphase
                                  sind alle Reviere besetzt. Der Ausbreitungsprozess findet      Monat                     Jan   Feb   Mrz   Apr    Mai   Jun      Jul    Aug    Sep    Okt     Nov    Dez
                                  momen­tan vor allem noch in den Alpen und in Unter-            Paarung
     Vorkommen                    franken statt. Der Biberbestand in Bayern wird aktuell         Tragzeit (105–107 Tage)
     günstig                      (2021) auf etwa 22.000 Tiere in 6.000 Revieren geschätzt.      Wurfzeit
                                                                                                 Säugezeit

34                                                                                                                                                                                                                  35
S                 1                    FFH
                             Baumschläfer                                                                             §                                     IV

                             Dryomys nitedula
                             Pallas, 1778

                                                                                                                   Lebensraum und Habitatstrukturen                            Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                                   Der geschickte Kletterer nutzt Wälder in Berg­              Im Sommer dienen Nester und selten auch Vo-
                                                                                                                   lagen mit kühlfeuchtem Innenklima, üppiger                  gelkästen als Unterschlupf. Für den Winter sucht
                                                                                                                   krautiger Bodenvegetation und Strauchschicht,               der Baumschläfer Baum- oder Erdhöhlen auf.
                                                                                                                   oft in der Nähe von Gewässern. Die Unterart                 Nach älteren Untersuchungen scheinen die
                                                                                                                   intermedius soll sich nach Wettstein hauptsäch-             Baumschläfer eine hohe Ortstreue aufzuweisen.
                                                                                                                   lich in Fichten-Mischwäldern zwischen 1.000                 Es gibt einen Wurf pro Jahr, bei dem etwa zwei
                                                                                                                   und 1.550 m ü.NN aufhalten. Baumhöhlen sind                 bis sechs Junge geboren werden. Vieles ist bis­
                                                                                                                   wichtige Strukturen im Lebensraum. Nistkästen               her noch ungeklärt und es besteht dringender
                                                                                                                   werden ebenfalls genutzt.                                   Forschungsbedarf. Funde sind möglichst mit
                                                                                                                                                                               Foto­nachweis zu melden. Bei gefangenen Tie-
                                                                                                                   Ernährungsweise                                             ren sollte zudem noch das Geschlecht, der Re-
                                                                                                                   Der Baumschläfer ist ein Allesfresser. Je nach              produktionszustand und das Alter (juvenil oder
                                                                                                                   Jahreszeit und Nahrungsangebot frisst er Knos-              adult) bestimmt werden.
                                                                                                                   pen im Frühjahr, später überwiegend Insekten
                                                                                                                   oder seltener auch kleine Vögel und deren
                                                                                                                   Nestlinge sowie andere Kleinsäuger. Im Herbst                         Beratungsempfehlungen
                                                                                                                   wechselt er vermehrt auf Früchte und Samen,                           Erhaltung mehrschichtiger, unterwuchsreicher
                                                                                                                   die einen hohen Fettanteil aufweisen.                                 Mischwälder mit kühlfeuchtem Innenklima in
                                                                                                                                                                                         Gewässernähe
                                                                                                                                                                                         Erhaltung von Biotopbäumen (Baumhöhlen)
                                                                                                                                                                                         Anbringung von Nistkästen, obwohl der Baum­
                                                                                                                                                                                         schläfer auch selbst freistehende Nester bauen kann
                                         Strauchreiche Bergmischwälder und Baumhöhlen sind die wichtigen Lebens-                                                                         Vermeiden von intensiven Durchforstungsmaß­
                                         raum-Merkmale unseres seltensten Bilches.                                                                                                       nahmen in Vorkommensgebieten (Verlust des kühl-
                                                                                                                                                                                         feuchten Innenklimas)

                                                  Verbreitung und Bestandssituation
                                                  Der Baumschläfer ist der seltenste Bilch in Deutschland.
                                                  Nach 2010 wurde der einzige aktuelle Nachweis des
                                                  Baumschläfers in Bayern 2017 südwestlich von Brannen-
                                                  burg in einem Nistkasten mit Jungtieren erbracht. Ältere
                                                  Fundpunkte gehen auf 1951 bis 1993 zurück. Nach                  Phänologie                                                                            Hauptphase        Nebenphase
                                                  Schedl ist das Verbreitungsgebiet der Tiroler Unterart           Monat                        Jan   Feb        Mrz   Apr   Mai   Jun      Jul    Aug     Sep    Okt     Nov    Dez
                                                  intermedius auf den Alpenraum beschränkt, somit ist              Paarung
                                                  ein Vorkommen nur in Südbayern wahrscheinlich.                   Tragzeit (ca. 9–10 Wochen)
     Vorkommen                                                                                                     Wurfzeit
     unbekannt/Daten unzureichend                                                                                  Säugezeit
     kein bekanntes Verbreitungsgebiet                                                                             Winterschlaf

36                                                                                                                                                                                                                                             37
S               *                FFH
                              Haselmaus                                                                          §                                 IV

                              Muscardinus avellanarius
                              Linnaeus, 1758

                                                                                                              Lebensraum und Habitatstrukturen                        Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                              Die Haselmaus bewohnt Laub- und Mischwälder             Die Aktionsräume der Art sind kleinräumig und
                                                                                                              mit artenreichem Unterwuchs, strukturreiche             liegen bei beiden Geschlechtern unter einem
                                                                                                              Waldsäume und breite, artenreiche Hecken.               Hektar, wobei die der Weibchen kleiner sind als
                                                                                                              Hier findet sie ausreichend Nahrung und Ver-            die der Männchen. Da Haselmäuse vor allem
                                                                                                              steckmöglichkeiten. Sie ist ein Kletterkünstler         dämmerungs- und nachtaktiv sind, werden sie
                                                                                                              und meidet Bodenkontakt. Für den Winter-                vom Menschen kaum wahrgenommen. Die Paa-
                                                                                                              schlaf gräbt sie sich in Laubstreu oder lockeren        rungszeit beginnt im Anschluss an den Winter-
                                                                                                              Boden ein oder nutzt frostsichere Baumhöhlen            schlaf. Die Weibchen können pro Sommer bis
                                                                                                              und Nistkästen.                                         zu zwei Würfe hervorbringen, wobei ein Wurf
                                                                                                                                                                      aus einem bis sechs Jungen besteht. Diese sind
                                                                                                              Ernährungsweise                                         mit etwa einem Jahr geschlechtsreif. Die Sterb-
                                                                                                              Die Haselmaus ernährt sich pflanzlich und tie-          lichkeitsrate von Haselmäusen im Winter ist mit
                                                                                                              risch. Ihr Speiseplan variiert je nach Jahreszeit       60 bis 80 % sehr hoch.
                                                                                                              und Nahrungsangebot: Im Frühjahr frisst sie
                                                                                                              Knospen und Blüten, im Sommer Früchte,
                                                                                                              Beeren, Insekten, Schnecken und Würmer, im                        Beratungsempfehlungen
                                                                                                              Herbst Haselnüsse, Eicheln, Bucheckern und                        Erhaltung und Wiederherstellung von Hecken- und
                                                                                                              Kastanien, um sich eine Fettschicht für den                       Gehölzstrukturen im Offenland, um Durchgängig-
                                                                                                              Winter anzulegen.                                                 keit zu gewährleisten und Waldgebiete zu vernetzen
                                                                                                                                                                                Aufbau von stufigen, strukturreichen Waldrändern,
                                                                                                                                                                                die Nahrung und Versteckmöglichkeiten bieten
                                                                                                                                                                                Pflanzung/Erhaltung von Mastbäumen wie Kas­
                                                                                                                                                                                tanie, Eiche oder Buche als Nahrungsangebot im
                                     Hecken und Sträucher sind der Lebensraum der Haselmaus, die her­vor­-
                                                                                                                                                                                Herbst
                                     ragend klettern kann und den Waldboden nur in Ausnahmefällen aufsucht.
                                                                                                                                                                                Belassen von Höhlenbäumen und Totholz im Be-
                                                                                                                                                                                stand
                                               Verbreitung und Bestandssituation
                                               Die Haselmaus ist in weiten Teilen Mitteleuropas ver-
                                               breitet. In Deutschland liegt das Hauptverbreitungs­
                                               gebiet im Südwesten. In Bayern kommt sie verstärkt
                                               in Unterfranken und im Bayerischen Wald vor. Die Art
                                               aus der Familie der Bilche ist besonders bedroht durch
                                               die Fragmentierung geeigneter Lebensräume. Sie dient           Phänologie                                                                        Hauptphase       Nebenphase
                                               als Zeigerart für arten- und strukturreiche Wälder.            Monat                   Jan    Feb        Mrz   Apr   Mai   Jun      Jul    Aug    Sep    Okt     Nov    Dez
                                                                                                              Paarung
     Vorkommen                                                                                                Sommeraktivität
     günstig                                                                                                  Wurfzeit
     ungünstig–unzureichend                                                                                   Winterruhe

38                                                                                                                                                                                                                                   39
–                 R                  FFH
                             Alpensteinbock                                                         nival
                                                                                                                  §                                     V
                                                                                                   alpin

                             Capra ibex                                                            subalpin
                             Linnaeus, 1758

                                                                                                   kollin

                                                                                                   planar

                                                                                                              Lebensraum und Habitatstrukturen                             Ernährungsweise
                                                                                                              Der Alpensteinbock hat seine Hauptverbreitung                Zu 60 bis 90 % ernährt sich der Alpensteinbock
                                                                                                              in Höhenlagen zwischen 1.600 und 3.200 m                     von Gräsern. Den Rest bilden Kräuter und Laub-
                                                                                                              ü.NN. Er bevorzugt steile, südseitige und felsige            gehölze. Er gilt als typischer Raufutter­verwerter.
                                                                                                              Hänge in niederschlagsarmen Regionen. Meist
                                                                                                              ist er oberhalb der Waldgrenze zu finden, da­                Raumnutzung und Ausbreitungspotenzial
                                                                                                              runter hält er sich nur in gut besonnten und                 Im Jahresverlauf wechseln die Steinböcke auf-
                                                                                                              felsigen Waldpartien auf. Bewaldete Täler wer-               grund der Nahrungsverfügbarkeit ihre Aufent-
                                                                                                              den gemieden.                                                haltsorte regelmäßig. Im Winter werden süd­
                                                                                                                                                                           exponierte, steile und fast schneefreie Hänge
                                                                                                                                                                           aufgesucht. Im Frühjahr werden tiefere Lagen
                                                                                                                                                                           bevorzugt, wo die Hänge schon früh ausapern.
                                                                                                                                                                           Im Laufe des Sommers steigen sie mit der
                                                                                                                                                                           Schneeschmelze weiter auf, bis sie im Spätsom-
                                                                                                                                                                           mer und Herbst die höchsten Lagen erreichen.
                                                                                                                                                                           Böcke und Geißen leben überwiegend ge-
                                                                                                                                                                           trennt, nur während der Brunftzeit finden sie
                                                                                                                                                                           zusammen.

                                                                                                                                                                                     Beratungsempfehlungen
                                                                                                                                                                                     Hausziegen aus dem Lebensraum der Steinböcke
                                                                                                              Die Geißen gebären im Juni meist ein Kitz. Sie leben                   fernhalten (Einkreuzungsgefahr)
                                         Der Alpensteinbock lebt überwiegend in den südseitigen Felshängen.   in sogenannten »Geißenrudeln« zusammen.
                                                                                                                                                                                     Lenkung des Luftsports, wie Gleitschirmfliegen
                                         Bewaldete Berg­täler werden von den Tieren gemieden.                                                                                        und Ballonfahren, da dieser zu heftigen und weiten
                                                                                                                                                                                     Fluchten führt

                                                   Verbreitung und Bestandssituation                                                  Der Alpensteinbock unterliegt
                                                   Anfang des 19. Jahrhunderts war die Art, welche nur                                dem Jagdrecht und ist ganzjährig
                                                                                                                                      geschont.
                                                   in den Alpen vorkommt, bis auf circa 100 Exemplare
                                                   im italienischen Nationalpark Gran Paradiso fast völlig
                                                   ausgerottet. Durch Wiederansiedlungsmaßnahmen
                                                   und natürliche Ausbreitung hat sich der Bestand wieder
                                                   deutlich erholt. In fünf Populationen im deutschen
                                                   Alpenraum lebten 2010 circa 450 Stück, im Jahre 2016       Phänologie                                                                             Hauptphase        Nebenphase
                                                   schon fast 800 Stück Steinwild.                            Monat                        Jan    Feb       Mrz   Apr    Mai   Jun      Jul    Aug     Sep    Okt    Nov     Dez
     Vorkommen                                                                                                Brunftzeit
     günstig                                                                                                  Tragzeit (ca. 5,5 Monate)
     kein bekanntes Verbreitungsgebiet                                                                        Setzzeit

40                                                                                                                                                                                                                                        41
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