VERSORGUNGS BERICHT 2021 - Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg - Kassenzahnärztliche ...

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VERSORGUNGS
     BERICHT
        2021
    Kassenzahnärztliche Vereinigung
               Baden-Württemberg

         04 Daten und Fakten – Stadtkreise   1
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INHALT

Editorial                                     4   Teil II
                                                  Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen   22
Teil I
Zahnmedizinische Versorgung                       Zahnärzt*innen in Anstellung                24
in Baden-Württemberg                          6
                                                  Porträt Antonia Hoffmann                    25
Überblick                                    8
                                                  Zielgruppe Zahnärztinnen                    26
Vertragszahnärztlicher Versorgungsatlas       9
                                                  Porträt Dr. Olga Weber                      27
In Zahlen                                    10
                                                  Die Versorgenden von morgen                 28
Sechs Jahre nach der Einführung von fach-
gleichen MVZ – eine dynamische Entwicklung   12   Teil III
                                                  Daten und Fakten                            30
Einsatz für die Bevölkerung:
Zahnärzteschaft in der Corona-Pandemie       14   Gliederung                                  32

Ergebnisse der Befragung zur Versorgung           Erläuterungen                               33
im ländlichen Raum: Wirtschaftlich gut
aufgestellt, Kooperationen vorstellbar       16   Stadt- und Landkreise                       34

Zahnärztliche Versorgung für pflegebe-            Impressum                                   78
dürftige Menschen und Menschen mit
Behinderung                                  20

                                                                                              3
VERSORGUNGS BERICHT 2021 - Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg - Kassenzahnärztliche ...
EDITORIAL
In den Medien ist vielfach von einem Strukturwandel die Rede, der die wohnortnahe medizinische Versor-
gung bedrohe. Bislang steht dabei zumeist der Bereich der haus- und fachärztlichen Medizin, insbesondere im
ländlichen Raum, im Fokus der Aufmerksamkeit. Schlagworte wie „Überalterung“ und „Nachwuchssorgen“
werden damit in Verbindung gebracht. In strukturschwachen Regionen droht die Versorgung immer weiter
auszudünnen, weil für frei werdende Praxen keine Nachfolger*innen gefunden werden können oder auch
weil junge Mediziner*innen andere Konzepte der Lebens- und Arbeitsplanung verfolgen und häufig die Verein-
barkeit von Familie und Beruf einen größeren Stellenwert hat. Die Sicherung der flächendeckenden medizini-
schen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg ist daher ein zentrales Thema auf allen
politischen Ebenen.

Auch wenn die vertragszahnärztliche Versorgung in         eine kompetente Niederlassungsberatung in den vier
Baden-Württemberg bis heute flächendeckend auf            Bezirksdirektionen der KZV BW, die jungen Zahn-
hohem Niveau gesichert ist, gilt es, die strukturellen    ärzt*innen wichtige Hilfestellung beim Schritt in die
Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksam zu             Selbstständigkeit – auch als Abwehrstrategie gegen-
analysieren und antizipativ steuernd zu begleiten, um     über finanzinvestorengetragene MZV – gibt. Ziel ist
langfristig den Versorgungsauftrag sicherstellen zu       es, Hürden für eine selbstständige Tätigkeit auch im
können. Der Versorgungsbericht der Kassenzahnärzt-        ländlichen Raum abzubauen und – anstelle einer direk-
lichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) hat         tiven Bedarfsplanung – Niederlassungen mit einer
zum Ziel, die aktuelle Lage sowie die sich abzeich-       Vielzahl positiver Anreize zu fördern. Allerdings hat
nenden Entwicklungen im vertragszahnärztlichen            dazu auch die Politik ihren Beitrag zu leisten, damit
Bereich transparent zu machen.                            die nach wie vor weit verbreitete Bereitschaft zur
                                                          Niederlassung nicht durch überbordende Bürokratie
Derzeit befinden wir uns in einer Phase der Umstruk-      erstickt wird.
turierung des Versorgungsgeschehens. Während der
Gesetzgeber fortlaufend neue Versorgungsformen            Berufsbild
wie Medizinische Versorgungszentren oder selektiv-        Klar ist: Der Strukturwandel innerhalb der Zahnärzte-
vertragliche Regelungsbereiche ermöglicht und             schaft und bei den Praxisstrukturen geht weiter und
zusätzliche Steuerungsinstrumente für die vertrags-       hat Auswirkungen auf die bisherige Versorgungsland-
zahnärztliche Selbstverwaltung schafft, ändert sich die   schaft. Neben die Einzelpraxis treten in zunehmen-
vertragszahnärztliche Versorgungslage und es stellen      dem Maße andere, kooperative Praxisformen. Diese
sich Herausforderungen mit Blick auf die Zukunft –        entsprechen dem vielfach vorhandenen Wunsch nach
wenngleich hier Unterschiede zum allgemeinmedizini-       Teilzeitmodellen im Sinne einer besseren Vereinbar-
schen Bereich bestehen. Es ist eine gemeinschaftliche     keit von Beruf, Privatleben und Familie, aber auch
Aufgabe für die KZV BW, für die gesetzlichen Kran-        nach geteilter betriebswirtschaftlicher Verantwortung
kenkassen sowie für die Politik auf den verschiedenen     und geteiltem Risiko sowie einer leichteren fachlichen
Ebenen, in enger partnerschaftlicher Kooperation
für Bedingungen im Rahmen der Berufsausübung zu
sorgen, die zur heutigen gesellschaftlichen Realität,
zu den Versorgungsnotwendigkeiten, aber auch zu
den Bedürfnissen künftiger Generationen von Zahn-
ärzt*innen passen. So können entstehende Probleme
frühzeitig erkannt und gelöst werden.

Die KZV BW hat sich des wichtigen Themas der Ver-
sorgung bereits seit Jahren intensiv angenommen,
analysiert die Herausforderungen, um frühzeitig einer
drohenden Unterversorgung entgegen wirken zu              »Gerade auch in Krisenzeiten übernimmt die
können und gegebenenfalls vor Ort passgenaue Ver-         Selbstverwaltung der Vertragszahnärzteschaft
sorgungskonzepte zu ermöglichen. Zentral dabei ist        Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger
                                                          und stellt eine Versorgung auf hohem Niveau
                                                          sicher.«
4     Editorial                                           Dr. Ute Maier, Vorsitzende des Vorstandes
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»Die nach wie vor weitverbreitete Bereitschaft            »Die KZV BW hat sich des wichtigen Themas
zur Niederlassung innerhalb des zahnärztlichen            der Versorgung bereits seit Jahren intensiv an-
Berufsstands darf nicht durch überbordende                genommen, analysiert die Herausforderungen,
Bürokratie erstickt werden.«                              um frühzeitig einer drohenden Unterversorgung
Dipl.-Volkswirt Christoph Besters, Stellv. Vorsitzender   entgegen wirken zu können und gegebenenfalls
des Vorstandes                                            vor Ort passgenaue Versorgungskonzepte zu
                                                          ermöglichen.«
                                                          Ass. Jur. Christian Finster, Stellv. Vorsitzender des
                                                          Vorstandes

Spezialisierung. Dies ist bei der Analyse der derzei-     schaften wurde seit März 2020 einiges geleistet und
tigen Situation und der Entwicklung zukunftsfähiger       in kurzer Zeit auf die Beine gestellt – und das unter
Versorgungskonzepte zu berücksichtigen. Gleichzeitig      völlig veränderten Rahmenbedingungen; obwohl
gehört zur Gewährleistung wohnortnaher Versorgung         es - anders als bei den meisten Akteuren im Gesund-
auch eine leistungsfähige Infrastruktur im ländlichen     heitswesen - für den vertragszahnärztlichen Bereich
Raum, die diesen nicht nur als Arbeitsort, sondern        keinen Schutzschirm gab.
auch als Wohnort attraktiv macht. Daher widmet sich
dieser Versorgungsbericht auch der Analyse der            Die Patient*innen konnten und können in der Pandemie
unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und der         darauf vertrauen, dass das Risiko, sich in einer Zahn-
besonderen Situation im ländlichen Raum.                  arztpraxis zu infizieren, äußerst gering ist. Dies be-
                                                          stätigte nicht zuletzt die Weltgesundheitsorganisation
Beteiligung                                               den deutschen Zahnärzt*innen bereits im vergan-
Es hängt mit dem Selbstverständnis der Zahnärzt*innen     genen Sommer – denn diese sind und waren schon
als Angehörige eines freien Berufs zusammen, Ver-         immer Hygieneprofis. Auch nach einer Statistik der
antwortung für das Versorgungsgeschehen in der            Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und
Bevölkerung zu übernehmen. Die Strukturen der ver-        Wohlfahrtspflege (BGW) für 2020 war die Zahnmedizin
tragszahnärztlichen Selbstverwaltung tragen dieser        der medizinische Bereich mit den wenigsten Infektionen.
Überzeugung Rechnung. Für die KZV BW bedeutet
gelebte Selbstverwaltung eine starke Beteiligung der      Diese Sicherheit für die Patient*innen und das hohe
Mitglieder. Die KZV BW geht neue Wege, um die über        Niveau der Versorgung hierzulande bestätigen die
8000 Vertragszahnärzt*innen in Baden-Württemberg          erfolgreiche Arbeit der vertragszahnärztlichen Selbst-
mit deren Erfahrungen aus dem Praxisalltag gezielt        verwaltung und den hohen Einsatz der Zahnärzt*innen
in Analyse- und Entscheidungsprozesse einzubinden.        in Baden-Württemberg – und sie sind Ansporn für die
Doch was sind die Faktoren, die aus Sicht der Zahn-       KZV BW, weiterhin alles dafür zu tun, dass die Ver-
ärzt*innen derzeit für oder gegen eine Niederlassung      sicherten im Land flächendeckend gute Versorgungs-
sprechen und wo liegen die Stärken und Schwächen          strukturen vorfinden, die ihrer individuellen Situation
des ländlichen Raums als Praxisstandort? Die KZV BW       gerecht werden.
hat ihre Mitglieder mittels der neu entwickelten Betei-
ligungsApp zu diesem Themenkomplex befragt und            Eine aufschlussreiche, interessante Lektüre wünschen
dadurch ein Stimmungsbild mit wichtigen Erkennt-
nissen für die Versorgung eingeholt. Die Ergebnisse
dieser Befragung stellen wir in diesem Bericht vor.

                                                          Dr. Ute Maier     Ass. Jur.              Dipl.-Volkswirt
Auswirkungen der Corona-Pandemie                          Vorsitzende       Christian Finster      Christoph Besters
Gerade in Zeiten von Lockdown und Corona-Pan-             des Vorstandes    Stellv. Vorsitzender   Stellv. Vorsitzender
                                                                            des Vorstandes         des Vorstandes
demie zeigen, sich die offensichtlichen Stärken der
ambulanten Versorgung durch freiberuflich tätige
Zahnärzt*innen als Unternehmer*innen. Von der
Zahnärzteschaft und den sie vertretenden Körper-

                                                                                                   Editorial         5
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Zahnmedizinische
          Versorgung
in Baden-Württemberg
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ÜBERBLICK
Der vertragszahnärztliche Versorgungsatlas zeigt kompakt und übersichtlich, wie sich die Versorgungslage in
jedem einzelnen Stadt- und Landkreis in Baden-Württemberg aktuell darstellt. Dabei sind teilweise große
regionale Abweichungen feststellbar, die in einer urbanen oder eher ländlichen Prägung, aber auch in
anderen Faktoren begründet sind. Dennoch gilt für das gesamte Land: Die zahnmedizinische Versorgung ist
flächendeckend gesichert. Es gibt keinen Stadt- oder Landkreis, der unterversorgt oder akut von Unterver-
sorgung bedroht ist.

Der Blick auf die regionalen Versorgungsgrade zeigt        Die größten Abweichungen im Vergleich zum Ver-
ähnlich wie in den Vorjahren Höchstwerte in den            sorgungsbericht 2020 sind in folgenden Stadt-
grenznahen Gebieten im Süden Baden-Württembergs.           und Landkreisen zu verzeichnen: Einen Anstieg
Verhältnismäßig hoch ist der jeweilige Versorgungs-        um 4,2 Prozentpunkte auf nunmehr 88,8 Prozent
grad auch im Norden des Landes zwischen der                verzeichnet der Landkreis Sigmaringen. Im Neckar-
Metropolregion Rhein-Neckar und dem Neckar-                Odenwald-Kreis verbesserte sich der Versorgungs-
Odenwald-Kreis. Ebenfalls hohe Versorgungsgrade            grad um 3,7 Prozentpunkte auf aktuell 108 Prozent.
liegen in den meisten kreisfreien Städten sowie in         Bemerkenswert ist, dass es sich hierbei um zwei Land-
großen Teilen der Region Stuttgart vor. Die landes-        kreise mit ländlicher Prägung handelt. Dazu kommt in
weit niedrigsten Werte finden sich – wie auch in den       der Stadt Heidelberg ein Anstieg um 4,9 Prozentpunkte
Vorjahren – im Nordschwarzwald. Auch hier ist die          auf einen Wert von 111,5 Prozent.
örtliche Situation jedoch weit von der Feststellung
einer Unterversorgung entfernt. Die übrigen Landkreise     Das größte Minus liegt im Landkreis Waldshut vor,
in allen vier Regierungsbezirken weisen eine stabile       der nach 128,3 Prozent im Vorjahr nun einen Versor-
Situation mit einem Versorgungsgrad zwischen 81            gungsgrad von 119,3 Prozent aufweist – damit gehört
und 100 Prozent auf.                                       der Kreis nach wie vor zu den am besten versorgten
                                                           Landkreisen in Baden-Württemberg. Ein Minus von
Insgesamt vier Stadt- und Landkreise in Baden-             6,7 Prozentpunkten verzeichnet der Main-Tauber-Kreis
Württemberg liegen mit ihrem jeweiligen Versorgungs-       mit 95,1 Prozent. Im Kreis Ludwigsburg sank der Ver-
grad über 120 Prozent. Der höchste Wert und gegen-         sorgungsgrad um 6,4 Prozentpunkte auf einen Wert
über dem Vorjahr praktisch unverändert besteht weiter-     von nunmehr 92 Prozent.
hin im Stadtkreis Baden-Baden mit aktuell 133,7 Pro-
zent vor (2020: 134,1 Prozent). Ähnlich gut versorgt ist   Alle Versorgungszahlen der Stadt- und Landkreise,
der Landkreis Konstanz mit 131,9 Prozent (im Vorjahr       die absoluten Zahnarztzahlen für jede einzelne Kom-
133,1 Prozent). Ein leichtes Plus gab es jeweils im        mune im Land sowie weitere Daten zur Alters- und
Stadtkreis Ulm (125 Prozent gegenüber 124,6 Prozent)       Geschlechterstruktur der Vertragszahnärzteschaft
sowie im Bodenseekreis (123,6 Prozent gegenüber            finden Sie im Abschnitt „Daten und Fakten“ auf den
122,6 Prozent). Die niedrigsten Werte liegen im Enzkreis   Seiten 30–77.
mit 66,8 Prozent (minus 1,4 Prozentpunkte gegenüber
dem Vorjahr) sowie im Landkreis Freudenstadt mit
67,5 Prozent (im Vorjahr: 73,3 Prozent) vor. Auch der
Landkreis Calw weist einen Versorgungsgrad von
unter 80 Prozent aus (74,3 Prozent gegenüber
75,7 Prozent im vergangenen Jahr).

8     01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Überblick
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VERTRAGSZAHNÄRZTLICHER
                                                 VERSORGUNGSATLAS

VERSORGUNGSGRAD

    60–80 %
    81–100 %
    101–120 %
                                                                                                        TBB
    121–140 %                               MA
                                                                                      MOS
                                                       HD
1
  Rhein-Neckar-Kreis
                                                            HD1
2
  Heilbronn, Land                                                                       HN2       KÜN
3
  Karlsruhe, Land
4
  Enzkreis                                       KA3                              HN                                 SHA
5
  Alb-Donau-Kreis
6
  Breisgau-                            KA
  Hochschwarzwald                                           PF 4
                                                                             LB
                                RA                     PF                                        WN                        AA

                                                                                  S
                                 BAD
                                                  CW                BB                                  GP                 HDH
                                                                                            ES

                                       FDS                              TÜ
                  OG                                                                        RT                UL 5
                                                                                                                      UL

                                                                   BL
                                            RW

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                                                                                                          BC
                                       VS
                                                                                      SIG
            FR                                              TUT

                       FR   6

                                                                                                              RV
                                                                   KN

                                                                                            FN
       LÖ                   WT

                                                                                                                           Quelle: KZV BW, 2021

    01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Vertragszahnärztlicher Versorgungsatlas                                            9
VERSORGUNGS BERICHT 2021 - Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg - Kassenzahnärztliche ...
IN ZAHLEN
Kompakt und auf einen Blick finden Sie hier zentrale Kennzahlen zur vertragszahnärztlichen Versorgung in
Baden-Württemberg. Diese ermöglichen einen schnellen Überblick und werden in den ausführlichen Darstel-
lungen auf den folgenden Seiten inhaltlich eingeordnet.

1366                                                   17
1366 Einwohner*innen kommen in Baden-                  Landesweit stehen 17 Zahnarztpraxen für
Württemberg auf eine*n Vertragszahnärzt*in.            das Netzwerk der Schwerpunktpraxen zur
Im Vergleich zu 2020 hat sich das Verhältnis           Verfügung, damit auch für Covid-19-Infizierte bzw.
weiter verbessert.                                     in Quarantäne befindliche Patient*innen flächen-
                                                       deckend eine zahnmedizinische Notfallversorgung
                                                       zur Verfügung steht.

8113                                                   6 411 971
8113 Vertragszahnärzt*innen stellen eine
flächendeckende zahnmedizinische Versorgung
                                                       Insgesamt wurden im Jahr 2020 in Baden-Württemberg
der Bevölkerung sicher.
                                                       6 411 971 gesetzlich Versicherte von den Vertrags-
                                                       zahnärzt*innen behandelt.

1942                                                   2222
1942 Studierende waren im Wintersemester
2020/21 an den Universitäten in Baden-Württemberg
                                                       2222 Zahnärzt*innen arbeiten als Angestellte
für das Fach Zahnmedizin eingeschrieben. Über zwei
                                                       in einer Zahnarztpraxis. Der stetig wachsende
Drittel davon sind Frauen – in wenigen Jahren werden
                                                       Anteil der Zahnärzt*innen in einem Anstellungs-
die Zahnärztinnen insgesamt gegenüber ihren männ-
                                                       verhältnis ist Ausdruck eines sich verändernden
lichen Kollegen in der Mehrheit sein.
                                                       Berufsbilds – eine Entwicklung, die die KZV BW
                                                       aktiv begleitet.

10    01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – In Zahlen
3986                                                    20 472 453
3986 Einzelpraxen bilden das Rückgrat der               Die Corona-Pandemie hat zu einem deutlichen Rück-
vertragszahnärztlichen Versorgung in Baden-             gang der Behandlungen geführt. Im vergangenen
Württemberg. Die Einzelpraxis ist die mit Abstand       Jahr fanden insgesamt 20 472 453 Behandlungs-
häufigste Praxisform.                                   sitzungen statt. Dies sind über eine Million Behand-
                                                        lungssitzungen weniger als im Vorjahr.

1044
1044 zahnärztliche Assistent*innen arbeiten
derzeit in Baden-Württemberg. 690 davon sind in
Ausbildungs- bzw. Vorbereitungsassistenz, die sich an
das zahnmedizinische Studium und die Approbation
anschließt. Dazu kommen Entlastungs- und Weiter-
bildungsassistent*innen.

                                   01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – In Zahlen        11
SECHS JAHRE NACH DER EINFÜHRUNG
VON FACHGLEICHEN MVZ –
EINE DYNAMISCHE ENTWICKLUNG
Das Jahr 2015 stellt eine Zäsur in der Historie des Vertragszahnarztrechts dar. Mit der Einführung von fach-
gleichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) schuf der Gesetzgeber die Voraussetzungen für große
Praxiseinheiten bzw. Zahnarztketten und öffnete gleichzeitig die Tür für fachfremde Finanzinvestoren. Sechs
Jahre später stellt sich diese Entwicklung, auch aufgrund der anhaltenden Corona-Krise und ihrer Begleit-
erscheinungen, immer noch als sehr dynamisch dar.

Das vergangene Jahr war ein außergewöhnliches –                              Ebene liegen. Die Stichworte, die in diesem Zusammen-
dies lässt sich auch an der Zahl der zugelassenen                            hang zu nennen sind und die jedem*r Praxisinhaber*in
zahnärztlichen MVZ deutlich erkennen. Aktuell (Stand:                        vertraut vorkommen dürften, lauten: Personal und
01.04.2021) sind 177 (Vorjahr: 165) MVZ in Baden-                            Personalführung. Es ist kein Geheimnis, dass der
Württemberg zugelassen. Nach den deutlichen Zu-                              Mangel an geeigneten Praxismitarbeiter*innen eine
wächsen der vorangegangenen Jahre (+32 im Jahr                               der größten Herausforderungen der heutigen Zeit
2019, +53 im Jahr 2018) stellt der nominale Zuwachs                          darstellt. Und hiervon betroffen sind ausnahmslos alle
im Krisenjahr 2020 mit gerade einmal zwölf neu                               Zahnarztpraxen, von der kleinen Einzelpraxis auf dem
hinzugekommenen MVZ einen regelrechten Einbruch                              Land bis hin zu investorengetragenen MVZ-Zahnarzt-
dar. Zwar liegt der reale Zuwachs der im Referenz-                           ketten mit Standorten in großen Ballungszentren.
zeitraum neuzugelassenen MVZ bei 22, jedoch
wurden gleichzeitig auch zehn MVZ geschlossen.                               Bei den MVZ lässt sich dieses Phänomen auch an der
Nun sind Beendigungen von MVZ grundsätzlich nichts                           Anzahl der dort tätigen Zahnärzt*innen klar erkennen:
Ungewöhnliches und kamen in der Vergangenheit                                Von den 177 MVZ in Baden-Württemberg sind in 81
auch schon regelmäßig vor – allerdings noch nie in                           lediglich zwei Zahnärzt*innen tätig, was der gesetz-
dem zuletzt festgestellten Umfang.                                           lich vorgeschriebenen Mindestgröße entspricht. MVZ-
                                                                             Standorten, die unter diese Grenze fallen und die
Entwicklung der Praxisformen                                                 Zulassungsvoraussetzungen damit nicht mehr erfüllen,
                                                                             muss nach den Vorgaben des Gesetzgebers die ver-
                                                                             tragszahnärztliche Zulassung entzogen werden. Somit
4500
                                                                             stellt sich die Situation in Baden-Württemberg derzeit so
4000
                                                                             dar, dass sich knapp die Hälfte aller MVZ unmittelbar
3500                                                                         an der Schwelle zur Entziehung der Zulassung be-
3000                                                                         findet. MVZ-Standorte mit einer großen Zahl an
2500                                                                         tätigen Zahnärzt*innen sind dementsprechend auch
         4218

                       4163

                                                                             eher die Ausnahme: In ganz Baden-Württemberg
                                     4093

                                                   4032

                                                                3986

2000

1500
                                                                             gibt es lediglich einen MVZ-Standort, an dem mehr
                                                                             als zehn Zahnärzt*innen ihrem Beruf nachgehen. Die
1000
                                                                             Regel sind dagegen kleinere Praxiseinheiten mit bis
                 958

 500
                               929

                                             906

                                                          880

                                                                       877
                                                          165

                                                                       177
                                            133

                                                                             zu vier tätigen Zahnärzt*innen (insgesamt 141 der 177
                              80
                55

     0
           2017           2018         2019          2020         2021       Standorte). Diese Größe entspricht übrigens auch der
                                                                             maximal zulässigen Anzahl von angestellten Zahn-
           Einzelpraxis          BAG/ÜBAG             MVZ
                                                                             ärzt*innen in einer Einzelpraxis, welche neben dem*r
                                                                             Praxisinhaber*in bis zu vier weitere Zahnärzt*innen
Vordergründig könnte die Corona-Krise als Grund für                          beschäftigen darf.
die wenigen Neugründungen und vergleichsweise
vielen Beendigungen von MVZ angesehen werden.                                Vor diesem Hintergrund stellt sich die berechtigte Frage,
Allerdings gibt es deutliche Hinweise darauf, dass die                       warum dann überhaupt eine so große Anzahl von
eigentlichen Hintergründe auf einer gänzlich anderen                         MVZ gegründet wurde, wenn der eigentliche Vorteil

12        01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Sechs Jahre nach der Einführung von fachgleichen MVZ
eines MVZ gegenüber einer Einzelpraxis, nämlich             von überregionalen Praxisverbünden eine große He-
           die Möglichkeit zur unbegrenzten Anstellung von             rausforderung darstellen, die einige der betroffenen
           Zahnärzt*innen, nicht genutzt wird und die meisten          MVZ-Gründer vielleicht unterschätzt hatten. Hierunter
           MVZ sogar weit hinter den personellen Möglichkeiten         befanden sich übrigens nicht nur Einzelzahnärzt*in-
           einer Einzelpraxis bleiben. Die Antwort hierauf ist viel-   nen, die sich das Rüstzeug für das Management von
           schichtig: Teilweise hängt dies auch damit zusammen,        Großunternehmen in ihrer begrenzten Freizeit aneig-
           dass ein sehr großer Teil der MVZ in Baden-Würt-            nen müssen, sondern auch Finanzinvestoren.
           temberg Teil einer Kettenstruktur ist (insgesamt 114 der
           177 Standorte). Und bei mehreren Standorten macht           Letztere stellen derzeit 43 der insgesamt 177 MVZ-
           die Gründung eines MVZ durchaus Sinn, da eine               Standorte in Baden-Württemberg, womit seit dem
           Einzelpraxis maximal zwei zusätzliche Standorte als         letzten Jahr nominal lediglich zwei neue Standorte
           Zweigpraxis betreiben darf, während mit einer MVZ-          der sogenannten i-MVZ hinzugekommen sind. Real
           Trägergesellschaft unbegrenzt viele Standorte als           betrug der Zuwachs bei den investorengetragenen-
           Zweigpraxis gegründet werden können. Ein weiterer           MVZ vier neue Standorte, zwei Standorte wurden
           Grund könnte auch darin zu sehen sein, dass Einzel-         beendet. Einer der Gründe für das abflauende
           praxen die Möglichkeit zur Anstellung von bis zu vier       Wachstum ist die seit Mai 2019 eingeführte Quote,
           angestellten Zahnärzt*innen erst seit der Änderung          die den krankenhausgetragenen MVZ der Investoren
           des Bundesmantelvertrags-Zahnärzte im Jahr 2019             nur einen festgelegten Anteil an der vertragszahnärzt-
           zur Verfügung steht. Bis dahin war die Gründung             lichen Versorgung zugesteht, der wiederum abhängig
           eines MVZ immer dann unumgänglich, wenn ein*e               ist von der jeweils bestehenden Versorgungslage
           Zahnärzt*in mehr als das damalige Limit von zwei an-        innerhalb eines Planungsbereichs.
           gestellten Zahnärzt*innen beschäftigen wollte.
                                                                       Aufgrund der immer noch andauernden Corona-Krise
           Betrachtet man die MVZ, welche innerhalb des letzten        und der hiermit im Zusammenhang stehenden Kon-
           Jahres beendet wurden, stellt man fest, dass fast alle      junkturprogramme der Zentralbanken ist derzeit nur
           Teil einer Kettenstruktur waren, wobei es sich mehr-        schwer einzuschätzen, ob die aktuelle Entwicklung in
           heitlich sogar um überregionale Verbundstrukturen,          Bezug auf die Gründung von MVZ anhält oder sich
           teilweise mit Filialen in mehreren Bundesländern,           möglicherweise noch in eine andere Richtung bewegt.
           handelte. Der sicherlich prominenteste Fall war die         Die KZV BW wird das Geschehen im Zulassungsbereich
           Insolvenz der Zahnarztkette von Dr. Z mit bundesweit        weiterhin im Auge behalten.
           über 20 Standorten. Mit anderen von Schließungen
           betroffenen MVZ-Ketten hatte Dr. Z gemeinsam, dass
           diese in der Anfangsphase der fachgleichen MVZ
           ab dem Jahr 2015 teilweise sehr schnell gewachsen
           waren – möglicherweise zu schnell. Nachvollziehbar
           ist, dass der Betrieb und vor allem die Personalführung

01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Sechs Jahre nach der Einführung von fachgleichen MVZ                13
EINSATZ FÜR DIE BEVÖLKERUNG:
ZAHNÄRZTESCHAFT IN DER
CORONA-PANDEMIE
Die Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung war im vergangenen Jahr gerade vor dem Hinter-
grund der Corona-Pandemie von zentraler Bedeutung. Die KZV BW hat diesen Auftrag sehr ernst genommen
und schnell ein landesweites Netz mit Schwerpunktpraxen und Corona-Ambulanzen für COVID-19-Erkrankte
geschaffen und darüber hinaus einen Sicherstellungsdienst mit über 600 Praxen eingerichtet. Damit war die
zahnmedizinische Versorgung jederzeit in ganz Baden-Württemberg und für alle Teile der Bevölkerung sicher-
gestellt, selbst wenn einzelne Praxen wegen Quarantäne- oder Infektionsfällen ausgefallen sind.

Durch dieses schnell und erfolgreich von der KZV BW    Vorsorgeuntersuchungen im 2. Quartal,
auf die Beine gestellte Netz an Sicherstellungs- und   Rückgang gegenüber 2019
Schwerpunktpraxen konnten Versorgungslücken effektiv
vermieden werden. Wo kurzfristig Behandlungsbedarf     2 500 000
bestand, konnte auch kurzfristig behandelt werden.     2 000 000

                                                        1 500 000
Hinsichtlich einer lückenlosen zahnärztlichen Ver-
                                                       1 000 000        1 984 585
sorgung war es von zentraler Bedeutung, die Praxen                                         1 619 987
                                                         500 000
geöffnet zu halten und für COVID-19-Patient*innen
                                                               0
entsprechende Anlaufstellen zu schaffen. Es ging                          2019               2020
darum, dass Versicherte notwendige Behandlungen
nicht absagen oder auf unbestimmte Zeit verschieben    Insgesamt sank die Anzahl der vertragszahnärzt-
würden, was wiederum erhebliche negative Folgen        lichen Behandlungssitzungen im letzten Jahr um gut
für die Mundgesundheit als auch für die Allgemein-     5,5 Prozent gegenüber 2019. Durch Zeitungsanzeigen
gesundheit mit sich bringen kann. Versorgungslücken    und -artikel in der zweiten Jahreshälfte 2020 wirkte
bestanden seit Beginn der Corona-Pandemie in Ba-       die Zahnärzteschaft der Verunsicherung der Versi-
den-Württemberg also nie bezüglich der Verfügbar-      cherten entgegen, damit nicht langjährige Behand-
keit von Zahnarztpraxen, in manchen Fällen jedoch      lungserfolge durch eine Unterbrechung der Therapie
in der individuellen Behandlungsgeschichte. Im Jahr    zunichte gemacht würden.
2020 wurden insgesamt 6,5 Prozent weniger Vor-
sorgeuntersuchungen (BEMA-Nr. 01) im Vergleich zum     Auch in anderen Bereichen zeigte die Zahnärzteschaft
Vorjahr durchgeführt. Besonders deutlich wurde diese   in Baden-Württemberg trotz schwierigster Rahmenbe-
Entwicklung im zweiten Quartal mit einem Rückgang      dingungen während der Pandemie großes Verantwor-
von 18,37 Prozent gegenüber dem entsprechenden         tungsbewusstsein.
Vorjahresquartal.
                                                       So waren die Vertragszahnärzt*innen auf Grundlage
                                                       der Coronavirus-Testverordnung bundesweit in das
                                                       Testgeschehen eingebunden. Neben Testungen des
                                                       eigenen Praxispersonals zur Vermeidung von Infek-
                                                       tionen konnten nach einer Beauftragung durch den
                                                       öffentlichen Gesundheitsdienst auch Testungen von
                                                       Patient*innen durchgeführt werden.

14    01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Einsatz für die Bevölkerung
Hat Corona langfristige Auswirkungen auf die               monatlichen Auszahlungstermine im Jahr 2020 vor,
Versorgungslandschaft?                                     um die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Praxen
Nach über einem Jahr der Pandemie lässt sich als           wenigstens bis zu einem gewissen Grad abfedern zu
Zwischenbilanz festhalten, dass die flächendecken-         können. Zusätzlich wurde Anfang 2021 auf Bundes-
den Versorgungsstrukturen durch die Krise bis zum          ebene zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundes-
jetzigen Zeitpunkt nicht substanziell geschwächt           vereinigung (KZBV) und dem GKV-Spitzenverband
wurden. Regionale Verschiebungen gab es, jedoch            eine einmalige Hygienepauschale in Höhe von 275
weitgehend in der Größenordnung der Vorjahre vor           Mio. Euro für die Zahnarztpraxen vereinbart, von der
Ausbruch der Pandemie – diese sind überblicksweise         gut 35 Mio. Euro nach Baden-Württemberg fließen
im Versorgungsatlas auf den Seiten 8/9 dargestellt.        werden. Überdies müssen für die Jahre 2021 und
Praxisschließungen im großen Umfang waren und              2022 keine Ausgabenvolumina vereinbart werden.
sind nicht feststellbar. Gleichwohl stellten die corona-   Für eine abschließende Bewertung der Folgen der
bedingten Umsatzrückgänge viele Praxen vor spür-           Corona-Pandemie auf die zahnmedizinische Versor-
bare wirtschaftliche Probleme, die dadurch noch            gungslandschaft in Baden-Württemberg ist es daher
verschärft wurden, dass dem vertragszahnärztlichen         noch zu früh.
Bereich im Gegensatz zu den Haus- und Fachärzt*innen
ein echter Schutzschirm vonseiten der Politik vor-
enthalten wurde. Gewährt wurden lediglich zinslose
Kredite, die jedoch vollständig zurückgezahlt werden
müssen. Unabhängig hiervon zog die KZV BW die

                 01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Einsatz für die Bevölkerung           15
ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG ZUR VERSORGUNG
IM LÄNDLICHEN RAUM: WIRTSCHAFTLICH GUT
AUFGESTELLT, KOOPERATIONEN VORSTELLBAR
Geht es um die zahnärztliche Versorgung der gesetzlich versicherten Menschen im ländlichen Raum, so ist man
schnell mit der Sorge einer drohenden Unterversorgung konfrontiert. Als Ursache hierfür wird oftmals Personal-
mangel angeführt und die fehlende Bereitschaft der nachfolgenden Zahnärztegeneration, sich im ländlichen
Raum niederzulassen. Befragt man die Zahnärzt*innen, so ergibt sich ein differenziertes Bild.

Die erste Befragung, die die KZV BW mit der Betei-                      Einschätzung der wirtschaftlichen Situation länd-
ligungsApp unter allen Vertragszahnärzt*innen in                        licher Zahnarztpraxen
Baden-Württemberg im Mai 2021 durchführte, hatte                        Insgesamt wird die wirtschaftliche Situation von
genau diese Zielrichtung: Wie sieht die Zahnärzte-                      Zahnarztpraxen auf dem Land in allen Altersgruppen
schaft die wirtschaftliche Situation von Praxen im                      überwiegend als sehr gut bis gut eingeschätzt.
ländlichen Raum und welche Herausforderungen sind
in ihren Augen zu meistern?                                             Wie schätzen Sie die wirtschaftliche Situation von
                                                                        ländlichen Zahnarztpraxen ein?
An der Befragung teilgenommen haben insgesamt
539 Zahnärzt*innen. Mit 69,6 Prozent sind die Männer
                                                                        60
hierbei stärker vertreten als die Frauen mit 30,4 Pro-
zent. Die Altersgruppe zwischen 51 und 60 Jahren ist                    50

mit 34,5 Prozent am stärksten vertreten, die Alters-                    40

gruppe zwischen 26 und 30 Jahren mit 5,8 Prozent                        30
                                                                                                53,1

                                                                                                                                            48,7
                                                                                48,3

                                                                                                             45,8

am wenigsten.
                                                                                                                             44

                                                                        20
                                                                                                                                  29,6

                                                                                                                                                  27,6
                                                                                                          25,2
                                                                                      22,6

                                                                                             21,7

                                                                                                                                 6,5
                                                                                                                          19,9

                                                                        10
                                                                                                                   19,8
                                                                             19,4

                                                                                                                                         18,4

                                                                                                                                                 5,3
                                                                                                    5,2
                                                                                                    20

Ortswechsel: Vom städtischen Raum in den
                                                                                    9,7

                                                                                                                 8,2

                                                                        0
ländlichen                                                                     Alters-         Alters-      Alters-         Alters-        Alters-
                                                                               gruppe          gruppe       gruppe          gruppe         gruppe
Befragt nach einem denkbaren Ortwechsel in den                                 26–30           31–40        41–50           51–60          61–70
ländlichen Raum zeigt sich, dass die Frauen etwas
                                                                                Sehr gut und gut             Gut             Mittel             Schlecht
mobiler sind und eher für einen Wechsel auf das Land
zu gewinnen wären als Männer (Verhältnis 19,5 Prozent
Frauen zu 12,5 Prozent Männer). Die Altersgruppe zwi-                   Auffällig ist, dass gerade die 31- bis 40-jährigen, die
schen 26 und 30 ist am mobilsten, d. h., dass diejenigen                sich also gerade niedergelassen haben oder dies
Zahnärzt*innen, die künftig über eine Niederlassung                     eventuell planen, die wirtschaftliche Situation auf dem
nachdenken, mit 29 Prozent eine hohe Bereitschaft                       Land zu drei Viertel als sehr gut/gut ansehen.
haben, sich im ländlichen Raum niederzulassen.

Käme für Sie ein Ortswechsel in den ländlichen
Raum (Praxisstandort) infrage?
60

50

40

30
                                          55,8

                                                                 54,5
                    51,8

20
                                   31,7

                                                          30,8
             28,7

10
      19,5

                                                   14,7
                            12,5

0
          Frauen              Männer                 Gesamt

     Ja             Nein   Praxis liegt bereits im ländlichen Raum

16    01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Ergebnisse der Befragung zur Versorgung im ländlichen Raum
Worin liegen Ihrer Einschätzung nach die größten                                           Die größten Nachteile des Lebens im ländlichen
                Herausforderungen von ländlichen Zahnarztpraxen?                                           Raum
                                                                                                           Schlechte Anbindungen im öffentlichen Nahverkehr
                90                                                                                         bei größeren zu überwindenden Distanzen sind für
                80                                                                                         die meisten der Befragten der größte Nachteil, im
                                                                                                           ländlichen Gebiet ansässig zu sein.
                70

                60
                                                                                                           Kulturelle Angebote spielen bei den ganz jungen und
                50
                                                                                                           den Befragten ab 61 Jahren eine größere Rolle, als für
                                      78,3

                40
                                                                                                 77,6
                                                              75,6
                     74,2

                                                                                                           die mittleren Jahrgänge.
                                                                                70,4
                                                       70,2
                            67,7

                                                                         67,7

                                                                                          60,5
                                             61,7

                30

                20                                                                                         Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kommt vor
                               35,5

                                                          32,1

                                                                  31,3

                                                                            30,1

                                                                                   27,4

                                                                                             26,3

                                                                                                    26,3
                                                26,1
                        22,6

                                         20,9

                10                                                                                         allem bei den Zahnärzt*innen zwischen 31 und 40
                 0                                                                                         Jahren zum Tragen.
                       Alters-          Alters-          Alters-           Alters-          Alters-
                       gruppe           gruppe           gruppe            gruppe           gruppe
                       26–30            31–40            41–50             51–60            61–70          Nachteile (Gesamt)

                     Fehlendes Praxispersonal                    Fehlende zahnärztliche
                                                                 Kooperationspartner*innen                          15,4 %                        Schwierige Ver-
                                                                                                                                                  einbarkeit von
                     Fehlende Praxis-                            Fehlende PKV-Patient*innen                59,6 %                45,5 %           Familie und Beruf
                     nachfolger*innen
                                                                                                                                                  Schlechteres
                                                                                                                                                  kulturelles Angebot
                Größte Herausforderungen von ländlichen Praxen
                Das fehlende Praxispersonal ist für alle Altersgruppen                                                                            Schlechtere
                                                                                                                                                  Einkaufsmöglich-
                ein Thema, jedoch lässt sich aus der absteigenden                                                                                 keiten

                Prozentzahl lesen, dass dies für jüngere ein größeres                                                                    29,7 %
                                                                                                                                                  Schlechteres
                Problem darstellt als für ältere. Dass das Thema „Feh-                                                                            ÖPNV-System
                                                                                                                                  61 %
                lende Praxisnachfolge*innen“ gerade für die älteren
                Zahnärzt*innen eine Rolle spielt, ist nachvollziehbar.                                                                            Generell größere
                                                                                                                                                  Distanzen
                Auffällig ist jedoch, dass auch fast 70 Prozent der
                jüngeren dieses Problem bereits benennen.

01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Ergebnisse der Befragung zur Versorgung im ländlichen Raum                                                 17
Kooperationen zur besseren Bewältigung der                                           Frauen sind mit über 50 Prozent zu Kooperationen und
Bürokratie                                                                           Praxiszusammenschlüssen eher bereit als Männer mit nur
Die größte Kooperationsbereitschaft besteht in der                                   knapp 40 Prozent. Für Männer ist eine Kooperation eher
Altersgruppe 26–30 Jahre (51,6 Prozent), nur 6,5 Pro-                                eine Option in einer Notsituation (29,3 Prozent).
zent schließen in dieser Gruppe eine Kooperation
grundsätzlich aus. Mit 17,1 Prozent sind die Zahnärzt*in-                             60
nen zwischen 61 und 70 Jahren diejenigen, die am                                      50
häufigsten eine Kooperation kategorisch ausschließen.
                                                                                      40

                                                                                      30
                                                                                                                                        52,4

Wären Sie bereit, sich zur besseren Bewältigung

                                                                                                                                                                   43,6
                                                                                                     39,8

                                                                                      20
der Bürokratie und zur Schaffung von Synergien mit
                                                                                                            29,8

                                                                                                                                                                          27,8
                                                                                                                                               24,4

                                                                                       10
                                                                                                                                                            16,9
                                                                                              17,3

anderen Zahnärzt*innen zusammenzuschließen?
                                                                                                                                 15,9
                                                                                                                   13,9

                                                                                                                                                                                 11,7
                                                                                                                                                      7,3

                                                                                       0
                                                                                                     Männlich                           Weiblich                   Gesamt
60

50                                                                                             Machen wir bereits                                 Ja, auf jeden Fall
40                                                                                             Ja, aber nur als Notlösung                         Nein, auf keinen Fall
30
        51,6

                                                                                            (Auswertung nach Geschlecht)
                                                                          43,4
                                       48

                                                          41,9
                        39,1

20
                       33,9

                                                        32,3
     29

                                                                       22,4
                                           26
              6,5

10
                                                                              17,1
                                                                              17,1
                    14,8

                                                     15,6
                                    14,5
           12,9

                             12,2

                                            11,5

                                                                10,2

                                                                                     Outsourcen von Aufgaben der Praxisverwaltung
0
       Alters-        Alters-         Alters-          Alters-           Alters-     Das Outsourcen von Aufgaben der Praxisverwaltung ist
       gruppe         gruppe          gruppe           gruppe            gruppe
                                                                                     insbesondere für die Gruppe der Berufseinsteiger*innen
       26–30          31–40           41–50            51–60             61–70
                                                                                     bis 30 Jahre eine gute Option (51,6 Prozent). Dagegen
        Machen wir bereits                      Ja, auf jeden Fall                   ist die Ablehnung bei der Altersgruppe ab 61 Jahren
        Ja, aber nur als Notlösung              Nein, auf keinen Fall                am Größten. Insgesamt kommt ein Outsourcen für
                                                                                     21,2 Prozent gar nicht infrage, für 35,8 Prozent ledig-
     (Auswertung nach Altersgruppen)
                                                                                     lich als Notlösung.

                                                                                     Wären Sie bereit, Aufgaben der Praxisverwaltung
                                                60                                   outzusourcen?
                                                50
                                                                                                                                                                                        Altersgruppe 26–30
                                                40
                                                                                                                                                                                        Altersgruppe 31–40
                                                30
                                                                                                                          51,6

                                                20                                                                                                                                      Altersgruppe 41–50
                                                                                       38,1
                                                                                      36,5

                                                                                      35,8
                                                                                     34,3
                                                                                     33,6
                                                                                     32,3
                                                               28,9

                                                                                                                               27,8

                                                                                                                               26,7
                                                                                                                                 29
                                                                                                                              24,2

                                                                                                                                                               21,4
                                                             22,6
                                                             20,9

                                                                                                                                                              16,3

                                                                                                                                                                                        Altersgruppe 51–60
                                                             21,2

                                                10
                                                                                                                             17,1

                                                                                                                                                             14,8
                                                            16,9

                                                                                                                                                             15,1
                                                             16

                                                                                                                                                            19,7

                                                 0                                                                                                                                      Altersgruppe 61–70
                                                                 Nein,                 Ja, aber nur                               Ja,                        Machen wir
                                                            auf keinen Fall           als Notlösung                         auf jeden Fall                    bereits                   Gesamt

18        01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Ergebnisse der Befragung zur Versorgung im ländlichen Raum
Zahnärztliches Personal (Angestellte Zahn-                                             Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA)
                ärzt*innen und Assistent*innen)                                                        Insgesamt zeigt sich hinsichtlich der Situation bei
                Befragt nach der derzeitigen Situation in Bezug auf                                    den Zahnmedizinischen Fachangestellten eine eher
                zahnärztliches Personal (Angestellte Zahnärzt*innen                                    negative Einschätzung: Rund 34 Prozent betrachten
                und Assistent*innen) zeigen sich deutliche Unterschie-                                 die Lage als sehr gut oder gut, 35 Prozent als aus-
                de zwischen dem ländlichen und dem städtischen                                         reichend und knapp 31 Prozent als schlecht. Die
                Bereich. Nur gut ein Drittel der Befragten im länd-                                    Unterschiede zwischen dem städtischen und dem
                lichen Raum sieht die Situation als sehr gut oder gut                                  ländlichen Bereich sind hier geringer als bei der
                an, während knapp 33 Prozent diese als ausreichend                                     Frage nach dem zahnärztlichen Personal.
                betrachten und knapp 32 Prozent als schlecht.

                Wie stellt sich Ihre derzeitige Situation in Bezug auf                                 Wie stellt sich Ihre derzeitige Situation in Bezug auf
                zahnärztliches Personal (Angestellte Zahnärzt*innen                                    Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) dar?
                und Assistent*innen) dar?

                60                                                                                     60

                50                                                                                     50

                40                                                                                     40

                30                                                                                     30

                20                                                                                     20
                                                                                                                        39,1

                                                                                                                                                    33,7

                                                                                                                                                                                35,3
                                                             33,3

                                                                                         33,2

                                                                                                                                                           31,7
                                 32,9

                                        31,7

                                                                                                                                                                                       30,6
                                                                                  29,9
                                                        32

                                                                                                                                             22,9
                                                                                                                               28
                                                                                                23,2
                            25

                                                                                                                                                                         21,7
                                                                    19,5

                10                                                                                     10
                                                                                                                 18,9
                                                 15,2

                                                                           13,7

                                                                                                                                                                  12,4
                                                                                                                                      11,7
                                                                                                            14
                     10,4

                 0                                                                                     0
                            Ländlich                    Städtisch                 Gesamt                         Ländlich                    Städtisch                   Gesamt

                      Sehr gut             Gut             Ausreichend            Schlecht                  Sehr gut            Gut             Ausreichend              Schlecht

01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Ergebnisse der Befragung zur Versorgung im ländlichen Raum                                                                         19
ZAHNÄRZTLICHE VERSORGUNG FÜR PFLEGE-
BEDÜRFTIGE MENSCHEN UND MENSCHEN MIT
BEHINDERUNG
Die Zahl der älteren Menschen nimmt in Deutschland und auch in Baden-Württemberg weiter zu. Damit steigt
auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen. Wie bereits bei der Jugendzahnpflege umgesetzt, muss mit
der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft auch die Mundgesundheit dieser Menschen stärker in den
Fokus gerückt werden.

Die Rolle der Pflege in der Versorgung und dabei ins-   In Baden-Württemberg hat die Anzahl der Koopera-
besondere die häusliche Pflege muss gestärkt werden.    tionsverträge zwischen Vertragszahnärzt*innen und
Zur Verbesserung der Mundgesundheit werden des-         stationären Pflegeeinrichtungen in den letzten Jahren
halb zukünftig noch mehr Zahnärzt*innen als bisher      deutlich und stetig zugenommen. Trotz der Corona-
benötigt, die die vulnerablen Patient*innen vor Ort     Pandemie ist auch zwischen April 2020 und April 2021
versorgen. Zu überlegen sind niederschwellige Hol-      ein Anstieg von etwa fünf Prozent auf aktuell 688 Ver-
und Bringdienste. Das Thema muss aber auch ver-         träge zu verzeichnen.
stärkt Eingang in die universitäre zahnmedizinische
Ausbildung finden.                                      Entwicklung Kooperationsverträge
                                                        in Baden-Württemberg
Die Politik hat die Entwicklung des demografischen
Wandels durch verschiedene Gesetze in den letzten       800

Jahren aufgegriffen. Die in den letzten Jahren ein-     700
geführten neuen Leistungen für Pflegebedürftige und     600
Menschen mit Behinderungen, wie zum Beispiel eine       500
zweite Zahnsteinentfernung, eine Mundgesundheits-
                                                        400
aufklärung sowie die Erstellung eines Mundgesund-                                                   657    688
                                                        300
heitsplans für die bessere zahnärztliche Versorgung                                          504
                                                        200                           385
werden immer stärker in Anspruch genommen: die                                  315
                                                                      252
                                                        100
Fallzahlen stiegen im Jahr 2019 von Quartal zu Quar-          150
tal. Im Jahr 2020 war pandemiebedingt zunächst ein       0
                                                              2015   2016   2017      2018   2019   2020   2021
deutlicher Rückgang der Fallzahlen zu verzeichnen,
da der Zugang zu diesen Patientengruppen zeitwei-
se erschwert war. Ab der zweiten Jahreshälfte 2020      Die Verbesserung der Behandlung von Menschen mit
wurden die Behandlungsleistungen wieder auf dem         Behinderungen hat in Baden-Württemberg zudem seit
Vorjahresniveau in Anspruch genommen. Das ist ein       vielen Jahren ebenfalls einen hohen Stellenwert. Die
positives Zeichen, da diese Leistungen sehr wichtig     KZV BW und die AOK BW haben hier seit 2007 durch
sind, um den Erhalt der eigenen gesunden Zähne bis      eine zusätzliche, immer wieder angepasste Verein-
ins hohe Alter oder eine Versorgung mit Zahnersatz      barung zur besseren Versorgung von Patient*innen
für alle Menschen mit Pflegebedarf und Menschen mit     mit schweren körperlichen bzw. geistigen Einschrän-
Behinderungen im Land zu gewährleisten.                 kungen und multiplen Vorerkrankungen eine Vorreiter-
                                                        rolle eingenommen. Auch mit anderen gesetzlichen
                                                        Krankenkassen ist die KZV BW diesbezüglich in einem
                                                        regen und guten Austausch mit dem Ziel, dieses The-
                                                        ma weiterzuverfolgen und zu einer flächendeckenden
                                                        verbesserten Versorgung beizutragen.

20    01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Zahnärztliche Versorgung für pflegebedürftige Menschen
Verbesserungen bei der Parodontitis-Therapie               Da bei diesen Patient*innen nicht immer eine syste-
            Weitere Verbesserungen für die vulnerablen Gruppen         matische PAR-Behandlung durchgeführt werden kann,
            gibt es im Zusammenhang mit der neuen PAR-Richtli-         wurde für sie ein bürokratiearmer Zugang zur Paro-
            nie, die am 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist. Aufgrund   dontitis-Behandlung geschaffen, bei dem auch das
            des Vorstoßes der vertragszahnärztlichen Selbstver-        Antrags- und Genehmigungsverfahren entfällt.
            waltung konnten im Gemeinsamen Bundesausschuss
            entsprechende Regelungen konsentiert werden.               Die Behandlungsstrecke ist so gestaltet, dass die Be-
            Neben der systematischen PAR-Behandlung besteht            lastung der Behandlung deutlich gemindert wird. Nach
            damit eine niedrigschwellige Behandlungsalternative        der Behandlung erhalten die Versicherten zudem eine
            für Patient*innen,                                         gezielte strukturierte Nachsorge über zwei Jahre.
            · bei denen die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der
               Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist
            · die einer Behandlung in Allgemeinnarkose bedürfen
            · bei denen die Kooperationsfähigkeit nicht oder nur
               eingeschränkt gegeben ist.

01 Zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg – Zahnärztliche Versorgung für pflegebedürftige Menschen             21
Vertragszahn-
     ärzteschaft:
Blick nach innen
ZAHNÄRZT*INNEN IN ANSTELLUNG
Auch im vergangenen Jahr hat die Zahl der Zahnärzt*innen, die als Angestellte in einer Praxis tätig sind,
weiter zugenommen. Mit derzeit 2222 von insgesamt 8113 Vertragszahnärzt*innen in Baden-Württemberg
arbeitet mittlerweile über ein Viertel des gesamten Berufsstands in Anstellung. Dazu kommen 72 weitere, die
zusätzlich zu ihrer selbstständigen Tätigkeit noch ein Anstellungsverhältnis haben. Die Arbeit als angestellte
Zahnärztin oder angestellter Zahnarzt ist somit weit mehr als ein kurzfristiger Trend, vielmehr ist ihr Beitrag aus
der Versorgungslandschaft längst nicht mehr wegzudenken.

Im Vergleich der letzten vier Jahre ist ein stetiger An-   Selbstständig oder angestellt (m/w)
stieg bei den Angestelltenzahlen feststellbar – allein
seit 2018 um etwa 30 Prozent.
                                                           18 %
                                                                              9%
Anstieg der Anstellungsverhältnisse

2200

2000
                                                                  25 %
1800
                                                                                               48 %
1600
                                                 1463
1400                                1345
                        1223
1200        1082
                                                              Niederge-     Nieder-        Angestellt (w)   Angestellt (m)
1000                                                          lassen (m)    gelassen (w)
800

 600                                                       Darüber hinaus zeigt sich, dass die Arbeit in Anstel-
400                                  721         759       lung großenteils ein Modell für die erste Zeit des
             625        685
 200                                                       Berufslebens ist. Von den insgesamt 1201 Zahnärzt*innen
     0
                                                           unter 35 Jahren arbeiten 907 und damit über 75 Pro-
            2018        2019        2020         2021      zent als Angestellte. Zwischen 36 und 45 Jahren sind
                                                           es noch knapp 30 Prozent, in den höheren Altersgrup-
  Männer            Frauen                                 pen zusammengenommen nur noch rund 13 Prozent.
                                                           Für die Sicherstellung der Versorgung in den nächsten
Dieser Anstieg betrifft sowohl Zahnärztinnen als           Jahren und Jahrzehnten wird es insofern maßgeblich
auch Zahnärzte, wobei Frauen deutlich häufiger ein         darauf ankommen, die Tätigkeit als niedergelassene*r
Anstellungsverhältnis wählen. So sind etwa 42 Pro-         Zahnärzt*in attraktiv zu halten und mit kompetenter
zent aller Zahnärztinnen angestellt, dagegen aber          Beratung und guten Rahmenbedingungen für Exis-
nur 16 Prozent der Zahnärzte.                              tenzgründungen den Schritt in die Selbstständigkeit
                                                           zu fördern. Für die KZV BW ist die Schaffung positiver
                                                           Anreize für die Niederlassung und die aktive Unter-
                                                           stützung der Vertragszahnärzt*innen auf diesem Weg
                                                           ein zentraler Schwerpunkt ihrer Arbeit.

24       02 Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen – Zahnärzt*innen in Anstellung
PORTRÄT ANTONIA HOFFMANN

                                             »Bei einem Praktikum in einer Zahnarztpraxis habe
                                             ich meine Leidenschaft für die Zahnmedizin entdeckt.
                                             Mein Vater, auch Zahnarzt, ist da sicherlich ein Vor-
                                             bild für mich. Am meisten gefällt mir der Kontakt mit
                                             meinen Patient*innen. Das Feedback von Patient*in-
                                             nen, die beispielsweise mit Schmerzen kommen und
                                             dann schmerzfrei wieder gehen – das gibt mir am
                                             Ende des Tages große Zufriedenheit. Ich habe meine
                                             Assistenzzeit zum 1. April 2021 angefangen. Ich möchte
                                             auf jeden Fall erst mal im Angestelltenverhältnis
                                             bleiben. Ich fühle mich in der jetzigen Praxis mit dem
                                             Team sehr wohl. Hier noch eine Weile zu arbeiten,
                                             gefiele mir gut. Eine Niederlassung kann ich mir
                                             später mit einer Kollegin oder einem Kollegen gut
                                             vorstellen. Denn in einer Gemeinschaftspraxis ist die
                                             Familienplanung besser realisierbar.«
Bildrechte: Karl-Heinz Kuball
                                             Antonia Hoffmann (27)
                                             Zahnärztin in Assistenzzeit in der Praxis von ZA
                                             Christoph Kleindienst in Empfingen

                                      02 Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen – Porträt    25
ZIELGRUPPE ZAHNÄRZTINNEN
3476 Zahnärztinnen und 4637 Zahnärzte kümmern sich tagtäglich um die Zahn- und Mundgesundheit der
Versicherten und sorgen für eine flächendeckend stabile zahnmedizinische Versorgung in Baden-Württemberg.
Die Entwicklung der zurückliegenden Jahre mit dem stetig wachsenden Frauenanteil im ehemals männlich
dominierten Berufsstand setzt sich auch im Jahr 2021 fort. Der aktuelle Stand entspricht einem Verhältnis von
43 Prozent Frauen und 57 Prozent Männern. In den ersten Stadt- und Landkreisen ist das Verhältnis bereits
ausgeglichen beziehungsweise hat sich hin zu einer Mehrheit der Zahnärztinnen gewandelt.

Geschlechterverhältnis innerhalb der                          Für die Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-
Zahnärzteschaft                                               Württemberg ist dieser Wandel der Geschlechterstruk-
                                                              turen eine Tatsache, auf die es professionspolitisch
                                                              zu reagieren gilt. Insbesondere während der Corona-
                                                              Pandemie hat sich deutlich gezeigt, dass Frauen mit
                                                              anderen Problemen konfrontiert sind als ihre männ-
        43 %
                                                              lichen Kollegen. Gerade die Vereinbarkeit von Familie
                                                              und Beruf, die generell schon eine Herausforderung
                                                              darstellt, gestaltete sich in Pandemie-Zeiten noch
                                                              deutlich komplizierter. Einer Umfrage der KZV BW zu-
                                               57 %
                                                              folge befanden sich insbesondere die Zahnärztinnen
                                                              in einem permanenten Spannungsfeld zwischen der
                                                              zahnärztlichen Versorgung und der Kinderbetreuung –
   Zahnärzte                 Zahnärztinnen                    in vielen Fällen konnten keine zufriedenstellenden
                                                              Lösungen gefunden werden. Dies war für Frauen ein
Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren           viel größeres Problem als für Männer.
weiter fortschreiben, was sich einerseits in den jüngeren
Altersgruppen im Berufsstand und – deutlicher noch –          Die KZV BW widmet sich daher verstärkt den Interessen
bei den Studierenden im Fach Zahnmedizin abzeichnet.          der Zahnärztinnen und den Herausforderungen für
Auf Seite 28 sind die aktuellen Zahlen der Hochschulen        Zahnärztinnen. Regelmäßig erscheinen zwei News-
in Baden-Württemberg dargestellt, aus denen hervor-           letter, die sich mit gerade für Zahnärztinnen relevanten
geht, dass zuletzt gut drei Viertel der Studierenden          Themen befassen. Während der Newsletter „Alles
weiblich waren.                                               unter einen Hut“ das Thema Praxisalltag und Familie
                                                              in den Fokus nimmt, greift der Newsletter „Zahn & Zu-
Altersstruktur der Zahnärzteschaft (m/w)                      kunft“ wichtige Fragestellungen rund um das Thema
                                                              Anstellung auf. Auch sind Veranstaltungen in Planung,
                 437                                          die sich vornehmlich an die Zielgruppe Frauen richten.
 bis 35
                        764
                                                              Hier soll neben fachlichen Informationen und Schulungen
                          863
 36–45                                                        der Netzwerkgedanke im Vordergrund stehen. Die
                            1019
                             1172
                                                              spezifischen Informationsangebote für Zahnärztinnen
 46–55
                          923                                 verfolgen das Ziel, diese im Berufsalltag passgenau zu
 56–60
                             981                              unterstützen und dienen somit nicht zuletzt einer lang-
                 398
                                                              fristigen Sicherung der Versorgungsstrukturen im Land.
                     628
 61–65
              229
                    556
über 65
           143

          0            300         600   900    1200   1500

     männlich                weiblich

26        02 Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen – Zielgruppe Zahnärztinnen
PORTRÄT DR. OLGA WEBER

                                        »Ich habe in St. Petersburg Humanmedizin und
                                        später in Kasachstan an der Universität in Almaty
                                        Zahnmedizin studiert. Zuvor habe ich mit 15 Jahren
                                        schon eine Ausbildung zur Krankenschwester ge-
                                        macht. Mit Anfang 30 bin ich nach Deutschland
                                        gekommen. Innerhalb von zehn Jahren habe ich
                                        dann die Gleichwertigkeitsprüfung gemacht, Kinder
                                        großgezogen, eine neue Sprache gelernt – das war
                                        schon schwierig, aber ich möchte die Zeit und die
                                        interkulturellen Erfahrungen nicht missen. Wichtig ist
                                        dabei, dass man das macht, was einem Spaß macht
                                        und man zuversichtlich ist. Niedergelassen bin ich
                                        seit 2010, zusammen mit einem anderen Kollegen.
                                        In meinem Team haben wir acht Mitarbeiterinnen,
                                        zwei Auszubildende und eine weitere angestellte
                                        Zahnärztin. Das Schöne an meinem Beruf ist, dass
                                        ich Menschen helfen kann. Grundsätzlich verstehen
                                        wir unsere Praxis als Familienpraxis, das heißt, wir
                                        machen alles von Kinderbehandlung bis Implanto-
                                        logie. Die Behandlung von Angstpatient*innen unter
                                        Hypnose ist einer meiner Schwerpunkte. Das macht
Bildrechte: Walter Tübingen             den Praxisalltag sehr abwechslungsreich!«

                                        Dr. Olga Weber (50)
                                        Niedergelassene Zahnärztin
                                        in einer Praxisgemeinschaft in Tübingen

                                 02 Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen – Porträt    27
DIE VERSORGENDEN VON MORGEN
Eine gesicherte zahnmedizinische Versorgung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird maßgeblich
davon abhängen, wie attraktiv der Beruf der/des Zahnärzt*in wahrgenommen wird und wie viele junge
Menschen diesen Weg wählen. Neben der Entscheidung für ein zahnmedizinisches Studium ist es aber auch
von Bedeutung, wie groß die Bereitschaft unter den künftigen Generationen von Zahnärzt*innen ist, sich in
eigener Praxis niederzulassen und auf diese Weise einen Anteil an der Versorgung der Bevölkerung zu leisten.
Eine vorausschauende Analyse der Versorgungslandschaft durch die Selbstverwaltung ist der Schlüssel, um
dauerhaft stabile Strukturen zu gewährleisten. Gleichzeitig kann auch die Politik die notwendigen infrastruk-
turellen Rahmenbedingungen schaffen.

Zahnmedizinisches Studium                                 Erstsemester Zahnmedizin in
Betrachtet man die aktuellen Zahlen aus den Hoch-         Baden-Württemberg
schulen, erfreut sich das zahnärztliche Berufsfeld nach
wie vor großer Beliebtheit. Dem aktuellen Jahrbuch
                                                          250
der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV)
                                                          200
zufolge gab es 2019 die bislang höchsten Zahlen
                                                          150
sowohl bei den Neuimmatrikulierten für das Studium                                                        163
der Zahnmedizin, als auch bei den Approbationen.          100
                                                                                               91
Bundesweit gab es in diesem letzten Jahr der Auswer-       50         67
                                                                                  54
                                                                                               46          56
tung 2191 Neuimmatrikulierte und 2463 Approbationen.       0          25          18
                                                                  Sommer-      Sommer-      Sommer-       Winter-
                                                                  semester     semester     semester     semester
Auch im Land steigt die Anzahl der Studierenden im                  2018         2019         2020       2020/21

Fachbereich Zahnmedizin kontinuierlich. Waren im
                                                            Männer           Frauen
Sommersemester 2018 noch gut 1800 junge Menschen
an den Hochschulen in Baden-Württemberg in diesem
Fach eingeschrieben, so stieg diese Zahl bis zum          Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Zahnmedizin
Wintersemester 2020/21 auf knapp 1950.                    weiterhin ein beliebtes Berufsfeld ist und sich der
                                                          Berufsstand derzeit keine Sorgen um ausreichend
Studierende Zahnmedizin in Baden Württemberg              Nachwuchs machen muss. Gleichwohl ist bei der
                                                          Bereitstellung einer bedarfsgerechten Anzahl an
                                                          Studienplätzen seitens der Landespolitik auch darauf
                                                          zu achten, dass es aufgrund zusätzlicher Versorgungs-
2500
                                                          bedarfe etwa bei Pflegebedürftigen sowie einer sin-
2000                                                      kenden durchschnittlichen Wochenarbeitszeit künftig
1500
                                   1216
                                                          auch mehr Zahnärzt*innen braucht, um die Versor-
                         1205                1306
            1172
1000                                                      gung auf gleichbleibendem Niveau sicherzustellen.
 500
            635          655        664       636
     0                                                    Vertragszahnärztliche Existenzgründungen
          Sommer-      Sommer-    Sommer-     Winter-     Ein weiterer Faktor, der für die Sicherstellung einer flä-
          semester     semester   semester   semester
            2018         2019       2020     2020/21      chendeckenden, wohnortnahen Versorgung von großer
                                                          Bedeutung ist, betrifft die Niederlassungsbereitschaft
  Männer             Frauen
                                                          innerhalb der Zahnärzteschaft. Eine Niederlassung in
Beim Blick auf das erste Fachsemester zeigte sich         eigener Praxis ist für die große Mehrheit der Berufs-
zuletzt ebenfalls ein deutlicher Anstieg auf insgesamt    einsteiger*innen nach wie vor das Ziel. Eine forsa-Um-
219 Studierende, wobei knapp drei Viertel davon           frage der KZV BW im Jahr 2019 unter 400 angestell-
weiblich waren.                                           ten Zahnärzt*innen ergab, dass bei der Gruppe bis

28       02 Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen – Die Versorgenden von morgen
35 Jahre mehr als drei Viertel der Befragten plant, sich              Anzahl Gründer*innen
nach einem überschaubaren Zeitraum in Anstellung
selbständig zu machen. Die Zahlen der Existenzgrün-
                                                                      120
dungen bei personengebundenen Praxen wie Einzel-
                                                                      100
praxis oder Berufsausübungsgemeinschaft bewegen
                                                                      80
sich in den letzten drei Jahren auf gleichbleibendem
Niveau. Nicht berücksichtigt sind in dieser Auswertung                60

                                                                             119

                                                                                                 114

                                                                                                                  105
Praxen, die eine Gesellschaft als Inhaber haben.                      40

                                                                                                                        23
                                                                                                       16
                                                                      20

                                                                                   10
Entwicklung Existenzgründungen

                                                                                                              0
                                                                                          1

                                                                                                                               1
                                                                       0
                                                                                   2018                2019             2020

150
                                                                        1 Gründer*innen       2 Gründer*innen
125
                                                                        3 oder mehr Gründer*innen
100
                                                                129

 75
                                                                      Die Grundlagen für eine dauerhafte Sicherstellung
                       130

                                            130

50
                                                                      der Versorgung sind somit vorhanden. Die bestehen-
                                                       87
             76

                                   73

                                                            8

25
                              49

                                                                      den Veränderungsprozesse werden von der KZV
      44

                  10

                                                  34
                                        8

 0                                                                    BW aktiv begleitet. Auch die Politik hat jedoch eine
             2018                   2019               2020
                                                                      Bringschuld, insbesondere beim Abbau von zu hohen
                                                                      Bürokratielasten, die in der Lage sind, den Gründer-
  Neugründung                Übernahme
                                                                      geist zu bremsen. Konkrete Vorschläge dazu werden
  Sonstige                   Gesamt
                                                                      seitens der vertragszahnärztlichen Selbstverwaltung
                                                                      regelmäßig formuliert.
Zu beobachten ist jedoch ein Trend hin zu mehr
Kooperationen.

                                   02 Vertragszahnärzteschaft: Blick nach innen – Die Versorgenden von morgen                      29
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