Verwaltung im Lockdown - Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät John Siegel | Caroline Fischer | Nicolas Drathschmidt | Adrian Gelep | Thomas Kralinski Verwaltung im Lockdown Empirische Befunde aus Sicht der Beschäftigten Suggested citation referring to the original publication: Verwaltung & Management 26 (2020) 6, 279-287 DOI http://dx.doi.org/10.5771/0947-9856-2020-6-279 ISSN (print) 0947-9856 ISSN (online) 0947-9856 Postprint archived at the Institutional Repository of the Potsdam University in: Postprints der Universität Potsdam Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Reihe ; 133 ISSN 1867-5808 http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:517-opus4-486067 DOI https://doi.org/10.25932/publishup-48606
Verwaltung im Lockdown Empirische Befunde aus Sicht der Beschäftigten John Siegel/Caroline Fischer/Nicolas Drathschmidt/Adrian Gelep/Thomas Kralinski Die Corona-Pandemie hat im Frühjahr 2020 auch die öffentliche besser zu verstehen. Die besonderen Belas- Verwaltung gezwungen, die Arbeit zu einem großen Teil ins Homeoffice tungen der Verwaltung insbesondere wäh- zu verlagern. Dieser Beitrag stellt die Ergebnisse einer Studie vor, die rend des Lockdowns betrafen und betref- mittels qualitativer Interviews und einer Online-Befragung (N=1.189) fen bis heute vor allem deren Beschäftigte. Beschäftigte öffentlicher Organisationen zum Umgang mit der Krise Dieser Beitrag widmet sich daher der Fra- ge, wie öffentliche Organisationen auf die und den Erfahrungen mit dem Homeoffice befragt hat. Corona-Krise reagiert haben und wie dies durch deren Beschäftigte bewertet wird. Einleitung down bezeichnet) wenig bekannt, wenn man von den ungewöhnlich zahlreichen Schwerpunkte der empirischen Unter- Dass die so genannte Corona-Krise welt- Presseveröffentlichungen dazu absieht.2 suchung sind die Erfahrungen mit dem weit die öffentliche Verwaltung vor Homeoffice (auch als Telearbeit oder ebenso überraschende wie gravierende Sowohl aus wissenschaftlicher wie aus Heimarbeit bezeichnet) als aufschlussrei- Herausforderungen gestellt hat, ist inzwi- praktischer Sicht stellt die Krise einen un- ches Anschauungsbeispiel für die Flexi- schen eine phrasenhafte Binsenweisheit. freiwilligen Lackmustest der Anpassungs- bilität der Verwaltung in der Krise. Unter Gleichwohl ist zu den Reaktionen der und Leistungsfähigkeit der Verwaltungen Homeoffice wird dabei die Arbeit außer- öffentlichen Verwaltung auf die SARS- in Deutschland dar. Sie bietet bei allen halb der Dienststelle verstanden und es CoV-2-Pandemie1 und insbesondere den Problemen und negativen Auswirkungen wird nicht explizit zwischen Teleheimar- umfassenden Kontaktbeschränkungen im auch die Chance, diese Aspekte des Ma- beit und mobilem Arbeiten unterschieden. Frühjahr 2020 (im Folgenden als Lock- nagements öffentlicher Organisationen Darüber hinaus wurden weitere zentrale Aspekte der Anpassungs- und Leistungs- fähigkeit (Ressourcenausstattung, Stress und Arbeitszufriedenheit, Kommunikati- onsfähigkeit, individuelle und organisatio- nale Leistungsfähigkeit) untersucht. Dr. Caroline Fischer Prof. Dr. John Siegel Wissenschaftliche vertritt z.Z. den Lehrstuhl Mitarbeiterin am Lehrstuhl 1 Z.B. Hammerschmid/Zelt/Almeida 2020, Ham- für Public und Nonprofit für Public und Nonprofit merschmid/Lorenz 2020, SOEP-COV 2020, Scho- Management an der Management (Universität maker u.a. 2020. Universität Potsdam. Potsdam). 2 Z.B. Dausend/Hartung/Stark 2020, Wilkens 2020, Liang 2020. Nicolas Thomas Kralinski Drathschmidt Adrian Gelep Ehemaliger Chef Wissenschaftliche Senior Manager bei PwC der Brandenburger Hilfskraft am Lehrstuhl und führt Teams und Staatskanzlei und für Public und Nonprofit Projekte im Kontext der Vorstandsmitglied im Management (Universität Digitalen Transfomation des Thinktank „Das Progressive Potsdam). öffentlichen Sektors. Zentrum”. Verwaltung & Management 279 26. Jg. (2020), Heft 6, S. 279-287
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown Organisation absolut prozentual auf kommunaler und alle Beschäftigten. Keiner der Befragten Bezirksverwaltung in Stadtstaat 400 33,64 fünf auf Landesebe- berichtete von einem kompletten Ab- Landesministerium 156 13,12 ne geführt. Die so bruch bei der Erbringung von Verwal- Kreisfreie Stadt* 501 42,14 gewonnenen Daten tungsleistungen, auch in der Phase des Sonderbehörde in Stadtstaat 132 11,10 dienten als Grundla- Lockdowns nicht. Total 1.189 ge für die Konzeption Gleichzeitig sah die große Mehrheit die Tab. 1: Fallzahlen der schriftlich befragten Organisationen der quantitativen Be- Erfahrung mit der Pandemie – und ins- Legende: *Größenklasse 2 nach Kategorisierung der KGSt fragung in vier Ver- besondere mit dem Lockdown als ei- waltungsorganisatio- nen „Weckruf“ für die Digitalisierung Stichprobe Dt. Öffentlicher dieser Studie Dienst gesamt nen, die von August der Verwaltung. Ein Teil der Interview- Alter in Jahren 47 44,4 bis Oktober 2020 partner hatte sogar die Hoffnung, dass Weibliches Geschlecht in % 65 57 online durchgeführt sich in den kommenden Monaten und Beamte in % 27,59 38,36 (N=1.189) wurde. Jahren die Digitalisierung beschleuni- Einfacher/mittlerer Dienst in % 31,18 37,87 Tabelle 1 zeigt, wie gen wird und Arbeitsabläufe schneller, Gehobener Dienst in % 52,16 38,43 sich die Befragten auf moderner bzw. zeitgemäßer werden. Höherer Dienst in % 16,67 23,69 die Organisationen Der Innovationsdruck wurde von allen Tab. 2: Charakteristika der Stichprobe der schriftlichen Befragung verteilen. Die demo- Interviewten wahrgenommen – wenn und Vergleich zum gesamten deutschen öffentlichen Sektor (Quelle: graphischen Stichpro- auch in unterschiedlichem Umfang. eigene Berechnungen aus Destatis 2019. Daten umfassen das ge- samte Personal des öffentlichen Dienstes.). benmerkmale ähneln Dabei wurde auch erkannt, dass die denen des gesamten Möglichkeit im Homeoffice zu arbei- Der Beitrag beschränkt sich aufgrund öffentlichen Sektors (Tab. 2). Daher kön- ten vor allem von jüngeren Beschäf- seines begrenzten Umfangs auf die Dar- nen die Daten als extern valide gelten, tigten als ein zusätzliches Attraktivi- stellung zentraler deskriptiver Befunde wenn auch nicht als repräsentativ für die tätsmoment wahrgenommen wird. und verzichtet auf theoretische Einrah- gesamte deutsche Verwaltung, insbesonde- Vor allem in kleineren Verwaltungen mung, Hypothesen und erklärende statis- re weil keine Bundesbehörden in die Un- oder „ärmeren Kommunen“ herrschte tische Auswertungen. tersuchung einbezogen wurden. Trotzdem der Eindruck, dass eine stringente Di- sind die Befunde relevant und können als gitalisierung und eine entsprechende empirische Grundlage weiterer Untersu- durchgängige technische Ausstattung Methodik chungen dienen. ein „Luxusprojekt“ bzw. eine schwer Zur Datenerhebung wurde ein zweistufi- zu stemmende Aufgabe sei. Erkennbar ges Verfahren genutzt. Eine quantitative war, dass vielerorts das entsprechende Ergebnisse der Interviews Online-Befragung baut auf qualitativen Managementwissen fehlt. Interviews auf. Letztere ermöglichen eine Die Interviews spiegelten die unterschied- Alle Interviewpartner betonten die zwi- stärkere inhaltliche Tiefe. Zugleich kön- lichen Ausgangssituationen der Verwal- schenmenschlichen Aspekte der erwei- nen unbekannte Sachverhalte exploriert tungen wider. Schaut man zunächst auf terten Homeoffice-Erfahrungen. Diese werden. Gleichzeitig fehlt es Interview- die technische Ausstattung sind die Ar- reichten von geringeren Krankenstän- studien häufig an externer Validität. Um beitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mit- den, von der viele Interviewpartner/-in- breitere Schlussfolgerungen zu ermögli- arbeiter zwischen zehn und hundert Pro- nen berichteten, über die Schwierigkei- chen, wurden diese daher mit einer On- zent mit Laptops ausgestattet. Ähnlich ist ten vor allem Azubis aus der Ferne zu line-Befragung ergänzt. die Bandbreite, wenn es darum geht, ob betreuen. Durchgängig beklagt wurde die Beschäftigten jenseits ihres Arbeits- der „Verlust von sozialer Interaktion“, So wurden in einem ersten Schritt An- platzes in der Behörde über so genannte „das Fehlen des Zwischenmenschli- fang Juni 2020 leitfadengestützte Inter- VPN-Tunnel auf Daten und Vorgänge zu- chen“, die „Folgen für Offenheit und views mit Führungskräften aus 15 Ver- greifen können. Kommunikation, Motivation und Zu- waltungsorganisationen geführt. Befragt sammenhalt“ in den Arbeitseinheiten. wurden im Schwerpunkt Amtsleiterinnen Fünf Punkte zogen sich quer durch die Die große Mehrheit der Interviewpart- und Amtsleiter, aber auch Projektleiterin- Interviews: ner sah hier eine zentrale Herausforde- nen und Projektleiter mit wenigen Mitar- Es zeigt sich, dass – entgegen der öf- rung, wenn die Möglichkeiten, zu Hau- beiterinnen und Mitarbeitern, bis hin zu fentlichen als auch der Meinung in se zu arbeiten, auch in Zukunft stärker Abteilungs- oder Fachbereichsleitungen den Behörden selbst – die öffentliche als bisher genutzt würde. mit Verantwortung für bis zu 2.000 Be- Verwaltung in Deutschland schnell Sowohl in den großen Städten als auch schäftigten. auf Krisensituationen reagieren kann in ländlichen Regionen wird die Mög- und Änderungen in Arbeitsroutinen lichkeit im Homeoffice zu arbeiten Die Interviewten bildeten damit einen umsetzen kann: „Wofür wir manch- auch als „Chance für den ländlichen Querschnitt über die verschiedenen Ebe- mal fünf Jahre brauchen, haben wir Raum“ gesehen. Durch das Arbeiten nen der Verwaltung ab – sowohl hinsicht- nun in drei Wochen hingekriegt.“ Alle von zu Hause würde es leichter, auch lich der Regionen als auch der Größe der Interviewten berichteten von deutlich außerhalb großer Städte zu wohnen Einheiten. Davon wurden zehn Interviews veränderten Arbeitsgewohnheiten für und zu arbeiten, denn es wäre nicht 280 VM 6/2020
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown 1% M s office (oder einfach nur nach Hause) ge- 1% vor dem schickt worden, stehen differenzierte Er- 84% 10% 3% 4% 13,0 Lockdown gebnisse unserer Befragung gegenüber. während des 27% 12% 17% 11% 34% 48 % 39,4 Abbildung 1 zeigt, dass Homeoffice Lockdowns während des Lockdowns zwar wesentlich häufiger genutzt wurde als vor der Coro- Sep/Okt 2020 58% 17% 10% 8% 7% 18 % 28,9 na-Krise. Keineswegs aber verrichteten 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% alle Beschäftigten ihre Arbeit von Zuhau- kein Homeoffice bis zu 25% im Homeoffice bis zu 50% im Homeoffice bis zu 75% im Homeoffice bis zu 100% im Homeoffice se aus. Fast 40 Prozent der Befragten ta- ten dies zu weniger als einem Viertel ihrer Abb. 1: Anteil der Arbeitszeit im Homeoffice, n = 1.189 Arbeitszeit oder gar nicht von dort aus. Legende: M=arithmetische Mittel, s=Standardabweichung Der jeweilige Anteil an der Arbeitszeit, in M s dem im Homeoffice gearbeitet wurde, va- vor dem Lockdown 31% 15% 20% 12% 22% 2,8 1,5 riierte dabei stark. Nichtsdestotrotz wur- de die Praxis, dass Homeoffice vor der Krise nur selten genutzt wurde, quasi um- während des Lockdowns 15% 8% 16% 15% 46% 3,7 1,5 gekehrt: Ein Drittel der Befragten gaben an, während des Lockdowns zu mehr als 75 Prozent ihrer Arbeitszeit von Zuhause Sep/Okt 2020 19% 12% 19% 15% 35% 3,3 1,5 aus gearbeitet zu haben, während es vor der Krise nicht einmal ein Prozent war! 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% stimme nicht zu stimme eher nicht zu teils/teils stimme eher zu stimme zu Diese fundamentale Veränderung kommt einer Revolution der Arbeitsweise der Ver- Abb. 2: Zufriedenheit mit den Homeoffice-Regelungen, n = 1.162-1.171 waltung gleich, zumal sie sehr kurzfristig M s eintrat und innerhalb weniger Wochen Meine Aufgaben lassen eine 49% 13% 23% 9% 7% 2,1 1,3 umgesetzt wurde. Zum Zeitpunkt der Arbeit im Homeoffice nicht zu. Befragung im Sommer 2020 war jedoch der Großteil der Beschäftigten wieder ins Büro zurückgekehrt, wenngleich fast 15 Ich verfüge zu Hause über einen geeigne- ten Arbeitsort, an dem ich gut arbeiten kann. 10% 6% 10% 15% 59% 4,1 1,3 Prozent der Beschäftigten (gegenüber zwei Prozent vor dem Lockdown) weiterhin 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% zwischen 75 und 100 Prozent ihrer Ar- stimme nicht zu stimme eher nicht zu teils/teils stimme eher zu stimme zu beitszeit von zu Hause aus arbeiteten. Abb. 3: Möglichkeit der Aufgabenerledigung im Homeoffice, n = 1.170-1.167 Die Beschäftigten bewerteten die Re- mehr nötig, jeden Tag in die Stadt und 1. Wie flexibel hat die Verwaltung auf die gelungen zum Homeoffice für die Zeit zurück zu pendeln. Herausforderungen insbesondere im vor dem Lockdown deutlich kritischer als Zusammenhang mit dem Lockdown während der Krise und danach (vgl. Abb. In der Summe war für alle Interviewpart- im Frühjahr 2020 reagiert und wie an- 2). Dies überrascht wenig, weil bis dahin ner die Erfahrung, im Lockdown verstärkt passungsfähig war die Verwaltung in Homeoffice recht restriktiv gehandhabt zu Hause zu arbeiten, eine positive Erfah- dieser Situation? wurde, andererseits der Wunsch der Be- rung. „Es hat neues Denken angestoßen“, 2. Welche Arbeitsbedingungen bestan- schäftigten, von Zuhause aus arbeiten zu war eine häufig gehörte Meinung. Ein den für die Beschäftigten während des können, bereits ausgeprägt war und auch Interviewter fasste es so zusammen: „Es Lockdowns – insbesondere mit Blick zunahm. Insofern kam die Anpassung der gibt kein Zurück zum Status quo vor Co- auf die Nutzung der Möglichkeiten des Regelungen während des Lockdowns den rona“. Homeoffice? Erwartungen der Beschäftigten spürbar 3. Inwiefern wirkte sich das auf die indi- entgegen, die die neuen Lösungen auch viduelle und organisationale Leistungs- deutlich positiver beurteilen (61 Prozent Ergebnisse der Beschäftigten- fähigkeit aus? während des Lockdowns gegenüber 34 befragung in vier Verwaltungen Prozent vor dem Lockdown). Für die Befragung der Beschäftigten zu Zu diesen – naturgemäß komplexen – den Reaktionen auf die Corona-Krise Fragen bieten die Ergebnisse unserer Gleichwohl, Aufgaben und Arbeits- waren somit drei Aspekte wesentlich, die Untersuchung vielfältige Befunde und in- bedingungen stehen dem nicht entgegen. auch für allgemeine und grundsätzliche teressante Diskussionsgrundlagen. Dem Eine deutliche Mehrheit von 85 Prozent Schlussfolgerungen für das Verwaltungs- herrschenden Bild, im März 2020 sei die der befragten Beschäftigten (vgl. Abb. management über die aktuelle Situation gesamte allgemeine Verwaltung mehr 3) ist der Meinung, ihre Aufgaben ließen hinaus bedeutsam sind: schlecht als recht vorbereitet ins Home- sich zumindest teilweise auch von Zuhau- VM 6/2020 281
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown M s E-Akte 41% 15% 9% 9% 12% 13% 2,7 1,9 IT-Hardware (PC, Laptops/ 6% 32% 14% 14% 21% 13% 3,5 1,6 Notebooks, Drucker usw.) Software (Standardanwendun- 3% 16% 11% 19% 31% 20% 4,2 1,4 gen, Fachanwendungen usw.) Netzwerk-Infrastruktur (VPN-An- 11% 22% 10% 15% 25% 16% 3,7 1,7 bindung, Cloud-Anwendungen usw.) Bandbreite der Internetverbindung 5% 21% 11% 22% 28% 13% 3,9 1,5 Behördeninterne IT-Kapazitäten (v.a. für 5% 26% 15% 22% 22% 10% 3,6 1,4 Unterstützung bei alltäglichen Problemen) Qualifizierung / Einweisung / Erläuterung 9% 20% 21% 25% 22% 4% 3,4 1,4 (v.a. Fort- und Weiterbildung) allgemein Qualifizierung (v.a. Fort-und 12% 21% 25% 20% 18% 4% 3,2 1,4 Weiterbildung) für Umgang mit IT IT-Kompetenzen 7% 20% 22% 27% 20% 4% 3,2 1,3 von Führungskräften finanzielle Ausstattung 6% 31% 21% 24% 15% 3% 3,2 1,3 Personalausstattung 4% 28% 21% 26% 18% 4% 3,4 1,3 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% gar nicht vorhanden zu gering erher gering eher angemessen angemessen vollumfänglich vorhanden Abb. 4: Ressourcenausstattung während des Lockdowns, n = 990 tes Bild. Tendenziell (jedoch keineswegs durchgehend) positiv beurteilt werden die M s Ausstattung mit Software, Internetver- Wie zufrieden waren Sie in dieser Zeit mit 3% 11% 18% 41% 27% 3,8 1,0 der Art der Arbeit, die Sie ausführen? bindung, Netzwerkinfrastruktur (VPN, Cloud usw.) und IT-Support; uneinheitlich Wie zufrieden waren Sie in dieser Zeit mit Ihrer Vorgesetzten bzw. Ihrem Vorgesetzten? 5% 10% 19% 37% 28% 3,7 1,1 stellt sich das Bild bezüglich IT-Hardware (bspw. Laptop), IT-Kompetenzen der Füh- Wie zufrieden waren Sie in dieser rungskräfte, allgemeiner Qualifizierung 1% 5% 20% 47% 27% 4,0 0,8 Zeit mit Ihren Kolleg*innen? und Personalausstattung dar. Negativer werden IT-bezogene Qualifizierungsmög- Alles zusammengenommen, wie zufrieden waren Sie in dieser Zeit mit Ihrer aktuellen Arbeitssituation? 3% 14% 17% 43% 23% 3,7 1,1 lichkeiten und die finanziellen Spielräume beurteilt. 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% ganz und gar nicht ziemlich unzufrieden weder noch ziemlich zufrieden voll und ganz Nur knapp die Hälfte (47 Prozent) hält diese Ausstattung für die Arbeit im Home- Abb. 5: Arbeitszufriedenheit im Lockdown, ausgewählte Items nach Tsui/Egan/O’Reilly III (1992), n = 1.003 office für angemessen. Immerhin 35 Pro- zent geben an, dass der Arbeitgeber kurz- M s fristig für Verbesserungen gesorgt hat; Nach einem Arbeitstag war ich völlig erschöpft. 36% 24% 20% 11% 8% 2,3 1,3 zumindest teilweise nahmen dies weitere Es fiel mir schwer, mich nach 14 Prozent so wahr. Ein zentrales Prob- 42% 24% 14% 11% 8% 2,2 1,3 einem Arbeitstag zu entspannen. lem scheint nach wie vor der dezentrale Akten- bzw. Informationszugriff zu sein, Nach der Arbeit müssen mich alle in Ruhe lassen. 48% 26% 15% 7% 5% 1,9 1,2 was im Einklang mit dem noch relativ ge- Es kam oft vor, dass ich nach einem Arbeitstag aufgrund 41% 23% 16% 11% 9% 2,2 1,3 ringen Verbreitungsgrad der E-Akte steht. von Müdigkeit nicht mehr zu anderen Dingen gekommen bin. Mehr als die Hälfte der Befragten gaben Ich fühlte mich müde, wenn ich aufstand 44% 24% 15% 10% 7% 2,1 1,3 an, die E-Akte sei entweder gar nicht vor- und ein weiterer Arbeitstag vor mir lag. handen (41 Prozent) oder in zu geringem 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Umfang verfügbar (weitere 14 Prozent). stimme nicht zu stimme eher nicht zu teils/teils stimme eher zu stimme zu Insgesamt war für gut ein Drittel (35 Pro- Abb. 6: von den Beschäftigten empfundener Stress im Lockdown, ausgewählte Items des zent) der Zugriff auf Informationen bzw. Maslach Burnout Inventory nach Steijn/Vermeeren (2019), n = 1.001 Akten eingeschränkt. se aus erledigen; lediglich 16 Prozent sind Effektivität und Effizienz der Arbeit im Trotz der teilweise defizitären Ausstat- hier eher skeptisch. Ähnlich verhält es sich Homeoffice hängen ganz wesentlich da- tung war die Zufriedenheit mit der Arbeit bei der Frage nach der Verfügbarkeit eines von ab, ob die Ressourcenausstattung da- während des Lockdowns hoch (vgl. Abb. geeigneten Arbeitsortes zu Hause – dies für angemessen ist. Abbildung 4 zeigt für 5). Dabei wurde die Zusammenarbeit mit bejahen 74 Prozent der Beschäftigten. die Lockdown-Phase ein sehr differenzier- anderen Kolleginnen und Kollegen etwas 282 VM 6/2020
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown besser eingeschätzt als die mit den Vor- sprechendes gilt auch für die Erreich- Die Reaktionen zu entsprechenden gesetzten, denen jedoch insgesamt ein gu- barkeit von Vorgesetzten. Aussagen präsentieren sich zwar recht tes Zeugnis ausgestellt wird. Im Ergebnis heterogen, bestätigen diesen Eindruck je- scheint dies mit dazu beizutragen, dass Insofern überrascht es auch wenig, dass doch (vgl. Abb. 8). So geben 47 Prozent sich nur der kleinere Teil der Beschäftigten Arbeit im Homeoffice auch und gerade der Befragten an, sie seien in der Lage in der Lockdown-Phase gestresst gefühlt vor dem Hintergrund der Corona-Krise gewesen, ihre Aufgaben effizient zu erle- hat (vgl. Abb. 6). insgesamt als attraktiv (73 Prozent geben digen, bei weiteren 30 Prozent war dies an, gern im Homeoffice zu arbeiten) und zumindest teilweise der Fall. 73 Prozent Die relativ geringe Stressbelastung und motivierend (85 Prozent) eingeschätzt konnten ihre Aufgabenerledigung effek- hohe Arbeitszufriedenheit während der wird (vgl. Abb. 7). In der Folge stimmen tiv planen; 35 Prozent haben sogar zu- Krise lassen sich mit weiteren Befunden volle 87 Prozent der Aussage zu, dass die sätzlich Verantwortung übernommen. illustrieren: Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu Fast 60 Prozent geben jeweils an, kreati- Fast zwei Drittel der Befragten (62 können, ein wichtiger Aspekt der Attrak- ve Problemlösungen entwickelt zu haben Prozent) finden es nicht schwierig, im tivität ihres Arbeitgebers sei. und sich herausfordernder Tätigkeiten Homeoffice Berufliches und Privates zu anzunehmen. Fast zwei Drittel haben ihre trennen. Angesichts dieser Befunde liegt die Ver- Arbeit im Rahmen der üblichen Arbeits- Außerdem nehmen über 80 Prozent mutung nahe, dass die Beschäftigten ihre zeit erledigen können. Die überwiegende wahr, dass ihr/e Vorgesetzte/r ihnen individuelle Leistungsfähigkeit in der Kri- Mehrzahl konnte ihr Wissen bzw. ihre Ar- vertraut, dass sie ihre Aufgaben im se als nicht sonderlich stark eingeschränkt beitsfähigkeiten auf dem aktuellen Stand Homeoffice sorgfältig erfüllen. Ent- wahrgenommen haben. halten (74 bzw. 82 Prozent). Dass sich Einschränkungen bei der M s individuellen Leistungsfähigkeit in den Insgesamt arbeite ich gern im Homeoffice. 4% 6% 18% 21% 52% 4,1 1,1 untersuchten Verwaltungen in Grenzen hielten, könnte auch mit einigen wei- Ich finde die Möglichkeit, im Homeof- 3% 4% 7% 19% 66% 4,4 1,0 teren Befunden erklärt werden. So ge- fice arbeiten zu können, motivierend. ben 60 Prozent der Befragten an, ihr/e Meiner Meinung nach ist die Möglichkeit, im Vorgesetzte/r habe sich für Lösungen von Homeoffice arbeiten zu können, ein wichtiger 3% 2% 8% 17% 70% 4,5 1,0 Aspekt der Attraktivität meines Arbeitgebers. Problemen in der Zeit des Lockdowns eingesetzt. Nur 30 Prozent mussten mehr Die Arbeit im Homeoffice ist der Erfüllung meiner dienst- lichen Aufgaben (bspw. Produktivität oder Qualität) abträglich. 52% 19% 14% 7% 8% 2,0 1,3 arbeiten als zuvor und 23 Prozent nah- men eine ungerechtere Verteilung der 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% stimme nicht zu stimme eher nicht zu teils/teils stimme eher zu stimme zu Abb. 7: Attraktivität der Arbeit im Homeoffice, n = 900-913 M s Ich habe meine Arbeit so geplant, dass sie in der vorgesehenen Zeit erledigt war. 4% 5% 18% 31% 42% 4,0 1,1 Ich war fähig wichtige von unwichtigen Dingen bei der Arbeit zu unterscheiden. 2% 1% 8% 32% 57% 4,4 0,8 Ich war in der Lage meine Arbeit gut mit einem Minimum an Zeit und Aufwand auszuführen. 10% 12% 30% 26% 21% 3,4 1,2 Ich habe zusätzliche Verant- wortlichkeiten übernommen. 24% 21% 20% 16% 19% 2,8 1,4 Ich habe neue Aufgaben angefangen, wenn meine anderen Aufgaben beendet waren. 6% 5% 17% 27% 45% 4,0 1,2 Ich habe mir herausfordernde Tätigkeiten vor- genommen, wenn es solche zu erledigen gab. 8% 10% 24% 28% 31% 3,6 1,2 Ich habe daran gearbeitet mein Wissen 3% 4% 16% 35% 42% 4,1 1,0 auf dem aktuellen Stand zu halten. Ich habe daran gearbeitet meine Arbeits- fähigkeiten auf dem aktuellen Stand zu halten. 4% 2% 12% 36% 46% 4,2 1,0 Ich habe mir kreative Lösungen für neue Probleme einfallen lassen. 8% 7% 26% 32% 27% 3,6 1,2 Ich habe aktiv an Meetings teil- genommen (virtuell oder vor Ort). 21% 7% 14% 16% 42% 3,5 1,6 Ich musste während der Corona-Pandemie meine Kinder / Angehörige auch zuhause betreuen. 63% 5% 7% 4% 22% 2,2 1,7 Ich habe während der Corona-Pandemie zu anderen Arbeitszeiten als üblich gearbeitet, um meine Arbeit zu schaffen (z.B. nachts). 52% 13% 12% 9% 13% 2,2 1,5 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% stimme nicht zu stimme eher nicht zu teils/teils stimme eher zu stimme zu Abb. 8: selbst eingeschätzte individuelle Performance in der Krise, ausgewählte Items nach Koopmans u.a. (2014), n = 1.010 VM 6/2020 283
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown M s jeweiligen Team wie Grundsätzlich würde ich sagen, dass wir die Zeit des Lock- auch mit Vorgesetzten, 3% 4% 11% 34% 48% 4,2 1,0 downs bei uns im Team erfolgreich bewältigt haben. der Behördenleitung Mein*e Vorgesetzte*r hat sich für die Lösung der Her- ausforderungen in der Zeit des Lockdowns eingesetzt. 9% 11% 20% 29% 31% 3,6 1,3 und Dritten. Abbildung Es war/ist schwieriger, persönliche Beziehun- 13% 12% 26% 29% 20% 3,4 1,4 10 deutet darauf hin, gen zu Kolleginnen und Kollegen zu pflegen. dass sich interne Kom- Insgesamt wurde während des Lock- 18% 21% 32% 15% 15% 2,9 1,3 munikation (unabhän- downs deutlich mehr gearbeitet. Während des Lockdowns wurden die Aufgaben und Belastun- 37% 24% 16% 11% 12% 2,4 1,4 gig von der Bewertung gen ungerechter als sonst zwischen den Kolleg*innen verteilt. Ich musste stärker mit Material oder Informationen ar- ihrer Wirksamkeit) in 36% 28% 17% 12% 7% 2,3 1,2 beiten, die nicht vollständig oder nicht aktuell waren. der Corona-Krise kaum Ich hatte Schwierigkeiten meine Arbeit zu erledigen. 49% 22% 15% 8% 6% 2,0 1,2 verändert, also auch Es war belastend für mich nicht verschlechtert hat. 48% 25% 15% 6% 6% 2,0 1,2 ständig erreichbar zu sein. Allerdings liefern die 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Daten Hinweise, dass es stimme nicht zu stimme eher nicht zu teils/teils stimme eher zu stimme zu bei der Verständigung Abb. 9: Aufgabenerledigung im Lockdown, n = 1.045 mit externen Dritten (Lieferanten, Dienst- M s leistern) Defizite gab, durchgehende Erreichbarkeit unseres 11% 20% 59% 8% 3% 2,7 0,9 vor allem jedoch die Aufgabenbereiches für die Bürger*innen problemlose Kommunikation mit externen Erreichbarkeit von An- 6% 24% 63% 5% 2% 2,7 0,7 Dritten (z.B. Lieferanten, Dienstleistern usw.) sprechpersonen in ande- Erreichbarkeit von Ansprechper- sonen in anderen Dienststellen 14% 35% 46% 4% 2% 2,4 0,8 ren Dienststellen einge- schränkt war. Folglich gute Verständigung im Team 3% 17% 62% 14% 3% 3,0 0,8 ist davon auszugehen, effiziente Abstimmung im Team 4% 21% 57% 15% 3% 2,9 0,8 dass es in der Krise zu Informationen durch 5% 16% 66% 11% 3% 2,9 0,8 spürbaren Einschrän- meine*n Vorgesetzte*n kungen bei der behör- Informationen durch die Behördenleitung 7% 18% 58% 13% 4% 2,9 0,9 denübergreifenden Zu- Abstimmung im Team in Bezug 4% 16% 61% 15% 3% 3,0 0,8 sammenarbeit kam. auf notwendige Angelegenheiten 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Die entscheidende schlechter eher schlechter unverändert eher besser besser Frage bei der Analyse Abb. 10: Kommunikationsfähigkeit in der Krise, n = 815-984 der Wirkungen der Co- rona-Krise ist, welchen M s Einfluss diese auf die Weiterentwicklung und Innovation 8% 21% 40% 25% 6% 3,0 1,0 organisationale Perfor- Zufriedenheit der Kolleg*innen oder mance der Verwaltung 6% 26% 46% 16% 5% 2,9 0,9 meiner eigenen Mitarbeiter*innen hat. Die Befunde liefern Effizienz der Abläufe 6% 30% 46% 16% 3% dazu verschiedene Hin- 2,8 0,9 weise (vgl. Abb. 11). Zufriedenheit von Bürger*in- Aus Sicht der Befragten 8% 27% 55% 9% 1% 2,7 0,8 nen oder anderer Kund*innen haben sich die verschie- Qualität der erbrachten Leistungen (z.B. Aus- stellung Bescheid, Beratung Bürger*innen) 5% 16% 69% 8% 2% 2,9 0,7 denen Parameter in der Menge der erbrachten Leistungen (z.B. Aus- Krise auf den ersten 9% 30% 48% 10% 4% 2,7 0,9 stellung Bescheid, Beratung Bürger*innen) Blick mehrheitlich nicht verändert. Bei nähe- Effiziente Nutzung der finanziellen Mittel 4% 13% 74% 7% 2% 2,9 0,7 rer Betrachtung zeigt 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sich jedoch, dass Ver- viel schlechter schlechter unverändert besser viel besser änderungen hier eher Verschlechterung als Abb. 11: Organisationale Performance in der Krise nach Pollanen u.a. (2017), n = 707-971 Verbesserung bedeuten. Besonders augenfällig Aufgaben zwischen den Kolleginnen und sahen keine oder wenige Schwierigkeiten, ist das Delta zulasten einer Verschlechte- Kollegen wahr. Andererseits war es oft ihre Aufgaben zu erledigen (vgl. Abb. 9). rung bei der Effizienz der Abläufe und der schwierig, Beziehungen zu ihnen zu pfle- Zufriedenheit von Kundinnen und Kun- gen (49 Prozent), ein Fünftel der Befrag- Eine Sollbruchstelle in Krisensituati- den bzw. Bürgerinnen und Bürgern sowie ten empfand es zumindest teilweise belas- onen und im Public Management ist die der Menge der erbrachten Leistungen. All tend, immer erreichbar zu sein. 71 Prozent Kommunikation – und zwar sowohl im dies lässt auch auf negative Folgen für die 284 VM 6/2020
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown öffentlich Be- Ressourcenausstattung 3,5 in der Krise schäftigten in s = 1,0 Bezug auf vir- 2,8 Kommunikations- fähigkeit in der Krise tuelle Arbeit6 s = 0,5 und scheint Stresswahrnehmung in 2,2 der Krise auf die Spezi- s = 1,1 3,8 fika der Kri- Arbeitszufriedenheit in der Krise sensituation s = 0,8 Individuelle 3,8 zurückzufüh- Performance in der Krise ren zu sein. s = 0,6 Organisationale 2,9 Ein Zurück- Performance in der Krise fallen hinter s = 0,6 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 diese Praxis Mittelwert scheint nicht ratsam. Ange- Abb. 12: Mittelwertvergleich zwischen abgefragten Konstrukten sichts der hier aufgezeigten Ergebnisse ist Wirksamkeit des Verwaltungshandelns dabei eine besondere Bedeutung zu. Ob- die Nachhaltigkeit dieser Veränderung schließen. wohl in Bezug auf Verwaltungsdigitali- allerdings nicht unbestritten. sierung immer wieder festgestellt wurde, Die Ausstattung für die Arbeit im dass die Ressourcenausstattung der Orga- Homeoffice ist teilweise defizitär, ins- Diskussion und nisationen nicht das grundlegende Prob- besondere was die Verfügbarkeit bzw. Schlussfolgerungen lem ist4, sondern es an Organisationskul- den Zugriff auf die elektronischen Ak- Betrachtet man zusammenfassend die tur und Kompetenzen fehlt5, zeigt diese ten betrifft. Hier gelang es in der Krise Schwerpunkte der hier dargestellten Un- Studie, dass zumindest die technische Aus- nur teilweise, kurzfristig für Verbesse- tersuchung im Vergleich, so zeigt sich, stattung, um im Homeoffice zu arbeiten, rungen zu sorgen. Die Möglichkeit zur dass die Arbeitszufriedenheit und indi- unzureichend ist. digitalen Vorgangsbearbeitung folgt viduelle Performance der Beschäftigten dabei dem klassischen Verständnis der eher positiv, die Kommunikationsfähig- Abbildung 12 zeigt, dass bei drei The- Arbeitsweise von Verwaltungen. Die in keit und organisationale Performance men der Untersuchung die Bandbreite der Corona-Krise aufgeworfenen Ver- in der Krise hingegen deutlich negativer der Aussagen besonders hoch ist: bei der änderungen könnten zukünftig jedoch eingeschätzt werden. Dass individuelle Ressourcenausstattung, bei der Wahr- zu einer stärkeren Disruption der Ver- Performance höher eingeschätzt wird als nehmung von Stress und (weniger ausge- waltungsprozesse führen.7 organisationale, mag eine verschobene prägt) bei der Arbeitszufriedenheit. Besonderes Augenmerk verdienen die Selbst- und Fremdwahrnehmung sein oder Kommunikationsfähigkeit der Füh- aber der Tatsache geschuldet, dass viele Wie nicht anders zu erwarten, bieten rungskräfte sowie die Frage, wie sich Verwaltungsmitarbeiter*innen während die Ergebnisse ein recht vielfältiges und Einschränkungen der Leistungsfähig- der Krise in größerem Umfang als sonst differenziertes Bild der Reaktionen in den keit auf der Ebene der Organisation gearbeitet haben, aber insgesamt keine untersuchten Verwaltungen auf die Coro- verhindern lassen, wie sich also Menge deutlichen Verbesserungen des organisati- na-Krise. So zeichnen sich einige wichtige und Qualität der Dienstleistungen und onalen Krisenhandlings beobachten konn- Erkenntnisse ab: damit die Zuverlässigkeit und Wirk- ten. Damit stellt sich die Frage, wie in Zu- Homeoffice wurde in der Krise groß- samkeit der Verwaltung garantieren kunft die hohe Motivation, individuelle flächig während des Lockdowns ge- lassen. Leistungsfähigkeit und Arbeitszufrieden- nutzt, um – in Grenzen – die Hand- heit, die sich aus der flexibleren Nutzung lungs- und Leistungsfähigkeit der Be- Die Ergebnisse der Untersuchung deuten von Homeoffice ergeben, besser genutzt schäftigten, wie auch der jeweiligen auf mehrere Dilemmata hin. Erstens gibt werden können, um Kommunikation so- Organisationen insgesamt, sicherstellen wie Handlungs- und Leistungsfähigkeit zu können. Die Beschäftigten bewerten der Verwaltung zu verbessern. Und zwar diese Veränderung eindeutig positiv nicht nur in der Krise. Diese Fragen sind und erwarten zukünftig, flexibler von 3 Roberts 2020, Eckhard u.a. 2020, Schomaker/ nicht neu, sondern wurden beispielweise Zuhause aus arbeiten zu können. Die Bauer 2020, Bogumil/Kuhlmann/Proeller 2019. auch schon in Bezug auf die Flüchtlings- Möglichkeit der Arbeit Zuhause wird 4 Bogumil/Kuhlmann/Gerber 2019. 5 Fischer u.a. 2019. krise 2015 oder die Finanzkrise 2008 in Zukunft die Attraktivität von Ar- 6 Caillier 2012, Palumbo 2020, Vries/Tummers/ diskutiert.3 Ein wesentliches Mittel dazu beitsplätzen in der Verwaltung insge- Bekkers 2019. könnte die Ressourcenausstattung und samt deutlich verbessern. Dieses Ergeb- 7 Herzberg 2018. Infrastruktur sein. Der E-Akte bzw. dem nis widerspricht bisherigen Ergebnissen 8 Hofmann/Ogonek 2018, Jakob/Krcmar, Mergel dezentralen digitalen Datenzugriff kommt zur Zufriedenheit und Motivation von 2019. VM 6/2020 285
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown es hohe Erwartungen an die Flexibilisie- den situativen Anforderungen anpassen näle in Teams deren gerade in einer Krise rung (insbesondere die Möglichkeit, zu- mussten11. Handlungsbedarf besteht dem- stetig notwendigen Wissensaustausch14 mindest teilweise im Homeoffice arbeiten nach vor allem dort, wo die Hindernisse und Leistungsfähigkeit beeinflussen. zu können). Andererseits zeichnet sich ab, wie Ressourcenaufwand und kulturelle dass die dafür notwendigen Voraussetzun- Barrieren am größten sind. Für die Praxis des Verwaltungsmanage- gen bislang nur begrenzt bestehen bzw. ments ist es naheliegend, die Erfahrungen schnell geschaffen werden können. Der Drittens bieten die Ergebnisse zahlrei- des Jahres 2020 systematisch zu reflek- bisherige Stand der Verwaltungsdigitali- che Hinweise darauf, dass die Ursachen tieren und das Momentum der – bislang sierung in Deutschland war unzureichend, für problematische Auswirkungen der eher von den äußeren Umständen erzwun- um kurzfristig in ein digitales Arbeitsfor- Krise auf die individuelle und organisa- genen – Veränderungsdynamik beizube- mat zu wechseln.8 tionale Performance in den untersuchten halten. Konkrete Ansatzpunkte liegen Verwaltungen nicht in der Anpassung der etwa in der Verbesserung der Ressour- Zweitens deutet sich bezüglich des Homeoffice-Regelungen liegen. Vielmehr cenbasis einer flexiblen Verwaltung. Die Homeoffice an, dass die unterschiedliche geht es um die weitaus schwerer zu be- damit verbundenen Herausforderungen gehen über das Mega-Thema der Digita- lisierung deutlich hinaus und erfordern substanzielle Innovationen etwa bei Or- ganisations- und Arbeitsformen, Büro- konzepten, Führung, Qualifizierung und »Das Dilemma ist: Die Krise hat den Kommunikation. Veränderungsdruck in der Verwaltung verdeutlicht und erhöht, aber auch Literatur den finanziellen Spielraum für diese Bogumil, J. u.a., 2019: Bürgerämter in Deutsch- land. Organisationswandel und digitale Trans- Veränderungen verringert.« formation. Bogumil, J. u.a. (Hrsg.), 2019: Verwaltungs- handeln in der Flüchtlingskrise, Baden-Baden. Caillier, J.G., 2012: The Impact of Teleworking on Work Motivation in a U.S. Federal Government Agency, in: The American Review of Public Eignung des Arbeitsplatzes – etwa auf- einflussenden Faktoren und damit Schlüs- Administration, 42, S. 461-480. grund von regelmäßigem persönlichem selthemen des Verwaltungsmanagements, Dausend, P. u.a., 2020: Die mit dem Spürgefühl, in: die Zeit, Ausgabe vom 16.04.2020. Kunden/-innenkontakt oder in bestimm- wie Ressourcenausstattung, Führung, Online verfügbar unter: https://www.zeit. ten Aufgabenbereichen – die Spannungen Organisationskultur und digitale Trans- de/2020/17/oeffentlicher-dienst- corona- zwischen in diesem Sinne quasi privile- formation. Hier besteht das Dilemma da- virus-staat-verwaltung-ansehen?utm_ re fe r re r = ht t p s % 3 A % 2 F % 2 Fw w w. g o o g l e . gierten und benachteiligten Beschäftig- rin, dass die Krise den Veränderungsdruck com%2F. tengruppen verschärfen können. Während einerseits verdeutlicht und erhöht hat12, Destatis 2019: Finanzen und Steuern. Personal flexible Arbeitszeiten und Homeoffice z.B. andererseits jedoch durch deren finanziel- des öffentlichen Dienstes. Online verfügbar von Anwärter/-innen im IT-Bereich aus- len Folgen der Spielraum für genau diese unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/ drücklich eingefordert werden9, zeigen un- Veränderungen eher verringert wird13, Staat/Oeffentlicher-Dienst/Publikationen/ Downloads-Oeffentlicher-Dienst/personal- sere Ergebnisse gleichsam, dass Mitarbei- auch wenn vielleicht der Handlungsbedarf oeffentlicher-dienst-2140600177004.pdf?__ tende im Homeoffice im Mittel weniger offensichtlicher geworden sein mag als blob=publicationFile. gestresst und zufriedener mit ihrer Arbeit zuvor. Der augenscheinliche Pragmatis- Dormann, C./Zapf, D., 2004: Customer-related waren. Andere Arbeitsplätze könnten da- mus, der in vielerlei Hinsicht als Reaktion social stressors and burnout, in: Journal of occu- pational health psychology, 9, S. 61-82. her wegen ihrer eingeschränkten Eignung auf die Krise im öffentlichen Sektor vor- für das Arbeiten von Zuhause aus als zu- herrschte, stellt gleichsam eine ermutigen- nehmend unattraktiv wahrgenommen de Perspektive auf die Handlungsfähigkeit werden. Denn nicht nur die direkte In- der Verwaltung dar. teraktion zwischen Verwaltungsmitarbei- tenden und Beschäftigten an sich birgt Weitere Forschung muss nun Zusam- enormes Stresspotenzial10, sondern auch menhänge und Erklärungsansätze für Per- 9 Thiersch u.a. 2019. die emotionalen Anforderungen, die eine formance-Unterschiede analysieren, um 10 Dormann/Zapf 2004. solche Interaktion erfordert. Für Mitar- die Anpassungsfähigkeit von Organisatio- 11 Sloan 2014. beitende mit direkten Kunden/-innenkon- nen der Verwaltung (nicht nur) in Krisen- 12 van der Wal 2020, Wegrich 2020, O’Flynn 2020. takt konnten zahlreiche negative Folgen situation besser zu verstehen. Hier kann 13 Maher/Hoang/Hindery 2020, Erler 2020, KGSt für die psychische Gesundheit aufgezeigt beispielsweise untersucht werden, inwie- 2020. werden, wenn diese ihre wahren Gefühle fern unterschiedliche Kommunikationska- 14 Fischer 2018. 286 VM 6/2020
Siegel/Fischer/Drathschmidt/Gelep/Kralinski, Verwaltung im Lockdown Eckhard, S. u.a., 2020: Latent Hybridity in Palumbo, R., 2020: Let me go to the office! An Administrative Crisis Management: The investigation into the side effects of working German Refugee Crisis of 2015/16, in: Journal from home on work-life balance, in: Inter- of Public Administration Research and Theory, national Journal of Public Sector Management, 2014, S. 762. ahead-of-print, S. 1-20. Erler, B., 2020: Corona-Pandemie: Finanzielle Pollanen, R. u. a., 2017: Relationships between Folgen für Kommunen, in: Haufe, Ausgabe vom strategic performance measures, strategic deci- Von Kontrolle bis Beratung: 21.04.2020. Online verfügbar unter: https:// sion-making, and organizational performance: www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/haushalt- empirical evidence from Canadian public orga- Wie erzielen finanzen/corona-pandemie-finanzielle-folgen- nizations, in: Public Management Review, 19, S. Normenkontrollräte Einfluss? fuer-kommunen_146_514416.html. 725-746. Fischer, C., 2018: Beraten statt Archivieren. Wie Roberts, A., 2020: The Third and Fatal Shock: öffentlich Beschäftigte ihr Wissen am Arbeits- How Pandemic Killed the Millennial Paradigm, platz teilen, in: der moderne staat – Zeitschrift in: Public Administration Review. für Public Policy, Recht und Management, 11, S. Schomaker, R.M. u.a., 2020: Betroffenheit und 285-307. Reaktionen der österreichischen Kommunen in Fischer, C.u.a., 2019: Zukunftsszenarien für die derCOVID-19 Pandemie. Online verfügbar unter: Modernisierung des öffentlichen Sektors | Sonderband �� digitale Verwaltung: Universität Potsdam. https://www.witi-innovation.de/wp-content/ Hammerschmid, G. u.a., 2020: Die Verwaltung uploads/Schomaker-et-al-2020-Betroffenheit- als Gewinnerin der Corona-Krise? Ergebnisse und-Reaktionen-der-%C3%B6sterreichischen- Antonia Schurig der Befragung von Führungskräften im öf- Kommunen.pdf. Bessere Rechtsetzung im fentlichen Sektor. Online verfügbar un- Schomaker, R.M./Bauer, M.W., 2020: What europäischen Vergleich ter: https://web-assets.bcg.com/d8/ Drives Successful Administrative Performance Genese und Handlungswirklichkeit der Normenkontrollräte in Deutschland, dd/67c641744e3c8d5fd213237f7dcb/pspa- during Crises? Lessons from Refugee Migration den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich fuhrungskrafte-studie-2020.pdf. and the Covid-19 Pandemic, in: Public Adminis- Hammerschmid, G./Lorenz, O., 2020: Blitzbe- tration Review, 80, S. 845-850. fragung Zukunftspanel Staat & Verwaltung- Schuster, C. u.a., 2020: Responding to COVID-19 digital 2020. Impulse für die Digitale Through Surveys of Public Servants, in: Public Verwaltung in Zeiten der Corona-Pandemie. Administration Review. Online verfügbar unter: https://www.bmi. Sloan, M.M., 2014: The Consequences of bund.de/SharedDocs/downloads/DE/vero- Emotional Labor for Public Sector Workers Bessere Rechtsetzung im effentlichungen/nachrichten/zukunfstspa- and the Mitigating Role of Self-Efficacy, in: The europäischen Vergleich nel-staat-und-verwaltung-digital.pdf ?__ American Review of Public Administration, 44, blob=publicationFile&v=2. Genese und Handlungswirk- S. 274-290. Herzberg, J., 2018: Wird die Bedeutung der eAk- lichkeit der Normenkontrollräte SOEP-COV, 2020: Sozioökonomische Faktoren te für die Digitalisierung der Verwaltung über- in Deutschland, den Nieder- und Folgen der Verbreitung des Coronavirus in schätzt?, in: Verwaltung & Management, 24, S. Deutschland. Online verfügbar unter: https:// landen und dem Vereinigten 96-99. www.soep-cov.de/Startseite/. Königreich Hofmann, S./Ogonek, N., 2018: Different But Steijn, A. J./Vermeeren, B., 2019: Red tape, work Von Dr. Antonia Schurig Still The Same? How Public And Private Sector pressure and occupational stress in the public Organisations Deal with New Digital Com- 2020, 271 S., brosch., 59,– € sector. EGPA conference: Belfast, North Ireland petences, in: The Electronic Journal of e-Gov- (2019, september 11 - 2019, september 13). ISBN 978-3-8487-7760-0 ernment, 16, S. 127-135. (Modernisierung des Thiersch, K. u.a., 2019: Arbeitgeber(un)attrakti- Jakob, M./Krcmar, H.: Which barriers hinder a vität der öffentlichen Verwaltung für IT-Nach öffentlichen Sektors successful digital transformation in small and wuchskräfte, in: Verwaltung & Management, („Gelbe Reihe“), Bd. SB 50) medium-sized municipalities in a federal sys- 25, S. 28-36. In deutscher/englischer Sprache tem?, in: Central and Eastern European eDem Tsui, A.S. u.a., 1992: Being Different: Relational and eGov Days, S. 141-150. Demography and Organizational Attachment, KGSt, 2020: Auswirkungen der Corona-Krise auf in: Administrative Science Quarterly, 37, S. 549. Um kostenbewusstere Entschei- die Finanz- und Haushaltslage. Online verfüg- van der Wal, Z., 2020: Being a Public Manager dungen zu treffen, lassen Regie- bar unter: https://www.kgst.de/auswirkungen- rungen ihre Gesetzesfolgenab- in Times of Crisis The Art of Managing Stake- der-corona-krise-finanz-und-haushaltslage. holders, Political Masters, and Collaborative schätzungen von unabhängigen Koopmans, L. u.a., 2014: Construct validity of the individual work performance questionnaire, in: Networks, in: Public Administration Review. Normenkontrollräten kontrollie- Journal of occupational and environmental me- Vries, H. de u.a., 2019: The Benefits of Telewor- ren. Wie erzielen diese Gremien king in the Public Sector: Reality or Rhetoric?, in: dicine, 56, S. 331-337. Review of Public Personnel Administration, 39, Einfluss? Und welche Rolle spie- Liang, L., 2020: How Covid-19 led to a nation- S. 570-593. len sie als Politikberater für Büro- wide work-from-home experiment. Online ver- kratieabbau und bessere Recht- Wegrich, K., 2020: Is the turtle still plodding fügbar unter: https://www.bbc.com/worklife/ article/20200309-coronavirus-covid-19-advice- along? Public management reform in Germany, setzung? in: Public Management Review, S. 1-10. chinas-work-at-home-experiment. Wilkens, A., 2020: Verwaltung in der Corona- Maher, C.S. u.a., 2020: Fiscal Responses to Krise: Das Faxgerät als Bremse. Die Corona- COVID-19: Evidence from Local Governments Nomos Krise habe die Modernisierung angescho- and Nonprofits, in: Public Administration Re- ben, wird gesagt. In der Verwaltung sei dies eLibrary view. aber noch nicht angekommen, kritisieren Mergel, I., 2019: Digitale Transformation als Regierungsberater., in: heise online, Ausgabe Reformvorhaben der deutschen öffentlichen vom 21.10.2020. Online verfügbar unter: Verwaltung, in: der moderne staat, 12, S. 162-171. https://www.heise.de/news/Verwaltung- O’Flynn, J., 2020: Confronting the big challenges i n - d e r- Co ro n a - K r i s e - D a s - Fa xg e ra e t- a l s - of our time: making a difference during and af- Bremse-4935454.html. ter COVID-19, in: Public Management Review, S. 1-20. VM 6/2020 287
Sie können auch lesen