Verkehrssicherheit - (BGL) eV
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Verkehrssicherheit 2016 war das unfallreichste Jahr seit 1991, dem ersten Jahr der statistischen Unfallerfassung Gesamt- deutschlands nach der Wiedervereinigung. Bei den tödlich Verunglückten wurde jedoch der bisher niedrigste Stand erreicht. Bei der Anzahl schwer- oder leichtverletzter Personen ist eine Zunahme gegenüber 2015 festzustellen. In Europa hat die Zahl der Verkehrstoten den niedrigsten Stand seit Beginn der statistischen Datenerhebung Europas im Jahr 2001 erreicht. Fahrerassistenzsystemen ist eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung von Straßenverkehrsunfällen zu- zuordnen. Dies betrifft im Besonderen Notbrems- und Abbiegeassistenzsysteme. Die Digitalisierung im Straßenverkehr bietet durch die intelligente Vernetzung der Verkehrsteilnehmer ein erhebliches Optimierungspotenzial für die Verkehrssicherheit. Selbstfahrende Fahrzeuge können dazu bei- tragen, die Verkehrsunfallzahlen zu senken. Die Interoperabilität intelligenter Verkehrstechniken verlangt nach einem europäischen Standardisierungsrahmen. Zur Verringerung der Verkehrsunfallzahlen hat sich das BMVI der Bekämpfung der Unfallursache „Müdigkeit am Steuer“ angenommen. Der BGL begleitet die Initiative. Sichere Lkw-Parkplätze verringern die Gefahr von kriminellen Übergriffen. Nach Auffassung des BGL sind bereits einfache Sicherungsvorkehrungen zur Prävention wirkungsvoll. Der akute Parkplatzmangel lässt den Wunsch nach einer verlässlichen Suche nach freien oder reservierbaren Lkw-Stellplätzen aufkommen. Der BGL hat eine Initiative zur Bündelung der verschiedenen Aktivitäten der Marktteilnehmer gestartet. Mit der EU-Richtlinie 2014/47/EU zur technischen Unterwegskontrolle der Verkehrs- und Betriebssicher- heit von Nutzfahrzeugen soll u.a. eine Harmonisierung der behördlichen Kontrollen der Ladungssicherung erfolgen. Die nationale Umsetzung erfordert die Anpassung der Kontrollvorgaben an den in Deutschland geltenden Stand der Technik. Hinsichtlich der Digitalisierung in der Ladungssicherung zeichnen sich erste Entwicklungen ab. Unfallentwicklung vorwiegend auf die im Vergleich zu den Vorjahren weniger zweiradfreundliche Witterung zurückzufüh- ren. Demgegenüber ist jedoch die Anzahl getöteter Allgemeine Unfallentwicklung im Radfahrer um 2,6 Prozent gegenüber 2015 gestie- Straßenverkehr gen. Die Zahl tödlich verunglückter Fußgänger im Straßenverkehr ist im Jahr 2016 gegenüber dem Jahr Entwicklung der Zahl der tödlich 2015 um 8,8 Prozent zurückgegangen. Verletzten im Straßenverkehr Im Jahr 2016 kamen 3 206 Menschen bei Ver- Stand des „Nationalen kehrsunfällen ums Leben. Dies sind 7,3 Prozent Verkehrssicherheitsprogramms weniger als 2015, als noch 3 459 Todesopfer zu 2011–2020“ beklagen waren. Dank des oben beschriebenen Rückgangs lag die Der Anstieg der Zahl der Getöteten in den beiden Zahl der Todesopfer bei Straßenverkehrsunfällen Vorjahren war zu einem großen Teil auf den Anstieg 2016 um 20 Prozent niedriger als im Jahr 2011, der getöteten Nutzer von motorisierten Zweirädern dem Basisjahr des „Nationalen Verkehrssicher- zurückzuführen. Demgegenüber ist in diesem Seg- heitsprogramms 2011-2020“ des Bundesministe- ment für das Jahr 2016 ein deutlicher Rückgang zu riums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). verzeichnen. Die Zahl der getöteten Motorradnutzer Erklärtes Ziel des BMVI ist es, im Zeitraum von ist um 16,1 Prozent zurückgegangen. Dies ist nach 2011 bis 2020 die Zahl der Getöteten im Stra- Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ßenverkehr um 40 Prozent zu senken. Der BGL teilt 61
die Einschätzung von Verkehrssicherheitsexperten, einem Anstieg um 2,5 Prozent, auf den außerörtli- dass es in Anbetracht des bereits heute sehr hohen chen Bundesstraßen von einem Anstieg von etwa Sicherheitsniveaus in Deutschland sehr großer An- 1,3 Prozent ausgegangen. Bewahrheitet sich diese strengungen auf allen Gebieten der Verkehrssicher- Vorhersage, so wird die „Getötetenrate“, also das heit bedarf, um dieses Ziel zu erreichen. fahrleistungsbezogene Risiko, im Straßenverkehr getötet zu werden, im Jahr 2016 insgesamt um neun Prozent auf etwa 4,2 Getötete je 1 Mrd. Fahr- Entwicklung der Zahl der tödlich zeugkilometer sinken. Auf den Bundesautobahnen Verletzten im Straßenverkehr sank die Getötetenrate geringfügig von 1,7 Getö- nach Ortslage teten je 1 Mrd. Fahrzeugkilometer im Jahr 2015 auf 1,6 im Jahr 2016. Auf den Bundesautobahnen (BAB) war gegenüber dem Jahr 2015 eine Abnahme um 5,1 Prozent zu beobachten. Innerhalb von Ortschaften betrug der Entwicklung der Zahl der Rückgang 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auf Verletzten im Straßenverkehr den Landstraßen verringerte sich die Zahl der To- desopfer von 2015 auf 2016 um 7,2 Prozent. Auf Die Zahl der Personen, die schwer oder leicht ver- Landstraßen wurde damit der niedrigste Wert seit letzt wurden, erhöhte sich im Jahr 2016 leider erneut 1991 erreicht. um 0,8 Prozent gegenüber 2015 von 393 432 auf 396 476. Darunter befanden sich 67 426 Schwer- Im Jahr 2016 kamen auf Landstraßen 1 853 und 329 240 Leichtverletzte. Im Jahr 2015 wurden Menschen (58 Prozent), innerhalb geschlossener 67 706 Personen schwer und 325 726 Personen Ortschaften 960 Menschen (30 Prozent) und auf leicht verletzt. Die Zunahme der Leicht- und Schwer- Autobahnen 393 Menschen (12 Prozent) bei Ver- verletzten im Jahr 2015 gegenüber 2014 betrug kehrsunfällen ums Leben. 1,0 Prozent, die Zunahme im Jahr 2014 gegenüber 2013 noch 4,1 Prozent. Eine amtliche Definition für „Verletzte“ existiert nicht. „Schwerverletzte“ sind in Verkehrsunfallbilanz tödlich der amtlichen deutschen Unfallstatistik definiert als Verletzter im Rückblick „Personen, die unmittelbar zur stationären Behand- lung (mindestens 24 Stunden) in einem Kranken- In der rückblickenden Gesamtbetrachtung lag die haus aufgenommen wurden“. Als „Leichtverletzte“ Zahl der Verkehrstoten in Deutschland 2016 auf gelten alle übrigen Verletzten. dem niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeich- nungen im Jahr 1950! Gegenüber dem Jahr 1970 mit einem Höchststand von 21 332 Getöteten sank Straßenverkehrsunfälle mit Sach- die Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr damit und Personenschaden bis zum heutigen Tag um 85 Prozent. Als Getöte- te gelten in der amtlichen deutschen Unfallstatistik Die Gesamtzahl der polizeilich erfassten Unfälle „Personen, die innerhalb von 30 Tagen an den erhöhte sich 2016 gegenüber 2015 um 2,7 Pro- Unfallfolgen sterben“. zent auf 2 585 327. Für das Jahr 2015 war eine Erhöhung gegenüber 2014 um 4,6 Prozent festzu- Das auf die Bevölkerungszahl bezogene Risiko, im stellen. Im Gegensatz dazu war 2014 gegenüber Straßenverkehr getötet zu werden, hat sich im Lau- dem Vorjahr 2013 noch eine leichte Abnahme um fe der Jahre drastisch verringert: im Bundesdurch- 0,3 Prozent zu verzeichnen. schnitt von 140 Getöteten je 1 Mio. Einwohner im Jahr 1991 auf 40 Getötete je 1 Mio. Einwohner im Jahr 2016. Unfallentwicklung im Straßengüterverkehr Für die Gesamtfahrleistung der Kraftfahrzeuge wird für das Jahr 2016 ein Anstieg um etwa 1,8 Prozent 2016 ist gegenüber dem Vorjahr die Anzahl geschätzt. Auf den Bundesautobahnen wird von Getöteter bei Unfällen mit Lkw-Beteiligung aller 62
Größenklassen – also vom Kleintransporter bis Die Zahl der auf die Transportleistung bezogenen zum Sattelzug – um 5,3 Prozent von zuvor 787 tödlichen Unfälle, also die Anzahl Getöteter pro 1 auf 745 Personen gesunken. Dies entspricht dem Mrd. tkm, sank seit 1992 von rechnerisch 7,5 Perso- niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Die nen auf 1,6 Personen im Jahr 2016. Dies entspricht Zahl der bei Lkw-Unfällen ums Leben gekommenen einem signifikanten Rückgang um 78,7 Prozent so- Menschen seit 1992 (dem Jahr der ersten statisti- wie dem niedrigsten Wert seit der Wiedervereini- schen Erfassung für Gesamtdeutschland) hat sich gung. Der Rückgang bei den Schwerverletzten von demnach um 60,4 Prozent verringert! 1992 bis 2016 betrug 70,9 Prozent auf rechne- risch 15,4 Personen pro 1 Mrd. tkm – auch dies der Die Anzahl der Schwerverletzten bei Unfällen mit niedrigste Wert im wiedervereinigten Deutschland. Lkw-Beteiligung hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent verringert und zwar von 7 342 auf Abbildung 3 zeigt die zeitliche Entwicklung der 7 278 Personen. Im Vergleich zum Jahr 1992 ist Getöteten und Schwerverletzten bei Straßenver- dies ein Rückgang um 45,5 Prozent. kehrsunfällen unter Lkw-Beteiligung im Vergleich zur Transportleistung. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die zeitliche Ent- wicklung der Getöteten und Schwerverletzten bei Straßenverkehrsunfällen unter Lkw-Beteiligung. Hauptunfallursachen Stellt man die Unfallzahlen der Verkehrsentwick- Bei den durch Lkw-Fahrer verursachten Unfällen lung in Deutschland gegenüber, zeigt sich Fol- ist mangelnder Abstand mit einem Anteil von gendes: Im Zeitraum von 1992 bis 2016 stieg 20,1 Prozent die häufigste Unfallursache, gefolgt die Transportleistung auf deutschen Straßen von von Vorfahrt- bzw. Vorrangfehlern (12,5 Prozent) 252,3 Mrd. tkm auf 471,8 Mrd. tkm (vorläufiger sowie Fehlern beim Abbiegen, Ein- und Ausfahren Wert), was einer Zunahme von 87,0 (!) Prozent (11,6 Prozent). Unangepasste Geschwindigkeit ist entspricht. in ca. 10 Prozent der Unfälle die Unfallursache. Getötete bei Lkw-Unfällen auf deutschen Straßen je 1 Milliarde Tonnenkilometer 8 7 7,5 7,2 6,9 6 6,5 6,1 5,6 5 4,8 4,9 4,7 4 4,2 4,0 3,6 3 3,2 2,9 2,7 2 2,4 2,2 2,1 1,9 2,0 1,9 1,7 1,7 1,7 1,6 1 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; DIW, Berlin; ITP + Ralf Ratzenberger, München, TCI Röhling, Waldkirch; SSP Consult, Stuttgart und Berechnungen des BGL Abbildung 1 63
Schwerverletzte bei Lkw-Unfällen auf deutschen Straßen je 1 Milliarde Tonnenkilometer 60 50 52,9 52,1 52,1 50,7 47,3 40 43,1 39,3 37,9 34,9 30 31,4 28,3 25,5 20 23,0 21,9 20,2 18,7 17,5 17,5 17,2 17,7 17,4 15,8 16,0 16,0 15,4 10 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; DIW, Berlin; ITP + Ralf Ratzenberger, München, TCI Röhling, Waldkirch; SSP Consult, Stuttgart und Berechnungen des BGL Abbildung 2 Getötete und Schwerverletzte bei Lkw-Unfällen auf deutschen Straßen im Vergleich zur Lkw-Transportleistung (1992-2016) T ransportleistung in T onnenkilometern Schwerverletzte G etötete 87,0% 90% 81,9% 80,0% 81,4% 79,1% 74,6% 75,4% 75,9% 72,7% 71,2% 64,7% 70% 59,6% 57,9% 51,4% 50% 39,9% 40,5% 35,4% 37,3% Veränderung gegenüber 1992 25,2% 30% 19,6% 10,9% 11,3% 8,0% 6,2% 6,3% 10% 0,3% - -0,6% -2,5% -2,9% -1,7% -6,9% -9,4% 0,3%- -10% -3,8% -3,2% -16,8% -9,6% -9,8% -9,9% -14,2% -24,8%-27,0% -31,2% -19,5% -21,8% -33,8%-34,0% -30% -25,2%-26,8% -36,5% -40,2% -41,7% -31,8% -45,7%-43,4% -43,7% -45,8% -47,3% -45,0%- 45,5% -36,4% -38,5% -41,8% -50% -46,6% -52,6% -54,3%-52,8%-56,9% - 59,7% -59,7%-58,2% -60,4% -70% 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; DIW, Berlin; ITP + Ralf Ratzenberger, München, TCI Röhling, Waldkirch; SSP Consult, Stuttgart und Berechnungen des BGL Abbildung 3 64
Unfallvermeidung durch Betroffene bei tödlichen Fahrerassistenzsysteme Verkehrsunfällen Für den BGL steht außer Frage, dass Fahreras- Im Durchschnitt sind nach wissenschaftlichen Er- sistenzsystemen eine entscheidende Rolle bei kenntnissen 113 Personen von einem tödlichen der Vermeidung derartiger Unfallursachen zu- Verkehrsunfall unmittelbar betroffen. Dazu zählen kommt. Der BGL stützt sich dabei auf seinen durchschnittlich 11 Angehörige, vier enge Freun- gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft Ver- de, 56 Freunde und Bekannte sowie 42 Einsatz- kehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation kräfte wie Rettungssanitäter, Feuerwehrkräfte oder (BG Verkehr) und der KRAVAG-Versicherung Polizisten am Unfallort, die mit diesem schweren durchgeführten Feldversuch mit 1 000 Fahr- Schicksal konfrontiert werden. Dies ergab eine zeugen. Dabei konnte der Nachweis erbracht aktuelle Untersuchung des Deutschen Verkehrssi- werden, dass mit den drei Fahrerassistenzsys- cherheitsrates (DVR) im Rahmen seiner Verkehrssi- temen Abstandsregeltempomat (ACC; Adaptive cherheitskampagne „Runter vom Gas“. Cruise Control), Spurverlassenswarner (LDWS; Lane Departure Warning System) sowie Elektro- Für den BGL gilt deshalb mehr denn je, dass mit je- nisches Stabilitätsprogramm (ESP) ausgestattete dem Unfallopfer tragische menschliche Schicksale Lkw eine um 34 Prozent geringere Unfallwahr- verbunden sind und dass jedes Unfallopfer im Stra- scheinlichkeit gegenüber gleichartigen Referenz- ßenverkehr eines zu viel ist. Der BGL bekennt sich fahrzeugen aufweisen (vgl. BGL-Jahresbericht deshalb zur „Vision Zero“ als Leitmotiv für die Re- 2008/2009). Das derzeit mögliche manuelle duzierung der Unfallopfer im Straßenverkehr. Auf Abschalten durch den Fahrer – also das Fahren dem Weg dorthin ist nach Einschätzung des BGL ohne Fahrerassistenzsystem bis zum nächsten neben einer gefahrenorientierten Ausbildung für Starten des Motors! – hält der BGL aus Sicht der Lkw-Fahrer eine entsprechende Verkehrserziehung Verkehrssicherheit für nicht vertretbar. Die manu- aller am Straßenverkehr Beteiligten erforderlich. elle Abschaltbarkeit sollte entweder nicht mehr Ebenso sind alltagstaugliche Fahrerassistenzsyste- zugelassen sein oder nur noch für eine begrenz- me sowie eine dem wachsenden Verkehrsaufkom- te Zeit mit automatisierter Reaktivierung. Der ver- men angepasste Infrastruktur vonnöten. Intelligen- pflichtende Einbau eines Abstandswarners oder te Verkehrstechniken zur Kommunikation sowohl Abstandsregeltempomaten bei Neufahrzeugen zwischen Fahrzeugen als auch von Fahrzeugen ist nach Auffassung des BGL längst überfällig, mit der Infrastruktur und die damit einhergehende denn bei zu geringem Abstand kann auch der Entwicklung automatisierter Fahrtätigkeiten lassen Notbremsassistent aufgrund der Fahrphysik eine einen weiteren positiven Beitrag zur Erhöhung der Kollision nicht mehr vermeiden. Weiterhin appel- Verkehrssicherheit erwarten. Der BGL ist davon liert der BGL, die gesetzlichen Mindestanforde- überzeugt, dass sich nur durch Kombination aller rungen an Notbremsassistenzsysteme auf den Handlungsoptionen die Zahl der Unfallopfer signi- Aspekt der Kollision mit stehenden Vorausfahr- fikant und auf Dauer senken lässt. zeugen zu erweitern. Systemlösungen einiger Fahrzeughersteller liegen hierzu bereits vor. Verkehrssicherheit in Europa Der vom BGL seit langem geforderte elektronische Abbiegeassistent zur Vermeidung von Abbiegeun- Im Jahr 2016 konnte innerhalb der Europäischen fällen insbesondere mit schwächeren Verkehrsteil- Union (EU) mit 25 500 Getöteten im Straßenver- nehmern wartet immer noch auf seine Serienreife. kehr ein Rückgang um 2,3 Prozent gegenüber Auf der 66. Internationalen Automobil Ausstellung 2015 mit 26 100 Getöteten verzeichnet werden. (IAA) Nutzfahrzeuge-Messe im September 2016 Damit hat die Zahl der Verkehrstoten den niedrigs- konnte lediglich ein einziger Lkw-Hersteller für ten Stand seit Beginn der statistischen Datenerhe- ausgewählte Modelle einen Abbiegeassistenten bung Europas im Jahr 2001 erreicht. vorstellen. Mit Blick auf den „Hype“ in der Digi- talisierung/Automatisierung ist dies nur schwer 2016 waren im Durchschnitt der EU-Mitglieds- nachvollziehbar. staaten 50,3 Getötete je 1 Mio. Einwohner zu 65
beklagen. 2015 lag diese Kenngröße bei 51,5 diesem Grunde setze sich die Bundesregierung da- und 2001 noch bei 113! Die jeweilige Verkehrsent- für ein, den digitalen Wandel aktiv mitzugestalten, wicklung in den Mitgliedsstaaten ist hierbei nicht um den Anschluss Deutschlands an das digitale berücksichtigt, was tiefergehende Aussagen nicht Zeitalter nicht zu verpassen. Die Ende September ermöglicht. Deutschland liegt mit 40 Todesopfern je 2015 vom BMVI verabschiedete „Strategie auto- 1 Mio. Einwohner unter dem Durchschnitt und an matisiertes und vernetztes Fahren“ verankert auf achter Stelle der 28 EU-Mitgliedsstaaten. An erster politischer Ebene Aktivitäten in den fünf Handlungs- Stelle liegt Norwegen mit nur 23 Todesopfern je 1 feldern Infrastruktur, Recht, Innovation, IT-Sicherheit Mio. Einwohner. Bulgarien, Rumänien und Lettland und Datenschutz. halten mit jeweils über 90 Todesopfern je 1 Mio. Einwohner weiterhin die traurigen Schlussplätze. Der BGL teilt die Einschätzung von Experten, dass mit der Digitalisierung im Straßenverkehr und der intelligenten Vernetzung der Verkehrsteilnehmer so- Ziel: Halbierung der Anzahl wohl untereinander als auch mit der Verkehrsinfra- Getöteter auf Europas Straßen struktur ein erhebliches Optimierungspotential für die Sicherheit im Straßenverkehr und damit auch Die EU verfolgt im Rahmen der Strategie „Vision im Straßengüterverkehr verbunden ist. Der BGL Zero“ das Ziel, bis zum Jahr 2050 die Anzahl der begrüßt daher grundsätzlich die mit der „Strate- Todesopfer im Straßenverkehr auf nahezu Null zu gie automatisiertes und vernetztes Fahren“ gekop- reduzieren. In der Dekade 2010 bis 2020 soll die pelten Projekte wie bspw. das „Digitale Testfeld Anzahl Getöteter im Straßenverkehr von 31 400 BAB 9“ (vgl. Jahresbericht 2014/2015) sowie auf 15 700 halbiert werden. Der bis einschließlich das „Automatisierte Parken“ (vgl. Jahresbericht 2016 erfolgte Rückgang auf 25 500 Todesopfer 2015/2016). In diesem Zusammenhang sind auch entspricht bislang lediglich einer Minderung um die noch nicht für den Routineeinsatz abgeschlosse- 18,8 Prozent. Die EU ist von ihrer Zielsetzung also nen Entwicklungen zur „Elektronischen Deichsel“, noch sehr weit entfernt. Aus diesem Grund wurde besser bekannt unter dem Begriff „Platooning“, auf der EU-Verkehrsministerkonferenz Ende März zu nennen. Zum Aspekt der Rechtsfortentwicklung 2017 in der maltesischen Hauptstadt Valletta die im Bereich des autonomen Fahrens im aktuellen sogenannte „Valletta-Deklaration“ angenommen. Berichtszeitraum sei auf das Kapitel „Rechtliche Gemeinsam wollen die 28 EU-Mitgliedsstaaten Rahmenbedingungen“ verwiesen. (einschließlich Großbritannien) sowie Norwegen, Bosnien-Herzegowina und Albanien die Verkehrs- sicherheit auf ihren Straßen im Zeithorizont bis Autonomes Fahren noch in weiter 2030 durch geeignete politische, technische und Ferne infrastrukturelle Maßnahmen erhöhen. Trotz der ungebrochenen medialen Präsenz und großer Aktivitäten auf dem Gebiet der Digitali- Digitalisierung im Straßenverkehr sierungstechnologien im Straßenverkehr ist nach dem heutigen Stand der Entwicklungen aus Sicht Autonomes / automatisiertes des BGL die Realisierung eines „fahrerlosen Fah- Fahren rens“ im Straßengüterverkehr zeitlich noch nicht absehbar. Unbestritten ist, dass die Sicherheit im Im vergangenen BGL-Jahresbericht 2015/2016 Straßenverkehr mit ausgereiften selbstfahrenden wurde das autonome und automatisierte Fahren Systemen wesentlich erhöht werden kann. Die im Hinblick auf die Straßenverkehrssicherheit aus- derzeitigen Entwicklungen befinden sich noch auf führlich behandelt. Im Rahmen der Nationalen dem Niveau teilautomatisierter Fahrfunktionen. Konferenz Güterverkehr und Logistik, die vom 22. Ob fahrerlose Transporte überhaupt zu realisie- bis 23.05.2017 in München stattfand, hob Bun- ren sind, ist fraglich. Begleitpersonal wird insbe- desverkehrsminister Alexander Dobrindt wiederholt sondere zur physischen Behebung von Störfällen hervor, für ihn und sein Haus gelte der Grundsatz: während des Transports – z.B. bei Gefahrgut- oder „Wer nicht komplett digitalisiert, der verliert“. Aus Tiertransporten – vonnöten sein. Der BGL betont, 66
dass Autonomie und Digitalisierung im Zeitalter Aspekt der Anfälligkeit von C-ITS-Systemen gegen- des globalen Terrorismus auch kritisch hinterfragt über „Hacker“- und „Cyber“-Angriffen widmet. werden müssen. Eine Herausforderung der Zukunft wird sein, zu verhindern, dass autonome Fahrzeu- Bei aller Euphorie im Zusammenhang mit der Ein- ge „digital gekapert“ und als ferngelenkte „Waf- führung intelligenter Verkehrs- und Sicherheitstech- fen“ missbraucht werden. niken teilt der BGL aber auch die Einschätzung von Verkehrssicherheitsexperten, dass es selbst auf längere Sicht keine hundertprozentige Sicherheit Intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr geben kann. Sicherheitsgrenzen bleiben die physischen und psychischen Belas- Die Europäische Kommission hat am 30.11.2016 tungsgrenzen des Menschen sowie Einschränkun- ihre „Strategie für Kooperative Intelligente Ver- gen der Perfektion technischer Systeme. kehrssysteme – ein Meilenstein auf dem Weg zu einer kooperativen, vernetzten und automatisierten Mobilität“ vorgelegt. Aktivitäten auf dem Gebiet der Die EU-Kommission geht in diesem Strategiepapier Straßenverkehrssicherheit davon aus, dass durch die intelligente Vernetzung von Fahrzeugen ein nachhaltiger Beitrag zur Er- Müdigkeit am Steuer höhung der Sicherheit im Straßenverkehr erreicht werden kann. Der BGL teilt diese Einschätzung Das „Nationale Verkehrssicherheitsprogramm uneingeschränkt. 2011–2020“ des BMVI sieht zur Verringerung der Anzahl tödlicher Straßenverkehrsunfälle auch Angesichts der sich rasch entwickelnden Technik Maßnahmen zur Bekämpfung der Unfallursache und der erheblichen Investitionen des privaten „Müdigkeit am Steuer“ vor. Bis Mitte 2016 ist die und öffentlichen Sektors in die Entwicklung und Umsetzung dieser Maßnahme in die Verkehrssi- Anwendung von kooperativen intelligenten Ver- cherheitsarbeit des BMVI jedoch noch nicht ein- kehrssystemen (Cooperative Intelligent Traffic geflossen. Aufgrund des Handlungsbedarfs hat Systems; C-ITS) besteht nach Auffassung der das BMVI den DVR beauftragt, noch in dieser Le- EU-Kommission die Gefahr, dass ohne einen gislaturperiode die Verkehrssicherheitskampagne europäischen Rahmen die unionsweite Interope- „Bekämpfung von Müdigkeitsunfällen im Straßen- rabilität nicht rechtzeitig erreicht werden kann. verkehr“ zu starten. Die Kommission setzt sich deshalb dafür ein, die führende Position der EU im Bereich der koope- Ziel ist es, ein Maßnahmenbündel zur Vermei- rativen, vernetzten und automatisierten Fahrzeu- dung von Müdigkeitsunfällen im Straßenverkehr ge zu unterstützen. Angestrebt wird, vorrangig zu erarbeiten und umzusetzen. Diese Aktivitäten kooperative und intelligente Verkehrssysteme sollen zusammen mit den Mitgliedern des DVR bis zum Jahr 2019 europaweit einzuführen. Im sowie weiteren Partnern erfolgen. Die Kampagne Vordergrund stehen Fragen zur Entwicklung ko- soll auf eine Laufzeit von zwei Jahren ausgelegt operativer und intelligenter Informationsdienste werden. für den Verkehrsteilnehmer, zur Sicherheit in der C-ITS-Kommunikation, zum Schutz der Privat- Schlaf stellt ein elementares Grundbedürfnis dar sphäre und persönlicher Daten sowie zur Stan- und ist unverzichtbar zur Regeneration des mensch- dardisierung und Interoperabilität elektronischer lichen Körpers. Die Relevanz von ausreichendem Kommunikationsnetze. Schlaf wird in unserer Gesellschaft jedoch ver- kannt. Müdigkeit gehört inzwischen zur alltägli- Der BGL begrüßt die Initiative der EU-Kommissi- chen Lebenscharakteristik. Dies führt dazu, dass on grundsätzlich als wertvollen Beitrag zur Erhö- Ermüdungserscheinungen während der Fahrt als hung der Verkehrssicherheit. Besonders erfreulich Sicherheitsrisiko nicht erkannt werden. Dabei ist aus Sicht des BGL ist die Tatsache, dass sich die das Ermüden leicht zu erkennen: Das erste Gähnen EU-Kommission bei ihrer C-ITS-Strategie auch dem ist gleichzeitig das erste Warnsignal! 67
Die Kampagne verfolgt daher das grundlegende Schlafkrankheit. Bei der Schlafapnoe treten wäh- Ziel, auf die Auswirkungen von Ermüdung und rend des Schlafs Atemaussetzer ein. Der Schlafen- Müdigkeit am Steuer aufmerksam zu machen, ent- de wacht infolge des Sauerstoffmangels kurz auf sprechende Lösungsansätze aufzuzeigen und ggf. und „schnappt“ nach Luft. Dieser Vorgang wieder- politische Anstöße zu geben. So soll beispielsweise holt sich mehrfach während des Schlafs. das Thema „Müdigkeit“ im Rahmen der Aus- und Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifika- Die Gefahr des Schlafs am Steuer wird dadurch tionsgesetz intensiver behandelt werden. deutlich, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h in nur fünf Sekunden „Schlaf“ über 111 Der Aspekt „Unfallursache Müdigkeit“ ist in der Meter im „Blindflug“ zurücklegt werden. So ist Verkehrssicherheitsarbeit des BGL bereits seit Jah- selbst der vorgeschriebene Mindestabstand von ren verankert (vgl. u.a. die BGL-Jahresberichte 50 Metern in nur 2,2 Sekunden aufgebraucht! 2014/2015 und 2015/2016). Hervorzuheben ist der bereits im Jahr 2004 gemeinsam mit dem Die Schlafapnoe soll daher im Rahmen der Kam- DVR und der BG Verkehr erstellte Profi-Tipp „Fit am pagne insbesondere bei den Berufskraftfahrern Steuer – Was tun, wenn die Augenlider schwer thematisiert werden. Grundsätzlich sollte die werden?“. Dieser steht auf der Homepage des BGL im Unternehmen vorhandene Fachkraft für Ar- zum kostenlosen Download unter http://www.bgl- beitssicherheit in die sicherheitsmedizinische ev.de/images/downloads/initiativen/tipps_fit.pdf Untersuchung einbezogen werden, damit auch zur Verfügung. Der BGL als Mitglied des DVR bringt Schlafkrankheiten, wie etwa die Schlafapnoe, sich aktiv in die Gestaltung und Umsetzung auch frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt dieser Kampagne ein. werden können. Aber auch Medikamente können das Eintreten Unfallursache Müdigkeit am von Müdigkeit am Tag beschleunigen. Vor Fahrt Steuer antritt sollte sich davon überzeugt werden, ob eingenommene Medikamente die Fahrtüchtigkeit Bis dato fehlen repräsentative Statistiken für durch beeinflussen können. Hierzu zählen besonders Müdigkeit verursachte Verkehrsunfälle. Laut Un- Antihistaminika (für bspw. Pollen-Allergiker) und fallstatistik für 2015 ist Müdigkeit in nur etwa einige Erkältungs- und Schmerzmittel. 0,5 Prozent aller schweren Unfälle die Ursache. Die Unfallbeteiligten geben nach Polizeiaussagen in der Regel aus Gründen der Strafverfolgbarkeit Powernapping gegen Müdigkeit nur ungern zu, müde gewesen zu sein. Verkehrs- sicherheitsexperten gehen davon aus, dass ca. Bei den ersten Anzeichen einer Ermüdung, wie 40 Prozent aller schweren sowie ca. 20-30 Prozent Gähnen oder schweren Augenlidern, ist es am aller tödlichen Autobahnunfälle auf die Ursache sinnvollsten, eine Pause einzulegen und sich an Müdigkeit am Steuer zurückzuführen sind. der frischen Luft zu bewegen. Von Medizinern empfohlen wird auch das Einlegen eines so ge- nannten „Powernappings“. Als „Powernapping“ Schlafstörungen bezeichnet die Schlafmedizin einen Kurzschlaf ohne Tiefschlafphase außerhalb des nächtlichen Ein durch Schlafstörungen und Schlafkrankheiten Hauptschlafs. Bei einem Powernapping sollte ma- bedingter regelmäßiger Schlafmangel kann zu ximal 20 Minuten geschlafen werden, um nicht einem erhöhten Risiko für Stoffwechsel- und Herz- in die Tiefschlafphase zu gleiten. Bei Aufwachen kreislauferkrankungen, zu psychischen Störungen während der Tiefschlafphase ist der Betroffene und zu einem Abfall der Leistungs- und Konzentra- nicht erholt und fühlt sich schlapp und unausge- tionsfähigkeit führen. Letzteres ist besonders beim ruht. Zum Schlafen muss man nicht liegen, der Führen eines Kraftfahrzeugs gefährlich, da die Kopf sollte jedoch gestützt sein (z.B. Rückenlehne Wahrscheinlichkeit folgenschwerer Fehleinschät- nach hinten geneigt oder Kopf und Arme nach zungen steigt. Schlafapnoe ist die dominierende vorne auf das Lenkrad aufgelegt). Wichtig ist, dass 68
wirklich geschlafen werden kann und nicht nur Initiativen zum sicheren die Augen geschlossen werden. Zusätzlich zum Lkw-Parken Kurzschlaf sollten ca. drei Minuten Aufwachzeit und eine kurze körperliche Aktivierung eingeplant Ladungsdiebstähle weiterhin auf hohem werden. Die perfekte Tageszeit für ein Powernap- Niveau ping liegt nach Angaben von Schlafmedizinern zwischen 13:00 und 14:00 Uhr. Aber Achtung: Die aktualisierte Marktbeobachtung des Bundes- Trotz seiner regenerativen Wirkung ist Powernap- amtes für Güterverkehr (BAG) zur Kriminalität auf ping keinesfalls ein Ersatz für eine ausreichende Lkw-Parkplätzen vom Dezember 2016 kommt zu Nachtruhe! der Feststellung, dass die Zahl der Ladungsdieb- stähle in Deutschland gegenüber der ersten diesbe- züglichen Marktbeobachtung aus dem Jahr 2015 Bundesweiter Tag der (vgl. BGL-Jahresbericht 2014/2015) unverändert Verkehrssicherheit hoch geblieben ist. Weiterhin stehen das „Planen- schlitzen“ zum Auskundschaften von Lkw-Ladungen Im Rahmen des vom DVR alljährlich veranstalteten und der Kraftstoffdiebstahl an oberster Stelle. Diese Tages der Verkehrssicherheit fand am 17.06.2017 Delikte sind flächendeckend zu beobachten und mit Unterstützung des BGL und des Fachverbandes gelten als Massenphänomene. Der durch Diebstahl Güterkraftverkehr und Logistik Hessen e.V. bei der von Ladung aus Lkw verursachte direkte Schaden Firma 3G in Fulda ein Verkehrssicherheitstag zum wird vom deutschen Versicherungsgewerbe auf Thema „Bekämpfung von Sekundenschlaf“ statt. rund 300 Mio. Euro pro Jahr geschätzt. Zusätz- Schirmherr der Veranstaltung war der Hessische lich entstehen volkswirtschaftliche Kosten durch Ministerpräsident Volker Bouffier. Im Rahmen die- Verzögerungen und Produktionsausfälle. Der ses Aktionstages wurde rund um das Thema „Mü- durchschnittliche Schaden pro Kraftstoffdiebstahl digkeit am Steuer“ in Form von Vorträgen, Fach- aus Lkw liegt zwischen 500 und 1 000 Euro. Durch ausstellungen und eines Flyers informiert. Schäden am Lkw und notwendige Säuberungen des Untergrunds können weitere Schäden entste- hen. Weiterhin berichtete das BAG, dass im Jahr Lkw-Parken auf 2015 innerhalb Deutschlands 1 605 Lkw dauer- Bundesautobahnen haft entwendet wurden. Der BGL ist Mitglied der BMVI-Arbeitsgruppe „Sicherheit in der Lieferkette“, Aufgrund des seit Jahren andauernden Lkw-Park- welche die Erstellung der BAG-Marktbeobachtun- platzmangels ist das Problem „Lkw-Parken“ ein gen zur Kriminalität auf Lkw-Parkplätzen initiierte. Dauerthema für den BGL. In den BGL-Jahresbe- In der Folge wurde die Problematik in dem weiter- richten der letzten drei Jahre wurde dieses The- entwickelten Aktionsplan Güterverkehr und Logis- ma bereits unter verschiedenen Gesichtspunkten tik des BMVI als Maßnahme 1g aufgenommen. beleuchtet. Der BGL sieht eine ausreichende Ka- Hierin werden die Verbesserung des polizeilichen pazität an Park- und Rastanlagen für Lkw entlang und behördlichen Lagebildes, eine klare Regelung des Autobahnnetzes sowohl aus sozialen Gründen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund als auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit als und Ländern sowie eine Optimierung der länder unverzichtbar an. Lkw-Fahrer sind durch die ge- übergreifenden Koordinierung auf polizeilicher setzlich vorgegebenen Lenk- und Ruhezeiten zwin- Ebene angemahnt. gend darauf angewiesen, entlang des Straßennet- zes geeignete Parkflächen mit den notwendigen Versorgungs-, Sozial- und Hygieneeinrichtungen Sicherheitsparkplätze – vorzufinden. Mit Spannung erwartet der BGL Sichere Parkplätze daher das Ergebnis der BASt-Prognose für den Lkw-Stellplatzbedarf bis 2030. Diese wurde vom Sichere Lkw-Parkplätze verringern die Gefahr von BMVI in Auftrag gegeben und soll noch im Jahr kriminellen Übergriffen. Die im Rahmen des EU-Pro- 2017 vorgelegt werden. Zu Redaktionsschluss lag jekts Setpos (Secure European Truck Parking Opera- die Prognose noch nicht vor. tional Services) geschaffenen Sicherheitsparkplätze 69
(vgl. BGL-Jahresbericht 2010/2011) trafen euro- Ausrüstungsmerkmale für sichere Parkplätze entwi- paweit im Markt bislang auf wenig Akzeptanz ckelt. Neben Parkplatzbetreibern steht dieses Kon- und werden allenfalls von Lkw mit hochwertigen zept auch sonstigen Anbietern von Abstellflächen Ladegütern genutzt. Nach Auffassung des BGL sind für Lkw, bspw. in Zusammenhang mit Freiflächen zur nachhaltigen Bekämpfung der organisierten auf Geländen von Speditionen oder Logistikunter- Kriminalität und zur Eindämmung von Gelegen- nehmen, zur Anwendung zur Verfügung. heitsdelikten wie Planenschlitzen oder Kraftstoff- diebstahl auf Lkw-Parkplätzen bereits einfache Si- Die webbasierte Buchungsplattform erfasst die ak- cherungsvorkehrungen wirkungsvoll. Dazu zählen tuelle Belegung von Lkw-Parkplätzen am System eine Umzäunung, eine gute Beleuchtung und eine teilnehmender Parkplatzanbieter. So können Park- Kameraüberwachung des Parkareals. Darüber hi- plätze im Voraus oder auch während der Fahrt naus sollte ein kontrollierter Zugang, bspw. über in Fahrpausen über ein Onlineportal oder eine eine Schranke, erfolgen. App entlang einer Route reserviert werden. Die Parkareale sind mit Sicherheitstechnik ausgestattet Der BGL begrüßt, dass sich die Vereinigung Deut- und videoüberwacht. Zur Sicherheitstechnik zäh- scher Autohöfe (VEDA) der Umsetzung dieser Si- len eine Umzäunung, ein beschrankter Zugang, cherheitsphilosophie angenommen hat. Bereits 14 eine Kameraüberwachung und eine ausreichende der 70 VEDA-Mitglieder verfügen mit Stand Juni Beleuchtung des Areals sowie eine Lkw-Kennzei- 2017 über derartige sichere Parkplätze, die als chen-Erkennung. Darüber hinaus sollten sanitäre „Premium-Parkplätze“ ausgewiesen sind. Weitere Anlagen vorgehalten werden. Diese Attribute sind sechs Mitglieder sollen im Laufe des Jahres 2017 vergleichbar mit denen der sicheren Premium-Park- hinzukommen. Nach Angaben von VEDA war auf plätze der VEDA. diesen sicheren Parkplätzen bislang kaum ein kri- mineller Vorgang zu beobachten. Bündelung von Initiativen Trotz dieser Bemühungen weist der BGL aber mit Nachdruck darauf hin, dass die Schaffung von si- Die Digitalisierung ermöglicht die elektronische Er- cheren Parkplätzen nicht alleine der Privatwirtschaft fassung der Belegungsgrade von Lkw-Parkplätzen, überlassen werden darf. Der Staat muss sich seiner Reservierungsmöglichkeiten und vieles mehr. Diese Verpflichtung zur Daseinsvorsorge auch in diesem Daten können in Navigationssysteme, Apps oder Punkt bewusst sein und darf sich auf diesem Ge- Internetplattformen privater Anbieter eingespeist biet seiner Verantwortung nicht entziehen. Andere werden. Der Lkw-Fahrer sieht über Echtzeitdaten, Marktteilnehmer haben bislang die Einführung von ob und wo freie Stellflächen vorhanden sind und sicheren Parkplätzen aus diesem Grund abgelehnt. kann diese vorab buchen. In der jüngsten Vergangenheit mehrten sich im Initiativen zur Reservierung von Markt die Anbieter elektronischer Plattformen oder Lkw-Parkplätzen Apps zur Lkw-Parkplatzsuche bzw. zur Buchung von Lkw-Stellplätzen. Für die Parkplatzsuchenden Der akute Mangel an Lkw-Stellflächen entlang ist eine einfache und unkomplizierte Marktüber- dem bundesdeutschen Autobahnnetz besonders sicht nicht mehr gegeben. Dies erschwert die Su- während der Abend- und Nachtstunden lässt den che nach geeigneten webbasierten Möglichkeiten Wunsch nach reservierbaren Lkw-Stellplätzen zur Lkw-Parkplatzfindung bzw. -Parkplatzbuchung aufkommen. In jüngster Zeit entwickelt sich diese nach jeweils individuellen Anforderungen. Um Dienstleistung mehr und mehr zum Geschäftsmodell dieser Problematik zu begegnen, hat der BGL sowohl von Lkw-Parkplatzbetreibern als auch inter- eine Initiative ergriffen, mit der eine Bündelung netbasierten Dienstleistungsanbietern. der verschiedenen Initiativen und Aktivitäten der Serviceanbieter realisiert werden soll. Dafür bietet Der Systemanbieter Bosch hat im Rahmen seines sich bspw. eine zentrale Internet-Plattform an, über „Bosch-Secure-Truck-Parking“-Projekts eine webba- die alle Marktteilnehmer verlinkt sind. Über eine sierte Buchungsplattform und elektronisch vernetzte Suchmaske zu individuellen Parkplatzattributen 70
kann der Anfragende so den für ihn geeigneten zu den anerkannten technischen Regeln, also der Lkw-Parkplatz gezielt auffinden. Richtlinie VDI 2700. Bei der EU-Richtlinie zur techni- schen Unterwegskontrolle handelt es sich um keine Der BGL legt Wert auf die Feststellung, dass der eigenständige technische Regel. Für die Betroffenen bestehende Fehlbedarf an Lkw-Stellplätzen nicht mit ändert sich mit Inkrafttreten der technischen Unter- der optimierten Verwaltung bestehender Lkw-Stell- wegskontrolle hinsichtlich der Durchführung der La- flächen gelöst werden kann. Letztlich handelt es dungssicherung also nichts! Bestehende Gutachten, sich um eine „Mängelverwaltung“, die durch Da- Zertifikate, Verladeempfehlungen etc. zur Ladungs- tendienste nicht behoben, sondern allenfalls gemil- sicherung behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Diese dert werden kann. Situation verdeutlicht, dass im Rahmen der nationa- len Umsetzung aus Gründen der Rechtssicherheit eine Anpassung der technischen Unterwegskontrol- Ladungssicherung le zur Ladungssicherung auf deutsche Verhältnisse zwingend vorzunehmen ist. Der BGL begrüßt, dass das BMVI in seinem im Juli 2017 vorgelegten Ent- Regelsetzung zur Ladungs wurf zur nationalen Umsetzung der Kontrollvorga- sicherung auf Straßenfahrzeugen ben zur Ladungssicherung innerhalb der Richtlinie zur technischen Unterwegskontrolle diese Rechts- Richtlinie 2014/47/EU zur auffassung uneingeschränkt teilt. Demnach sind die technischen Unterwegskontrolle in Deutschland anerkannten technischen Regeln zur der Verkehrs- und Betriebs Ladungssicherung weiterhin unverändert als Kont- sicherheit von Nutzfahrzeugen rollvorgaben heranzuziehen. Bis zum Redaktions- schluss lag noch keine konsolidierte Fassung für die Mit der vorbezeichneten Richtlinie soll ein Beitrag nationale Umsetzung der Richtlinie 2014/47/EU der EU u.a. zur Harmonisierung der Unterwegskon- vor. Die Richtlinie muss spätestens am 20.05.2018 trolle der Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen in nationales Recht umgesetzt sein. innerhalb der EU geleistet werden. Der BGL bedau- ert, dass es im Rahmen dieser Verordnung nicht ge- lungen ist, einen einheitlichen technisch normativen Nationale Entwicklungen Standard zur Kontrolle der Ladungssicherung vor- zur Ladungssicherung auf zugeben. Die Kontrolle der Ladungssicherung kann Straßenfahrzeugen demnach als Option nach den Vorgaben der euro- päischen Sicherungskräftenorm EN 12195-1 vor- Fortschreibung der Richtlinie VDI genommen werden. Diese ist aber in Deutschland 2700 als technische Regel nicht anerkannt. Zur Umset- zung der Ladungssicherung findet in Deutschland Unter Beteiligung des BGL wurden im Berichts- in erster Linie die Richtlinie VDI 2700 (Verein Deut- zeitraum die Überarbeitungen der Richtlinien VDI scher Ingenieure) als anerkannte technische Regel 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“, Anwendung. Überdies ist festzustellen, dass die in VDI 2700 Blatt 2.1 „Berechnung von Sicherungs- der EU-Richtlinie genannten Kriterien zur Überprü- kräften – Sonderfälle“, VDI 2700 Blatt 9 „Ladungs- fung der Ladungssicherung mit den Vorgaben der sicherung von hart gewickelten Papierrollen“ und europäischen Sicherungskräftenorm zuweilen nicht VDI 2700 Blatt 18 „Ladungssicherung von Weich- übereinstimmen. verpackungen“ fortgeführt. Der BGL macht darauf aufmerksam, dass Adressa- ten der technischen Unterwegskontrolle die Über- Digitalisierung in der wachungsbehörden wie das BAG und die Polizei Ladungssicherung auf sind. Die Verantwortlichen zur Ladungssicherung Straßenfahrzeugen unterliegen der Pflicht zur Ladungssicherung im Straßenverkehr nach den Vorgaben von § 22 Stra- In der Transportlogistik steht die digitale Transfor- ßenverkehrsordnung (StVO). Diese nehmen Bezug mation von Prozessen mit an oberster Stelle der 71
Agenda für die Zukunft. Ziel ist es, den Transport noch effizienter und sicherer zu gestalten. Für die Ladungssicherung als Teil der Logistikkette ist bei aller Euphorie festzustellen, dass die digitale Trans- formation hier noch keinen Einzug gefunden hat. Noch müssen alle Beteiligten bei der Ladungssiche- rung „Hand anlegen“. Erste Innovationen finden sich bei der Anwendung von Zurrmitteln. Hierbei werden dem Fahrer Echt- zeitinformationen über die wirkenden Sicherungs- kräfte der Zurrmittel auf elektronischem Wege ins Fahrerhaus eingespielt. Der BGL begrüßt grund- sätzlich derartige Entwicklungen als Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Das ggf. erfor- derliche Nachsichern während der Fahrt muss aber auf klassische Weise „händisch“ und mit „eigener Muskelkraft“ erfolgen. In diesem Zusammenhang ergeben sich aus Sicht des BGL jedoch neue Fra- gestellungen zur rechtlichen Verwertbarkeit von auf diese Weise generierten Daten. BGL/BG Verkehr Praxishandbuch Laden und Sichern Aktualisierung des Leitfadens für Fahrer Der BGL/BG Verkehr-Leitfaden für Fahrer wendet sich mit praktischen Umsetzungshilfen zur Ladungs- sicherung auf Straßenfahrzeugen direkt an die Umsetzer vor Ort. Anlässlich behördlicher Bean- standungen zur Zulässigkeit von gekürzten Zurr gurten zur Ladungssicherung hat die BG Verkehr in Zusammenarbeit mit Zurrgurtherstellern eine Klarstellung getroffen. Demnach ist die Verwen- dung von gekürzten Zurrgurten zur Ladungssiche- rung unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Klarstellung findet Eingang in die Richtlinie VDI 2700 Blatt 3.1 „Gebrauchsanleitung von Zurrgurten“. Ebenso wurde die Klarstellung in den BGL/BG Verkehr-Leitfaden für Fahrer aufge- nommen. Dieser steht auf der Homepage des BGL unter http://www.bgl-ev.de/images/downloads/ programme/leitfaden_fuer_fahrer.pdf zum kosten- losen Download zur Verfügung. 72
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