Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe

 
WEITER LESEN
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Trau dich zu helfen!
Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen
Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Inhaltsverzeichnis

    Einleitung: Was tun im Notfall?                  3
    Sicherheit, Selbstschutz, Hygiene                8
    Rechte, Pflichten, Partner                      10

    Erkrankungen
    Störungen der Atemwege / Erstickungsnotfall	    11
    Sonstige Störungen der Atmung                   12
    Allergie12
    Störungen des Kreislaufs / Herzinfarkt          13
    Störungen des Bewusstseins / Bewusstlosigkeit   13
    Schlaganfall14
    Unterzuckerung14
    Krampfanfall15
    Vergiftungen durch Drogen                       15
    Bauchschmerzen15

    Verletzungen
    Sichtbare Blutungen                             17
    Nasenbluten18
    Amputation18
    Ausgeschlagener Zahn                            18
    Knochenbruch & Verstauchung                     19
    Rückenverletzung19
    Gehirnerschütterung20
    Augenverletzung20
    Stromschlag21
    Verbrennung22
    Sonnenstich / Hitzschlag                        22
    Unterkühlung / Erfrierung                       23
                                                          Autoren: Helge Regener, Anja Oehen
    Ertrinken23                                          und Ernst Hilfiker, SIRMED AG
                                                          Fotos: Walter Eggenberger, SPS
    Quellen und weiterführende Informationen        24
    Stichwortverzeichnis25
                                                          © SIRMED, November 2017
                                                            Jegliche Vervielfältigung oder
                                                            Verwendung von Texten, Fotos
                                                            und Grafiken, ins­be­son­dere
                                                            in anderen elek­tronischen oder
                                                            gedruckten Publikationen ist
                                                            nur mit schriftlicher Zustimmung
                                                            von SIRMED gestattet.

2
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Unterkühlung / Erfrierung                           warmen Ort gehen; wenn immer               Probleme hatte und gerettet werden musste,
                                                    möglich Kopf bedecken). Falls Kleider      ist zwingend ein Fall für den Rettungs-
    Informationen                                   des Patienten nass sind und Wechsel­       dienst – auch wenn der Badende den
Ebenso wie Hitze kann auch Kälte zu                 kleider oder Wolldecken greifbar sind,     Eindruck hat, es gehe ihm nun wieder gut.
gesundheitlichen Schäden führen. Während            nasse Kleider ausziehen
die Gefahr einer Erfrierung vor allem für die   – Keine direkten Aufwärmversuche                    Erkennen
vom Körperstamm am weitesten entfernten         – Wache Betroffene in der Lagerung            – Badender schreit um Hilfe oder winkt
und deshalb am schwächsten durchbluteten            unterstützen, meist ist Setzen oder             verzweifelt mit den Armen
Körperteile wie Zehen oder Nase besteht,            Hin­legen sinnvoll                         – Badender liegt auf dem Grund des
betrifft die Unterkühlung den gesamten Kör-     – Von weiteren Bewegungen abhalten                Schwimmbeckens, eines Gewässers oder
per und damit auch die Leistungsfähigkeit       – Ist der Betroffene bei Bewusstsein, darf        treibt leblos an der Oberfläche
aller wichtigen Organe. Eine starke Unter-          er ein heisses, zuckerhaltiges Getränk     – Bewusstseinsstörung bis Bewusst­losigkeit
kühlung kann zum lebens­bedrohlichen Not-           konsumieren – aber keinen Alkohol und      – Atemstörung bis Atemstillstand
fall werden! Bei jedem Erkrankten oder Ver-         keine Zigaretten.                          – Eventuell blasse Hautfarbe, Zittern, Angst
letzten ist – auch in einer für Gesunde tem-    – Beruhigen
peraturmässig angenehmen Umgebung – für         – Bewusstlose in Bewusstlosenlagerung              Handeln
Wärmeerhalt zu sorgen, um eine Unterküh-            bringen und weiterhin die Atmung           – Ist ein Badender in Schwierigkeiten oder
lung zu vermeiden.                                  überprüfen (siehe Seite 13)                    wurde ein lebloser Mensch aus dem
                                                                                                   Wasser geborgen, sofort Bademeister
    Erkennen                                    Unterkühlung:                                      informieren und parallel dazu Alarmie-
Unterkühlung:                                   – Muss ein stark Unterkühlter noch vor           rung des Rettungsdienstes via Notruf-
– Betroffener ist vorerst oft aufgeregt,          dem Eintreffen des Rettungsdienstes             nummer 144
   zittert; später kommt es zur Bewusst­           sofort aus einem Gefahrenbereich            – Befindet sich der Badende, der Probleme
   seins­trübung bis zur Bewusst­losigkeit         geborgen werden, hat dies so schonend           hat, noch im Wasser, ist Selbstschutz
   und zum Kreislaufstillstand                     wie möglich zu geschehen, das heisst            vorrangig: Wer nicht schwimmen kann,
– Die Atmung eines stark Unterkühlten             möglichst mit wenigen Bewegungen                soll auch keinen Ertrinkenden aus tie-
   ist oft oberflächlich und nur schwer                                                            fem Wasser zu bergen versuchen. Wer
   wahrnehmbar                                  Erfrierung:                                        jedoch helfen kann, soll sofort eingrei-
                                                – Falls möglich, erfrorene Stelle steril          fen, dabei aber daran denken, dass
Erfrierung:                                        ab­decken und umpolstern                        Ertrinkende in ihrer Panik oft mit Armen
– Deutlich fühlbar kalter Körperteil                                                              und Füssen um sich «schlagen» und so
– Hartes, eventuell gefrorenes Gewebe                                                             den Helfer verletzen oder durch einen
   mit unnatürlicher Farbe (von blass über      Ertrinken                                          extrem klammernden Griff mit in die
   marmoriert bis blauschwarz)                                                                     Tiefe ziehen können
– Patient spürt Kribbeln, später Schmerzen        Informationen                               – Betroffenen schnellstens an Land brin-
   und letztlich nichts mehr in der betroffe-   Ertrinkungsunfälle ereignen sich in der            gen und flach lagern. Ist der Patient
   nen Körperregion                             Schweiz mehrheitlich in Seen und Flüssen.          ohne Bewusstsein und hat noch eine
                                                Immer wieder kommt es auch zu sogenann-            normale Atmung: stabile Seitenlagerung
    Handeln                                     ten «unechten» Ertrinkungsunfällen, wenn       – Bei Bewusstlosigkeit und nicht norma-
– Alarmierung des Rettungsdienstes via         Menschen im Wasser ein medizinisches               ler Atmung: sofortiger Start der BLS
   Notrufnummer 144                             Problem haben und, zum Beispiel nach               Massnahmen
– Für Wärme und Wetterschutz sorgen            einem Herzinfarkt, einfach untergehen. Jeder
   (mit Woll- oder Rettungsdecke oder an        Badende, der im Wasser gesundheitliche
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Quellen und weiterführende Informationen
– IFRC International Federation of Red Cross and Red Crescent
   Societies (2016) International first aid and resuscitation
   guidelines 2016 for National Society first aid program managers,
   scientific advisory groups, first aid instructors and
   first responders, Geneva, www.ifrc.org
– NAEMT National Association of Emergency Medical Technicians
   (2015). PHTLS – Pre Hospital Trauma Life Support (8th Edition),
   Jones & Bartlett Publ.
– ERC (2015) European Resuscitation Council Guidelines for
   Resuscitation 2015 Section 2. Adult basic life support and auto-
   mated external defibrillation
– SRC Swiss Resuscitation Council (2015) Lehraussagen BLS-AED-SRC,
   www.resuscitation.ch

www.resuscitation.ch (Swiss Resuscitation Council)
www.sirmed.ch (Schweizer Institut für Rettungsmedizin)
www.swissheart.ch (Schweizerische Herzstiftung)
www.toxi.ch (Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum)

                                                                      24
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Einleitung

Was tun im Notfall? / Im Notfall                Die Publikation ist nicht als eigenständiges
(richtig) handeln!                               Lehrmittel angelegt, sondern als Begleit­
 Niemand ist davor gefeit, irgendwann            skript zu unseren verschiedenen Notfall­
 einmal in einer Notfallsituation Erste Hilfe    seminaren für Ersthelfer gedacht. Wer dar-
 leisten zu müssen oder selber Erste Hilfe       über hinaus an der Materie interessiert ist,
 zu benötigen. Wenn Sie sich vorstellen,         findet eine grosse Zahl umfangreicher
 jetzt in einer solchen Situation stehen         Erste-Hilfe-Bücher im Buchhandel.
 zu müssen, spielen wahrscheinlich Ängste
 und Unsicherheiten, etwas falsch zu             Inhalte dieses Skriptes
 machen, eine Rolle. Kann man in der             Das Skript ist aufgeteilt in allgemeine
 Ersten Hilfe tatsächlich Fehler machen          Erläuterungen zur grundsätzlichen Vor­
 oder falsche Erste Hilfe leisten? Wir wol-      gehensweise für Ersthelfer und skizziert
 len Ihnen aufzeigen, dass Sie in Notfall­       danach die wichtigsten Massnahmen
 si­tua­tionen grundsätzlich keinen Schaden      bei Erkrankungen und Verletzungen.
 anrichten, wenn Sie bedacht handeln             Konkret werden folgende Themen be­han­-
 und sich an einige einfache Grundlagen          delt:
 halten. Ihr Mut und die Zivilcourage zur Ers-   – Vorgehensweise im Notfall und
 ten Hilfe stellen ein sehr hohes, wenn nicht         Selbstschutz
 sogar das höchste Gut in Notfallsituationen     – W ichtige Telefonnummern und
 dar und sind Grundlage für eine optimale             Alarmierung
 Patientenversorgung.                            – Störungen der Atemwege
 Natürlich sind Notfälle immer unterschied-      – Störungen der Atmung
 lich und erfordern je nach Ursache ange-        – Störungen des Kreislaufs
 passte Massnahmen der Ersten Hilfe. Dies        – Störungen des Bewusstseins
 wird sich jedoch auf gezielte Einzelmass-       – Weitere Erkrankungen
 nahmen beschränken. Die grundsätzliche          – Weitere Verletzungen
 Herangehensweise oder Strategie wird            – Informationsquellen
 immer dieselbe bleiben. Notfälle sind nicht
 alltäglich und deshalb ist es sinnvoll, sich    Der Themenkomplex Kreislaufstillstand
 rechtzeitig darauf vorzube­reiten.              und Reanimation wird in einem separaten
 Wer nicht beruflich regelmässig mit Not-        Skript «Du kannst Leben retten» behandelt.
 fallsituationen zu tun hat, wird verständ-      Im vorliegenden Text wird aus Gründen
 licherweise niemals in der Lage sein, sich      der besseren Lesbarkeit i.d.R. die männli-
 für alle möglichen Fälle vorzubereiten. Die-    che Form verwendet. Gemeint sind jeweils
 ses Skript versucht daher nicht, eine gros­se   beide Geschlechter.
 Bandbreite von Ereignissen zu behandeln,
 sondern fasst vielmehr eine Auswahl der
 häufigsten und wich­tigsten Notfallsitua­
 tionen zusammen, mit denen Sie im Alltag
 konfrontiert werden können.

                                                                                                3
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Einleitung

    Die Rettungskette
                                                                                                  Professionelle Retter:
    Braucht ein Mensch medizinische Hilfe,                                                                                              Spitalärzte
                                                                 Nothelfer,                       Rettungssanitäter,
    dann sind Sie als Ersthelfende eine zen­          Wer        Ersthelfer                       Transportsanitäter,
                                                                                                                                        und Pflege-
                                                                                                                                        personal
                                                                                 Personal SNZ     Notarzt, Dienstarzt
    trale Person. Es benötigt Mut und den
    Willen, nach bestem Wissen und Gewissen
    schnellstmöglich Erste Hilfe zu leisten. Sie    Die Rettungskette
                                                                                                            Behandlung
    schaffen mit Ihrem Handeln die Grundlage
                                                                                                       Notfallstation, OP,
    für eine optimale Patientenversorgung                                                                 Intensivstation             Spital
    und helfen mit, dass auch weiterführende
    rettungsdienstliche Massnahmen sowie die
                                                                                   Notfalltransport
    spätere Versorgung im Spital die Aussicht
                                                                                         Ambulanz,
    auf Erfolg haben. Ihre Sofortmassnahmen                                       Rettungshelikopter             Transport
    können lebenserhaltend oder gar lebens-
    rettend sein, eine sofortige Alar­mierung
    des Rettungsdienstes er­möglicht ein früh­        Was
                                                                             Laien          Erste Hilfe                Professionelle Retter
    estmögliches Eintreffen der pro­fes­sionellen
                                                                  Basismassnahmen                                      erweiterte Lebensrettende
    Helfer.                                                                                                            Massnahmen
    Zeit ist in vielen Notfall- und Erkrankungs-
    situationen eine entscheidende Grösse.
                                                                              Notruf             Notruf 144
    Als Ersthelfende sorgen Sie mit Ihren Kennt-
                                                                                                 Aufgebot professioneller Retter,
    nissen und Fertigkeiten dafür, dass diese                                                    telefonische Anweisungen für Basismassnahmen
    Zeit nicht zur verlorenen Zeit wird.
    Das Symbol der Kette wird in der Ersten
    Hilfe noch an anderer Stelle gebraucht                  Nothilfe            Sofortmassnahmen
                                                                                Sichern, alarmieren,
    und zwar in Form der sog. Überlebens-                                       bergen
    kette beim Kreislaufstillstand bzw. bei der
    Reanimation. Auch wenn sie inhaltlich ver-
    wandt sind, sollten diese beiden Begriffe          Wo        Notfallort                                          Transport            Spital
    auseinander gehalten werden.

                                                    Die Glieder der sogenannten Rettungs­kette beschreiben die Versorgungsphasen
                                                    der Ersten Hilfe:
                                                    1. Erkennung der Notfallsituation und notwendige primäre Sofortmassnahmen
                                                    2. Alarmierung der professionellen Helfer
                                                    3. Gezielte erweiterte Massnahmen der Ersten Hilfe, abhängig von der Ursache
                                                    4. Übernahme durch professionelle Helfer und Transport
                                                    5. Interdisziplinäre Versorgung im Spital

4
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Vorgehensweise und Selbstschutz                 –    Anziehen von Schutzhandschuhen –
In der Regel ist das Schlimmste bereits pas-            möglichst von Anfang an, sicher
siert, wenn Sie dazukommen, um Erste                    aber vor dem ersten Kontakt mit
Hilfe zu leisten. Deshalb: Bleiben Sie ruhig            Körper­flüssigkeiten
und versuchen Sie, diese Ruhe auf den           – Absperrung / Signalisation bei Unfällen
Patienten und die Umstehenden zu über­-                 im Strassenverkehr
tragen!                                         – Vorsicht vor fliessendem Verkehr
                                                – Zurückhaltung bei aggressiven
Ein grundsätzliches Prinzip in der Ersten               Aus­einandersetzungen
Hilfe wird als sogenanntes Ampelschema          – Abstand bei Brand-, Explosions- oder
bezeichnet und umfasst hauptsächlich                    Absturzgefahr
die Sorge um Ihre eigene Sicherheit:            – Achtung vor Strom und Vergiftungen

   1. Schauen (rot wie «Stopp!»)                Überlegen Sie, was unbedingt erforderlich
   2. Denken (gelb wie «Jetzt beginnt          ist und welche Hilfe die betroffene Person
       die Handlungsphase»)                     benötigt.
   3. Handeln (grün wie «Nun laufen
       die Massnahmen»)                         3. Handeln
                                                Reagieren Sie entsprechend Ihrem Aus-
Dahinter steht die Überzeugung, dass            bildungsstand sowie gemessen daran,
jeder in der Lage sein soll, couragiert Hilfe   was Sie sich zutrauen, und beginnen Sie
zu leisten, ohne dabei selber zum Opfer         möglichst ohne zu zögern. Je bedrohlicher
zu werden.                                      die Situation für den Betroffenen, desto
                                                dringender ist Ihre Hilfe. Ziehen Sie immer
1. Schauen                                      weitere Hilfe zu, wenn Sie das Gefühl
Versuchen Sie zunächst zu erfassen, was         haben, dass der Betroffene diese Hilfe
überhaupt passiert ist. Achten Sie ganz         braucht oder wenn Sie sich überfordert
besonders darauf, ob Gefahren für den           fühlen. Nach § 128 des Schweizer Straf­
Patienten und / oder Umstehende beste-          gesetzbuchs ist jede Person im Rahmen
hen. Mögliche Gefahren sind zum Beispiel        des Zumutbaren dazu verpflichtet, Hilfe zu
Brand, Explosion, Absturz oder rollender        leisten, wenn ein Mensch in unmittelbarer
Verkehr. Erfassen Sie, wenn möglich, schon      Lebensgefahr schwebt. Es gibt unter uns
aus der Distanz die mögliche Situation          Menschen, die kein Blut sehen können. In
des Betroffenen, den Unfallhergang, die         dieser Situation ist es absolut legitim, sich
Verletzungen, die Zeichen einer akuten          auf das Zumutbare zu beschränken und
Erkrankung.                                     bei der direkten Hilfeleistung am Patien-
                                                ten nicht in der ersten Reihe zu stehen. Es
2. Denken                                       gibt in dieser Situation auch andere wich­
Beurteilen Sie, wie schwerwiegend allfäl­lige   tige Aufgaben, wie z. B. die Einweisung
Gefahren sind, und richten Sie Ihr Handeln      der Ambulanz, die Sie dann sicher in
danach aus, indem Sie angemessene Selbst-       Absprache mit anderen Ersthelfenden über-
schutzmassnahmen vor dem ersten Patien-         nehmen können.
tenkontakt ergreifen. Zu den wichtigsten
Selbstschutzmassnahmen gehören:

                                                                                             5
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Einleitung

    Nach Beachtung der beschriebenen grund­-      Patient im Kreislaufstillstand               vorgegebenen Ablaufschemata eingeleitet
    sätzlichen Strategie beginnen die Basis-      Der Patient ist bewusstlos und reagiert      werden. Wenn ein Defibrillator (AED) ver-
    massnahmen in der Ersten Hilfe immer          auch auf Berührung und lautes Anspre-        fügbar ist, sollte dieser schnellstmöglich
    mit einer Beurteilung des Patienten.          chen nicht mehr auf Sie. Bei genauer wei­    eingesetzt werden.
    Ziel ist es, schnell zu erkennen ob der       terer Betrachtung erkennen Sie, dass der     Diese Basismassnahmen können und
    Patient lebensgefährlich bedroht ist und      Patient nicht, oder nicht normal atmet.      müssen vom Laien ebenso wie von profes-
    lebensrettende Sofortmassnahmen not-          Dieser Patient ist akut lebensgefährlich     sionellen Helfern durchgeführt werden. Sie
    wendig sind. Sie dürfen sich diese Beurtei-   be­droht und braucht Ihre sofortigen Wie­-   umfassen v. a. Alarmierung, Herzmassage
    lung zutrauen. Unab­hängig davon, welche      der­belebungsmassnahmen.                     und Beatmung. Die Techniken dazu können
    Erkrankungen oder Verletzungen vorlie-        Diese dritte Situation stellt die bedroh-    in BLS-AED-Kursen erlernt werden.
    gen, lassen sich die Patienten nach ihrem     lichste aller Notfallsituationen dar. Die    Wir haben diese Massnahmen in separaten
    Erscheinungsbild in drei wesentliche Grup-    Anzeichen eines Kreislaufstillstands sind,   Seminarskripten ausführlich beschrieben.
    pen einteilen:                                unabhängig von der Ursache, immer die-
                                                  selben: Bewusstlosigkeit und abnormale       Rettung aus einem Fahrzeug
    Ansprechbarer Patient                         Atmung. Diese Zeichen sind ohne appa-        Befinden sich nach einem Unfall noch
    Der Patient ist wach, ansprechbar und in      rative Hilfsmittel erkennbar. Unabhän-       Verletzte in einem Fahrzeug und können
    der Lage, Ihnen zu Antworten. Ein sol-        gig von Ort und Ursache des Gesche-          sich diese nicht selbstständig befreien,
    cher Patient wird etwaige Bedürfnisse äus-    hens sollten so schnell wie möglich Rea-     sind Rettungsversuche durch Ersthelfer
    sern, und Sie können die Massnahmen der       nima­ tionsmassnahmen (BLS) nach den         zu unter­lassen, weil solche Manöver den
    Ersten Hilfe danach ausrichten. Bei diesem
    Patienten liegt meist keine unmittelbare
    Lebensbedrohung vor.

    Bewusstloser Patient
    Der Patient ist bewusstlos und reagiert
    auch auf Berührung und lautes Ansprechen
    nicht mehr auf Sie. Bei genauer weite-
    rer Betrachtung erkennen Sie, dass der
    Patient eine normale Atmung zeigt. Bei
    diesem Patienten liegt potenziell eine
    Lebensbedrohung vor, und als lebensret-
    tende Sofortmassnahme ist eine Bewusst-
    losenlagerung notwendig. Da die Lebens-
    bedrohung Vorrang hat, gilt dies auch
    bei einer vermuteten Verletzung des
    Rückens. Ziel ist hier, die Atemwege frei
    zu halten sowie den Patienten vor einer
    Aspiration (Eindringen von Mageninhalt in
    die Lunge) zu schützen. Bleiben Sie danach
    am Kopf des Patienten, und beurteilen Sie
    bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes
    immer wieder neu, ob die Atmung nor-
    mal bleibt.

6
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Helfer wie auch die Opfer gleichermassen
stark gefährden können.
Einzige – und sehr seltene – Ausnahme:
Droht ein Fahrzeug in Brand zu geraten,
kann versucht werden, die Verletzten aus
dem Auto zu ziehen. Auch in anderen
Fällen, in denen ohne sofortige Bergung
unmittelbare Lebensgefahr oder der Tod
bevorsteht – zum Beispiel, weil sich ein Ein-
sturz ankündet oder der Patient bewusstlos
ist und nicht mehr normal atmet, sollen
Ersthelfer ein­greifen.

Dies jedoch immer nur, wenn der Helfer
bei solchen Aktionen nicht damit rechnen
muss, selbst schwer verletzt zu werden.
Selbstschutz steht über allen Massnahmen!

                                                Alarmierung                                       Wichtige Telefonnummern
                                                Wenn Sie beim Rettungsdienst, der Polizei         Seit einigen Jahren gelten in der gan-
                                                oder der Feuerwehr Hilfe anfordern, findet        zen Schweiz die folgenden einheitlichen
                                                eine professionelle Abfrage der Gescheh-          Notrufnummern:
                                                nisse statt. Sie werden in der Regel zualler-     Sanitätsnotruf144
                                                erst nach dem Notfallort, also der genauen
                                                                                                  Feuerwehr118
                                                Adresse, gefragt. Anschliessend erfolgt
                                                eine kurze, aber sehr wichtige Abfrage der        Polizei117
                                                zentralen Fakten zum Notfall:                     Rega1414
                                                – Was ist passiert?                             Vergiftungsauskunft145
                                                – Wo ist der Notfallort?
                                                                                                  Dargebotene Hand                  143
                                                – Wie lautet Ihre Rückrufnummer?
                                                – Wie alt ist der Patient?                    Europäische Notrufnummer          112
                                                – Ist der Betroffene ansprechbar,
                                                      atmet er?                                   Die europäische Notrufnummer 112 ist
                                                                                                  in vielen Kantonen aktiv und erleichtert
                                                Auch wenn Sie in dieser Situation begreif-        zum Beispiel Touristen die Alarmierung
                                                licherweise sehr aufgeregt sind, versuchen        in Notfallsituationen.
                                                Sie unbedingt, diese Fragen ruhig und
                                                genau zu beantworten. Das erleichtert dem
                                                Rettungsdienst den Notfallort rasch zu fin-
                                                den und angemessen zu reagieren. Sollten
                                                für den Disponenten schon jetzt Sofort-
                                                massnahmen erkennbar sein, wird er Sie
                                                dazu anleiten und Sie, falls erfor­derlich, bis
                                                zum Eintreffen des Rettungsdienstes tele-
                                                fonisch unterstützen.

                                                                                                                                             7
Trau dich zu helfen! Ein Leitfaden zur Ersten Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen Begleitskript zu den Grund- und Refresherkursen Erste Hilfe
Sicherheit, Selbstschutz, Hygiene

        Informationen                                      Erkennen                                             Handeln
    Im Rahmen der Ersten Hilfe kann es zu            – Nicht jede Bedrohung ist auf den ersten     – Das Tragen von Handschuhen minimiert
    Gefahren für Ersthelfer kommen. Im Wesent-            Blick erkennbar                                 das Risiko der Krankheitsübertragung
    lichen bestehen diese Gefahren in Verlet-        – Ampel-Prinzip berücksichtigen                   stark
    zungen und Infektionen. An oberster Stelle       – Experten bei Bedarf beiziehen               –  Die hygienische Händedesinfektion
    steht immer die eigene Sicherheit, wobei              (z. B. Sicherheitsbeauftragte, Feuerwehr,        reduziert ebenfalls die Übertragung von
    Vorgehensweise und Massnahmen zum                     Gifttierexperten, usw.)                          Krankheiten von Mensch zu Mensch
    Selbstschutz im Einzelfall anzupassen sind.      – Mitmenschen & Retter warnen, wenn                erheblich
    Bedenken Sie aber immer, dass Sie als Erst-           beispielsweise Utensilien wie Löffel,       –   Bei drohender Gewalt immer sofortiger
    helfer anderer Menschen Leben retten, und             Drogen, Spritzen rumliegen                        Rückzug in Sicherheit
    nicht das eigene verlieren wollen. Die intakte   – Nach Möglichkeit und unter Berücksich-      – 
                                                                                                        Polizei alarmieren
    Haut ist ein fast perfekter Schutz gegen das          tigung der eigenen Sicherheit, Betrof-      –    Fluchtwege offen halten
    Eindringen von Erregern. Über die verletzte           fene aus dem Gefahrenbereich bergen         –     Dem Betroffenen / Täter niemals den
    Haut kann aber eine grosse Zahl von Erregern                                                              Rücken zuwenden
    mühelos eindringen, wobei kleinste Wunden                                                         –      Ruhiges Auftreten, ruhige Sprache
    ausreichen. Insbesondere der Kontakt mit                                                                   verwenden
    Körperflüssigkeiten erhöht das Risiko von
    Infektionskrankheiten.                                                                            Besonderheiten im Strassenverkehr:
                                                                                                      – 
                                                                                                        Verkehr berücksichtigen
                                                                                                         (vor dem Aussteigen, Überqueren der
                                                                                                         Strasse usw.)
                                                                                                      – Auf der Autobahn Schutz hinter der
                                                                                                          Leitplanke suchen
                                                                                                      – 
                                                                                                        Warnweste tragen
                                                                                                      –  Das eigene Fahrzeug als Prellbock ver-
                                                                                                           wenden (zum Absichern der Unfallstelle)
                                                                                                      –   Warnblinklicht und Abblendlicht
                                                                                                            einschalten, Warndreieck aufstellen
                                                                                                            (innerorts mindestens 50 Meter von
                                                                                                            Unfallort, auf Landstrassen mit erhöhter
                                                                                                            Geschwindigkeit mindestens 100 Meter,
                                                                                                         auf Autobahnen mindestens 200 Meter)

8
Notfallprävention                              Typische Stresszeichen sind Herzfrequenz-      Nach dem Ereignis bestehen verschiedene
                                               und Blutdruckanstieg, Beschleunigung und       Möglichkeiten
     Informationen                             Vertiefung der Atmung, Unruhe und Kon-         – Aktivität und Ablenkung
Das zentrale Augenmerk der Notfallprä-         zentrationsstörungen, Schwitzen etc.           – Informationen über den Zustand des
vention ist auf die Verhütung vermeidbarer     Als besonders belastend gelten Notfälle mit        Opfers einholen (wenn möglich)
Ereignisse gerichtet. Dabei wird davon aus-    Kindern, Suizidversuche, Konfrontation mit     – Analyse der belastenden Gedanken
gegangen, dass einige Notfälle schicksalhaft   dem Tod, Hilfeleistungen für Freunde oder          (Begreifen, was einen ergreift)
und unvorhersehbar eintreten, ein grosser      Angehörige, eigene Gefährdung, Überfor-        – Gespräche (mit Freunden, Angehörigen,
Teil jedoch bei ausreichender Aufmerksam-      derung der Helfer u.a.                             Partnern, Vorgesetzten)
keit vorhersehbar und damit vermeidbar         Da Stress ein subjektives Phänomen ist, wer-   – Debriefing, und bei Bedarf ggf. profes­
ist! Zur Vermeidung gehört es, Risiken zu      den ähnliche Situationen von verschiede-           sionelle psychologische Unterstützung
erkennen, zu bewerten und zu reduzieren.       nen Menschen als unterschiedlich belas-
Viele Krankheiten lassen sich beispiels-       tend erlebt.                                   Das Debriefing (hier im Sinne eines C­ ritical
weise durch die Lebensweise beeinflussen.                                                     Incident Stress Debriefing CISD) ist eine
So sind die häufigsten Ursachen für einen            Erkennen                                 ­Präventivmassnahme mit dem Ziel eine
Herzkreislaufstillstand im Erwachsenenal-      Die Zeichen der posttraumatischen Belas-        posttraumatische Belastungsstörung zu ver­-
ter Herz-Kreislauferkrankungen. Und deren      tungsreaktion sind die normale Reaktion         meiden. In der Akutphase (auf dem Scha-
Risikofaktoren (erhöhte Blutfette (Choles-     auf aussergewöhnliche Ereignisse. Meist         denplatz) werden Opfer betreut, ein rich­
terin), Rauchen, Bluthochdruck, Überge-        sind sie nach 10 bis 14 Tagen spontan ver-      tiges Debriefing findet frühestens nach
wicht, Zuckerkrankheit und Bewegungs-          schwunden. Dauern die Symptome aber             24 Stunden, spätestens nach 7 Tagen statt
mangel) lassen sich durch bewusste Lebens-     länger als vier Wochen an, sollte an eine       und sollten von speziell ausgebildeten Per-
führung bzw. medizinische Massnahmen           Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD        sonen geleitet werden.
beeinflussen.                                  Post Traumatic Stress Disorder) gedacht und
Bezüglich Unfällen bestehen eine ganze         Hilfe zugezogen werden:
Reihe von Präventionsmöglichkeiten:            – Wiederholtes belastendes Erinnern
– Kein Alkohol am Steuer oder beim               (Träume, Geräusche, Gerüche, Körper-
    Bedienen von Maschinen                         liche Reaktionen, bei Konfrontation mit
– Angepasste Geschwindigkeiten im                Ereignissymbolen etc.)
    Strassenverkehr und auf der Piste          – Erhöhtes Erregungsniveau mit Schlaf-
– Schutzmassnahmen und Ausrüstung                störungen, Reizbarkeit, Konzentrations-
    wie Helm, Gurten und vieles mehr               schwierigkeiten etc.)
                                               – Symptome verursachen erhebliche
                                                   Beeinträchtigungen in privaten und
Stressverarbeitung nach                            beruflichen Bereichen
belastenden Erlebnissen
                                                    Handeln
    Informationen                              Im Ereignis selber ist das Spektrum der
Stress ist eine natürliche Reaktion des Kör-   Möglichkeiten eingeschränkt
pers auf Druck, Spannung oder Verände-         – Selbstinstruktion, z. B. «Einmal tief
rung, wobei Stress grundsätzlich positiv           durchatmen»
erlebt, oder aber negativ empfunden wer-       – Kollegen um Unterstützung bitten
den kann.                                      – Thematisieren der Situation und des
                                                   Stresses
Im Zusammenhang mit der Ersten Hilfe           – Ablösung sicherstellen und annehmen
erfahren Helfer oftmals negativen Stress der
dann auftritt, wenn zwischen den Anfor-
derungen und den subjektiv empfundene
Fähigkeiten ein Ungleichgewicht besteht.

                                                                                                                                               9
Rechte, Pflichten, Partner

     Rechte und Pflichten                               rufzentrale, denn Partnerorganisationen         – Die Feuerwehr entscheidet über den
                                                        können sich gegenseitig aufbieten (bei              Gefahrenbereich und dessen Zutritt
         Informationen                                  Brandalarm kommt beispielsweise auto-
     Erste Hilfe kann Leiden lindern und Leben          matisch auch die Polizei).                      Zusammenarbeit mit der Luftrettung
     retten. Erste Hilfe sollte eine Selbstver-         Warnwesten / Gilet können Auskunft über         – Übernimmt Transporte in Spitäler, die
     ständlichkeit gegenüber Hilfebedürftigen           Organisation und Funktionen der Personen            via Luftweg schneller erreichbar sind
     sein.                                              geben. Den Anweisungen der professionel-            (z. B. Spezialklinik, Zentrumsspital)
     Gleichwohl befasst sich Art. 128 des               len Retter ist strikt Folge zu leisten.         – Erreicht abgelegene Einsatzorte (Berge,
     Schweizerischen Strafgesetzbuchs mit der                                                               Waldgebiete usw.)
     Unterlassung der Nothilfe. Dort heisst es:         Zusammenarbeit mit dem Rettungs­                – Benötigt relativ grosse Landefläche
     «Wer einem Menschen, den er verletzt hat,          dienst (RD)                                         ohne Hindernisse (Strommasten,
     oder einem Menschen, der in unmittelbarer          –  Meistens ist der RD innerhalb von              Bäume usw.)
     Lebensgefahr schwebt, nicht hilft, obwohl               15 Minuten vor Ort                         – Wird in der Regel von Polizei, Feuer-
     es ihm den Umständen nach zugemutet                – Einweisung erleichtert dem RD, den              wehr oder Pistenrettung eingewiesen
     werden könnte, wer andere davon abhält,                 Einsatzort zu finden                       – Vorsicht: Gefahr durch die Rotorblätter
     Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behin-         – Häufig nimmt der RD Hilfe von                   und Abwinde: Annäherung an den
     dert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei              Ersthelfern und Passanten in Anspruch          Helikopter nur von vorne mit Blick-
     Jahren oder Geldstrafe bestraft.»                  – RD nimmt Informationen von Augen-               kontakt zum Piloten und erst wenn
     Dieser Artikel stellt also die unterlassene Hil-        zeugen entgegen, besonders, wenn               die Rotorblätter stehen!
     feleistung bei unmittelbarer Lebensgefahr               der Betroffene nicht ansprechbar ist
     unter Strafe. Im Umkehrschluss ist davon
     auszugehen, dass im Rahmen der Ersten              Zusammenarbeit mit der Polizei
     Hilfe nach bestem Wissen und Gewissen              – Polizisten verfügen über eine solide
     rechtliche Konsequenzen unwahrschein-                  Grundausbildung in Erster Hilfe
     lich sind. Insbesondere bei einem lebens-          – Werden bei Arbeits- und Verkehrs­
     bedrohlichen Kreislaufstillstand gilt: Ohne            unfällen mit Personenschaden meist
     Wiederbelebungsmassnahmen stirbt der                   automatisch aufgeboten
     Patient!                                           – Meistens rasch am Ereignisort, da
     Die Pflicht zur Nothilfe trifft alle, die dazu         bereits in Fahrzeugen auf Patrouille
     in der Lage sind. Bei Anwesenheit mehre-           – Erste Hilfe hat Priorität vor Ermittlungen
     rer Personen trifft die Hilfspflicht jeden von           und Spurensicherung
     ihnen. Einschränkend wird die Zumutbar-            –  Sichern Unfallstellen selbständig ab
     keit der Hilfeleistung gewertet. Dazu gehö-             und halten den Weg für Feuerwehr
     ren der Grad der eigenen Gefährdung bzw.                und Rettungsdienst frei
     Beeinträchtigung, die persönlichen Fähig-          – Weisen bei Bedarf den Rettungsheli­
     keiten, die Verfügbarkeit von Hilfsmitteln,             kopter ein
     sowie Ausbildung und Erfahrung. Mindes-
     tens die Benachrichtigung eines Rettungs-          Zusammenarbeit mit der Feuerwehr
     dienstes ist jedermann zumutbar.                   – Milizfeuerwehren benötigen in der
                                                            Regel einige Minuten zum Ausrücken
                                                            (Ausgangspunkte sind häufig Arbeits-
     Arbeit mit Partnern                                    oder Wohnort)
     (FW, RD, Polizei)                                  – Spezialaufgebote wie Hubretter oder
                                                            Strassenrettungszug können längere
        Informationen                                       Anfahrtswege haben
     Nicht immer hat sie der Ersthelfer bestellt.       – Feuerwehreinheiten sind streng hierar-
     Das Aufgebot erfolgt häufig anhand von                 chisch aufgebaut und jede Einsatzkraft
     Einsatzstichwörtern durch die Sanitätsnot-             hat eine klar definierte Rolle

10
Erkrankungen

Krank war jeder von uns schon häufi­       Störungen der Atemwege /                       – Hat Ihre Massnahme zum Erfolg geführt
ger in seinem Leben. Doch wie erkennt      Erstickungsnotfall                                  und Sie erkennen wieder eine normale
man, ob es wirklich etwas Gravierendes                                                         Atmung bleiben Sie am Kopf des Pati-
ist und sofort gehandelt werden muss?            Informationen                                 enten und beurteilen Sie immer wieder
                                           –  Für eine gut funktionierende Atmung            neu bis zum Eintreffen des Rettungs-
Die folgenden Beschreibungen geben              sind freie Atemwege erforderlich.              dienstes, ob die Atmung normal bleibt.
Hinweise. Wenn ein menschlicher Kör­­      – Fremdkörper (zum Beispiel Speisen oder
per schwer krank ist, zeigt er dies in          Spielzeuge) können die Atemwege
aller Regel erkennbar nach aussen. Die­         ganz oder teilweise verschliessen.
sen Krankheitsausdruck nennt man           – Verschlossene Atemwege stellen eine
Symptom. Doch aufgepasst: Nicht alle            unmittelbare Lebensbedrohung dar.
der im Folgenden genannten Symp­           – Besonders im Säuglings- und Kleinkin-
tome – ja, manchmal sogar keines –              desalter sollte grosse Aufmerksamkeit
zeigen sich immer bei den dargestellten         auf die Vermeidung solcher Situationen
Krankheitsbildern! Ein Symptom wie              gelegt werden, indem verschluckbare
beispielsweise starke Bauchschmerzen            Kleinteile von Kindern ferngehalten
kann auf Probleme völlig unterschied­           werden
licher Art hinweisen, beispielsweise auf
eine Blinddarmentzündung oder auch               Erkennen
auf eine Lebensmittelvergiftung.           – Nicht normale Atmung, Schnapp­
Das sicherste, weil in jedem Fall gül­          atmung oder bereits ein Atemstillstand
tige Kriterium, das uns eine relevante     – Erfolglose Atemversuche durch den
Gefährdung des Patienten sichtbar               Patienten
macht, ist deshalb, wenn der Betrof­       – Gesichtsausdruck von Angst und Panik
fene entweder Probleme mit der             – Zunehmende Blauverfärbung der
Atmung oder dem Bewusstsein hat.                Lippen und der Haut
Dann ist sofortiges Handeln nötig!         – Häufig passende Begleitumstände (Not-
                                                fall geschieht zum Beispiel beim Essen)
                                           – Im fortgeschrittenen Stadium Bewusst-
                                                seinsverlust und Kollaps

                                                 Handeln
                                           – Alarmierung des Rettungsdienstes via
                                                Notrufnummer 144
                                           – Als erste Sofortmassnahme Schläge
                                                zwischen die Schulterblätter
                                           – Gegebenenfalls beim noch wachen
                                                Patienten Heimlich-Manöver
                                                (siehe Abbildung rechte Spalte)
                                           – Wenn die Atemstörung bestehen bleibt
                                                und die betroffene Person bewusstlos
                                                wird und zusammenbricht, Beginn mit
                                                Herzmassage und Beatmung (siehe
                                                separates Skript)

                                                                                                                                        11
Erkrankungen

     Sonstige Störungen                                   Handeln                                Allergie
     der Atmung                                    –  Alarmierung des Rettungsdienstes via
                                                        Notrufnummer 144                             Informationen
        Informationen                              – Lagerung: Unterstützen Sie den Betrof-    Allergien sind unangemessene Reaktionen
     Auch ohne eine Blockierung der Atemwege            fenen in der für ihn angenehmsten        des Körpers auf Fremdstoffe (Allergene).
     durch Fremdkörper kann es zu schwerer              Lage; bei Luftnot wird diese meistens    Häufige Allergene sind Pollen, Tierhaare,
     Atemnot kommen. Ursache dafür können               aufrecht oder sitzend sein               Lebensmittel, Eiweisse, Arzneimittel (v.a.
     Erkrankungen sein, die direkt die Atem­       – Öffnen beengender Kleidung                Antibiotika), Insektengifte, Latex und viele
     wege betreffen (z. B. Asthma), aber auch        Frischluftzufuhr, z. B. durch Öffnen
                                                   –                                            andere. Allergien können lokale oder aber
     andere Erkrankungen wie ein Herzinfarkt             eines Fensters                          auch generalisierte Reaktionen auslösen
     können Luftnot verursachen. Aus diesem        –   Beruhigen: Machen Sie deutlich, dass    und lebensbedrohlich sein.
     Grund ist es für Ersthelfende schwierig,            Sie da sind und den Betroffenen nicht
     hier eine Unterscheidung zu treffen. Die            alleine lassen                               Erkennen
     Massnahmen am Patienten sollten einzig        – Machen Sie, falls nötig, ein ruhiges      – Leichte Allergien machen sich oft «nur»
     zum Ziel haben, die Atmung zu erleichtern           Atemmuster vor mit dem Hinweis an           durch Schnupfen und Jucken bemerkbar
     oder die Luftnot erträglicher zu machen.            den Betroffenen, es Ihnen gleichzutun   – Häufig zunächst Hautreaktionen
     Eine Unterstützung des Patienten steht im     – Bereiten Sie sich auf im weiteren             wie Rötung, Schwellung und Juckreiz
     Vordergrund.                                        Verlauf möglicherweise erforderliche    – Schwerere Reaktionen können zu Atem-
                                                         Basismassnahmen vor                         not und Kreislaufreaktionen führen
            Erkennen                                                                             – Möglicherweise führt der Betroffene
     – Deutlich erkennbar nicht normale                                                           einen Allergikerausweis bei sich
           Atmung
     – Sehr schnelle oder sehr langsame                                                              Handeln
           Atmung                                                                                –  Bei Atemnot alle Massnahmen wie
     – Unnatürliche Atemgeräusche                                                                   oben beschrieben
           (z. B. Pfeifen, Giemen oder Brodeln)                                                  – Zusätzlich soll dem Betroffenen bei der
     – Patient wirkt deutlich angestrengt                                                          Einnahme allfällig mitgeführter Medi-
     – Gesichtsausdruck von Angst und Panik                                                        kamente, sowie wenn vorhanden bei
     – Zunehmende Blauverfärbung der                                                              der Anwendung eines Epipen® geholfen
           Lippen und der Haut                                                                      werden
     – Im fortgeschrittenen Stadium Bewusst-
           seinsverlust und Kollaps

12
Störungen des Kreislaufs /
Herzinfarkt
    Informationen
Ursache eines Herzinfarktes ist ein Ver-
schluss in der Blutversorgung des Her-
zens. Beeinflussbare Risikofaktoren sind
Bluthochdruck, Rauchen, Zuckerkrank-
heit, Übergewicht und andere. Das bedeu-
tet, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines
Infarkts durch eine bewusste Lebensweise
erheblich beeinflussen lässt. Ein Herz­infarkt
ist ein potenziell lebensbedrohliches Krank-
heitsbild und in der Schweiz eine häufige
Todesursache. Eine sofortige Alarmierung
des Rettungsdienstes kann für den Betrof-        Störungen des Bewusstseins /
fenen lebensrettend sein.                        Bewusstlosigkeit
     Erkennen                                       Informationen                                    Handeln
Die betroffene Person gibt meistens Brust-       Zu Bewusstseinsstörungen kann es durch         –  Alarmierung des Rettungsdienstes via
schmerzen mit einem Engegefühl in der            Verletzung, Erkrankung oder Vergiftung             Notrufnummer 144
Brust an, Schmerzen zum Teil ausstrahlend        kommen. Die grösste Gefahr bei einer             Bewusstlosenlagerung (Seitenlagerung);
                                                                                                – 
in den linken Arm, Oberbauch oder Rücken.        Bewusstseinsstörung liegt im Ersticken. Dies       dabei kommt es vor allem darauf an,
– Oftmals Luftnot                              geschieht dadurch, dass in Rückenlage die          dass die Atemwege in Seitenlage frei-
– Angst, Unruhe, Kaltschweissigkeit           erschlaffte Zunge des Bewusstlosen zurück-         gehalten werden
– Blässe, Übelkeit, Erbrechen                  sinkt und die Atemwege blockiert oder aber     –  Wärmeerhalt, zum Beispiel mittels
                                                 durch Mageninhalt, der unbemerkt in die            Rettungsdecke aus Autoapotheke
      Handeln                                    Lunge gelangt.                                 – Bleiben Sie danach am Kopf des Patien-
–  Alarmierung des Rettungsdienstes                                                               ten und beurteilen Sie immer wieder
     via Notrufnummer 144                              Erkennen                                     neu bis zum Eintreffen des Rettungs-
– Beruhigen                                    – Person liegt regungslos am Boden                dienstes, ob die Atmung normal bleibt.
– Patient zur Vermeidung weiterer              –  Person reagiert nicht auf Ansprache
     Anstrengungen anhalten                      – Kein Öffnen der Augen
– Beengende Kleidung                           – Keine sonstigen Bewegungen
     öffnen / Frisch­luftzufuhr                  – Normale Atmung erkennbar
– Den Patienten nach seinem eigenen
     Wohlgefühl oder Bedürfnis in der
     Lagerung unterstützen
– Wenn möglich Vorbereitungen auf die
     sich verschlechternde Situation treffen
     (Anforderung Defi, Erste Hilfe Set,
     Platz schaffen)
– Wenn Sie Aspirin greifbar haben, geben
     sie es dem ansprechbaren Betroffenen,
     solange dieser keine bekannte Magen-
     Darm-Blutung hat und keine Allergie
     auf Aspirin bekannt ist

                                                                                                                                             13
Erkrankungen

     Schlaganfall                                              Handeln                                  Unterzuckerung
                                                       –   Alarmierung des Rettungsdienstes via
             Informationen                                    Notrufnummer 144                             Informationen
     –   Ein Schlaganfall entsteht durch den        – Versuchen Sie Ruhe auszustrahlen;            Alle Zellen des Körpers sind auf Energie­
            Verschluss oder das Einreissen eines              zeigen Sie dem wachen Patienten, dass     zufuhr angewiesen, um ihre Arbeit leisten
            Blutgefässes im Gehirn.                           Sie für ihn da sind und nicht wegge-      zu können. Der wichtigste Energieliefe-
     – Ein Schlaganfall ist ein lebensbedrohli-            hen, bis der Rettungsdienst vor Ort ist   rant ist Zucker (vor allem Traubenzucker
            cher Notfall. Eine sofortige Alarmierung   – Den Patienten nach seinem eigenem           – Glukose). Eine bedrohliche Unterzucke-
            des Rettungsdienstes ist für den Betrof-          Wohlgefühl oder Bedürfnis in der Lage-    rung tritt vor allem bei Zuckerkranken
            fenen deshalb von grösster Wichtigkeit.           rung unterstützen                         (Diabetikern) auf, bei denen es zu Fehlern in
                                                       – Bei Bewusstlosigkeit und normaler           der Insulindosierung gekommen ist.
             Erkennen                                         Atmung Bewusstlosenlagerung und
     –  Gesichtslähmungen:                                engmaschige Kontrolle der Atmung               Erkennen
            Betroffener kann nicht pfeifen                    (siehe Seite 13)                          – Im Anfangsstadium gegebenenfalls
     – Halbseitenlähmung:                                                                                 Heisshunger
            Betroffener kann die Arme nicht                                                             – Wesensveränderungen (von still bis
            seitengleich ausgestreckt halten                                                                aggressiv)
     – Sprachstörungen:                                                                               – Kaltschweissigkeit
            Betroffener kann nicht reden oder                                                           – Bewusstseinsstörungen bis zur tiefen
            spricht unklar, verwaschen                                                                      Bewusstlosigkeit
                                                                                                        – Eventuell Krämpfe

                                                                                                            Handeln
                                                                                                        – Alarmierung des Rettungsdienstes via
                                                                                                           Notrufnummer 144
                                                                                                        – Achten Sie auf Ihren Selbstschutz bei
                                                                                                           aggressiven Patienten
                                                                                                        – Bei nicht ansprechbaren Personen
                                                                                                           Bewusstlosenlagerung und engmaschige
                                                                                                           Atmungsbeurteilung (siehe Seite 13)
                                                                                                        – Bei konkretem Verdacht auf Zucker­
                                                                                                           mangel geben Sie dem Betroffenen
                                                                                                           gezuckerte Getränke, solange dieser
                                                                                                           noch bei Bewusstsein und in der Lage
                                                                                                           ist zu schlucken

14
Krampfanfall                                  Gefahr für Ersthelfer besteht durch Infek-   Bauchschmerzen
                                              tionskrankheiten und Wesensveränderung
    Informationen                             des Betroffenen.                                 Informationen
Das Gehirn koordiniert alle Aktivitäten des                                                Im Bauch und gleich oberhalb des Bauches
Körpers. Durch unterschiedliche Störun-       Man unterscheidet bei den Rauschdrogen:      im Brustkorb befinden sich die meisten
gen kann es zu Krampfanfällen kommen.         – Uppers (anregend) wie Alkohol, Kokain,    Organe des Menschen. Durch unterschied-
Mögliche Ursachen können sein: Epilep-           Ecstasy oder Amphetamine                  lichste Störungen kann es, ausgehend von
sie, Hirnverletzungen, Vergiftungen, hohes    – Downers (beruhigend) wie Heroin,          diesen Organen, zu Erkrankungen und
Fieber, Unterzuckerung, Alkohol- oder            GHB, Opium oder Cannabis                  Schmerzen kommen. Der genaue Ort der
Drogenentzug.                                 – Halluzinogene wie LSD, Zauberpilze        Störung ist für Laien praktisch nicht aus-
                                                 oder Stechapfel                           zumachen, für Ihr Handeln in der Ersten
    Erkennen                                                                               Hilfe ist dies aber auch unerheblich.
– Bewusstseinsstörungen                          Erkennen
– Zuckende Bewegungen der Extremitäten       – Bewusstseinsveränderungen wie                  Erkennen
   und gegebenenfalls des Körperstamms           Euphorie und Verwirrtheit bis hin zum     – Plötzliche starke bis sehr starke,
– Gegebenenfalls Sturz                          Bewusstseinsverlust                           oft krampfartig wiederkehrende
– Gegebenenfalls Zungenbiss mit Blutung,     – Unruhe, Aggressivität, Halluzinationen,       Bauchschmerzen
   eventuell Schaum vor dem Mund                 Wahnzustände                              – Übelkeit, eventuell mit Erbrechen
                                              – Mitunter Krampfanfälle                    – Blässe, eventuell Schwitzen
    Handeln                                   – Veränderung von Herzfrequenz und          – Flache und schnelle Atmung
– Achten Sie bei heftigen Zuckungen auf         Blutdruck mit erhöhtem Herz- und          – Oft typische Schonhaltung (gekrümmt,
   Ihren Selbstschutz                            Hirninfarktrisiko                             angezogene Beine, Hände auf dem
– Alarmierung des Rettungsdienstes via       – Herzrhythmusstörungen                         Bauch)
   Notrufnummer 144                           – Häufig sehr grosse oder kleine Pupillen
– Betroffenen vor Selbstverletzung                                                             Handeln
   schützen (Platz schaffen, Gegenstände          Handeln                                  – Beruhigen Sie den Betroffenen
   entfernen)                                 – Selbstschutz beachten!                    – Der Patient hat die für ihn angenehmste
– Kein Beissschutz im Krampfanfall           – Bewusstlosen in Seitenlage bringen und        Lagerung meistens schon selbst be­-
– Wenn der Betroffene nach dem                  nicht unbeaufsichtigt „schlafen“ lassen       stimmt. Versuchen Sie zu unterstützen,
   Krampfanfall regungslos und bewusst-       – Atmung kontinuierlich überwachen              falls notwendig. Eine Lagerung lie-
   los ist sowie normal atmet, wird er           («schnarchende» Geräusche deuten auf          gend mit erhöhtem Oberkörper und
   in die Bewusstlosenlagerung (siehe            Verlegung der Atemwege hin!)                  eventuell ein Kissen oder eine Decken-
   Seite 13) gebracht                         – Vor Witterungseinflüssen und Wärme-           rolle unter dem Knie bewirken oft
– Engmaschige Kontrolle der Atmung              verlust schützen                              Schmerzlinderung.
                                              – Schweizerisches Toxikologisches Infor-    – Ess-, Trink- und Rauchverbot
                                                 mationszentrum Tel. 145 kann              – Alarmierung des Rettungsdienstes
Vergiftungen durch Drogen                        Auskunft zu Substanzen, Folgen und            via Notrufnummer 144
                                                 Ersthelfermassnahmen erteilen             – Wird der Betroffene bewusstlos,
    Informationen                             – Auch Symptome ohne genaue Anga-               Bewusstlosenlagerung und engmaschige
Als «Droge» bezeichnet man jede Substanz,        ben zu Substanzen können hilf-                Kontrolle der Atmung
die das zentrale Nervensystem (Wahrneh-          reich sein, um Therapievorschläge zu
mung, Gefühle, Emotionen, Motorik) beein-        erhalten
flusst und das Bewusstsein verändert. Die     – Ggf. Tablettenblister / Drogenreste
Auswirkungen sind primär von der Substanz        suchen und dem Rettungsdienst
und der eigenommenen Menge abhängig,             mitgeben
aber auch von Alter, Geschlecht, Gewicht,
Grösse, Gesundheitszustand und Persönlich-
keit des Konsumenten.

                                                                                                                                         15
Obertitel

16
Verletzung

Der im wahrsten Sinne des Wortes          Sichtbare Blutungen
wohl augenscheinlichste Unterschied
zwischen Verletzungen und Erkran­            Informationen
kungen besteht darin, dass man die        Jeder Mensch hat, je nach Grösse und
meisten Verletzungen sofort sieht, vor    Gewicht, rund fünf bis sechs Liter Blut,
allem, wenn sie bluten. Dieser Anblick    die vom Herzen durch den Blutkreislauf
ist für den Betroffenen selbst meist      gepumpt werden. Das Blut erfüllt eine Viel-
schlimm. Dem Helfer hingegen ermög­       zahl wichtiger Aufgaben, unter anderem
licht er die problemlose, weil sicht­     den Transport von Sauerstoff und Nähr-
bare Loka­lisation des gesundheitlichen   stoffen zu den Zellen. Bei Verletzungen der
Problems. Er kann somit sofort ziel­      Haut und / oder tiefer liegender Gewebe
gerichtet eingreifen.                     kommt es zur Öffnung von Blutgefässen
Daneben gibt es ein weiteres wich­        und zum Austritt von Blut. Grosser Blut­
tiges Unterscheidungsmerkmal: Er­-        verlust stellt die grösste Gefahr dar und
kran­kungen sind fast immer auf ein       kann lebensbedrohlich werden. Darüber
sogenanntes «inneres Geschehen»           hinaus besteht bei offenen Verletzungen
zurückzuführen, also einen Auslöser,      Infektionsgefahr.
der im Körperinneren aktiv wurde.
Für Verletzungen jedoch braucht es             Erkennen
etwas, das von ausserhalb des Körpers     – Sichtbare Blutung
kommt, zum Beispiel ein Velofahrer,       – Erkennbare Verletzung und offene
der den Kopf auf dem Trottoirrand auf­       Wunde                                      – Fremdkörper nicht entfernen, sondern
schlägt oder eine Hand, die einer Ker­    – Ausgetretenes Blut am Boden                  in der Wunde belassen. Wunde, so gut
zenflamme zu nahe kommt. Deshalb                                                           es geht, bedecken und Fremdkörper
sind im folgenden Kapitel auch Not­            Handeln                                     möglichst mit «Polster» (zum Beispiel
fälle wie der Sonnenstich beschrieben,    – Schutzhandschuhe anlegen                     Verbandpäckchen) stabilisieren, damit
den mancher Leser spontan wohl nicht      – Betroffenen in seiner Lage unterstüt-        er sich nicht bewegen kann.
der Sparte «Verletzungen» zuordnen            zen, Liegen oder Sitzen ist meist         – Bei Blutungen, die sich auf diese Weise
würde.                                        förderlich                                   nicht stoppen lassen, kann – wenn
Wenn Sie sich bei verletzungsbeding­      – Bei schwerwiegenden Verletzungen             erlernt – ein spezielles Tourniquet
ten Notfällen die Erste Hilfe zutrauen,       und grossem Blutverlust: Alarmierung         angelegt werden
achten Sie besonders auf Ihren Selbst­        des Rettungsdienstes via Notruf­          – Verletzungen dieser Art müssen von
schutz. Auslösende Faktoren der Verlet­       nummer 144                                   einem Arzt behandelt werden; erst er
zung können nicht selten auch noch für    – Versuch die Blutung zu stoppen                wird dann – nach einer professionellen
Sie zur Gefahr werden, ebenso wie Blut    – Keine Wundreinigung                          Lageeinschätzung und unter kontrol-
oder andere Körperflüssig­keiten. Die     – Wundverband anlegen: sterile Kom­            lierten Bedingungen – den Fremd­
erste Beurteilung der Situation und das       presse auf die Wunde legen und dann          körper entfernen.
konsequente Tragen von Schutzhand­            mit Verband, Dreiecktuch oder notfalls
schuhen sind hier besonders ratsam.           Pflaster fixieren; keine Salben oder
                                              Pulver auftragen
                                          – Im seltenen Fall einer sehr starken
                                              Blutung als Überbrückungsmassnahme
                                              bis zum Eintreffen des Rettungsdiens-
                                              tes einen Druckverband anlegen (sterile
                                              Kompresse auf die Wunde, darüber ein
                                              bis zwei Verbandpäckchen und dann
                                              einen festsitzenden Verband anlegen).

                                                                                                                                      17
Verletzungen

     Nasenbluten                                     Amputation
                                                                                                        Wasser                      Plastikbeutel
         Informationen                                     Informationen
     – Eine Blutung aus der Nase, die nicht im      – Bei einer Amputation werden ein oder
        Zusammenhang mit einer Kopfverletzung           mehrere Körperteile – fast immer im
        steht, kann verschiedene Ursachen               Rahmen eines Unfalls – abgetrennt.
        haben, zum Beispiel eine Verletzung oder     – Am häufigsten sind die Finger betroffen.
        Entzündung. Mitunter ist sie aber auch       – Anfangs ist mitunter keine starke Blu-
        eine Folge eines zu hohen Blutdrucks.            tung feststellbar, später aber kann eine
     – Gefährlich wird eine solche Blutung nur,         solche einsetzen.
        wenn sie andauert und die Atemwege           – Grundvoraussetzung für eine erfolgrei-
        des Patienten beeinträchtigt oder wenn           che Replantation ist eine fachgerechte
        der Blutverlust erheblich ist.                   Versorgung des abgetrennten Körper-
                                                         teils (Amputat).
          Erkennen
     – Blut tropft oder rinnt aus der Nase                Erkennen
     – Patient fühlt sich sehr gestört und ver­    – Körperteil ist gänzlich oder beinahe
         unsichert, oft sind seine Kleider bereits        abgetrennt
        blutbefleckt, und er hält ein blutge­        – Je nach Ursache Fehlstellung der betrof-
         tränktes Taschentuch gegen seine Nase            fenen Extremität                             Amputat (in sterilen
     – Eventuell Schwindel oder allgemeines        – Erkennbare Blutung                           Verband eingewickelt)       Eiswürfel
        Schwächegefühl                               – Betroffener ist unruhig und hat Angst

           Handeln                                         Handeln                                        zwischen Amputat und Eiswasser
     – Patient soll sitzen und einmal die Nase    – Alarmierung des Rettungsdienstes via            kommen!
          schnäuzen, danach Kopf nach vorne              Notrufnummer 144                                 
                                                                                                          Nicht vergessen, den Beutel dem
          halten, damit das Blut abfliessen kann     – Patient in der Lagerung unterstützen,           Rettungsdienst mitzugeben!
     – Tuch zum Auffangen des Blutes vor               meist ist Sitzen oder Liegen sinnvoll
          die Nase halten                            – Beruhigen
     – Versuchen, durch Zusammendrücken           – Nach Möglichkeit betroffene Extremität,      Ausgeschlagener Zahn
          der Nasenflügel die Blutung zu stoppen         bzw. Extremitätenstumpf hoch halten
     – Auch ein kaltes, an den Nacken geleg-      – Amputationswunde sauber (nach Mög-           Information
          tes Tuch kann helfen, den Blutfluss zu         lichkeit steril) bedecken                    Handelt es sich beim «Amputat» um einen
          vermindern                                 – Bei starker Blutung eventuell Druck­         Zahn, kann durch rasches Handeln eine
     – Bei starker unstillbarer Blutung:               verband anlegen (siehe Seite 17)             Replantation möglich gemacht werden.
          Alarmierung des Rettungsdienstes via       – Abgetrennte/n Körperteil/- teile suchen
          Notrufnummer 144                               und ohne Reinigungsversuche wie folgt        Erkennen
                                                         weiterversorgen:                             Der Zahn ist abgebrochen oder gänzlich
                                                            
                                                            Amputatverpackung: Amputat in             ausgeschlagen.
                                                            Wundkompresse oder sauberes Tuch
                                                            einhüllen und in sauberen Plastik­        Handeln
                                                            beutel (am besten Gefrierbeutel aus       –D  en Zahn möglichst in eine spezielle
                                                            der Küche) legen.                            Lösung einlegen
                                                            Beutel verschliessen und diesen dann      – Ist solche nicht verfügbar, Zahn im Spei-
                                                            in einen zweiten, mit Eiswasser gefüll-      chel transportieren (aber nicht im Mund)
                                                            ten Beutel legen. Zweiten Beutel          – Rasch einen Zahnarzt oder Zahnklinik
                                                            ebenfalls verschliessen (s. Abb.).           aufsuchen
                                                            Es darf zu keinem Direktkontakt

18
Knochenbruch & Verstauchung

   Informationen
Knochen und Gelenke bilden den Stütz-
und Bewegungsapparat des menschlichen
Körpers. Die Bewegung selber wird durch die
Muskulatur ermöglicht. Knochen haben eine
auf ihre typischen Belastungen aus­gerichtete
grosse Stabilität, können aber bei Überlas-
tung brechen.

      Erkennen
Sichere Bruchzeichen:
– Fehlstellung
– Offener Bruch mit sichtbaren
     Knochenfragmenten
– Abnorme Beweglichkeit                      Rückenverletzung

Unsichere Bruchzeichen:                               Informationen                             
                                                                                           – Stabilisieren des Kopf-Hals-Bereichs mit
– Schwellung                                 Vom Gehirn laufen die Nervenfasern im           dem Halsschienengriff, sofern dieser
– Schmerzen                                  Rückenmark durch den Wirbelkanal. Durch         erlernt wurde (s. Abb.)
– Bluterguss                                 einen Unfall kann es zu einer Verletzung – Bei  wachen Motorradfahrern Helm­
                                                der knöchernen Wirbelsäule, aber auch           abnahme durch zwei Helfer, sofern dies
      Handeln                                   des Rückenmarks kommen. Die Folge der           erlernt wurde
– Alarmierung des Rettungsdienstes via       Rückenmarksdurchtrennung ist eine Quer­- – Bei bewusstlosen Motorradfahrern
     Notrufnummer 144                           schnittlähmung.                                 Helmabnahme auch alleine
– Lagerung so, wie es dem Betroffenen                                                   – Bei Bewusstlosigkeit hat die Bewusst­
     am wenigsten Schmerzen bereitet                  Erkennen                                  losenlagerung als lebensrettende
– Gegebenenfalls behelfsmässige              – S chmerzen in der betroffenen Region        Sofortmassnahme Vorrang
     Schienung                                      des Rückens                            – Wird der Betroffene bewusstlos,
– Kühlung zur Schmerzlinderung und           – Gegebenenfalls Gefühllosigkeit oder         Bewusst­losenlagerung und engmaschige
     Verzögerung einer Schwellung                   Missempfindungen in den Beinen, unter       Kontrolle der Atmung
– Bei Frakturen ohne Fehlstellung even­           Umständen auch in den Armen            – Beruhigen
     tuell Zugentlastung (s. Abb.)              – Unfähigkeit, die Beine und allenfalls – Wärmeerhalt
                                                    die Arme zu bewegen
                                                – Verlust von Temperatur- und Schmerz-  Mehr Informationen zur Ersten Hilfe bei Wir-
                                                    empfinden in den betroffenen           belsäulen- und Rückenmarksverletzungen
                                                    Körper­regionen                        finden Sie in unserem separaten Skript.

                                                      Handeln
                                                – Alarmierung
                                                                des Rettungsdienstes via
                                                   Notrufnummer 144
                                                – Stabile Rückenlagerung auf möglichst
                                                   ebener und harter Fläche
                                                – Ansprechbare, wache Patienten mög-
                                                   lichst nicht mehr bewegen, vor allem
                                                   Kopf und Rückenbewegungen unbe-
                                                   dingt vermeiden

                                                                                                                                          19
Sie können auch lesen