Unterwegs in japanischen Unternehmen - Fünf Studierende berichten von ihren Erlebnissen während der zweiwöchigen Studienreise nach Japan - UNIKIMS
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Unterwegs in japanischen Unternehmen Fünf Studierende berichten von ihren Erlebnissen während der zweiwöchigen Studienreise nach Japan. Für die Studierenden des MBA General einer Art Sammeltaxi fahren wir nach Kobe zu Stadt Kobe. Die Vorlesung umfasst: Kulturelles Management und des Masterstudien- unserem Hotel. Kobe? Schon mal gehört? Ja, Training, Wirtschaft in Japan, Management- gangs Industrielles Produktionsma- das ist die Stadt, die 1995 von einem schwe- kultur, Kommunikation, Verhandlungen … Ob- nagement gehört eine zweiwöchige ren Erdbeben heimgesucht worden war. Dort wohl dies die einzige – klassische – Vorlesung Studienreise nach Japan in Koopera- erwartet uns Prof. Ralf Bebenroth. Wir ken- unseres Aufenthaltes in Japan bleiben sollte, tion mit der Universität Kobe fakulta- nen ihn schon von unserem vorbereitenden war sie doch erst der Anfang des Unterrich- tiv zum Programm. Erst vor wenigen Seminar „Interkulturelle Kompetenz“ in Kas- tes. Unter all den individuellen Erfahrungen, Monaten kehrte eine Gruppe von fünf sel. Es ist ein gutes Gefühl, in der Fremde von die wir sammeln werden, werden vor allem Studierenden, allesamt Ingenieure, von einem bekannten Gesicht begrüßt zu werden. die häufigen Bahnfahrten (und nahezu jede einer solchen Reise zurück und berich- andere freie Minute) zu einer Schule des Le- tete darüber in einem Tagebuch. bens, um die in der Vorlesung angesprochenen Themenkomplexe im Dialog oder in der Praxis Besucht wurden – neben Toyota – Unterneh- näherzubringen. Wie zum Beweis werden wir men, in die man ohne die sehr guten geschäft- am Ende der Reise ein gut „patiniertes“ Skript lichen und persönlichen Beziehungen des be- in Händen halten, welches uns zwei Wochen treuenden Professor of International Business lang unentwegt begleitet haben wird. der Kobe University, Dr. Ralf Bebenroth, gar nicht hineingekommen wäre. Hierzu zählen zum Beispiel Yanmar, einer der größten Die- Tempel in Kobe selmotorenhersteller Japans, Kintetsu, die den Shinkansen, einen Zug der Superlative, bauen, Auf die Strapazen der langen Reise, während Murata, der Bluetooth-Erfinder, Mitsubishi He- der wir eine Nachtruhe wie im Fluge über- avy Industry oder JFE, einer der größten Stahl- gangen haben, nimmt der Ferne Osten keine hersteller der Welt. Besonders lehrreich waren Rücksicht. Er will sich zeigen und möchte nach Angaben der Reisenden die Gespräche entdeckt werden. Wir besuchen einen schin- mit den japanischen Managern. toistischen Schrein und essen gemeinsam Kobe Universität zu Mittag. Dann bleibt etwas Zeit zum Mü- Das Programm der Studienreise wurde ge- ßiggang. Das Wort soll uns fremd werden in Nach der Vorlesung in Kobe und dem obliga- meinsam mit den Teilnehmern entwickelt, um den kommenden zwei Wochen. Eine solche torischen Besuch des Erdbebenmuseums be- auf deren Wünsche und Interessen individu- Gelegenheit wird sich nur noch selten bieten. suchen wir ein traditionelles japanisches Bad ell eingehen zu können. Drei Studenten des Gemeinsamen brechen wir zum Abendessen (Sento). Nach dem Auskleiden folgt eine aus- fünften Semesters und zwei Studenten des an die Kobe Universität auf. giebige Reinigung auf viel zu kleinen Plastik- vierten Semesters, Ferdinand Marx, Simon hockern mit Hilfe von Wasserschüsseln. Uns Baldewein, Henrik Pickel, Khalil Abdel-Ra- Beim Abendessen lernen wir Frau Makowski, Europäern kostet das einige Mühe, doch sie him und Mohammed Abdel-Rahim begaben angehende PHD-Studentin, und Frau Nakaya- wird durch ein entspannendes Bad gelohnt. sich auf den Weg ins Land der aufgehenden ma, Mitarbeiterin der Kobe Universität, ken- Das Wasser ist knapp über 42 °C warm. Nach Sonne und schildern das Erlebte – teils als nen. Die beiden werden uns in den kommen- dem Überleben wirkt es belebend. Wir-Erlebnis, aber auch aus persönlicher Per- den Wochen häufiger begleiten und damit spektive. Die Studenten schrieben gemein- einen wesentlichen Beitrag leisten, dass wir Donnerstag, 16. Oktober: sam und reihum ihr Tagebuch. nicht hilflos verloren gehen. Nicht alles ist in Japan hell, sauber und sicher Dienstag, 14. Oktober: Mittwoch, 15. Oktober: Müßiggang wird in Japan Im Sento-Bad mit dem Professor Wir beginnen die Zeitverschiebung zu ver- zum Fremdwort kraften. Start um 7:50 Uhr am Bahnhof zu Um 7:15 Uhr der frühe Aufbruch zur Vorlesung Yanmar, einem der größten Dieselmotoren- Geschafft. Zwölf Stunden nach dem Start in an der Kobe Universität. Sie liegt beneidens- hersteller Japans. Er hat seinen Ursprung Frankfurt setzt das Flugzeug in Osaka auf. Mit wert schön auf dem Berg mit Blick über die in der Herstellung kleiner Dieselmotoren
für landwirtschaftliche Geräte. Hier bereits gen Handtücher vorher eingepackt hatte. Unser Ziel ist die Firma Kintetsu, ein Eisen- lernen wir, dass man in Japan zu Besuchen, bahnwaggonbauer aus Osaka. Besonders in- auch zu geschäftlichen, ein kleines Geschenk Zur Stärkung nach diesem Erlebnis finden wir teressant ist für uns ein im Bau befindlicher wie Kekse oder Konfekt mitbringt, um sei- in der verschlafen – schönen – Stadt Shiga ein Shinkansen. Zuerst notieren wird uns: „Das nem Gegenüber zu zeigen, dass man an ihn traditionelles japanisches Restaurant, in dem japanische Pendant zu unserem ICE“. Aber gedacht hat. wir auf Tatami-Matten (aus Reisstroh) an etwa das trifft es nicht, denn der Shinkansen ist 30 Zentimeter hohen Tischen essen. Während ein Zug der Superlative, der uns bekannte ICE Wir werden am Bahnhof in Nagahama, dank Prof. Bebenroth in der Zwischenzeit seinen wirkt dagegen geradezu niedlich. der guten Beziehungen von Herrn Bebenroth Lehrveranstaltungen in Kobe nachkommen zu Yanmar, von dem Yanmar-Fahrdienst ab- muss, begleitet uns glücklicherweise Herr La- geholt und zum Werk gefahren. Yanmar ist dig, ein PHD-Student, der die japanische Spra- Deutschland eng und in Sympathie verbun- che sehr gut beherrscht und uns bei der Es- den, da der erste Motor eine Verbesserung sensauswahl nicht ganz dem Zufall überlässt. und Verkleinerung der Dieselmaschine von Dr. Rudolf Diesel darstellte. Essen in Japan: Mehr als Algen, sondern Eis mit Bohnenfüllung Shinkansen Ja, also das Essen. Das japanische Essen ist wesentlich vielseitiger als die Vorstellung von Reis, Algen und rohem Fisch erwarten lassen. Reisen in Japan: Die Züge fahren Abenteuerlustig probieren wir möglichst viel. auf die Sekunde pünktlich und Das einzig Enttäuschende sind jedoch die bremsen auf Millimeter genau (vermeintlichen) Süßigkeiten, die zu gefühl- ten 90 Prozent mit Bohnen oder Bohnenpaste In Japan kommt eigentlich jeder Zug auf die Besuch Yanmar Dieselmotoren gefüllt sind. Selbst das Eis entpuppt sich als Minute pünktlich an, vermutlich sogar auf ganz schön „bohniert“. Doch all diese Boh- die Sekunde genau. Und er hält exakt an der Nach einer persönlichen Begrüßung und einem nenfüllungen werden durch „Koberind“, eine vorgesehenen Stelle, an der die Fahrgäste Film über das Unternehmen folgt eine Führung besondere, herkunftsgeschützte Rinderrasse wohlgeordnet in Schlangen warten: Eine lo- durch die Produktion. Zugegeben – es ist et- (Wengu-Rind), wieder mehr als wettgemacht. gistische Meisterleistung! Diese Behauptung was desillusionierend, denn vor unserem geis- Es ist schlicht das beste Fleisch, das wir je müssen wir lediglich geringfügig relativieren: tigen Auge hatten sich japanische Fabriken gegessen haben… Und das teuerste. In zwei Wochen, in denen wir jeden Tag mit immer als heller, sauberer Ort mit modernem zig Zügen bis zu 800 km zurückgelegt haben, Maschinenpark entfaltet. Hier sieht die Wirk- hat lediglich ein einziger Zug ganze sieben lichkeit anders aus, aber der Grad der Auto- Minuten Verspätung. Wir werden auf dem matisierung, die Vereinfachung von Abläufen Rest dieser Reise unentwegt von Entschuldi- und die Prozessorganisation entsprechen dem, gungsbekundungen, dem aktuellen Stand und was wir erwarten. Lagerumschlag der Bestän- dem Grund der Verspätung über Lautsprecher de binnen eineinhalb Tagen! Die Arbeitssicher- im Bilde gehalten. heit, speziell die Maschinensicherheit durch Einhausungen, Lichtgitter und Absperrungen, Traditionelles japanisches Restaurant hat offenbar geringe Bedeutung. Begründet wird dies mit der sehr guten Schulung der japanischen Mitarbeiter, die obendrein nicht Generell kann man sich aber immer sehr so häufig die Firma wechselten, wodurch die schnell und recht günstig mit Essen und Trin- Gefahren im Arbeitsumfeld vermindert wür- ken in den omnipräsenten „Kombinis“ einde- den. Nach der Führung haben wir erneut Ge- cken, welche 24 Stunden geöffnet haben. Als legenheit, Fragen zu stellen, und brechen zum Snack besonders zu empfehlen sind mit Reis Bahnsteig Yanmar Museum auf. gefüllte Dreiecke aus der Kühltheke – mit dem Verzehr kommt die Überraschung, wel- Persönlich erwarten wir zunächst nicht allzu che Füllung man dieses Mal erwischt hat. Glücklicherweise hatten wir schon von viel von diesem Museum, doch wir werden Deutschland aus einen Japan Rail Pass zum gleich am Eingang herzlich empfangen und mit Freitag, 17. Oktober, vormittags: Preis von knapp 220 Euro erworben, mit dem mitreißendem Enthusiasmus durch das Mu- Herrlich ausschlafen, denn das wir nun eine Woche mit „Japan Rail“ reisen seum geführt. Der ungewöhnliche Höhepunkt Programm beginnt erst um 8 Uhr können. Auch wenn durch den Japan Rail des Museumsbesuchs ist ein heißes Fußbad Pass die zahlreichen Fahrten mit den Privat- auf dem Dach, das wir in Anspruch nehmen Herrlich, wir können einmal richtig ausschla- bahnen nicht abgedeckt werden, erspart uns können, da uns unser Professor die notwendi- fen und starten erst um 8:00 Uhr am Hotel. der Pass mehrere hundert Euro.
PS: Das Kontrasterlebnis nach meiner Rück- – vom späteren Besuch des Atombombenmu- Nachmittags besuchen wir den Friedenspark kehr nach Deutschland: Von Frankfurt nach seums einmal abgesehen. Unser erster Weg und das Atombombenmuseum. Besonders Marburg (80 km) hatte die Bahn eine Stunde führt uns zum Itsukushima-Schrein, welcher eindrücklich war für uns der „Atombom- Verspätung und fuhr vom falschen Gleis ab. nicht nur Weltkulturerbe ist, sondern auch ben-Dom“, ein Gebäude mit stählernem Obendrein mussten wird zwischendurch au- malerisch auf der Insel Miyajima liegt, was Kuppeldach, über welchem direkt die Atom- ßerplanmäßig den Zug wechseln. das Übersetzen mit der Fähre voraussetzt. bombe explodierte und ein mahnendes Ge- Der Besuch der Insel und des Schreins sind rippe zurückließ. Die Bilder und Exponate des Freitag, 17. Oktober, nachmittags: sehr zu empfehlen und gehört für uns zu den Atombombenmuseums sind allerdings nichts Internationalität in homöopathi- Top Zwei der Reise, neben dem Besuch des für zarte Gemüter. schen Dosen Stahlwerkes der Firma JFE. Asynchrones Karaoke hat den Wie immer während unserer Exkursion bre- größten Spaßfaktor chen wir eilig bei Kintetsu auf, um unserem engen Zeitplan folgend, rechtzeitig bei Mura- Nach einem eindrucksvollen Tag entschließen ta, dem Bluetooth-Erfinder, einzutreffen. Bei wir uns spontan, den Abend mit einer sehr der Vorstellung des Unternehmens und der japanischen Tradition abzuschließen: Der Be- Präsentation zur geplanten internationalen such einer Karaoke-Bar ist ein absolutes „To Ausrichtung erfahren wir, dass unter Inter- Do“ in Japan und bringt Farbe in den Alltag. nationalität in Japan etwas anderes verstan- Nachdem wir mit einigen Japanern auf Eng- Weltkulturerbe Miyamajia-Shrein den wird als in Europa, eher etwas Homöo- lisch ins Gespräch gekommen waren, was pathisches, denn stolz wird uns von einem schwieriger ist, als man vermuten könnte, ausländischen Mitarbeiter unter den 60.000 Neben vielen japanischen Touristen ist die haben sie uns eine Karaoke-Bar in der Nähe Japanern berichtet und genau dieser hat ein Insel vor allem von zahmen, offenbar etwas empfohlen und uns dorthin geführt. In der neues Firmenlogo entwickelt. Dieses hebt degenerierten und unvergesslichen heiligen Bar zahlt man einen Festpreis pro Person sich allerdings nur unwesentlich vom alten Rehen bevölkert. Verglichen zu dem sonst und kann zum Beispiel für eine Stunde in- ab. Eine primäre Botschaft der Präsentation außerordentlich sauberen Japan bildet die klusive Getränke in einem privaten Raum ist die Umstellung von einem reinen Kompo- Insel eine weniger saubere Ausnahme! Die mit Videoüberwachung gegeneinander nentenlieferanten zu einem Systemlieferan- Rehe dort suchen in den wenigen Müllton- um die Wette singen. Unser Raum ist für ten „Solutions“. Ein Beispiel dafür sind heute nen nach Essensresten, was dann zu sichtli- sechs Personen sehr eng ausgelegt und der die auf dem Markt erhältlichen Bluetooth- chen Verunreinigungen führt. Grundsätzlich kleine Monitor etwas unterdimensioniert. und Wireless-Module. findet man in Japan selten einen Mülleimer Die Texte sind selten gut übersetzt und und trägt seinen Müll teilweise stunden- laufen auch nicht synchron zur Musik und Um 14:30 Uhr geht unser Zug nach Kyoto, lang mit sich umher. Es ist zu bezweifeln, dem Video, aber der Spaßfaktor ist dafür einer sehr schönen aber zugleich auch tou- dass die meisten Deutschen die Disziplin sehr groß. ristisch geprägten Stadt. Auch der Begriff dazu besäßen, ihre Überreste nicht irgend- „touristisch“ wird in Japan etwas anders ge- wo „zufällig“ fallenzulassen. Ein amüsantes Sonntag, 19. Oktober: deutet – so erschienen wir offenbar selbst in Beispiel für die Sauberkeit öffentlicher Orte Bento – die japanische Lunchbox Kyoto exotisch genug, dass uns die sonst so ist unsere mehrfache Beobachtung, wie an als Überraschung schüchternen Japaner baten, Fotos von ihnen Bahnhöfen die Ritzen zwischen den Pflas- und uns machen zu dürfen. tersteinen mit Staubsauger und Pinsel gerei- Fahrt von Hiroshima nach Tokyo (ca. 800 km). nigt werden. Diese Jobs, wie auch jene der Für die Fahrt kaufen wir uns ein Bento, das ist vier Leute mit gelben Westen und Helm, die eine Art japanische Lunchbox mit interessan- einem beim Überqueren des Zebrastreifens ter Füllung. Im Gegensatz zu anderen öffent- helfen, tragen nicht nur zur Sauberkeit, son- lichen Verkehrsmitteln ist es im Shinkansen dern auch zur sagenhaft niedrigen Arbeits- üblich zu essen und zu trinken. Nach der Stär- losenquote Japans (momentaner Stand: kung des Körpers stärken wir unseren Geist 3,6 %) bei. durch die Fortsetzung der Vorlesung. Kyoto Bahnhof Samstag, 18. Oktober: Heilige Rehe und der Atombomben-Dom Wir starten um 8:30 Uhr nach Hiroshima, um dort erst einmal unser Gepäck am Hotel abzu- Unsere Gruppe auf Miyajima 2 Bento – japanische Lunch-Box geben und den Tag unbeschwert zu erleben
Den Nachmittag und Abend in Tokyo verbrin- Wie meistens in Eile und mit Umsteigezeiten des Hyatt Hotels in Tokyo. Vielen ist dieser gen wir mit der Erkundung von Ginza, dem von unter 2 Minuten – was auf wundersame Ort aus dem Film „Lost in Translation“ be- „Schickimicki-Einkaufsviertel“, sowie der Weise immer funktioniert, ohne jemanden zu kannt. Hier können wir uns bei Jazz-Livemu- Besichtigung des Tokyo Tower, von dem aus verlieren – erreichen wir Chiba, in der Hoff- sik und ausgefallenen Cocktails mit unserem wir einen atemberaubenden Ausblick über nung vor der Führung noch etwas zum Mit- Professor Ralf Bebenroth über berufliche die Dächer der Stadt endend in einem Lich- tagessen zu finden. Wir werden fündig – zum Ziele und japanische Managementsysteme termeer haben. Ein absolut zu empfehlendes Essen reicht die Zeit allerdings nicht mehr, unterhalten. Der Rundumblick über die Met- Erlebnis. weswegen das Essen mehrere Stunden ver- ropole Tokyo bei Nacht wird jedem Einzelnen lockend und gut verpackt auf einem Tisch im in phantastischer Erinnerung bleiben. Montag, 20. Oktober: Sitzungszimmer steht – doch das uns gebote- Auf vergeblicher Suche nach ne Programm ließ uns den Hunger vergessen. den Sumo-Ringern Zu uns und Prof. Bebenroth stoßen noch Prof. Ohsum, Visiting Professor an der Asian Pacific Den Vormittag verbringen wir mit der fast University, und Prof. Namba, ehemals Mana- vergeblichen Suche nach Sumo-Ringern im ger bei JFE und ebenfalls Professor an der speziellen Sumo-Ringer-Viertel, dem Besuch Asian Pacific University, die diesen Besuch der „Insel der Zukunft“ Odaiba und der Miele erst ermöglichten. Der Besuch beginnt mit Galerie in Tokyo. Nun, einen Ringer trafen wir der obligatorischen PowerPoint-Präsentation, Tokyo aus dem 52. Stock dann doch noch an der Tür eines Sumo-Stalls, wobei hier im Gegensatz zu den bisherigen der allerdings den Ring bereits fegte, da das Einstiegspräsentationen auf die Prozesse der Training schon vorbei war. Sumo-Ringer star- Stahlherstellung eingegangen wird, anstatt Mittwoch, 22. Oktober: ten frühmorgens gegen 6 Uhr mit dem ersten ausschließlich die vorgestellte Firma und de- Gelangweilte Broker und der Training. ren Produkte zu glorifizieren. „Schrein des Anstoßes“ Nachmittags haben wir einen Termin im Anschließend werden wir mit Jacken, Helm, Vormittags Besuch der Tokyo Stock Exch- Headquarter von Mitsubishi Heavy Indust- Schutzbrille und Mundschutz eingekleidet ange, welche häufig im Fernsehen zu sehen ry’s. Dort dürfen wir mit zwei Managern der und legen die ersten Meter mit dem Werks- ist. Wer bei dem Besuch ein wildes Treiben Abteilung Human Resources ein sehr inter- bus über ein beeindruckendes Industriege- von Börsianern erwartet, wird enttäuscht. essantes Gespräch über die Herausforderun- lände zurück. Für uns schwer zur sagen, ob Im ganzen Komplex sehen wir vielleicht gen des bevorstehenden Joint Ventures mit hässlich oder schön, auf jeden Fall gewaltig sechs Mitarbeiter, welche mit unverhohlener Siemens führen. Typisch japanisch werden und begeisternd. Unser erstes Ziel ist der Langeweile in ihre Monitore blicken, was in wir im Anschluss an das Meeting zum ge- Hochofen, in welchem aus Eisenerz und Koks Japan umso erstaunlicher ist. Interessanter meinsamen Abendessen in einem der Firma (und den giftigen Gasen aus der Kokerei) als die Börse sind Prof. Bebenroths Schilde- naheliegenden Restaurant eingeladen, bei Roheisen hergestellt wird, etwas, was man rungen zur japanischen Wirtschaft und der dem es sowohl typisch japanische Küche als inzwischen in Deutschland vergeblich sucht. aktuellen Versuche der Politik, diese aus der auch japanischen Reisschnaps, Bier und Süß- Anschließend dürfen wir die Stahlkonverter Rezession zu führen (Abenomics). kartoffelschnaps gibt. Dann sind wir noch mit aus allernächster Nähe in Betrieb sehen. Hier den Managern durch die Straßen gezogen wird Sauerstoff in das Roheisen geblasen, Im Anschluss suchen wir den Yasukuni-Schrein und hatten eine gute Zeit. um den darin enthaltenen Kohlenstoff zu ver- auf. Der ist aus den Medien bekannt und für brennen. Es übertrifft (vielleicht nur für uns viele, speziell für Chinesen und Koreaner, ein als Ingenieure) jedes Feuerwerk, wenn das „Schrein des Anstoßes“. Der Blick auf den Roheisen begleitet von einer Gischt aus Feuer zweiten Weltkrieg, in dem Japan und Deutsch- in den Konverter gefüllt wird. land Verbündete waren, ist in den beiden Län- dern ein jeweils anderer. In diesem Schrein Wir begleiten den Stahl auf seinem Weg, finden zahlreiche Menschen ihre letzte Ruhe, wie er in Stränge gegossen, geschnitten und die aus Sicht der militärischen Gegner Japans glühend heiß zu Coils geformt wird. Diese in Kriegsverbrecher waren. Grund des Anstoßes einem knappen Satz beschriebenen Vorgänge ist eine jährliche Zeremonie, in welcher viele Hiroshima bei Nacht erstrecken sich auf mehrere Kilometer, die wir einflussreiche Politiker bis hin zum japanischen zu Fuß auf Gitterrosten zurücklegen, während Premierminister Abe dorthin pilgern und hul- Dienstag, 21. Oktober: uns die Hitze der glühenden Stahlbarrels (und digen, denn viele dieser dort Beerdigten sind Ein unübertreffliches Feuerwerk ab und an der Plasmaschneider) ins Gesicht die Vorfahren der heutigen japanischen politi- aus brennender Gischt schlagen. Dieser Besuch ist am Ende unser schen Elite. persönliches Highlight der Exkursion. Aufbruch zu JFE, einem der größten Stahl- Auf die Gefahr hin, damit zu pauschalisieren, hersteller der Welt mit Sitz in der Chiba Prä- Die Krönung dieser Besichtigung ist der scheint es so, als wäre für Japaner die Be- fektur, circa eine Stunde entfernt von Tokyo. abendliche Besuch einer Skybar im 52. Stock wahrung von Tradition wichtiger als eine kri-
tische Auseinandersetzung mit der eigenen Freitag, 24. Oktober: schöpft auf den Futon, doch all die Müdigkeit geschichtlichen Rolle. Eine Nacht im Kloster hilft nicht darüber hinweg, dass der Schlaf- platz doch unbequem ist. Am frühen Abend brechen wir nach Nagoya Wieder einmal brechen wir früh auf, diesmal auf, was der Ausgangspunkt für unsere Ex- um den heiligen Berg Koya zu besuchen und Samstag, 25. Oktober: kursion zu Toyota sein soll. Nagoya hat über dort in einem Kloster zu übernachten. Wie die Der harten Nacht folgt eine zwei Millionen Einwohner, wird in ihrer At- meiste Zeit in Japan haben wir wunderbares buddhistische Zeremonie traktivität aber von jeder deutschen Ruhr- Wetter, was uns bei der Anreise, unter an- pottstadt bei Weitem übertroffen, was sich derem mit einer Standseilbahn, bereits eine Die Nacht im Kloster ist eindrucksvoll und das für uns auch darin ausdrückt, dass es uns fast Vorahnung auf die Idylle am Ziel verschafft. Kissen so hart, dass mir erstmals im Leben unmöglich ist, etwas abgelegen von der In- das Ohr eingeschlafen ist. Morgens werden nenstadt ein noch offenes Lokal zu finden, um wir rechtzeitig geweckt, um ab 7 Uhr an einer doch etwas zu Abend zu essen. buddhistischen Zeremonie teilzunehmen. Un- ser Professor hatte uns diese Teilnahme schon Donnerstag, 23. Oktober: Fünf auf die abschreckende Weise beschrieben – Studenten ganz allein im Land eineinhalb Stunden in unbequemer Position, mit eingeschlafenen Beinen, bei bitterer Kälte Früher Aufbruch zu Toyota. Wir sind das ers- und einem Mönch, der einem – zur Erfrischung te und einzige Mal einen halben Tag ganz – ein Brett ins Kreuz schlägt, wenn man ein- Im Kloster auf dem heiligen Berg Koya auf uns alleine gestellt. Wir brechen nach schläft. Offenbar haben wir Glück. Wir sitzen Toyota Stadt mit Professor Bebenroth ge- auf Hockern, es summt ein Heizlüfter und das meinsam früh auf, der uns allerdings nur bis Wir beziehen die Zimmer und gehen zum Ganze gestaltet sich kurzweilig. zur letzten Bahnstation begleiten kann, da er Friedhof, um das Grab des Panasonic-Grün- an dem Nachmittag seinen Vorlesungsver- ders zu besuchen, das nur wenige Meter vom pflichtungen in Kobe nachkommen muss und Kloster entfernt liegt. Die tiefstehende Sonne vorher abreist. Es ist in einem Land, in dem erzeugt einen eindrucksvollen Anblick. Circa man die Schrift nicht lesen kann und in dem 200 Fotos später und in der Dämmerung er- fast niemand englisch spricht, recht schwie- reichen wir schließlich das Grab, das weniger rig, Gebäude zu finden, das gilt selbst für den imposant aussieht als erwartet. Die Ehre, Sammelpunkt von Toyota für Betriebsbesich- auf diesem Friedhof beerdigt zu werden, soll tigungen. Wir haben Glück und zeigen uns noch größer sein, als mit dem Blick auf die Traditionelles japanisches Zimmer zum Erstaunen des Taxifahrers dreist genug, eigene Firma beerdigt zu werden. uns zu fünft in ein Taxi für bestenfalls vier zu quetschen, sodass wir noch vor der ge- Die Ruhe des Friedhofs wird regelmäßig Im Anschluss folgt das traditionelle Früh- planten Ankunftszeit bei Toyota eintreffen. durch alles überschallende Musik aus qua- stück. Es ist nicht nach jedermanns Ge- Später versichert uns unser Professor, er kenden Lautsprechern gestört, aber wen au- schmack, aber auf jeden Fall sehr interes- habe uns „auf eine sichere Piste gebracht“, ßer uns sollte das stören? sant. In einem für die Öffentlichkeit eigentlich bevor er weiter musste. Alle Taxifahrer dort nicht zugänglichen Washitsu verspeisen wir an der Endstation wüssten bei Ausländern Wir sind beeindruckt vom Klostergebäude. schwer einordenbares Gemüse. Bescheid, wo diese hinwollten. Nach der obligatorischen Schuhwechselpro- zedur, in der wir schon etwas geübt sind, wer- den wir zu unseren traditionell eingerichteten Zimmern geführt. Das „Bett“ ist ein Futon, der Boden ist mit Tatami-Matten belegt. Da- rauf ein niedriger Tisch. Der Ausblick aus den Fenstern ist genauso schön und fremd wie die Ansicht von außen. Nach einem heißen Bad im klostereigenen Onsen fallen wir er- Osaka Besuch bei Toyota Nun brechen wir wieder Richtung Osaka auf, Die Besichtigung bei Toyota ist obligatorisch, wo wir das Entrepreneur-Museum besu- da das „Toyota Produktions System“ ein wich- chen. Dort werden uns die 101 wichtigsten tiges Element unseres Studiums ist und wir Gründerpersonen aus dem Kansai-Gebiet stolz sind, sagen zu können, dass wir wirklich vorgestellt. einmal dort waren. Neben der Besichtigung von drei Produktionslinien besuchen wir auch Von Osaka geht es weiter nach Nara, wo wir Kloster auf heiligem Berg Koya das Toyota-Museum. Nett. eine Tempelanlage besuchen. Neben den –
hier ebenfalls degenerierten und dazu noch Rushhour sind die Züge meistens sehr gut heiligen – Rehen bildet eine monströse Bud- belegt, sodass man teilweise durch die Men- dha-Statue vollkommen zu Recht die Haupt- ge eingequetscht wird. Personen, die an der sehenswürdigkeit. Nach diesem ereignis- Tür stehen und an der nächsten Haltestation reichen Tag sind wir froh, spätabends unser nicht aussteigen müssen, haben keine ande- Hotel in Kobe zu erreichen. re Wahl, als selber mit auszusteigen, um der Welle der herausrängenden Menschen im Sonntag, 26. Oktober: Wo die Zug Platz zu verschaffen. Wir würden in der xxxx Wissenschaft nach Whisky Nähe der Tür stehen bleiben und denjenigen schmeckt Platz machen, die aussteigen wollen. Japa- ner, die in den Eingängen der Züge stehen, Vier Flaschen, Vormittags Besuch der Suntory Brennerei in steigen mit aus, um dann aber als erste wie- aber zu müde zum Trinken Koyoto. Die Brennerei, deren Whisky zwi- der einsteigen zu dürfen. schenzeitlich zur Schande der Schotten zum Auf unserem Weg nach Japan kauften wir Besten der Welt gekürt wurde, ist für uns Standardisierung vor im Duty Free Shop noch einige geistreiche weniger wegen der Destillate, sondern natür- Individualisierung Getränke, mit dem Bestreben, uns ab und an lich wegen der 16 Milliarden Dollar schweren abends im Hotelzimmer zusammenzusetzen Übernahme der amerikanischen Firma Beam In Japan aber geht Standardisierung vor In- und den Abend noch gemütlich bei dem einen (die zum Beispiel Jim Beam herstellt) durch dividualisierung. Wir bestellen eine Pizza oder anderen Gläschen ausklingen zu lassen. Suntory interessant. Die Hintergründe, Prob- Tonno, die aber in Japan nur mit Mayonnaise Es hatte weniger etwas mit Vernunft zu tun, leme und Auswirkungen dieser und weiterer geliefert wird, die wir auf der Pizza nicht wol- dass wir zusammen in 14 Tagen gerade eine Übernahmen, Fusionen und Kooperationen len. Am Ende kaufen wir die Pizza mit May- dieser Flaschen geschafft haben. Wir waren sind ein wichtiger Teil der Lehrinhalte, die uns onnaise, um diese später wieder abzulöffeln. schlichtweg zu müde, wenn wir nach den vol- Prof. Bebenroth vermittelt hat. Hier schmeckt In Japan ist es eben enorm schwierig, außer- len, ereignisreichen und oft anstrengenden die praktische Seite der Wissenschaft torfig, halb von einem definierten „Standard“ wie Tagen ins Hotel zurückkamen. Einen großen malzig und geistreich. der üblichen Konfiguration einer Pizza eine Teil unserer Tage, speziell wenn wir mit un- individuelle Änderung zu erhalten. serem Professor Herrn Bebenroth unterwegs Doch eigentlich ist die Besichtigung der Brenne- waren, absolvierten wir im Laufschritt – rei nichts Besonderes, auch wenn hier der bes- Trinkgeld ist würdelos manchmal auch rennend. sere Whisky gebrannt wird, können die Schot- ten sich besser und interessanter präsentieren. Ein weiterer markanter Unterschied zu uns Harmonie, Ordnung, Sauberkeit ist der Umgang mit Trinkgeld. Guter Service Am Nachmittag schließen wir das interkultu- wird nicht mit Trinkgeld honoriert. Trinkgeld Wir – für unseren Teil – sind froh, wieder relle Training ab und gehen zum gemütlichen geben zu wollen oder gar zu nehmen, gilt als nach Deutschland zum Leben und Arbeiten Abendprogramm über. Und wieder lockt das würdelos. zurückkehren zu dürfen, da uns all die sozia- Kobe-Rind. len Zwänge und Normen, im Arbeits- und Be- Ein anders Beispiel für den Unterschied zwi- rufsleben mit Sicherheit häufig einschränken Japanische Besonderheiten: schen Deutschland und Japan ist die Tatsache, würden. Gleichwohl hat Japan weit mehr zu Fühlst Du den Unterschied? dass ein Großteil der Japaner nur sehr wenig bieten, als gemeinhin bekannt, nicht zuletzt bis kein Englisch spricht, was angesichts der die Harmonie, Ordnung, Sauberkeit sowie „Do you feel the difference“ (Mr. Yok, langen Zeit des Englischunterrichts an der sehr höfliche und hilfsbereite Menschen und Headquarter Murata). Dieses Zitat von Mr. Schule erstaunlich ist. Japan kennenzulernen, eine unglaublich traditionelle Kultur. Das Fazit Yok (Team Leader im Headquarter von Mura- ohne die japanische Sprache zu beherrschen, des Professors: „Fünf ganz tolle Jungs“. ta) ist ein Sinnbild für sehr viele Eindrücke und ist aus unserer Sicht kaum möglich. Bilder, die wir in Japan gesammelt haben. In diesem Fall spricht Mr. Yok über die Art und Das Fazit der Studenten: Weise, wie die geschätzten 200 Mitarbei- „Wir haben es genossen“ ter in einem einzigen Großraumbüro ohne Trennwände täglich ihr Business diszipliniert Wir haben es sehr genossen, diese sehr inte- durchführen. Die Rücksicht auf andere zählt ressante und fremde Kultur kennenlernen zu in Japan häufig mehr als das eigene Wohlbe- dürfen. Dies gelang uns durch die persönliche finden oder die eigene Bequemlichkeit. Betreuung durch Ralf Bebenroth besser, als es auf andere Weise jemals möglich gewesen An jeder U-Bahn-Station raus wäre. Unser herzlicher Dank gilt Herrn Profes- und von neuem wieder rein sor Bebenroth für die durchweg sehr gute Pla- nung und Koordination sowie die vielen Infor- Ein Beispiel, dass wir hautnah miterleben, ist mationen und Eindrücke in diesem doch sehr der Ein- und Ausstieg in der U-Bahn. In der fremden und bisweilen befremdlichen Land.
Kontakt Fon: +49 (0) 561 804-2913 Fax: +49 (0) 561 804-7055 dittmar@uni-kassel.de www.unikims.de UNIKIMS die Management School der Universität Kassel Mönchebergstraße 7 34109 Kassel
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