TransformaTion lädT 2015 - IG Metall @ Daimler
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausgabe Nr. 359 | Juli 2021 2015 2025+ Transformation lädt... Baustelle Transformation Arschtritt... Kurzarbeit Neubau, Umbau, Umzüge Wie geht es mit Sirnau weiter? Keine Ruhe im Produktionsprogramm Seite 3 Seite 5 Seite 6 07|2021 Copyright Mercedes-Benz1AG
Editorial Liebe Kolleginnen und Kollegen, einige Monate ist es her, dass das Regelungspaket rund um die Zukunft unseres Standortes verabschiedet wurde. Was ist seitdem passiert? Die Umsetzung des Mercedes-Benz Drive Systems Campus ist in vollem Gange – und damit auch die Planung des dazugehörigen Neubaus. Mehr dazu auf Seite 3. Nach wie vor fehlen Halbleiterbauteile – auch im dritten und vierten Quartal ist eine Entspannung der Lage nicht in Sicht. Zu Beginn war unser Standort indirekt betroffen – nun werkseigenen Impfzentren am Laufen gehalten haben. Mehr sind wir es direkt. Die Folge: Es ist vermehrt Kurzarbeit in dazu auf Seite 8. den unterschiedlichsten Einzelbereichen notwendig. Mehr Einen Hauch Normalität konnten wir auch auf den diesjäh- dazu auf Seite 6. rigen Centerversammlungen spüren. Nachdem die Center- In der Logistik macht den Kolleginnen und Kollegen aktuell versammlungen im letzten Jahr Corona bedingt ausgefallen nicht nur der Mangel an Halbleiterteilen, Verpackungsma- sind, konnten die Bereichsbetriebsräte diesen und letzten terial und anderen Rohstoffen zu schaffen – sie beschäftigt Monat unter anderem Live-Streaming sowie Vor-Ort Übertra- vor allem der akute Personalmangel im Bereich selbst. Auch gungen in die Center organisieren und direkt mit euch in den im Technischen Service zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Austausch treten. Vielen Dank für die zahlreiche Teilnahme vermeintliche Lösung des Managements für den Personal- und das positive Feedback. mangel: Fremdvergabepläne für ganze Bereiche schmieden! Aktuell sind wir mitten in der Planung der September- Hier kann nur von einer bewusst und künstlich erzeugten Betriebsversammlung. Wir hoffen, dass die Infektionslage Mangelverwaltung die Rede sein – ein Armutszeugnis für im Herbst eine gemeinsame, zentrale Präsenzveranstaltung das Personalmanagement. Mehr dazu auf Seite 4. unter freiem Himmel und ausreichend großer Räumlich- Und in Sirnau? Hier wurde der Auslauf des M139 angekündigt keit zulässt, jedoch muss die weitere Entwicklung genau und bis Ende 2024 der Verkauf des Werkteils – klare Ziel- beobachtet werden, insbesondere im Hinblick auf das bahnhöfe für die Beschäftigten? Fehlanzeige! Als Betriebsrat steigende Infektionsrisiko durch die aktuell grassierende fordern wir Beschäftigungsperspektiven für alle betroffenen Delta-Virusvariante. Kolleginnen und Kollegen! Mehr dazu auf Seite 5. Bis dahin wünschen euch einen schönen Sommer und eine Zu guter Letzt: Die Impfkampagne zeigt allmählich ihre Wir- erholsame Urlaubszeit! Bleibt gesund! kung. Deutschland atmet in den letzten Wochen merklich auf. Schritt für Schritt sind Lockerungen in Kraft getreten und nach über eineinhalb Jahren gewinnen wir endlich an Normalität zurück – Dank niedriger Inzidenz! Dass die Infektionszahlen sinken und immer mehr Kolleginnen und Michael Häberle Roland Schäfer Kollegen geimpft sind, ist auch den vielen Werksärzten und Betriebsratsvorsitzender Stellvertretender Helfern zu verdanken, die in den letzten Wochen unsere Betriebsratsvorsitzender Centerbetriebsversammlungen 2021: Vielen Dank für die zahlreiche Teilnahme und das positive Feedback! 2 07|2021
Aktuelles Neubau, Umbau und Umzüge Es geht los! Baustelle Transformation Nach schweren und konfliktreichen Standortverhandlungen Produktentstehung beteiligten Bereiche des Werkes und der konnte der Betriebsrat im Frühjahr eine Einigung zum Aufbau Entwicklung sollen also zusammengeführt werden. weiterer Kompetenzen und einer Infrastruktur für Elektro- mobilität im Neckartal erreichen. Im Werkteil Untertürkheim Der Campus ist, wie die PG Drive Systems in Summe, nur ein entsteht in diesem Zusammenhang ein neuer Gebäudekom- virtueller Zusammenschluss von Bereichen des Werkes und plex, in dem unter anderem eine Prototypenproduktion für der Entwicklung. Organisatorisch sind diese Bereiche jedoch Batteriezellen, ein Batteriesicherheitslabor und eine Zusam- weiterhin in MO/PT beziehungsweise in RD geführt, werden menführung bisheriger Bereiche der Batterieentwicklung von unterschiedlichen Vorstandsbereichen geführt und von unterkommen werden – der Mercedes-Benz Drive Systems unterschiedlichen Personalbereichen betreut. Das führt zu Campus. Bis zur Fertigstellung gilt es allerdings noch viele den bekannten Schwierigkeiten und Mauern in der Zusam- Herausforderungen zu meistern und Fragen zu klären. menarbeit oder beim Wechsel von Mitarbeitern zwischen den Direktionen. Eine rein räumliche Zusammenführung der Ent- Umzugsstress in Untertürkheim wicklungsaktivitäten würde also ausschließlich Arbeitswege Die erste Herausforderung stellt die Organisation des Neu- verkürzen, während andere Fragen offenbleiben. baus in Untertürkheim dar. Für das neue Gebäude müssen in zwei Baustufen die Gebäude 132/1 und 132/2 geräumt und Der Campus wird ein zentraler Bestandteil der Transformation abgerissen werden. In einer über mehr als hundert Jahren des gesamten Standorts Untertürkheim und des Powertrains gewachsenen Fabrik ist das eine schwierige Aufgabe. Große im Daimler Konzern. Dafür ist es aber unerlässlich, dass die Umzüge, wie die der Kurbelwellenfertigungslinien, stellen verschiedenen Direktionen eng zusammenarbeiten und ge- dabei nur eine von vielen Hürden dar. Die Werkzeugvorein- meinsam die Verantwortung für die Beschäftigten am Standort stellung des Toolmanagements muss etwa bis Ende des Jahres übernehmen. Dabei müssen allerdings die Arbeitsweisen und auf eine neue Fläche umziehen, ohne dabei die Bereitstellung Aufgaben der einzelnen Bereiche erhalten bleiben. Auch die der Werkzeuge für die Motorenfertigung pausieren zu können. Besonderheiten der Entwicklung und des Werkes dürfen in der Die Arbeitsfähigkeit von Qualitäts-, Erstbemusterungs- und Transformation nicht restlos unter die Räder kommen. Logistikbereichen muss während der Umzugsphasen erhal- ten bleiben. Für den Betriebsrat ist dabei besonders wichtig, Druck nimmt zu: EU-Kommission plant dass bei einem Umzug keine Arbeitsinhalte und Arbeitsplätze Verbrenner-Aus bis 2035 verloren gehen. Der Neubau darf nicht zum Rationalisierungs- Die anstehenden Veränderungen und projekt verkommen. Umbauten am Standort müssen für und mit den betroffenen Menschen Offene Fragen in der organisatorischen Ausgestaltung organisiert werden. Gerade vor dem Neben den praktischen Themen von Umzug und Neubau wird Hintergrund, dass die EU plant, ab auch die organisatorische Ausgestaltung des Drive Systems 2035 keine neuen Verbrennungsmo- Campus noch eine Herausforderung für den Standort werden. toren mehr zuzulassen, nimmt der Neben dem Neubau zur Bündelung der batterieelektrischen Druck auf unseren Powertrainstandort Themen, sollen auch die Entwicklungsaktivitäten für den elek- und die Entwicklung spürbar zu. Klar Andreas Jahn trischen Antriebsstrang und für die konventionellen Antriebe ist: Die kommenden vier Jahre werden Betriebsrat PT/T in Bestandsgebäuden zusammengeführt werden. Die an der extrem herausfordernd. Tel. 3 08 87 07|2021 3
Aus dem Betrieb Angespannte Lage in der Logistik Berge von Arbeit, aber „keine Leut, keine Leut“! Das Wort „Mangel“ beschreibt die aktuelle Lage in der auf die Unterscheidung in die Mitarbeiterkategorien MP, MPn Logistik wohl leider am Besten. Container, Holz, Kartonage und MV, anstatt die Qualifikation der Leute als wichtigstes – Mangelware! Halbleiter – Mangelware! Personal in den Kriterium zu sehen! Wo ist und bleibt die Fürsorge der Ge- Kostenstellen – Mangelware! schäftsleitung für ihre Beschäftigten der Firma?! In den Bereichen kann man im Moment nur auf Sicht fahren, Als betreuende Logistik-Betriebsräte konnten wir gemeinsam kaum planen – eine Besserung ist auch für das dritte und mit unserem PT/M KoA-Vorsitzenden Milos Raskovic zumin- vierte Quartal noch nicht in Aussicht. Die Kolleg*innen in der dest einige Erfolge in verzeichnen, um die Kolleginnen und Logistik reiben sich an den Bergen von Arbeit auf – Stress Kollegen der PT-SC zu entlasten. und Hektik bestimmen den Arbeitsalltag. In den letzten Monaten konnten wir Wir IG Metall Bereichsbetriebsräte haben in den letzten die Anzahl der zu besetzenden Stel- Monaten immer wieder an die Logistikleitung appelliert, len und Tätigkeiten von 380 auf 520 Vorschläge eingebracht, Lösungen eingefordert! Ein extrem Beschäftigte erhöhen. harziger Prozess, denn die Führungskräfte aus der SC stoßen ebenfalls bei jeder Stellennachbesetzung an die vom Unter- Mit Weitsicht und Beharrlichkeit nehmen gesetzten, harten Grenzen. konnten wir in der Mettinger Logistik im MP-Bereich 80 Neueinstellungen Der Stellenbesetzungsprozess in der Logistik ist immer noch erwirken. Ein Tropfen auf dem heißen Ralf Hörning im letzten Jahrhundert gefangen! Bewerber*innen gibt es ge- Stein – diese Stellen müssen nun Betriebsrat Logistik nug, doch die Firma beharrt beim Nachbesetzen immer noch auch mit Leben gefüllt werden! Tel. 6 18 10 Ausverkauf des Technischen Services Alles muss raus?! Hallo Fremdbestimmung? Die Stimmung bei den Kolleg*innen im Technischen Ser- führen kann, sehen wir aktuell an vielen Stellen – der Markt- vice ist eisig. Ein Gerücht jagt das nächste – es gibt immer wert, die Prozesse, all dass bestimmen dann andere für uns! wieder neue, aber einfach keine klaren Aussagen von den Auf der Centerversammlung haben wir klare Aussagen ein- Verantwortlichen. gefordert! Wie soll es mit der PWI weitergehen? Von Herrn Wanner (E2) gab es darauf keine Antwort. Keine Antwort ist Künftig soll im Technischen Service nur noch gesteuert und auch eine Antwort. koordiniert werden – alles, was bisher selbst ausgeführt wurde, plant das Unternehmen fremd zu vergeben. Wir haben auch Frau Pusskeiler (E1) mit der Frage konfron- tiert. Laut ihr sind zwei Parameter für eine Fremdvergabe „Bei der Steuerung und Koordination handelt es sich um entscheidend: hochwertige Arbeitsplätze“, so die Argumentation des Un- ternehmens. Klar, das stimmt zwar, aber leider gibt es von 1. „Definition: Kerngeschäft oder kein Kerngeschäft.“ diesen hochwertigen Arbeitsplätzen nicht viele! 2. „Fremdvergabe auf Grund von Fluktuation, wenn der Bereich zu wenig Personal hat.“ Der Rest soll einfach fremdvergeben werden? Was ist mit dem ganzen handwerklichen Wissen, dass jahrzehntelang Als Betriebsräte sagen wir dazu: Mit diesen Aussagen macht aufgebaut wurde? Das geht dadurch einfach verloren! Bei- es sich das Management eindeutig zu einfach! spiele dafür gibt es genug: Die Elektrowerkstatt in Brühl, die Motorspindel- Elektromotoren- und Pumpreparatur oder auch Wenn Personal fehlt, dann stellt gefäl- der Kanalbetrieb, der schon seit Jahren zur Fremdvergabe im ligst Personal ein! Im Werk ist genug Fokus steht. Er soll bereits im Sommer zum Teil fremdverge- potenzielles Personal da! Besonders, ben werden. wenn MO ein Überhangbereich ist! Übrig bleiben nur noch wenige Mitarbeiter, die bei uns für die Mitarbeiter aus Überhangbereichen Steuerung und Koordination der Fremdfirmen zuständig sein der Produktion können in die SC sollen. Wo noch vor Jahren viele Beschäftigte gearbeitet ha- versetzt werden! Schluss mit den ben, werden es in Zukunft nur noch zwei oder drei sein. Wenn Ausreden! Wenn man das Problem Katarina Dosen das so weitergeht, werden wir zukünftig nur noch abhängig wirklich lösen will, dann findet man Betriebsrätin PT/M von zahlreichen Fremdfirmen sein. Wohin Fremdbestimmung auch einen Weg! Tel. 5 15 23 4 07|2021
Aus dem Betrieb Arschtritt… Wie soll es mit Sirnau weitergehen? Die „Anlauffabrik Fertigung“, wie der Bereich „flexible Fertigung“ seit einigen Jahren heißt, ist im Werkteil Sirnau Der Dank für beheimatet, und beschäftigt sich im Kern mit zwei Themen: Etwa 100 Kolleg*innen fertigen Prototypenteile für sämtliche viele Jahre Aggregate. Weitere 100 fertigen in einer sogenannten Klein- sehr gute Arbeit serie Kurbelgehäuse des M139 (AMG Vierzylinder). Das Unternehmen plant seit längerer Zeit, aufgrund stei- gender Stückzahl, die M139 Kurbelgehäuse ab 2022 in Jawor auf einer Großserienanlage fertigen zu lassen. Begründet wird dies damit, dass auf der Kleinserienanlage die abgeforderte Stückzahl nicht erreicht, und die komplette Verlagerung des Produkts auf eine Großserienanlage wirtschaftlicher ist. Nun wurde bekannt, dass das Unternehmen mögliche Folgeauf- träge für die Kleinserie abgelehnt hat, weil die Kleinserien- fertigung in Sirnau nicht in das strategische Portfolio der Anlauffabrik Fertigung passt. Darüber hinaus wurde bekannt, dass aufgrund der zurück- gehenden Projektumfänge beim Verbrennungsmotor die Prototypenfertigung nach aktueller Planung bis 2025 um ca. 50% schrumpfen soll. Danach ist mit der verkleinerten Dieses Plakat haben Sirnauer Kolleg*innen selbst gestaltet. Es Abteilung ein Umzug nach Untertürkheim geplant – der gibt auf sehr authentische Weise die Stimmung der dortigen Be- Werkteil Sirnau soll verkauft werden. Bis Jahresende bedeutet legschaft wieder. dies einen Arbeitsplatzabbau von ca. 85 Arbeitsplätzen. Bis 2025 soll der Bereich von einst 200 Beschäftigten auf ca. 50 Beschäftigte geschrumpft sein. wird der Betriebsrat mit der Platznot im Neckartal konfrontiert. Werkleitungsbeschluss als zusätzlicher Brandbeschleuniger Mit Platznot werden Verlagerungen von Produkten an andere Wahrscheinlich wünscht sich die Werkleitung, man könne die Standorte begründet, welche wiederum zu Beschäftigungs- betroffenen Kolleg*innen einfach wegzaubern. Denn mit einer problemen führen (siehe Verhandlungen zum Campus). Anschlussbeschäftigung sieht es äußerst mau aus. Bis dato – Mitten im Transformationsprozess Fläche verkaufen zu wollen wir sind jetzt ein halbes Jahr vor Auslauf der Kleinserie – hat – damit steht man beim Vorstand gut da. Unsere Probleme man keine Idee, wie man die von der Unternehmensleitung löst das nicht… zugesagte Beschäftigungssicherung und Transformations- zusage einhalten kann. Erschwerend hinzu kommt, dass es Wir benötigen Beschäftigungsperspektiven für die Sirnauer sich bei den Betroffenen um sogenannte Indirekte handelt, Kolleg*innen. Es geht nicht darum, dass diese nicht flexibel also Beschäftigte im Zeitlohn mit variablem Leistungsentgelt. wären – im Gegenteil. Jedoch muss ein klarer Weg aufge- Nun ist es nicht so, als dass die indirekten Bereiche nicht zeichnet werden, wie diese künftig beschäftigt werden kön- Personal gebrauchen könnten. Die Beschäftigten dort, z.B. nen. Wenn keine Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen in der Instandhaltung oder im Werkzeugbau, beklagen per- Bereichen bestehen, muss die Perspektive dort geschaffen manent Personalmangel. Das Unternehmen hat aber andere werden, wo die Kolleg*innen heute sind – in Sirnau. Warum Pläne. Aktuell gibt es keinen indirekten Bereich, der Personal keine Fertigung des M139 an zwei Standorten? Warum nicht in dieser Größenordnung unterbringen kann. darüber nachdenken, die Kleinseri- enfertigung zum Anlaufmodul fürs In dieser Situation das Aus für die Kleinserie zu beschließen, Neckartal umzuwandeln? Warum ist entweder unglaublich dilettantisch, oder unglaublich keine Auslauffertigung anderer ignorant. Wird doch durch einen solchen Beschluss die Produkte? Ideen gibt es genug, ohnehin durch die Transformation angespannte Beschäf- eine fähige Belegschaft, die stets tigungssituation im Werk noch zusätzlich verschärft. Eine Top-Qualität abgeliefert hat, eben- erfolgreiche Transformation sieht anders aus! falls. Es ist unverständlich, weshalb das Unternehmen aus kurzfristigen Stefan Rumpf Perspektiven werden dringend benötigt Erwägungen heraus die Chancen Betriebsrat Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die Entscheidung zum eines solchen Bereiches nicht Produktionsplanung Verkauf des Standortes Sirnau. In jeder Standortverhandlung erkennt. Tel. 6 12 55 07|2021 5
Aus dem Betrieb Kurzarbeit Keine Ruhe im Produktionsprogramm Die Kurzarbeit lässt uns keine Ruhe. In der letzten Scheiben- Diese Situation ist für uns alle extrem herausfordernd. Für wischer-Ausgabe haben wir bereits darüber berichtet, dass uns Betriebsräte, weil wir inzwischen beinahe ausschließlich wir trotz voller Auftragsbücher und steigender Autoverkäufe, mit dem Diskutieren und Prüfen der Produktionsprogramme in verschiedenen Abteilungen Kurzarbeit vereinbaren müs- beschäftigt sind. Und mit dem Beschließen der notwendigen sen. Seit Jahresbeginn ist es kein Konjunktureinbruch, der Kurzarbeitsregelungen fast nicht mehr hinterherkommen. uns allen Stress bereitet, sondern der Zulieferengpass von Halbleiterprodukten. Auch die Kolleginnen und Kollegen in den Produktionsabtei- lungen kommen immer mehr an ihre Grenzen: Es ist nicht Um die extrem kurzfristige Kurzarbeitsplanung zu vermeiden, zu erklären, warum Überstunden und Kurzarbeit gleichzeitig, hat unser Betriebsratsvorsitzender Michael Häberle, schon manchmal in der gleichen Halle stattfinden. Zudem wird es sehr früh im April den Mercedes-Vorstand aufgefordert, eine immer schwerer, die Beschäftigten rechtzeitig zu informieren, längere, mindestens monatsweise oder quartalsweise Pro- ob es Kurzarbeit oder Arbeit gibt. grammplanung aufzulegen. Auch gegenüber der Werkleitung und der Logistikleitung haben wir diese Forderung ständig Dieser Zustand muss sich dringend wiederholt. Ende Juni teilte uns das Management mit, dass im ändern. Wir werden unsere Früh- 3. und 4. Quartal noch mit Produktionsausfällen zu rechnen ist. warnsysteme noch konzentrierter Durch die geplante, urlaubsbedingte Sommerabsenkung aber nutzen müssen, um so früh, wie erst nach den Sommerferien möglicherweise mit Kurzarbeit in möglich die Beschäftigten zu Untertürkheim. informieren. Die Werkleitung und der Vorstand müssen aber, gerade Soweit der Plan. Anfang Juli beschloss der Vorstand einen mas- wegen der weltweiten Unsicher- siven, bis dahin ungekannten Produktionsstopp in den Aufbau- heiten, länger im Voraus planen werken. Dieses Mal hat es sogar die S-Klasse in Sindelfingen und Entscheidungen fällen. Der Roland Schäfer getroffen! Als Grund dafür wurde uns ein totaler Lieferstopp Logistik-Poker darf nicht länger Stellvertretender von Halbleitern aus Malaysia mitgeteilt, die wegen der Corona- auf dem Rücken der Beschäftigten Betriebsratsvorsitzender Pandemie einen landesweiten Komplett-Shutdown verhängten. ausgetragen werden. Tel. 6 25 11 Hitzetage und Hitzemaßnahmen 36 Grad und es wird noch heißer? In der Sommerzeit ist das Thema Hitze am Arbeitsplatz für Aufgrund der örtlichen Unterschiede gibt es keine einheit- alle eine Belastung – die Corona-Schutzauflagen, wie das lichen technischen oder organisatorischen Pauschallösungen. Maskentragen sowie die Auflagen zum Einsatz von Ventila- Die Führungskräfte sind in der Verantwortung mit geeigneten toren und Klimaanlagen, verschärfen die Situation zusätzlich. Maßnahmen die Belastungen der Beschäftigten zu verringern. An erwarteten „Hitzetagen“ haben sie die Freigabe, zusätz- liche geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung Maßnahmen nach Lufttemperatur im Arbeitsraum der Beschäftigten umzusetzen (z.B. verstärkte Lüftung, An- Lufttemperatur über 35°C passung Pausenregelungen, etc.). Der Raum ist für die Zeit der Überschreitung von 35°C ohne entsprechende Maßnahmen Darüber hinaus haben Werkleitung und Betriebsrat auch für NICHT als Arbeitsraum geeignet. dieses Jahr eine vorübergehende Änderung der Gleitzeitmo- delle (bisheriger Arbeitsbeginn ab 06:30 Uhr) vereinbart. Ab Lufttemperatur über 30°C bis 35°C 1. Juli 2021 ist Der Arbeitgeber MUSS weitere technische und der Arbeitsbe- organisatorische Maßnahmen ergreifen! ginn bereits um (z.B. Erhöhung von Pausenzeiten) 06:00 Uhr mög- lich. Ab dem 1. Lufttemperatur von 26°C bis 30°C Oktober 2021 Lockerung Bekleidungsregeln; Bereitstellung kühlender Getränke/Trinkwasserspender; Maß- gelten die Gleit- nahmen zur effektiven Lüftungssteuerung in zeitmodelle Gebäuden (z.B. nächtliches Auskühlen). wieder in ihren Klaus Kaupert Volker Wohlfahrth ursprünglichen Betriebsrat RD Betriebsrat PT/G Bis 26°C: Zulässiger Temperaturbereich Zeitrahmen. Tel. 0160 8 67 77 86 Tel. 6 17 78 6 07|2021
Aus dem Betrieb Personelle Veränderungen in RD „Wir Betriebsräte haben den Anspruch, dass unser Standort auch in Sachen Forschung und Entwicklung Leitwerk bleibt!“ Alexander Rutkowsky übernimmt seit aus. Wegfallende Stellen werden nicht Giuseppe, du bist frischgebackener Be- dem 01. Juni den Vorsitz im KoA RD. Gi- nachbesetzt, oben drauf kommt noch triebsrat und erst seit wenigen Wochen useppe Caputi ist zum 01. Juni als neuer die Arbeitszeitverkürzung und auch die Mitglied im KoA RD. Wie hast du dich Betriebsrat in den KoA RD nachgerückt. einseitige Kündigung der unbefristeten auf deine neue Tätigkeit vorbereitet? Im Interview mit der scheibenwischer- 40 Stunden-Verträge durch das Unter- Giuseppe: Die Arbeit der IG Metall Redaktion erzählen uns die beiden nehmen, dass besonders Kolleginnen Betriebsräte ist für mich zum Glück von den bevorstehenden Herausforde- und Kollegen in diesem Bereich trifft. alles andere als neu. Seit März 2018 rungen und ihren Zielen. bin ich Betriebsrats-Nachrücker und In diesem Jahr ist es dem Betriebsrat erlebe die Betriebsratsarbeit hautnah Alexander, du bist der neue KoA- gelungen, den Mercedes-Benz Drive mit. Dabei profitiere ich einerseits von Vorsitzende der RD, einem Bereich, der Systems Campus für Untertürkheim der Erfahrung meiner BR-Kolleginnen aktuell und in den nächsten Jahren vor zu sichern. Du warst Teil der Verhand- und Kollegen, aber auch von meinen noch nie dagewesenen Veränderungen lungsgruppe. Welche Bedeutung hat eigenen langjährigen Erfahrungen in steht. Worin siehst du die größten He- der Campus für RD? der BVKL und VKL. Ich freue mich sehr rausforderungen für die Forschung und Alexander: Das ist eine essentielle über die neuen Aufgaben und Heraus- Entwicklung? Zukunftsentscheidung für unseren forderungen. Alexander: Die Transformation der Au- Standort als Ganzes und ganz speziell tomobilindustrie macht natürlich auch für die Forschung und Entwicklung. Welche Ziele hast du dir für die näch- vor der Forschung und Entwicklung nicht Wir bleiben damit unserer Linie treu, sten Wochen und Monate gesetzt? Halt. Besonders vor dem Hintergrund, diesen Standort aktiv und fair zu trans- Betriebsrat zu werden ist immer eine dass das Unternehmen sein Ziel einer formieren und ihn fit für die Zukunft zu Herausforderung. Aber in der momen- CO2-neutralen Flotte bis 2039 inzwi- machen! Wäre der Campus woanders tanen Situation durch Corona ist es schen um fast 10 Jahre vorverlegt hat. Es realisiert worden, hätte das bedeutet, besonders schwer, einen neuen Bereich herrscht enormer Zeitdruck. Um Schritt dass auch viele unserer Bereiche der schnell und gut kennenzulernen – das halten zu können braucht es zwei Din- RD aus Untertürkheim abwandern – und ist mir bewusst! Außerdem herrscht ge: Die notwendigen Technologien und mit ihnen auch Beschäftigung. Man durch den hohen Druck von innen und qualifizierte Kolleginnen und Kollegen. kann sich den Campus vorstellen, wie außen insgesamt viel Unsicherheit einen Magneten. Er wird im Laufe der in der Belegschaft. Trotzdem ist mein Aktuell gibt es in RD noch zahlreiche Zeit immer weitere zukunftsträchtige klares Ziel, mich schnell in meinen Projekte, aber durch die Variantenredu- Themen anziehen und dadurch unseren neuen Bereich einzuarbeiten und für zierung werden Aufgaben und Projekte Entwicklungsstandort sicher durch die meine Kolleginnen und Kollegen vor wegfallen. Wie geht es dann weiter? Transformation bringen. Ort erreichbar zu sein. Ich bin ein sehr Die Qualifikation der Kolleginnen und bodenständiger, umgänglicher und Kollegen muss rechtzeitig und vollum- Wir Betriebsräte haben den Anspruch, organisierter Mensch und ich hoffe, fänglich stattfinden, damit man auch in dass unser Standort auch in Sachen For- dass die Mannschaft dadurch schnell Zukunft die Qualität der Arbeitsplätze schung und Entwicklung Leitwerk bleibt. Vertrauen zu mir aufbauen kann! sichergestellt kann. Immer mehr Kol- Mein Ziel ist es in diesem Zusammen- leginnen und Kollegen, aber auch Füh- hang, die RD auch in Zukunft zu einem Vielen Dank euch beiden und viel Erfolg rungskräfte scheiden aktuell über MOVE attraktiven Arbeitsplatz zu machen. für die Zukunft! Alexander Rutkowsky Giuseppe Caputi 0160/8 67 55 88 0176/30 92 80 12 alexander.rutkowsky@daimler.com giuseppe.caputi@daimler.com • Neuer Vorsitzender KoA RD • Neuer Betriebsrat im KoA RD • Betriebsrat seit 2006 • Im Unternehmen seit 1985 • Vorsitzender im Personalausschuss des Betriebsrats • Stellvertretender Vertrauenskörperleiter seit 2020 • Mitglied im Betriebsausschuss des Betriebsrats 07|2021 7
Aus dem Betrieb Sommer, Sonne, Corona-Impfung Impfungen am Standort Untertürkheim Ein kleiner Pieks in Richtung Normalität Impfzentren Untertürkheim, Geb. 132, 2. OG Die Impfkampagne nimmt seit Wochen Fahrt auf: Seit dem 09. Juni wird auch bei Mettingen, Geb. 4, EG uns im Betrieb geimpft. Bei entsprechender Impfstoffverfügbarkeit können an den Standorten täglich mehrere Hundert Beschäftigte geimpft werden, deutschlandweit 16 Ärzte sind mehr als 3.000 Impfungen täglich möglich! Auch der Werksärztliche Dienst in 40 medizinische Fachkräfte Untertürkheim und Mettingen ist in den letzten Wochen von früh bis spät in unseren 50 Impfhelfende beiden Impfzentren im Einsatz gewesen – insgesamt haben rund 6.588 Beschäftigte im Einsatz. an unserem Standort das Impfangebot in Anspruch genommen. 6.588 Beschäftigte geimpft Zweitimpfungen laufen! Mittlerweile sind die Erstimpfungen in unseren beiden Impfzentren abgeschlossen. Ablauf Impftermin: Aufgrund der anstehenden Sommerurlaube wurde den Beschäftigten angeboten, Von Station zu Station ihren Termin zur Zweitimpfung auch schon früher (ab 3 Wochen nach der Erstimp- fung) in Anspruch nehmen zu können. Aktuell ist geplant, bis Mitte August auch die Zweitimpfungen abzuschließen. Station 1: Check-In >> Super, dass wir uns während der >> Ich habe von Anfang gehofft hier im Arbeitszeit impfen lassen können. > Vom Check-In bis zum Check-Out Ärztliche Aufklärung dem Buchungs-Code kam, hab ich mich war alles super organisiert und einfach nur total gefreut und direkt ei- durchdacht. Nach rund 25 Minuten nen Termin gebucht!
Meldungen Solidarität = Füreinander einstehen! Bei Schicksalsschlägen lassen wir die Familie nicht allein! Am 10. April 2021 erlitt Ajdin Gerdija- Solidarität bedeutet, auch für Verblie- Deshalb organisierte Gießerei-Vertrau- novic in der Kernmacherei im Geb. 7 in bene einzustehen! ensmann Kemal Korkmaz nach dem Mettingen einen tragischen Arbeitsun- Wenn einer von uns – egal ob Fremd- tragischen Unfall gemeinsam mit der fall. Kurze Zeit später erlag er seinen mitarbeiter oder „Daimler-Kollege“ Vertrauenskörperleitung in Mettingen schweren Verletzungen. von einem schweren Schicksalsschlag eine Spendenaktion für Ajdins Familie. getroffen wird, lassen wir seine Familie Insgesamt wurden 6.313,08 Euro ge- Ajdin war ein zuverlässiger Kollege nicht allein! In so schwierigen Zeiten, sammelt und Ende Mai den Angehöri- der Fremdfirma „Vistec 24 Industrie wollen wir unsere Anteilnahme und gen übergeben. und Anlagen Service“ und reparierte unseren Beistand zukommen lassen. die Anlagen in der Kernmacherei und Vielen Dank an alle Gießerei an den Wochenenden, er war Kolleginnen und immer wieder auch unter der Woche Kollegen, die anwesend. Daher kannten ihn viele gespendet haben! unserer Kolleginnen und Kollegen. Ruhe in Frieden Aydin. Ajdin wurde nur 33 Jahre alt und hinter- lässt Frau und Tochter. Beide leben in Bosnien und Herzegowina und werden ein Leben lang mit den Folgen seines Unfalls zu kämpfen haben. Mach’s gut Constanze! Ein Arbeitsleben im Dienste und zum Wohl der Beschäftigten Am 1. Juni ist unsere Kollegin Constan- Hebel, auch der Arbeit in der SBV mehr Wiege an mitgestalten und begleiten ze Heidbrink in die passive Phase der Gewicht zu verleihen. Das war mit einer – das zeigt wieder einmal, wie wichtig Altersteilzeit gewechselt. Ganze 19 der Gründe, aus denen sie bei der Be- ehrenamtliches Engagement und das Jahre lang setzte sie sich an unserem triebsratswahl 2006 für den Betriebsrat Tätigwerden unserer Kolleginnen und Standort als Interessenvertreterin ein. kandidierte. Kolleginnen ist. 1999 startete Constanze im Werkärzt- Neben ihrer Betriebsratstätigkeit absol- Liebe Constanze, Wir sagen Danke für lichen Dienst in Untertürkheim. Als vierte Constanze ein betriebswirtschaft- deine Arbeit und wünschen Dir alles ausgebildete Krankenschwester mit liches Studium, das sie 2009 erfolgreich Gute für Dein Leben ohne Daimler! viel Berufserfahrung aus der Intensiv- abgeschlossen hat. Die Neugier auf medizin war der Industriegroßbetrieb Neues führte sie 2010 als Betriebsrä- eine neue Welt für sie. Der Kontakt und tin in den Entwicklungsbereich. Neue die Gespräche mit Betriebsrätinnen Themen, neue Strukturen, eine neue, und Vertrauensfrauen der IG Metall für sie bis dahin unbekannte „Kultur“ weckten in ihr die Neugier für die Arbeit schreckten Constanze nicht ab. Ganz der Interessensvertretung. 2002 nahm im Gegenteil, sie arbeitete sich mit viel sie das erste Mal als Kandidatin an Energie in die Themen ein. Mit ihrer den Wahlen zur Schwerbehinderten- sympathischen Art gewann sie schnell Vertretung (SBV) teil, bei der sie zur 1. das Vertrauen der Motorenentwickler, Stellvertreterin gewählt wurde – 2006 für die sie direkt zuständig war, und folgte die Wahl zur Vertrauensperson auch sehr vieler Kolleginnen und Kol- der schwerbehinderten Menschen. So legen im gesamten RD-Bereich. positiv sie die Arbeit in der SBV auch er- lebte, hatte sie ab und an das Gefühl, an Gerechtigkeit, Fairness, Respekt „Grenzen“ zu stoßen. Deshalb setzte sie gegenüber Menschen, das sind sich zunehmend mit den Möglichkeiten Grundpfeiler in Constanzes Le- der Betriebsratsarbeit auseinander und ben. Auch in ProCent sah sie erkannte in den Mitbestimmungs- und eine Möglichkeit Positives zu tun. Mitwirkungsrechten einen zusätzlichen Sie konnte das Projekt von der 07|2021 9
IG Metall Vertrauensleute Bilanz nach eineinhalb Jahren Kämpferisch, solidarisch, engagiert! Miguel Revilla, Giuseppe Caputi, Thomas Fretz, Sven Schmiech und IG Metall Gewerkschaftssekretär Antonio Potenza - seit dem Frühjahr 2020 ist unsere Vertrauenskörperleitung in der aktuellen Besetzung aktiv. Damals startete das Team unter dem Motto: „In guten wie in schlechten Zeit“ – denn mit der Corona-Pandemie wurde auch die Vertrauensleute-Arbeit vor vollkommen neue Herausforderungen gestellt. Heute ist das Fünfer-Gespann fest eingespielt und blickt mit der scheibenwischer-Redaktion auf die vergangenen Monate. Es liegen außergewöhnliche Zeiten hinter uns. Was war für euch und eure Arbeit die größte Herausforderung in den vergangenen Monaten? Thomas: Zu Beginn der Pandemie haben wir uns große Sor- gen darübergemacht, wie wir unsere Strukturen aufrechter- halten und an die neue Situation anpassen können. Unsere Arbeit lebt von Begegnungen und Zusammenhalt – das ist während Social Distancing nicht einfach umzusetzen. Trotz IG Metall Gewerschaftssekretär Antonio Potenza, Giuseppe Caputi, dieser Umstände ist es uns gut gelungen, die Kommunika- Thomas Fretz, Sven Schmiech und Miguel Revilla tion zu unseren Vertrauensleuten aufrecht zu erhalten. Bei unseren digitalen Versammlungen waren wir oft über 200 Teilnehmer – diese große Beteiligung zeigt uns, wie eng die Warum ist aus eurer Sicht die Arbeit der IG Metall-Vertrau- Verbindung zwischen Vertrauensleuten und Betriebsrat ist! ensleute so wichtig? Miguel: Die Stärke von Arbeitnehmern ist der Zusammenhalt und die Solidarität. So wichtig der Betriebsrat ist – er wäre nur halb so stark ohne den Rückhalt aus der Mannschaft. Denn das Mitbestimmungsrecht eines Betriebsrats, den Einfluss, den er nehmen kann, ist gesetzlich klar geregelt. Entweder hat er Mitbestimmung in einem Thema oder eben nicht. Darüber hinaus nehmen dann die Vertrauensleute politisch Einfluss und unterstützen so den Betriebsrat dabei, die Situation der Beschäftigten zu verbessern oder Standards zu sichern. Mit dem Vertrauenskörper als solidarische Gemeinschaft bieten wir die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und sich für die eigenen Interessen einzusetzen. Antonio, als Gewerkschaftssekretär bist du sozusagen das Bindeglied zwischen IG Metall und Betrieb. Wie nimmst du den Vertrauenskörper in Untertürkheim wahr? Antonio: Die IG Metall hat in vielen Betrieben Vertrauensleute und da gibt es gewaltige Unterschiede. Manche Vertrauens- Aktion vor dem Mercedes-Benz-Museum im Februar 2021. körper sind sehr passiv, setzen nur um was von oben kommt und verstehen sich selbst ausschließlich als Informationsrohr. Sven: Eine weitere große Herausforderung war die Tarifrunde Das erlebe ich am Standort Untertürkheim nicht. Ganz im 2021. Ich habe schon viele Tarifrunden miterlebt aber diese Gegenteil. Was ich hier tagtäglich wahrnehme ist ein extrem war etwas vollkommen anderes. Warnstreiks mit Maske hoher politischer Anspruch. Eine extrem politische und enga- und Abstand – so etwas gab es noch nie. Mir ist dabei aber gierte Haltung. Hier werden Themen gesetzt und getrieben. besonders unsere Aktion vor dem Mercedes-Benz-Museum Das führt natürlich unausweichlich auch zu Konflikten, vor in Erinnerung geblieben. Hier hat man nach vielen Wochen denen sich hier allerdings niemand fürchtet. Denn durch endlich mal wieder richtig den Zusammenhalt gespürt – das Reibung entsteht Bewegung und davon gibt es hier Dank der war etwas ganz Besonderes. IG Metall Vertrauensleute jede Menge. 10 07|2021
IG Metall Vertrauensleute Warnstreiks am Standort Untertürkheim im Rahmen der Tarifrunde 2021: Abstand, Maske, Arbeitskampf. Die Beteiligung war über- wältigend. Was wünscht ihr euch für die kommenden Monate? Giuseppe: Im März 2022 ist Betriebsratswahl. Für den Wahl- kampf wünsche ich mir, dass sich Untertürkheim und die Organisation genauso kämpferisch zeigen, wie Antonio es gerade beschrieben hat. Dass wir mit der Stärke der Solidarität all unsere Energie zusammennehmen und dass wir uns mit all unserer Kraft für einen erfolgreichen Wahlkampf einsetzen. Miguel: Wir sind mitten in der Transformation. Mit dem Ver- handlungsergebnis zur Zukunft unseres Standorts sind wir in ganz Deutschland ein Beispiel dafür, wie man die Transforma- tion gestalten kann. Aber da gibt es erst einmal kein Ende. Wir werden als Standort immer wieder in der Situation sein, dass das Unternehmen uns in Frage stellt. Wir gewinnen diesen Kampf nicht ohne eine starke Organisation wie die IG Metall im Rücken. Der Erfolg der vergangenen Jahre ist kein Zufall – Autokorso mit anschließender Kundgebung auf dem Cannstatter das ist harte Arbeit, Engagement und Durchhaltevermögen. Wasen im Rahmen der Tarifrunde 2021 07|2021 11
Tarifergebnis 2021 Durch Tarifvertrag und Betriebsrat mehr in der Tasche! In der diesjährigen Tarifrunde konnte der massive Angriff der Ar- Klar ist: Bei Daimler kommen wir Dank IG Metall Tarifvertrag und beitgeber auf tarifliche Standards abgewehrt werden. Im Juni gab Betriebsrat auf eine stolze Anzahl an Sonderzahlungen. es eine tarifliche Corona-Prämie von 500€ netto und ab 2022 gibt es eine neue tarifliche Sonderzahlung (Trafobaustein). Diese neue Der Trafobaustein ist eine neue dauerhafte Sonderzahlung, die Sonderzahlung kann entweder ausgezahlt oder in Betrieben, denen 2023 ihre volle Höhe (27,6%) erreicht. Damit kommen wir ab es wirtschaftlich schlecht geht für eine Arbeitszeitverkürzung mit 2023 auf fast 14 Monatsgehälter pro Jahr – rechnet man unsere Teilentgeltausgleich verwendet werden. Ergebnisbeteiligung dazu, liegen wir sogar darüber. Für die Themen Beschäftigungssicherung, Zukunftstarifverträge Nächstes Jahr wird wieder verhandelt! sowie Perspektiven für Auszubildende und dual Studierende wur- Der Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen gilt den eigene und zum Teil weitergehende Regelungen gefunden. Bei- bis September 2022 - dann kann die IG Metall erneut über Erhö- spielsweise fallen Dual Studierende erstmals unter die Tarifbindung! hungen verhandeln! Impressum IG Metall, Wilhelm-Leuschner-Str. 79, 60329 Frankfurt Vertreten durch den Vorstand, 1. Vorsitzender: Jörg Hofmann Kontakt: vorstand@igmetall.de V.i.S.d.P./Verantwortlich nach § 18 Abs. 2 MStV: Nadine Boguslawski, 1. Bevollmächtigte IG Metall Stuttgart Theodor-Heuss-Str. 2, 70174 Stuttgart Kontakt: stuttgart@igmetall.de Druck: C. Maurer GmbH & Co. KG, Geislingen an der Steige Bildquellen: S. 1 ©Mercedes-Benz AG, ©photostockatinat, adobe.stock.com, S. 2 ©Mercedes-Benz AG, S. 8 ©Mercedes-Benz AG; S. 10 ©Jochen Faber, S. 11 © Joachim E. Röttgers GRAFFITI 12 07|2021
Sie können auch lesen