Uniulm intern - Universität Ulm
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Nr. 347 (49. Jg.) I Februar/März 2019 uniulm intern Das Ulmer Universitätsmagazin Energie für die Mobilität der Zukunft Seite 4 Mission Statement: Wegweiser für die Gleichstellung Seite 24 SFB verlängert: Trauma verstehen, Leben retten Seite 42 Lehre im Fokus: Vom Tutorium bis zum digitalen Coach Seite 52
2 | Editorial Foto: Eberhardt/kiz Liebe Leserinnen und Leser, Lehr. In dieser Ausgabe haben wir uns entschlos- sen, verschiedene Mobilitätsthemen – und was in endlich fährt sie – zumindest meistens. Gemeint Zukunft Smartphones, Notebooks oder E-Autos ist die neue Straßenbahnlinie 2, die seit Dezem- antreibt – in einem Schwerpunkt zu bündeln. Auf ber die Universität mit der Ulmer Innenstadt ver- 14 Seiten geht es um brennende Batterien, elektri- bindet. Voller Hoffnung auf weniger Baustellen- sche Flugzeuge und darum, wie im Exzellenzclus- chaos im Jahr 2019 gingen zahlreiche Ulmerin- ter neue Batteriekomponenten im Labor und am nen und Ulmer am 8. Dezember mit der Linie 2 Computer erforscht werden. Dieser Schwerpunkt auf Jungfernfahrt. Das Motto der Inbetriebnah- zeigt einmal mehr: Energie- und Mobilitätsfor- me, die von etlichen Aktionen an den Haltepunk- schung haben sich zu herausragenden Schwer- ten begleitet wurde: die Mobilität von morgen. punkten der Universität gemausert. Doch es gibt Wer trotz ungemütlichem Winterwetter an der natürlich noch viel mehr Themen, die Forschende Haltestelle Botanischer Garten ausstieg, konnte und Lehrende der Universität antreiben. So geht einen ersten Blick hinter die Kulissen des neuen es in diesem Heft unter anderem um Traumafor- Exzellenzclusters POLiS zur Batterieforschung schung, Quantentechnologie im Weltall und die werfen. Bei Vorträgen und Laborführungen erfuh- Bilanz der Gleichstellungsbeauftragten, die mit ren die Gäste, was uns in Zukunft antreibt – denn ihrem Team ein Mission Statement erarbeitet hat. bei der Suche nach neuen Batteriesystemen Was treibt Sie in diesen Tagen an? Die Redaktion haben die Forschenden zuallererst Elektromobili- wünscht Ihnen bis zur Frühlingsausgabe von uni tät und Energiewende im Sinn. Fast zeitgleich ulm intern im Mai in jedem Fall viel Energie! startete in Ulm das europaweite Forschungspro- jekt ICT4CART, in dem Uni-Ingenieure und ihre Partner aus der Industrie das automatisierte Fah- ren auf die nächste Ebene heben. Kurzum: Für die Ihre Ingenieure beginnt die Mobilität von morgen weder in der Straßenbahn noch im Batterielabor, sondern an einer Forschungskreuzung in Ulm- Annika Bingmann Gerne erstelle ich Ihnen eine kostenlose Kaufpreisanalyse Ihrer Immobilie. Ich freue mich auf Ihren Anruf! TELEFON 0731- 37 95 22 0 www.tentschert.de
Inhalt | 3 Inhalt 2 Editorial 30 Heisenberg-Professorin Pamela Fischer-Posovszky Fettzellen verstehen, Übergewicht bekämpfen Titelthema 31 Humboldt-Gastprof. David Espinet 4 Was uns in Zukunft antreibt: Vom Streben nach Glück bis zu Gelbwesten Energie für die Mobilität von morgen 33 Bundesverdienstkreuz für Prof. Braak 4 Doppelter Meilenstein für Ulm Wegweisendes zur Neurodegeneration Exzellente Batterieforschung & Straßenbahn- 34 Uni-Gesicht Uli Kohler einweihung Die gute Seele von Senat und Unirat 8 Prof. Fichtner über Mobilität der Zukunft 36 Uni-Alumnus Christian Grupp Neuer Energiemix gesucht! Von der Unternehmensberatung ins Roxy 10 Batterieforschung im Exzellenzcluster Zwischen Theorie und Experiment Forschen & entdecken 12 Nie mehr brennende Akkus? 42 Trauma-SFB verlängert Designprinzipien für sichere Batterien Forschung, die Leben rettet 14 ZET gegründet 46 Automatische Aufmerksamkeitserkennung Ulmer Kompetenz für die Energieforschung Wie erkennt der Computer Gefühle? 16 Europäisches Mobilitätsprojekt 47 Kniearthrose stoppen Ulm testet automatisiert-vernetztes Fahren Forschung zu neuen Biomaterialien 48 Immunsystem verjüngt Campus Blutbildende Stammzellen als Schlüssel 18 Dies academicus 50 Gestörte Embryonalentwicklung Preisregen und Drittmittelrekord Cholesterolsenker als Risiko 20 Neues DLR-Institut Quantenforschung für das Weltall Uni (er)leben 22 Accelerate! SÜD gestartet 52 Lehrprojekt PASST! verlängert Studierende als „Unternehmer“ Unterstützung beim Studieneinstieg 23 Charta der Vielfalt 56 Automatisiertes Modellfahrzeug Für Akzeptanz und Chancengleichheit Spatzenhirne gewinnen Carolo-Cup 58 DAAD-Preis für internationale Studierende Persönlich Engagiert bei Tafel und StuVe 24 Bilanz der Gleichstellungsbeauftragten 60 Humboldt-Prof. Ulla Hahn Mission Statement als Wegweiser Wenn Künstliche Intelligenzen dichten 28 Gleich vier Wrangell-Stipendiatinnen Erfolg für angehende Professorinnen Was treibt künftig Autos, Smartpho- nes oder die Energiewende an? Ant- worten auf diese Frage suchen Ulmer Forschende unter anderem im neuen Exzellenzcluster zur Batteriefor- schung POLiS. Unsere Titelgrafik zier- te bereits in etwas modifizierter Form den erfolgreichen Antrag der Uni bei der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder (Collage: Sabine Geller, Bildquellen: 123RF) uni ulm intern 347/Februar/März 2019
4 | Rubrik ,Thema, Titel Doppelter Meilenstein für die Mobilität der Zukunft Energie- und Batterieforscher präsentieren sich bei Jungfernfahrt der Linie 2 Foto: Elvira Eberhardt uni ulm intern 347/Februar/März 2019
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen | 5 Fotos: [photodesign armin buhl] Clustersprecher Prof. Maximi- lian Fichtner (rechts) bei der Laborführung im HIU Mit der Inbetriebnahme der neuen Straßenbahnlinie, der Linie 2, feierte Ulm am 8. Dezember eine neue Le- bensader der Stadt. Diese verbindet Kuhberg, Innenstadt und Eselsberg und rückt gerade den Oberen Esels- berg samt der beiden Science Parks näher ans Zentrum. Dieser Meilenstein der Ulmer Verkehrsgeschichte war ein perfekter Anlass, um einen Blick hinter die Kulissen der hiesigen Batterie- und Brennstoffzellenforschung zu werfen. Denn in der Wissenschaftsstadt wird auf Spitzenniveau zu nachhaltigen Energietechnologien und zur Mobilität von morgen geforscht. Mit dem neuen millionenschweren Exzellenzcluster zur Batterieforschung POLiS wurde jetzt ein weiterer – diesmal globaler – Meilenstein für die Mobilität der Zukunft gelegt. Tausende von Ulmer machten sich Anfang milian Fichtner, der stellvertretende Direktor des Dezember – warm eingepackt in Winterjacke und HIU, sowie Professor Axel Groß, der an der Uni- Mantel – mit der neuen Linie 2 auf den Weg, um versität Ulm das Institut für Theoretische Chemie ihre Stadt mit der Straßenbahn neu zu erfahren. und eine Arbeitsgruppe am HIU leitet. Beide Stieg man trotz eisigem Wind an der Haltestelle Wissenschaftler sind Sprecher des neuen Exzel- Botanischer Garten am Oberen Eselsberg aus, lenzclusters zur Batterieforschung, das Ende war der Weg nicht mehr weit zu einem der wich- letzten Jahres bewilligt wurde. Unter dem Akro- tigsten Batterieforschungsstandorte Deutsch- nym POLiS (Post Lithium Storage Cluster of lands – dem Helmholtz-Institut Ulm (HIU). Dort Excellence) bündeln die Partnereinrichtungen – sowie am Weiterbildungszentrum für innovative die Universität Ulm, das Karlsruher Institut für Energietechnologien der Handwerkskammer Technologie (KIT) sowie unter anderem das Zen- Ulm (WBZU) konnten sich die Fahrgäste bei trum für Sonnenergie- und Wasserstoff-For- ihrem Zwischenstopp über nachhaltige Energie- schung Baden-Württemberg (ZSW) – ihre For- konzepte und die Mobilität der Zukunft informie- schung zu Energiespeichern jenseits von Lithi- ren. um. Gefördert wird das Verbundprojekt im Rah- men der Exzellenzstrategie des Bundes und der Auf dem Programm standen Vorträge, Filmvor- Länder mit rund sieben Millionen Euro jährlich führungen und Laborbesichtigungen. Dabei ging für zunächst sieben Jahre. es um die Batterien der Zukunft, insbesondere Prof. Axel Groß, stellvertretender Sprecher für die Mobilität von morgen. Ganz unter dem des POLiS-Clusters, hält einen Vortrag im Motto: Was kommt nach dem Lithium-Ionen- HIU über die Batterien der Zukunft Akku? Diese Energiespeichersysteme sind – vom QR-Code: Video Aktionstag Mobilität Smartphone bis zum E-Auto – heute am häufigs- http://t1p.de/aktionstag-mobilitaet ten im Einsatz, müssen allerdings auf lange Sicht ersetzt werden. Denn die benötigten Roh- stoffe werden in den nächsten Jahren knapp. Unter den Rednern, die am Aktionstag im HIU sprachen, waren unter anderem Professor Maxi- uni ulm intern 347/Februar/März 2019
6 | Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen Foto: [photodesign armin buhl] Foto:Irina Westermann Phantomköpfe in der Simulationsklinik Im Mittelpunkt des Clusters – wie auch der Vorträ- mieren. Darunter war Visionäres und Futuristi- Haben wir genug ge am Aktionstag – steht die Forschung zu Batte- sches, viel Einleuchtendes und mitunter auch nachhaltig erzeugten rien der nächsten und übernächsten Generation. Fragwürdiges: von unterirdischen Tunnelsystemen Diese sollen nicht nur leistungsfähiger, leichter zum Waren- und Personentransport, wie sie in der Strom für den und langlebiger werden, sondern noch dazu Schweiz geplant sind, über autonome Personen- Nahverkehr? sicherer, günstiger und umweltfreundlicher; alles drohnen aus Südostasien bis zu rohrpostähnli- in allem ein ehrgeiziges Unterfangen, das einen chen Kapselsystemen für den Personennahver- langen Atem braucht. Erste vielversprechende kehr auf der arabischen Halbinsel. Ansätze gibt es bereits. Dazu gehören beispiels- weise Natrium- oder Magnesium-Batterien, die auch in Ulm intensiv beforscht werden. Wie man sich die Arbeit im Labor des HIU vorzustellen hat, demonstrierten Hausherr Fichtner und weitere HIU-Wissenschaftler bei den sehr gefragten Labor- führungen. Von der chemischen und physikali- schen Charakterisierung der Grundmaterialien für Zahlen und Fakten Elektroden und Elektrolyte über das Ausstanzen und Beschichten von Batteriefolien bis zur Zusam- ■ 269 Millionen Euro betragen die Gesamtkos- ten des Projekts. Davon bezahlen Bund und menstellung und Prüfung von Testzellen gab es Land 128 Mio. Euro. Die Stadt Ulm trägt 107 Einblicke in das breite Spektrum der Batteriefor- Mio. Euro schung. ■ Für die 12 zusätzlichen Straßenbahnen gibt Auf der anderen Straßenseite, im WBZU, ging es die SWU Verkehr rund 34 Mio. Euro aus ebenfalls um Energiekonzepte und Schlüsseltech- ■ 3 Jahre betrug die Bauzeit nologien für die Mobilität der Zukunft. Die Vorträ- ■ 18 neue Haltestellen wurden dafür gebaut ge, an denen auch das ZSW beteiligt war, drehten ■ Die Linie 2 bringt dem SWU-Netz einen Fahr- sich um Fragen wie: „Haben wir genug nachhaltig gastzuwachs von täglich 8300 Passagieren + erzeugten Strom für den Nahverkehr?“ und „Wel- ■ 35 Kilometer Schienen wurden verlegt chen Beitrag können Wasserstoff- und Brennstoff- ■ 9,9 Kilometer lang ist die Strecke zellen für eine nachhaltige Mobilität leisten?“ Wer es etwas gemütlicher haben wollte, konnte vom ■ Durch die Linie 2 verkleinert sich der Fuhrpark um 11 Dieselbusse Sitzsack aus einer Videofilmschleife folgen und sich dabei über diverse Konzepte von Unterneh- ■ 100 Tonnen Kohlenstoffdioxid sollen damit eingespart werden men und Planern zur Mobilität von morgen infor- uni ulm intern 347/Februar/März 2019
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen | 7 Fotos: Elvira Eberhart Energie für die Zukunft Starke Kooperationspartner in der Wissenschaftsstadt Ulm POLiS Post Lithium Storage Cluster of Excellence Entwicklung neuer Energiespeicher ohne Lithium CELEST Zentrum für Elektrochemische Speicherung Ulm & Karlsruhe - Helmholtz-Institut Ulm (HIU) Grundlagenforschung Batterietechnologien Zentrum für Sonnenenergie - und Wasserstoff-Forschung (ZSW) Baden-Württemberg Angewandte Forschung zu Batterie- und Brennstoffzellentechnologien Universität Ulm Elektrochemische Grundlagenforschung seit 1989 Für Ulm bedeutet bereits die neue Linie 2 einen ne Premiumstraßenbahnen ersetzt werden, die großen Schritt in die richtige Richtung. Konnten der Stadt im Jahr mehr als 100 Tonnen Kohlen- doch allein 11 alte Dieselbusse durch hochmoder- stoffdioxid ersparen. Sowohl mit ihrem Mobilitäts- konzept als auch mit der exzellenten Energiefor- schung sind die Ulmer offenbar auf dem richtigen Das Exzellenzcluster POLiS Weg zur Mobilität der Zukunft. wt Im Januar hat das Exzellenzcluster POLiS (Post Lithium Storage Cluster of Excellence) die Arbeit aufgenommen. Ziel des For- schungsvorhabens ist die Entwicklung neuer Energiespeicher ohne Lithium. Mit Foto: [photodesign armin buhl] diesem Konzept haben sich die Universität Ulm und das Karlsruher Institut für Techno- logie (KIT) mit Partnern wie dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) bei der hoch- kompetitiven Exzellenzstrategie des Bun- des und der Länder durchgesetzt – als ein- ziges deutsches Cluster zur Batteriefor- schung. Das Exzellenzcluster, in dem Physi- ker, Chemiker und Ingenieure tätig sind, wird für zunächst sieben Jahre mit rund sieben Millionen Euro jährlich gefördert. Neben Laboren an der Universität Ulm, am KIT und selbstverständlich im gemeinsam gegründeten Helmholtz-Institut Ulm, wer- den rund 100 neue Clustermitglieder teils in angemieteten Räumen im Ulmer Science Park II forschen. ab Neugierige informieren sich an der Wasserstofftankstelle des ZSW über die Betankung eines Brennstoffzel- lenfahrzeuges uni ulm intern 347/Februar/März 2019
8 | Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen Clustersprecher Prof. Maximilian Fichtner zu den Herausforderungen der künftigen Mobilität „Wir brauchen einen neuen Energiemix!“ Im neuen Exzellenzcluster POLiS (Post Lithium Storage) forschen Wissenschaftler und sche Alb zum Beispiel besteht aus einem Wissenschaftlerinnen aus Ulm und Karlsruhe gemeinsam an den Batterien der Zukunft. Gemisch aus Magnesium- und Calciumcarbonat, Diese spielen nicht zuletzt eine Schlüsselrolle für die Mobilität von morgen. Im uui- und Natrium gibt es nicht zuletzt im Meer. Wich- Gespräch informiert Clustersprecher Professor Maximilian Fichtner über die Entwick- tig ist, dass die Stoffe verfügbar und wiederver- lung innovativer Speichersysteme und die Herausforderungen bei der Gestaltung der wertbar sind. Von den theoretischen Eigenschaf- Mobilität der Zukunft. ten und Simulationen ausgehend sind beide Speichersysteme vielversprechend. Allerdings geraten Natrium-Akkus wohl größer und schwe- Foto: [photodesign armin buhl] Die Elektromobilität gilt als Schlüssel für die rer als Lithium-Ionen-Akkus. Magnesium-Batteri- Mobilität der Zukunft. Doch die Herausforde- en dagegen könnten kleiner und kompakter rungen sind groß. Eine davon ist die Entwick- gebaut werden; es ist aber noch unklar, ob das lung geeigneter Batterien. Welchen Beitrag in der Praxis auch wirklich gelingt.“ leistet hierzu das neue Exzellenzcluster? Prof. Fichtner: „POLiS steht für Post Lithium Sto- Wie sieht es mit der Anwendungsreife aus – rage. Wir forschen in diesem Exzellenzcluster Stichwort E-Mobilität? also zu elektrochemischen Speichersystemen „Die Natrium-Batterien stehen bereits kurz vor jenseits der herkömmlichen Lithium-Ionen- der Kommerzialisierung, das kann noch ein bis Akkus. Letztere gehören zwar zu den ausgereif- zwei Jahre dauern. Aufgrund ihrer Größe emp- testen und leistungsfähigsten Speichertechno- fiehlt sich der Einsatz in stationären Speichern logien, doch für die Zukunft brauchen wir Alter- oder in Bussen oder LKW. Für PKW sind sie wohl nativen. Denn in diesem Batterietyp wird nicht eher ungeeignet. Batteriesysteme wie diese nur Lithium verbaut, das möglicherweise in 20 werden Lithium-Ionen-Akkus nicht von heute auf bis 30 Jahren zur Neige geht, sondern auch morgen ersetzen können, aber sie entspannen Kobalt, das bereits in einigen Jahren knapp möglicherweise die Ressourcenlage.“ wird.“ Immer wieder gab es in den letzten Jahren Vor- Prof. Maximilian Fichtner, stellvertre- Die Energiespeicher der nächsten und über- tender Direktor am Helmholtz-Institut fälle mit explodierenden Lithium-Ionen-Akkus. nächsten Generation sollen nicht nur leistungs- Ulm (HIU), ist Sprecher des gemeinsa- Sind Magnesium- und Natrium-Batterien men Batterieclusters POLiS des KIT fähiger, leichter und langlebiger sein, sondern sicher? und der Universität Ulm. Anlässlich auch sicherer, günstiger und umweltfreundli- „Brennende und explodierende Akkus sind häu- der feierlichen Eröffnung der neuen cher. Auf der anderen Seite gibt es eine große Linie 2 sprach er im HIU über „Batteri- fig das Resultat von physikalischen Problemen Vielfalt möglicher Speichersysteme. Wer blickt en für die Mobilität der Zukunft“ oder mechanischem Versagen, bedingt durch da noch durch? Fehler in der Herstellung oder der Handhabung. „Das Feld ist gar nicht so groß. Wir berücksich- Lithium wird heute in der Batterie nicht als rei- tigen ausschließlich Elemente, die ein sehr nes Metall verwendet, sondern eingebunden in hohes Potenzial für die Speicherung haben und Trägermaterialien wie Graphit. Dabei wird es bis von denen wir wissen, dass sie verfügbar, um den Faktor zehn verdünnt. Dies vermindert umweltfreundlich und sicher sind. Vielverspre- die Gefahr von Kurzschlüssen durch Dendriten- chende Kandidaten sind beispielsweise Magne- bildung deutlich. Gefährlicher sind manche sium- und Natrium-Batterien. Dort ist die For- Elektrolyte in Lithium-Akkus. Treten diese bei- schung am weitesten fortgeschritten. Die Ergeb- spielsweise bei einem Unfall oder Akku-Scha- nisse verhelfen uns außerdem zu einem über- den aus und kommen mit Feuchtigkeit in Kon- greifenden Verständnis grundsätzlicher Zusam- takt, entsteht Flusssäure, die bei Hautkontakt menhänge, was den Ionentransport aber auch für den Menschen tödlich sein kann.“ die Wechselwirkung mit Wirtsmaterialien angeht.“ Laut einer aktuellen Studie der Internationalen Energieagentur, IEA, wird sich die Ölförderung Was zeichnet Magnesium- und Natrium-Batteri- bereits bis 2025 halbieren, wenn keine neuen en aus? Ölquellen mehr erschlossen werden. „Beide Stoffe sind in der Erdkruste verfügbar Werden alternative Energiequellen diese Lücke und überall auf der Welt zu finden. Die Schwäbi- schließen können? uni ulm intern 347/Februar/März 2019
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen | 9 „Tatsächlich wird die Situation bei der Erdölför- Geht die Rechnung für das Unternehmen nicht derung weltweit immer angespannter – wie der auf, fürchten die Firmenvorstände Schadenser- letzte ‚World Energy Outlook‘ der IEA angekün- satz. Daher ist es nicht verwunderlich, dass hier digt hat. Dies macht deutlich schnellere Lösun- Unternehmen die Nase vorn haben, die von gen notwendig, als wir alle dachten. Dabei sind Einzelpersonen oder als Familienunternehmen die Herausforderungen gewaltig. Hier ein Bei- geführt werden; oder eben chinesische Firmen, spiel: Um zehn Millionen Elektrofahrzeuge mit die den Staat im Rücken haben.“ Batterien zu versorgen, sind Bergbauinvestitio- nen in der Größenordnung von 50 bis 100 Milli- Was kann die Politik tun, um dies zu ändern? Foto: Heiko Grandel arden Euro notwendig. Der Aufwand ist enorm. „Die Politik tut hier schon sehr viel. Die deut- Ein anderes Beispiel aus dem Bereich Wasser- sche und europäische Batterieforschung war in stoff-Technologie: um eine mittelgroße Tankstel- den 2000er-Jahren noch ein weißer Fleck auf der le, die pro Tag ungefähr 300 Tankfüllungen ver- Landkarte; und jetzt gehört Deutschland zu den kauft, mit ausreichend Druckgas zu beliefern, international besten Forschungsstandorten. In müssten täglich circa zwei bis drei Liefer-LKWs naher Zukunft will die Bundesregierung eine für Nachschub sorgen. Die Tankstelle würde sich Milliarde Euro in die Batteriefabrikation in dadurch teilweise selbst lahmlegen. Wir werden Deutschland investieren; vorausgesetzt die also einen Energiemix brauchen. Benzin ist Industrie steuert eine weitere Milliarde bei. Als noch immer der leistungsfähigste Energiespei- möglicher Standort ist Ulm im Rennen, neben cher. Aber im PKW treibt nur ein Fünftel der Braunschweig, Aachen, Dresden und München. Energie die Räder an, der Rest geht als unnütze Unsere Karten sind auf jeden Fall nicht schlecht! Wärme verloren; außerdem werden Öl und Ben- zin irgendwann knapp und teuer. Mittel- bis Außerdem legt die EU aktuell gerade eine neue langfristig müssen entsprechend kompakte Bat- Flaggschiff-Initiative zur Batterieforschung ‚Bat- terielösungen für Abhilfe sorgen. LKW, Busse, tery 2030+‘ auf, an der wir uns mit unserer neu Schiffe und Flugzeuge dagegen könnten mit gegründeten Forschungsplattform CELEST betei- Brennstoffzellen betrieben werden oder mit syn- ligen, über die wir die Aktivitäten der Standorte thetischen Kraftstoffen, die aus Kohlendioxid Ulm und Karlsruhe zusammenführen. Die Voran- und Wasserstoff hergestellt werden.“ tragsphase ist bereits angelaufen. Aber auch die Landespolitik hat sehr viel für die Batterie- Für den Energiemix der Zukunft Wieso setzt die deutsche Automobilindustrie forschung getan. Ulm hat in den letzten Jahren braucht es auch Wasserstoff. Im Bild: im Bereich E-Mobilität vor allem auf den Limou- als Standort für die Forschung zur Energiespei- die Tankstelle des ZSW am Oberen sinen-Sektor? cherung und -wandlung enormen Auftrieb erhal- Eselsberg „In diesem Bereich sind die deutschen Auto- ten und gehört mittlerweile zu den wichtigsten bauer traditionell sehr stark. Sie setzen auf Standorten auf diesem Gebiet in Europa. Die Fahrkomfort, sind aber auch zunehmend wett- CELEST-Initiative, an der allein zwei Graduier- bewerbsfähig, was die E-Technologie angeht. tenschulen für 80 bis 100 Doktoranden ange- Dazu gehören effektive Rekuperationssysteme, dockt sind, macht uns zu einem der größten die Bremsenergie zurückgewinnen, sowie ein Player auf diesem Gebiet weltweit. Wir sind effektiver Überhitzungsschutz, der es erlaubt, national und international auf jeden Fall bes- Elektro-Limousine eines deutschen dauerhaft unter Volllast zu fahren. Damit kön- tens positioniert!“ wt Herstellers nen sie auch über längere Strecken Gas geben. Foto: ©pixabay Außerdem sind deutsche Autos dieser Klasse einfach besser verarbeitet als E-Limousinen der kalifornischen Konkurrenz.“ Warum halten sich die deutschen Automobil- bauer bei der Batteriefabrikation noch so zurück? „Das liegt nicht unbedingt am Willen. Problema- tisch sind eher die Randbedingungen. Für die Batterieentwicklung und -produktion braucht es hohe und langfristige Investitionen. Das ist ris- kant, und für die Aktiengesellschaften unter den Unternehmen ein großes Problem. Die Anleger wollen Dividende und kurzfristige Gewinne. uni ulm intern 347/Februar/März 2019
10 | Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen Exzellenzcluster zwischen Theorie und Experiment Auf der Suche nach „exzellenten“ Batterien Fotos: Elvira Eberhardt hat Euchner auf diese Weise interessante Katho- denmaterialien für Natrium-Ionen-Batterien iden- tifiziert, die nun synthetisiert werden. Allerdings wird auch oft ein Großteil der am Computer „durchgerechneten“ Materialien verworfen. Damit ersparen die Theoretiker experimentell arbeiten- den Kollegen wie Anji Reddy Munnangi viele Tage im Labor. „Alleine die Testung einer neuen Batte- rie dauert mehrere Wochen, und im Erfolgsfall braucht es weitere zehn bis zwanzig Jahre bis zur Marktreife“, erläutert der studierte Chemiker aus Südindien. Am IIT Madras hat Anji Reddy Munnangi 2008 über Elektrodenmaterialien für Lithium-Ionen- Batterien promoviert, die heute in vielen Smart- phones oder Laptops stecken. Doch die Speicher- kapazität dieser Akkus ist begrenzt und reicht für Im neuen Exzellenzcluster zur Batterieforschung „POLiS“ werden mehr als 100 For- zukünftige Anwendungen nicht aus. Denn gerade schende an den Standorten Ulm und Karlsruhe zusammenarbeiten. Darunter sind für die Elektromobilität sind Systeme nötig, die bereits der Experte für Computersimulationen, Dr. Holger Euchner, und Dr. Anji Reddy bei geringem Gewicht große Energiemengen vor- Munnangi, der neue Materialien für Energiespeicher im Labor entwickelt. Ihr gemeinsa- halten können. Auch deshalb hat sich Munnangi, mes Ziel: Leistungsfähige und umweltfreundliche Batterien jenseits von Lithium für der 2014 nach Stationen im französischen Caen Energiewende und Elektromobilität. und am KIT nach Ulm kam, auf Alternativen wie Fluorid-Ionen-Batterien spezialisiert. Diese bereits in den 1970er-Jahren vorgeschlagenen Foto oben: Im Helmholtz Institut-Ulm (HIU) arbeiten Dr. Hol- Dr. Anji Reddy Munnangi testet und erst vor wenigen Jahren „wiederentdeckten“ ger Euchner und Dr. Anji Reddy Munnangi Tür an Batteriekomponenten im Labor Energiespeicher zeichnen sich durch eine hohe Tür. Gemeinsam forschen sie an hochleistungsfä- Energiedichte und Sicherheit aus. Im Exzellenz- higen Batterien, die ohne die endlichen Materiali- cluster beforscht der Wissenschaftler in der Grup- en Lithium und Kobalt auskommen. Dabei bedie- pe „Festkörperchemie“ von Clustersprecher Pro- nen sich die beiden Wissenschaftler völlig unter- fessor Maximilian Fichtner zudem Natrium-Ionen- schiedlicher „Werkzeuge“. Während der gebürtige sowie Lithium-Schwefel-Batterien. Inder Munnangi vielversprechende neue Materia- lien im Labor synthetisiert, prüft und die damit Obwohl viele Materialien bereits in der Simulati- on getestet worden sind, erlebt Munnangi im Labor oft noch Überraschungen. Bei schwer inter- Es ist toll, in einem ,exzellenten‘ pretierbaren Ergebnissen kommt es durchaus vor, Team zu arbeiten. dass er erneut an die Tür von Holger Euchner klopft: Denn auch bei Experimenten mit unklarem hergestellten Batteriezellen testet, braucht Hol- Ausgang können Computersimulationen zur Auf- ger Euchner sein Büro nicht zu verlassen. Am klärung beitragen. Solche Simulationen sind Computer simuliert der Physiker die Kristallstruk- natürlich nicht am heimischen Laptop möglich. tur von möglichen Batteriekomponenten auf ato- Oft greift Euchner auf den Ulmer Supercomputer marer Ebene. Ausgehend von solchen Simulatio- JUSTUS zurück, der immer noch mehrere Stunden nen kann er Eigenschaften wie Spannung und bis Tage für die Berechnungen benötigt. Als über- Speicherkapazität berechnen. Dahinter steht geordnetes Ziel wollen die Forscher der Gruppe immer die Frage: Welche Materialien eignen sich „Elementare Prozesse“ in Batterien ablaufende + für Anode, Kathode und Elektrolyt zukünftiger Vorgänge und Strukturen auf atomarer Ebene ver- Batterien? stehen und davon ausgehend neue Designprinzi- pien vorschlagen. Dank solcher Simulationen sind sogar groß ange- legte Screenings möglich, bei denen einzelne „Auch wenn meine Arbeit mit der ausgewerteten Elemente in der Kristallstruktur ausgetauscht wer- Computersimulation endet, interessiert es mich, den können. Im Zuge seines Habilitationsprojekts ob experimentell arbeitende Kollegen weiter an uni ulm intern 347/Februar/März 2019
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen | 11 - einem Material forschen, und ob es eines Tages größere Labore, doch innerhalb des Exzellenz- sogar in einer Batterie eingesetzt wird“, sagt clusters können wir auf die Ausstattung der Uni Euchner. Dieses Interesse mag am Werdegang des Ulm, des KIT sowie des ZSW zurückgreifen – und 36-Jährigen liegen: Während seiner Promotion im das ist einmalig.“ ab Bereich Materialforschung an der Universität Stuttgart hat der Physiker teilweise selbst experi- QR-Code: Video Batterieforschung am HIU mentell gearbeitet. Doch nach einer Zeit als Post- http://t1p.de/batterieforschung doktorand in Wien wechselte er in die Ulmer QR Arbeitsgruppe des stellvertretenden Clusterspre- chers Professor Axel Groß, dessen Spezialität eben jene Computersimulationen sind. Am HIU, Dr. Holger Euchner arbeitet im HIU wo Theorie und Experiment ineinandergreifen, vornehmlich am Computer kann Euchner seine Interessen bestens kombinie- ren. „Wenn Theorie und Praxis zusammenwirken, haben wir große Chancen, etwas zu bewegen. Nicht immer sprechen theoretisch und experimen- tell arbeitende Wissenschaftler dieselbe Sprache, doch wir können viel voneinander lernen.“ Vom Exzellenzcluster erhofft sich der Habilitand eine noch höhere Sichtbarkeit der Ulmer Batteriefor- schung und betont: „Es ist toll, in einem ,exzellen- ten‘ Team zu arbeiten.“ Auch Anji Reddy Munnangi freut sich über den Erfolg bei der Exzellenzstrategie und rechnet mit rund 100 neuen Kollegen. Durch den Personalauf- wuchs verspricht er sich neue, noch breiter ange- legte Projekte und eine größere Schlagkraft der Ulmer Energieforschung. Für den Wissenschaftler, der seine nähere Zukunft in Ulm sieht, ist das HIU schon jetzt eine der besten europäischen Einrich- tungen für die Batterieforschung: „Es gibt sicher Grafik: Maibach/KIT uni ulm intern 347/Februar/März 2019
12 | Rubrik ,Thema, Titel Grafik: 123RF, photochicken/Sarawuth Pamoon Designprinzipien für sichere Batterien identifiziert Nie mehr brennende Smartphone-Akkus? In Flammen stehende Smartphones oder sogar die beim Wiederaufladen der Batterie zu einem Abbildung: Mönig/Kramer, HIU/KIT Elektroautos sind oft auf sogenannte Dendriten in Materialverlust an der Anodenseite führen. Das Batterien zurückzuführen. Diese astartigen Aus- Sicherheitsrisiko geht jedoch vor allem von Kurz- wüchse an der negativen Elektrode („Anode“) schlüssen aus, bei denen in kurzer Zeit viel Ener- können Kurzschlüsse auslösen, die zum Batte- gie frei wird, und die im Zusammenspiel mit ent- riebrand führen. Warum die häufig in mobilen flammbaren Elektrolyten eben jene Batteriebrän- Endgeräten, aber auch in E-Bikes, eingesetzten de auslösen. Lithium-Ionen-Speichersysteme zur Dendritenbil- Lichtmikroskopische Aufnah- Bisher war die Ursache der Dendritenbildung dung neigen, magnesiumbasierte Batterien me eines wachsenden Dendri- nicht bekannt. Doch neue experimentelle For- ten aus Lithium jedoch zum Beispiel nicht, haben Ulmer Forscher schungsergebnisse aus dem Helmholtz-Institut um Professor Axel Groß und Markus Jäckle unter- Ulm (HIU) deuten darauf hin, dass dem Metall sucht. Ergebnis ihrer Simulationen am Supercom- innewohnende Eigenschaften die astartigen Aus- puter sind Designempfehlungen, die bei der Ent- wüchse begünstigen. Die Autoren um Groß und wicklung zuverlässiger neuer Speichersysteme Jäckle haben daraufhin die sogenannten Selbst- helfen – nicht nur für Smartphones, sondern auch diffusionsbarrieren verschiedener Metalle in den im Hinblick auf globale Herausforderungen wie die Blick genommen. Diese Barrieren sind dafür ver- Energiewende und die zunehmende Elektromobili- antwortlich, wie gleichmäßig sich Metallatome Literaturhinweis: tät. Markus Jäckle, Katharina Helm- beim Wiederaufladen der Batterie auf der Anoden- brecht, Malte Smits, Daniel Sicherheitsrisiko Batterie: Vor einiger Zeit haben Oberfläche verteilen. Stottmeister and Axel Groß: explodierende Akkus eines bekannten Mobiltele- Self-diffusion barriers: possib- fon-Herstellers Schlagzeilen gemacht, und die le descriptors for dendrite Indikator für Dendritenwachstum gesucht defekte Batterie eines E-Bikes setzte kürzlich ein growth in batteries? Energy & Environmental Science. DOI: ganzes Fahrradgeschäft in Brand. Solche Kurz- „Wir haben uns gefragt, ob es eine einfache physi- 10.1039/c8ee01448e schlüsse werden oft durch Dendriten verursacht, kalisch-chemische Materialeigenschaft gibt, mit deren Hilfe man vorhersagen kann, ob metallische Anoden in Batterien zum Dendritenwachstum nei- Das Forschungsvorhaben ist im Zuge der Forschungsplattform CELEST (Center gen. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass die for Electrochemical Energy Storage Ulm-Karlsruhe) entstanden, die von der Uni- Beschaffenheit der Anoden-Oberfläche, ob rau versität Ulm, dem KIT und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- oder glatt, einen erheblichen Einfluss auf die Den- Forschung Baden-Württemberg (ZSW) betrieben wird. Bei den Berechnungen dritenbildung hat“, sagt Professor Axel Groß, Lei- wurden die Forschenden durch das Programm „High Performance Computing in ter des Instituts für Theoretische Chemie an der Baden-Württemberg“ (bwHPC) und das Gauss Center for Supercomputing unter- Uni Ulm sowie Gruppenleiter am HIU. Ein solcher stützt. Die Besonderheit: An dem aktuellen Projekt haben nicht nur etablierte Deskriptor wäre hochrelevant, denn weltweit Professoren mitgewirkt, sondern bereits Nachwuchsforschende – von Bachelor- suchen Forschende nach zuverlässigen Nachfol- studierenden bis zu Doktoranden. gesystemen für Lithium-Ionen-Batterien. uni ulm intern 347/Februar/März 2019
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen | 13 Foto: Elvira Eberhardt Für ihre Publikation haben die Wissenschaftler um Aus dem Beitrag der Forschenden lässt sich zwar Professor Axel Groß Forschungsergebnisse aus noch keine vollständige Theorie des Dendriten- Theorie sowie Experiment kombiniert: Anhand wachstums ableiten, wohl aber Designprinzipien von Simulationen konnten sie die experimentel- für sichere Batterien. len Daten aus dem HIU und von anderen Einrich- „Unsere Ergebnisse lassen erwarten, dass wir tungen im Detail nachvollziehen. Mithilfe der Dendritenwachstum durch eine Verringerung der Supercomputer JUSTUS (Ulm) und SUPERMUC aus Höhe von Selbstdiffusionsbarrieren gezielt verhin- dem Leibniz-Rechenzentrum in München berech- dern können. Dies gelingt zum Beispiel durch die nete die Gruppe Diffusionsbarrieren und Eigen- Modifikation der Anoden-Oberfläche. Eine andere schaften unterschiedlicher, in Batterien verwen- Möglichkeit wäre es, von vornherein Anodenmate- deter Materialien auf atomarer Ebene. Prof. Axel Groß rialien mit niedrigen Selbstdiffusionsbarrieren Die Ergebnisse ihrer Berechnungen bestätigen die auszuwählen, die aufgrund dieser Eigenschaft wichtige Rolle der Selbstdiffusionsbarrieren: Beim nicht zur Dendritenbildung neigen“, erklärt Erst- Wiederaufladen der Batterie verteilen sich Metall- autor und HIU-Doktorand Markus Jäckle. Die atome äußerst gleichmäßig, wenn die Diffusions- Unsere Ergebnisse Ergebnisse der Forschergruppe sind in der Fach- barrieren niedrig sind. Entsprechende Materiali- zeitschrift „Energy & Environmental Science“ lassen erwarten, en, beispielsweise Magnesium oder Aluminium, erschienen. ab dass wir Dendriten- zeigen dadurch kein Dendritenwachstum. Im Fall von hohen Diffusionsbarrieren wie bei Lithium- wachstum durch eine und Natrium-Speichern bilden sich jedoch raue Verringerung der Oberflächen, die nadelartige, dendritische Struk- turen begünstigen. Demnach erlaubt die Höhe der Höhe von Selbstdiffu- Diffusionsbarrieren als Deskriptor Vorhersagen sionsbarrieren darüber, ob metallische Anoden in Batterien zu Dendritenwachstum neigen oder nicht. gezielt verhindern können. The classic in a new light USM Haller erschließt revolutionäre Dimensionen integraler Beleuchtung: kabellos, dimmbar, energieeffizient. Eine wahre Innovation – lassen Sie sich inspirieren! www.fey-ulm.de uni ulm intern 347/Februar/März 2019
14 | Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen Uni, Hochschule Ulm und ZSW gründen Plattform ist das fast 100 Jahre alte Fischer-Tropsch-Ver- fahren, das derzeit unter dem Begriff Power-to- Gebündelte Ulmer Kompetenz Liquids eine Renaissance erlebt. Das For- schungsziel ist die Entwicklung neuartiger Kata- lysatoren, mit denen dieses Verfahren auch für für die Energieforschung kleine Produktionsmaßstäbe an entlegenen Orten wirtschaftlich ist“, erklärt Professor Robert Güttel. Sein Kollege Professor Timo Jacob nimmt In der Energieforschung hat sich die Ulmer Wis- hingegen Vorgänge auf der atomaren Ebene bei senschaftsstadt zu einem bedeutenden Zentrum elektrochemischen Prozessen in den Blick: entwickelt. Nun haben die starken Partner Uni- Dabei setzen die Forschenden am Uni-Institut für versität und Hochschule Ulm sowie das Zentrum Elektrochemie auf eine innovative Kopplung von für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Experiment und Multiskalenmodellierung. Baden-Württemberg (ZSW) die Plattform „Zent- Anwendungsbeispiel ist ein Projekt mit der rum für Energieforschung und -technologie“ Hochschule Ulm, in dem Speichereigenschaften (ZET) gegründet. Gemeinsam wollen die Wissen- von neuartigen Batterien untersucht werden. schaftlerinnen und Wissenschaftler verschie- Für den Brückenschlag in die Anwendung und in denste Energiethemen beforschen – von intelli- die Industrie steht das Zentrum für Sonnenener- genten Stromnetzen bis zum synthetischen gie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württem- Kraftstoff, und zwar von den Grundlagen bis zur berg: Neben 30 Jahren Materialforschung und Anwendung. Batterietests blickt das ZSW in Ulm inzwischen auch auf rund fünf Jahre Erfahrung mit seiner Zu den ZET-Gründungsmitgliedern gehören 52 einzigartigen Forschungsplattform zur serien- Forschende der drei Einrichtungen mit verschie- nahen Produktion von großen Lithium-Ionen- denen fachlichen Hintergründen: Die vertrete- Zellen zurück. In der Brennstoffzellenforschung nen Disziplinen reichen von Elektrochemie und sind die Entwicklung und der Test von Hochleis- Chemieingenieurwesen bis zur Energietechnik. tungs-Brennstoffzellen der 100-kW-Klasse ein Somit können im ZET Energiethemen aus ver- Erfolgsbeispiel. schiedenen Perspektiven behandelt werden. „Unsere Plattform zählt zu den wenigen großen Der Transfer vom ZET in Unternehmen hinein und Zusammenschlüssen, die breit aufgestellt sind letztlich in die Gesellschaft erfolgt im Rahmen und ein großes Themenspektrum der Energiefor- von InnoSÜD. In diesem vom Land und BMBF schung abdecken. Das umfassende Know-how geförderten Verbund haben sich die Hochschu- der Beteiligten wollen wir für ganz neue Projek- len Biberach, Neu-Ulm, Ulm sowie die Universi- te, aber auch für den Transfer in Unternehmen, tät Ulm zusammengeschlossen. Für InnoSÜD ist nutzen“, sagt Professor Robert Güttel, Leiter des das Thema Energie eine wesentliche inhaltliche Instituts für Chemieingenieurwesen an der Uni- Säule, in die sich die Aktivitäten des ZET einfü- versität Ulm, und Mitgründer der Plattform. gen: Auf diese Weise können Erkenntnisse auch für Partner der Forschungseinrichtungen aus Gerade in Zeiten der Energiewende und der Wissenschaft, Unternehmen oder Gesellschaft immer relevanter werdenden Elektromobilität nutzbar gemacht werden. Neben erfolgreicher hat die Energieforschung einen großen Stellen- Forschung zählt die Einrichtung einer Graduier- wert. Im ZET ergänzen sich die Forschungsthe- tenschule zu den Hauptzielen des Zentrums für men der drei beteiligten Einrichtungen. An der Energieforschung und -technologie. Hochschule Ulm wird unter anderem zu soge- nannten Smart Grids geforscht. Dabei handelt es „Seit einigen Jahren gilt die Ulmer Wissen- sich um intelligente Stromnetze, über die Strom- schaftsstadt als führendes Zentrum in der Ener- erzeugung, -verbrauch sowie -speicherung dyna- gie- und insbesondere Batterieforschung. misch gesteuert und ausgeglichen werden. Wei- Jüngster Erfolg ist die Einwerbung eines gemein- tere Themen umfassen die elektrochemische samen Exzellenzclusters im Bereich Batteriefor- sowie thermische Energiespeicherung, die schung mit dem Karlsruher Institut für Technolo- Solarthermie und Photovoltaik. gie. Der Ulmer Zusammenschluss ZET ist eine wichtige Ergänzung und stellt die Energiefor- Wie synthetische Treibstoffe aus regenerativen schung auf eine noch breitere Basis“, resümiert Energiequellen nachhaltig gewonnen werden Professor Joachim Ankerhold, Vizepräsident der können – beispielsweise aus Wind und Sonne – Universität Ulm für Forschung. ab wird am Institut für Chemieingenieurwesen der Universität Ulm erforscht. „Der Schlüssel dazu
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen | 15 Flughafen Stuttgart fördert Flieger von morgen mit 250 000 Euro Partnerschaft für elektrisches Fliegen Foto: DLR Leise und emissionsfrei fliegen – und das in naher Zukunft: Mit einer Viertelmillion Euro unter- stützt die Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) das Forschungsprojekt „Elektrisches Fliegen“ der Universität Ulm und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Anfang November übergaben Winfried Hermann, Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, gemeinsam mit Walter Schoefer, Sprecher der FSG-Geschäftsführung, den symbolischen Scheck an Professor Josef Kallo. Der Leiter des Instituts für Energiewandlung und -speicherung der Universität Ulm, der zudem am DLR im Bereich der Energiesystemintegration forscht, koordiniert das Projekt HY4. Das Ziel: die Entwicklung eines Passagierflugzeuges mit einem Hybridantrieb aus Batterie- und Brennstoffzelle. Foto: Flughafen Stuttgart „Was lange für unmöglich gehalten wurde, kli- Erste Einsatzmöglichkeiten des Fluggeräts sehen v.l. Prof. Josef Kallo mit Verkehrsminister mafreundliches, elektrisches Fliegen mit Wasser- die Forscher um Kallo, auch wegen der niedrigen Winfried Hermann und Flughafenchef Walter Schoefer stoff-Brennstoffstoffzellenantrieb, wird für kleine- Lärmbelastung, im Regionalverkehr – beispiels- re Flugzeuge bald Realität. Das Forschungsprojekt weise als elektrisch betriebenes Lufttaxi. „Wir von Professor Kallo leistet hierfür grundlegende konnten die Leistung der HY4 seit dem Testflug Foto: Annika Bingmann Pionierarbeit“, sagte Minister Hermann. Nach 2016 in Stuttgart noch steigern und werden nun dem Abheben des weltweit ersten viersitzigen insbesondere die intermodale Einbindung in den Elektroflugzeugs HY4 am Flughafen Stuttgart im Regional-Luftverkehr in den Blick nehmen“, September 2016, soll das Zukunftsthema weiter in erklärte Josef Kallo. 2019 wird das neuste Modell Baden-Württemberg vorangetrieben werden. Der des mit Brennstoffzellen betriebenen Passagier- Landesairport ist bereits seit zehn Jahren der Hei- flugzeugs am Flughafen Stuttgart abheben. matflughafen der seither entwickelten Prototypen. Flughafen Stuttgart GmbH / red Flughafenchef Walter Schoefer betonte den gemeinsamen Nachhaltigkeitsgedanken: „Die Luftfahrt braucht umweltschonende Lösungen. Darum wollen wir im Sinne unserer fairport-Strate- gie einen Beitrag leisten, um die Technologie der HY4 zur Marktreife zu bringen.“ Mit 180 000 Euro hat die FSG bereits das Vorgängerprojekt am DLR unterstützt und damit den Erstflug der HY4 ermög- licht. uni ulm intern 347/Februar/März 2019
16 | Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von morgen 10 Millionen für europäisches Mobilitätsprojekt Ulm als Testfeld für vernetztes und automatisiertes Fahren Foto: MRM Die Zukunft des Autofahrens beginnt an einer Kreuzung im Ulmer Stadtteil Lehr. Hier erfor- schen Ingenieure des Instituts für Mess-, Regel- und Mikrotechnik das automatisierte und ver- netzte Fahren. Den Rahmen bildet das zehn Millionen Euro schwere EU-Forschungsprojekt ICT4CART, in dem sich 21 Partner aus For- schung, IT, Automobil- und Telekommunikati- onsindustrie zusammengeschlossen haben. Die Stadt Ulm wird Testfeld für die Mobilität von morgen: An zwei Forschungskreuzungen und im Parkhaus Deutschhaus steuern Autos bald nicht nur ohne Fahrer durch den Verkehr, sie sollen zusätzlich mit ihrer Umgebung kommunizieren. Dazu müssen sehr große Datenmengen zwi- Forschung zum automatisierten schen Fahrzeug, Umgebungssensoren und Fahren auf dem Campus Datenspeichern hin und her transferiert werden – nahtlos und sicher. Dies soll durch Vernetzung Die Ingenieure des Instituts für Mess-, Regel- der Fahrzeuge untereinander und mit digitaler und Mikrotechnik der Universität Ulm sind Exper- Infrastruktur unterstützt werden. „Wir hoffen auf ten für diese schwierige Umgebung. In das Pro- wirklich zukunftsweisende Resultate, die nicht jekt ICT4CART bringen sie – neben langjähriger nur das autonome und vernetzte Fahren voran Erfahrung – ein mit Sensoren und Kameras aus- bringen, sondern auch den Wissenschafts- und gestattetes Testfahrzeug ein. Wirtschaftsstandort Ulm“, so der Ulmer Ober- bürgermeister Gunter Czisch. Der Anstoß für die Herausforderung Stadtverkehr Beteiligung der Stadt Ulm am europäischen Im Regelfall ermöglicht die Sensorik des Test- Projekt ICT4CART kam vom Uni-Institut für Mess- fahrzeugs eine zuverlässige Umgebungserfas- Foto: Heiko Grandel Regel- und Mikrotechnik unter der Leitung von sung und folglich auch Handlungsplanung. Professor Klaus Dietmayer. Als Industriepartner Doch gerade in der dicht bebauten städtischen aus der Wissenschaftsstadt sind unter anderem Umgebung stoßen selbstfahrende Autos nicht Nokia und BMW mit im Boot. selten an ihre Grenzen: An einer vorfahrtsgere- gelten Kreuzung kann das Fahrzeug andere Ver- Grundsätzliches Ziel von ICT4CART ist eine kehrsteilnehmer beispielsweise nicht registrie- Infrastruktur, die das automatisierte Fahren auf ren, wenn diese durch Gebäude oder parkende das nächste Level hebt. Eine solche Infrastruk- Autos verdeckt sind. Für „normale“ Autofahrer tur soll im Rahmen des Projekts entwickelt, wird an solchen unübersichtlichen Kreuzungen implementiert und unter Realbedingungen meist ein Spiegel angebracht – und diese getestet werden. Hierfür sind drei Teststrecken Lösung übertragen die Ingenieure im Projekt in Ulm, im italienischen Verona und in Öster- ICT4CART nun auf das hochautomatisierte Fah- reich (Graz) vorgesehen. Eine davon liegt an der ren. Zusätzlich zum Testfahrzeug kommt Infra- österreichisch-italienischen Grenze: So sollen struktur-Sensorik zum Einsatz, also beispiels- neue Erkenntnisse zur grenzüberschreitenden weise an Masten angebrachte Kameras: Diese Interoperabilität der Infrastruktur gewonnen Sensoren registrieren Informationen zur Positi- werden. on sowie zum Verhalten der Verkehrsteilnehmer, Die deutsche Testumgebung wird sich auf die und schließlich werden alle vom „virtuellen Stadt Ulm und ihre Umgebung erstrecken. Für Spiegel“ gesammelten Daten zentral auf einem hochautomatisierte Fahrzeuge stellt dieses Rechner im Mobilfunknetz (MEC-Server) zusam- städtische Umfeld eine besondere Herausforde- mengeführt. So entsteht in Echtzeit ein Abbild rung dar: Autos und weitere Verkehrsteilnehmer der aktuellen Verkehrssituation, das dem hoch- wie Fußgänger oder Radfahrer teilen sich einen automatisierten Fahrzeug per Funk übermittelt eng begrenzten und oft unübersichtlichen Raum. und mit dessen Daten verrechnet wird. uni ulm intern 347/Februar/März 2019
Was uns in Zukunft antreibt: Energie für die Mobilität von Morgen | 17 onierdaten (Real-Time Kinematic, RTK) einge- setzt werden. Für die Übermittlung dieser Daten über das Mobilfunknetz sorgt der Projektpartner Nokia. Das Ulmer Testfeld umfasst neben den beiden Kreuzungen mehrere Parkmöglichkeiten, die für Untersuchungen zu Car- und Ridesharing-Fahr- zeugen genutzt werden. Als Knotenpunkt dieser Fahrzeuge ist das bahnhofsnahe Parkhaus Deutschhaus vorgesehen. Bei der Realisierung der IT-Infrastruktur für Flottenmanagement-Ser- vices und „Smart Parking“ wird sich insbesonde- re der Projektpartner BMW einbringen. Die Planungen für die Umsetzung des Ulmer Testfelds im Projekt ICT4CART haben bereits begonnen, erste Testfahrten werden im Laufe des Jahres stattfinden. „Das Projekt ICT4CART erlaubt es uns, das Zusammenwirken unseres Testfahrzeugs mit Infrastruktur-Sensorik über verschiedene Kanäle zu untersuchen. Ohne star- ke Partner wie die Stadt Ulm und Nokia wäre dieses Forschungsvorhaben nicht möglich“, sagt Dr. Michael Buchholz vom Uni-Institut für Mess-, Im Pilotprojekt MEC-View haben die Uni-Ingeni- Regel- und Mikrotechnik, der das deutsche Test- eure mit Partnern wie der Stadt Ulm, BOSCH, feld sowie weitere Arbeitspakete im Zuge von Sensorik und Kameras an der Osram sowie Nokia bereits die Kreuzung in Ulm- ICT4CART koordiniert. ab/Stadt Ulm Testkreuzung in Ulm-Lehr Lehr mit Sensoren ausgestattet. Seither erfor- schen sie dort das Zusammenspiel der Infra- struktur-Sensorik mit einem automatisierten Projektpartner des Ulmer Testfelds Testfahrzeug. Das neue Projekt ICT4CART mar- kiert den nächsten Meilenstein: Im Zentrum des Das Projekt ICT4CART – diese Abkürzung steht für Information and Communica- Vorhabens steht das Überqueren und Linksab- tion Technology Infrastructure for Connected and Automated Road Transport – biegen auf der schwer einsehbaren Kreuzung in wird im Rahmen des EU-Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020 mit Lehr. Dort mündet eine Nebenstraße in eine knapp acht Millionen Euro gefördert. Weitere zwei Millionen steuern die Pro- vorfahrtsberechtigte Hauptstraße. Neben dem jektpartner aus der Wirtschaft bei. Die Uni-Ingenieure vom Institut für Mess-, Betrieb der Sensorik zählt die Berechnung des Regel- und Mikrotechnik erhalten über 600 000 Euro. Neben der Stadt und Infrastruktur-Umfeldmodells zu den Aufgaben Universität sind Nokia Solutions and Networks, BMW und SWARCO (Deutsch- der Uni-Forscher. land) am Ulmer Testfeld beteiligt. Der weitere Partner Airbus (Cassidian Cyber- security SAS) ist für Cybersecurity und Datenschutz zuständig, und IBM Ireland Bei der Datenübertragung sollen sich im Projekt sorgt für Datenmanagment und -speicherung. Die gesamteuropäische Projekt- ICT4CART mehrere Kommunikationskanäle leitung hat das Institute of Communications and Computer Systems (ICCS) in ergänzen: Neben dem Nokia-Mobilfunknetz wer- Athen. den dem Testfahrzeug zusätzliche Umfelddaten Fotos: Martin Hermann über ein Ad-hoc-Netzwerk (ITS-G5) mittels einer sogenannten Road-Site-Unit zur Verfügung gestellt. Diese beiden Kanäle kommen im Pro- jekt auch an einer zweiten, ampelgeregelten Kreuzung zum Einsatz. Ganz konkret rüstet der Projektpartner SWARCO eine Lichtsignalanlage in der Nähe der Universität Ulm, an der Sporthal- le-Nord, mit Vernetzungstechnik auf. Dadurch soll der künftige Ampelstatus frühzeitig und für jede Spur an das selbststeuernde Auto kommu- Ed ma dellorpos alibus ea apitaerum niziert werden. Ziel ist eine besonders sichere, iminis dit, sunt molupta speribus vorausschauende und energiesparende Hand- lungsplanung. Zur genauen Lokalisierung der automatisierten Fahrzeuge sollen präzise Positi- uni ulm intern 347/Februar/März 2019
18 | Campus Mit Drittmittelrekord ins 53. Universitätsjahr Preisregen und Batterieforschung beim Dies academicus Fotos: Elvira Eberhardt „Dieser Höchststand bestätigt einmal mehr die Forschungsstärke der Universität Ulm und die Expertise, die unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufweisen“, betonte Weber. Große Erfolge der vergangenen Monate sind unter anderem die Weiterförderung des Trauma- Sonderforschungsbereichs 1149 mit rund 10,6 Millionen Euro und die Zusage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ein Institut für Quantentechnologien (DLR-QT) auf dem Ulmer Campus einzurichten. Mit rund elf Millionen Euro jährlich sollen im DLR-QT Präzi- sionsinstrumente für Raumfahrtanwendungen auf Basis der Quantentechnologie entwickelt werden – etwa für die Navigation oder für die Erd- sowie Wetterbeobachtung. Und auch im Bereich Lehre sind in letzter Zeit wichtige Pro- Uni-Präsident Prof. Michael Weber Beim Dies academicus der Universität Ulm hat freute sich über einen Drittmittelre- jekte eingeworben worden, etwa zur passge- Universitätspräsident Professor Michael Weber kord nauen Unterstützung in der Studieneingangs- auf ebenso bewegte wie erfolgreiche Monate phase. Diese und weitere Angebote kommen zurückgeblickt und Zukunftsperspektiven der derzeit rund 10 500 an der Universität Ulm ein- Universität aufgezeigt. Neben Preisverleihun- geschriebenen Studentinnen und Studenten gen stand einer der größten Erfolge der letzten zugute. Jahre im Fokus des Festakts: das neue Exzel- lenzcluster zur Batterieforschung. Als ersten Programmpunkt stellten die Ulmer Clustersprecher, Professor Maximilian Fichtner In seiner Begrüßung zum Dies academicus, der und Professor Axel Groß, das gemeinsam mit an die Universitätsgründung 1967 erinnert, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) konnte Universitätspräsident Professor Michael eingeworbene Exzellenzcluster POLiS (Post Weber mit einem Drittmittelrekord aufwarten: Clustersprecher Prof. Maximilian Lithium Storage Cluster of Excellence) zur Bat- 2018 haben Uni-Forschende rund 105 Millionen Fichtner (rechts) und sein terieforschung vor: Das Ziel der Physiker, Che- Stellvertreter, Prof. Axel Groß, Euro Fördergelder für ihre wissenschaftliche miker und Ingenieure sind leistungsfähige und präsentieren das neue Cluster Arbeit eingeworben – so viel wie niemals zuvor. umweltfreundliche Energiespeicher ohne die endlichen Materialien Lithium und Kobalt – allen voran für die Elektromobilität und Energie- wende. Dafür erhalten die Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftler über zunächst sieben Jahre rund 50 Millionen Euro. Das Umfeld des Exzellenzclusters in der Ulmer Wissenschafts- stadt ist hervorragend: Während die Universität und das Helmholtz-Institut Ulm (HIU) für elek- trochemische Grundlagenforschung stehen, schlägt das ZSW eine Brücke in die Praxis bis zur Pilotproduktion. Im Foyer präsentierten sich diese Partner sowie die gemeinsam mit dem KIT betriebene Forschungsplattform CELEST (Cen- ter for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe), in die das Cluster eingebunden ist, mit Exponaten und Informationsständen. ab uni ulm intern 347/Februar/März 2019
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