Erwachsenenbildung in Europa - Ihre internationale Dimension

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Wilhelm Filla

                Erwachsenenbildung
                        in
                     Europa

            Ihre internationale Dimension

      Einführung in die europäische Erwachsenenbildung
  am Beispiel ausgewählter Länder, Diskussionen und Projekte

                           Skriptum IV
                             Südtirol

         Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) –
          Pädagogische Arbeits- und Forschungsstelle (PAF)

                             Wien 2009
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Inhalt

Geschichte, Geografie und politische Struktur                                Seite   2
Geschichte der Erwachsenenbildung in Südtirol                                Seite   2
      Volkshochschulen und Uranias                                           Seite   3
      Bildungshäuser                                                         Seite   4
Modernisierungsschritte                                                      Seite   5
Entwicklungsmerkmale                                                         Seite   5
Institutionelle Struktur                                                     Seite   6
      a) Deutschsprachige Einrichtungen der Erwachsenenbildung               Seite   6
      b) Italienischsprachige Einrichtungen der Erwachsenenbildung           Seite   7
Strukturelle Merkmale der Südtiroler Weiterbildung                           Seite   7
Exkurs: Universität in Südtirol                                              Seite   8
Verwaltung und Gesetzgebung zur Erwachsenenbildung                           Seite   9
Qualitätsauflagen für die Förderung                                          Seite 12
Teilnahmezuwachs und „Verberuflichung“ als Konsequenzen
des Gesetzes                                                                 Seite 14
Programm- und Angebotsstruktur                                               Seite 15
Finanzierung der Weiterbildung                                               Seite 17
Die öffentliche Struktur der Weiterbildung                                   Seite 18
      a) Weiterbildungsämter                                                 Seite 18
      b) Bildungsausschüsse                                                  Seite 20
Weiterbildung aus Sicht der Bevölkerung                                      Seite 21
Schwerpunkte der aktuellen Entwicklung                                       Seite 23
Neuausrichtung der Förderung                                                 Seite 24
Mängel                                                                       Seite 25
Projekttätigkeit                                                             Seite 26
Vorteile                                                                     Seite 26
Generelle Probleme der Südtiroler Erwachsenenbildung                         Seite 26
Perspektiven                                                                 Seite 27
Aktuelle Beurteilung der Südtiroler Weiterbildung                            Seite 28
Kooperation mit Österreich                                                   Seite 30

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Erwachsenenbildung in Südtirol
Über Erwachsenenbildung in Südtirol ist nicht nur in Österreich wenig bekannt. Südti-
rol ist gemeinsam mit dem Trentino eine der 19 Regionen Italiens, hat aber eine Er-
wachsenenbildung, die sich von der des Gesamtstaates deutlich unterscheidet. Die
Erwachsenenbildung in Südtirol ist jedoch aus einer Reihe von Gründen so interes-
sant, dass es sich lohnt, sie wie die eines Staates zu behandeln und in einen Länder-
vergleich einzubeziehen. Obwohl Österreich im gesamteuropäischen Vergleich mit
seiner Erwachsenenbildung relativ gut dasteht, hat die Erwachsenenbildung in Südti-
rol gesetzliche Rahmenbedingungen, die denen der österreichischen Erwachsenenbil-
dung deutlich überlegen sind. Alles das rechtfertigt eine ausführliche Beschäftigung
mit Südtirol, zumal dazu keine breite, aber eine doch aussagekräftige Literatur vor-
handen ist. Diese Fachliteratur bezieht sich allerdings weitgehend auf die deutschspra-
chige Südtiroler Erwachsenenbildung.

Literatur:
Lorenz Barbieri:: 50 Jahre VHS Urania Bozen. In: Urania Bozen 50 Jahre. Veranstaltungen – Festakt –
Geschichte. Bozen 1999.
Hubert Bertoluzza: 1970-2000: Die Südtiroler Weiterbildungslandschaft. Unveröff. Referat beim Tag
der Weiterbildung 2006.
Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Südtirol. In: Die Österreichische Volkshochschule. 58. Jg., Nr.
225, September 2007, S. 23-28.
Leo Hillebrand: Im Zeichen der Urania: Bruno Pokorny. Ein Südtiroler Bildungspionier. Meran 2001.
Friederike Holzbauer: Das Wort ergreifen. Ein Alphabetisierungsprojekt für Erwachsene. Meran 2007.
Barbara Pixner: Volkshochschulen in Südtirol. In: Die Österreichsiche Volkshochschule. 59 Jg.,
Nr. 229, September 2008, S. 35.
Elisabeth Ramoser: Alphabetisierung mit ImmigrantInnen. Unveröff. Referat bei den 49. Salzburger
Gesprächen 2006 des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen.
Symposium „Weiterbildungsanbieter zwischen Koordinierung, Kooperation und Konkurrenz“. Öster-
reich, Schweiz und Südtirol im Vergleich. 1. – 3. September 2002. Strobl 2003. (Unveröff.)
Isidor Trompedeller: Weiterbildung in Südtirol. In: Europahandbuch Weiterbildung. 17. September
1999, S. 1-14.
Ders.: Institutionenförderung durch die öffentliche Hand am Beispiel der Weiterbildung in Südtirol.
Vorarlberger Erwachsenenbildung. Dokumentation der Enquete „Bildungsfinanzierung“, S. 9-11. Bre-
genz 2002.

Wenig bekannt ist über die italienische Erwachsenenbildung in Südtirol, über die,
zumindest in deutscher Sprache, kaum Literatur vorliegt. Generell lässt sich feststel-
len, dass die Weiterbildungslandschaft auch im kleinen Südtirol wie in anderen Län-
dern auch, äußerst vielfältig und zum Teil sogar unübersichtlich ist.

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Geschichte, Geografie und politische Struktur

Südtirol bildet seit dem Zweiten Weltkrieg mit dem Trentino eine der 19 Regionen
Italiens und ist innerhalb der Region eine autonome Provinz. Zu Italien kam Südtirol
1918, vorher gehörte es zu Österreich. Auch nach dem Ersten Weltkrieg bleibt der
österreichische Einfluss spürbar – gerade auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschsprachige Kulturpflege wieder erlaubt
war, konnte sich die Erwachsenenbildung gut entwickeln.

Südtirol ist bekanntermaßen multiethnisch. Im Land mit seinen – nach der Volkszäh-
lung 2001 – rund 463.000 Einwohner/innen leben drei Sprachgruppen. Knapp
zwei Drittel der Südtiroler/innen (296.461) gehören der deutschsprachigen Bevölke-
rung an, ein Viertel (113.494) der italienischen Bevölkerungsgruppe. Die Minderheit
der Ladiner/innen wird mit 18.736 Personen beziffert, das sind rund 4 Prozent. Der
„Rest“ von 34.308 Personen sind „Andere“, das heißt vor allem Zuwander/innen. In
der Landeshauptstadt Bozen ist das Verhältnis umgekehrt. Von den rund 100.000
Einwohner/innen der Stadt gehören rund 25.000 der deutschen Sprachgruppe an.

Eine Besonderheit Südtirols ist, dass die Kulturpolitik und auch die Erwachsenenbil-
dung nach Sprachgruppen getrennt organisiert sind. Dies schlägt sich im Bildungsan-
gebot der Institutionen nieder, die entweder in deutscher oder in italienischer Sprache
sowie in Ladinisch anbieten - jeweils für Angehörige einer Volksgruppe. (Die Sprach-
grenzen verwischen sich aber in der Praxis der Weiterbildung zunehmend.)

Einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung des Landes brachte die Zeit des Faschis-
mus mit sich. Den Erwachsenenbildungsvereinen wurde jegliche deutschsprachige
Kulturtätigkeit verboten. Nur in kirchlichen Kreisen konnte weiterhin auch in deut-
scher Sprache Erwachsenenbildung betrieben werden, die allerdings während des Fa-
schismus kaum entwickelt war.

Gegenwärtig kennt Südtirol keine nennenswerten wirtschaftlichen Probleme. Politisch
wird das Land seit 1948 durch die Südtiroler Volkspartei dominiert, die über eine ab-
solute Mehrheit verfügt und eng mit der Regionalzeitung Dolomiten verbunden ist.
Die Partei weist unterschiedliche Strömungen auf.

Geschichte der Erwachsenenbildung in Südtirol

Der Beginn der institutionalisierten Erwachsenenbildung im ländlich-kleinstädtischen
Südtirol lässt sich in die erste Hälfte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts datie-
ren. Eine möglicherweise davor bestehende Erwachsenenbildung ist bis heute nicht
näher erforscht. Neueste Forschungsarbeiten zeigen jedoch, dass in Südtirol bereits

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knapp nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert „Volkstümliche Universitätsvor-
träge“, insbesondere von der Universität Innsbruck ausgehend, durchgeführt wurden.
(Vgl. Zentralblatt für Volksbildungswesen. 2. Jg., 1902, Nr. 1/2, S. 23 ff.)

Der Beginn der Südtiroler Erwachsenenbildung ist jedenfalls das Produkt eines inter-
kulturellen Transfers im doppelten Sinn: von Österreich und auch Deutschland nach
Südtirol und von Groß- in Kleinstädte.

Volkshochschulen und Uranias

Nach dem Vorbild der Wiener Urania wurde 1923 die Urania Meran durch einen
Wiener Erwachsenenbildner, der in Meran als Mittelschullehrer wirkte, gegründet.
Wenig bekannt ist in diesem Zusammenhang, dass es in Bozen bereits 1922 einen
"Urania-Volksbildungsverein" gab, der vom Rechtsanwalt Dr. Gustav Pichler gelei-
tet wurde und sich vor allem der Philosophie annahm. Der Verein dürfte allerdings
nur einen Winter lang tätig gewesen sein und ist möglicherweise dem Druck der fa-
schistischen Machthaber zum Opfer gefallen. Vermutlich sind von Wien aus erste
Urania-Vorträge schon vor dieser Zeit in Südtirol durchgeführt worden.

Bertoluzza weist auf die Gründung einer Urania in Bozen hin, die bald nach der
Gründung in Meran erfolgte. In der faschistischen Zeit fiel diese Einrichtung der
Schließung anheim.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden bis 1970 – auf das ganze Land verteilt – 50
Volkshochschulen. Ungefähr im gleichen Tempo wuchs das Katholische Bildungs-
werk, das 1949 aus der Katholischen Laienbewegung entstand. Innerhalb des Katholi-
schen Bildungswerkes begannen sich ab 1958, unterstützt vom Österreichischen Bor-
romäuswerk, also wieder eine Form des institutionellen Kulturtransfers, die Volksbü-
chereien zu organisieren. Innerhalb von zehn Jahren wurden 250 derartige Bibliothe-
ken in ganz Südtirol aufgebaut und ab 1960 von der Landesregierung gefördert.

Ein Spezifikum der Südtiroler allgemeinen Erwachsenenbildung ist, dass Uranias
eine starke Rolle einnehmen, die großteils im Rahmen des Südtiroler Volkshoch-
schulverbandes agieren. Das gilt insbesondere für die größte Urania, die 1949 in Bo-
zen gegründete. Sie hatte bis in die siebziger Jahre ihren Schwerpunkt auf dem Vor-
tragssektor, geriet in eine Krise, die Teilnehmer/innen blieben aus und Refe-
rent/innen (Vortragende) konnten immer schwerer gewonnen werden. Sie hat sich
seither mit Kursen und einem üblichen Volkshochschulprogramm aus dieser Krise –
noch lange vor dem Südtiroler Weiterbildungsgesetz – heraus gearbeitet und moder-
nisiert. In den neunziger Jahren kam als weiterer Modernisierungsschritt die Konzent-
ration auf EDV-Programme hinzu, die auch in kleineren Uranias/Volkshochschulen

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mehr und mehr in das Angebot aufgenommen wurden. Sprachen wurden ein zweiter
Schwerpunkt.

Bildungshäuser

Zu einer starken Säule der Südtiroler Erwachsenenbildung entwickelten sich bald die
Bildungshäuser. Das erste von ihnen hat bereits 1947 seinen Betrieb in Lichtenstein
am Ritten mit einem betont religiösen Programm aufgenommen. Unter starkem Ein-
fluss aus Bayern wurde 1955 das erste "klassische" Bildungshaus errichtet: das Volks-
bildungsheim St. Georg Sarns. Es führte vier- bis fünfwöchige Kurse in Internatsform
durch und hatte großen Zulauf.

1963 wurde das Bildungshaus Lichtenburg geschaffen, das sich vor allem auf Ehevor-
bereitung konzentrierte. Zuvor, 1962, wurde die Cusanus-Akademie als Stätte des
Dialogs zwischen Kirche und Welt eröffnet und 1970 wurde vom Chorherrenstift das
Tourismuszentrum Neustift geschaffen. Später kamen noch das Bibelzentrum sowie
ein Ökozentrum dazu. Es gab auch weitere Gründungen.

Ein internationaler Vergleich zeigt, dass in Dänemark, dem Stammland der Heim-
volkshochschulen, ein Bildungshaus auf 55.000 Einwohner/innen kommt, in Südtirol
auf rund 60.000 Einwohner/innen. (Insgesamt gibt es gegenwärtig in Nordeuropa rund
400 Heimvolkshochschulen oder Bildungshäuser.)

Zuletzt gab es für die deutsche Sprachgruppe sechs Bildungshäuser. 2005 wurde ei-
nes, nämlich St. Georg Sarns, geschlossen. Es gibt eine Diskussion, ob noch ein wei-
teres Haus geschlossen werden soll, da der Betrieb eines Bildungshauses finanziell
sehr aufwendig ist. Nimmt man zu einem weiteren internationalen Vergleich die Be-
völkerungszahl zur Grundlage, dann hat das 300.000 Personen zählende deutschspra-
chige Südtirol auch mit fünf „Häusern“ fast so viele wie Finnland mit seinen 5,2 Mil-
lionen Einwohner/innen und 91 Heimvolkshochschulen. Für die italienische Bevölke-
rung, die vorwiegend in den größeren Städten lebt, gibt es keine Bildungshäuser in
Südtirol.

Bertoluzza definiert Bildungshäuser als Einrichtungen, die
•   den Teilnehmer/innen Unterkunft und Verpflegung bieten,
•   ein eigenes Weiterbildungsprogramm aufweisen – also keine bloßen „Veranstal-
    tungsgaragen sind, in die man sich einmieten kann,
•   für Weiterbildungstätigkeiten zur Verfügung stehen.

Bildungshäuser sind nach offizieller Lesart „ein wichtiger Bestandteil in der Weiter-
bildungslandschaft ... als Anbieter aber auch als Gastgeber“ (Bertoluzza).
Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Die Zahl der Eigenveranstaltungen stieg in den Südtiroler Bildungshäusern im Zeit-
raum von 1994 bis 2005 um 37 Prozent, die Zahl der Gastveranstaltungen dagegen
nur um 15 Prozent. Die eigene pädagogische Tätigkeit wird als Stärke der Bildungs-
häuser betont. Rückläufig ist, und das entspricht einem internationalen Trend, die
durchschnittliche Dauer der Veranstaltungen.

Modernisierungsschritte

Eine Wendemarke in der Entwicklung der Erwachsenenbildung in Südtirol stellt das
Jahr 1969 dar. Nach Einflüssen aus Deutschland wurden neue Formen der Gruppen-
methodik eingeführt, die dem dominierenden Frontalunterricht gegenübergestellt wur-
den. Allgemein formuliert, kann man von einer ersten methodisch-didaktischen
Modernisierung sprechen. Bald danach wurde in der Landesverwaltung ein eigenes
Amt für Weiterbildung geschaffen. Es kam zur Gründung neuer Einrichtungen und
die Kirche stellte in ihren Einrichtungen zusätzliches Personal ein. Damit begann eine
institutionelle Modernisierung der Südtiroler Erwachsenenbildung, die bis heute
anhält und prägend wirkt.

Entwicklungsmerkmale

Insgesamt hat sich die – deutschsprachige - Erwachsenenbildung in Südtirol
nach dem Zweiten Weltkrieg – gar nicht selbstverständlich – auf dezentraler
Basis mit der Tendenz zur Flächendeckung entwickelt.

Ein zweites Entwicklungsmerkmal besteht darin, dass immer wieder Einflüsse
aus dem Ausland, insbesondere Deutschland und Österreich, aufgegriffen und in
eine reale Praxis umgesetzt wurden. Formen des interkulturellen Transfers spie-
len in der Erwachsenenbildung Südtirols seit dem Ersten Weltkrieg eine bedeut-
same Rolle.

Die Entwicklung der Erwachsenenbildung wird in Südtirol in mehrere Phasen ge-
gliedert:
Bis Ende der 60er Jahre                  Pionier- und Gründungsphase
1971-1992                                 Aufbauphase mit Erarbeitung eines Weiterbil-
                                          dungsplanes und Verabschiedung des Gesetzes
1992-2005                                 Qualitative Entwicklung und Qualitätssicherung
ab 2006                                  Konsolidierungsphase und Überlegungen für
                                         die zukünftige Entwicklung

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Institutionelle Struktur
Obwohl das Land von seiner Größe her eher einem kleineren österreichischen Bun-
desland entspricht, hat es eine institutionell vielfältige Weiterbildungsszene, die nach
Sprachgruppen segmentiert ist. Die Zahl der deutschsprachigen Weiterbildungsein-
richtungen ist weit größer als die der italienischen. Auf deutscher Seite nahmen und
nehmen die privaten Organisationen und Bildungshäuser nach deutschem und öster-
reichischem Muster seit jeher einen hohen Stellenwert ein, während auf italienischer
Seite eher der Staat, die Gewerkschaften und die Schule bestimmend waren und sind.

a) Deutschsprachige Einrichtungen der Erwachsenenbil-
    dung (demonstrative Aufzählung)
    •   Deutsche und ladinische Berufsbildung
    •   Land-, forst- und hauswirtschaftliche Berufsertüchtigung
    •   Alpha & Beta
    •   Amt für Arbeitsmarkt – ESF Dienststelle
    •   AZB – Arbeitsgemeinschaft Zweiter Bildungsweg
    •   Bildungshaus Lichtenstern am Ritten
    •   Bildungshaus Kloster Neustift
    •   Bildungshaus Schloß Goldrain
    •   Haus der Familie
    •   Kardinal Nikolaus Cusanus-Akademie
    •   Katholisches Bildungswerk
    •   Kulturverein Brixen, eine eigenständige Volkshochschule
    •   KVH Bildungs- und Erholungshaus
    •   KVW-Bildungsreferat
    •   rainbow
    •   Südtiroler Bauernbund
    •   Verband der Volkshochschulen Südtirols
    •   Volkshochschule Meraner Urania
    •   WIFI – Wirtschaftsförderungsinstitut
    •   Zentrum für Permanente Weiterbildung

Zu den Einrichtungen der „allgemeinen Weiterbildung“ kommen einige Landesein-
richtungen wie die Haushaltungs- und Landwirtschaftsschulen, die Berufsschulen und
Rechtenthal als Einrichtung des Pädagogischen Instituts.
Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Im Sinn der institutionellen Struktur der österreichischen Erwachsenenbildung wird
man auch das Bibliothekswesen zur Weiterbildung in Südtirol rechnen können, zumal
ein Verband der Bibliotheken besteht und in Bozen eine „Lernende Bibliothek“ agiert.

b) Italienischsprachige Einrichtungen der Erwachsenenbil-
   dung
    •   CEDOCS
    •   CLS
    •   UPAD
    •   CESFOR

Neben diesen vier großen italienisch-sprachigen Weiterbildungsanbietern gibt es auf
italienischer Seite mehr als zwei Dutzend kleine Anbieter.

Für die deutsch sprechende Bevölkerung sind insgesamt 216 Einrichtungen unter-
schiedlicher Art tätig, die Weiterbildung anbieten. Bei manchen Einrichtungen erfol-
gen Weiterbildungsaktivitäten „nebenbei“ – zum Beispiel beim Bauernverband. Nicht
alle dieser Einrichtungen fallen unter die öffentliche Förderung. Auf der Basis des
„Südtiroler Weiterbildungsgesetzes“ (siehe unten) werden 15 Einrichtungen gefördert.

Insgesamt ist die Trägerschaft der Weiterbildung vielfältig:
    •    Öffentlich-rechtliche Institutionen (Land, Gemeinden, Schulen)
    •    Halböffentliche Einrichtungen (Pädagogische Institute, Handelskammer)
    •    Betriebe
    •    Gewinnorientierte Institutionen
    •    Non-Profit-Organisationen (Gemeinnützige Einrichtungen)
    •    Einzelpersonen und selbst organisierte Gruppen

Strukturelle Merkmale der Südtiroler Weiterbildung

An der kurzen Übersicht über die Institutionen der Südtiroler Erwachsenenbildung
fallen mehre Charakteristika auf.
1) Die inhaltliche Struktur ähnelt von einem gravierenden Unterschied abgesehen
im Großen und Ganzen der in Österreich. Der Unterschied liegt darin, dass es in Süd-
tirol auf deutschsprachiger Seite keine explizit arbeitnehmer-bezogenen Einrichtungen
wie das Berufsförderungsinstitut oder die Österreichische Gewerkschaftliche Bildung
Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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gibt. Kammern und Berufsverbände haben eigene Weiterbildungsstrukturen aufge-
baut.
2) Das Eigenleben der Meraner Urania, die nicht zum Volkshochschulverband ge-
hört, ist bemerkenswert. Von ihrem Tätigkeitsprofil hätte diese Einrichtung nach 1945
als Mitglied in den Volkshochschulverband gepasst. Dieses Eigenleben hatte lange
Zeit auch Ursachen, die in der Person des Pioniers und langjährigen Präsidenten der
Meraner Urania, Bruno Pokorny, lagen. Eine eigenständige Volkshochschule ist auch
der Kulturverein Brixen.
3) Der Südtiroler Volkshochschulverband weist deutliche Unterschiede zu den ös-
terreichischen Volkshochschulverbänden auf. Er setzt sich nämlich "aus den VHS
Ortsstellen (Urania), aus Kultur- und Heimatpflegevereinen und aus verschiedenen
anderen angeschlossenen Vereinen zusammen." (Volkshochschulen Südtirol, Herbst
1999, S. 1) Man kann das so verstehen, dass im "Verband" auch Einrichtungen vertre-
ten sind, die in Österreich bei den Bildungswerken angesiedelt wären. Insgesamt gibt
es 16 Ortsstellen.
4) In der Südtiroler Erwachsenenbildung dominieren katholische Einrichtungen,
zumal auch die Volkshochschulen zum Teil einem katholischen Bildungsverständnis
verpflichtet sind.
5) Im Vergleich zu Österreich besteht eine – relativ - größere Zahl an kostenintensi-
ven Bildungshäusern, wenn man die Einwohner/innenzahl zur Grundlage des Ver-
gleichs macht.
6) Weiterbildung ist in Südtirol in Forschung und Lehre nicht universitär verankert.
7) Für viele Anbieter steht Weiterbildung nicht im Zentrum ihrer Tätigkeit. Hier han-
delt es sich vielfach um „beigepackte“ Bildungstätigkeit, wie Wiltrud Gieseke dies
nennt. Ein Beispiel ist der Bauernverband, der Weiterbildungsveranstaltungen durch-
führt.

Exkurs: Universität in Südtirol

Am 31. Oktober 1997 wurde die Freie Universität Bozen (FUB) als nichtstaatliche
Universität, die aber staatlich anerkannte Studientitel verleiht, gegründet. Die aus den
Fakultäten Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Design und Künste sowie Bil-
dungswissenschaften bestehende Lehrstätte bietet praxisnahe Bachelor-Studiengänge
an, die besonders auf die Bedürfnisse der Südtiroler Unternehmen ausgerichtet sind.
Sie wird nahezu ausschließlich aus Landesmitteln finanziert und hat ein Jahresbudget
von rund 35 Millionen Euro.

Derzeit (Stand 2004) hat die FUB rund 2.000 Student/innen aus 30 Ländern und 400
Lehrende, von denen nur zehn Prozent in Bozen wohnen. Alle Lehrveranstaltungen
sollen in Deutsch, Italienisch und Englisch abgehalten werden, wobei sich allerdings
Deutsch als vorherrschende Sprache erweist.

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Die FUB ist als „Nischenuniversität“ konzipiert und strebt nicht mehr als 3.000 Stu-
dierende an. Derzeit beträgt die Studiengebühr 950 Euro im Jahr. (Vgl. Wiener Zei-
tung vom 25. August 2004.)

Im Pädagogik-Angebot der FUB ist das Fach Weiterbildung derzeit nicht enthalten.

Verwaltung und Gesetzgebung zur Erwachsenenbil-
dung

Im Zuge einer Aufbruchstimmung in der Südtiroler Weiterbildung wurde 1969 eine
Arbeitsgemeinschaft für Weiterbildung zu Koordinationszecken gegründet. Auf ihre
Anregung hin wurde 1971 eine eigene Dienststelle – ab 1981 Amt – für Weiterbildung
eingerichtet.

1973 gab die Südtiroler Landesregierung eine Bildungsplanung in Auftrag, in die
Erwachsenenbildung in einer Weise und einem Ausmaß einbezogen wurde, wie das in
Österreich bis heute nicht der Fall ist. In der Erwachsenenbildung in Österreich war
1973 und noch viele Jahre später der Begriff „Bildungsplanung“ weitgehend verpönt.

Der Plan wurde in enger Kooperation mit den Weiterbildungseinrichtungen bis 1978
erstellt. Hauptinhalt war die Struktur eines Weiterbildungsgesetzes, das den Landtag
allerdings mit einer gehörigen Zeitverzögerung, 1983, passierte. Es stellt die Grundla-
ge der bis heute bestehenden Struktur der Weiterbildung in Südtirol dar. Damit wurde
ein eigenständiger Entwicklungsweg eingeschlagen. Er orientierte sich an den deut-
schen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie an der
Schweiz und Dänemark – bezeichnenderweise nicht an Österreich. (Die Orientie-
rung am damals sozialdemokratischen Nordrhein-Westfalen wurde bei einem Infor-
mationsgespräch mit Verantwortlichen der Südtiroler Weiterbildung im November
2005 bestätigt.)

Hier liegt der Ansatz für einen interkulturellen Transfer auf legistischem Gebiet
vor, wie dies in dieser Form in Europa nicht häufig vorgekommen ist.

Die verwaltungsmäßige Umsetzung des Gesetzes wurde zwei – nach Sprachgesichts-
punkten voneinander getrennten – Ämtern überantwortet. Dies ist europaweit selten,
aber nicht singulär. Etwas Ähnliches gibt es beispielsweise in Belgien. Beim jüngsten
Informationsgespräch mit Verantwortlichen der Südtiroler Weiterbildung war auch
die Rede von einer Stelle in der Kulturabteilung des Landes für die ladinische Bevöl-
kerung.

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Zentrale Ziele des Südtiroler Weiterbildungsgesetzes 1983 (Landesgesetz vom 7.
November 1983, Nr. 41. Regelung der Weiterbildung und des öffentlichen Biblio-
thekswesens – seither durch weitere Gesetzesmaterien ergänzt) sind:
•    Der Aufbau starker und leistungsfähiger Organisationen (Bildungseinrichtungen),
     um ein Recht auf Weiterbildung garantieren zu können.
•    Die Dezentralisierung der Angebote, um möglichst alle Bürger/innen ansprechen
     zu können und
•    die flächendeckende Bedarfsdeckung durch wohnortnahe Angebote.

Das Ziel dieses Gesetzes soll auf drei Wegen erreicht werden, die lokal und instituti-
ons-orientiert sind:
•    durch freie und professionell agierende Weiterbildungseinrichtungen,
•    durch die – möglicherweise sogar europaweit - singuläre Einrichtung der lokalen
     Bildungsausschüsse in den Gemeinden,
•    die ein zentral erstelltes Weiterbildungsangebot dezentral umsetzen und lokale
     Initiativen koordinieren.

Weiterbildung wird seither als 4. „Säule“ des Bildungssystems verstanden.

Gesellschafts- und bildungspolitisch steht der Gedanke hinter dem Weiterbildungs-
gesetz, die – unbestrittene – Tendenz zur Zentralisierung der Weiterbildung „von
oben“ durch das Gesetz selbst, mit der Dezentralisierung und einer „von unten“ kom-
menden Struktur, wie sie in den gewählten Bildungsausschüssen zum Ausdruck
kommt, zu verbinden. Allerdings „funktionieren“ die Bildungsausschüsse in der Pra-
xis durchaus unterschiedlich.

Die Ordnungsprinzipien des Gesetzes – Freiwilligkeit der Teilnahme, Träger- und
Angebotspluralismus, öffentliche Verantwortung privater Organisationen - sind mit
den einschlägigen Gesetzen in Deutschland und Österreich vergleichbar, die zentrale
Konsequenz (verbindliche Personalförderung und Strukturförderung in der Erwachse-
nenbildung) allerdings am ehesten noch mit deutschen Ländergesetzen, wie sie in den
siebziger Jahren verabschiedet wurden, aber in keiner Weise mit dem österreichischen
„Erwachsenenbildungs-Förderungsgesetz“ aus dem Jahr 1993.

Südtiroler Prinzipien, die dem „Weiterbildungsgesetz 1983“ zugrunde liegen (siehe
oben) sind:
•    subsidiäre Förderung durch den Staat (das Land),
•    Träger- und Angebotspluralismus,
•    öffentliche Verantwortung privater Organisationen,
•    Flächendeckung,

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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•   allgemeine Zugänglichkeit der Angebote,
•   Freiwilligkeit der Teilnahme.

Die zentrale Konsequenz des Gesetzes war und ist die Professionalisierung der
Erwachsenenbildung durch die Pflichtfinanzierung des Personals.

Ähnlich wie das in Nordrhein Westfalen in den siebziger Jahren der Fall war, sieht
das Südtiroler Gesetz eine sehr detaillierte Pflichtfinanzierung des Personals durch
das Land nach folgendem Schlüssel vor:
•   ab 1.800 Weiterbildungsstunden Jahresleistung bzw. 1.500 Teilnehmertagen
    (TNT) bei Bildungshäusern eine Sekretariatskraft,
•   ab 2.400 Weiterbildungsstunden bzw. 2.000 TNT eine pädagogische Kraft und
•   ab 4.000 Weiterbildungsstunden bzw. 3.500 TNT eine zweite pädagogische Kraft.

Finanziert werden maximal drei Mitarbeiter/innen in einer Einrichtung. Das kommt
einer Deckelung gleich. Diese Finanzierung erfolgt in Südtirol zu ortsüblichen Tari-
fen zu 100 Prozent und richtet sich nach den Gehältern des Landespersonals. Aus-
gangspunkt aller Berechnungen und Subventionszuteilungen sind geleistete Weiter-
bildungsstunden beziehungsweise Teilnehmertage und nicht geplante.

Der 1950 als „Verband der Volksbildungsvereine Südtirols“ geschaffene und 1964 als
„Verband der Volkshochschulen Südtirols“ gegründete „Verband“ hat sechs hauptbe-
rufliche Mitarbeiter/innen und darüber hinaus rund 60 ehrenamtliche Mitarbei-
ter/innen.

Entscheidend ist, gerade auch im Hinblick auf aktuelle Finanzierungsdiskussionen in
Europa, dass es sich in Südtirol vorrangig um eine institutionelle Förderung handelt
und nicht um eine Teilnehmer/innenfinanzierung.

Die Garantien seitens des Landes, auf die ein einklagbarer Rechtsanspruch besteht,
haben den Weiterbildungseinrichtungen viel Planungssicherheit ermöglicht, die in
Österreich mehr und mehr abnimmt. Jüngste Bestrebungen des Bundes, die auf der
Regierungserklärung des Jahres 2007 beruhen, mit den in der KEBÖ zusammenge-
schlossenen Verbänden der Erwachsenenbildung mehrjährige Förder- oder Leistungs-
verträge abzuschließen, könnten diese Tendenz wieder umkehren und die Planungssi-
cherheit steigern.

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Qualitätsauflagen für die Förderung

Das Gesetz beinhaltet bei der Förderung auch Qualitätsauflagen, die allerdings keine
unüberwindbaren Hürden für einigermaßen professionelle Einrichtungen darstellen.
An diesen Auflagen hat sich zur Zeit der Verabschiedung des Gesetzes in Österreich
Kritik entzündet, und zwar aus Richtungen der Erwachsenenbildung, die alle staatli-
chen Einflussnahmen auf Erwachsenenbildung – durchaus dogmatisch – zu verhin-
dern trachteten. Inzwischen wird das Südtiroler Weiterbildungsgesetz, soweit es in
Österreich überhaupt bekannt ist, sogar als Vorbild für Österreich angesehen.

Das Gesetz wurde mit Beschluss der Landesregierung Nr. 4153 vom 11. November
2002 präzisiert, wobei diese Präzisierungen im Folgenden berücksichtigt werden.

Als förderungswürdig zählt eine Veranstaltung nur, wenn mindestens 8 Teilneh-
mer/innen eingeschrieben sind. Eine anerkannte und geförderte Weiterbildungsein-
richtung muss mindestens 1.800 Weiterbildungsstunden pro Jahr anbieten, oder min-
destens 1.600 Teilnehmertage pro Jahr. (Im Vergleich dazu: 177 der 272 österreichi-
schen Volkshochschulen führen jährlich weniger als 101 Kurse durch.)

Weitere Kriterien sind:
•    Einrichtungen müssen sich überwiegend mit Weiterbildung befassen, das heißt,
     80 Prozent der Ausgaben müssen für Weiterbildung aufgewendet werden. Bei
     Körperschaften öffentlichen Rechts ist diese Voraussetzung gegeben, wenn sie
     über interne Weiterbildungsabteilungen verfügen.
•    Veranstaltungen müssen für alle zugänglich sein und der Öffentlichkeit bekannt
     gemacht werden und dürfen nicht auf Vereinsmitglieder und geschlossene Grup-
     pen begrenzt sein.
•    Einrichtungen müssen kontinuierlich und planmäßig arbeiten und geeignete di-
     daktische Methoden anwenden.
•    Voraussetzung für eine Förderung ist, dass keine Gewinnabsicht besteht.
•    Es besteht eine Berichtspflicht gegenüber dem Amt für Weiterbildung, das heißt,
     es müssen sämtliche erforderliche Daten zur Verfügung gestellt werden.

Nach dem erwähnten Regierungsbeschluss von 2002 werden Förderungsmittel an
Weiterbildungseinrichtungen vergeben, wenn sie nach EFQM (European Foundation
for Quality Management) zertifiziert sind. (Qualitätssicherung mit besonderen Verfah-
ren war zur Zeit der Verabschiedung des Gesetzes 1983 noch kein Thema.)

Im Vergleich mit Österreich ist festzustellen, dass eine Reihe von Einrichtungen der
Erwachsenenbildung hierzulande, vor allem im allgemeinbildenden Bereich, einige
der Südtiroler Kriterien nicht erfüllen. Das gilt insbesondere für die Mindestgröße von
Einrichtungen und ein geplantes Kursangebot. Neuerdings kommt die Zertifizierungs-

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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problematik hinzu, die sich aber auch in Österreich in Richtung einer zunehmenden
Zertifizierung und in weiterer Folge Akkreditierung von Weiterbildungseinrichtungen
entwickeln wird. Es gibt in Österreich Einrichtungen, die derzeit noch strikt gegen
solche Absichten und Maßnahmen sind, sodass dieser Prozess hierzulande mögli-
cherweise langsam vor sich gehen wird.

Mit Beschluss der Landesregierung von 2002 wurden die bereits im Weiterbildungs-
gesetz 1983 verankerten Ausschließungsgründe für eine Förderung von Weiterbil-
dungsveranstaltungen präzisiert. Nach Art. 6 des Landesregierungsbeschlusses vom
11. November 2002 sind nicht zu fördern:
    •   Gastveranstaltungen in Bildungshäusern und Auftragsprogramme,
    •   individuelle Beratung,
    •   Nachhilfestunden,
    •   gesellige Veranstaltungen,
    •   Sitzungen und Versammlungen; eigenständige Bildungsveranstaltungen im
        Rahmen von Versammlungen werden jedoch gefördert,
    •   Religiöse Feiern, Rituale, sowie Veranstaltungen, die der Vorbereitung zur
        Ausübung von Funktionen im Gotteshaus dienen,
    •   Veranstaltungen mit gottesdienstlichem Charakter,
    •   Exerzitien und Einkehrtage,
    •   Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Glaubensmission,
    •   Klausurtagungen des Pfarrgemeinderates und anderer kirchlicher Gremien und
        Vereinigungen,
    •   Veranstaltungen sportlicher Art,
    •   Sport-, Turn- und Tanzkurse, außer Referent/innenfortbildung in diesen Be-
        reichen,
    •   Veranstaltungen, die der internen Organisation, der Selbstdarstellung, Wer-
        bung oder Öffentlichkeitsarbeit eines Verbandes oder Vereines dienen, Schu-
        lungen von Funktionären und Funktionärinnen für verbands- oder vereinsin-
        terne Aufgaben. Dies gilt nicht, sofern die Maßnahmen die Verbesserung der
        Weiterbildungstätigkeit zum Ziele haben.

Wie überall in Europa ist auch in Südtirol die Weiter- und Erwachsenenbildung kein
einheitlicher Bereich. Als Querschnittsaufgabe berührt sie alle Ressorts der Landes-
verwaltung und darüber hinaus auch andere öffentliche und halböffentliche Institutio-
nen, selbstverständlich auch Betriebe.

Das Südtiroler Weiterbildungsgesetz ist nur der Versuch, eine "gewisse Ordnung ein-
zuführen" (Trompedeller, 1999, S. 5). In Südtirol greifen 18 Gesetze in die Weiter-
bildung ein beziehungsweise tangieren diese. Etwa ein halbes Dutzend Ämter ver-
walten diese Regelungen.

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Weitere wichtige Fördergesetze für Weiterbildung sind unter anderem:
     •   Landesgesetz Nr. 5/1987 (Förderung der Sprachkenntnisse)
     •   Landesgesetz Nr. 18/1988 (Maßnahmen auf dem Gebiet der Zweisprachigkeit)

Insgesamt wird nach offiziellen Informationen in Südtirol mit Weiterbildung ein ganz-
heitlicher Ansatz verfolgt, der keine Trennung von beruflicher und allgemeiner Wei-
terbildung vorsieht. Unter Weiterbildung wird alles organisierte Lernen verstanden,
das auf die Schule (und Universität) aufbaut.

Teilnahmezuwachs und „Verberuflichung“ als Kon-
sequenzen des Gesetzes

Aufgrund der gesicherten Finanzierungsbasis durch das Südtiroler Gesetz kam es vor
allem bei der deutschsprachigen Bevölkerung "zu einem explosionsartigen Wachstum
der Weiterbildungsbranche". (Trompedeller, 1999, S. 3)

Innerhalb von zehn Jahren, von 1985 bis 1994, stieg die Zahl der privaten Weiterbil-
dungseinrichtungen, deren Personal das Land fördert, von zehn auf sechzehn, das
heißt um 60 Prozent. Die offiziell gemeldeten Veranstaltungen stiegen von 3.300 auf
6.000, das heißt um 80 Prozent, die Weiterbildungsstunden von 34.000 auf 107.000,
das heißt um 214 Prozent. Eine Rolle dabei dürfte auch der Nachholbedarf aus der
Zeit dominant vormoderner Strukturen (ausschließliche Ehrenamtlichkeit) und ent-
sprechender Bildungsformen (Vortragstätigkeit) gespielt haben. Heute werden fünf-
zehn Einrichtungen gefördert.

Zu den Steigerungen dürfte auch die Verabschiedung des Landesgesetztes Nr. 18/1988
(Zweisprachigkeit) beigetragen haben (Vgl. Bertoluzza).

Eine weitere Konsequenz aus dem Gesetz war, dass die Veranstaltungen länger dau-
ernd und damit planungsintensiver wurden.

1985 gab es rund 30 hauptberufliche Mitarbeiter/innen in der Südtiroler Weiterbil-
dung, zehn Jahre später waren es bereits 99, denen 25 Teilzeitbeschäftigte, 2.800 Do-
zent/innen und rund 2.000 Ehrenamtliche zur Seite standen. Neue Zahlen weisen aus,
dass für die deutschsprachige Südtiroler Weiterbildung bereits 163 Stellen, davon 75
Prozent von Frauen besetzt, zur Verfügung stehen. Dazu kommen 5.000 ehrenamtlich
tätige Mitarbeiter/innen.

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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Die anfänglichen enormen Steigerungsraten konnten zwischen 1995 und 2005 nicht
mehr erreicht werden. Die Veranstaltungen sind „nur“ mehr um 22 Prozent gestiegen
und bei den Teilnahmen ist sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen gewesen.
2005 wurden 144.545 Teilnahmen in der deutschsprachigen Südtiroler Weiterbildung
gezählt.

Programm- und Angebotsstruktur

Im Angebot der deutschsprachigen Südtiroler Weiterbildungseinrichtungen, insbeson-
dere auch der Volkshochschulen, verzeichnet vor allem die berufliche Weiterbildung
und hier besonders die EDV, einen kontinuierlichen Zuwachs. Nach Informationen
aus Südtirol ist, ähnlich wie in Österreich, bei EDV-Angeboten in der Weiterbildung
auch in Südtirol ein Sättigungseffekt eingetreten. Die berufliche Bildung steht aber an
der Spitze der Weiterbildungsthemen.

Stark vertreten sind die Sprachen, die derzeit anteilsmäßig sogar knapp vor der beruf-
lichen Weiterbildung liegen, wobei vor allem die zweite Landessprache Italienisch
stark ins Gewicht fällt.

Ebenfalls gefragt sind Themen aus den Bereichen Hobby und Gesundheit. Dieser Be-
reich liegt aber bereits deutlich hinter den beiden erstgenannten Angebotsbereichen.

Mit einem Anteil von 3 Prozent (der Prozentsatz ist definitionsabhängig) ist die "ge-
sellschaftspolitische Bildung" weit abgeschlagen.

Neu sind Alphabetisierungsmaßnahmen, die zwar statistisch nicht ins Gewicht fal-
len, aber die Bereitschaft der Erwachsenenbildung, mit konkreten Aktivitäten soziale
Probleme aufzugreifen, unterstreichen. Seit 2003 wird in Südtirol ein Alphabetisie-
rungskurs für Immigrant/innen und andere benachteiligte Zielgruppen angeboten, der
vom Landesamt für Weiterbildung als Modellprojekt entwickelt wurde. Die Finanzie-
rung oblag dem Europäischen Sozialfonds und ab Herbst 2006 wurde der Kurs in das
Standardprogramm der Südtiroler Weiterbildung aufgenommen. Die Durchführung
der Maßnahme obliegt dem Sprachenanbieter „alpha beta piccadilly“. (Vgl. Rohrmo-
ser, 2006.) Zur Alphabetisierung ist 2007 eine betont methodisch orientierte Publika-
tion erschienen, in der auch über praktische Erfahrungen bereichtet wird. (Vgl. Holz-
bauer)

Während schulische oder universitäre Kurse (Zweiter Bildungsweg) bei der italieni-
schen Sprachgruppe einen bedeutenden Stellenwert einnehmen, stehen sie bei der
deutschen Sprachgruppe im Rahmen der Weiterbildung nicht so im Vordergrund. Die
Arbeitsgemeinschaft zweiter Bildungsweg (AZB) ist seit 1967 eine Weiterbildungs-
einrichtung auf diesem Gebiet.

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Auffällig und Ausdruck eines Qualitätszuwachses ist seit 1995 der Trend zu länger
dauernden Kursen, der durch das Gesetz mit bedingt ist. Die Durchschnittsdauer der
Kurse stieg in zehn Jahren von zehn auf achtzehn Stunden (á 45 Min.), während -
gleichfalls ein Qualitätszuwachs - die durchschnittliche Teilnehmer/innenzahl von 32
auf 25 sank.

Generell überwiegen bei der deutschen Sprachgruppe die weiblichen Teilnehmerinnen
mit einem Anteil von 70 Prozent. In der beruflichen Bildung macht ihr Anteil 60 Pro-
zent aus.

Die Altersgruppe, die am stärksten vertreten ist, sind die 35- bis 54-Jährigen mit 43
Prozent, gefolgt von der Gruppe der 18- bis 34-Jährigen mit 32 Prozent. Die Senio-
ren (über 55 Jahre) sind mit 24 Prozent deutlich unterrepräsentiert. (Diese statis-
tischen Zahlen sind jedoch bereits einige Jahre alt.)

Für die italienische Sprachgruppe stehen erst seit 1988 statistisch vergleichbare Da-
ten zur Verfügung. Es gibt nur vier große Weiterbildungseinrichtungen, aber über
zwei Dutzend kleine Anbieter. (Siehe oben.)

Das Angebot an Weiterbildung für die italienische Sprachgruppe ist zu 80 Prozent
auf Bozen konzentriert. Auch in der italienischen Sprachgruppe ist es zu einer deutli-
chen Ausweitung der Weiterbildung gekommen. Die Zahl der Veranstaltungen in ei-
nem Jahr stieg von 1988 bis 1995 von 441 auf 1.084. Die Zahl der Weiterbildungs-
stunden stieg von 24.000 auf 47.000 und die Zahl der Teilnahmen von 16.000 auf
21.000. Relativ gesehen ist der Anstieg geringer als bei der deutschen Sprach-
gruppe.

Bei den Kursbereichen führen die schulischen und universitären Kurse mit 35 Prozent
vor den Sprachen mit 24 Prozent und Kunst und Hobby mit 22 Prozent. Die persön-
liche Weiterbildung liegt mit 10 Prozent an vierter Stelle bei der italienischen Sprach-
gruppe. Weit abgeschlagen und ähnlich wie bei der deutschen Sprachgruppe, liegt die
politische Bildung mit 3 Prozent. Die berufliche Bildung wird nur zum Teil statistisch
erfasst.

Jüngste Statistiken für die deutschsprachigen Einrichtungen der Weiterbildung zei-
gen folgende Langzeitentwicklungen:

     1) Veranstaltungen (Definitionskriterium: mindestens 10 Unterrichtseinheiten à
        45 Minuten)
                                          1984: 2.750
                                          1994: 6.231
                                          2004: 9.199

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    2) Teilnahmen
                                         1984: 93.764
                                        1995: 147.367
                                        2005: 144.345

In Südtirol führt das Statistische Amt alle fünf Jahre repräsentative Umfragen zur
Weiterbildung durch. 2002 wurde festgestellt, dass die Weiterbildungsteilnahme in-
nerhalb von fünf Jahren um zehn Prozent zugenommen hat, womit die Weiterbil-
dungs-Quote in Südtirol in die Nähe nordeuropäischer Staaten kommt. Als Gründe
dafür werden von offizieller Seite angeführt:
    •   Die ausgebaute öffentliche Finanzierung, die den Einrichtungen der Weiterbil-
        dung eine soziale Preisgestaltung ermöglicht.
    •   Die Dezentralisierung der Weiterbildungsinstitutionen, die zu 60 Prozent au-
        ßerhalb von Bozen agieren.

Im Vergleich dazu ist in Deutschland seit 1997 ein Rückgang der Weiterbildungsquo-
te festzustellen und in Österreich haben sich seit der Jahrhundertwende Tendenzen
durchgesetzt, die mit leicht rückläufig bis stagnierend bezeichnet werden können.
Leichte Anstiege von einem Jahr zum anderen sind aber bei einzelnen großen Anbie-
tern in Österreich ebenfalls festzustellen. (Einiges deutet darauf hin, dass in Österreich
seit 2006 wieder ein Anstieg der Weiterbildungsbeteiligung zu verzeichnen ist.)

Finanzierung der Weiterbildung

Im Vergleich zu Österreich oder den Tiroler Volkshochschulen ist bei der Finan-
zierungsstruktur der – relativ – geringe Anteil der Teilnehmer/innengebühren auf-
fallend. In Tirol finanzieren sich die Volkshochschulen zu rund 80 Prozent aus Teil-
nehmer/innengebühren. In Österreich finanzieren sich nahezu alle Verbände der Er-
wachsenenbildung zu deutlich mehr als 50 Prozent aus Teilnahmegebühren, wenn-
gleich die AMS-Mittel bei den beruflichen Einrichtungen als Einnahmen aus Veran-
staltungen und nicht als öffentliche Förderungen gewertet werden. Die Südtiroler
Volkshochschulen hatten 2007 eine Eigenfinanzierung von 53,4 Prozent und eine
Fremdfinanzierung von 46,8 Prozent. (Vgl. Pixner 2008)

Bei den bundesdeutschen Volkshochschulen liegt die „Eigenaufbringung“ mit weiter
steigender Tendenz zwischen 33 Prozent in den neunziger Jahren und derzeit bereits
um 40 Prozent.

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Gegenwärtig setzen die deutschsprachigen Weiterbildungseinrichtungen in Südtirol,
die über das Amt für Weiterbildung gefördert werden, 18,5 Millionen Euro im Jahr
um – und das bezogen auf eine Einwohner/innenzahl von rund 300.000. Die 15 vom
Amt geförderten Einrichtungen erhalten jährliche Fördermittel zwischen 388.868 und
2.483.266,50 Euro. (Der Verband Österreichischer Volkshochschulen erhält vom
„Bildungsministerium“ rund 1.6 Millionen Euro Struktursubvention im Jahr, in die
auch Projektgelder inkludiert sind – und das bei 9 Mitgliedsverbänden und 272 Volks-
hochschulen.)

Als Stärken der Südtiroler Weiterbildung für die deutsche Sprachgruppe werden nach
aktuellen offiziellen Informationen angeführt:
     •   Die plurale Struktur der Weiterbildungseinrichtungen.
     •   Die privatwirtschaftliche Organisationsform, vor allem auf Vereinsbasis.
     •   Die kostengünstigen Angebote, die neben der öffentlichen Förderung auch
         durch die große Zahl an ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter/innen möglich sind.
     •   Die hohe Flexibilität der Organisationen im Vergleich zu öffentlichen Struktu-
         ren und
     •   Aktionspläne.

Die öffentliche Struktur der Weiterbildung

In Südtirol gibt es, auch als Ausfluss der grundsätzlichen Überlegungen zum Gesetz,
eine doppelte öffentliche Struktur der Weiterbildung, die zwei zentrale Einrichtungen
umfasst:
•    Weiterbildungsämter auf zentraler Ebene und
•    Bildungsausschüsse auf lokaler Ebene.

Mit dieser doppelten Struktur werden, anders als das in Österreich der Fall ist, Zent-
ralität und lokale Dezentralität, zentrale Bürokratie und dezentrale Basisorientierung
miteinander verbunden.

a) Weiterbildungsämter

Die Südtiroler Erwachsenenbildung hat mit den Weiterbildungsämtern (-Stellen) für
die deutsche, die italienische und die ladinische Sprachgruppe staatliche Einrichtun-
gen als Partner, die eine doppelte Funktion erfüllen:
•    sie fördern die Weiterbildungseinrichtungen;

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•   sie sind Impulsgeber für Entwicklung und Qualifizierung.

Die Weiterbildungsämter "garantieren (seit 1973; Bertoluzza) ein leistungsfähiges
Informationssystem und Bildungsberatung, laufende Neuerungen, Qualitätssicherung
und Mitarbeiterausbildung". (Trompedeller, 1999, S. 6)

Bei den von den "Ämtern" geplanten Veranstaltungen stehen die ländliche Weiterbil-
dung und die Gemeinwesenarbeit im Vordergrund. Impulse für Alphabetisierung sind
„vom Amt“ ausgegangen.

Regelmäßige Kontakte mit den anderen Ländern der ARGE-ALP haben eine
grenzüberschreitende, internationale Dimension. Zu dieser Arbeitsgemeinschaft gehö-
ren: Baden-Württemberg, Bayern, Tirol, Salzburg, Vorarlberg, Graubünden, St. Gal-
len, Tessin, Südtirol, Trentino und die Lombardei. Diese Kontakte führen zu regelmä-
ßigen Fachkonferenzen.

Nach Trompedeller haben die Ämter in erster Linie eine Supportfunktion bei:
•   Bildungsinformation
•   Beratung
•   Entwicklung von Grundlagen und Modellprogrammen
•   Evaluation und Qualitätssicherung
•   Ausbildung des Personals
•   Statistiken und Begleitforschung
•   Sicherung der Infrastrukturen und Unterstützung des Weiterbildungsmanage-
    ments.

Nur in einem Bereich ist das deutsche Amt für Weiterbildung direkt als großer Anbie-
ter an der Basis tätig: im Zweiten Bildungsweg.

Ab 1992 nahm das Weiterbildungsamt für die deutsche Sprachgruppe einen Kurs-
wechsel vor, der sich mit „von der Quantität zur Qualität“ umschreiben lässt. Als erste
Maßnahme wurde von den Weiterbildungsorganisationen im Zuge einer breit angeleg-
ten Organisationsentwicklung gemeinsam mit dem Amt ein Leitbild der Weiterbil-
dung erstellt. Seit Mitte der neunziger Jahre wurde in den Einrichtungen der Weiter-
bildung eine Qualitätssicherung nach dem EFQM-Modell implementiert. Verändert
hat sich auch die Struktur der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter/innen. Während
in den siebziger und achtziger Jahren in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen Se-
minare zu Methoden, Kommunikation, Rhetorik und Medien im Vordergrund stan-
den, waren die neunziger Jahre auf diesem Gebiet geprägt von universitären und sons-
tigen Lehrgängen.

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b) Bildungsausschüsse

Eine Intention für das Weiterbildungsgesetz 1983 war der Abbau des ausgeprägten
Stadt-Land-Gefälles, das damals bei den Veranstaltungen ein Verhältnis von 6 : 1
hatte. Der Gesetzgeber wollte dieses Gefälle abbauen.

Da aber in den Dörfern und kleinen Gemeinden viele Vereine neben ihrer Vereinstä-
tigkeit auch Weiterbildung organisierten, wollte man keine neue Einrichtung schaffen,
sondern auf der Basis der Aktivitäten aller Vereine, öffentlicher Einrichtungen
(Gemeinden, Schulen) sowie Kirchen die Weiterbildungstätigkeit koordinieren.

Zu diesem Zweck wurde das Modell Bildungssausschüsse auf Gemeindeebene ge-
schaffen. Dabei handelt es sich um:
"eine Arbeitsgemeinschaft aller im Dorf tätigen kulturellen Vereine zum Zwecke der
Verstärkung von Weiterbildung in der Gemeinde. Zusätzlich zu den Vereinsvertretern
muß auch der Gemeinderat, die Schule und die örtliche Bibliothek vertreten sein."
(Trompedeller, 1999, S. 7)

Die Landesregierung erließ ein Musterstatut, nach dem sich die Bildungsausschüsse
organisieren sollten. Auf der Basis dieses Statuts sind 124 Bildungsausschüsse in
Südtirol entstanden. (Stand 2005). Südtirol hat 116 Gemeinden, in einigen von ihnen
bestehen Bildungsausschüsse auch auf Dorfebene. In den großen Städten gibt es dage-
gen keine Bildungsausschüsse.

In den Bildungsausschüssen sind vertreten: die Bildungseinrichtungen beziehungs-
weise örtliche Vereine, die Gemeinde, die Schule, die – sofern vorhanden - Biblio-
thek, die Kirche und Privatpersonen.

Die Aufgaben der Bildungsausschüsse nach dem Gesetz sind:
•    Bedarfsfeststellung im Einzugsgebiet
•    Koordination der lokalen Bildungsinitiativen
•    Abdeckung des Weiterbildungsbedarfs in Zusammenarbeit mit den zuständigen
     Einrichtungen.

Die Bildungsausschüsse arbeiten ehrenamtlich, ihr Finanzierungsmodus ist ziemlich
unbürokratisch geregelt. Die Bildungsausschüsse haben nicht - mit genauer Rech-
nungslegung und Kostennachweisen – um Finanzierung anzusuchen, sondern erhalten
ihre Mittel aufgrund einer Meldung ihrer Leistung jährlich, und zwar eine Quote
pro Einwohner/in. Die Bildungsausschüsse haben, wenn sie funktionieren, ein ein-
klagbares Recht auf Förderung, wobei diese Förderung über eine Pro-Kopfquote läuft,
bezogen auf die Einwohner/innen im Einzugsgebiet. Sie wird jährlich von der Landes-

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regierung festgesetzt. Derzeit beträgt diese Quote 1 Euro pro Einwohner/in (Stand:
2002).

Der Bildungsausschuss hat Anspruch auf diese Quote; es liegt nicht im Ermessen
des Landes, die der Quote entsprechenden Mittel zu geben oder nicht. Die Fi-
nanzierung durch das Land setzt allerdings eine Finanzierung durch die Ge-
meinden voraus.

Die Finanzierungsquote für die Bildungsausschüsse wird jährlich von der Landesre-
gierung festgelegt und kann nach Gemeinden verschieden sein. Seit 1997 wird die
Pro-Kopf-Quote der Bildungsausschüsse aufgrund ihrer Leistungen gestaffelt.

Bewertet wird vom Amt,
•   wie gut der Bildungsausschuss seine gesetzlichen Aufgaben erfüllt,
•   ob er nach einem Konzept arbeitet und
•   ob innovative und gemeinschaftsbildende Maßnahmen gesetzt werden.

Es gibt aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen, Bedingungen und personellen Vor-
aussetzungen drei Typen von Bildungsausschüssen:
    •   Bildungsausschüsse, die Geld verwalten und verteilen und darüber hinaus
        kaum agieren;
    •   Bildungsausschüsse, die auch gute Koordinationsarbeit leisten;
    •   Bildungsausschüsse, die eine Vorbildfunktion ausüben. Sie setzen Impulse und
        Initiativen, unterstützen Vereine, stellen Verbindungen her mit zentralen Wei-
        terbildungsorganisationen, beraten Bürger/innen, sorgen für geeignete Lehr-
        mittel und Veranstaltungsräume und organisieren Weiterbildung im Sinne der
        Gemeinwesenarbeit.

2004 wurde für die Bildungsausschüsse vom Land ein Betrag von rund 340.000 Euro
aufgewendet.

Weiterbildung aus Sicht der Bevölkerung

Die Einstellungen der Südtiroler/innen zur Weiterbildung und ihre Bildungsaktivitä-
ten lassen sich aus einer Befragung des Landesamtes für Statistik erkennen, die 1995
durchgeführt wurde.

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Generell zeigt sich folgendes Bild, das dem vieler Länder in Europa ähnlich ist. Al-
lerdings ist die Weiterbildungsteilnahme seit 1995 deutlich gestiegen und Verände-
rungen in der Themenpräferenz seither sehr wahrscheinlich:
•    80 Prozent halten Weiterbildung für wichtig;
•    37 Prozent nehmen an Weiterbildungsmaßnahmen teil;
•    die berufliche Weiterbildung überwiegt die allgemeine und wird
•    mehr von Männern als von Frauen wahrgenommen;
•    die stärksten Weiterbildungsaktivitäten setzen die 33- bis 44-jährigen.

Die bildungsbeflissenste Sprachgruppe sind die Deutsch-sprechenden, gefolgt von
den Ladiner/innen und den Italiener/innen.

Je höher die Schulbildung ist, desto häufiger sind Weiterbildungsaktivitäten – ein ge-
nereller Trend in Europa.

Die bevorzugte Art, Neues zu lernen, ist das Lesen. Nach der aktuellen Terminologie
handelt es sich hier um informelle und selbstgesteuerte Bildung. Der Besuch von Kur-
sen und Seminaren, das heißt Bildung in einem institutionellen Kontext, liegt an zwei-
ter Stelle.

Bevorzugte allgemeinbildende Themen, allerdings mit Unterschieden zwischen den
Geschlechtern, sind:
•    Natur- und Umwelt
•    Sport
•    Gesundheit und Psychologie
•    Hobby
•    Sprachen.

Bei den Volkshochschulen zeigt sich folgende thematische Reihung: Berufliche Bil-
dung, Sprachen, Kreativität/Freizeit, Gesundheit, Kultur/Persönlichkeitsbildung/So-
ziales (vgl. Pixner 2008, S. 35).

Die Zufriedenheit mit den Angeboten ist durchwegs hoch, allerdings mit geringfügi-
gen Unterschieden nach Sprachgruppen und pendelt um 50 Prozent.

Mit den Weiterbildungsveranstaltungen besteht eine hohe Zufriedenheit. 90 Prozent
der Teilnehmer/innen von Weiterbildungsveranstaltungen waren mit den Refe-
rent/innen und dem Lehrmaterial sehr oder ziemlich zufrieden.

Wilhelm Filla: Erwachsenenbildung in Europa. Skriptum Südtirol, Wien 2009.
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