Die Wirtschaft - IHK Weingarten
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Januar 2019 Ausgabe IHK Bodensee-Oberschwaben Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee Steuerrecht Brexit Turning Days Wichtige Änderungen Das müssen Unternehmen Branchentreff der Dreher im Jahr 2019 jetzt wissen in Friedrichshafen Seite 54 Seite 39 Seite 42 IMMOBILIEN Seite 13
Editorial Martin Buck, Dr. Jan Stefan Roell, Präsident IHK Boden- Präsident IHK Ulm see-Oberschwaben Wir brauchen Europa – Europa braucht uns Protektionismus, Populismus, anti-europäische Tendenzen und der Brexit: Europa steht vor großen Herausforderungen. Es steht viel auf dem Spiel, auch für Deutschland. Umso wichtiger ist die Frage: Wo stünde Deutschland heute ohne Europa? Unser Land profitiert wie kaum ein anderes vom innereuropäischen Handel, der deutsche Wohl- stand und viele Arbeitsplätze sind eng mit Europa verknüpft. Der Erfolg unserer Wirtschaft wäre ohne den Binnenmarkt nicht denk- bar. Trotzdem wird der freie Verkehr von Waren, Personen, Kapital und Dienstleistungen oft als allzu selbstverständlich betrachtet. Über die Hälfte der Exporte Baden-Württembergs gehen in die Europäische Union, den wichtigsten Absatzmarkt unserer Region. Der drohende Brexit zeigt, wie stark die Verflechtungen sind und wie wertvoll ein funktionierender Binnenmarkt ist. Ganz klar: Wie überall gibt es auch bei Europa eine Kehrseite der Medaille. Die Vielzahl unterschiedlicher europäischer und nationaler Regelungen stellt hohe Anforderungen an die Unternehmen, und eine Reduzierung der oft überbordenden Bürokratie ist dringend nötig. Die Abstimmungsprozesse der EU müssen vereinfacht werden, um den weltweiten Herausforderungen gewachsen zu sein. Ein starker Bin- nenmarkt ist wichtig, auch als Inkubator für neue, insbesondere digi- tale Geschäftsmodelle. Nur so kann Europa auch in Zukunft gegen- über den USA und China als ebenbürtiger Handelspartner bestehen. Wir brauchen ein starkes Europa, das für uns als Unternehmer Sicherheit und stabile Rahmenbedingungen schafft. Wir brauchen Europa, aber Europa braucht – gerade in unsicheren Zeiten – auch uns. Im Mai wählt Europa ein neues Parlament. Eine gute Möglichkeit für jeden von uns, mit seiner Stimme die Zukunft Europas mitzuge- stalten. So sollte es unser Anliegen sein, Europa zusammenzuhalten, den Binnenmarkt zu stärken und den Handel frei von Barrieren zu machen. Nutzen Sie Ihre Stimme für ein starkes Europa! Martin Buck, Dr. Jan Stefan Roell, Präsident IHK Bodensee- Präsident IHK Ulm Oberschwaben Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Titelthema Trends und Hintergründe Immobilienmarkt: Betriebliches Gesundheitsmanagement: Aktuelle Trends und Herausforderungen Welche Maßnahmen sind steuerfrei? Seite 13 Seite 52 3 Editorial Panorama 30 Kreissparkasse Ravensburg Kooperation mit Wirtschaftsmuseum 30 wirsinddigital App fürs Unternehmen 6 Integration durch Ausbildung 31 Serie: Neu am Markt Dem Umweltschutz dienen Ausbildungsbegleitende Hilfen für Flüchtlinge 32 Diverse Unternehmen Umweltpreis für Unternehmen verliehen 7 SRG Immobilien Ambitionierte Ziele fest im Blick 33 SWU Straßenbahnlinie 2 nimmt Fahrt auf 8 Deutschlands Top-Azubis 34 Service-Center für Finanzen & Vorsorge Jürgen Rohmer IHKs ehren Landes- und Bundesbeste Besuch in Schwendi 9 IHK-Unternehmer Akademie Seminare für Führungskräfte 34 HARDER logistics bildet erstmals Flüchtlinge aus 10 Ideenwettbewerb Lokale Online-Marktplätze prämiert 35 confitech Neue Carsharing-Station in Ulm-Böfingen 10 Webportal Marktstammdatenregister startet am 31. Januar 36 Boehringer Ingelheim Pharma Polaratmosphäre in Biberach 36 Wieland-Werke expandiert in Nordamerika 37 Beurer investiert am Wirtschaftsstandort Ulm Titelthema Fotos: Photodesign Armin Buhl; georgerudy/Adobe Stock; Schwäbisch Media; IHK Ulm Trends am Immobilienmarkt Region Bodensee-Oberschwaben 13 Immobilien Ein Markt im Umbruch 17 Brera Eine kurzfristige Alternative 38 Veranstaltung Infos für PV-Anlagenbetreiber 18 Regionale Wohnungsmärkte 38 Energiewende digital Veranstaltung und Hausmesse Wohnungsnot ist kein Privatproblem 39 Brexit Das müssen Unternehmen wissen 20 Stadt Friedrichshafen 39 Veranstaltung Rechtssicherer Mitarbeitereinsatz in Frankreich „Wir brauchen passgenaue Wohnraumkonzepte“ 40 ÖPNV-Impulstagung Den Nahverkehr gemeinsam gestalten 41 IHK Bodensee-Oberschwaben Langjährige Vollversammlungsmitglieder geehrt Neues aus den Unternehmen 42 Turning Days Branchentreff der Dreher 43 Haus der kleinen Forscher Auszeichnung für Mullewapp 24 Kiesel Faszination Baumaschinen 24 KNOLL Maschinenbau Neues Werk in Shanghai Region Ulm 25 Diverse Unternehmen aus der Region Hidden Champions 26 max Lineartechnik-Profi wird 25 44 Digitalisierung 26 Diverse Buchhandlungen aus der Region IHK Ulm mit neuem Ausschuss Digitalisierung/Wirtschaft 4.0 Ausgezeichnete Lesepartner 44 Bildung Berufe kennenlernen 27 Sparkasse Bodensee Digitaler Service 45 Bildung Berufe, die keiner kennt 28 Fee Öko Handels GmbH Nachhaltiges Startup 45 Breitband Spatenstich im IGM 28 Fox Party Box Rundum-sorglos-Paket füs Fest 46 Forschung Uni Ulm hebt ab 4 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Region Bodensee-Oberschwaben Region Ulm Karrieremesse 2019 in Ravensburg: Weiterbildung: Anmeldung für Betriebe noch bis zum 2. Februar IHK-Programme erscheinen in neuem Format Seite 42 Seite 48 47 Umwelt Luftreinhalteplan Ulm wird nicht fortgeschrieben Handelsregister 47 Handel ALBGEMACHT 48 Netzwerken Women in Business 48 Weiterbildung Neue Perspektiven Aus dem Bezirk der IHK Bodensee-Oberschwaben 49 Existenzgründung Elevator Pitch für Startups 49 Bildung Bestätigung für großen Einsatz und Engagement 70 Bodenseekreis 73 Kreis Ravensburg 78 Kreis Sigmaringen Trends & Hintergründe Aus dem Bezirk der IHK Ulm 50 Unternehmensnachfolge Pensionszusagen im Mittelstand 52 Betriebliches Gesundheitsmanagement 79 Alb-Donau-Kreis Fiskus sponsert Gesundheit von Mitarbeitern 82 Kreis Biberach 53 Aktuelle Wettbewerbe 84 Kreis Ulm 54 Steuerrecht Das ändert sich 2019 88 Kultur & Freizeit 55 Neues aus Berlin und Brüssel 90 Vorschau, Impressum IHK Service Amtliche Bekanntmachungen Bodensee-Oberschwaben 56 Finanzierungssprechtage / RKW-Sprechtage / Erfinder- nach S. 46 Bekanntmachungen der IHK Bodensee-Oberschwaben und Patentberatung / Neues Verpackungsgesetz / (Ausgabe Bodensee-Oberschwaben, S. I–VIII) Mut zu scheitern / Fit für die Selbstständigkeit nach S. 46 Bekanntmachungen der IHK Ulm (Ausgabe Ulm, S. I–XVI) 57 Seminare für Azubis / Unternehmensnachfolge / Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan Ulm 58 DSGVO: Informationen für kleinere Unternehmen / Diese Ausgabe enthält das Verlagsspecial Die anpassungs fähige Fabrik / Update Arbeitsrecht / Innovatives Baugewerbe, Industrieplanung und Internet-Fachberatung / Bankensprechtag Einrichtungspartner Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 5
Panorama In Kürze Spitze beim allen Einsendern werden Bar- Online-Einkauf preise im Wert von 2.250 Euro Der Baden-Württembergische verlost. Foto: Fotolia.com/Monkey Business Industrie- und Handelskam- O Info: Bernhard Hametner, mertag (BWIHK) hat die Studie Tel. 0711 / 2005-1397, „Struktur- und Marktdaten des bernhard.hametner@bw. Einzelhandels 2018/2019 in Ba- ihk.de, facebook.com/gut- ausgebildet Startup BW Summit 2019 Am 1. Februar 2019 findet auf der Landesmesse in Stuttgart der Startup BW Summit 2019 Unternehmen, die Flüchtlinge ausbilden, erhalten für sie künftig Unterstützung. statt. Dabei präsentieren sich 350 Startups aus Baden-Würt- temberg und internationalen AUSBILDUNGSBEGLEIT ENDE HILFEN FÜR FLÜCHT LINGE Partnerregionen sowie zahl- reiche B2B-Partner aus Bera- Integration Foto: BWIHK tung, Förderung, Investment und Technologietransfer. Offi- den-Württemberg“ herausge- zielles Partnerland ist Israel. www.startupbw.de/summit durch Ausbildung geben, um den Einzelhandels- unternehmen und der Kom- Fünf Jahre Energiescouts Die Regionaldirektion Baden-Württemberg ist zu munalpolitik solide Struktur- 2014 starteten die ersten einer Neueinschätzung der Bleibeperspektive für und Marktdaten zur Verfügung Energiescouts bei den IHKs in Flüchtlinge in Ausbildung gelangt. Dadurch erhalten zu stellen. Die Studie belegt Baden-Württemberg. Seither alle Auszubildenden mit Fluchthintergrund ab zum Beispiel, dass die Konsu- wurden landesweit rund 2.000 menten in Baden-Württem- Azubis in mehr als 300 Betrie- sofort Zugang zu ausbildungsbegleitenden Hilfen. berg 2017 mit 755 Euro bundes- ben zu Energiescouts qualifi- weit am meisten Geld im ziert. Zum fünfjährigen Jubi- Onlinehandel ausgegeben ha- läum der erfolgreichen Die Neuregelung zu den aus- Ausbildungsbetriebe, die für ben. Im Bundesdurchschnitt bildungsbegleitenden Hilfen, ihre Azubis mit Fluchthinter- beträgt dieser Wert 698 Euro. kurz abH, gilt ausschließlich grund die Förderinstrumente O Download: www.bw.ihk.de, in Baden-Württemberg. Da- der Ausbildungsförderung, Rubrik Veröffentlichungen/ mit erfüllt die Regionaldirek- insbesondere ausbildungsbe- Publikationen tion Baden-Württemberg eine gleitende Hilfen, in Anspruch Video-Wettbewerb wichtige Forderung der Wirt- nehmen möchten, können für Azubis schaft. sich in diesem Zusammen- Wie verändert die Digitalisie- Allein in den Betrieben aus hang an die Berufsberatung rung verschiedene Ausbil- Industrie, Dienstleistung und der Agentur für Arbeit oder Foto: BWIHK dungsberufe? Dazu können Handel der IHK-Regionen Bo- die Ansprechpartner bei den Azubis aus baden-württem- densee-Oberschwaben und IHKs Bodensee-Oberschwa- bergischen Unternehmen bis Ulm absolvieren aktuell 330 ben und Ulm wenden. WAB zum 1. März 2019 selbst ge- Initiative gibt es nun eine Bro- junge Flüchtlinge eine duale drehte Videos zum Wettbe- schüre, die die verschiedenen Ausbildung. Bislang hatten O Ansprechpartner für Unter- werb „Ein Tag in meiner Aus- Konzepte in den einzelnen rund ein Drittel dieser Auszu- nehmen: bildung 4.0“ einreichen. Ver- IHK-Regionen und erfolgreich bildenden keinen Zugang zu IHK Bodensee-Oberschwaben, anstaltet wird der Wettbewerb abgeschlossene Energieeffizi- den Ausbildungsförderinstru- Claudia Bissinger, vom Wirtschaftsministerium enzprojekte beleuchtet. menten der Agentur für Ar- Tel. 0751 / 409-260, und vom Baden-Württember- O Download: www.bw.ihk.de, beit. Ausbildungsbegleitende bissinger@weingarten.ihk.de gischen Industrie- und Han- Rubrik Veröffentlichungen/ Hilfen sind für diese Ziel- delskammertag (BWIHK). Unter Publikationen gruppe jedoch entscheidend, IHK Ulm, Armin Speidel, um ihre Ausbildung erfolg- Tel. 0731 / 173-303, reich durchlaufen zu können. speidel@ulm.ihk.de 6 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Panorama S R G I M M O B I L I E N G M B H, B A D W U R Z A C H Ambitionierte Ziele fest im Blick Die SRG Immobilien GmbH ist eine kleine, aber feine Immobilienagentur in Bad Wurzach. Gegründet erst 2016, aber die Macher sind alte Hasen im Geschäft. Das Unternehmen wächst, sucht im Sommer einen Auszubildenden. Und entscheidet sich für den ehemaligen Philosophiestudenten Busher Kattaa aus Syrien. Der Schwerpunkt von SRG „Da haben wir be- er in Bad Wurz- SRG unterstützt Familie liegt auf der Immobilienver- schlossen, es ein- ach, mit Frau und Noch genießt Busher Welpen- mittlung, Baubetreuung so- mal miteinander Baby, und absol- schutz, erledigt erst einmal wie der Verwaltung von Woh- zu versuchen“, viert bei SRG seit einfachere Aufgaben, um sich nungen und gewerblichen sagt Ausbilderin Oktober 2018 eine etwa mit Orts- und Straßen- Flüchtlinge in Immobilien, die Aufgaben Ciesinski. Der Ausbildung zum namen, den regionalen Play- regionalen sind vielfältig. Die Mitarbeiter 24-Jährige stammt Immobilienkauf- ern und auch mit der Bran- Unternehmen machen einen guten Job, das aus Syrien, ein Stil- mann. Nach ein chensoftware vertraut zu Unternehmen wächst. Nur: ler, mit feinen Teil 22 paar Praktika in machen. Seine Berufsschule Qualifizierte Mitarbeiter sind Gesichtszügen, verschiedenen Be- allerdings steht in Pforzheim. kaum zu finden, also kommt aufmerksam, welt- rufen weiß er, das Die Unterbringung während einer auf die Idee, den Nach- offen und wissbegierig. In sei- ist genau sein Ding. Die Ein- der jeweils dreiwöchigen The- wuchs selbst auszubilden. ner Heimat besucht er eine stiegsqualifizierung wird ihm oriephase bezahlt zum Teil Doch es gibt nur wenige Rück- amerikanische Schule, spricht wohl als erstes Ausbildungs- das Land, die Kosten für die meldungen, kaum ein Bewer- perfekt Englisch. Nach dem jahr angerechnet, ein Arran- Fahrten an den Wochenenden ber macht wirklich Eindruck, Abitur schreibt er sich an der gement mit Jobcenter, IHK, heim zu Frau und Kind über- erinnert sich Melanie Ciesin- Universität Aleppo für Philo- Regierungspräsidium und Be- nimmt SRG. „Die Familie ski, bei SRG für die Ausbil- sophie ein, doch das Schicksal rufsschule. Die Vorteile: Der braucht ihn, und da wollen dung zuständig. Aber dann hat schließlich andere Pläne. Ausbildungsbetrieb bleibt fle- wir ihn gerne unterstützen“, kommt Busher Kattaa. xibel, und Busher verliert betont die Ausbilderin. Der junge Mann legt eine Ausbildung zum keine Zeit, er hat ja ambitio- saubere Bewerbung vor, er- Immobilienkaufmann nierte Ziele. Ziel: Berufsabschluss und scheint pünktlich und gut Busher Kattaa ist seit 2015 ein Job vorbereitet zum Gespräch. in Deutschland. Jetzt wohnt Melanie Ciesinski ist zufrie- den mit Leistung und Motiva- tion, Busher mache das sehr gut. Er lerne schnell und be- komme auch künftig den Raum, sich kontinuierlich weiter zu qualifizieren. Auch Busher fühlt sich hier gut auf- gehoben. Das Ziel: „Ich hoffe, dass ich nach der Ausbildung übernommen werde.“ René Kius O Infos zur Ausbildung von Flüchtlingen: Foto: Rolf Schultes/Drumlin Photos IHK Bodensee-Oberschwaben, Claudia Bissinger, Tel. 0751 / 409-260, bissinger@weingarten.ihk.de IHK Ulm, Armin Speidel, Tel. 0731 / 173-303, speidel@ulm.ihk.de Der syrische Azubi Busher Kattaa mit seiner Ausbilderin Melanie Ciesinski bei SRG Immobilien in Bad Wurzach. Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 7
Fotos: Attila Joszef IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Jany (rechts) freute sich IHK-Präsident Jan Stefan Roell (rechts) und IHK-Haupt- bei der Preisverleihung in Konstanz mit den drei landes- geschäftsführer Otto Sälzle (links) gratulierten den besten Azubis aus Bodensee-Oberschwaben (von links): Landesbesten aus der Region Ulm (von links): Alica Lukas Hofbauer, Nina Scherer und Moritz Schebitz. Katherina Maurer, Alexander Kaiser, Bibiana Martin, Daniel Poser, Sandra Belicijan, Timo Missel, Dorota Hutzel, Philipp Köhler und Julia Katharina Schwarzer. IHK S EHREN L ANDES- UND BUNDESBES T E Deutschlands Top-Azubis Jedes Jahr zeichnen die IHKs die besten Auszubildenden des Jahrgangs aus. Zwölf Landes- und zwei Bundessieger kamen 2018 aus den IHK-Regionen Bodensee-Oberschwaben und Ulm. Unter dem Motto „Baden-Württembergs next Top-Fachkräfte“ Die 213 bundesbesten IHK-Azubis aus 205 Berufen des Prüfungs- ehrte der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskam- jahrgangs 2018 wurden im Dezember in Berlin von DIHK-Präsi- mertag (BWIHK) im November in Konstanz die landesweit besten dent Eric Schweitzer und Bundespräsident Frank-Walter Stein- Nachwuchsfachkräfte aus der dualen Berufsausbildung. Ausge- meier ausgezeichnet. Schweitzer betonte die Bedeutung der Prüfer zeichnet wurden 113 Azubis und deren Ausbildungsbetriebe. für die Aus- und Weiterbildung. „Ohne unsere Tausenden ehren- BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke lobte die Landesbesten: „Sie amtlichen Prüferinnen und Prüfer wären unsere duale Ausbil- alle füllen unser heutiges Motto als leuchtende Beispiele voll aus. dung und die Höhere Berufsbildung nicht möglich. Bei der Novel- Als Speerspitze aller Absolventen des dualen Ausbildungssystems lierung des Berufsbildungsgesetzes setzen wir uns dafür ein, dass sind Sie die Top-Fachkräfte für Baden-Württembergs Zukunft. unser Ehrenamt in Zukunft durch weniger Bürokratie belastet Nicht nur Ihre Leistungen sind Spitzenklasse, sondern auch Ihre wird und wir auch morgen noch genügend Prüfer für ihr ver- Entscheidung für die duale Ausbildung.“ dienstvolles Amt motivieren können.“ WAB Die Super-Azubis aus der Region IHK-Region Bodensee- Gleichzeitig Bundesbester: Liebherr-Werk Ehingen GmbH, ger Ingelheim Pharma GmbH & Oberschwaben Lukas Hofbauer, Koch, Hotel Alt- Ehingen; Philipp Köhler, Gieße- Co. KG, Biberach; Daniel Poser, Landesbeste: dorfer Hof e. K., Weingarten reimechaniker, Heidelberg Ma- Elektroniker für Automatisie- nufacturing Deutschland GmbH, rungstechnik, Boehringer Ingel- Lukas Hofbauer, Koch, Hotel Alt- IHK-Region Ulm Amstetten; Bibiana Martin, Ver- heim Pharma GmbH & Co. KG, dorfer Hof e. K., Weingarten; Landesbeste: fahrensmechanikerin für Kunst- Biberach; Julia Katharina Schwar- Moritz Schebitz, Immobilienkauf- Sandra Belicijan, Technische Mo- stoff- und Kautschuktechnik, zer, Drogistin, dm-drogerie markt mann, VR Bank Ravensburg eG, dellbauerin, Heidelberg Manu- Georg Schlegel GmbH & Co. GmbH & Co. KG, Riedlingen Ravensburg, und Nina Scherer, facturing Deutschland GmbH, KG, Dürmentingen; Alica Katheri- Pharmakantin, Vetter Pharma- Gleichzeitig Bundesbeste: Amstetten; Dorota Hutzel, Ver- na Maurer, Biologielaborantin, Fertigung GmbH & Co. KG, Ravens- käuferin, Lidl Vertriebs-GmbH & Boehringer Ingelheim Pharma Julia Katharina Schwarzer, Dro- burg Co. KG, Erolzheim; Alexander Kai- GmbH & Co. KG, Biberach; Timo gistin, dm-drogerie markt ser, Fachkraft für Metalltechnik, Missel, Chemielaborant, Boehrin- GmbH & Co. KG, Riedlingen 8 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Panorama Programm I H K- U N T E R N E H M E R A K A D E M I E Seminare für Führungskräfte Seit 2006 betreiben die IHKs Bodensee-Oberschwaben, Ulm, Hochrhein- Bodensee und Ostwürttemberg gemeinsam die IHK-Unternehmer Akademie. Die Akademie begleitet als Partner für Unternehmensentwicklung Lern- und Entwicklungsprozesse durch Seminare mit erfahrenen Dozenten. Das aktuelle Programm der IHK-Unternehmer Akade- mie erhalten Sie online Klar ist: Für den Wirtschafts- Wohlstand dauerhaft gesi- kräfte unternehmerische unter www.ihk-unterneh standort Baden-Württemberg chert werden. Chancen rechtzeitig erken- mer-akademie.de sind die Fähigkeiten und Fer- Gerade in Zeiten einer immer nen, in strategische Entschei- tigkeiten der besten Köpfe von weiter voranschreitenden Ver- dungen überführen und er- O Info: IHK Bodensee- zentraler Bedeutung. Nur mit änderung der Arbeitswelt folgreich in der Praxis reali- Oberschwaben, Boris ihnen können Wettbewerbs- kommt es auf Mitarbeiter an, sieren. Das Programm der Selimovic, Tel. 0751 / fähigkeit, Wachstum und die als Fach- und Führungs- IHK-Unternehmer Akademie 409-138, selimovic@ richtet sich an Entscheidungs- weingarten.ihk.de träger und Führungskräfte unterschiedlicher Ebenen IHK Ulm, Thomas Barthel, und unterstützt sie und ihre Tel. 0731 / 173-165, Mitarbeiter dabei, diesen Weg barthel@ulm.ihk.de konsequent weiterzugehen. Im aktuell erschienenen Pro- gramm 2019 finden sich be- Foto: elnariz/Fotolia.com währte Themen, wie der Rol- lenwechsel „Vom Mitarbeiter mie bietet auch bei der inter- zum Vorgesetzten“, ergänzt nen Führungskräfteentwick- um neue, innovative Formate, lung Unterstützung an – vor wie „Verhandeln nach dem Ort in einem der ausgewähl- Harvard-Modell“ oder das Se- ten Tagungshotels oder als in- Die IHK-Unternehmer Akademie bietet ausge- minar „Fit for Innovation“. dividuelles, firmenspezifi- wählte Seminare speziell für Führungskräfte. Die IHK-Unternehmer Akade- sches Inhouse-Training. WAB
Panorama IDEENWE T T BE WERB Lokale Online-Marktplätze prämiert Drei Kommunen aus den IHK-Regionen Bodensee-Oberschwaben und UIm sind unter den sieben Gewin- nern des Landeswettbewerbs „Lokaler Online-Marktplatz“: Blaubeuren, Laichingen und Weingarten. Ziel des Ideenwettbewerbs, den Alb, der im Wettbewerb mit das Ministerium für Ländli- der Höchstfördersumme in chen Raum und Verbraucher- Höhe von 200.000 Euro prä- schutz Baden-Württemberg miert wurde, war auch die veranstaltete, ist die Stärkung IHK Ulm beteiligt. Ziel ist es, des innerörtlichen Handels das örtliche Gewerbe digital und der Versorgung im ländli- sichtbar zu machen und mehr chen Raum durch lokale On- Umsatz vor Ort zu binden. line-Marktplätze. Mit diesen Mehr als 40 Firmen haben Foto: Joh. Rauneker, SZ sollen Bestellungen mit loka- sich zur Teilnahme bereit er- lem Bezug und gleichem Kom- klärt. Eine Bürgerbefragung fort wie bei großen E-Com- ist bereits gestartet. Auch die merce-Plattformen erfolgen Gemeinden Berghülen, Merk- können. Außerdem sind digi- lingen, Nellingen und Wester- tale Informationsangebote heim sollen eingebunden wer- Die Projektpartner des Online-Marktplatzes Laichingen, darunter auch Josef Röll, Handels- denkbar – zugeschnitten auf den. referent der IHK Ulm (oben links). die Kommunen bzw. Regionen. Die Nachbarkommune Blau- Weitere Partner des Projekts beuren zählt auch zu den Ge- sind der Gemeindetag Baden- winnern und erhielt 160.000 Württemberg und der Handels- Euro Förderung. Marktplatz 24 Unternehmen werden. Ein weiterer Partner verband Baden-Württemberg. Die Stadt Weingarten wurde und Institutionen ihre Waren des Projekts ist die Locamo ebenso wie Laichingen mit und Dienstleistungen anbie- GmbH aus Weingarten, die IHK Ulm unterstützt der Höchstfördersumme von ten, verknüpft mit einem lo- die nötige Software bereit- Projekt in Laichingen 200.000 Euro ausgezeichnet. kalen Lieferservice, für den stellt und selbst mehrere An der Konzeption des On- Noch im ersten Halbjahr 2019 die Integrierten Werkstätten 10.000 Euro in das Vorhaben line-Marktplatzes Laichinger sollen auf ihrem Online- Oberschwaben eingebunden investiert. WAB WEBP OR TAL Marktstammdatenregister startet am 31. Januar Das Marktstammdatenregister folgt der Anlagenregisterverordnung und bündelt energiewirtschaftliche Meldepflichten im Strom- und Gasbereich. Auf den Internetseiten des Marktstammdatenregisters – kurz Die geänderte Verordnung ist im November 2018 in Kraft getre- MaStR – werden künftig die Stammdaten der Anlagen und Ak- ten. Das neue Merkblatt zur Verordnung finden Sie auf den In- teure des deutschen Strom- und Gasmarktes veröffentlicht: ne- ternetseiten der IHKs Bodensee-Oberschwaben und Ulm. WAB ben erneuerbaren und konventionellen Stromerzeugungsanla- gen auch Gaserzeugungs- und industrielle Verbrauchsanlagen O Info: Stefan Kesenheimer, IHK Bodensee-Oberschwaben, im Strom- und Gasbereich. Derzeit können sich nur Strom- und Tel. 0751 / 409-140, kesenheimer@weingarten.ihk.de, Gasnetzbetreiber eintragen. Für alle anderen Marktakteure www.weingarten.ihk.de, Nr. 3978804 und für sämtliche Anlagen und Einheiten ist die Nutzung des MaStR-Webportals ab dem 31. Januar 2019 möglich. Infos dazu, Regina Eckhardt, IHK Ulm, Tel. 0731 / 173-347, wie Meldefristen bis dahin wahrgenommen werden können, eckhardt@ulm.ihk.de, www.ulm.ihk24.de, Nr. 3929842 gibt es schon jetzt unter www.marktstammdatenregister.de. 10 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Richard J. Spinnenhirn, Geschäftsführer der H3 Hausverwaltung GmbH in Ravensburg, sieht in der Digitalisierung große Chancen für die Hausverwaltung. Foto: Rolf Schultes/Drumlin Photos
Titelthema Trends am Immobilienmarkt IMMOBILIEN Ein Markt im Umbruch Der Immobilienmarkt in der Region brummt. Die florierende Wirtschaft und günstige Zinsen zeigen ihre Wirkung, ebenso die positive Einwohnerentwicklung in den IHK-Regionen Bodensee-Oberschwaben und Ulm: Allein seit 2010 ist die Bevölkerung um mehr als 29.000 Personen gewachsen. Das schafft allerdings auch Engpässe für die Unternehmen: Bauflächen werden knapp, Gewerbehallen teuer, Handwerker und Baufirmen sind über Monate ausgebucht – und die dringend benötigten Mitarbeiter finden keine bezahlbare Wohnung. Verschiedene Akteure der Branche, ob Makler, Bauunternehmer, Hausverwalter oder Projektentwickler, geben Einblicke in einen Markt im Umbruch. Jürgen Baltes* Als 2009 vor den Toren Ravensburgs das markt boomen. „Multifunktionale Hal- Zuzug und gut bezahlte Manager sei Gewerbegebiet Erlen eröffnete, dauerte len in guten Lagen sind fast Selbstläufer“, nicht zu unterschätzen, sagt Schneider. es etwas, bis sich die Flächen zu füllen so Schneider. Etwas entspannter das „Wir haben in Spitzenlagen Neubau- begannen. „Würde man ein solches Ge- Büro-Segment: „Hier ist in Ravensburg preise von 5.000 bis 6.000 Euro pro Qua- biet heute nochmal eröffnen, gingen die viel gebaut worden, der Markt war kurz- dratmeter, das ist Großstadtniveau.“ Grundstücke weg wie warme Semmeln“, zeitig sogar gesättigt, aber die Nachfrage Insgesamt also „ein absoluter Immobi- ist Ralph Schneider, Geschäftsführer der zieht schon wieder an.“ lienboom, bei dem sich Wohnraum und Immobilien Sterk GmbH & Co. KG in Ra- Die florierende Wirtschaft wirkt sich Gewerbe im Gleichschritt bewegen.“ Und vensburg, überzeugt. „Den Firmen geht’s auch aufs Wohnen aus. Der Druck durch wie soll das weitergehen? „Die Spitze ist „Wir haben in Spitzenlagen Neubaupreise von 5.000 bis 6.000 Euro pro Quadratmeter, das ist Großstadtniveau.“ gut, sie wollen investieren, am liebsten in eigene Immobilien“, weiß der auf Ge- werbe spezialisierte Makler. Egal ob klei- ner Handwerksbetrieb oder großes In- dustrieunternehmen. Doch das Investieren ist dieser Tage gar nicht so leicht. Denn Gewerbegrundstü- cke sind sehr knapp, so Schneiders Be- Foto: Rolf Schultes/Drumlin Photos fund. Das gelte quasi für die gesamte Region – vielleicht abgesehen vom Wes- ten des Bodenseekreises: „Ab Altshausen Richtungen Sigmaringen wird’s günsti- ger, da ist der Marktdruck weniger stark.“ Schneider unterscheidet zwischen Kau- fen und Mieten einerseits sowie Hallen, Büro und Laden andererseits. Seine Ana- Ralph Schneider, Geschäftsführer der Immobilien Sterk GmbH & Co. KG lyse der aktuellen Situation: Der Druck in Ravensburg, im Syrlin Quartier Weingarten, wo neue Büro- und Dienstleistungsflächen entstehen. beim Kaufmarkt lässt auch den Miet- Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 13
Titelthema Trends am Immobilienmarkt erreicht“, glaubt der Profi und erwartet Laupheim an Mitarbeiter vermietet. gern in der Not ihren Sitz komplett, etwa nun „eher eine Seitwärtsbewegung“. Nicht um damit Geld zu verdienen, wie Carthago von Ravensburg nach Aulen- Schmid betont, sondern „aus der Not he- dorf. Revival der Werkswohnung? raus“. Zur Grundstücks- und Immobilien- Diese Not spüren auch andere: Gerade Das Bauen wird immer teurer knappheit gesellen sich Engpässe beim etwa entwickelt Schmid für einen Indus- Die Themen Flächenknappheit und be- Bau. „Wir arbeiten an der Kapazitäts- triebetrieb eine Art Campus, auf dem zahlbarer Wohnraum beschäftigen auch grenze“, stellt Fridolin Schmid, Ge- dessen Mitarbeiter künftig wohnen sol- die Genossenschaft für Wohnungsbau schäftsführer der Matthäus Schmid Bau- len. Es entstehen Apartments im WG-Stil Oberland eG (GWO) in Laupheim. Die unuternehmen GmbH & Co. KG in für Arbeiter, dahinter größere Wohnun- GWO verwaltet 1.800 Wohnungen für Baltringen, fest – „zumal noch Großpro- gen und sogar Doppelhäuser für nach- jekte wie Stuttgart 21 und die Bahn-Elek- kommende Familien. Für Schmid ein in- trifizierung von Ulm nach Friedrichs- teressanter Ansatz, der etwas an die „Die Nachfrage nach Wohnungen hafen hinzukommen.“ früher üblichen Werkswohnungen erin- zu sozialverträglichen Kondi- Schmid sucht denn auch händeringend nert. tionen ist groß und kann absolut qualifizierte Fachkräfte, um all die Auf- Die Flächenknappheit indes lässt sich nicht befriedigt werden.“ träge bewältigen zu können. Und dabei kaum lösen. Manche versuchen in die gut 90 Eigentümergemeinschaften und bewirtschaftet 1.669 eigene Wohnun- gen, von Ulm bis Ochsenhausen. Sie werden zu sozialverträglichen Konditi- onen von im Schnitt derzeit 6,07 Euro pro Quadratmeter vermietet. Die Nach- frage sei entsprechend groß, sagt Vor- standsvorsitzender Jörg Schenkluhn, und könne absolut nicht befriedigt wer- den. Knapp 100 Mietwohnungen hat die GWO im Bau, doch das Umfeld wird auch für die Genossenschaft rauer. Staatliche Auf- lagen, etwa zur Energieeffizienz, stei- gende Baukosten sowie knappe Flächen machen das Bauen immer teurer, klagt Schenkluhn. Schon jetzt müssten die Foto: Photodesign Armin Buhl Mieten durch das Geschäftsfeld Verwal- tung oder vereinzelte Bauträgertätigkeit quersubventioniert werden. Dennoch muss auch die GWO für Neubauten teil- weise 8,40 Euro pro Quadratmeter neh- men. Diese „Herausforderung“ versucht Die Mitarbeiter von Fridolin Schmid, Geschäftsführer der Matthäus Schenkluhn auf mehreren Wegen zu Schmid Bauunternehmen GmbH & Co. KG in Baltringen, haben oft meistern. So wurden jüngst Flächen zum Probleme, bezahlbaren Wohnraum in der Region zu finden. Nachverdichten identifiziert. Gleichzei- tig soll „serielles Bauen“ die Baukosten senken. Der GdW Bundesverband der fällt ihm der boomende Immobilien- Höhe zu bauen. Bei Trumpf in Ditzingen deutschen Wohnungs- und Immobilien- markt, von dem er profitiert, wieder auf etwa setzt Schmid derzeit das neue Fit- unternehmen e. V. etwa hat gerade Rah- die Füße. Neue Mitarbeiter, etwa aus nessstudio für die Mitarbeiter aufs Dach menverträge für kostensparende Modul- Osteuropa, könnten zwar anfangen. der Produktionshalle: „Das wäre früher bauten ausgehandelt, auch mit einem Doch sie finden keine bezahlbare Woh- vermutlich einfach nebendran gebaut Anbieter aus Ulm. nung. Daher ist Schmid selbst aktiv ge- worden.“ Generell sei Geschossbau bei Die typischen Mieter der GWO reichen worden. „Wir haben in Achstetten den Hallen allerdings schwierig, da der von Familien und älteren Menschen über ehemaligen Landgasthof Rössle gekauft Workflow in der Fläche funktionieren Geringverdiener und Azubis bis zu Mi- und in ein Handwerker-Hotel umge- müsse. Manche Firmen suchen zweite granten. Doch zunehmend erhält baut“, so der Firmenchef. Zudem werden oder dritte Standorte, was aber oft logis- Schenkluhn auch Anfragen von Firmen, eigene Wohnungen in Biberach und tische Probleme schafft. Andere verla- die günstige Wohnungen für ihre Mitar- 14 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Titelthema Trends am Immobilienmarkt beits-, Wohn- und Lebensräume für sich wandelnde Bedürfnisse schaffen“, wie Geschäftsführer Stefan Nachbaur es aus- drückt. Das Bauen sei dabei nur Mittel zum Zweck. In Friedrichshafen hat Prisma auf dem früheren Postareal am Hauptbahnhof ein multifunktionales Quartier geschaf- fen. Die sogenannte SEE.STATT bietet Fir- men Büros ebenso wie Wohnungen, die an Mitarbeiter oder flexibel auf Zeit ver- mietet werden. In Ravensburg wurde 2018 gemeinsam mit der Stiftung Liebe- nau das kup.Ravensburg eröffnet. Hier Foto: Photodesign Armin Buhl ist neben Technologie und Kreativwirt- schaft erstmals der Förderbereich Ku- BiQu für Menschen mit Behinderung integriert. Und am Flughafen Friedrichs- hafen ist der Competence Park Fried- richshafen entstanden. Die 50 Firmen mit 1.200 Mitarbeitern genießen laut Jörg Schenkluhn, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft für Wohnungsbau Oberland eG (GWO) in Laupheim, will trotz stei- Nachbaur „besondere Mehrwerte“. So gender Baukosten weiter bezahlbaren Wohnraum schaffen. gibt es zwei ganztägige Kinderbetreu- ungseinrichtungen, einen Mittagstisch und einen Lauftreff. Startups fördere beiter suchen, etwa möblierte Apart- Wohnen und Arbeiten verbinden man gezielt über Workshops, Grün- ments, die sich auch für drei oder zwölf Völlig neue Wege will indes die Prisma dungsseminare und vergünstigte Mie- Monate mieten lassen: „Das sind neue Zentrum für Standort- und Regional- ten. Zudem sollen Veranstaltungen die Anforderungen, die wir als regional ver- entwicklung GmbH in Friedrichshafen Unternehmen besser vernetzen. Denn bundenes Unternehmen gerne aufgrei- gehen. Dem Projektentwickler geht es zum Konzept von Prisma gehört auch, fen.“ Man spreche bereits mit Firmen nach eigenem Bekunden nicht nur ums dass die Mieter zueinander passen. Beim und habe erste Standorte im Blick. Bauen und Vermieten. Man wolle viel- mehr „inspirierende und flexible Ar- „Wir wollen inspirierende und flexible Arbeits-, Wohn- und Lebensräume für sich wandelnde Bedürfnisse schaffen.“ Competence Park etwa liege der Schwer- punkt auf Engineering und IT, sagt Nach- baur. Beim jüngsten Netzwerktreffen namens „Innovation B“ habe man ganze 200 Teilnehmer gezählt, betont der Prisma-Chef die Relevanz solcher Tref- fen. Die Kultur in den Unternehmen sei heute Foto: Rolf Schultes/Drumlin Photos eine ganz andere als früher, beobachtet Nachbaur: „Firmen sind stärker open min- ded. Große tauschen Know-how mit klei- nen aus oder beteiligen sich an diesen.“ Das müsse sich auch in der Büro-Infra- struktur widerspiegeln, so der Projektent- wickler. Prisma bietet etwa Co-Working- Flächen, Open Spaces und Begegnungs- räume. Und auch die Möglichkeit, sich Stefan Nachbaur, Geschäftsführer der Prisma Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH in Friedrichshafen, innerhalb der bestehenden Flächen zu will neue Räume für Arbeiten und Wohnen schaffen. vergrößern oder zu verkleinern. Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 15
Titelthema Trends am Immobilienmarkt Zauberwort digitale mobilienmarkt sich wieder drehe. „Dann spiel. Ignoriert, könnten sie dagegen Gebäudeautomation wird sich die Spreu vom Weizen tren- langfristig zum Totalschaden führen. Werner Taubert, Geschäftsführer des Ul- nen.“ Er sei überrascht, welche Preise Um ein solches Fiasko zu verhindern, in- mer Ingenieurbüros Conplaning GmbH, teilweise für Altbauten gezahlt würden, formiere man stets frühzeitig über sinn- sieht derlei Entwicklungen vor allem von sagt Valencic. Denn diese mit neuester volle Maßnahmen. Denn Hausverwalter der technischen Seite. Denn wo die Ge- Gebäudetechnik auszurüsten sei oft können den Eigentümergemeinschaften bäudenutzung flexibler werde, stiegen komplex und bedürfe einer intensiven lediglich Vorschläge machen. auch die Anforderungen an die Technik. Gebäudesubstanzanalyse. Bei größeren Die Bedeutung der Hausverwaltung für „Digitale Gebäudeautomation“ ist für Projekten gebe es zudem einen Trend in die Entwicklung des Immobilienvermö- Taubert das Zauberwort. Offene BUS-Sys- Richtung Energieautarkie. gens sei nicht zu unterschätzen, so Spin- teme würden bei geänderter Nutzung nenhirn. Denn nach außen habe diese oder Flächeneinteilung einfach umpro- Hausverwaltung im Wandel weitreichende Befugnisse: „Wir verhan- grammiert, so der Ingenieur, egal, ob es Dass die der H3 Hausverwaltung GmbH deln mit Handwerkern, Fachingenieuren um Verbrauchsmessung, Belüftung, Be- in Ravensburg anvertrauten Immobilien oder Versicherern. Wir müssen im Ar- schattung oder Lichtsteuerung gehe. zu den „Gewinnern“ gehören, ist auch beitsalltag über 60 Gesetze berücksich- tigen.“ Vor allem aber sei die Hausver- waltung in einem digitalen Wandel begriffen, den der Verwalter aktiv voran- treiben könne. Die Kommunikation etwa erfolgt statt einmal jährlich zur Eigentü- merversammlung zunehmend stetig. Die H3 GmbH etwa stellt ihren Kunden be- reits alle wesentlichen Dokumente in ei- genen Internetportalen bereit. Sukzes- „Die Wertentwicklung der Immobilien ist zentrale Aufgabe der Hausverwaltung.“ Foto: Photodesign Armin Buhl sive wird auch die Messausstattung digitalisiert, um Bewohnern fortlaufend und transparent Verbräuche zu liefern. Die Digitalisierung werde die Liegen- schaftsverwaltung „in eine neue Dimen- sion führen“, ist Verwalter Spinnenhirn überzeugt – etwa mit zentral gesteuer- Werner Taubert (links) und Frank Valencic, Geschäftsführer des ten Bildschirmen statt Pinnwänden in Ulmer Ingenieurbüros Conplaning GmbH, setzen auf mehr Effizienz den Hausfluren, per App gesteuerter durch digitale Gebäudeautomation. Bildsprechanlagen oder Sensoren, die au- tomatisch Füllstände von Heizöltanks oder Mülleimern melden. Wobei laut Taubert die Ansprüche an die der Ansporn von Geschäftsführer Ri- Und so wird im Immobilienmarkt an vie- Ausstattung von Büroraum generell ge- chard J. Spinnenhirn. Sein Unternehmen len Stellen ein Umbruch spürbar, der von wachsen sind. Die Kühlung etwa, früher verwaltet aktuell etwa 40 Liegenschaf- sich wandelnden Bedürfnissen der Nut- oft ignoriert, werde zum zentralen ten mit rund 650 Wohn- und Gewerbe- zer über innovative Planung bis hin zu Thema: „Wir saßen selbst einmal in ei- einheiten. „Die Wertentwicklung der digitalisierter Gebäudetechnik und Ver- nem Büro, da war man im Hochsommer Immobilien ist zentrale Aufgabe der waltung reicht. Ein langfristiger Wan- mittags schon so weich gekocht, dass Hausverwaltung“, ist Spinnenhirn über- del, der weit über das wirtschaftliche kein vernünftiges Arbeiten mehr mög- zeugt. Weshalb er stets proaktiv an Auf und Ab am Immobilienmarkt hin- lich war.“ Instandhaltungsthemen rangehe, ob Fas- ausgeht. Für den zweiten Conplaning-Geschäfts- sadenanstrich oder energetische Kom- führer Frank Valencic ist klar, dass die plettsanierung. technische Ausstattung eines Gebäudes „Betonschäden etwa sind im Frühsta- spätestens dann den entscheidenden Un- dium mit überschaubarem Aufwand zu *Jürgen Baltes lebt und arbeitet als freier Journalist terschied machen werde, wenn der Im- beheben“, nennt Spinnenhirn ein Bei- in Überlingen. 16 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Titelthema Trends am Immobilienmarkt B R E R A G M B H, M Ü N C H E N Eine kurzfristige Alternative Serviced Apartments sind ein relativ neues Angebot - möblierte Apartments, die für verschiedene Zeiträume buchbar und mit alltäglichen Utensilien ausgestattet sind. Ursprünglich stammt das Konzept aus den USA, wo vor allem Geschäftsreisende diese flexiblen Unterkünfte nutzen, um zum jeweiligen Engagement eine möblierte Wohnung zu haben. Häufig suchen sich die Kunden während der Zeit im Serviced Apartment eine längerfristige Lösung und begeben sich auf die Wohnungssuche – was je nach Wohnungsmarkt nicht immer einfach ist. Die Brera GmbH aus München plant in Ulm 111 dieser Serviced Apartments im Dichterviertel nahe des Hauptbahnhofs. Wir haben darüber mit dem Geschäftsführer Matteo Ghedini gesprochen. Welche Personengruppe spricht Ihr Angebot an? Wir konzentrieren uns auf Geschäftsrei- sende. Sei es der Gast, der zu einem län- geren Projekt in eine Stadt kommt und die Vorzüge eines Apartments nutzen möchte oder der Gast, der in die Stadt ver- setzt wird und gegebenenfalls sogar mit Familie anreist, um einen neuen Lebens- abschnitt zu beginnen. Wir sind oftmals der Anfang dieses neuen Lebens, sodass unsere Gäste in aller Ruhe ihren neuen Standort kennenlernen können und Zeit finden, um den geeigneten Wohnraum bzw. eine Immobilie zu suchen. Eine Foto: Brera GmbH kleine Anzahl unserer Gäste sind zum Beispiel internationale Medizinreisende, die Familienmitglieder in deutschen Krankenhäusern therapieren lassen. Matteo Ghedini, Geschäftsführer der Brera GmbH, die in Ulm 111 sogenannte Serviced Apartments plant. Welche Erfahrungen haben Sie in ande- ren Städten gemacht? Unsere drei Häuser in Frankfurt, Nürn- berg und München sind sehr erfolgreich Württemberg, sondern auch in Deutsch- die Sicherheit gegeben, dass wir mit dem im Markt platziert. Der veränderte Be- land. Unser Standort in Nürnberg hat Standort erfolgreich werden. darf der Reisenden von heute wird mit bewiesen, dass interessante „B-Standorte“ unseren Produkten bedient und das ebenso erfolgreich sein können wie die Wie wichtig ist der zentrale Standort Feedback der Gäste zeigt, dass wir auf begehrten A-Standorte. Nicht außer Acht in der Stadt? dem richtigen Weg sind. lassen wir auch die Fertigstellung der Ein zentraler Standort ist für uns bei Die durchschnittliche Auslastung unse- Bahnstrecke Stuttgart-Ulm, von der wir der Projektauswahl entscheidend. Un- rer Häuser beträgt 75 Prozent bei einem zusätzliches Potenzial für unser Haus er- sere Gäste benötigen ein Umfeld, in dem Aufenthalt von 28 Nächten im Durch- warten. Darüberhinaus betrachten wir die sie schnellen Zugang zu öffentlichen Ver- schnitt. Hochschullandschaft, die internationalen kehrsmitteln haben sowie eine gute ansässigen Unternehmen und das stän- Infrastruktur wie Supermärkte und Res- Warum haben Sie sich für Ulm ent- dige Wachstum in Ulm als große Chance. taurants vorfinden. Das neue Dichter- schieden und welches Potenzial bzw. Als neue Produktform ist es für uns wich- viertel in Ulm hat uns nicht nur durch welche Nachfrage sehen Sie für die tig, in einen Markt einzusteigen, von dem die großartige Quartiersentwicklung der Stadt? wir das Gefühl haben, dass unsere Kunden Familie Staiger überzeugt, sondern auch Wir halten Ulm für eine sehr wichtige und Gäste offen für Neues sind. Ulm hat durch die zentrale Lage. Wirtschaftsregion, nicht nur in Baden- uns gleich sehr offen empfangen und uns Interview: Simon Pflüger Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 17
Titelthema Trends am Immobilienmarkt Foto: Matthias Buehner/Fotolia.com Wenn der Wohnungsmarkt nennenswert entlastet werden soll, müssen Innenstädte nachverdichtet und zusätzliche Flächen in den Außenbereichen ausgewiesen werden. REGIONALE WOHNUNGSMÄRK TE Wohnungsnot ist kein Privatproblem Auf dem deutschen Wohnungsmarkt knirscht und knarzt es gewaltig: Wohnraum ist in vielen regionalen Wohnungsmärkten zum knappen Gut geworden. Miet- und Kaufpreise klettern in schwindelerregende Höhen. Der Druck auf die regionalen Wohnungsmärkte steigt. Politik und Wohnungsmarktakteure müssen deshalb eng zusammenarbeiten. Die regionalen Wohnungsmärkte sind wanderung in Deutschland (rund 4,5 kennzeichnet sind. Gerade in wirt- im Ungleichgewicht: Auf der einen Seite Millionen Umzüge im Jahr 2016) zuneh- schaftsstarken ländlichen Räumen mit wächst die Nachfrage dynamisch (z. B. in mend angespannt. dynamischen Arbeitsmarktentwicklun- Ballungsräumen durch Zuzug von Fach- gen nimmt der Druck der Wohnraum- kräften und Trends zu kleineren Haus- Dreiteilung der regionalen versorgung deutlich zu – dazu gehört halten), auf der anderen Seite entwickelt Wohnungsmärkte auch die Region zwischen Alb und Bo- sich das Angebot nur träge. Bundesweit In Deutschland teilen sich die regionalen densee. In diesen Regionen kommt dem lässt sich für den Zeitraum 2011 bis 2015 Wohnungsmärkte auf in angespannte, kurzfristigen Wohnungsneubau eine eine Wohnungsbaulücke von 540.000 ausgeglichene und schrumpfende Woh- entscheidende Rolle im Hinblick auf eine Wohnungen beziffern. Die anhaltend po- nungsmärkte. Angespannte Wohnungs- ausreichende Versorgung mit Wohn- sitive demografische Entwicklung in märkte sind durch eine steigende Wohn- raum zu. Ausgeglichene Wohnungs- Deutschland (Wanderungssaldo von raumnachfrage und anhaltend hohen märkte dagegen weisen in der Regel eine rund 900.000 Personen 2016 und 2017) Zuzug geprägt: Sie sind nicht nur ein eher stagnierende demografische Ent- lässt die Schere zwischen Angebot und Phänomen in großen Städten und Bal- wicklung auf. Die große Herausforde- Nachfrage aktuell weiter aufgehen. Die lungsräumen. Auch in der Fläche gibt es rung für diese Regionen ist es, das Ange- Lage auf den regionalen Wohnungsmärk- regionale Märkte, die von Engpässen bot an Wohnungen bedarfsgerecht und ten ist gerade auch durch die Binnen- beim Angebot und steigenden Preisen ge- zugleich strategisch so zu erweitern, 18 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
dass langfristig der Werterhalt der Im- auch gegeben, wenn abgestimmte Maß- mobilien gesichert ist und keine Überka- nahmen umgesetzt werden, mit denen pazitäten aufgebaut werden. Anders die Bau- und Baunebenkosten gesenkt sieht es dort aus, wo das wirtschaftliche werden können. Dazu gehören etwa ge- Wachstum gering ist und immer mehr ringere Gebühren und eine zeitgemäße Menschen und insbesondere junge Er- Grundsteuer. Investoren und private Bau- wachsene abwandern. In diesen Regio- herren brauchen langfristige Planungssi- nen schrumpft der Wohnungsmarkt. cherheit. Kurzfristige Maßnahmen und Programme, die auf wenige Jahre ange- Pendleraufkommen nimmt zu legt sind, schaffen das nicht. So ist bei- Die Ungleichgewichte in den Regionen spielsweise heute noch offen, wie sozia- mit angespanntem Wohnungsmarkt ler Wohnraum nach 2020 gefördert wird. führen zu immer höheren Kauf- und Mietpreisen sowie zu steigenden Preisen Kommunen sind gefordert für Bauland. Diese Kosten werden schon Einer der größten Hebel für den Woh- jetzt häufig nicht mehr durch das Ein- nungsneubau liegt bei den Kommunen. kommen und die Kaufkraft der Haus- Sie sind für die Ausweisung, Aktivierung halte gedeckt. In derart angespannten und Bereitstellung von Bauland verant- Wohnungsmärkten sind die Menschen wortlich und sie können oftmals schnel- deshalb überproportional von einer stei- ler aktiv werden als übergeordnete Stel- genden Belastung durch Wohnkosten be- len auf Landes- oder Bundesebene. Um troffen. Insbesondere in Großstädten wie das zu gewährleisten, braucht es mehr Hamburg, München oder Berlin, in de- Personal in den Bauämtern und be- nen der Markt besonders stark ange- schleunigte Genehmigungsverfahren. spannt ist, sind die Wohnungsmärkte Nicht nur in den Städten müssen poten- kaum noch aufnahmefähig. Die Folge: zielle Flächen nachverdichtet werden. Ausweichbewegungen ins weniger ange- Auch in den Außenbereichen müssen zu- spannte Umland. Diese Ausweichbewe- sätzliche Wohnbauflächen ausgewiesen gungen führen allerdings zu einer Ent- werden, um das Angebot bedarfsorien- koppelung von Wohnen und Arbeiten tiert zu erweitern. Dabei kommt es im- und letztlich zu einem Anstieg des Pend- mer stärker auch auf eine interkommu- leraufkommens beziehungsweise größe- nale Zusammenarbeit an. In Verbindung ren Pendlerdistanzen. Gerade Woh- mit der ÖPNV- und Verkehrspolitik sowie nungssuchende von außerhalb, die als Versorgungseinrichtungen sollten güns- neue Nachfrager an regionalen Woh- tigste und geeignete Standorte für die nungsmärkten auftreten, müssen mit ei- Erweiterung von Wohnraum ermittelt nem erhöhten Suchaufwand rechnen. werden. Gegenüber einzeln agierenden Wohnraum wird damit zu einem ent- Kommunen wird eine solche Teamarbeit scheidenden Standortfaktor und gewinnt einer stärkeren Zersiedlung im Außen- für die Deckung des Fachkräftebedarfs bereich entgegenwirken. Flächen kön- der regionalen Wirtschaft an Bedeutung. nen so optimal genutzt werden. Neben Politikern, Verwaltungen und Woh- Vorschriften entrümpeln, nungsbauwirtschaft müssen jedoch auch Baukosten senken Bürger und Grundstückseigentümer für Die bundesweit bereits heute bestehende Veränderungen offen sein. Spürbar ent- Wohnungsbaulücke zeigt, wie dringend spannt werden können die engen Woh- das Angebot an Wohnraum erweitert nungsmärkte nur, wenn sich Bauherren werden muss. Bundes- und Landespoliti- und Beteiligte auf den Neubau von Miet- ker müssen beschlossene Konzepte und und Geschosswohnungen einigen. Vorbe- Maßnahmen wie steuerliche Anreize halte gegen Neubauprojekte und dich- oder befristete Sonderabschreibungen tere Bauformen auch vor der eigenen zügig umsetzen und mutig erweitern. Haustür müssen überwunden werden. Dringend nötig ist es auch, in Koopera- Nur so können die Wohnungsmärkte tion mit Bund und Ländern Bauvorschrif- entlastet und die Angebote dem Bedarf ten zu entrümpeln, an den aktuellen entsprechend erweitert werden. Bedarf anzupassen und zu vereinheit- Quelle: Marion Neumann, Prognos AG, lichen. Wichtige Anreize, neuen Wohn- www.prognos.com/trendletter raum durch Neubau zu schaffen, werden Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 19
Titelthema Trends am Immobilienmarkt Foto: Stadt Friedrichshafen Stefan Köhler, Erster Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen. S TADT FRIEDRICHSHAFEN „Wir brauchen passgenaue Wohnraumkonzepte“ Wie angespannt ist der Immobilienmarkt in Fried- richshafen? Welche Konzepte verfolgt die Stadt? Und was kann die Wohnungswirtschaft zur Entspannung der Situation beitragen? Darüber sprachen wir mit Stefan Köhler, Erster Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen. Auch in Friedrichshafen herrscht ein Mangel an Bauflächen für Gewerbebetriebe und Wohngebäude. Wie geht die Stadt Friedrichshafen damit um? Die Stadt Friedrichshafen hat ein vom Gemeinderat Fried- richshafen einstimmig beschlossenes umfangreiches Maß- nahmenpaket geschnürt. Es beinhaltet Maßnahmen zur Aktivierung von potenziellem Bauland, zur verbilligten Grundstückabgabe unter einzuhaltenden Konditionen, zur Schaffung beziehungsweise Sicherstellung eines bestimm- ten Anteils bezahlbaren Wohnraums, zur Sicherstellung von Baukultur durch Verpflichtung auf durchzuführende Wett- 20 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
Titelthema Trends am Immobilienmarkt bewerbsverfahren und diverse Zuschussmöglichkeiten für Was kann die Wohnungswirtschaft dafür tun, um zur Ent- Mieter und zur Wohneigentumsbildung – zum Beispiel Bau- spannung der Situation beizutragen? kindergeld, Zuschüsse bei Sanierungen, zur Erzielung von Die Wohnungswirtschaft ist einer der zentralen Player. Sie Barrierefreiheit oder bei energetischem Bauen. Näheres dazu steht vor der schwierigen Aufgabe, möglichst preisgünstig und findet man in der Broschüre „Wohnen und Bauen in Fried- trotzdem qualitativ ansprechend zu bauen. Deshalb ist es wich- richshafen“, die man gern unter s.koehler@friedrichshafen.de tig, passgenaue Wohnraumkonzepte für eine sich ändernde direkt bei mir anfordern kann. Gesellschaft bereitzuhalten. Das bedeutet letztendlich, für je- des Bauvorhaben zu sondieren, welche Nachfragebedürfnisse Ist der Trend zur Re-Urbanisierung auch in Friedrichshafen an dem jeweiligen Standort vorliegen. Das setzt eine gute und feststellbar? kooperative Zusammenarbeit der Wohnungswirtschaft mit der Der Trend zur Re-Urbanisierung ist dadurch festzustellen, dass Kommune voraus. Städtebauliche Wettbewerbe sind hier hilf- insbesondere Neubauten im innerstädtischen Bereich direkt reich. Ich kann aus den Erfahrungen, die wir in Friedrichs- vermarktet sind, sogar bevor mit dem Bau begonnen wurde. hafen gemacht haben, die Durchführung von Wettbewerbsver- Viele Menschen wollen wieder kurze Wege zur Arbeit und den fahren nur empfehlen. Interview: Bernhard Nattermann verschiedenen für sie jeweils wichtigen Infrastrukturangebo- ten, egal, ob es um Einkaufmöglichkeiten, Sport- oder Kultur- angebote geht. Vor allem, wenn die Kinder aus dem Haus sind und man sich verkleinern will, ist es wieder schick und prak- tisch, innerhalb der Stadt zu leben. Aktuell können wir aber noch nicht einmal den Bedarf an Wohnraum abdecken, der sich allein aus dem Arbeitsplatzwachstum in unserem Stadtge- biet der letzten zehn Jahre ergeben hat. Die Effekte der Re-Ur- banisierung kommen zu der Zuwanderung von außen da noch oben drauf. Im Bodenseeraum wird immer wieder die Einführung einer Fehlbelegungsabgabe in den Kommunen diskutiert, damit Wohnungssuchende schneller und günstiger an Wohnraum kommen. Was halten Sie davon? Wenn das gesetzliche Instrumentarium und vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert werden, könnte so etwas in Betracht kommen. Bei der derzeitigen Lage gäbe das eine dreistellige Zahl an Prozessen mit einem Ergebnis an akti- vierten Wohnungen, welches allenfalls einstellig wäre. Von da- her ist das für mich kein Thema, das es Wert ist, verfolgt zu werden. Foto: KeybOrgel/Fotolia.com Friedrichshafen: Begehrter Standort am See, aber mit knappem Immobilienangebot. Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019 21
Titelthema Trends am Immobilienmarkt In Kürze Immobilien 2019 Immobilien 2019, Haufe Verlag 2018, schaft geworden. Sie beeinflusst die ökono- Der Kompass bietet für das Jahr 2019 über- 56 Seiten, 5,95 Euro, ISBN 978-3-648- mischen und gesellschaftlichen Entwick- sichtliche Tabellen, Daten, Tipps und Infor- 12494-9, lieferbar voraussichtlich ab lungen des Landes so stark wie seit der mationen, aktuelle Zahlen, wichtige Fristen 14. Februar 2019 Nachkriegszeit nicht mehr. Mit einer Samm- und Adressen, die für Haus- oder Woh- lung von Studien, Aufsätzen, Analysen, Un- Immobilien-Almanach 0I tersuchungen, Umfragen und Fachbeiträgen nungseigentümer, Makler oder Berater in der Immobilienbranche wichtig sind. Die Immobilienbranche ist in wenigen Jah- aus verschiedenen Bereichen der Immobili- ren zu einem Motor der deutschen Wirt- enwirtschaft bietet der Immobilien-Alma- nach einen Überblick über diese starke, dy- namische Branche. Astrid Grabener (HG.): Immobilien Alma- nach 0I, Grabener Verlag 2018, 182 Seiten, 22,50 Euro, ISBN 978-3-925573-804 Ihre Ansprechpartner bei der IHK Fragen zur Immobilienbranche und zum re- gionalen Immobilienmarkt? Das sind Ihre Ansprechpartner: Foto: Grabener Verlag IHK Bodensee-Oberschwaben, Foto: Haufe Verlag Bernhard Nattermann, Tel. 0751 / 409-171, nattermann@weingarten.ihk.de IHK Ulm, Simon Pflüger, Tel. 0731 / 173-230, pflueger@ulm.ihk.de 22 Die Wirtschaft zwischen Alb und Bodensee 01 2019
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