Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech

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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Handbuch zur

     Vereinbarkeit von
     Familie und Beruf
           für Kleine und
           Mittlere Unternehmen
Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Inhalt

            Vorwort .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4
               Familienfreundlichkeit zahlt sich aus.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

            Familienfreundlichkeit – weil’s auf die Mitarbeiter/innen ankommt!.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                 6
              Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Mittelpunkt. . . . .                             6
              Fachkräfte: Dringend gesucht!.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       6
              Familienfreundlichkeit interessiert auch Kund/innen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               6
              Frauen sind der Schlüssel .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       7
              Warum ist für Ihr Unternehmen Familienfreundlichkeit ein Thema? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                    7
              Familienfreundlichkeit zur Selbstverständlichkeit machen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                8
              Richtig führen – familienfreundlich führen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .        8
              Für welche Unternehmen Familienfreundlichkeit besonders wichtig ist .  .  .  .  .  .  .  .                      8
              Wichtige Handlungsfelder für Familienfreundlichkeit auf einen Blick .  .  .  .  .  .  .  .  .                   9

            Familienfreundlichkeit rechnet sich .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       10
              Erfahrungen aus der Praxis.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .         11
              Die Effekte von Familienunfreundlichkeit auf einen Blick.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               11
              Die Effekte von Familienfreundlichkeit auf einen Blick .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .             11
              Die Motive familienfreundlicher Unternehmen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               12
              Familienunfreundlichkeit sollte man sich nicht leisten.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .              13

            Arbeitszeit flexibel gestalten.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 14
               Teilzeit: Darauf kommt’s an!.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15
               Normalarbeitszeit herabsetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
               Gleitzeit: Mehr Flexibilität für alle.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 16
               Neuregelungen im Arbeitszeitrecht.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 17
               Wochenarbeitszeit: Mehr bewegen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 17
               Jahresarbeitszeitmodelle: Da sein, wenn es wichtig ist.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18
               Gute Ideen für familienfreundliche Arbeitszeit .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18
               Freistellung gegen Entfall des Entgelts und Sabbatical: Zeit für die Familie .  .  .  .  .  . 19
               Urlaub: Wer fährt wann?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 19
               Sonderurlaub: Klug investiert .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
               Was bringt die Pflegefreistellung?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
               Teleworking: Arbeit und Familie kombinieren.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
               Familienhospizkarenz: Angehörige begleiten.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 21
               Jobsharing: 5 Arbeitskräfte teilen sich 3 Jobs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

            Elternkarenz: Vorbereitung zahlt sich aus .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 22
               Planung macht vieles leichter .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 22
               Vorstellungen klären .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 22
               Unterstützung bei der Evaluierung von Frauenarbeitsplätzen
               nach dem Mutterschutzgesetz .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 23
               Elternkarenz: Worauf man achten muss.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 23
               Werdende Mütter richtig schützen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
               Kinderbetreuungsgeld: Anreiz zum raschen Wiedereinstieg.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
               Das Kinderbetreuungsgeld auf einen Blick .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 26
               Väterkarenz bewerben .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 27
               Kontakt richtig planen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Wiedereinstieg: Erfolgreich zurück!.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 29
   Wichtige Erfolgsfaktoren .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 29
   Teilzeit: Neue Chancen nutzen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 29
   Das Recht auf Elternteilzeit.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 30
   Der rechtliche Weg zur Elternteilzeit .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 31
   Besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 32
   Angebote des Arbeitsmarktservice.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 32
   Förderung für Ersatzarbeitskraft während der Elternteilzeit. . . . . . . . . . . . . 32
   Weitere Förderungen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 33
   Wiedereinsteiger/innen können mehr .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 34

Kinderbetreuung: Maßgeschneiderte Lösungen finden.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 36
   Betreuungslücken haben Folgen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 36
   Betriebskindergarten: Von Großen für Kleine .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 36
   Flexible Betreuungslösungen auch für Arbeitnehmer/innen in
   kleinen und mittleren Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
   Kinderbetreuung auf einen Blick .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 37
   Gezielte Unterstützung bei den Betreuungskosten.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38
   AMS-Förderung für Kinderbetreuungseinrichtungen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38
   Leistungen, von denen auch Kinder profitieren.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38
   Ideen für mehr Kinderfreundlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Wettbewerb „Frauen- und familienfreundlichster Betrieb“: Starkes Vorbild sein. . . . .40
  Für alle Unternehmensgrößen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 40
  Klare Vorteile.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 40
  Der Weg zum Bundeswettbewerb .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 40
  Gastkommentar Ridi Steibl: Teilnehmen – damit alle gewinnen!.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 41

Audit „berufundfamilie“. Familienfreundlichkeit mit Strategie .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 42
  Was „bringt“ das Audit den Unternehmen? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 42
  Wie funktioniert das Audit?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
  Welche Bereiche werden analysiert?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
  Wie erhalten die Betriebe das Grundzertifikat bzw. das Zertifikat? .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 44
  Was bedeutet das Grundzertifikat bzw. das Zertifikat? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 44
  Wie lange gilt das Zertifikat?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 44
  Was kosten Auditierung und Re-Auditierung?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 45
  Wird das Audit gefördert? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 45
  Welche Unternehmen können gefördert werden?.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 45
  Wie hoch ist die Förderung? .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 45
  Die Motive der Unternehmen.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 45
  Gute Ideen für mehr Familienfreundlichkeit .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 46

Nützliche Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47

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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Christine Marek
                                                      Staatssekretärin für Wirtschaft und Arbeit

            Familienfreundlichkeit zahlt sich aus
                            Dieses Handbuch ist der Zukunft gewidmet: Der Zukunft
                            der Familien und der Zukunft der Unternehmen. Beide
                            sind existenziell aufeinander angewiesen. Denn Öster-
                            reichs Familien brauchen eine starke und erfolgreiche
                            Wirtschaft für Wachstum, Wohlstand und soziale Sicher-
                            heit. Österreichs Unternehmen brauchen aber auch Fa-
                            milien und ihre Mitglieder als qualifizierte Arbeitskräfte
                            und natürlich auch als Kunden für Produkte und Dienst-
                            leistungen.

                            Mit dem vorliegenden Handbuch wollen wir einen ganz
                            konkreten Beitrag dazu leisten, dass eine entscheidende
                            Schnittstelle zwischen Familien und Wirtschaft besser
                            funktioniert: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
                            Wir sind uns alle darüber einig, dass Familie und Be-
                            ruf kein Widerspruch sein dürfen. Damit Vereinbarkeit
                            besser gelingt braucht es nicht nur das Bewusstsein um
                            die wettbewerbsentscheidende Bedeutung von Famili-
                            enfreundlichkeit, sondern auch das Wissen um konkrete
                            Maßnahmen im Unternehmen - und um die Nutzung der
                            rechtlichen Möglichkeiten für familienfreundliche Lö-
                            sungen.

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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Dr. Andrea Kdolsky                                    Mag. Anna Maria Hochhauser
Familienministerin                                    Generalsekretärin der
                                                      Wirtschaftskammer Österreich

     Deshalb bietet Ihnen das vorliegende „Handbuch          Dieses Handbuch unterstreicht nicht zuletzt,
     zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Klei-       wie wichtig es ist, dass Wirtschaft und Politik in
     ne und Mittlere Unternehmen“ ein Informations-          Sachen Familienfreundlichkeit an einem Strang
     und Serviceangebot, das Ihnen im Unternehmen            ziehen. Wir handeln mit vereinten Kräften.
     hilft, bestmöglich von mehr Familienfreundlich-
     keit zu profitieren.                                    Denn wir wissen:

     In diesem Handbuch
     • zeigen wir auf, warum sich personenorientierte
                                                             Wo Kinder sind, ist Zukunft. Wo
        Führungskultur und Familienfreundlichkeit für
                                                             Unternehmen erfolgreich sind,
        Unternehmen immer stärker rechnen.
     • geben wir Ihnen praktische Tipps und Informa-         ist Wachstum und Wohlstand.
        tionen, welche konkreten Maßnahmen sich für
        mehr Familienfreundlichkeit setzen lassen.           Und wo Kinder und Beruf bestmöglich vereinbart
     • informieren wir Sie über gesetzliche Rege-            sind, profitieren alle Beteiligten. Familienfreund-
        lungen, die Sie bei Ihren Aktivitäten unterstüt-     lichkeit im Unternehmen ist ein Investment, das
        zen bzw. die zu beachten sind.                       sich auszahlt für Österreichs Unternehmen – und
     • zeigen Ihnen Erfahrungen aus der Praxis, wie          zwar für alle, egal, ob klein, mittel oder groß.
        Familienfreundlichkeit umgesetzt wird und wie
        positiv sie wirkt.                                   In diesem Sinn wünschen wir Ihnen eine interes-
     • finden Sie praktische Verweise auf weiterfüh-         sante Lektüre und viel Erfolg mit familienfreund-
        rende Informationsangebote.                          lichen Maßnahmen in Ihrem Unternehmen!

     vorwort                                                                                                       Seite
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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Familienfreundlichkeit –
                        weil´s auf die Mitarbeiter/innen ankommt!

                                                 „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource
                                                 die wir haben“. Solche und ähnliche Meinungen hört man von immer
                                                 mehr Unternehmer/innen. Aus guten Gründen. Die Zeiten, wo es poten-
                                                 tielle Mitarbeiter/innen in Hülle und Fülle gab, und man diese problem-
                                                 los austauschen konnte, sind vorbei. Der Fachkräftemangel wird für im-
                                                 mer mehr Unternehmen zur Herausforderung. Dazu kommt der Wandel
                                                 unserer Wirtschafts- und Arbeitswelt. Die Dienstleistungsgesellschaft
                                                 schreitet voran – und dabei sind die Mitarbeiter/innen in direktem
                                                 Kontakt mit den Kundinnen und Kunden erfolgsentscheidend.

                                                 Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeiterinnen und
                                                 Mitarbeiter im Mittelpunkt
                                                 Die Fakten sprechen eine klare Sprache. Der Wandel zur Dienstleistungs-
                                                 gesellschaft schreitet weiter voran. Durch die dynamische Entwicklung
                                                 werden im Jahr 2010 bereits 74 % der unselbstständig Beschäftigten im
                                                 Dienstleistungssektor tätig sein.

                                                 Der Frauenanteil an der unselbstständigen Beschäftigung wird auf
                                                 knapp 46 % wachsen, zeigt eine WIFO-Studie. Für immer mehr Unter-
                                                 nehmen ist der Dienstleistungssektor die Zukunft. Auch produzierende
                                                 Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Kundinnen und
                                                 Kunden durch Service und Betreuung an sich zu binden. Das erfordert
                                                 vor allem eines: Engagierte und kompetente Mitarbeiter/innen, wel-
                                                 che die Kundinnen und Kunden von den Leistungen des Unternehmens
Familienfreundlichkeit
                                                 überzeugen. Unternehmen mit qualifizierten Arbeitskräften, starkem
interessiert auch Kund/innen
                                                 Engagement und langjähriger Erfahrung haben die Nase vorn.
Die Zeiten haben sich geändert: Kundinnen
und Kunden interessiert nicht nur der be-        Fachkräfte: Dringend gesucht!
ste Preis, sondern auch die Art und Weise,
wie Produkte oder Dienstleistungen herge-        Aber nicht nur die wachsende Dienstleistungsorientierung zieht es
stellt werden. Das Thema der sozialen Ver-       nach sich, dass die Mitarbeiter/innen für den Unternehmenserfolg im-
antwortung von Unternehmen (CSR -„Cor-           mer wichtiger werden. Auch der Mangel an qualifizierten Fachkräften
porate Social Responsibility“) wird immer        wird für immer mehr Unternehmen zum Thema.
wichtiger. Familienfreundlichkeit ist dabei
ein zentrales Thema – und ein Bereich, in        Einer aktuellen Befragung von mittelständischen Unternehmen zufolge
dem Sie gegenüber Kundinnen und Kun-             sind bereits 83 % der Unternehmen mit Schwierigkeiten bei der Su-
den und der Öffentlichkeit stark punkten         che nach gut ausgebildetem Personal konfrontiert. Die Bevölkerungs-
können. Wer sich als Unternehmer mit der         entwicklung hin zu einer alternden Gesellschaft bewirkt, dass immer
Lösung der Vereinbarkeitsproblematik von         weniger junge Menschen in den Arbeitsprozess einsteigen. So wird in
Familie und Beruf beschäftigt, handelt im        Österreich bis zum Jahr 2015 die Zahl der 15-Jährigen um rund 18.000
Interesse der ganzen Gesellschaft –              niedriger sein als heute. Und so wird der Anteil der Arbeitskräfte zwi-
und sollte das auch öffentlichkeitswirksam       schen 15 und 29 Jahren von derzeit 25,7 % bis 2020 auf 23,8 % sinken,
sagen.                                           und der Anteil der 30- bis 44-Jährigen von 41 auf 36,9 % zurückgehen.

                                                 Nach Schätzungen der Wirtschaftskammer Österreich fehlen Österreich
                                                 in der Folge bis 2020 bis zu 600.000 qualifizierte Fachkräfte: Bei einem
                                                 Wirtschaftswachstum von 1,7 % würden rund 250.000 qualifizierte Ar-
                                                 beitskräfte fehlen, bei einem Wachstum von drei Prozent wären 600.000

  6     Seite                                 Familienfreundlichkeit – weil´s auf die Mitarbeiter/innen ankommt!
Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Fachkräfte nötig, zeigt die Adaption einer McKinsey-Studie für       Von den 25- bis 29-jährigen Frauen verfügen 34 % mindestens
Österreich. Das bedeutet für die Unternehmen vor allem eines:        über Maturaniveau, 12,5 % haben ein Studium an einer Univer-
Der Wettbewerb um qualifizierte Kräfte wird in Zukunft immer         sität, Fachhochschule oder hochschulverwandten Einrichtung
härter. Schon heute klagen viele Branchen, dass sie die benö-        abgeschlossen. Die Vergleichswerte für gleichaltrige Männer sind
tigten Mitarbeiter/innen nur sehr schwer oder nur durch eine         29 % und 8,4 %. Noch größer sind die Potentiale für weibliche
kostenaufwändige Suche finden.                                       Führungskräfte. Hier hat Österreich noch kräftigen Nachholbe-
                                                                     darf: Während in der EU der Anteil der Frauen im höheren Ma-
Die Instrumente, mit denen Unternehmen sich bemühen, für die         nagement 32,6 % beträgt, kommt Österreich nur auf 28,7 %.
Arbeitskräfte von morgen attraktiv zu sein, werden immer ausge-
feilter. Große Unternehmen leisten sich teure Imagekampagnen         Das bedeutet für Unternehmen: In Zukunft wird es besonders
oder unterstützen junge Leute bei der Ausbildung.                    wichtig sein, für weibliche Fachkräfte attraktiv zu sein. Und
                                                                     dabei spielen eben nicht nur Faktoren, wie Einkommen oder
Kleinere Unternehmen müssen besonders darauf achten, dass sie        Weiterentwicklungsmöglichkeiten eine Rolle, sondern auch die
im Wettbewerb um die Mitarbeiter/innen nicht unter die Räder         bestmögliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Tatsache ist
kommen. Daher ist Familienfreundlichkeit eines der wichtigsten       nach wie vor, dass die Hauptlast der Kinderbetreuung bei den
Handlungsfelder. Wer Mitarbeiter/innen bei der Lebensentschei-       Frauen liegt.
dung für Kind und Beruf aktiv unterstützt, ist letztlich der at-
traktivere Arbeitgeber.                                              Erfolgreiche Unternehmen bemühen sich daher um

Frauen sind der Schlüssel                                            • das gezielte Recruiting von Mitarbeiterinnen
                                                                     • die Entwicklung von Karriereplänen für Frauen
Eine Schlüsselrolle als Arbeitskräfte spielen die Frauen. Zwar hat   • die Besetzung von Fachbereichen und Positionen, in denen
Österreich eine im internationalen Vergleich bereits sehr gute         Frauen bisher kaum vertreten waren, mit Mitarbeiterinnen
Frauenerwerbsquote (65 %), aber es gibt noch Steigerungs-              und die entsprechende Qualifizierung der Mitarbeiterinnen
potentiale. Vor allem in technischen Berufen ist der Frauenanteil    • die persönliche und fachliche Qualifizierung von Frauen für
noch viel zu gering. Junge Frauen sind mittlerweile die Gruppe         Führungsaufgaben.
mit der besten Ausbildung.

                 Warum ist für Ihr Unternehmen Familienfreundlichkeit ein Thema?

                 Es gibt viele gute Gründe, sich mit familienfreundlichen Maßnahmen im Unternehmen zu beschäftigen.
                 Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, Ihre Bezüge zu Familienfreundlichkeit klar zu definieren:

                 • Zählen Familien zu Ihren Kunden?                            langfristig an das Unternehmen?
                 • Wie wichtig ist für Ihr Unternehmen der gute Ruf in       • Wie hoch ist die Fluktuationsrate im Unterneh-
                   der Region?                                                 men?
                 • Welche Maßnahmen setzen Sie zur Imagepflege?              • Was tun Sie zur Steigerung der Mitarbeitermotiva-
                 • Welche Rolle spielt gesellschaftliche Verantwor-            tion?
                   tung für Ihr Unternehmen?                                 • Wovon hängt die Leistung im Unternehmen ab?
                 • Ist die Altersstruktur Ihrer Mitarbeiter ausgewo-         • Wie hoch ist der Frauenanteil im Unternehmen?
                   gen?                                                      • Gibt es in Ihrem Unternehmen „typische“ Männer-
                 • Was werden Sie tun, um auch trotz des Arbeits-              und Frauenberufe?
                   kräftemangels ausreichende Personalressourcen             • Ist der Wettbewerb in der Branche sehr stark?
                   zu haben?                                                 • Was tun Sie, um die Potenziale Ihres Unterneh-
                 • Wie binden Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter             mens laufend zu optimieren?

Familienfreundlichkeit – weil´s auf die Mitarbeiter/innen ankommt!                                                        Seite
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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Für welche Betriebe Familienfreundlichkeit
besonders wichtig ist
• Unternehmen, die zur Umsetzung ihrer
  Geschäftsidee (auch in Zukunft) qualifi-   Familienfreundlichkeit zur Selbstverständlichkeit
  ziertes Personal brauchen                  machen
• Unternehmen, die in nächster Zeit wach-
  sen wollen                                 Familienfreundlichkeit ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen eine
• Unternehmen mit hohem Mitarbeite-          große Chance. Damit man sie nützen kann ist es wichtig, das Anliegen der
  rinnen-Anteil                              Familienfreundlichkeit in der Unternehmenskultur zu verankern.
• Unternehmen, die aufgrund ihrer
  Kleinheit verlässliche und engagierte      Die Unternehmenskultur – das sind nicht nur die schönen Worte in Leit-
  Mitarbeiter/innen brauchen                 bildern, sondern das sind die „Selbstverständlichkeiten“, die ein Unter-
• Unternehmen im Dienstleistungsbereich      nehmen prägen. Wo es selbstverständlich ist, die familiäre Situation von
  bzw. mit Service-Agenden                   Mitarbeiter/innen in der Unternehmensführung mitzubedenken und zu
• Unternehmen im technischen Bereich         berücksichtigen, kann man viel einfacher und effizienter die richtigen
• Unternehmen, die Familien als Kunden       Maßnahmen setzen.
  haben
• Unternehmen, die in der Öffentlichkeit     Richtig führen – familienfreundlich führen
  stehen
                                             Damit Familienfreundlichkeit im Unternehmen zur Selbstverständlichkeit
                                             werden kann, braucht es drei zentrale Voraussetzungen: Familienfreund-
                                             lichkeit muss erklärtes Anliegen des Unternehmens sein.

                                             Für die Führungskräfte muss Familienfreundlichkeit integraler Teil ihrer
                                             Führungsaufgaben sein. Und das Unternehmen muss laufend wissen, wo
                                             Vereinbarkeitsprobleme entstehen bzw. entstehen werden.

                                             Unternehmensphilosophie
                                             Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, ihre „Unternehmensphiloso-
                                             phie“ zu dokumentieren, in der sie ihre „Mission“, ihr Leitbild und ihre
                                             Werte auf den Punkt bringen. Das ist nicht nur gegenüber Kundinnen und
                                             Kunden und Partnerinnen und Partnern wichtig, sondern für die Führung
                                             des Unternehmens erfolgsentscheidend.

                                             In der Unternehmensphilosophie wird das zum Ausdruck gebracht, was
                                             für das Unternehmen im Geschäftsalltag „selbstverständlich“ ist bzw. sein
                                             sollte. Nehmen Sie daher in Ihre Unternehmensphilosophie das Anliegen
                                             auf, dass Ihnen Familienfreundlichkeit bzw. familienfreundliche Arbeitsbe-
                                             dingungen wichtig sind.

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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Im Leitbild der Werbeagentur, Eventagentur und           kungen – von der Mitarbeiter/
Zeitschriftenverlag „mediapoint“ in Krumau am            innensuche über die Mitarbei-
Kamp heißt es beispielsweise: „Trotz modernstem          ter/innenauswahl und Personal-
Equipment und schönen Büroräumen bleiben un-             planung bis hin zur Arbeitsorga-
sere Mitarbeiter das wertvollste Kapital. Frauen         nisation.
und Männer sind bei uns gleichgestellt, auch wenn
ein Schwerpunkt auf Frauenförderung und Frauen-          Mitarbeiter/innenkommu-
freundlichkeit gelegt wird (...). Bei uns herrscht das   nikation
Prinzip der Gleichwertigkeit - ob bei männlichen und     Wesentliche Grundlage für den
weiblichen Mitarbeitern, bei Chefin und Angestellten     Bewusstseinswandel hin zu mehr
oder bei Großkonzernen und Kleinstkunden. Dieses         Familienfreundlichkeit ist natür-
nicht-hierarchische Denken ermöglicht uns die her-       lich die Kommunikation mit den
vorragende Teamarbeit und das freundschaftliche,         Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
respektvolle Miteinander.“                               tern. Nur wenn man weiß wo es
                                                         Vereinbarkeitsprobleme gibt und
Führungskräfte                                           wie sie sich äußern, kann man sie
Unabhängig von der Größe Ihres Unternehmens ist es       lösen. Kleinst- und Kleinunterneh-
wichtig, Führungskräfte und Verantwortungsträger         men sind dabei in einer vorteilhaften Situation, weil
des Unternehmens mit dem Thema Familienfreund-           der Kommunikationsweg zwischen Mitarbeiter/in
lichkeit zu konfrontieren - und diese als Bestandteil    und Chef/in kurz ist. Es ist wichtig, den Mitarbeiter/
der Führungsaufgaben zu verankern. Nur dort, wo          innen in regelmäßigen Mitarbeiter/innengesprächen
Familienfreundlichkeit akzeptierter Teil der Füh-        die Möglichkeit zu geben, unternehmensrelevante
rungskultur eines Unternehmens ist, kann sie ihre        familiäre Themen (Geburt eines Kindes, Pflegebe-
positive Wirkung für das Unternehmen entfalten (sh.      dürftigkeit eines älteren Verwandten, Öffnungszeiten
nächstes Kapitel). Familienfreundliche Führung hat       von Kinderbetreuungseinrichtungen etc.) offen zu
auf alle Unternehmensfunktionen konkrete Auswir-         artikulieren.

Wichtige Handlungsfelder für Familienfreundlichkeit auf einen Blick

Unternehmensphilosophie Viele Unternehmen entwi-                    Gleitzeitregelungen und kann in vollkommen individuellen
ckeln bzw. formulieren ihre Unternehmensphilosophie, in             Arbeitszeitregelungen optimal auf die Bedürfnisse von Mitar-
der sie ihre „Mission“, ihr Leitbild und ihre Werte auf den         beiter/in und Betrieb abgestellt werden.
Punkt bringen. Familienfreundlichkeit sollte darin als Anlie-       Eng verknüpft mit der Arbeitszeit ist die Arbeitsorganisation
gen verankert sein.                                                 (z.B. regelmäßige Meetings nicht in Tagesrandzonen ansie-
                                                                    deln, die für Mitarbeiter/innen mit Kindern schwieriger zu
Kommunikation In der Unternehmenskommunikation                      absolvieren sind).
gegenüber Bewerberinnen und Bewerbern oder der Öf-
fentlichkeit lässt sich Familienfreundlichkeit unter Beweis         Wiedereinstieg Der Wiedereinstieg nach der Kinderpau-
stellen (z.B. geschlechtsneutral formulierte Stellenanzei-          se ist einer der heikelsten Punkte in weiblichen Berufs-
gen, Kommunikation mit karenzierten Mitarbeiterinnen und            biographien: Von seinem Gelingen oder Scheitern hängen
Mitarbeitern).                                                      Karrieren ab. Für das Unternehmen bringt ein rascher und
                                                                    problemloser Wiedereinstieg klare wirtschaftliche Vorteile.
Arbeitszeit Zahlreiche Vereinbarkeitsprobleme lassen sich           Den optimalen Wiedereinstieg sollte man daher schon vor
durch flexible Arbeitszeitregelungen in den Griff bekommen.         dem Ausstieg gut vorbereiten. Wichtig ist dabei auch, Vorur-
Die Flexibilität der Arbeitszeit beginnt bei herkömmlichen          teilen gegenüber der Väterkarenz entgegenzuwirken.

Familienfreundlichkeit – weil´s auf die Mitarbeiter/innen ankommt!                                                     Seite
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Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Handbuch zur - FEMtech
Familienfreundlichkeit rechnet sich

                                       Was kosten familienfreundliche Maßnahmen – und was
                                       bringen sie?

                                       Diese Frage ist gerade für kleine Unternehmen zentral. Denn
                                       unbestritten ist, dass familienfreundliche Maßnahmen in der
                                       Planung und Umsetzung ein gewisses Maß an Zeit und Geld ko-
                                       sten. Familienfreundlichkeit gibt es eben nicht zum Nulltarif.

                                       Anneliese Degen, Geschäftsführerin der DEAKON Degen GmbH
                                       Kabelkonfektion in Hart bei Graz, investiert seit Jahren klug
                                       in familienfreundliche Maßnahmen. „Aus eigener negativer Er-
                                       fahrung lebe ich seit der Gründung meines Unternehmens im
                                       Jahre 1988 aus Überzeugung die bessere Vereinbarkeit von Frau,
                                       Familie und Beruf“, berichtet sie. Das Unternehmen nutzt die
                                       Möglichkeiten der Gleitzeit, geblockte Arbeitstage bei Teilzeit,
                                       Pflegefreistellung über das gesetzliche Maß hinaus bis hin zum
                                       Leihomadienst.

                                      Degen: „Meine Mitarbeiter/innen sehen die Qualität und die Be-
                                      deutung ihrer Arbeit, ihre Bindung an das Unternehmen ist sehr
                                      hoch und die tägliche Arbeit wird nicht als belastend erlebt,
                                      sondern vielmehr als Freude und sie fühlen sich wohl. Das wur-
                                     de auch bei externen Mitarbeiterbefragungen im Jahr 2006 und
                         2008 durch 100 % Mitarbeiterzufriedenheit bestätigt - darauf sind wir schon
                         stolz.“

                         Das alles hat konkrete Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. „Durch so
                         viele positive Erfahrungen und gemeinsames Miteinander profitieren nicht
                         nur meine Mitarbeiter/innen, sondern auch unsere Kundinnen und Kunden
                         – durch hochwertige Qualität, Liefertreue, Einsatz und Motivation. Das ermög-
                         licht hohe Kundenzufriedenheit, welche wiederum dem Unternehmen zugute
                         kommt“, bilanziert die Geschäftsführerin der DEAKON Degen GmbH.

                         Ferdinand Jandl, Inhaber einer Karosseriewerkstätte in Ardagger, hat die be-
                         triebswirtschaftliche Erfahrung gemacht, dass etwa familienfreundlich flexi-
                         ble Arbeitszeiten die Mitarbeiter/innen mehr zu Leistung motivieren als Geld.
                         „Als wir früher Lohnerhöhungen machten, stieg die Leistung nicht. Die Leute
                         dachten sich: „Ah, dem Chef geht es eh so gut.“ Über Freizeit und flexible
                         Arbeitszeit ist der Hebel wesentlich größer. Wenn man unter der Woche ein-
                         mal einen freien Tag hat, ist man einfach anders, besser drauf und gesünder“,
                         berichtet er.
                         Jandl und Degen sind keine Einzelfälle. Immer mehr Unternehmer setzen Maß-
                         nahmen, um von Familienfreundlichkeit zu profitieren.

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Erfahrungen aus der Praxis

Die Erfahrungen von österreichischen Unternehmen,      Die BMWA-Studie zeigt, dass sich Maßnahmen zur
dokumentiert in der Studie „Betriebswirtschaftliche    Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Unterneh-
Aspekte familienfreundlicher Maßnahmen in österrei-    men betriebswirtschaftlich auszahlen. In Unterneh-
chischen Unternehmen“ der Pecher Consulting GmbH       men, in denen entsprechende Maßnahmen gesetzt
im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft       werden, können die positiven Auswirkungen klar an
und Arbeit (BMWA), vermitteln klare Eindrücke.         betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Motivation,
                                                       Fehlzeiten, Fluktuation, Rückkehrquote nach der Ka-
So berichten Unternehmer/innen in der Studie:          renz etc.) abgelesen werden.
• „Ich kriege das Doppelte zurück, wenn Not am
  Mann ist; bei dringenden Aufträgen, sind sofort      Das bedeutet: Nicht nur die Arbeitnehmer/innen,
  Mitarbeiter/innen da und helfen aus.“                sondern auch die Unternehmen profitieren von Fa-
• „Die meisten Maßnahmen kosten mich gar nichts –      milienfreundlichkeit. Die zentralen Ergebnisse der
  man muss nur die Ideen haben und sie umsetzen.“      Studie auf einen Blick:
• „Die Teilzeitplätze kosten mich zwar etwas, aber
  ohne diese Frauen könnte ich den Betrieb nicht       Höhere Motivation: Die befragten familienfreund-
  aufrecht erhalten.“                                  lichen Unternehmen beurteilen die Motivation ih-
• „Wir können nicht so viel zahlen wie andere Be-      rer Mitarbeiter/innen zu 73 % mit „sehr hoch“ bzw.
  triebe, aber dafür bieten wir unseren Mitarbeiter/   „hoch“. Laut „Gallup Engagement Index“ haben in
  innen vieles.“                                       Österreich durchschnittlich 19 % eine „hohe emoti-
                                                       onale Bindung“ an ihr Unternehmen.
Die positiven Effekte familienfreundlicher Maßnah-
men schlagen sich nicht nur in individuellen Berich-   Engagement und Motivation der Mitarbeiter/innen
ten von Unternehmen nieder, sie lassen sich auch       familienfreundlicher Unternehmen sind somit deut-
empirisch nachweisen.                                  lich höher.

auf einen Blick

Die Effekte von Familienunfreundlichkeit                         Die Effekte von Familienfreundlichkeit

Wenn Familie und Beruf für Mitarbeiter/innen                     Wenn Familie und Beruf für Mitarbeiter/innen gut vereinbar
schlecht vereinbar sind, hat das für das Unterneh-               sind, hat das für das Unternehmen folgende Vorteile:
men folgende Nachteile:
                                                                 • Steigerung der Motivation und Zufriedenheit der
• Hoher Stress der Mitarbeiter/innen durch unge-                   Beschäftigten
  löste Vereinbarkeitsprobleme (z.B. Wer betreut                 • Effizienzsteigerungen
  die Kinder? Wann schließt der Kindergarten? Wer                • Reduktion der Stressbelastung
  kocht für die Kinder? Wann muss man spätestens                 • Senkung von Fehlzeiten und Krankenständen
  vom Arbeitsplatz weg?) führt zu Fehlern und ge-                • Verringerung der Fluktuation – besserer Humankapitaler-
  ringerer Leistung am Arbeitsplatz                                halt, geringerer Aufwand zur Wiederbesetzung von Stellen
• Deutliche Steigerung von Fehlzeiten und Kranken-               • Höhere Rückkehrquote nach Mutterschutz/Karenz
  standstagen                                                    • Früherer Wiedereinstieg nach der Karenz
• Hohe Mitarbeiter/innenfluktuation                              • Besseres Personalmarketing
• Geringe Rückkehrquote nach der Karenz                          • Besseres Unternehmensimage
• Hoher finanzieller Aufwand für Nachbesetzungen                 • Marketingeffekte für den Produktabsatz
  (Inserate, Auswahlverfahren, Einschulung).                     • Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens

Familienfreundlichkeit rechnet sich                                                                               Seite
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Mehr Leistung: Der höhere Einsatz der Mitarbeiter/       auf 91 %. Nach einer Trigos-Studie liegt der österrei-
             innen schlägt sich auch in mehr Leistung nieder. Die     chische Durchschnitt mit 70 % deutlich niedriger.
             befragten familienfreundlichen Unternehmen be-
             urteilen die Leistungen ihrer Mitarbeiter/innen zu       Gute Ertragslage: Die positive wirtschaftliche Situ-
             77 % mit „sehr hoch“ bzw. „hoch“.                        ation von familienfreundlichen Unternehmen äußert
                                                                      sich laut Studie auch darin, dass familienfreundliche
             Weniger Krankenstandstage und Fehlzeiten: En-            Unternehmen ihre Ertragslage zu 70 % mit „sehr zu-
             orme Unterschiede zeigt die Studie auch hinsichtlich     friedenstellend“ bzw. „zufriedenstellend“ angeben.
             der für Unternehmen sehr teuren Abwesenheitszeiten
             von Mitarbeiter/innen. Laut WIFO liegt die durch-        Die Motive familienfreundlicher
             schnittliche Anzahl von Krankenstandstagen pro Mit-      Unternehmen
             arbeiter und Jahr bei 12 Tagen (2007). Die befragten
             familienfreundlichen Unternehmen weisen im Durch-        Die Unternehmen, die im Auftrag des BMWA befragt
             schnitt nur 4,9 Krankenstandstage pro Mitarbeiter        wurden, nennen eine Reihe von Motiven für die Fami-
             und Kalenderjahr auf.                                    lienfreundlichkeit ihres Unternehmens:

             Geringere Fluktuation: Ein großer Kostenfaktor für       • Deutlich im Vordergrund steht, mit familienfreund-
             Unternehmen sind Nachbesetzungen aufgrund großer           lichen Maßnahmen zur besseren Motivation und
             Fluktuation. Die Suche nach neuen Mitarbeiterinnen         Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen beizutragen,
             und Mitarbeitern und deren Einschulung verursacht          sowie für ein gutes Betriebsklima zu sorgen.
             Kosten und Wettbewerbsnachteile.                         • An zweiter Stelle stehen Motive, die für das Unter-
                                                                        nehmen einen ökonomischen Nutzen haben, wie
             Laut Gallup-Institut gilt eine durchschnittliche Fluk-     Erhöhung der Leistungsbereitschaft, Bindung der
             tuation bis 15 % als normal. Familienfreundliche Un-       Mitarbeiter/innen an das Unternehmen oder Qua-
             ternehmen haben eine weitaus geringere Fluktuati-          litätssteigerung.
             on, nämlich 6,7 %, wie die BMWA-Studie zeigt. Das        • Viele Unternehmen nützen auch das Engagement
             bedeutet niedrigere Personalkosten und mehr Kon-           im Bereich familienfreundlicher Maßnahmen für die
             tinuität.                                                  Kommunikation mit den eigenen Mitarbeiterinnen
                                                                        und Mitarbeitern. Auch die Kommunikation nach
             Günstige Personalsuche: Die Attraktivität von fami-        außen ist ein wichtiges Motiv, familienfreundliche
             lienfreundlichen Unternehmen für potentielle Mitar-        Maßnahmen zu setzen. Dabei spielen Aspekte des
             beiter/innen schlägt sich positiv nieder, wenn das         Arbeitsmarktes sowie allgemeine Marketingüberle-
             Unternehmen zusätzliche Mitarbeiter/innen einstel-         gungen, wie Imagepflege, eine bedeutende Rolle.
             len will. 50 % der familienfreundlichen Unternehmen      • Da in manchen Unternehmen der Frauenanteil sehr
             geben an, „geringe“ oder „fast keine“ Kosten für Neu-      hoch ist, ist diese Tatsache Motiv und Notwendig-
             bewerbungen zu haben.                                      keit zugleich, mit familienfreundlichen Maßnah-
                                                                        men eine Basis für entsprechende Rahmenbedin-
             Hohe Rückkehrquote: Ebenfalls ein wichtiger Ko-            gungen für Frauen zu schaffen, so die Studie.
             stenfaktor für Unternehmen ist, dass Mitarbeiter/        • Schließlich ist es den Eigentümer/innen selbst ein
             innen aus der Karenz in möglichst hohem Ausmaß             wichtiges Anliegen, Familie und Beruf zu verbin-
             wieder ins Unternehmen zurückkehren und ihr Know-          den. Aus eigener persönlicher Überzeugung schaf-
             how bestmöglich genutzt werden kann. Die BMWA-             fen sie für sich und ihre Mitarbeiter/innen ein
             Studie zeigt: Die Rückkehrquote nach der Karenz            Arbeitsklima in dem sich beides verbinden lässt,
             beläuft sich in familienfreundlichen Unternehmen           heißt es in der Studie.

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Familienunfreundlichkeit sollte man sich
nicht leisten
Die Befürchtung, dass frauen- und familienfreundliche Maßnahmen
viel kosten und wenig bringen, ist jedenfalls unberechtigt. Die Stu-
die „Familienfreundliche Unternehmenspolitik. Eine Kosten-Nutzen-
Analyse für die Wirtschaftsregion Basel“ der Prognos AG zeigt, dass
eine familienfreundliche Personalpolitik aus unternehmerischer Sicht
höchst sinnvoll ist.

Der Nutzen familienfreundlicher Maßnahmen ist höher als die Kosten,
welche Ihnen durch die Maßnahmen entstehen. Die Modellrechnung
der Prognos AG (mit den Maßnahmen: flexible Arbeitszeitmodelle; der
Möglichkeit, den Mutterschaftsurlaub - in der Schweiz in der Regel 14
Wochen ab der Geburt des Kindes - für das Unternehmen kostenneutral
zu verlängern; Beratungs- und Vermittlungsangebote; Vaterschaftsur-
laub, Telearbeit und betrieblich unterstützte Kinderbetreuung) ermit-
telt eine Rendite von acht Prozent.

Die wichtigsten Effekte der familienfreundlichen Maßnahmen
sind dabei:

•	Rückkehreffekt: Mitarbeiterinnen kehren nach dem Mutterschafts-
  urlaub häufiger in das Unternehmen zurück. Damit sinken die Fluk-
  tuationsrate und die damit verbundenen Fluktuationskosten.

•	Teilzeiteffekt Rückkehr: Eltern mit Kinderbetreuungspflichten wird
  ermöglicht, ihr Teilzeitpensum sukzessive nach Bedarf im Einverneh-
  men mit dem/der Arbeitgeber/in zu erhöhen. Mütter und Väter kön-
  nen nach der Rückkehr ins Unternehmen höhere Teilzeitpensen
  übernehmen. Dadurch spart das Unternehmen Kosten für Ersatz-
  kräfte.

•	Karriereeffekt: Er ermöglicht Müttern und Vätern trotz familiärer
  Aufgaben qualifizierte Berufslaufbahnen. Das erlaubt dem Unter-
  nehmen höhere Positionen intern neu zu besetzen und Personalbe-
  schaffungskosten zu sparen.

Fazit: Familienfreundlichkeit rechnet sich nicht nur im Hinblick
auf die Attraktivität für die Arbeitskräfte von morgen, sondern
auch im betrieblichen Alltag.

Wer familienfreundliche Maßnahmen setzt, erspart sich als Unter-
nehmer viel Geld – und sichert sich wichtige Wettbewerbsvorteile.

Familienfreundlichkeit rechnet sich                                     Seite
                                                                                13
Arbeitszeit flexibel gestalten

                                    Die Vereinbarkeit von Familie      Im Farben- und Bastelwarenfachgeschäft COCOLORI
                                    und Beruf ist für Mitarbeiter/     KURT MICHELUZZI GmbH & Co in Bregenz ist hohe
                                    innen meist ein Zeitproblem.       zeitliche Flexibilität ebenfalls eine Selbstverständ-
                                                                       lichkeit. „Es ist selbstverständlich, dass jede Mama
                                    Es äußert sich auf vielfältige     wichtige Termine mit ihren Kindern wahrnehmen
                                    Weise: Wenn Öffnungszeiten         kann – eine andere Mitarbeiterin springt sofort ein.
                                    von Kinderbetreuungseinrich-       Und wenn alle Stricke reißen, steht die Geschäfts-
                                    tungen und Arbeitszeit nicht       führerin auch einmal einen halben Tag alleine im
                                    zusammenpassen, dann ent-          Geschäft. Kein Problem!“, heißt es aus dem Unter-
                                    steht Stress.                      nehmen. Zwei Mitarbeiterinnen inklusive der Chefin
                                                                       arbeiten in Vollzeit, drei in Teilzeit - und alle haben
                                    Wenn für die Ferienzeit keine      flexible Arbeitszeiten. „Im September werden die
                                    ausreichende Betreuung der         Stundeneinteilungen immer neu gemacht. Angegli-
                                    Kinder gesichert ist, fällt die    chen an den Stundenplan der Kinder.
                                    Konzentration bei der Arbeit
                                    schwer. Wenn man keinen            Und die Arbeitszeiten werden wöchentlich bespro-
                                    Urlaub bekommt, wenn die           chen und verschoben“, berichtet Gabriele Micheluzzi-
                                    Kinder Ferien haben, fällt die     Jamer. Außerdem kann im Unternehmen Zeit vorge-
                                    eigene Erholung schwer.            arbeitet werden, denn von September bis Dezember
                                                                       ist Hochsaison. Dafür hat die Belegschaft mehr Frei-
                                    Für derartige Vereinbarkeits-      zeit in den Sommerferien.
                                    probleme gibt es meist sehr
                                   einfache Lösungen: Die Ar-          Auch in der niederösterreichischen MEDIENPOINT
             beitszeit wird reduziert oder flexibler gestaltet – und   Werbe- und VerlagsgesmbH von Gabriele Gaukel ist
             zwar so, dass diese den Bedürfnissen der Mitarbei-        Flexibilität in Sachen Arbeitszeit zentral: „Flexi-
             ter/innen und den Erfordernissen des Unternehmens         ble Arbeitszeiten, kurzfristige Urlaubswünsche und
             entspricht.                                               Heimarbeit sind dabei selbstverständlich. Die Arbeit
                                                                       muss erledigt werden, das Wann und Wie wird groß-
             Die DEAKON Degen GmbH in Hart ist für den flexiblen,      teils gemeinsam festgelegt.“
             aber effektiven Umgang mit Zeit ein gutes Beispiel.
             „Wir arbeiten flexibel mit Gleitzeit, wobei auf Öff-      Das Unternehmen bietet daher seinen Mitarbeiter-
             nungszeiten von Schulen, Kindergärten oder öffent-        innen und Mitarbeitern flexible Arbeitszeit und viele
             liche Verkehrsmittel Rücksicht genommen wird.             Arbeitszeitvarianten. Fix ist nur die Wochenstunden-
                                                                       anzahl, die Einteilung erfolgt in Absprache mit den
             Das Blocken von Arbeitstagen bei Teilzeitarbeit ist       Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
             möglich, es ist aber auch jederzeit ein Umstieg auf       Gleitzeit wurde für alle eingeführt. 45 % der Mitarbei-
             Vollarbeitszeit möglich. Bei der Urlaubsplanung ha-       ter/innen sind auf Wunsch teilzeitbeschäftigt – und
             ben Frauen und Männer mit Kindern Vorrang.                zwar stundenweise, tageweise oder geblockt. Zwei
             Bei Bedarf dürfen Mitarbeiter/innen ihre Kinder mit       Führungskräfte nutzen „qualifizierte“ Teilzeit im
             in die Firma bringen oder sofort nach Hause gehen.        Umfang von 20 bzw. 25 Wochenstunden. Innerhalb
             Keiner braucht sich Sorgen machen, wenn es um Pfle-       eines Monats kann die Arbeitszeit erhöht oder redu-
             gefreistellung über das gesetzliche Ausmaß hinaus         ziert werden.
             geht.
                                                                       Die Bandbreite der Möglichkeiten für flexible Ar-
             Bei längerer Abwesenheit kann teilweise Produktion        beitszeiten ist jedenfalls außerordentlich groß. Wer
             in Heimarbeit vergeben werden und auch ein Leiho-         im Unternehmen davon profitieren will, sollte über
             madienst wird angeboten“, berichtete Geschäftsfüh-        die rechtlichen Rahmenbedingungen genau Bescheid
             rerin Anneliese Degen.                                    wissen.

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Teilzeit: Darauf kommt’s an!                          eine Teilzeitbeschäftigung mehr Rücksichtnahme
                                                      benötigt hinsichtlich Meetingorganisation, Auf-
Die Nachfrage von Frauen nach Teilzeitarbeit in       rechterhaltung des Informationsflusses, Arbeitsü-
Österreich ist hoch: Nach den aktuellen Arbeits-      bergaben etc. Mit den heutigen Kommunikations-
marktdaten gab es 29.155 arbeitsuchende Frauen        technologien und Arbeitsplatzgestaltungen lassen
mit dem Wunsch nach Teilzeit, aber nur 5.055 ge-      sich jedoch all diese vermeintlichen Hürden sehr
meldete offene Teilzeitstellen. Österreich hat mit    gut nehmen“, berichtet Susanne de Cillia, Director
der Einführung des Rechts auf Elternteilzeit in Be-   Human Resources bei Frequentis.
trieben mit mehr als 20 Arbeitnehmer/innen (sh.
nächstes Kapitel) der ungebrochen hohen Nachfra-      Im Rahmen einer Teilzeitvereinbarung können
ge auch Rechnung getragen.                            z.B. auch Zwei- oder Drei-Tage-Wochen vereinbart
                                                      werden. Die Arbeitstage bzw. –zeiten können so
Trotz der objektiven Nachteile bei Einkommens-        ausgewählt werden, das sie den Erfordernissen des
verlauf, Karriereentwicklung oder Pensionsanrech-     Unternehmens entsprechen. Es ist ebenso möglich,
nung ist Teilzeit für Frauen nach der Babypause ein   dass die Mitarbeiter/innen während der Jahreszeit,
wichtiges Thema. Unternehmen sollten sich diese       in der es eine Kinderbetreuung gibt, mehr arbeiten
Nachfrage zu Nutze machen und auch gut quali-         und dafür mehr Ferien zu einer anderen Jahreszeit
fizierte Arbeitskräfte durch Teilzeit wieder an das   haben. Die Arbeitszeit kann schrittweise wieder
Unternehmen binden. Das ist eine gute Grundlage,      zur Vollbeschäftigung angehoben werden.
um die jeweilige Arbeitskraft so rasch wie mög-
lich wieder als Vollzeitarbeitskraft einsetzen zu
können.                                               Wichtige rechtliche Rahmenbedingungen für Teil-
                                                      zeitarbeit nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG) sind:
Die Frequentis AG in Wien ist Beispiel dafür, dass
es für hochqualifizierte Arbeitskräfte wie auch       • Der/die Arbeitgeber/in darf Teilzeitbeschäftigte
Führungskräfte Teilzeitvereinbarungen geben             grundsätzlich nicht wegen ihrer reduzierten
kann. „Wir erwarten uns Flexibilität von unseren        Arbeitszeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten
Mitarbeiter/innen – im Gegenzug zeigen auch wir         schlechter behandeln.
uns flexibel, wenn sich Privatsituationen ändern,       Teilzeitbeschäftigte sind anteilig entsprechend
die eine Vollbeschäftigung nicht erlauben. Der          ihrem Arbeitsumfang zu entlohnen und an
Vorteil überwiegt für uns, das Know-how und die         Leistungen der Arbeitgeberin und des Arbeitge-
Erfahrung im Unternehmen zu halten – auch wenn          bers (wie z.B. Pensionszusagen) zu beteiligen.

                           Normalarbeitszeit herabsetzen

                           Arbeitgeber/innen haben nach dem Arbeitsver-           zum Zweck der Kinderbetreuung vereinbart wer-
                           tragsrechts-Anpassungsgesetz die Möglichkeit,          den. Wichtig ist, dass der/die Arbeitgeber/in vom
                           mit Arbeitnehmer/innen, die nicht nur vorüber-         Motiv für den Teilzeitwunsch erfährt.
                           gehende, sich aus der familiären Beistands-
                           pflicht ergebende Betreuungspflichten von nahen        Die Arbeitnehmer/innen sind insofern abge-
                           Angehörigen haben, eine Herabsetzung der               sichert, als eine Kündigung aus dem Grund
                           Normalarbeitszeit zur Betreuung zu vereinbaren.        der Inanspruchnahme der Herabsetzung der
                                                                                  Normalarbeitszeit angefochten werden kann.
                           Die Herabsetzung kann nicht nur zum Zweck der          Des Weiteren ist eine für Arbeitnehmer/innen
                           Betreuung kranker oder überdurchschnittlich            günstigere Abfertigungsberechnung im Rahmen
                           betreuungsbedürftiger Kinder, sondern auch             der Abfertigung alt vorgesehen.

Arbeitszeit flexibel gestalten                                                                                        Seite
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• Das Ausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit ist zwi-      Für Arbeitnehmer/innen bedeutet das weniger Stress
               schen dem/der Arbeitgeber/in und dem/der Teil-         bei der Organisation der Kinderbetreuung - und für
               zeitbeschäftigten zu vereinbaren. Kommt es zu ei-      die meisten Unternehmen macht es keinen Unter-
               ner Beschäftigung von Teilzeitbeschäftigten ohne       schied, ob der/die Arbeitnehmer/in z.B. eine Stunde
               dass das Ausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit          später kommt oder geht. Gleitzeit kann man im Un-
               festgelegt worden ist, handelt es sich um gesetz-      ternehmen sehr kurzfristig einführen.
               widrige „Arbeit auf Abruf“. Seit 1.1.2008 bedürfen
               Änderungen des Ausmaßes der regelmäßigen wö-           Wichtig dabei ist, dass die Arbeitsorganisation auf
               chentlichen Arbeitszeit der Schriftform.               die Gleitzeit bzw. die Kernarbeitszeit ausgerichtet ist.
             • Die Lage der täglichen und wöchentlichen Arbeits-      So sollten z.B. Termine stets in der Kernarbeitszeit
               zeit ist zwischen dem/der Arbeitgeber/in und dem/      festgelegt werden. Die Praxis zeigt, dass Gleitzeitre-
               der Teilzeitbeschäftigten zu vereinbaren.              gelungen das Verantwortungsbewusstsein der Mitar-
             • Für Mehrarbeitsstunden gebührt seit 1.1.2008           beiter/innen erhöhen.
               grundsätzlich ein gesetzlicher Zuschlag von 25 %
               des auf die Arbeitsstunde entfallenden Normal-         Vorteilhaft an der Gleitzeit ist für Unternehmen auch,
               lohnes (Mehrarbeit ist Arbeitsleistung, die über das   dass dafür keine kollektivvertragliche Zulassung not-
               vereinbarte Ausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit       wendig ist. Gleitzeit kann daher in allen Branchen
               hinausgeht, aber noch nicht Überstundenarbeit          betriebsintern geregelt werden.
               ist; sh. Kasten).
                                                                      Wichtig dabei ist:
             Gleitzeit: Mehr Flexibilität für alle
                                                                      • In Betrieben mit Betriebsrat ist die gleitende Ar-
             Die höchste Flexibilität bei einem aufrechten Voll-        beitszeit durch eine Betriebsvereinbarung festzu-
             zeitarbeitsverhältnis mit den Mitarbeiterinnen und         legen.
             Mitarbeitern ermöglicht eine gleitende Arbeitszeitre-    • Besteht kein Betriebsrat, muss mit dem einzelnen
             gelung. Dabei kann der/die Arbeitnehmer/in inner-          Arbeitnehmer eine schriftliche Gleitzeitvereinba-
             halb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn          rung getroffen werden.
             und Ende seiner/ihrer täglichen Normalarbeitszeit        • Schriftlichkeit ist absolutes Formerfordernis einer
             selbst bestimmen. Die Kernarbeitszeit wird dabei in        Gleitzeitvereinbarung. Der mündliche Abschluss
             Abstimmung mit den Bedürfnissen des Unterneh-              einer Gleitzeitvereinbarung ist rechtsunwirksam -
             mens definiert.                                            und kann zu Überstundennachforderungen führen.
                                                                      • Eine Gleitzeitvereinbarung muss folgende Punkte
                                                                        enthalten:
                                                                        o Dauer der Gleitzeitperiode,
                                                                        o Gleitzeitrahmen,
                                                                        o Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglich-
                                                                          keiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die
                                                                          nächste Gleitzeitperiode,
                                                                        o Dauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit
                                                                          (das ist die tägliche und wöchentliche Norma-
                                                                          larbeitszeit, in welcher der/die Arbeitnehmer/
                                                                          in zur Arbeitsleistung verpflichtet wäre, gäbe es
                                                                          keine Gleitzeitvereinbarung).

                                                                      Die Gleitzeitperiode ist jener Zeitraum, in dem Zeit-
                                                                      guthaben aufgebaut und abgebaut werden können.

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Am Ende dieses Zeitraumes ergibt sich ein    Neuregelungen im Arbeitszeitrecht
entsprechender positiver oder negativer
Zeitsaldo. Dieser Zeitsaldo kann entweder    Seit 1. Jänner 2008 sind wesentliche Änderungen im Arbeitszeitrecht in Kraft, die
als Zeitguthaben oder Zeitschulden in die    mehr Flexibilität ermöglichen. Die wichtigsten Bestimmungen auf einen Blick:
nächste Gleitzeitperiode übertragen oder
als Zeitguthaben (in Form von Überstun-      Ausdehnung der Normalarbeitszeit auf 10 Stunden
den) ausgezahlt werden.
                                             Der Kollektivvertrag kann nunmehr generell die tägliche Normalarbeitszeit auf
Achten Sie bitte auch darauf, dass die       10 Stunden ausdehnen. Bisher war dies nur in Sonderfällen möglich. Da die
tägliche Normalarbeitszeit 10 Stunden        Wochenarbeitszeit unverändert bleibt, sind kürzere Arbeitszeiten an anderen
nicht überschreiten darf. Die wöchent-       Tagen erforderlich. Diese Regelung ermöglicht flexiblere Arbeitszeitmodelle ohne
liche Normalarbeitszeit darf innerhalb der   Überstundenzuschlag.
Gleitzeitperiode 40 Stunden im Durch-
schnitt nur insoweit überschreiten, als      Beispiel
Übertragungsmöglichkeiten von Zeitgut-       In einem Betrieb ist der Arbeitsanfall nach dem Wochenende besonders groß. Ver-
haben vorgesehen sind. Maximal sind 50       einbart wird daher, dass am Montag und Dienstag ohne Überstunden 10 Stunden
Stunden wöchentliche Normalarbeitszeit       gearbeitet wird - dafür haben die Arbeitnehmer/innen am Freitag ab Mittag frei
zulässig.                                    und damit eine längere Wochenruhe.

Wochenarbeitszeit:                           Einarbeiten von Fenstertagen Der Einarbeitungszeitraum für „Fenstertage“
Mehr bewegen                                 beträgt generell 13 (statt bisher 7) Wochen bei einer täglichen Normalarbeitszeit
                                             von bis zu 10 Stunden. Das Einarbeiten wird dadurch erleichtert, da die ausfal-
Attraktive Lösungen für Mitarbeiter/         lende Arbeitszeit gleichmäßiger auf den längeren Einarbeitungszeitraum verteilt
innen mit Betreuungspflichten und Un-        werden kann. Wichtig ist dies insbesondere, wenn mehrere „Fenstertage“ knapp
ternehmen sind auch maßgeschneiderte         aufeinander folgen (z.B. in Verbindung mit Weihnachten und Neujahr).
Wochenarbeitszeitmodelle. Dabei wird
z.B. an vier Tagen die Woche, aber eben      VIER-Tage-Woche Die Vier-Tage-Woche (4 x 10 Stunden) kann künftig auf be-
länger gearbeitet. „Wir sind vor mehr als    trieblicher Ebene zugelassen werden. Neu ist auch, dass eine Vier-Tage-Woche
10 Jahren auf die Vier-Tage-Woche um-        für nicht zusammenhängende Tage (z.B. Montag, Dienstag, Donnerstag und Frei-
gestiegen. Seither arbeiten unsere Leute     tag als Arbeitstage) vereinbart werden kann.
abwechselnd von Montag bis Donnerstag
oder von Dienstag bis Freitag, dafür aber    Überstunden bei besonderem Arbeitsbedarf Bei besonderem Arbeits-
länger pro Tag. Sie haben dadurch alle       bedarf kann die Arbeitszeit in Form von Überstunden durch Betriebsvereinbarung
zwei Wochen vier Tage frei.                  vorübergehend auf 60 Stunden pro Woche und 12 Stunden pro Tag ausgedehnt
                                             werden. Bisher war dies nur in 12 Wochen pro Jahr möglich – jetzt jedoch in 24
Man kann die Leute mit Freizeit und ge-      Wochen, aber in nicht mehr als acht aufeinanderfolgenden Wochen. Damit kann
wissen Freiheiten sehr motivieren. Sie       mehrmals pro Jahr auf besondere Auftragsspitzen reagiert werden.
haben mehr Freude am Arbeiten, weil es
mehr Sinn für sie macht“, bilanziert Fer-    Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitbeschäftigte Für Mehrarbeit von
dinand Jandl, Inhaber einer Karosserie-      Teilzeitkräften ist ein gesetzlicher Mehrarbeitszuschlag in der Höhe von 25 %
werkstätte in Ardagger.                      vorgesehen. Mehrstunden werden nicht zuschlagspflichtig, wenn sie noch im
                                             selben Quartal (oder einem anderen, definierten 3-Monats-Zeitraum) durch Zeit-
Die geblockte Vier-Tage-Woche ist eine der   ausgleich abgegolten werden. Durch Kollektivvertrag kann ein anderer Zuschlag
beliebtesten familienfreundlichen Maß-       oder ein anderer Durchrechnungszeitraum festgesetzt werden. Damit erhalten
nahmen in Unternehmen, in dem zum Teil       auch Teilzeitbeschäftigte für Überschreitungen der vereinbarten Arbeitszeit einen
auch die Vertrauensarbeitszeit gilt.         Zuschlag. Teilzeitvereinbarungen, bei denen durch häufige Mehrarbeit die Verein-
                                             barkeit von Beruf und Familie oder Freizeit erschwert wird, werden verteuert.

Arbeitszeit flexibel gestalten                                                                              Seite
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Jahresarbeitszeitmodelle: Da                     ferien) pausiert. Die Vorteile für Mitarbeiter/
                                   sein, wenn es wichtig ist                        innen liegen darin, z.B. einen längeren Zeit-
                                                                                    raum für das Kind zur Verfügung zu haben.
                                   Abhängig von der Branche des Unternehmens        Das Unternehmen profitiert dadurch, dass es
                                   kann es sinnvoll sein, die Vereinbarkeit von     z.B. keine Kurzarbeit anmelden muss bzw. im
                                   Familie und Beruf für Mitarbeiter/innen durch    Gegenzug keine Überstunden zahlen muss. Ein
                                   die Nutzung eines Jahresarbeitszeitmodells zu    gutes Beispiel für familienfreundliche Jahres-
                                   unterstützen. Unternehmen, die stark von –       arbeitszeitmodelle ist die Confiserie Berger
                                   vorhersehbaren - saisonalen Schwankungen         in Lofer, die Filialen in der Stadt Salzburg, in
                                   betroffen sind, sind dafür besonders prädesti-   Saalfelden und in Wien unterhält. Weil das
                                   niert. Jahresarbeitszeitmodelle beziehen sich    Unternehmen eine sehr saisonabhängige Auf-
                                   auf die Berechnung und Planung der Arbeits-      tragslage hat, werden alle Mitarbeiterinnen
                                   zeit eines Arbeitnehmers über den Zeitraum       ganzjährig in Form von Jahresarbeitszeitmo-
                                   von bis zu einem Jahr.                           dellen beschäftigt.

                                   So kann man mit dem/der Arbeitnehmer/in          Dadurch können sich z.B. Mütter mit schul-
                                   vereinbaren, dass er/sie für einen bestimmten    pflichtigen Kindern soviel „Gutstunden“ erar-
                                   Zeitraum voll für das Unternehmen da ist – und   beiten, dass sie die gesamten Sommerferien
                                   für einen bestimmten Zeitraum (z.B. Sommer-      zu Hause bei ihren Kindern bleiben können.

     Gute Ideen für familienfreundliche Arbeitszeit
     Das können Sie konkret in Ihrem Unternehmen tun, um familienfreundliche
     Arbeitszeiten zu sichern:

     • Bieten Sie unterschiedliche Arbeitszeitmodelle         dell ermöglicht es den Mitarbeiterinnen und
       mit z.B. 10/20/25/30 Wochenstunden, um den             Mitarbeitern, drei Tagen Arbeitszeit jeweils
       zeitlichen Bedürfnissen von Mitarbeiterinnen           zwei Tage Familienzeit folgen zu lassen.
       und Mitarbeitern mit Betreuungsverpflich-          •   Gleitzeit und Teilzeit gibt es im Unternehmen
       tungen nachzukommen.                                   auch für Führungskräfte.
     • Teilen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit    •   Die Besetzungs- bzw. Einsatzpläne werden
       Schulkindern zum Vormittagsdienst ein.                 wöchentlich erstellt, um auf die Bedürfnisse
     • Wer einen weiten Weg zur Arbeit hat, darf spä-         der Mitarbeiter/innen mit Kindern Rücksicht
       ter kommen, damit die Kinder in den Kinder-            zu nehmen.
       garten gebracht werden können.                     •   Wenn die Kinder in den Kindergarten oder in
     • Der Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit ist            die Volksschule kommen, haben die Eltern die
       kein Problem.                                          Möglichkeit, zu dieser Zeit Urlaub zu nehmen
     • Personen mit Betreuungspflichten haben nicht           bzw. ihre Arbeitszeit zu reduzieren.
       nur beim Urlaubswunsch, sondern auch bei           •   Die Dienstfreistellung am eigenen Geburtstag
       der Arbeitszeiteinteilung Vorrang vor Personen         ermöglicht es, diesen Tag mit der eigenen
       ohne Betreuungspflichten.                              Familie zu genießen.
     • Die Anwesenheit im Unternehmen wird nicht          •   Die Arbeitszeiten des Unternehmens sind auf
       kontrolliert (Vertrauensarbeitszeit)                   die öffentlichen Verkehrsmittel der Region
     • Besorgungen und Einkäufe können trotz                  abgestimmt, mit denen die Mitarbeiterinnen
       Anwesenheitserfassung jederzeit erledigt               und Mitarbeiter zur Arbeit kommen.
       werden.                                            •   Der Arbeitsbeginn ist auf die Abfahrtszeit des
     • Ein spezifisches betriebliches Arbeitszeitmo-          lokalen Schulbusses abgestimmt.

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