UNTERHALTUNGSAUTOMATEN-WIRTSCHAFT - LAGE 2019, ENTWICKLUNG 2020 - PERSPEKTIVEN 2021 - games & business
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UNTERHALTUNGSAUTOMATEN- WIRTSCHAFT LAGE 2019, ENTWICKLUNG 2020 - PERSPEKTIVEN 2021 DR. HANS-GÜNTHER VIEWEG ein Gutachten im Auftrag der Deutschen Automatenwirtschaft e.V. (DAW)
INHALT 1. Management Summary ........................................................................... 3 2. 2006: Ein die Kanalisierung des Spieltriebs fördernder Rechtsrahmen ............................................................................................ 4 3. 2012: Eine zunehmend restriktive Regulierung lässt das gewerbliche Geldspiel schrumpfen ...................................................... 5 4. Wandel in der vertikal strukturierten Branche. ............................... 7 5. 2014: Ein Rechtsrahmen, der die Kanalisierung des Spieltriebs behindert. ...................................................................................................10 6. 2020: Die COVID-19-Pandemie verschärft den gesetzlich beförderten Abschwung der Unterhaltungsautomatenwirtschaft. ...................................................................................................................... 12 7. Die strikte Regulierung des gewerblichen Geldspiels befördert eine Abwanderung zu illegalen terrestrischen Angeboten. ..........13 8. 2021: Der Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens – Ein Lichtblick? ...................................................15 2
1. MANAGEMENT SUMMARY Die Unterhaltungsautomatenwirtschaft ist Online-Angebot auf eine qualitative Regu- mit ihren Geldspielgeräten (GSG) Teil des lierung umzustellen. Mitte 2021, wenn der Glücksspielmarkts, der im Zeitalter der Di- GlüStV 2012 ausläuft und damit keine gitalisierung einem starken Wandel unter- Übergangsfristen mehr greifen, wird die worfen ist. Die Länder setzten den 2012 in Zahl der Konzessionen für Spielhallen um Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag etwa 60% gegenüber 2017 zurückgehen. (GlüStV 2012) ein, um einseitig das Ange- bot der Spielhallen in erster Linie mit ei- Auf Bundesebene war mit der am 11. No- nem Mindestabstandsgebot und einem vember 2014 in Kraft getretenen 6. Ver- Verbot von Mehrfachkonzessionen zurück- ordnung zur Novellierung der Spielverord- schneiden zu können. Die Übergangsfris- nung (SpielV) die umfangreichste Ände- ten für Bestandspielhallen liefen im We- rung seit dem Bestehen der Bundesrepub- sentlichen zum 1. Juli 2017 aus und die lik erforderlich geworden. Mit Auslaufen Maßnahmen der Länder zeigten die ge- der Übergangsfrist zum 11. November wünschten Effekte. Sie sahen aber keine 2018 wurde eine flächendeckende Umstel- Notwendigkeit, das in Deutschland verbo- lung der GSG notwendig. Des Weiteren tene, stark expandierende Online-Glücks- musste zum 11. November 2019 die Zahl, spiel zu regulieren. der je Standort in der Gastronomie aufge- stellten GSG von drei auf zwei reduziert Mit dem 3. Glücksspieländerungsstaats- werden. Die durch die 6. Verordnung zur vertrag (GlüÄndStV), der am 1. Januar Änderung der SpielV notwendigen Anpas- 2020 in Kraft trat, wurden nur die Sport- sungen werden zum 10. Februar 2021 ab- wetten einer Regulierung zugeführt. Erst geschlossen. Dann werden nur noch tech- mit dem Staatsvertrag zur Neuregulierung nisch gesicherte GSG im Markt sein, die des Glücksspielwesens (GlüStV 2021 (E)), verhindern, dass parallel an mehreren Ge- der zum 1. Juli 2021 in Kraft treten soll, räten gespielt werden kann. wird das umfangreiche Angebot im Inter- net reguliert. Mit qualitativen Vorgaben Die Gesetzgebung von Bund und Ländern wird dem Schutz von Spielern1 und Ju- hatte schon 2018 – entgegen des Trends gendlichen Rechnung getragen, eine auf dem Glücksspielmarkt – einen Rück- quantitative Limitierung ist nicht vorgese- gang des Umsatzes mit GSG von mehr als hen. Das gewerbliche Geldspiel unterliegt 3% verursacht. Die gerätebezogenen Än- weiter den engen quantitativen Beschrän- derungen kamen jedoch in vollem Umfang kungen. Lediglich für das Verbot von erst 2019 mit einem Einbruch um 12% Mehrfachkonzessionen ist im GlüStV 2021 zum Tragen. Zu Beginn des laufenden Jah- (E) eine Länderöffnungsklausel vorgese- res zeichnete sich für Spielhallen eine Sta- hen, die eine befristete Ausnahme für bis bilisierung auf dem niedrigen Niveau des zu drei Spielhallenkonzessionen je Ge- Vorjahres ab, während in der Gastronomie bäude oder Gebäudekomplex ermöglicht, durch den Abbau des dritten Gerätes die sofern die Spielhallen zusätzliche qualita- Umsätze weiter sanken. Der Lockdown in- tive Vorgaben erfüllen, wie den durch Zer- folge der COVID-19-Pandemie hat auch tifizierung gesicherten Spieler- und Ju- diese Branche unvermittelt getroffen. Die gendschutz. Dies wird von der Branche po- Geschäftstätigkeit lief nach Ende der etwa sitiv gewertet, kommt es doch ihrem Stre- zweimonatigen Schließung allmählich wie- ben entgegen, ein ordnungsgemäßes Spiel der an. Besonders schwierig gestaltet sich zu gewährleisten. die Lage in der Gastronomie, nicht nur we- gen des Abbaus des dritten GSG. Die Öff- Die geltende umfassende quantitative Re- nung von Bars und Kneipen erfolgte erst gulierung des gewerblichen Geldspiels mit Verzögerung, eine Reihe von Geschäf- bleibt bestehen, anstatt diese wie beim ten ging in die Insolvenz. Insgesamt muss 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Beitrag das generische Maskulinum verwendet. 3
für die Aufstellunternehmen mit einem Für 2021 wird es aufgrund des gesetzlich Rückgang der Umsätze um 50%, unter Be- geforderten Kapazitätsabbaus nicht zu ei- rücksichtigung des jüngsten Lockdowns im nem Wiederanstieg kommen können. November, für 2020 gerechnet werden. 2. 2006: EIN DIE KANALISIERUNG DES SPIEL- TRIEBS FÖRDERNDER RECHTSRAHMEN Die Unterhaltungsautomatenwirtschaft der Freizeitwirtschaft neben Kinos, Cafés, bietet ihren Kunden mit den GSG das Spiel Bowling Centern etc. gerichtet waren. Das um „Kleines Geld“. Aufgrund der durch die Image der Branche wandelte sich. Neue Gewerbeordnung (GewO) und SpielV strikt Kundengruppen konnten erschlossen wer- begrenzten Einsätze, Gewinn- und Ver- den. Zunehmend prägen auch Frauen das lustmöglichkeiten steht die Unterhaltung in der Vergangenheit von Männern domi- im Zentrum des Spiels. Es besteht bei den nierte Spiel. Die Wettbewerbsfähigkeit des legal angebotenen gewerblichen GSG im gewerblichen Geldspiels wurde gestärkt Gegensatz zu Fun Games, die keine in und gleichzeitig eine Kanalisierung des na- Deutschland erforderliche Zulassung der türlichen Spieltriebs des Menschen hin zu Physikalisch Technischen Bundesanstalt einem legalen Spielangebot erreicht. (PTB) besitzen, keine Gefahr, dass der Der Paradigmenwechsel erlaubte es, Spieler unangemessen hohe Verluste in grundlegende Innovationen basierend auf kurzer Zeit erleidet (§ 33e Abs. 1 S. 1 dem technischen Fortschritt in der Elektro- GewO). Glücksspiel ist in Deutschland ge- mäß § 284 StGB generell verboten, steht nik und bei der Digitalisierung zu realisie- ren. Während Spieleinsätze, Gewinn- und jedoch unter einem Erlaubnisvorbehalt der Verlustmöglichkeiten weiterhin strikt be- Länder. Andere Unterhaltungsautomaten schränkt blieben, konnte eine Vielzahl von der Branche sind Touch-Screen-Geräte, Spielen mit unterschiedlichen Abläufen Bildschirmspielgeräte, Fahrsimulatoren, und Plots entwickelt werden. Diese neuen Flipper und Internet-Terminals. Sport- GSG bieten 20 und mehr videobasierte, spielgeräte wie Billard, Dart, Tischfußball vielfach dreidimensional animierte Spiele und Airhockey ergänzen das Angebot. Mu- (Multigamer), aus denen der Gast sich ei- sikautomaten spielen im multimedialen Zeitalter kaum noch eine Rolle. nes auswählen kann. So genannte Fea- ture-Games mit unterschiedlichen Themen Das gewerbliche Geldspiel hatte bis zum und Spielplänen, die Geldgewinne bei ei- Jahr 2006 mit technisch überholten Rah- nem erfolgreichen Spielablauf ausschüt- menbedingungen zu kämpfen, selbst die ten, gehören zum Sortiment. kommunalen Einnahmen aus Vergnü- Die Attraktivität der Multigamer sowie die gungssteuern sanken trotz steigender Steuersätze. Der Gesetzgeber hatte die Si- Spielmöglichkeiten am heimischen Com- tuation erkannt und mit der fünften Ver- puter bzw. auf der Konsole haben zu einer partiellen Substitution insbesondere von ordnung zur Änderung der SpielV, die zum 1. Januar 2006 in Kraft getreten war, ei- Unterhaltungsautomaten ohne Geldge- winn geführt, die sowohl technologisch als nen Paradigmenwechsel vorgenommen, der dem Geldspiel die Möglichkeit eröff- auch bei Spielinnovationen an Boden ver- loren. Der Produktbereich GSG wurde zum nete, auf Augenhöhe mit dem staatlichen Glücksspiel und dem Spiel im Internet vorherrschenden Angebot der Aufstellun- konkurrieren zu können. Neben dem ver- ternehmen mit einem Anteil von etwa 86% bei der Anzahl der 2019 aufgestellten Ge- änderten Rechtsrahmen und den Produk- tinnovationen waren für die dynamische räte. Inzwischen werden 99% der Expansion auch neue Geschäftsmodelle verantwortlich, die auf eine stärkere In- tegration von Spielhallen in Einrichtungen 4
Nettospielerlöse (NSE)2 mit GSG erwirt- Kunden ansprechen sollten, wurden im schaftet. Der Bestand an Unterhaltungs- Rahmen der Verschärfung der Regulierung automaten ohne Geldgewinn hat sich nach des gewerblichen Geldspiels durch den Übersicht 1: Unterhaltungsautomaten und Sportspielgeräte 2015 2016 2017 2018 2019 a), b) c) Gerätetypen Geräte Erlöse 1000 Stück in % Mill. € in% Unterhaltungsautomaten 25,0 20,0 18,0 17,0 16,5 6,4 ohne Geldgewinn Flipper 2,2 2,2 2,2 2,2 2,2 0,9 Internet–Terminals 10,0 5,0 3,0 2,0 1,5 0,6 50 1,0 d) Punktespiele etc. 2,4 2,4 2,4 2,4 2,4 0,9 Bildschirmspielgeräte 10,4 10,4 10,4 10,4 10,4 4,0 e) Sportspielgeräte 19,7 19,7 19,7 19,7 19,7 7,7 Geldspielgeräte 267,0 264,0 255,0 245,0 220,0 85,9 4.950 99,0 Gesamt 311,7 303,7 292,7 281,7 256,2 100 5.000 100,0 a) Die Bestandsschätzung für alle Geräte per 31.12. basiert auf Erhebungen des VDAI und anderen verfügbaren empirischen Studien; - b) Enthalten sind Geräte von VDAI-Mitgliedsfirmen und anderen Herstellern. Neben verkauften Geräten sind auch solche auf Miet- und Leasingbasis enthalten; - c) Erlöse der Aufstellunternehmen aus dem Betrieb von Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinn und Sportspielgeräten = Kasseninhalt inkl. Wirteanteil, Mehrwertsteuer (MwSt), Vergnügungs-steuer etc.; - d) Touch–Screen–Geräte, Musik– und sonstige Unterhaltungsautomaten; - e) Billard, Dart, Tischfußball, Kegelbahnen, Bowling, Air Hockey etc. Quelle: Statistisches Bundesamt; VDAI; Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V.; IFH Köln GmbH; eigene Berechnungen. den Rückgängen seit Mitte des letzten GlüStV 2012, der zum 1. Juli 2012 in Kraft Jahrzehnts zuletzt auf dem bestehenden getreten war, in einigen Ländern – in Ver- Niveau in etwa stabilisiert. (Übersicht 1) bindung mit den länderspezifischen Spiel- hallenregelungen – verboten. Unsicherhei- Internet-Terminals, die bei ihrer Marktein- ten über ihren legalen Betrieb haben zwi- führung im Jahr 2007 in erster Linie neue, schenzeitlich weitgehend zu einem Abbau bisher nicht in Spielhallen anzutreffende der Terminals geführt. 3. 2012: EINE ZUNEHMEND RESTRIKTIVE REGU- LIERUNG LÄSST DAS GEWERBLICHE GELDSPIEL SCHRUMPFEN Das Geldspiel ist eine gewerbliche, dem Mehrfachkonzessionen) zu reduzieren. Bundesrecht unterliegende Tätigkeit. Mit Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) der Föderalismusreform von 2006 fiel das mit seinen Urteilen vom 16. Dezember Recht der Spielhallen in die Zuständigkeit 2016 und das Bundesverfassungsgericht der Länder. Den 2012 in Kraft getretenen (BVerfG) mit seinem Beschluss vom GlüStV setzten sie ein, um das gewerbli- 7. März 2017 haben zwar die Rechtmäßig- che Geldspiel mittels quantitativer Be- keit des GlüStV 2012 grundsätzlich bestä- schränkungen (insbesondere dem Min- tigt, allerdings müssen im Rahmen der destabstandsgebot und dem Verbot von Auswahlentscheidungen die verfassungs- 2 Nettospielerlöse = Bruttospielerlöse abzüglich MwSt. 5
rechtlich gewährten Grundrechte der Auf- wesentlich engere Grenzen. Der Einsatz stellunternehmer gewährleistet werden für die Mindestspieldauer beträgt nach wie (Stichwort: bestmögliche Ausschöpfung vor maximal 0,20 € und der Gewinn der Standortkapazität). Die Übergangsfrist höchstens 2 € (§ 13 Nr. 2 SpielV). Im Ver- zur Anwendung der Vorschriften auch für lauf einer Stunde dürfen gemäß § 13 Nr. 5 Bestandsspielhallen ist weitgehend zum SpielV nicht mehr als 400 € (bisher 500 €) 1. Juli 2017 abgelaufen. Binnen eines hal- Gewinnsumme abzüglich der Einsätze ben Jahres sank die Zahl der aufgestellten möglich sein. Die Summe der Verluste im GSG um rund 4%, das entspricht 10.000 Verlauf einer Stunde darf gemäß § 13 Nr. Geräten. 4 SpielV 60 € (bisher 80 €) nicht überstei- gen. Bei langfristiger Betrachtung darf ge- Lange Zeit hatte sich die Zahl der in der mäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SpielV kein höherer Gastronomie aufgestellten GSG aufgrund Betrag als 20 € (bisher 33 €) je Stunde als des Strukturwandels in diesem Marktseg- Kasseninhalt verbleiben. Die nach einer ment reduziert. Im Verlauf des letzten Stunde Spielbetrieb erforderliche fünf- Jahrzehnts kehrte sich der Trend um. minütige Spielpause (§ 13 Nr. 6 SpielV) ist Neue, attraktive Standorte an Verkehrs- gegenüber der bis dahin gültigen SpielV knotenpunkten, Raststätten, Bahnhöfen, durch ein Verbot von Spielvorgängen, ein- Flughäfen etc. wurden für das gewerbliche satz- und gewinnfreien Probe- und De- Geldspiel erschlossen. Bis zum 10. No- monstrationsspielen und sonstigen Anima- vember 2019 durften bis zu drei GSG auf- tionen innerhalb der Pause zur „Abkühlung gestellt werden. Gemäß geltendem § 3 des Spielers“ nochmals verschärft worden. Abs. 1 SpielV sind seitdem nur noch zwei GSG je Standort in der Gastronomie zuläs- Als besonders gravierend und die Attrakti- sig. Entsprechend mussten an 20% der vität der GSG für Spieler mindernd haben Standorte, bei denen die Kapazität voll sich folgende Vorschriften der SpielV her- ausgeschöpft worden war, je ein GSG ab- ausgestellt: Die neu eingeführte Spielun- gebaut werden. Von den insgesamt etwa terbrechung nach drei Stunden Spielbe- 87.000 Gastronomiegeräten sind rund trieb (Ruhezustand von mindestens 5 Mi- 10.000 GSG entfernt worden. Parallel dazu nuten), bei der die Geldspeicher zu entlee- setzt sich die Desinvestition in den Spiel- ren und alle Anzeigeelemente eines GSG hallen fort. Es muss von einem Minus von auf die vordefinierten Anfangswerte zu 15.000 GSG ausgegangen werden. setzen sind (Nullstellung des Gerätes, § 13 Summa Summarum ist zum Stichtag Nr. 6a SpielV), führt unabhängig von der 31. Dezember 2019 von einem Bestand Spielsituation zu einem zwangsweisen von 220.000 GSG auszugehen, das ent- Spielabbruch. Hinzu kommt, dass jeder spricht einem Minus von 10%. Geldeinsatz pro fünf Sekunden Spiel nur Das Auslaufen der Übergangsfrist in § 20 unmittelbar vom Spieler selbst ausgelöst Abs. 2 SpielV gemäß der 6. Verordnung werden darf (Verbot der „Automatiktaste“, zur Änderung der SpielV zum 11. Novem- § 13 Nr. 7 S. 3 u. 4 SpielV), um das gleich- ber 2018 erforderte eine flächendeckende zeitige Bespielen mehrerer Spielgeräte zu Umstellung der GSG. Es handelte sich um unterbinden, und dem Spieler vor jedem die mit Abstand größte gerätespezifische Geldeinsatz eine bewusste Entscheidung Umstellung in der Geschichte der deut- abzuverlangen. 4 schen Unterhaltungsautomatenwirt- Das umständliche Handling der neuen schaft.3 Hinsichtlich der Gewinn- und Ver- GSG sowie das gerätegebundene perso- lustmöglichkeiten sowie der Regulierung nenungebundene Identifikationsmittel der Spielpausen setzt die SpielV seitdem stießen bei den Spielern auf wenig 3 4 Jörg Bewersdorff; Neues aus der Automatenwirtschaft, in: Zeit- Für GSG mit einer Bauartzulassung ab dem 10. Februar 2016 be- schrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) 5/18, S. 357. steht die zusätzliche Vorschrift, dass eine Freischaltung des Gerä- http://www.bewersdorff-online.de/zfwg/Bewers- tes nur mit einem gerätegebundenen, personenungebundenen dorff_Neues%20von%20der%20Automatenindustrie_zfwg-05- Identifikationsmittel möglich ist. Die Übergangsfrist für die Umset- 2018.pdf (1.10.2020) zung dieser Vorschrift bei GSG endete am 11. November 2018. 6
Akzeptanz. Informationen, Erklärungen Umsatz „nur“ um 3% gesunken, da die und Einweisungen der Kunden in den Be- neuen GSG erst ab dem 4. Quartal in grö- trieb der neuen GSG wurden notwendig. ßerem Umfang in Betrieb genommen wor- Umfangreiche und aufwendige Schulungen den waren. 2019 schrumpften die Um- des Personals bis weit in das Jahr 2019 sätze um 12% stärker. (Übersicht 2) wurden durchgeführt. 2018 war der Übersicht 2: Struktur und Umsätze der Unterhaltungsautomatenwirtschaft 2015 2016 2017 2018 2019 Branchenebene Mill. € in% Summe 6.180 6.540 6.690 6.640 5.850 100,0 Upstream-Umsatz gesamt a) 830 860 840 960 850 14,5 b) Industrieproduktion 580 550 400 1.100 350 c) 5.350 5.680 5.850 5.680 5.000 85,5 Aufstellerbereich, gesamt 6.365 6.760 6.960 6.760 5.960 d) Geldspielgeräte 6.300 6.700 6.900 6.700 5.900 Unterhaltungsautomaten, 65 60 60 60 60 Sportspielgeräte d) a) Umsatz von Herstellern, Großhandel und anderen branchenspezifischen Dienstleistern mit Aufstellunternehmen (Absatz von GSG bzw. Spielpaketen, anderen Unterhaltungsautomaten und Sportspielgeräten über Kauf, Miete und Leasing sowie Finanzierung, Beratung und sonstige Dienstleistungen; - b) Herstellkosten für GSG, andere Unterhaltungsautomaten und Sportspielgeräte auf Basis der Produktionsmeldungen an das Statistische Bundesamt unter Hinzuschätzung der aufgrund von Geheimhaltung nicht ausgewiesenen Positionen; - c) Erlöse der Aufstellunternehmen aus dem Betrieb von Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinn und Sportspielgeräten = Kasseninhalt inkl. Wirteanteil, MwSt, Vergnügungs-steuer etc. (untere Zeile ohne MwSt); - d) 2015 - 2018 auf Basis der Statistik „Umsatzsteuervoranmeldungen“ des Statistischen Bundesamts, 2019 auf Grundlage der Vergnügungssteuerstatistik und von Unternehmensangaben vorausgeschätzt. Quelle: Statistisches Bundesamt; VDAI; IFH Köln GmbH; eigene Berechnungen. 4. WANDEL IN DER VERTIKAL STRUKTURIERTEN BRANCHE Die Unterhaltungsautomatenwirtschaft (Übersicht 2). Diese Dreiteilung ist seit umfasst neben den Aufstellunternehmen 2006 einem von den Herstellern forcierten auch die Hersteller der GSG, Sportspielge- Wandel ausgesetzt. Sie haben den Direkt- räte und Unterhaltungsautomaten ohne vertrieb ausgebaut und den Verkauf ihrer Geldgewinn sowie den Großhandel. Insge- Produkte zugunsten von Miete und Leasing samt setzten die Unternehmen der Bran- zurückgefahren. Der traditionell als Binde- che 5.850 Mill. € im Jahr 2019 um, 85,5% glied zwischen den geräteproduzierenden davon die Aufstellunternehmen.5 Herstellern und den Aufstellunternehmen stehende Großhandel hat sich gewandelt. 5 Die Zeitreihe für den gesamten Umsatz des Wirtschaftszweigs in Übersicht 2 ist nur mit den Zahlen im Bericht von 2019 aber nicht mit früher veröffentlichten Statistiken unmittelbar zu vergleichen, da für die Summierung die NSE der Aufstellunternehmen und nicht mehr die BSE, die die Mehrwertsteuer enthalten, verwendet werden. 7
Die vormals primär im Bereich der Waren- Das gewerbliche Geldspiel ist traditionell distribution tätigen Firmen erbringen zu- strikt reguliert. Einem GSG ist gemäß meist Dienstleistungen, entwickeln Ge- § 33e GewO die Bauartzulassung und die schäftsmodelle, Marketingkonzepte, ge- Unbedenklichkeitsbescheinigung zu versa- stalten Spielhallen, erarbeiten Finanzie- gen, wenn die Gefahr besteht, dass der rungspläne etc. Die Umsätze der produzie- Spieler unangemessen hohe Verluste in- renden Industrieunternehmen und des kurzer Zeit erleiden kann. Das „Recht der Großhandels sind in ihren Funktionen nicht Geldspielgeräte“, das auch nach der Föde- mehr klar zu trennen. Sie werden als Up- ralismusreform in der Zuständigkeit des stream-Sektor zusammengefasst ausge- Bundes verblieb, ist nicht nur mit Blick auf wiesen, der den Aufstellunternehmen in einen noch höheren und effektiveren Ju- der Wertschöpfungskette vorgelagert ist. gend- und Spielerschutz weiterentwickelt worden, sondern auch hinsichtlich der Si- Die statistische Basis der industriellen Ak- cherheit vor Manipulationen der Geräte. tivitäten bilden die Herstellkosten, die von Bevor die Bauartzulassung für ein neu ent- den Produzenten unter der Position „Spiele wickeltes GSG bei der PTB beantragt wer- mit Münzen oder Spielmarken“ an das Sta- den kann, muss seit dem 10. Mai 2015 ein tistische Bundesamt gemeldet werden. Die von einer unabhängigen Prüforganisation Herstellkosten als Maß für die Produktion erstelltes Gutachten zur Manipulationssi- sind in Übersicht 2, die im Wesentlichen cherheit vorgelegt werden (§ 12 Abs. 3 der Darstellung der Entwicklung der Um- SpielV). Dementsprechend benötigen die sätze dient, kursiv geschrieben. Die Bezie- Gerätehersteller einen beträchtlichen Vor- hung zwischen den Umsätzen und der Pro- lauf, rechtliche Änderungen in ihren Pro- duktion von GSG, Unterhaltungsautoma- dukten zu berücksichtigen, um die Zertifi- ten ohne Geldgewinn und Sportspielgerä- zierung der Manipulationssicherheit sowie ten hat sich seit Mitte des letzten Jahr- die Bauartzulassung zu erhalten. Erst da- zehnts aufgrund der veränderten Ge- nach sind sie in der Lage, neue Produkte schäftspolitiken weitgehend aufgelöst. Der in den Markt einzuführen. Absatz der Hersteller von GSG, der bei weitem wichtigsten Produktgruppe, erfolgt Dieser notwendige Vorlauf wird von Seiten inzwischen zu etwa 85% über Miete und des Gesetzgebers nicht immer beachtet. Leasing. Dramatisch wurde die Situation für die Übersicht 3: Produktion und Abrufe von Geldspielgeräten 8
Hersteller am 5. Juli 2013, als die Länder gespielt werden kann, was in der Vergan- ihre Zustimmung zum Entwurf der 6. Ver- genheit immer wieder Kritik ausgelöst ordnung zur Änderung der SpielV davon hatte. Um die Möglichkeit zum gleichzeiti- abhängig gemacht hatten, dass sie ohne gen Spielen zu unterbinden, waren in der Übergangsfristen gemäß § 20 Abs. 2 Satz Vergangenheit Vorschriften eingeführt 2 SpielV in Kraft treten sollte.6 Dies hätte worden, die die Aufstellung und den alle vorhandene Bauartzulassungen für Raumbedarf für die GSG betrafen.8 Diesen GSG unmittelbar entwertet. Neue, den ge- Vorschriften wird durch die flächende- änderten Vorschriften entsprechende GSG ckende Einführung der GSG (TR 5.0 Ver- zu entwickeln, sie zertifizieren zu lassen sion 2) die sachliche Begründung entzo- und eine Bauartzulassung bei der PTB zu gen. Sie könnten entfallen. erlangen, hätte einen Zeitraum von rund Eine Vielzahl von GSG müssen bis zum zwei Jahren bedeutet, in dem keine GSG Stichtag ausgetauscht bzw. umgestellt auf den Markt hätten gebracht werden werden. Unter normalen wirtschaftlichen können. Die Hersteller reagierten im zwei- Bedingungen würden die Hersteller ihre ten Halbjahr 2013 auf diese Bedrohung Produktion jetzt hochfahren. Es bestehen mit einem massiven Abruf von Zulassun- jedoch nicht nur Pandemie bedingte Eng- gen für GSG, die noch auf Bauartzulassun- pässe in den Wertschöpfungsketten. Es gen entsprechend der 5. Verordnung zur wird auch befürchtet, dass Standorte ins- Änderung der SpielV basierten. In den besondere in der Gastronomie aufgrund Folgejahren wurden GSG entsprechend einer dauerhaften Schließung von Betrie- der novellierten SpielV entwickelt. Erst ben wegfallen bzw. notwendige Ersatzin- nach der erteilten Bauartzulassung konn- vestitionen aufgrund fehlender Wirtschaft- ten die Hersteller Zulassungen für die lichkeit unterlassen werden. Die Hersteller Markteinführung abrufen. Die Produktion sind bei ihren Expansionsplänen für die stieg 2018 stark an, um den flächende- Produktion zurückhaltend. ckenden Austausch und die Umstellung der Geräte rechtzeitig abschließen zu kön- nen. (Übersicht 3) Zum 10 Februar 2021 müssen GSG basie- rend auf der Technischen Richtlinie (TR) 5.0 (Version 1)7 aus dem Markt genom- men werden. Dann sind nur noch GSG (TR 5.0 Version 2) zulässig, die mit einem Fis- kaldatenspeicher ausgestattet sind und die von der Kontrolleinrichtung erfassten Da- ten manipulationssicher und vollständig aufzeichnen. Sie können nur unter Ver- wendung eines gerätegebundenen perso- nenungebundenen Identifikationsmittels in Betrieb genommen werden. Diese technische Einrichtung verhindert, dass an mehreren GSG gleichzeitig 6 8 Hans-Günther Vieweg; Wirtschaftsentwicklung Unterhaltungs- Je 12 Quadratmeter Grundfläche darf höchstens ein GSG aufge- automaten 2013 und Ausblick 2014, München; Januar 2014, S. 9f. stellt und die Gesamtzahl darf zwölf Geräte je Spielhalle nicht 7 übersteigen. Der Aufsteller hat die GSG einzeln oder in einer Bauarten, die zwischen dem 11. November 2014 und 10. Februar Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von 2016 zugelassen wurden, dürfen gem. §§ 11 Abs. 2 Satz 1, 16 Abs. mindestens 1 Meter aufzustellen. (§ 3 Abs. 1 SpielV) 1 Nr. 7 SpielV spätestens ab dem 11. Februar 2021 nicht mehr auf- gestellt werden. 9
5. 2014: EIN RECHTSRAHMEN, DER DIE KANALISIERUNG DES SPIELTRIEBS BEHINDERT Die bereits dargestellte zeitgemäße An- Die Übersicht 4 visualisiert die Phasen der passung der Rahmenbedingungen für das Branche im Zeitverlauf, die Stagnation bis gewerbliche Geldspiel ab dem Jahr 2006 2005 und die Dynamik in den Jahren bis hatte damals zu einer dynamischen Ent- 2017. Bemerkenswert sind die Zuwachs- wicklung der Unterhaltungsautomaten- raten der Vergnügungssteuer in den Jah- wirtschaft geführt. Bis 2017 expandierte ren 2008, 2011 bis 2013, die zwei bis drei- sie mit einer durchschnittlichen jährlichen mal so hoch wie die Zuwächse der NSE wa- Rate von 9,4%. Mit ihren rund 70.000 Be- ren.10 Seit 2018 sind die NSE rückläufig, schäftigten hat sie sich in dieser Zeit zu ei- die Vergnügungssteuer erst seit 2019. Ein nem wichtigen Zahler von Steuern und Ab- Vergleich der Veränderungsraten zeigt an, gaben entwickelt. Hierfür war vor allem die dass auch in dieser schwierigen Phase bis Vergnügungssteuer verantwortlich, die zuletzt die Steuersätze immer weiter er- mit einer durchschnittlichen jährlichen höht wurden. Die Kommunen versuchen, Rate von 13,8% überproportional zulegte. die durch rückläufige NSE verursachten Neben der damaligen Attraktivitätssteige- Einnahmeausfälle zumindest teilweise zu rung der GSG waren die (sukzessive) Her- kompensieren. 2018 erreichten die Ver- anziehung des Wirklichkeitsmaßstabs für gnügungssteuereinnahmen mit 1.072 Mill. die Steuerbemessung sowie drastische € den bisherigen Höchststand, 2019 wur- Anhebungen der Vergnügungssteuersätze den 75 Mill. € weniger eingenommen. in zahlreichen Kommunen hierfür verant- wortlich.9 Übersicht 4: Entwicklung von Nettospielerlösen und kommunaler Vergnügungssteuer 9 10 Zum Systemwechsel bei der Vergnügungssteuer siehe: Hans- Die Jahre bis 2014 waren geprägt durch eine Umstellung der Günther Vieweg; Wirtschaftsentwicklung Unterhaltungsautoma- Erhebungsbasis für die Vergnügungssteuer auf den Wirklichkeits- ten 2009 und Ausblick 2010, München; Januar 2010, S. 36f. maßstab, die zum Anlass für deutliche Erhöhungen der Steuerlast genommen worden waren. 10
In Übersicht 5 wird die Belastung der zu- Zum zweiten hat die 6. Verordnung zur meist mittelständisch organisierten Auf- Änderung der SpielV einen Verlust an At- stellunternehmen vor Abzug der betriebli- traktivität der GSG im Vergleich zu ande- chen Ertragssteuern und den Steuern und ren Angeboten des Glücksspielmarkts be- Abgaben der Arbeitnehmer in Prozent der wirkt. Das umständliche Handling der Ge- BSE ermittelt. Die Summe der tarifären räte, die verschärften Regelungen zum Belastungen der Aufstellunternehmen Geldeinsatz, aber auch die zusätzliche durch die Umsatzsteuer, Gewerbesteuer 11 Spielpause (Ruhezustand nach drei Stun- und Vergnügungssteuer ist zwischen 2016 den Spielbetrieb) sind Erschwernisse, die und 2019 deutlich von 32,1% auf 34,0% für das zukünftig wahrscheinlich regulierte gestiegen. Insgesamt vereinnahmte der Online-Glücksspiel (zu Recht) nicht exis- Fiskus 2.030 Mill. € im Jahr 2019. tieren. Die Unterhaltungsautomatenwirt- schaft befindet sich wieder in einer Phase Für die Aufstellunternehmen hat sich die mangelnder Wettbewerbsfähigkeit gegen- wirtschaftliche Lage seit 2018 verschlech- über anderen Segmenten des Glücksspiel- tert. Hier ist zum einen das Verbot von markts. Mehrfachkonzessionen verantwortlich, das einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb be- hindert. Übersicht 5: Umsatz und steuerliche Belastung der Aufstellunternehmen Indikator 2016 2017 2018 2019 Mio. € Umsatz, brutto a) 6.760 6.960 6.760 5.960 b) Umsatz, netto 5.680 5.850 5.680 5.000 in % des Bruttoumsatzes d) Umsatzsteuer,in Rechnung gestellt 15,8 15,8 15,8 15,8 Vergnügungssteuer c) 14,6 15,1 15,8 16,7 d) Gewerbesteuer 1,7 1,7 1,6 1,5 Steuerliche Belastung 32,1 32,6 33,2 34,0 a) Erlöse der Aufstellunternehmen aus dem Betrieb von Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinn und Sportspielgeräten = Kasseninhalt inkl. Wirteanteil, MwSt., Vergnügungssteuer etc.; - b) exkl. MwSt.; - c) Statistisches Bundesamt; - d) Ausgehend vom Steuermeßbetrag, der für 2015 vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurde, prognostiziert für die folgenden Jahre mit der vom IFH Köln GmbH erhobenen Ertragslage der Aufstellunternehmen bis 2018, für 2019 geschätzt. Quelle: Statistisches Bundesamt; IFH Köln GmbH; eigenen Berechnungen. 11 Das Statistische Bundesamt weist für die Gewerbesteuer der Aufstellunternehmen für 2015 gegenüber 2014 einen stark ange- stiegen Steuermessbetrag aus. Dementsprechend errechnet sich für die Folgejahre eine höhere Belastung als im Bericht des Vor- jahres. Siehe: Hans-Günther Vieweg; Die Unterhaltungsautoma- tenwirtschaft im Abschwung – entgegen dem Trend im Glücks- und Gewinnspielmarkt, in: ifo Schnelldienst 17/2019, München, September 2019, S. 54. 11
6. 2020: DIE COVID-19-PANDEMIE VERSCHÄRFT DEN GESETZLICH BEFÖRDERTEN ABSCHWUNG DER UNTERHALTUNGSAUTOMATENWIRTSCHAFT Im Branchenbericht des vergangenen Jah- Bei den Spielhallen verlief die Entwicklung res wurde – unter Berücksichtigung der etwas besser. Der durch die SpielV vorge- belastenden Vorschriften des GlüStV und schriebene Raumbedarf für das Aufstellen der 6. Verordnung zur Änderung der von GSG sowie die zwischen den GSG ein- SpielV – nach einem zweistelligen Minus in zuhaltenden Abstände (§ 3 Abs. 2 SpielV) 2019 auch für 2020 von einem Umsatz- ermöglichen die Entwicklung, überzeugen- rückgang ausgegangen12. Bis März 2020 der Hygienekonzepte. Ähnlich wie in allen entwickelte sich das Geschäft der Aufstel- Branchen sind getrennte Zu- und Ab- lunternehmen erwartungsgemäß. In der gangswege zu definieren, Geräte nach Ge- Gastronomie war aufgrund des notwendi- brauch zu desinfizieren und Namen sowie gen Abbaus des dritten GSG der Rückgang Kontaktdaten der Gäste zu dokumentieren stärker ausgeprägt als bei den Spielhallen. und für einen Monat aufzubewahren. Den- Der Mitte März verhängte Lockdown been- noch kamen die Gäste erst nach und nach dete jegliche Geschäftstätigkeit für die wieder. Die Gründe sind vielfältig und nicht Dauer von rund zwei Monaten. Der Zeit- im Einzelnen zu quantifizieren. Ältere und raum entspricht in der statischen Betrach- Kunden mit gesundheitlichen Risiken war- tung einem Minus von 17% der Jahreska- teten länger ab und sind teils noch nicht pazität. In einigen Ländern wurde die all- wiedererschienen. Andere sind während gemeine Schließung der Geschäfte zudem des Lockdowns ins Internet ausgewichen erst sehr spät beendet, als letztes in Meck- und werden u.U. nicht in voller Zahl wieder lenburg-Vorpommern am 15.6.2020. zurückkehren. Eine weitere Erklärung liegt in der notwendigen Dokumentation der Die Wiederöffnung in der Gastronomie persönlichen Daten, da es erfahrungsge- verlief noch schleppender. Einige Gast- mäß Gäste gibt, die die Preisgabe ihres stätten konnten sich mit Lieferdiensten Namens ablehnen. über Wasser halten, zögerten aber mit der Öffnung der personalintensiven Bewir- Die Hochrechnung des Umsatzes der Auf- tung, da sie aufgrund der Abstandsregeln stellunternehmen für das laufende Jahr ist ihre Kapazitäten nur partiell auslasten mit Unwägbarkeiten behaftet. Folgende konnten. Kneipen und Bars, die keine Lie- Annahmen lagen der Vorhersage von Sep- ferdienste anbieten konnten, waren tember 2020 zugrunde: Es wird keinen schwerer betroffen. Sie haben aufgrund zweiten, flächendeckenden Lockdown ge- ihres begrenzten Raum- und oftmals feh- ben, und das Aufflammen von COVID-19- lenden Sitzplatzangebotes Schwierigkei- Infektionen lässt sich auf Hotspots be- ten, Hygienevorschriften einzuhalten, vor schränken. Ab Herbst wird die Normalisie- allem an der Theke, die üblicherweise das rung der Umsatzentwicklung aufgrund von Zentrum der Kommunikation und des Kon- lokal notwendigen Beschränkungen zur sums ist. Dementsprechend startete auch Eindämmung des Virus zumindest ge- das Geschäft mit den GSG nur langsam bremst. In diesem Umfeld ist mit einem und blieb bis ins dritte Quartal 2020 Umsatzeinbruch von rund 40% für 2020 schwach. gegenüber dem Vorjahr zu rechnen.13 12 13 Vieweg (2019), S. 56. Diese Prognose basierte auf Berechnungen von September 2020. Unter Einbeziehung des Lockdowns für November 2020 muss mit einem Umsatzeinbruch von bis zu 50% gerechnet wer- den. 12
7. DIE STRIKTE REGULIERUNG DES GEWERBLI- CHEN GELDSPIELS BEFÖRDERT EINE ABWANDE- RUNG ZU ILLEGALEN TERRESTRISCHEN ANGEBOTEN Die Verschärfung der Vorschriften für das Scheingastronomie in diesem Geflecht der gewerbliche Geldspiel durch den GlüStV Akquise spielt. 2012 und die 6. Verordnung zur Änderung Um der so genannten Scheingastronomie der SpielV haben der Branche 2018 und den Boden zu entziehen, hatte der Bund 2019 Umsatzrückgänge beschert. Die mit der 6. Verordnung zur Änderung der Kunden wandten sich anderen Angeboten SpielV, die zum 11. November 2014 in zu, dem „Kleinen“ Spiel in den staatlichen Kraft getreten war, die rechtliche Basis ge- und staatlich-konzessionierten Spielban- ken, den in Deutschland noch verbotenen schaffen, um gegen den Wildwuchs vorzu- gehen. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4. SpielV ist Online-Casinos und einer illegalen Konkur- die Aufstellung von GSG in der erlaubnis- renz im terrestrischen Bereich. Im letzten freien Gastronomie (§ 2 Abs. 2 GastG) Fall handelt es sich meist um Scheingast- verboten. Auch gastronomische Betriebe ronomie, deren eigentliches Betätigungs- mit einer Erlaubnis dürfen gemäß § 1 Abs. feld der Betrieb von Geld- und Glücksspiel- 2 Nr. 2. SpielV keine GSG aufstellen, wenn geräten ist. Diese illegalen Spielorte fir- die Verabreichung von Speisen oder Ge- mieren meist als Café-Casinos, Sport- tränken nur eine untergeordnete Rolle Bars, ethnische Kulturvereine etc. spielt. Im Gegensatz zum gewerblichen Geldspiel Um dem Problem der Scheingastronomie existieren dort Gefahren für den Spieler, die er nicht erkennen kann. Hier sind viel- zu begegnen, bedarf es daher keiner wei- teren rechtlichen Vorschriften, es besteht fach keine GSG mit einer deutschen Zulas- ausschließlich ein Vollzugsdefizit in den sung der PTB aufgestellt, sondern Glücks- Ländern und Kommunen ob die Erlaubnis spielautomaten ohne die gesetzlich vorge- zum Betrieb einer Gastronomie gemäß § 2 schriebene enge Begrenzung von Einsät- Abs. 1 GastG zurecht erteilt wurde oder zen, Gewinnen und Verlusten. In diesen Einrichtungen fehlt zudem zwangsläufig werden kann, ist mit einer Vor-Ort-Kon- das in Spielhallen obligatorische, für den trolle festzustellen. Bestehen die Voraus- setzungen für eine Erlaubnis nicht, kann Jugend- und Spielerschutz entsprechend geschulte Personal. Der Zugang zu den sie nicht erteilt oder sind sie zwischenzeit- lich entfallen, muss sie entzogen werden. Geräten wird nicht kontrolliert und bei Es entfällt die Grundlage für die Geeig- problematischem Spielverhalten nicht ein- netheitsbescheinigung zur Aufstellung von gegriffen. Darüber hinaus stellt der Schritt von der illegalen Scheingastronomie zum GSG gemäß § 33c Abs. 3 GewO i.V.m. § 1 offen illegalen Spielangebot im „Hinter- Abs. 1 SpielV. zimmer“ keine große Hürde mehr dar. Zu- Statt also das rechtliche vorhandene In- nehmend werden auch angemietete Woh- strumentarium zu nutzen, um gegen das nungen für illegales Glücksspiel genutzt, illegale Glücksspiel vorzugehen, wird wei- die nur über eine Sicherheitsschleuse be- terhin massiv versucht, das legale Ange- treten werden können. „Mundpropaganda“ bot in den gewerblichen Spielhallen zu- ist das Medium der Wahl zur Akquisition rückzudrängen. Hierdurch werden die in von Kunden. Es ist eine bisher nicht beant- § 1 GlüStV 2012 formulierten Ziele, den wortete Frage, welche Rolle die natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in 13
geordnete und überwachte Bahnen zu len- veröffentlichten Statistiken einfach ne- ken sowie der Entwicklung und Ausbrei- giert. tung von unerlaubten Glücksspielen in Es wird auch nicht die Frage diskutiert, wo Schwarzmärkten entgegenzuwirken, kon- die Vielzahl der Spieler hingeht, wenn drei terkariert. Viertel des legal betriebenen, terrestri- Dieses Vollzugsdefizit verhindert einen ef- schen Angebots, das dem Spieler- und Ju- fektiven Jugend- und Spielerschutz. gendschutz verpflichtet ist, vom Markt ge- Gleichzeitig wird die Automatenwirtschaft nommen wird. Berlin hat ein fast schon in der öffentlichen Wahrnehmung diskre- historisches Problem mit der Scheingast- ditiert, die sich mit ihren Qualitätsinitiati- ronomie, Café-Casinos, Sport-Bars, ethni- ven für ein legales, kontrolliertes und schen Kulturvereinen und dem illegalen strikt dem Spieler- und Jugendschutz ver- Glücksspiel. Ursächlich hierfür ist ein Voll- pflichtetes Angebot einsetzt. zugsdefizit. Die Schwierigkeiten der Stadt liegen nicht im legalen gewerblichen Geld- Die Dringlichkeit zur Lösung des Problems spielangebot, sondern in der Banden- und unterscheidet sich von Bundesland zu Clan-Kriminalität, für die illegales Glücks- Bundesland, wobei es eine Rolle spielt, wie spiel nur ein Betätigungsfeld unter vielen strikt die Rückschneidung des gewerbli- ist.15 chen Geldspiels vorangetrieben wird und die Vollzugsbehörden in der Lage und Wil- Leider kann insgesamt nicht quantifiziert lens sind, Ausweichbewegungen zu ver- werden, inwieweit die Regulierung zu Aus- hindern. Bundesländer mit einer effektiven weichbewegungen geführt hat. Die An- Rechtsdurchsetzung, zu der auch ein funk- nahme, dass eine große Zahl von Spielern tionierender Außendienst gehört, setzen generell das Spiel um Geld und nicht nur auf Kontrollen. Rheinland-Pfalz setzt dies- das Spiel an GSG aufgegeben hat, er- bezüglich mit seiner „Allgemeinen Dienst- scheint jedoch weltfremd. Die staatlichen leistungsdirektion“ auf die landeseinheitli- und staatlich-konzessionierten Spielban- che Zentralisierung des Vollzugs. Andere ken melden seit 2017 ein zunehmendes Bundesländer bauen mehr auf die für die Geschäft, insbesondere beim Kleinen Spiel Rechtsdurchsetzung hilfreichen Kennt- in den Automatensälen. Über das Abwan- nisse der örtlichen Gegebenheiten der lo- dern in die Scheingastronomie, die häufig kalen Vollzugsbehörden. noch den Anschein der Legalität vermit- telt, und das offensichtlich illegale Angebot Ein Gegenbeispiel liefert Berlin, das dem existieren nur die Pressemeldungen über legalen gewerblichen Geldspiel den Kampf Razzien, eine Hochrechnung ist nicht mög- angesagt hat und stolz auf seine führende lich. Rolle in Deutschland ist. Die Zahl der zum 31. Dezember 2011 betriebenen legalen 584 Spielhallen soll gemäß dem zuständi- gen Stadtentwicklungsreferenten auf nur noch 120 verringert werden.14 Es sei ein Erfolg des Berliner Spielhallengesetzes (SpielhG Bln) i.V.m. dem Mindestab- standsumsetzungsgesetzes (MindAbs- tUmsG Bln). Offensichtlich vorhandene il- legale Spielorte in Berlin werden in den 14 15 http://daniel-buchholz.de/stadtentwicklung/spielhallengesetz- Bild; Razzia gegen kriminelle Clans – Munition in Lokal ent- deutliche-verschaerfung-und-sperrdatei (2020/09/02) deckt, 22. August 2020; https://www.bild.de/regional/ber- lin/berlin-aktuell/razzia-gegen-berliner-clankriminalitaet-muni- tion-in-lokal-entdeckt-72520498.bild.htm (2020/09/01) Der Tagesspiegel; Spielautomaten, 10.000 Euro und ein Klum- pen Kokain, 10. September 2019; https://www.tagesspie- gel.de/berlin/clan-razzia-in-neukoelln-spielautomaten-10-000- euro-und-ein-klumpen-kokain/24997116.html (2020/09/01) 14
8. 2021: DER STAATSVERTRAG ZUR NEUREGULIE- RUNG DES GLÜCKSSPIELWESENS – EIN LICHT- BLICK? Seit mehr als zehn Jahren erfreut sich das kommen kann, existieren nicht. Spezielle Glücksspiel im Internet einer wachsenden Spielerschutzvorschriften für Glücksspiele Beliebtheit, obwohl es in Deutschland ver- im Internet sind z.B. Pflicht zur Einrichtung boten war und zum großen Teil noch ist. anbieterbezogener Spielkonten, Erfassung Die Länder taten sich immer schwer, eine der Ein- und Auszahlungen Selbstlimitie- europarechtskonforme Lösung zu finden. rung der anbieterübergreifenden monatli- Erst zum 1. Januar 2020 wurden mit dem chen Einzahlungen auf im Regelfall Inkrafttreten des dritten GlüÄndStV die 1.000 €, Informationspflichten des Anbie- Sportwetten reguliert und bis auf Live- ters, Gewährleistung von IT-Sicherheits- Wetten legalisiert. Online-Casinos, die ein konzepten, Beachtung des Datenschutzes dem gewerblichen Geldspiel vergleichba- sowie Pflicht zur Verhinderung des paral- res, allerdings bisher in keiner Weise regu- lelen Spiels durch sog. Aktivschaltungs- liertes Angebot bieten, stehen dem Spieler Dateien (§§ 6a - 6j GlüStV 2021 (E)). Die weiter unkontrolliert zur Verfügung. Ihre Anbieter werden verpflichtet ein auf Algo- Attraktivität hat sich in den vergangenen rithmen basierendes, auf wissenschaftli- Jahren in hohen Zuwachsraten manifes- chen Anforderungen beruhendes automa- tiert. Es ist davon auszugehen, dass es tisiertes Spielsuchtfrüherkennungssystem auch vom Kapazitätsabbau beim gewerbli- einzurichten und eine Schaltfläche überall chen Geldspiel profitiert hat und Spieler dort anzubringen, wo eine Spielteilnahme abwanderten. Bemerkenswert ist die Ent- möglich ist (§ 6i Abs. 1, 3 GlüStV 2021 wicklung während der COVID-19-Pande- (E)). Quantitative Beschränkungen des mie im Laufe des Jahres 2020. Zusätzlich Angebots sind nicht vorgesehen. hat der Lockdown den Online-Casinos ei- Die in besonderem Maße das Angebot des nen weiteren Impuls gegeben. gewerblichen Geldspiels einschränkenden Vorschriften des GlüStV 2012, das Min- Der GlüStV 2021 (E), der am 1. Juli 2021 in Kraft treten soll, dient in erster Linie der destabstandsgebot zwischen Spielhallen sowie das Verbot von Mehrfachkonzessio- Regulierung des Online-Casino-Angebots. Im Fokus steht die Zuverlässigkeit und nen, wurden in § 25 Abs. 1, 2 GlüStV 2021 Leistungsfähigkeit des Anbieters, die (E) übernommen und verlangen einen weiteren Abbau von GSG. Erwähnt sei an Transparenz und Sicherheit des angebote- nen Glücksspiels sowie die Sicherstellung dieser Stelle zudem die Erweiterung des von Maßnahmen zur Gewährleistung der staatsvertraglichen Mindestabstandsge- öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der bots zwischen Spielhallen in einigen län- IT- und der Datensicherheit. Ein Sozial- derbezogenen Spielhallenregelungen auf eine Pflicht zur Einhaltung eines Mindest- konzept einschließlich der Maßnahmen zur Sicherstellung des Ausschlusses minder- abstandes von Spielhallen auch zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Hier besteht jähriger und gesperrter Spieler ist vorzu- weiterhin ein regulatorischer Nachteil ge- legen (§ 6 GlüStV 2021 (E)). Detaillierte genüber der Konkurrenz aus dem Inter- Vorschriften für die Gestaltung der Spiele zur Beschränkung von Einsatz-, Gewinn- net. Erschwerend kommt hinzu, dass auch weiterhin gilt, dass von der äußeren Ge- und Verlustmöglichkeiten wie beim ge- staltung der Spielhalle keine Werbung für werblichen Geldspiel, damit es nicht zu Vermögensverschiebungen in kurzer Zeit den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele ausgehen darf (§ 26 15
Abs. 1 GlüStV 2021 (E)), was für das An- Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und sprechen eines überwiegend lokalen Kun- Sachsen-Anhalt. denkreises aber wichtig wäre. Diese Bei- Bei stringenter Umsetzung des Mindestab- behaltung der speziellen Beschränkung für standsgebots (§ 25 Abs. 1 GlüStV 2021 das gewerbliche Geldspiel steht mit Blick- (E)) wird ein Rückgang der Zahl der auf einen fairen Wettbewerb im Wider- spruch zu § 5 GlüStV 2021 (E), der praxis- Standorte um ein Drittel gegenüber dem gerecht den Werbemarkt für legale Stand zum 1. Juli 2017 erfolgen. In Ver- Glücksspiele öffnet, insbesondere im Fern- bindung mit dem Verbot von Mehrfachkon- zessionen wird deren Zahl 2021 um etwa sehen, im Internet, Sportstadien und auf Trikots u.ä. 60% schrumpfen.17 Ein solch massiver Ka- pazitätsabbau beschränkt das Marktpoten- Die über die Sportwetten hinausgehende tial des gewerblichen Geldspiels auf einem Legalisierung des Internet-Angebots wird Niveau, mit dem nur Umsätze generiert den Wettbewerbsdruck auf das gewerbli- werden können, die in der Größenordnung che Geldspiel weiter erhöhen. Hinzu von 2020 liegen, einem Jahr, in dem Pan- kommt, dass die Unsicherheit über die demie und ein zweifacher Lockdown sowie wirtschaftliche Zukunft der Branche mit ein zögerlicher Wiederanstieg des Ge- dem Näherrücken des Zeitpunkts für das schäfts einen Umsatzrückgang von etwa Auslaufen des GlüStV 2012 und dessen 50% gegenüber 2019 verursachen wer- Übergangsregelungen für Bestandsspiel- den. Der Beitrag, den das gewerbliche hallen zunimmt. Eine nicht zu vernachläs- Geldspiel zur Kanalisierung des natürli- sigende Anzahl der aktuell betriebenen chen Spieltriebs des Menschen hin zu ei- Spielhallen erfüllen nicht die Vorschriften nem legalen Angebot gemäß § 1 GlüStV des § 25 Abs. 1, 2 GlüStV 2012. Ihr Be- 2021 (E) leisten kann, geht weiter zurück. trieb basiert auf fehlenden Auswahlent- Der GlüStV 2021 (E) enthält erstmals qua- scheidungen seitens der Kommunen, Dul- litative Elemente zur Regulierung des ge- dungen oder Härtefallregelungen, die an werblichen Geldspiels. Die Möglichkeit ab- die Laufzeit des GlüStV 2012 gekoppelt weichend von § 25 Abs. 2 GlüStV 2021 (E) sind. Mit seinem Auslaufen zum 30. Juni eine befristete Erlaubnis zu erteilen in § 29 2021 müssen diese Spielhallen geschlos- Abs. 4 GlüStV 2021 (E) nennt als kumula- sen werden. tive Voraussetzungen, dass mindestens § 29 Abs. 4 GlüStV 2021 (E) enthält eine alle Spielhallen von einer akkreditierten Öffnungsklausel, so dass die Länder in ih- Prüforganisation zertifiziert worden sind ren Ausführungsbestimmungen vorsehen und die Zertifizierung in regelmäßigen Ab- können, dass für am 1. Januar 2020 be- ständen – mindestens alle zwei Jahre –, stehende Spielhallen, die in einem bauli- wiederholt wird. Zusätzlich müssen die Be- chen Verbund mit weiteren Spielhallen treiber über einen Sachkundenachweis stehen, für bis zu drei Spielhallen je Ge- verfügen, den sie aufgrund einer Unter- bäude oder Gebäudekomplex auf gemein- richtung mit Prüfung erworbenen haben. samen Antrag der Betreiber - abweichend Zudem ist das Personal der Spielhallen be- von § 25 Absatz 2 GlüStV 2021 (E) - eine sonders zu schulen. befristete Erlaubnis erteilt werden kann. 16 Diese qualitativen Voraussetzungen wer- Gegenwärtig zeichnet sich ab, dass nur ei- den von Seiten der Branche begrüßt, da nige Länder von dieser Option Gebrauch machen wollen, beispielsweise Bayern, sie ihrem Streben entgegenkommen, den 16 17 Zu beachten ist, dass unabhängig von dieser Option insbeson- Hans-Günther Vieweg; Wirtschaftsentwicklung Unterhaltungs- dere aufgrund des Mindestabstandsgebots (§ 25 Abs. 1 GlüStV automaten 2012 und Ausblick 2013, München; März 2013, S. 2021 (E)) in zentralen, städtischen Lagen viele Spielhallen werden 56ff. schließen müssen. Beispielhaft wurden für Stuttgart und Berlin die zu erwartenden Effekte berechnet. Siehe: Hans-Günther Vieweg; Wirtschaftsentwicklung Unterhaltungsau- tomaten 2014 und Ausblick 2015, München; Februar 2015, S. 54f. 16
Jugend- und Spielerschutz weiterzuentwi- ckeln und diesbezüglich die Qualität des Angebots kontinuierlich anzuheben. Diese Vorschriften könnten auch als ein erster Schritt verstanden werden, das gewerbli- che Geldspiel zukünftig mittels qualitativer Kriterien und nicht mit starren quantitati- ven Vorgaben zu regulieren, wie dies auch in anderen Marktsegmenten der Fall ist. Mit dem GlüStV 2021 (E) verbleibt das An- gebot an GSG im Markt strikt unterhalb seines Marktpotentials beschränkt, was zu unerwünschten Ausweichbewegungen ge- führt hat und weiterhin führen wird, die den Zielen in § 1 GlüStV 2021 (E) zuwider- laufen. Angesichts dieser Entwicklung kann in keiner Weise von einer spielform- übergreifend kohärenten Regulierung ge- sprochen werden, die in adäquater Weise einen fairen Wettbewerb der legalen Glücksspielanbieter gewährleistet. 17
IMPRESSUM HERAUSGEBER IFH Köln GmbH Dürener Str. 401b / D-50858 Köln Telefon +49(0)221 943607-68 Telefax +49(0)221 943607-64 info@ifhkoeln.de www.ifhkoeln.de KONTAKT Dr. Günther Vieweg Telefon: 089-3206300 Mobil: 0176/21153361 Mail: gvk3e@icloud.com COPYRIGHT Die Vervielfältigung, der Verleih, die Vermietung sowie jede sonstige Form der Ver- breitung oder Veröffentlichung auch auszugsweise bedarf der ausdrücklichen Zustim- mung der IFH Köln GmbH. Dieses Projekt wurde nach bestem Wissen und Gewissen, mit aller gebotenen Sorgfalt, jedoch ohne Gewähr erstellt. Bildquellen: unDraw.co 18
WER WIR SIND Das IFH KÖLN (Institut für Handelsforschung) ist ein renommiertes Marktfor- schungs- und Beratungsunternehmen im Handelsumfeld. Als ausgewiesener Brancheninsider unterstützt das IFH KÖLN bei erfolgreicher Gestaltung der Zukunft des Handels, Etablierung zeitgemäßer Geschäftsmodelle und bietet Sicherheit bei unternehmerischen Entscheidungen. Auf Basis fundierter Marktforschung werden kontinuierlich Markttrends, Kun- denverhalten und Wettbewerbsentwicklung analysiert und als Wissenstransfer mit der Branche geteilt. Darauf aufbauend wird im Rahmen von Management- beratung bei Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle von Vertriebs- und Han- delskonzepten unterstützt. Dazugehörige Projektumsetzungen erfolgen im Schulterschluss mit angesehenen Agenturen und Dienstleistern. Mit der Tochtermarke ECC KÖLN ist das IFH KÖLN seit 1999 im E-Commerce aktiv und widmet sich dem Community- und Knowhow-Transfer für die Digita- lisierung im Handel. Unsere Networking Plattform ECC CLUB sowie namhafte Eventformate wie das ECC FORUM sind heute deutschlandweit bekannt. Der Förderverein IFH FÖRDERER e.V. sichert den Dialog zwischen Wissen- schaft & Praxis. Angewandte Handelsforschung wird nach wissenschaftlichen Maßstäben garantiert. Unser primäres Ziel ist es, unsere Kundinnen und Kunden aus Industrie, Großhandel, Einzelhandel, Dienstleistung sowie öffentlichen Institutionen zu- kunftsfähig und erfolgreicher zu machen. Unsere Branchenkompetenz und Praxisnähe, unsere große eigene Community aus ECC CLUB und den IFH FÖRDERERN und unsere wissenschaftlichen Wur- zeln an der Universität zu Köln als auch 90 Jahre Geschichte verpflichten uns zu wertigem Wissenstransfer, empirisch fundierter Beratung und zu einem modernen Dienstleistungsverständnis. 19
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