Unsicherheit spornt Fußballer an - ZEW

 
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Zentrum für Europäische
Wirtschaftsforschung GmbH
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September 2009                 Forschungsergebnisse · Veranstaltungen · Veröffentlichungen

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       Unsicherheit spornt Fußballer an
       Fußballer, deren Nominierung für die Nationalelf unsicher ist, sind in den Monaten                 die nicht am Nominierungswettbewerb
       vor einer Welt- oder Europameisterschaft deutlich einsatzfreudiger als bereits sicher              teilnahmen. Sicher nominierte Fußballer
       nominierte Spieler. Letztere lassen sogar in ihrer spielerischen Leistung nach. Die                erzielten dagegen nicht mehr Tor-
       Chance, im Nationalkader zu spielen, motiviert besonders jüngere Fußballer zu er-                  schüsse als die Spieler der Vergleichs-
       höhter Leistung. Das belegt eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirt-                gruppe. Sie gewannen sogar im Schnitt
       schaftsforschung (ZEW). In ihr wurden mit Daten aus der deutschen Fußball-Bundes-                  1,5 Zweikämpfe pro Spiel weniger als
       liga die Leistungsanreize von Nominierungswettbewerben untersucht.                                 Kameraden und Gegner außerhalb des
                                                                                                          Nominierungswettbewerbs. Im Durch-
                                                                                                          schnitt wurden 12,2 Zweikämpfe pro
                                                                                                          Spiel gewonnen.

                                                                                                          Jüngere sind stärker motiviert
                                                                                                              Leistung auf dem Platz zu zeigen,
                                                                                                          lohnt sich also am meisten für die
                                                                                                          Sportler, deren Nominierung ungewiss
                                                                                                          ist, da sie die Nominierungsentschei-
                                                                                                          dung weitgehend selbst in der Hand
                                                                                                          haben. Spieler, die sich ihrer (Nicht-)
                                                                                                          Nominierung sicher sind, haben da-
                                                                                                          gegen kaum Anreize, sich überdurch-
                                                                              Foto: www.digitalstock.de
                                                                                                          schnittlich anzustrengen, da sie die
                                                                                                          Entscheidung kaum mehr beeinflussen
          Die Studie (Discussion Paper Nr. 09-     vornherein nicht als Teilnehmer an der                 können. Sicher nominierte Spieler hal-
       027) wertet verschiedene Leistungs-         Euro 2008 in Frage kamen, also nicht                   ten sich sogar eher zurück, um Verlet-
       merkmale wie etwa erzielte Tore, ge-        im Nominierungswettbewerb standen.                     zungen zu vermeiden und damit ihre
       wonnene Zweikämpfe oder angenom-               Es zeigt sich, dass die Leistungs-
       mene Pässe aus der Bundesliga-Saison        anreize im Nominierungswettbewerb                       IN DIESER AUSGABE
       2006/2007 sowie 2007/2008 aus. In           asymmetrisch verteilt sind. Spieler mit
                                                                                                           Unsicherheit spornt Fußballer an . . . . . . . 1
       diesen Zeitraum fiel die Qualifikation      einer mittleren Wahrscheinlichkeit in
                                                                                                           Experten befürworten Weiterentwicklung
       zur Fußball-Europameisterschaft 2008,       den Nationalkader aufgenommen zu                        des Clean Development Mechanism . . . . 2
       die in Österreich und der Schweiz aus-      werden, reagierten stark positiv auf die                Moderate Dynamik der
       getragen wurde. Das heißt, viele Spieler    Möglichkeit, bei der Euro 2008 für das                  Immobilienpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
       der deutschen Fußball-Bundesliga hat-       Heimatland auf dem Platz zu stehen.                     Nachgefragt: Mittelständler kalkulieren
       ten in den Monaten vor der Euro 2008        Für Fußballer, deren Nominierungswahr-                  wirtschaftliche Schwächephasen ein . . . 4
       Gelegenheit, sich durch ihre gezeigten      scheinlichkeit sehr hoch war, wurde da-                 Studieren lohnt – Planung ist notwendig . . 5

       Leistungen dem Nationalteam ihres je-       gegen kein positiver, zum Teil sogar ein                Ergebnisse der
                                                                                                           ZEWnews-Leserumfrage 2009 . . . . . . . . . . 6
       weiligen Landes zu empfehlen. Die Stu-      negativer Effekt des Nominierungs-
                                                                                                           ZEW Summer Workshop . . . . . . . . . . . . . . . 7
       die betrachtete insgesamt 165 Spieler       wettbewerbs nachgewiesen. So erziel-
                                                                                                           Konferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
       aus 12 Ländern, die am Nominierungs-        ten in den Monaten vor der Euro 2008
                                                                                                           ZEW Intern, ZEW Discussion Papers . . . . . 9
       wettbewerb für die Euro 2008 teil-          Spieler mit mittleren Nominierungs-
                                                                                                           Daten und Fakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
       nahmen und verglich deren Leistungen        wahrscheinlichkeiten durchschnittlich
                                                                                                           Standpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
       mit 81 Spielern aus 33 Ländern, die von     27 Prozent mehr Torschüsse als Spieler,
2 | ZEWnews September 2009

FORSCHUNGSERGEBNISSE

Teilnahme am Wettbewerb nicht zu ge-       tionalkader zu empfehlen, erzielten im      Ende seiner aktiven Zeit zusteuert. Die
fährden.Schließlich belegt die Studie,     Durchschnitt sogar knapp einen Ball-        Erkenntnisse dieser Studie haben Rele-
dass jüngere Spieler am stärksten auf      kontakt weniger als Gleichaltrige, die      vanz in zahlreichen Situationen im Ge-
die Möglichkeit reagieren, in die Natio-   nicht am Nominierungswettbewerb teil-       schäfts- und Alltagsleben. Inwieweit
nalelf berufen zu werden. So erzielten     nahmen. Im Durchschnitt erzielten Bun-      beispielsweise die Perspektive einer
Fußballer im Alter von 20 Jahren im        desligaspieler ca. 57 Ballkontakte pro      möglichen Beförderung die Motivation
Nominierungswettbewerb für die Euro        Spiel. Dies zeigt, dass die Teilnahme       von Mitarbeitern erhöht, hängt ent-
2008 durchschnittlich 4,5 Ballkontakte     an einem internationalen Turnier für        scheidend davon ab, welche Chancen
pro Spiel mehr als ihre Altersgenossen,    die zukünftige Karriere eines jungen        sich einzelne Mitarbeiter ausmalen.
die nicht am Nominierungswettbewerb        Spielers von größerer Bedeutung ist                             Jeanine Miklós-Thal,
teilnahmen. 30jährige Spieler, die die     als für die Karriere eines älteren Spie-              ZEW und University of Rochester
Möglichkeit hatten, sich für den Na-       lers, der möglicherweise schon auf das         Hannes Ullrich, hannes.ullrich@zew.de

Experten befürworten Weiterentwicklung
des Clean Development Mechanism
Ende Dezember 2009 wollen sich die Teilnehmer der Weltklimakonferenz in Kopen-         duktionsanlagen zu investieren. Diese
hagen auf ein Nachfolgeabkommen für das Kioto-Protokoll verständigen. Ehrgei-          Neuinvestitionen würden dann lang-
zige Ziele zur CO2-Reduktion sollen umgesetzt werden. Im Rahmen des neuen              fristig die CO2-Emissionen senken.
KfW/ZEW-CO2-Panels wurden Klimaexperten gefragt, wie Entwicklungs- und                 71 Prozent der im KfW/ZEW-CO2-Panel
Schwellenländer künftig stärker in den Klimaschutz einbezogen werden können.           Befragten glauben, dass sektorale Ab-
Die Experten sprechen sich dafür aus, den Clean Development Mechanism in               kommen ein Bestandteil eines zukünf-
einem Kioto-Folgeabkommen fortzuführen, mahnen allerdings Veränderungen an.            tigen CDM sein sollten und dass Re-
                                                                                       duktionszertifikate bei nachgewiese-
    Durch das Kioto-Protokoll wurde der       So sprechen sich 65 Prozent der Um-      ner Senkung des CO2-Ausstoßes ohne
Clean Development Mechanism (CDM)          frageteilnehmer für die Aufnahme von        weitere Kontrollen ausgegeben werden
ins Leben gerufen. Dieser ermöglicht es    Projekten in den CDM aus, die auf die       könnten.
CO2-Emittenten, die Reduktionsver-         sogenannte CCS-Technologie setzen.              Im KfW/ZEW-CO2-Panel wurden die
pflichtungen unterliegen, Treibhausgase    Die Abscheidung und unterirdische           Experten auch dazu befragt, ob sie sich
in Entwicklungs- und Schwellenländern      Speicherung von CO2 (CCS) wird seit         Atomenergie als Chance für Entwick-
zu vermeiden, wo keine Emissionsre-        einigen Jahren als Möglichkeit zur Ver-     lungs- und Schwellenländer zur CO2-ar-
duktionsziele gelten. Für den Emittenten   ringerung des CO2-Ausstoßes diskutiert.     men Energieproduktion vorstellen könn-
ist die Reduktion klimaschädlicher Emis-                                               ten. Eine Mehrheit von 80 Prozent
sionen in diesen Ländern oftmals gün-                                                  spricht sich gegen diesen Vorschlag
                                           Sektorale Abkommen als Chance
stiger und die Entwicklungsländer profi-                                               aus und plädiert dafür, dass Kernener-
tieren von den finanziellen Mitteln und       Ferner werden globale sektorale Ab-      gie auch in Zukunft nicht im CDM ent-
den neuen Technologien, die durch den      kommen von den Experten als Chance          halten sein sollte. In den vergangenen
CDM ins Land kommen, etwa wenn CDM-        zur Reduzierung von Treibhausgasen          Monaten wurde ferner diskutiert, ob po-
Projekte erneuerbare Energien forcieren.   gesehen. Eine mögliche Ausgestal-           litische Maßnahmen einzelner Länder
Die Mehrzahl der im Rahmen des             tungsvariante könnte so aussehen,           zum Klimaschutz direkt mit Reduktions-
KfW/ZEW-CO2-Panels befragten Exper-        dass Unternehmen bestimmter Bran-           zertifikaten belohnt werden sollten. Bei
ten hält den CDM für ein sinnvolles In-    chen in Entwicklungs- und Schwellen-        den im KfW/ZEW-CO2-Panel befragten
strument zur effizienten Vermeidung von    ländern das Recht erhalten, Emissions-      Experten stößt dieser Vorschlag auf
CO2 und zur Unterstützung von Entwick-     zertifikate zu verkaufen, sofern sie ihre   Skepsis. 44 Prozent lehnen den Vor-
lungsländern. Gleichwohl ist die Mehr-     CO2-Emissionen im Vergleich zu einem        schlag ab, da eine derartige Maßnahme
heit der Umfrageteilnehmer überzeugt,      festgelegten Zeitraum reduzieren konn-      falsche Anreize setzen könnte.
dass Veränderungen am Mechanismus,         ten. Dadurch hätten die betroffenen             Näheres zum KfW/ZEW-CO2-Panel
etwa die Förderung neuer Projektarten,     Unternehmen in den Entwicklungslän-         unter: www.zew.de/co2panel
notwendig sind.                            dern Anreize, in klimafreundlichere Pro-                 Peter Heindl, heindl@zew.de
ZEWnews September 2009 | 3

FORSCHUNGSERGEBNISSE

Moderate Dynamik der Immobilienpreise
Anders als in vielen ausländischen Märkten sind die Wohnungspreise in Deutschland                                        auf rund 23 Prozent (Westdeutschland).
in den vergangenen Jahren kaum gestiegen. Allerdings haben sich die Preise in Ost-                                       Zudem variiert die Mietbelastung er-
und Westdeutland sehr unterschiedlich entwickelt. Während die Preise für Wohn-                                           heblich mit der Einkommenshöhe.
immobilien seit Mitte der 1990er Jahre im Westen weitgehend stagnieren, sind die                                         Haushalte mit relativ hohen Einkommen
Preise in den neuen Bundesländern erheblich zurückgegangen. Dies sind Ergebnisse                                         (über 3.200 Euro netto) haben im West-
eines Gutachtens zur gesamtwirtschaftlichen Perspektive der deutschen Immobilien-                                        en eine durchschnittliche kalte Mietbe-
wirtschaft, das vom ZEW in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft und                                     lastung von rund 17 Prozent des Netto-
dem Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie der Universität Mannheim erstellt wurde.                                         einkommens. Bei Haushalten mit weni-
                                                                                                                         ger als 1.300 Euro Nettoeinkommen
    Ein Blick auf den langfristig angeleg-   haben erheblich stärker zugenommen                                          wird die Marke von 30 Prozent teilweise
ten BulwienGesa-Index für Wohnimmo-          als die Nettokaltmieten und die Ver-                                        deutlich überschritten. Hier ist aller-
bilien, der als arithmetisches Mittel aus    braucherpreise. Seit 1991 haben sich                                        dings zu berücksichtigen, dass öffentli-
Preis- und Mietindizes für Reihen-           die Preise für Haushaltsenergie fast                                        che Wohnkostenunterstützung, etwa
häuser, Eigentumswohnungen und               verdoppelt.                                                                 Wohngeld oder die Erstattung der Unter-
Mietwohnungen berechnet wird, zeigt,                                                                                     kunftskosten für Empfänger von Arbeits-
dass die Preis- und Mietentwicklung                                                                                      losengeld II, nicht eingerechnet sind.
                                             Starke Mietpreisbelastung für
seit 1997 in drei Zyklen verlaufen sind.                                                                                 Zwischen west- und ostdeutschen
                                             Einpersonenhaushalte
Die beiden ersten Zyklen endeten Mitte                                                                                   Haushalten zeigen sich im Durchschnitt
der 1980er Jahre und in den späten              Die privaten Haushalte geben derzeit                                     nur geringfügige Unterschiede in der
1990er Jahren. Der aktuelle Zyklus ver-      rund ein Viertel ihres verfügbaren                                          Mietbelastung. Die durchschnittlich ge-
läuft dagegen erheblich gedämpfter und       Einkommens für die Bruttokaltmiete                                          ringeren Einkommen der ostdeutschen
ohne die starken Preisausschläge nach        (Kaltmiete zuzüglich kalter Nebenkos-                                       Haushalte werden durch die geringeren
oben wie in den vergangenen Jahren           ten) aus, einschließlich der Heizkosten                                     Mieten kompensiert.
(siehe Grafik).                              sind es rund 30 Prozent. Deutliche                                             Das aktuelle Gutachten „Wirtschafts-
                                             Unterschiede zeigen sich dabei zwi-                                         faktor Immobilien. Die Immobilienmärk-
                                             schen Haushalten verschiedener Größe.                                       te aus gesamtwirtschaftlicher Perspek-
Steigende Nebenkosten
                                             Kleinere Haushalte haben relativ höhere                                     tive“ ist als Sonderausgabe der Zeit-
    Während die Preise für Wohnimmo-         Mietbelastungen zu tragen. Im Durch-                                        schrift für Immobilienökonomie bei der
bilien im Westen nach einem deut-            schnitt belaufen sich diese auf knapp                                       Gesellschaft für Immobilienwirtschaft-
lichen Anstieg in der ersten Hälfte der      29 Prozent Bruttokaltmiete für Ein-                                         liche Forschung unter www.gif-ev.de
1990er Jahre weitgehend stagnieren,          personenhaushalte, für Haushalte mit                                        erhältlich.
ist im Osten Deutschlands seit 1995 im       vier und mehr Personen dagegen nur                                           Dr. Peter Westerheide, westerheide@zew.de
Durchschnitt ein deutlicher Preisrück-
gang in allen Segmenten (Reihenhäuser,        Bulwien-Wohnimmobilienindex für Deutschland
Einfamilienhäuser, Eigentumswohnun-
                                                              Verbraucherpreisindex (linke Achse)   Index Wohnen (linke Achse)      Veränderungsrate Index Wohnen (rechte Achse)
gen) festzustellen. Die Preisrückgänge
                                                            250                                                                                                             10%
sind dabei je nach Objekttyp und Da-
tenquelle unterschiedlich. Sie betragen                                                                                                                                     8%
zwischen rund acht und 22 Prozent.                          200

Die Kaltmieten für neue Wohnungen
                                                                                                                                                                                   Veränderungsrate p.a. in %

                                                                                                                                                                            6%

haben sich seit 1975 ungefähr verdop-                       150
                                                                                                                                                                            4%
                                               1975 = 100

pelt. Ihr Anstieg blieb hinter der Ent-
wicklung der gesamten Verbraucher-                                                                                                                                          2%
                                                            100
preise (plus 125,8 Prozent) zurück.
Stärker als die Verbraucherpreise sind                                                                                                                                      0%

die Mieten für wiedervermietete Wohn-                        50
                                                                                                                                                                            -2%
ungen gestiegen (plus 177,2 Prozent).
Kostentreiber bei den Wohnkosten                              0                                                                                                             -4%
waren die Nebenkosten. Sowohl die                            1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009

kalten Nebenkosten als auch die Aus-            Quellen: BulwienGesa AG, Deutsche Bundesbank, ZEW-Berechnungen.
                                                Bis 1989 Westdeutschland, danach Deutschland.
gaben für Heizung und Warmwasser
4 | ZEWnews September 2009

WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ANALYSE

Nachgefragt: Wie schlägt sich der deutsche Mittelstand in der Krise ?

Mittelständler kalkulieren
wirtschaftliche Schwächephasen ein
Großkonzerne, die in der Rezession zum Teil große Probleme haben, dominieren die        wachstumsorientiert und zu teuer kriti-
öffentliche Diskussion. Wie aber schlägt sich der deutsche Mittelstand? Dr. Christian   siert. Nun erweist sie sich aber als ver-
Rammer, stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Industrieökonomik und           gleichsweise krisenresistent, da diese
Internationale Unternehmensführung am ZEW, analysiert die Unternehmensstra-             Unternehmen kaum direkte Auswirkun-
tegien und Perspektiven des Mittelstands in der aktuellen Wirtschaftskrise.             gen der Bankenkrise zu spüren bekom-
                                                                                        men. Und was noch wichtiger ist: Viele
   Wie hart trifft die Wirtschaftskrise     Konjunkturpakte für eine stabile Nach-      Mittelständler kalkulieren wirtschaft-
den Mittelstand in Deutschland?             frage. Kräftige Nachfragerückgänge          liche Schwächephasen von Anfang an
   Der deutsche Mittelstand umfasst –       müssen dagegen die exportorientierten       mit ein und legen in den guten Jahren
wie immer man ihn konkret abgrenzen         Unternehmen und die Investitions-           ein finanzielles Polster für die auftrags-
mag – rund drei Millionen Unterneh-         güterhersteller verkraften, da die Ab-      schwachen Zeiten an. Gewinne werden
men. Es liegt auf der Hand, dass nicht      satzmärkte weltweit eingebrochen sind.      also in guten Jahren nur zum Teil aus-
alle diese Firmen die Rezession in             Wer wird in der Krise mehr Federn        geschüttet oder in Übernahmen und
gleicher Weise spüren. Es gibt eine große   lassen – der Mittelstand oder die Groß-     andere risikoreiche Investitionsvor-
Zahl von Mittelständlern, die durch die     unternehmen?                                haben gesteckt. Mit dem anderen Teil
Krise hart getroffen wurden. Es gibt           Die meisten mittelständischen Un-        werden Rücklagen gebildet. Mit diesen
aber auch viele Unternehmen, die sich       ternehmen werden die Krise sicherlich       finanzieren die Unternehmen dann in
bislang vor negativen Auswirkungen          souverän durchstehen, vor allem weil        wirtschaftlich schwierigen Zeiten bei-
schützen konnten. Relativ gut geht es       sie eine solide, langfristig ausgelegte     spielsweise die Entwicklung neuer Pro-
etwa denjenigen Unternehmen, die die        Finanzierungs- und Unternehmensstra-        dukte und Technologien, mit denen sie
Binnennachfrage bedienen, also z.B.         tegie verfolgen. So ist die Eigenkapital-   dann beim nächsten Aufschwung in
Konsumgüter oder Dienstleistungen für       quote vieler Mittelständler hoch, bei       den Markt gehen.
Konsumenten in Deutschland anbieten.        Bankkrediten wendet sich der Betrieb           Setzt der Mittelstand im Vergleich
Denn dank arbeitsmarktpolitischer           meist nur an die eigene Hausbank und        mit den Konzernen also stärker auf
Maßnahmen wie beispielsweise dem            viele Projekte werden kurzfristig über      alte Kaufmannstugenden anstatt auf
Kurzarbeitergeld ist die Konsumlaune        Kontokorrentkredite finanziert. In der      Gewinnmaximierung?
der Deutschen weitgehend ungetrübt          Vergangenheit wurde diese Finanzie-            So plakativ würde ich das nicht
und auch der Staat sorgt durch seine        rungsstrategie zwar gerne als wenig         sagen. Richtig ist aber, dass langfris-
                                                                                        tig orientierte Mittelständler in einer
                                                                                        Boomphase nicht jede sich bietende
                            Dr. Christian Rammer, Jahrgang 1966, studierte Re-          Wachstumsmöglichkeit nutzen. Sie bau-
                            gionalwissenschaften an der Universität Wien und            en ihre Kapazitäten eher langsam aus.
                            der TU Wien. Nach seiner Promotion 1997 wechselte           Dadurch wachsen sie zwar in der Hoch-
                            er zum Austrian Research Center. Seit dem Jahr              konjunktur nicht so schnell wie die
                            2000 am ZEW tätig, fungiert er heute als stellvertre-       großen Konzerne, in der Rezession ha-
                            tender Leiter des Forschungsbereichs Industrieöko-          ben sie dafür aber auch weniger Über-
                            nomik und Internationale Unternehmensführung.               kapazitäten und eine günstigere Kos-
                                                                                        tenstruktur. Sie tun sich aus diesem
   Foto: ZEW

                            Seine Forschungsschwerpunkte sind die Innova-
                            tionsökonomik und der Wissenstransfer zwischen              Grund leichter, durch die Krise zu kom-
                            Wirtschaft und Wissenschaft. Rammer leitet die              men. Sie müssen nicht so tiefe Ein-
  jährliche Innovationserhebung des ZEW (Mannheimer Innovationspanel) und               schnitte vornehmen wie etwa Unter-
  erstellt die ZEW-Beiträge zu den Themen Innovation und Gründungen für den             nehmen, die in der Hochkonjunktur
  jährlichen Bericht der „Expertenkommission Forschung und Innovation“ der              ihre Kapazitäten kräftig ausgeweitet
  Bundesregierung. Neben seinem Engagement in verschiedenen wissenschaft-               haben oder riskante Übernahmen ein-
  lichen Arbeitsgemeinschaften berät Rammer unter anderem die Europäische               gegangen sind.
  Kommission zu Fragen der Innovationspolitik.                                              Dr. Christian Rammer, rammer@zew.de
                                                                                                 Kathrin Böhmer, boehmer@zew.de
ZEWnews September 2009 | 5

WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ANALYSE

Studieren lohnt – Planung ist notwendig
Studieren bietet vielfältige Entfaltungsmöglichkeiten und intellektuelle Heraus-                  sind noch wichtiger als die Lebenshal-
forderungen. Ärzte, Anwälte, Künstler, Ingenieure und Manager gestalten das                       tungskosten. Sie geben an, wie viel
Gemeinwesen, und Wissenschaftler tüfteln an der Welt von übermorgen. Lohnt es                     Geld man verdienen könnte, wenn man
sich immer noch, zu studieren? Immerhin ist bereits heute jeder Fünfte Erwerbstätige              statt zu studieren arbeiten würde. Als
ein Akademiker und 45 von 100 Personen eines Jahrgangs erreichen inzwischen die                   Anhaltspunkt für die Opportunitätskos-
Studienberechtigung, mit weiter steigender Tendenz. Studieren bleibt dennoch ein                  ten gelte das in Westdeutschland beo-
Privileg, nicht zuletzt auch aus ökonomischer Sicht.                                              bachtete Bruttomonatseinkommen für
                                                                                                  alle Erwerbstätigen unter 30 Jahren,
   Die Bildungsrendite bezieht sich auf    ckeln wird, weiß man natürlich vorher                  die nicht studiert haben. Es liegt bei
den Ertrag, der durch den Erwerb eines     nicht. Damit ist auch die Bildungsrendite              rund 1.500 Euro. Ein Bachelor-Studium
Studienabschlusses erwirtschaftet wer-     eine Erwartungsgröße. Da Geld und Zeit                 dauert drei bis vier Jahre. Ein Master-
den kann. Unsere empirische Studien        knapp sind, sind ökonomische Überle-                   Studiengang dauert zusätzlich ein bis
zeigen, dass jedes zusätzlich investier-   gungen, die den Nutzen eines Studiums                  zwei Jahre. Die Lebenshaltungskosten
te Ausbildungsjahr den Studierenden        dessen Kosten gegenüberstellen, not-                   in fünf Jahren Studium liegen im
im Schnitt eine Bildungsrendite von        wendig und hilfreich für ein erfolgreiches             Schnitt bei 42.000 Euro (ohne Betrach-
fünf bis sechs Prozent im Erwerbsleben     Studium.                                               tung von möglichen Preissteigerun-
                                                                                                  gen). Außerdem fallen etwa 5.000 Euro
                                                                                                  Studiengebühren an. Für ein fünfjähri-
                                                                                                  ges Studium verzichtet ein Stu-
                                                                                                  dierender 60 Monate lang auf 1.500
                                                                                                  Euro Einkommen.

                                                                                                  Höhe des künftigen Einkommens
                                                                                                     Wie viel kann man mit einem akade-
                                                                                                  mischen Berufsabschluss verdienen?
                                                                                                  Zwar kann niemand das Monatsein-
                                                                                                  kommen eines jungen Akademikers in
                                                                                                  der Zukunft vorhersagen. Dennoch
                                                                                                  kann man einige Erfolgsfaktoren nen-
                                                                                                  nen. Das Einkommen hängt von der Be-
                                                                                                  gabung und von den im Studium erwor-
                                                                                                  benen Kompetenzen ab. Es wird da-
                                                                      Foto: www.digitalstock.de
                                                                                                  rüber hinaus von Faktoren beeinflusst,
                                                                                                  die zum Zeitpunkt des Studienab-
erbracht hat. Dieser Wert kann sich se-       Eckwerte für die wirtschaftliche Seite              schlusses am Arbeitsmarkt vorherr-
hen lassen, auch im Vergleich etwa mit     des Studierens lassen sich mit wenigen                 schen, etwa wie viele andere Akademi-
Investitionen in Aktienanlagen oder an-    Daten veranschaulichen. Die genannten                  ker der gleichen Fachrichtung auf den
deren Wertpapieren.                        Zahlen sind Durchschnittswerte, die                    Arbeitsmarkt strömen oder ob die
   Die Bildungsrendite ist jedoch für      sich je nach Studienort und Präferenzen                Arbeitsmärkte reguliert sind. Letzteres
jeden verschieden. Ähnlich wie bei         unterscheiden werden.                                  ist in Deutschland beispielsweise bei
Investitionen in Wertpapiere können                                                               Ärzten und Apothekern der Fall. Geis-
sich Investitionen in Bildung für den                                                             tes- und Sozialwissenschaftliche Stu-
                                           Kosten des Studiums
einzelnen mehr oder weniger als sechs                                                             diengänge sind vielfach beliebter als
Prozent rentieren. Tatsächlich scheint       Zu den Kosten des Studierens zählen                  Natur- und Ingenieurswissenschaften.
es eine hohe Bandbreite zu geben. Ne-      zunächst die Lebenshaltungskosten.                     Dies hat oft zur Folge, dass es relativ
gative Bildungsrenditen sind ebenso        Das sind im Monat rund 700 Euro für                    zur Nachfrage mehr Absolventen von
verbreitet wie Werte von 10 bis 15 Pro-    Miete, Nahrung, Kleidung, Bücher, etc.                 Geistes- und Sozialwissenschaften
zent oder mehr.                            sowie die Studiengebühren. Sie betra-                  gibt. Das kann die Arbeitsverdienste
   Wie sich das individuelle Erwerbs-      gen etwa 500 Euro pro Semester. Die                    drücken und die Übergangsphase zwi-
einkommen nach einem Studium entwi-        Opportunitätskosten des Studierens                     schen Studienabschluss und Erwerbs-
6 | ZEWnews September 2009

WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ANALYSE

tätigkeit verlängern. Auch die gesamt-       15 Jahren zu schaffen. Studieren ist somit             ist vor allem eine Folge der höheren
wirtschaftliche Lage und die Wettbe-         ökonomisch sinnvoll, solange die                       Investitionen in Ausbildung, deren Er-
werbsfähigkeit der Unternehmen spie-         Gegenwartsbezogenheit nicht zu hoch                    trag durch intensivere Tätigkeit im
len eine Rolle.                              wird. Die Gegenwartsbezogenheit gibt                   Erwerbsleben entsprechend gesteigert
   Die durchschnittlichen Bruttomo-          an, wie viel ein Euro heute verglichen                 werden kann.
natsseinkommen von Akademikern im            mit einem Euro in der Zukunft wert ist.                   Wichtig für ein erfolgreiches Stu-
Alter unter 30 Jahren betrugen im Jahre      Falls    Gegenwart       und      Zukunft              dium ist letztlich die Intensität des Stu-
2007 etwa 2.500 Euro. Die für Akade-         etwa gleich bewertet werden, lohnt sich                dienwunsches. Ein intensiver Studien-
miker erfreuliche weitere Nachricht ist:     ein Studium fast immer.                                wunsch garantiert, dass trotz der
Dieser Wert verdoppelt sich nach etwa                                                               Mühen des Studierens und den Ablen-
15 Berufsjahren. Auch danach steigen                                                                kungen im Studienalltag der Abschluss
                                             Längere Lebensarbeitszeit
die Einkommen noch weiter, jedoch mit                                                               im Blick bleibt. Auch lässt sich ein in-
geringerer Rate. Die Einkommen der              In der wirtschaftlichen Realität ar-                tensiver Studienwunsch durch entspre-
Nichtakademiker weisen solche Steige-        beiten diejenigen, die mehr und länger                 chende Planung meist auch finanziell
rungsraten nicht auf. Nun kann sich je-      in ihre Ausbildung investiert haben,                   realisieren. Geld ist zwar knapp, kann
der angehende Akademiker ausrechnen,         länger. Akademiker im Alter unter                      aber bei guter Planung in ausreichender
wie lange man etwa braucht, um die           30 Jahren arbeiten fast zehn Prozent                   Menge von der Familie, Stiftungen oder
Kosten des Studiums zu erwirtschaften.       länger als die nicht akademisch gebil-                 Förderbanken beschafft werden.
In aller Regel ist das im Laufe von 10 bis   deten Kollegen und Kolleginnen. Das                      PD. Dr. Friedhelm Pfeiffer, peiffer@zew.de

ZEW INTERN

Ergebnisse der ZEWnews-Leserumfrage 2009

Im April 2009 hatten die Leserinnen          ausgaben im Januar/Februar und im                      Insbesondere inhaltliche Anregungen
und Leser der ZEWnews wieder Gele-           Juli/August beigefügt ist, wird stark be-              aus der Leserbefragung wird die ZEW-
genheit, im Rahmen einer schriftlichen       achtet. 93 Prozent der Umfrageteilneh-                 news Redaktion aufgreifen, um den
Befragung ihre Meinung zu den Inhalten       mer bewerten den Informationsgehalt                    Mehrwert für die Leser weiter zu er-
und der Informationsaufbereitung die-        der ZEWnews-Beiträge als sehr gut oder                 höhen. Wir bedanken uns herzlich bei
ser Informationsschrift zu sagen. Die        gut. Auch der Verständlichkeit der Texte               allen Leserinnen und Lesern, die sich
Leserbefragung zeigt, dass insbeson-         und Grafiken wird ein gutes Zeugnis                    an unsere Umfrage beteiligt haben und
dere die ZEWnews-Rubriken Wirtschafts-       ausgestellt (siehe Abbildung).                         auf diesem Wege aktiv an der Gestal-
politische Analyse, Forschungsergeb-             87 Prozent der Umfrageteilnehmer                   tung der ZEWnews mitwirken.
nisse und Standpunkt stark beachtet          nutzen die ZEWnews vorrangig als In-                            Kathrin Böhmer, boehmer@zew.de
werden. Darüber hinaus erhält die ZEW-       formationsquelle für berufliche Zwecke.                       Gunter Grittmann, grittmann@zew.de
news gute Noten für Verständlichkeit
und Informationsgehalt.                       Beurteilung der ZEWnews im Hinblick auf …

   Die Medienforschung geht davon                           sehr gut          gut           befriedigend         schlecht         sehr schlecht
aus, dass der Rücklauf von schriftlichen
Leserbefragungen üblicherweise zwi-                Informationsgehalt
                                                                                    45,5%                           47,5%                7%
                                                         der Beiträge
schen 1,5 und fünf Prozent liegt. Auf die
ZEWnews-Abonnentenumfrage antwor-
                                                     Verständlichkeit
teten 2,3 Prozent der Leser. Bei den                                                 49,5%                              49,5%
                                                           der Texte
Schwerpunktteilen, die regelmäßig der
ZEWnews beiliegen, stößt vor allem der               Verständlichkeit
                                                                                    44%                             48%                  8%
Schwerpunkt Innovationen, der jedes                     der Grafiken

Jahr im März erscheint, auf großes Inter-                               0    10      20     30     40     50     60     70   80     90     100
                                                                            Anteil der Teilnehmer der Leserbefragung in %
esse. Aber auch der Schwerpunkt Ener-
                                                                                                                                          Quelle: ZEW
giemarkt, der den ZEWnews-Doppel-
ZEWnews September 2009 | 7

ZEW SUMMER WORKSHOP

Forum für junge Arbeitsökonomen
Der ZEW Summer Workshop für junge Nachwuchswissenschaftler stand in diesem                   fachlichen, formalen und sprachlichen
Jahr im Zeichen „Neuer Perspektiven der Arbeitsmarktökonomik“. 25 hervorragende              Fallen vor dem Veröffentlichungserfolg
Nachwuchswissenschaftler aus Amerika, Asien, Australien und Europa kamen im Juli             lauern. Barbara Hey vom Servicebe-
2009 nach Mannheim, um ihre Arbeiten mit erfahrenen Forschern zu diskutieren.                reich Wissenstransfer und Weiterbil-
                                                                                             dung des ZEW referierte über wirkungs-
   Im Rahmen des Summer Workshops           nometrische Herangehensweise, wie sie            volle Vortragstechniken für Wissen-
vermittelten drei international renom-      auch für das ZEW charakteristisch ist.           schaftler. Als besonderen Service gab
mierte Professoren in Vorlesungen Ein-                                                       sie den Teilnehmern individuelles Feed-
blicke in neue Entwicklungen auf dem                                                         back zu ihren eigenen Vorträgen und
                                            Tipps für die Karriere
Gebiet der empirischen Arbeitsmarkt-                                                         Posterpräsentationen.
forschung. Deborah Cobb-Clark von              Der ZEW Summer Workshop bietet                   Viel Raum wurde der Kommunika-
der Australian National University unter-   dem wissenschaftlichen Nachwuchs                 tion der jungen Wissenschaftler unter-
richtete zu Geschlechterunterschieden       nicht nur ein Forum für den intensiven           einander eingeräumt. So standen ein
am Arbeitsmarkt. Sie stellte die öko-       wissenschaftlichen Austausch. Er ver-            Ausflug nach Heidelberg oder ein ge-
nomischen Konsequenzen sexueller Be-        mittelt auch praktische Tipps für die            meinsames Barbecue mit den Mitar-
lästigung am Arbeitsplatz und die Ursa-     wissenschaftliche Karriere. Dan Hamer-           beitern des Forschungsbereichs Ar-
chen von Lohndifferenzialen zwischen        mesh erklärte den Teilnehmern in einer           beitsmärkte am ZEW auf dem Pro-
Frauen und Männern in den Mittelpunkt.      speziellen Vorlesung, wie sie ihre Chan-         gramm. Der ZEW Summer Workshop
Markus Frölich von der Universität          cen für Veröffentlichungen in renom-             bot für die jungen Wissenschaftler so-
Mannheim präsentierte neue ökono-           mierten Fachzeitschriften verbessern             mit eine hervorragende Gelegenheit,
metrische Verfahren zur Evaluation ar-      können. Anhand vieler praktischer Bei-           internationale Kontakte aufzubauen.
beitsmarktpolitischer Maßnahmen.            spiele zeigte er anschaulich, welche                        Susanne Steffes, steffes@zew.de
   Dan Hamermesh von der University
of Texas diskutierte die Möglichkei-
ten zur ökonomischen Forschung auf
                                               Zwei Nachwuchsforscher teilen sich den Heinz-König-Young-Scholar-Award
Basis von Zeitverwendungsdaten. Er
erläuterte Vor- und Nachteile dieser          Zum Abschluss des ZEW Summer
speziellen Daten und welche innova-           Workshop 2009 wurde zum
tiven Fragestellungen sich damit unter-       sechsten Mal der Heinz-König-
suchen lassen.                                Young-Scholar-Award für die be-
   Die eingeladenen Nachwuchswis-             sten vorgestellten Forschungsar-
senschafter, die aus fast 100 Bewer-          beiten verliehen. Der in diesem
bern ausgewählt wurden, konnten ihre          Jahr von der ProMinent Dosier-
eigene Forschung in Vorträgen, Poster         technik gestiftete Forschungs-
                                                                                                                                     Foto: ZEW

Sessions und Diskussionsrunden prä-           preis ging erstmals zu gleichen
sentieren. Das Spektrum der vorge-            Teilen an zwei Forscher: Christina
                                                                                    Christina Felfe, Alexander M. Danzer (Mitte), Prof.
stellten Arbeiten reichte von klassi-         Felfe von der Universität St. Gal- Dr. Andreas Dulger (rechts), Dr. Holger Bonin (links)
schen Arbeitsmarktthemen wie der              len und Alexander M. Danzer von
Analyse von Arbeitslosigkeit oder der         der University of London.                   wartete vorübergehende Einkom-
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer               Die ausgezeichnete Arbeit von mensverluste schützen können, un-
über Studien, die sich mit der Lebens-        Christina Felfe untersucht, welche Ar- tersucht die Arbeit von Alexander M.
zufriedenheit von Arbeitslosen oder mit       beitsbedingungen dazu beitragen Danzer. Der jährlich vom ZEW verlie-
dem Einfluss des 11. September auf die        können, dass Mütter nach einer Baby- hene Heinz König Young Scholar
Diskriminierung australischer Immi-           pause rasch in den Beruf zurückkeh- Award erinnert an Professor Heinz
granten beschäftigten. Besonders be-          ren. Sie nutzt die Regelungen zur El- König, den Gründungsdirektor des
reichernd wirkte das weite Spektrum           ternzeit in Deutschland, um nach- ZEW. Die Auszeichnung ist mit einem
der genutzten Daten. So befassten sich        zuweisen, dass Frauen umso früher Preisgeld von 5.000 Euro dotiert und
Forschungsarbeiten mit Arbeitsmarkt-          wieder in die Betriebe kommen, je at- bietet zusätzlich die Möglichkeit zu
problemen in der Ukraine, Südafrika           traktiver ihr Arbeitsplatz gestaltet ist. einem mehrmonatigen Forschungs-
und Togo. Ein verbindendes Element            Ob sich Arbeitnehmer gegen uner- aufenthalt am ZEW.
der Arbeiten war die meist mikroöko-
8 | ZEWnews September 2009

KONFERENZEN

ZEW-Konferenz zur Ökonomie von IKT
Anfang Juli 2009 trafen sich am ZEW über 40 Wissenschaftler aus Deutschland,                         zur Verfügung gestellt. Die Studie unter-
anderen europäischen Ländern, Israel und den Vereinigten Staaten zu einer Konfe-                     sucht den Einfluss dieses Ereignisses
renz zum Thema „Die Ökonomie von Informations- und Kommunikationstechnolo-                           auf DVD-Verkäufe und Produktpiraterie
gien (IKT)“. Die Konferenz wurde bereits zum siebten Mal von der ZEW-Forschungs-                     von NBC’s Inhalten. Die empirische
gruppe Information- und Kommunikationstechnologien ausgerichtet, diesmal mit                         Analyse findet einen signifikanten An-
finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.                                     stieg von illegalem Herunterladen von
                                                                                                     NBC Sendungen nach deren Abzug vom
                                                                                                     iTunes Store.

                                                                                                     Open Source Software-Projekte
                                                                                                        Neil Gandal (Tel Aviv University,
                                                                                                     Israel) stellte eine Studie zur Rolle von
                                                                                                     Wissens-Spillover zwischen Open Sour-
                                                                                                     ce Software-Projekten (OSS) vor. Bei
                                                                                                     OSS erfolgt die Softwareentwicklung
                                                                                                     dezentralisiert, über einen offengeleg-
                                                                                                     ten Quellcode im Internet. Mit Daten
                                                                                                     der Internetseite Sourceforge.net, des
                                                                                                     größten Speicherortes von OSS-Projek-
                                                                                                     ten und deren Beteiligten im Internet,
                                                                                         Foto: ZEW
                                                                                                     untersuchen die Autoren der Studie
Die Teilnehmer der ZEW-Konferenz zur Ökonomie von Informations- und Kommunikationstechnologien       welche Projekte besonders intensiv ver-
                                                                                                     netzt sind und welche isoliert bearbei-
   Zum Auftakt der Veranstaltung                  für die digitale Beschaffung von Videos            tet werden. Die Studie zeigt, dass Pro-
präsentierte Michael Smith (Carnegie              und Musik die Konsumenten davon ab-                jekte häufiger heruntergeladen werden,
Mellon University, USA) eine empiri-              hält, sich illegale Kopien dieser Pro-             und deshalb als erfolgreicher gelten
sche Studie zu der Frage, ob digitale             dukte zu besorgen (Produktpiraterie).              können, wenn diese stark vernetzt sind.
Vertriebsstrukturen für Videos und Mu-            Der Ansatz nutzt Daten aus einer Art                  Das Programm sowie die insgesamt
sik zu einem bedeutenden Rückgang                 natürlichem Experiment: Im Dezember                23 Beiträge der diesjährigen Konferenz
des Umsatzes für diese Produkte auf               2007 hatte der amerikanische Fernseh-              stehen zum Download bereit unter
herkömmlichen, physikalischen Ab-                 sender NBC seine Sendungen von                     ftp://ftp.zew.de/pub/ zew-docs/veran-
satzmärkten führen. Die Studie unter-             Apple’s iTunes Store abgezogen und                 staltungen/ICT2009/ programm.pdf
sucht, ob die Existenz legaler Märkte             erst im September 2008 dort wieder                         Margit Vanberg, vanberg@zew.de

Neue Perspektiven der Makroökonomik
Am 7. und 8. Juli 2009 fand am ZEW eine Konferenz zu den neuesten Entwicklungen                      durch diese Interventionen das Wachs-
in der Makroökonomik statt. Sie wurde gemeinsam von der Universität Mannheim                         tum allerdings schwächer aus als ohne
und dem ZEW organisiert. Insgesamt konnten nahezu 60 Wissenschaftler aus                             Staatseingriff. Angesichts der teilweise
Europa und Nordamerika begrüßt werden.                                                               erheblichen staatlichen Maßnahmen in
                                                                                                     Form von Konjunkturpaketen in den
   Harald Uhlig von der Universität               nisse, dass staatliche Eingriffe insbe-            Vereinigten Staaten und Europa stießen
Chicago präsentierte neue Ergebnisse              sondere durch Erhöhung der Staats-                 Uhligs Ergebnisse auf großes Interesse.
über die Wirkung finanzpolitischer                ausgaben aber ebenso durch Steuerer-                  Der Vortrag von Michael Burda von
Eingriffe des Staates in die Wirtschaft.          leichterungen zwar kurzfristig oft posi-           der Humboldt Universität zu Berlin be-
Uhlig argumentierte auf Basis theore-             tiv auf das Wirtschaftswachstum wirken             schäftigte sich mit dem so genannten
tischer sowie ökonometrischer Ergeb-              können. Langfristig, so Uhlig, falle               Shimer-Puzzle, demzufolge theoretische
ZEWnews September 2009 | 9

KONFERENZEN

Standard-Arbeitsmarktmodelle die Vo-         Arbeitslosenquote sowie der Stellenan-             hat, oder ob makroökonomische Grös-
latilität von Arbeitslosenquote sowie        gebote erklärt werden.                             sen auf eine Änderung der Volatilität
Stellenangeboten nicht hinreichend er-          Einen auf methodische Aspekte                   von Schocks reagiert haben.
klären können.                               ausgerichteten Vortrag hielt Helmut                   Neben diesen zentralen Vorträgen
    Folgt man der Argumentation von          Lütkepohl vom University Institute in              der Hauptredner umfasste die Konfe-
Burda, so kann das Problem dadurch           Florenz zur Identifizierung von Schocks            renz weitere hochklassige Präsentatio-
gelöst werden, dass lohnsteuerfinan-         in strukturellen vektorautoregressiven             nen aus verschiedenen Bereichen der
zierte Sozialabgaben in das Modell ein-      Modellen. Lütkepohl und seine Koau-                Makroökonomie wie beispielsweise der
bezogen werden. Wird die Abhängigkeit        toren nutzen dazu einen Markov-                    Arbeitsmarktökonomie, der Konjunk-
der Bruttolöhne von der Lohnsteuer           Switching Ansatz, um etwa die Frage                turanalyse, der Fiskalpolitik sowie der
berücksichtigt, so kann ein großer Teil      zu klären, ob die Geldpolitik eines Lan-           Geldpolitik.
der beobachteten Schwankungen der            des sich über einen Zeitraum verändert                        Andreas Sachs, sachs@zew.de

Joshua Angrist referiert beim
ZEW Research Seminar
Ende Juli gab es im ZEW Research Seminar ein besonderes Highlight. Joshua                       arch Associate am National Bureau of
Angrist vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) diskutierte mit Wissen-                 Economic Research in Cambridge, Mas-
schaftlern aus allen Forschungsbereichen des ZEW Ergebnisse seiner laufenden                    sachusetts. Zu seinen Forschungsin-
Arbeit zur Bedeutung der Autonomie und Flexibilität von Schulen.                                teressen gehören die Bildungspoiltik,
                                                                                                Erfolgsanreize, Einwanderung und öko-
   Seine empirischen Untersuchungen             Joshua Angrist gehört zu den füh-               nemtrische Verfahren. Er war Berater
zu diesem Thema beruhen auf einem            renden angewandten empirischen Wirt-               der israelischen und der Regierung der
groß angelegten schulpolitischen Expe-       schaftsforschern. Er ist Professor am              Vereinigten Staaten zu Arbeitsmarkt-
riment in den Vereinigten Staaten. Der       MIT Economics Department und Rese-                 fragen und lehrt Methoden der Pro-
Bundesstaat Massachusetts räumt seit                                                            grammevaluation. Vor kurzem ist sein
einigen Jahren manchen Schulen mehr                                                             viel beachtetes Buch „Mostly Harmless
Entscheidungsfreiheit bei der Auswahl                                                           Econometrics“ bei Princeton University
ihrer Lehrer, der Lerninhalte und beim                                                          Press erschienen.
Management der Finanzen ein. Angrist                                                                Beim ZEW Research Seminar geben
stellt die Frage, ob dies zu besseren                                                           ZEW-Wissenschaftler und externe Refe-
schulischen Leistungen von Schülern                                                             renten Einblicke in den Forschungsstand
führt. Er erklärte, dass ältere Schüler in                                                      ausgewählter Fachgebiete und For-
Schulen mit mehr Autonomie sehr viel                                                            schungsprojekte. Besondere Highlights
bessere Schulleistungen zeigen als in                                                           sind die Vorträge renommierter nationa-
anderen Schulen. Dies zeigten sowohl                                                Foto: ZEW
                                                                                                ler und internationaler Wissenschaftler.
klassische Regressionsanalysen als           Prof. Angrist während seines Vortrags am ZEW                 Dr. Holger Bonin, bonin@zew.de
auch Lotterieverfahren, die eine zufälli-
ge Verteilung der Schüler auf die Schu-
len ausnutzen, um kausale Wirkungen          ZEW INTERN
zu messen. Vor allem die Fortschritte
der Schüler in Mathematik seien be-          ZEW-Präsident gehört Mindestlohnausschuss der Bundesregierung an
merkenswert, betonte Angrist. Die Hälf-
te des Leistungsunterschieds zwischen           Der Präsident des ZEW, Wolfgang                 chen mit geringer Tarifbindung ent-
schwarzen und weißen Schülern könnte         Franz, wurde von der Bundesregierung               scheiden soll. Das Gremium wird ge-
geschlossen werden, wenn alle Schüler        in ein Beratungsgremium berufen,                   leitet von Klaus von Dohnanyi. Weitere
auf die Reformschulen gingen anstatt         welches als Hauptausschuss auf der                 Mitglieder sind Jutta Allmendinger,
auf die herkömmlichen öffentlichen           Basis des Mindestarbeitsbedingungs-                Dieter Hundt, Otto Kentzler, Michael
Schulen, so sein Fazit.                      gesetzes über Mindestlöhne in Bran-                Sommer und Otto Ernst Kempen.
10 | ZEWnews September 2009

ZEW INTERN                                                                                                 ZEW DISCUSSION PAPERS

                                                                                                           Nr. 09-038, Katja Coneus, Maresa
ZEW-Studie mit Best-Paper-Award 2008 prämiert                                                              Sprietsma: Intergenerational Transmis-
                                                                                                           sion of Human Capital in Early Child-
Die am ZEW entstandene Studie über                            Preisgeld von 1.000 Euro dotiert. Dieses     hood.
„Die Wirkung des Kündigungsschutzes                           geht zu gleichen Teilen an die               Nr. 09-037, Holger Stichnoth: The Opti-
auf die Stabilität junger Beschäfti-                          Autoren der Studie, Bernhard Boock-          mal Choice of a Reference Standard for
gungsverhältnisse“ wurde mit dem                              mann, Daniel Gutknecht und ZEW-              Income Comparisons: Indirect Evidence
Best-Paper-Award 2008 der Zeitschrift                         Wissenschaftlerin Susanne Steffes. Die       from Immigrants' Return Visits.
für ArbeitsmarktForschung (ZAF) aus-                          Studie untersucht, ob neu begonnene          Nr. 09-036, Holger Stichnoth, Karine
gezeichnet. Der Award ist mit einem                           Beschäftigungsverhältnisse in Deutsch-       Van der Straeten: Ethnic Diversity and
                                                              land instabiler werden, wenn sie unter       Attitudes Towards Redistribution: A Re-
                                                              das Kündigungsschutzgesetz fallen.           view of the Literature.
                                                              Die Ergebnisse zeigen einen signifi-         Nr. 09-035, Holger Bonin: 15 Years of
                                                              kanten Anstieg der Beschäftigungs-           Pension Reform in Germany: Old Suc-
                                                              stabilität nach einer Probezeit von etwa     cesses and New Threats.
                                                              180 Tagen. Während der Probezeit             Nr. 09-034, Christina Elschner, Jost
                                                              sind Beschäftigungsverhältnisse etwa         Henrich Heckemeyer, Christoph Spen-
                                                  Foto: ZEW

                                                              gleich stabil, unabhängig davon, ob          gel: Besteuerungsprinzipien und effek-
Susanne Steffes teilt sich mit ihren Ko-Autoren
                                                              sie später unter den Kündigungsschutz        tive Unternehmenssteuerbelastungen
den Best-Paper-Award 2008.                                    fallen oder nicht.                           in der Europäischen Union.

■   Neues ZEW-Seminarprogramm erschienen

Das neue ZEW-Seminarprogramm ist er-                          und Symposien reichen von Ökonome-           modulare Erweiterung zur Betriebswirt-
schienen. Vom Oktober 2009 bis Juni                           trie über Finanzmarktmanagement, Un-         schaftslehre oder die Konjunkturana-
2010 bietet das ZEW wieder zahlreiche                         ternehmensführung und Organisation           lyse für Praktiker. Im Frühjahr 2010
Expertenseminare und Symposien an.                            sowie Steuern und öffentliche Finanz-        wird ein neues Symposium mit Schwer-
Diese werden gemeinsam von Wissen-                            wirtschaft bis hin zu Soft Skills wie etwa   punkt Innovation am ZEW stattfinden,
schaftlern und erfahrenen Praktikern                          Präsentationstechniken. Auch bewährte        in welches die Ergebnisse der aktuellen
konzipiert und durchgeführt. Dadurch                          Seminarklassiker werden im neuen             Innovationsforschung einfließen.
ist gewährleistet, dass die Seminar-                          Seminarprogramm angeboten, bei-              Das neue Seminarprogramm finden Sie
inhalte den neuesten Stand der For-                           spielsweise die Immobilienmarktana-          unter www.zew.de/weiterbildung
schung wiedergeben und gleichzeitig                           lyse, oder das Qualifizierungsprogramm       Weitere Informationen:
mit praxisrelevanten Beispielen ange-                         Ökonometrie. Darüber hinaus werden           Katrin Cerquera, Tel. 0621/1235-245,
reichert sind. Die Themen der Seminare                        neue Themen aufgegriffen, etwa die           E-Mail k.cerquera @zew.de

■   Veranstaltung im Staatsministerium zum Abschluss des Forschungsprojekts FAZIT

Inwiefern sind moderne Informations-                          Württemberg“ (FAZIT) untersucht. Ende        Seite des ZEW zeichnete die „For-
und Kommunikationstechnologien (IKT)                          Juli 2009 wurde nun der Abschluss des        schungsgruppe Informations- und Kom-
in baden-württembergischen Unterneh-                          FAZIT-Projekts mit einer Veranstaltung       munikationstechnologien“ für FAZIT ver-
men verbreitet? Wie verwenden die                             im Staatsministerium von Baden-Würt-         antwortlich. Sie hat sieben repräsenta-
Unternehmen IKT bei der Organisation                          temberg begangen. Das Land Baden-            tive Befragungen mit variierenden
ihrer Geschäftstätigkeiten? Können IKT                        Württemberg hatte FAZIT mit insgesamt        Schwerpunktthemen zur Verbreitung
in Unternehmen und im privaten Be-                            rund drei Millionen Euro gefördert. Es       und Nutzung innovativer IT-Anwendun-
reich zukünftig zur Verbesserung von                          war vom Projektträger MFG Stiftung           gen in baden-württembergischen Unter-
Wettbewerbsfähigkeit und Lebensqua-                           Baden-Württemberg gemeinsam mit              nehmen durchgeführt und die Ergeb-
lität beitragen? Fragen wie diese wur-                        den Partnern Fraunhofer Institut für Sys-    nisse jeweils in einem ausführlichen
den vier Jahre lang im Rahmen des „For-                       tem- und Innovationsforschung (ISI) in       Forschungsbericht zusammen gestellt.
schungsprojekts für aktuelle und zu-                          Karlsruhe und dem Zentrum für Europä-        Die Forschungsberichte aller Projektpart-
kunftsorientierte IT- und Medientechno-                       ische Wirtschaftsforschung (ZEW) in          ner sind unter www.fazit-forschung.de
logien und deren Nutzung in Baden-                            Mannheim durchgeführt worden. Von            kostenfrei erhältlich.
ZEWnews September 2009 | 11

DATEN UND FAKTEN

                                                 ZEW-Finanzmarkttest im August 2009
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                 0                                                                      Knapp ein Viertel der Experten ist der Ansicht, dass die EZB
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                                                                                        heben wird. 72,3 Prozent der befragten Analysten erwarten
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                                                                                        jedoch nach wie vor, dass die Zinsen im kommenden halben
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                Aug 07            Feb 08         Aug 08            Feb 09      Aug 09   konjunkturelle Aufschwung noch fragil ist und die Unterstüt-
                                                                                        zung der Geldpolitik benötigt.
 Saldo der positiven und negativen Einschätzungen bezüglich der kurzfristi-
 gen Zinsen im Euroraum in sechs Monaten.                     Quelle: ZEW                                                                                                 Sandra Schmidt, s.schmidt@zew.de

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               0
                                                                                        zurück. Die Konjunkturerwartungen für die Eurozone legen
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                                                                                        um 15,4 auf 54,9 Punkte zu. Unterstützt wird diese Erwartung
                                                                                        vom aktuellen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Es fällt
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                                                                                        mit einer Veränderungsrate von minus 0,1 Prozent im Quar-
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                                                                                        talsvergleich deutlich besser aus als in den Vorquartalen.
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                                                                                        Da andere wichtige Industrienationen ebenfalls Stabilisie-
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   Aug 07                         Feb 08         Aug 08            Feb 09      Aug 09   rungstendenzen erkennen lassen, dürften sich auch die Ex-
 Saldo der positiven und negativen Einschätzungen bezüglich der Konjunktur-             portaussichten verbessern.
 situation im Euroraum in sechs Monaten.                       Quelle: ZEW                                                                                                Sandra Schmidt, s.schmidt@zew.de

                     KfW/ZEW-CO2-Indikator: Leichter Anstieg                                                                                Deutsche Medienwirtschaft setzt
                            der CO2-Preise erwartet                                                                                            auf Prozessinnovationen
                          Preisobergrenze/Preisuntergrenze              Mittelwert
                                                                                           Anteil der befragten Unternehmen in %

                                                                                                                                   100
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                                                                                                                                    keine Innovationsaktivitäten              Produkt- und Prozessinnovationen
                      0                                                                                                             noch nicht bekannt             nur Prozessinnovationen         nur Produktinnovationen
                          Okt 2009         Juni 2010      2008 – 2012 2013 – 2020
 Quelle: ZEW                                                                                *Planzahlen von Mitte 2008. Quelle: ZEW, Mannheimer Innovationspanel

Marktexperten erwarten einen leichten Anstieg der Preise                                   Die Innovationsaktivitäten im Mediensektor (Verlag,
für CO2-Emissionszertifikate. Bis Oktober 2009 wird mit                                    Druck, Rundfunk, Film) zielen derzeit stark auf Prozessin-
einem durchschnittlichen Preis von 13,80 bis 15,50 Euro                                    novationen. Der Anteil der Unternehmen, die Mitte 2008
pro Tonne CO2 gerechnet. Bis Mitte 2010 sind Preise bis zu                                 für die Jahre 2008 und 2009 die Einführung neuer Produk-
17,60 Euro pro Tonne CO2 möglich. Für die gesamte Han-                                     te planten, sinkt auf 25 Prozent. Der Anteil der Prozess-
delsperiode von 2008 bis 2012 gehen die Umfrageteilneh-                                    innovatoren wird den Planungen zufolge dagegen nur auf
mer von einem durchschnittlichen Preis von maximal 20,90                                   32 Prozent (2008) und 31 Prozent (2009) absinken. Die
Euro pro Tonne CO2 aus. In der dritten Periode des europä-                                 eingetrübte Wirtschaftslage erhöht offenbar die Anreize,
ischen Emissionshandels von 2013 bis 2020 wird ein An-                                     mehr in effizientere Prozesse zu investieren. Das Umfeld
stieg des CO2-Preises auf bis zu 30,50 Euro erwartet. Der                                  für Produktneuheiten hat sich – auch durch die rückläufi-
KfW/ZEW-CO2-Indikator wird vierteljährlich veröffentlicht.                                 gen Werbeerlöse – verschlechtert.
                                                       Peter Heindl, heindl@zew.de                                                                                    Dr. Christian Rammer, rammer@zew.de
12 | ZEWnews September 2009

STANDPUNKT

                                        Konjunkturtests
                                Nach Lage der Dinge haben                             Finanzmarkttests stimmt – wie bei anderen vergleichbaren
                             die Finanzmarktexperten des                              Indikatoren – mit dem bekannten „harten“ Daten ebenfalls im
                             ZEW-Finanzmarkttests im Hin-                             Wesentlichen überein.
                             blick auf die konjunkturelle Ent-
                             wicklung in Deutschland Recht                               Obwohl sicherlich von hohem wissenschaftlichen Interesse,
                             behalten. Seit November letzten                          spielt eine untergeordnete Rolle bei der Beurteilung des ZEW-
                             Jahres begannen sich die Ein-                            Indikators, inwieweit die dort geäußerten Ansichten Ausdruck
schätzungen bezüglich der Konjunktur in sechs Monaten auf-                            eines „Herdenverhaltens“ der Finanzmarktexperten sind. Es
zuhellen, wenngleich die negativen Beurteilungen bis ins Jahr                         wäre im Gegenteil ziemlich verwunderlich, wenn sie nicht
2009 überwogen. Die harten Konjunkturdaten bestätigen die                             häufig miteinander kommunizierten und die Meinungen von
Erwartungen der Finanzmarktexperten. Nach Angaben des                                 Kollegen bei ihren eigenen Erwartungen berücksichtigten.
Statistischen Bundesamtes auf der Basis einer Schnellschät-                           Möglicherweise ist der ZEW-Indikator zudem etwas volatiler
zung, die erfahrungsgemäß später einer Revision unterliegen                           als vergleichbare Indikatoren, obwohl dieser visuelle Eindruck
wird, ist die dramatische Abwärtsbewegung des realen Brutto-                          an der jeweiligen Skalierung der unterschiedlichen Indikatoren
inlandsprodukts im zweiten Quartal dieses Jahres zum Still-                           liegen mag und einer empirischen Überprüfung bedarf.
stand gekommen – also genau sechs Monate, nachdem sich
die Konjunkturerwartungen des ZEW anfingen zu verbessern.                                Alles in allem haben also die „weichen“ Konjunkturindi-
                                                                                      katoren wie der ZEW-Finanzmarkttest richtig gelegen. Zu
    Der bis März dieses Jahres bestehende negative Saldo aus                          überschwänglichem Lob besteht indes kein Anlass, die „wei-
positiven und negativen Einschätzungen warnt aber zugleich                            chen“ Konjunkturindikatoren haben diese Rezession ebenso
vor euphorischen Einlassungen, so als ob wir die Krise über-                          wenig weit im voraus gesehen wie andere Prognosen. Sie
standen hätten. Zwar legte das reale Bruttoinlandsprodukt im                          sind somit ein brauchbares Werkzeug im Instrumentenkasten
zweiten Quartal dieses Jahres mit vorläufig 0,3 v. H. zaghaft zu                      der Prognostiker – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
und vielleicht fällt das dritte Quartal noch besser aus. Aber
Deutschland wurde mit seiner Wirtschaftsleistung auf etwa                                 Um im Finanzmarktbereich zu bleiben, so stellt die weitere
das Jahr 2005 zurückgeworfen und es wird geraumer Zeit be-                            konjunkturelle Entwicklung die Zentralbanken vor große Her-
dürfen, bis wir wieder an das Niveau vor der Krise anknüpfen                          ausforderungen. Sie müssen die Gratwanderung bewältigen,
können. Wir sind mit dem Aufzug rasant ein paar Stockwerke                            einerseits die Zinsen nicht zu früh anzuheben und damit die
tiefer gesaust und müssen nun erst einmal auf dem Weg nach                            wirtschaftliche Erholung zu beeinträchtigen, andererseits die
oben mit der Rolltreppe vorlieb nehmen. Und schließlich: Auf                          Liquidität, mit der sie die Geldmärkte angesichts der Finanz-
dem Arbeitsmarkt steht uns das Schlimmste vermutlich noch                             krise geflutet haben, wieder rechtzeitig einzusammeln, um In-
bevor, obschon das Schlimmste nicht ganz so schlimm ausfal-                           flationsgefahren einzudämmen. Die Europäische Zentralbank
len dürfte, wie noch vor Kurzem befürchtet.                                           nimmt ihr Mandat einer Sicherung der Preisniveaustabilität
                                                                                      sehr ernst und sollte sich eventuellem politischen Druck, es
   Die Erwartungen im Rahmen des ZEW-Finanzmarkttests                                 damit nicht zu ernst zu nehmen, erwehren.
entsprachen bis jetzt also – zeitversetzt um sechs Monate –
der beobachteten Entwicklung. Vergleichbare Konjunkturin-
dikatoren haben dies erst deutlich später als der ZEW-Indikator
signalisiert, der ZEW-Indikator besitzt also einen gewissen
zeitlichen Vorlauf vor ihnen. Die Lagebeurteilung des ZEW-

                                               ZEW news – erscheint zehnmal jährlich
                            I M PR E S S U M

                                               Herausgeber: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW) Mannheim,
                                               L 7, 1 . 68161 Mannheim . Postanschrift: Postfach 10 34 43 . 68034 Mannheim . Internet: www.zew.de, www.zew.eu
                                               Präsident: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz · Kaufmännischer Direktor: Thomas Kohl
                                               Redaktion: Kathrin Böhmer, Telefon 0621/1235-103, Telefax 0621/1235-222, E-Mail boehmer@zew.de
                                               Gunter Grittmann, Telefon 0621/1235-132, Telefax 0621/1235-222, E-Mail grittmann@zew.de
                                               Nachdruck und sonstige Verbreitung (auch auszugsweise): mit Quellenangabe und Zusendung eines Belegexemplars
                                               © Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW), Mannheim, 2009
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