Vicente Ferrer Stiftung Deutschland - Gemeinsam Wandel gestalten
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Gemeinsam Wandel gestalten Vicente Ferrer Stiftung Deutschland Unsere Unsere Unsere Vision Geschichte Programme … für eine gerechte Gesellschaft, … von den frühen Anfängen … in den Bereichen Frauen, in der Frauen eine Stimme Vicente und Anne Ferrers Gesundheit, Bildung, Inklusion, haben bis heute Landwirtschaft, Infrastruktur © Sofia Moro/RDT
INHALT VORWORT 1. Wer wir sind 4 6 Unsere Vision Unsere Einsatzorte Gesellschaft gemeinsam 8 Unsere Geschichte verändern! © Sofia Moro/RDT 2. Was die Gründerin der Stiftung sagt 10 Interview mit Anne Ferrer 3. Was uns herausfordert 12 Indien – eine Gesellschaft im Wandel Indien ist mit ca. 1,3 Milliarden Menschen Ihre Vision war es, Gemeinschaften in 4. Was wir tun © Pablo Lasaosa/RDT nach China das bevölkerungsreichste verarmten Dörfern zu unterstützen, Land der Welt. Der Vielvölkerstaat ver- den Lebensstandard der dort lebenden 14 Unsere Lösungsansätze fügt über einen einzigartigen kulturellen Menschen zu verbessern und ihnen Reichtum und eine beeindruckende Mut zu machen, für Gleichberechtigung 16 Unsere Programmbereiche landschaftliche Vielfalt. Doch obwohl und Selbstbestimmung sowie gesell- Indien in den letzten Jahrzehnten riesi- schaftliche Teilhabe zu kämpfen. Mit 18 Frauen ge wirtschaftliche und technologische ihren umfangreichen Entwicklungs- Fortschritte gemacht hat, sind Un- programmen hat die Stiftung seit 1969 22 Bildung gleichheit, Unterdrückung und Armut Menschen in fast 3.700 Dörfern er- erschreckend weit verbreitet – vor reicht und mit ihnen gemeinsam neue 24 Inklusion © RDT allem auf dem Land. Perspektiven geschaffen. 26 Gesundheit In den Medien lesen wir immer wieder Unser Dank gilt vor allem den mitt- über brutale Fälle von Misshandlungen lerweile über 2.500 engagierten 28 Landwirtschaft an Mädchen und Frauen. Sie werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor in Indien überdurchschnittlich häufig Ort sowie den vielen Spenderinnen 30 Infrastruktur Opfer von Diskriminierung, Ausbeutung und Spendern in Indien, Europa und und Gewalt. Das muss sich ändern! den USA, ohne die diese Erfolge nicht möglich gewesen wären. Doch es 5. Was wir schon erreicht haben Indien ist eines der am stärksten vom liegen noch viele Aufgaben vor uns! © RDT Klimawandel betroffenen Länder. 32 Unsere Erfolge in Zahlen Besonders in ländlichen Regionen leiden Erfahren Sie in der vorliegenden die Menschen extrem unter den langen Broschüre mehr über unsere Arbeit, Dürreperioden und den ausgelaugten unsere Motivation und unsere Ziele. 6. Wie Sie helfen können Böden. Die zunehmend mageren Wir hoffen, dass wir auch Sie motivie- Ernteerträge reichen vielen Millionen ren können, einen Teil dazu beizutra- 33 Spenden, Förderbeiträge, Menschen kaum zum Überleben. gen, dass mehr Menschen am Rand der Patenschaften und mehr indischen Gesellschaft die Chance auf Die unermessliche Not der Landbevöl- eine bessere Zukunft erhalten! kerung im Südosten Indiens gab den beiden Stiftungsgründern Vicente und Dr. Andrea Rudolph Anne Ferrer vor mehr als 50 Jahren Geschäftsführerin Vicente Ferrer den Impuls, sich vor Ort zu engagieren. Stiftung Deutschland © RDT 2 3
1. WER WIR SIND | UNSERE VISION WER WIR SIND | UNSERE VISION „Wenn wir zusammen arbeiten, können wir die Welt verändern.“ Anne Ferrer Unsere Vision Zusammenarbeit für eine gerechtere Dorfgemeinschaften als Partner des Wandels Gesellschaft Indien ist ein Land der Widersprüche mit einer erschreckend tiefen Kluft zwischen Arm und Reich. Die Vicente Ferrer Stiftung engagiert sich seit 1969 für die Die Spendengelder aus Europa und den USA werden Einerseits ist Indien eine der weltweit führenden Wirtschaftsnationen, andererseits lebt ein Verbesserung der Lebensbedingungen der am stärksten nachhaltig genutzt. Über 2.500 Mitarbeiterinnen und benachteiligten Menschen im ländlichen Indien. Besonders Mitarbeiter fordern und fördern Eigenverantwortung und großer Teil der Bevölkerung in extremer Armut. Rund 176 Millionen Menschen haben weniger als setzen wir uns für die Gleichberechtigung von Frauen und machen die Menschen zu Hauptakteuren in ihrem eigenen 1,90 US-Dollar pro Tag zum Überleben:1 zu wenig für ein menschenwürdiges Leben, zu wenig, um Mädchen ein. So möchten wir den Wandel hin zu einer Entwicklungsprozess. Neben unseren Programmen für die eigenen Kinder zur Schule schicken zu können und ohne Aussicht, Veränderungsprozesse in humanen und gewaltfreien Gesellschaft unterstützen, in der Ernährung, Gesundheit und Bildung spielen unsere Hilfe-zur- Gang zu setzen. Vor allem auf dem Land ist Armut weit verbreitet – wobei Frauen im Vergleich zu alle Menschen ein würdevolles Leben führen können. Unsere Selbsthilfe-Programme eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen Entwicklungsprogramme zielen darauf ab, die grundlegenden es den Menschen vor Ort, insbesondere den Frauen, sich Männern überdurchschnittlich oft davon betroffen sind und zudem aufgrund ihres Geschlechts Menschenrechte, wie das Recht auf Selbstbestimmung, fortzubilden und sukzessive immer selbstständiger zu immer wieder diskriminiert werden. Das möchten wir ändern! Bildung, Wohnen, Gesundheitsversorgung und den Schutz werden – auch wirtschaftlich. des natürlichen Lebensraumes, zu gewährleisten. 4 1 Weltbank 2019. 5
1. WER WIR SIND | UNSERE EINSATZORTE WER WIR SIND | UNSERE EINSATZORTE Unsere Einsatzorte Die Vicente Ferrer Stiftung ist seit über 50 Jahren in Indien aktiv. 1969 starteten wir mit unseren ersten Projekten in Anantapur im Südosten Indiens. Heute unterstützen wir Menschen in fast 3.700 Dörfern in den Bundesstaaten Andhra Pradesh und Telangana. Entscheidend für den Erfolg unserer Arbeit ist, dass wir nicht vom Ausland aus Projekte realisieren, sondern mit unseren Teams immer vor Ort sind. Deshalb stammen von den mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Indien 99 % aus der Region. INDIEN TELANGANA HYDERABAD Nalgonda Mahabubnagar Vijayawada Guntur Kurnool Prakasam Zu unseren größten Herausforde- rungen zählen die lang anhaltenden Anantapur Dürreperioden, denn rund 62 % der Be- ANDHRA völkerung sind von der Landwirtschaft PRADESH abhängig. ESTADOFür 1 DEsie hat die Trockenheit TELANGANA fatale Folgen: Bodenerosion, Ernteaus- fälle,ESTADO DE ANDHRA Krankheiten, PRADESH Hygieneprobleme. Millionen Menschen mussten bereits ÁREAS DE ACTUACIÓN DE LA aufgrund der harten Lebensbedingun- FUNDACIÓN VICENTE FERRER gen die Region verlassen oder leben immer noch am Existenzminimum. Hier setzen wir mit unseren Programmen an: Wir entwickeln Landwirtschafts- Telangana und Bewässerungsprojekte, stärken Andhra Pradesh den Ausbau der Infrastruktur, fördern Ernährungs-, Gesundheits- sowie Tätigkeitsgebiete der Stiftung Bildungsprogramme und schaffen so neue Perspektiven! 1 Indian National Interest 2017. 6 7
1. WER WIR SIND | UNSERE GESCHICHTE WER WIR SIND | UNSERE GESCHICHTE 1969 1976 1979 1987 Gründung des Rural Mit dem Ziel „Hilfe zur Selbst- Development Trusts (heute hilfe“ fördert die Stiftung die Vicente Ferrer Stiftung Indien) Bildung von Frauen. In soge- gemeinsam mit Anne Ferrer. nannten Sanghams (Selbst- Vicente Ferrer besucht Indien als Austritt aus dem Bau von 10.000 Brunnen, 2.500 Integriertes Programmbereich „Bildung“ Förderung von Sport- und hilfegruppen) beraten und Zusammenarbeit mit UNICEF jesuitischer Missionar. Beginn Jesuitenorden, um gemeinsam Häusern und 50 Ernährungs- Entwicklungsprogramm für wird initiiert, um Kindern aus Kulturveranstaltungen, um unterstützen sich Frauen auf und der indischen Regierung seines Einsatzes für die Verbes- mit Anne Perry, seiner späteren zentren in den ersten 200 Dörfer und Entstehung armen Dorfgemeinschaften den Zusammenhalt der Kinder ihrem Weg in die wirtschaft- beim ersten Impfprogramm serung der Lebensbedingungen Frau, sowie zwei Freiwilligen die fünf Jahren. des Programmbereichs eine Schulausbildung zu und Jugendlichen in den liche Unabhängigkeit. des Landes. der Menschen auf dem Land. ersten Entwicklungsprojekte „Gesundheit“. Eröffnung der ermöglichen. Dorfgemeinschaften durchzuführen. Krankenhäuser in Kalyandurg, zu stärken. Start der Programmbereiche Kuderu und Venkatampalli. „Inklusion“ und „Landwirtschaft“. 1952 1970 1978 1982 2010 2005 2000 1994 Zusammenarbeit mit der Tod Vicente Ferrers. Über Einsatz von Mikrobewässerung Gründung des „Anantapur Eröffnung des Krankenhauses Gründung der Fundación Aufklärungskampagnen rund Erste Sonderschulen auf dem indischen Regierung und 100.000 Menschen nehmen an und Solarpanels für Sports Village“. in Bathalapalli. Vicente Ferrer in Spanien zur um das Thema HIV. Land werden für Kinder mit weiteren Partnern bei einem seiner Beerdigung teil. nachhaltige Landwirtschaft. Unterstützung der Vicente Eröffnung der ersten von Behinderung eingerichtet. Programm zur Beendigung Bau eines Krankenhauses in Ferrer Stiftung Indien. vier orthopädischen und von Gewalt gegen Frauen. Kalyandurg. prothetischen Werkstätten Gründung des ersten in Kalyandurg. Frauenhauses. 2009 2002 1996 1992 2012 2019 Unsere Geschichte Erste Teilnahme von Athleten Eröffnung der ersten Gründung der US-amerika 50 Jahre erfolgreiche Launch des Programms Seit 50 Jahren widmet sich die Vicente Ferrer Stiftung der der Stiftung bei den „Special Fachschule für Mädchen nischen „Vicente Ferrer Stiftungsarbeit. Vicente Ferrer „Frauen für Frauen“, um Entwicklungszusammenarbeit im ländlichen Indien und hat die Olympics“ in Athen. und Jungen aus ländlichen Foundation“ in Washington zur Stiftung Deutschland nimmt die Selbstbestimmung und Regionen. Über 90 % Unterstützung und Erweiterung Arbeit in Berlin auf. Unabhängigkeit indischer Lebensbedingungen der G emeinschaften vor Ort bereits finden nach Abschluss eine der Arbeit der Stiftung. Frauen zu fördern. Anstellung. nachhaltig verbessert. Unsere Stiftung ist Teil einer Stiftungsfamilie: Gemeinsam mit 2011 2015 2020 der Vicente Ferrer Stiftung Indien, der Fundación Vicente Ferrer, Spanien, sowie der Vicente Ferrer Foundation, USA, engagieren wir uns in Indien für den Wandel in eine gerechtere Gesellschaft. 8 9
2. WAS DIE GRÜNDERIN DER STIFTUNG SAGT WAS DIE GRÜNDERIN DER STIFTUNG SAGT „Die persönlichen Beziehungen, die wir zu den Menschen aufbauen, sind das Fundament für eine vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit.“ Anne Ferrer Was die Gründerin der Stiftung sagt die geschlechtsspezifische Gewalt und Diskriminierung, die tagtäglich auf sehr brutale Weise im ganzen ist, ihre eigene Entwicklung zu steuern. Deshalb engagiert sich die Stiftung dafür, den Menschen einen Zugang Land stattfindet. Ich glaube, dass wir zur Grundversorgung und zu e inem Die britische Journalistin Anne Perry und der ehemalige spanische Jesuitenpater Vicente Ferrer mit Hilfe der Erfahrung, die wir in den angemessenen Lebensstandard sowie lernten sich 1968 in Indien kennen. Ein Jahr später starteten sie gemeinsam die ersten letzten 50 Jahren gemacht haben, den die Chance auf qualitativ hochwertige Beziehungen, dem erlangten V ertrauen Bildung zu verschaffen. Die persön- Entwicklungsprojekte und gründeten 1978 den Rural Development Trust, die heutige Vicente und Respekt von Männern und Frauen lichen B eziehungen, die wir dabei zu Ferrer Stiftung Indien. Seit dem Tod von Vicente Ferrer im Jahr 2009 ist Anne Ferrer die Geschäfts- sowie mit der guten Z usammenarbeit den Menschen aufbauen, sind das führerin der Stiftung. Sie wird von ihrem Sohn Moncho Ferrer unterstützt, der für die Programm mit den Regierungsbehörden in den Fundament für eine vertrauensvolle entwicklung zuständig ist. kommenden Jahren große Fortschritte und erfolgreiche Zusammenarbeit. machen werden, um der Gewalt gegen Frauen Einhalt zu gebieten. Um langfristig gute Ergebnisse zu er- „Unser Ansatz geht über Wie war die Situation der Mehrheit der mern. Ihr Leben wurde von Männern heute aktiv ist, verfügen Frauen mehr- zielen, braucht man eine nachhaltige die Erreichung der Selbst Frauen im ländlichen Indien zu dem kontrolliert: dem Vater, dem Ehemann, heitlich über ein eigenes Konto und Geld. Unsere Vision ist es, mit allen Gleich- Organisation. In der Stiftung arbeiten versorgung benachteiligter Zeitpunkt, als die Stiftung ihre Arbeit dem ältesten Sohn, dem Onkel und Auf dieser Grundlage können sie eigene gesinnten in der Welt zusammenzuar- mehr als 95 % Inderinnen und Inder. Gemeinschaften hinaus. aufnahm? anderen Männern. Entscheidungen treffen. Sie nehmen an beiten, um als G emeinschaft für mehr Es sind Frauen und Männer, die Teil der Würde, Respekt und Gleichberechti- Gesellschaft sind, die mit uns aufge- Vor allem streben wir danach, Workshops zu Frauenrechten, Gesund- Als wir damals die Dörfer besuchten, heit und Politik teil und engagieren sich gung der Frauen einzutreten. wachsen sind, die unsere Philosophie die Selbstwahrnehmung konnte ich als Frau nicht direkt mit Was hat sich bereits verändert? gegen häusliche Gewalt. Je aktiver sie verinnerlicht haben und weitertra- der Menschen zu verändern, anderen Frauen sprechen – so war es werden, desto mehr werden sie von gen. Wir sind hunderte und tausende damit sie sich voll und ganz damals in der Gesellschaft üblich: Die Wir arbeiten seit mehr als 30 Jahren mit den Männern respektiert. Was ist die Grundlage für den Erfolg Gleichgesinnte in Indien, in Spanien, ihrer Rechte bewusst werden. Gespräche liefen über die Ehemänner. Frauen in Indien zusammen. In diesen der Vicente Ferrer Stiftung? Deutschland und in den USA, und wir Erst dann können sie ihr volles glauben an das, was wir tun: Jede und Frauen durften sich nicht vom Haus drei Jahrzehnten haben sich Frauen Potenzial ausschöpfen.“ wegbewegen, sich nicht draußen tref- sozial und ökonomisch in der patriar- Was sind die nächsten Ziele der Wir sind eine Organisation, die nicht jeder von uns kann seinen persönlichen fen oder ihre Meinung äußern. Die Rolle chalischen Gesellschaft Indiens, in der Stiftung im Bereich Frauenrechte? von einer Metropole aus agiert, son- Beitrag leisten, – wie klein er auch sein Moncho Ferrer, Programmdirektor der Frau war es, Kinder zu gebären – normalerweise alle Besitztümer den dern direkt vor Ort mit den Menschen mag –, um das Leid und die Armut zu Vicente Ferrer Stiftung Indien vorzugsweise männliche – und sich um Männern gehören, wirklich weiterent- Es ist noch ein langer Weg, den wir arbeitet. Wir sind davon überzeugt, verringern und so dazu beizutragen, den Haushalt und die Familie zu küm- wickelt. Wo die Vicente Ferrer Stiftung zu gehen haben. Wir kämpfen gegen dass die ländliche Bevölkerung f ähig dass unsere Welt gerechter wird. 10 11
3. WAS UNS HERAUSFORDERT WAS UNS HERAUSFORDERT Was uns herausfordert mehr als in jedem anderen Land der Welt.7 Hinzu kommt, dass in den ländlichen Gebieten Millionen Menschen noch immer Indien – eine Gesellschaft ohne sanitäre Anlagen leben. Dadurch verschlechtern sich die Mangelnde Gesundheitsversorgung hygienischen Bedingungen vor Ort, was die Ausbreitung von im Wandel Große Teile der Bevölkerung in den ländlichen Gegenden Infektionskrankheiten begünstigt. Nachholbedarf bei Bildung Südostindiens haben nur begrenzten bis gar keinen Zugang Indien belegt mit 1,3 Milliarden Einwohnern Platz 2 auf der zu elementarer Gesundheitsversorgung und medizinischen Skala der bevölkerungsreichsten Länder. Aufgrund des rasanten Wirtschaftswachstums zählt es zu den führenden Hilfen. Aufgrund der vielerorts oft noch ungenügenden Hygienestandards zählen Durchfall- und Atemwegserkran- und Inklusion Schwellenländern. Davon profitieren immer Menschen. kungen sowie Tuberkulose zu den häufigsten Infektions- Die Fortschritte bei der Gesundheitsversorgung, der Infra- krankheiten. Weit verbreitet sind auch Anämie und HIV. Der Alphabetisierungsgrad in Indien ist in den letzten Jahren struktur und im Bildungssystem sind beachtlich. Doch trotz Ein weiteres gravierendes Problem ist die hohe Kindersterb- erheblich gestiegen und lag 2015 bei ca. 69 %.8 Das klingt umfangreicher Entwicklungsprogramme der indischen lichkeit: Von 1.000 Kindern sterben 39 vor ihrem 5. Lebens- sehr erfreulich, allerdings gibt es ein großes Gefälle zwischen Regierung leben laut Weltbank knapp 176 Millionen Men- jahr – in Deutschland lag diese Zahl 2018 bei 3,7.5,6 städtischen und ländlichen Regionen, in denen es zum Teil schen in extremer Armut, das heißt, sie haben weniger als noch immer keine Schulen gibt. Großer Handlungsbedarf 1,90 US-Dollar pro Tag zum Leben.1 Das ist einer der Haupt- existiert auch in Bezug auf Chancengleichheit, denn nach gründe dafür, dass Indien auf Platz 129 von 189 im Human Schlechte Grundversorgung wie vor sind mehr Frauen als Männer von Analphabetismus Development Index der Vereinten Nationen steht.2 Zu den betroffen. Geschlechterungleichheit am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen ge- Rund 200 Millionen Menschen sind in Indien nicht an das hören nach wie vor Menschen in ländlichen, von Dürre und Stromnetz angeschlossen. Und circa 76 Millionen Menschen Viele Menschen mit Behinderung sind in Indien erheblichen In Indien sind Frauen zwar nach dem Gesetz in allen Wetterextremen geplagten Regionen sowie Menschen mit haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser – das sind Rechtsverletzungen ausgesetzt. Sie werden oft sozial aus- gesellschaftlichen Bereichen mit Männern gleichgestellt, einer Behinderung und in erschreckendem Ausmaß junge gegrenzt, stigmatisiert und diskriminiert. doch noch immer wird die Mehrzahl von ihnen im Mädchen und Frauen. Hier gilt es, nachhaltige, lösungs Auch der Zugang zu Bildung ist erschwert. familiären, sozialen und wirtschaftlichen Bereich sehr orientierte Entwicklungsprogramme durchzuführen. Oftmals ist fehlendes Wissen um ihre stark benachteiligt. Schlimmer noch: Fast alle Mädchen Rechte der Grund dafür, dass die Be- und Frauen leben im ländlichen Indien, aber oft auch troffenen keine Hilfe in Form von in Städten, in ständiger Gefahr. Die Abwertung des Krise der Landwirtschaft staatlichen Mitteln, Projekten weiblichen Geschlechts beginnt mancherorts schon vor oder Programmen in Anspruch der Geburt: In einigen Regionen werden gezielt weibliche Mehr als 50 % der indischen Bevölkerung sind in der nehmen. Föten abgetrieben, wodurch der Anteil der männlichen Landwirtschaft beschäftigt.3 Sie leiden besonders Bevölkerung hier signifikant angestiegen ist. Besonders stark unter den Auswirkungen des Klimawandels. erschreckend: Mit fast 100 Vergewaltigungen pro Tag war Die lang anhaltenden Dürreperioden nehmen den Indien nach Angaben der Thompson Reuters Foundation Menschen auf dem Land die Lebensgrundlage im Jahr 2018 für Frauen das gefährlichste Land der Welt.9 – und treiben sie in den Ruin. Im Bundes- staat Andhra Pradesh, in dem die Stiftung aktiv ist, sind 92 % aller Haushalte verschuldet – darunter viele, die ohne Unterstützung nie wieder aus der Schuldenspirale herauskommen.4 1 Weltbank 2019. 2 UN Human Development Report 2019. 3 Financial Express. India economic survey 2018. 4 India Environment Portal. Key Indicators of Situation of Agricultural Households in India 2014. 5 Unicef 2017. 6 Unicef 2018. 7 Water Aid 2016. Wasser: Zu welchem Preis? Weltwasserzustand 2016. 8 Weltbank 2019. 9 Thompson Reuters Foundation. The World’s Most dangerous Countries for Women 2018. 12 13
4. WAS WIR TUN | UNSERE LÖSUNGSANSÄTZE WAS WIR TUN | UNSERE LÖSUNGSANSÄTZE Unsere Lösungsansätze Die Vicente Ferrer Stiftung setzt Entwicklungsprogramme immer in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort um. Die Menschen in Indien sind Partner des Wandels und wir fördern ihre Eigenverantwortung, damit sie Einfluss auf ihren Entwicklungsprozess nehmen können. Dieser „community based approach“ bildet die Basis für die bisherigen Erfolge der Stiftung und ist der Garant für die nachhaltige Sicherung der Projekte. Wir arbeiten seit über 50 Jahren in der Region und haben in dieser langen Zeit wertvolle Erfahrungen gesammelt, die wir regelmäßig evaluieren. Unser Ziel ist es, die uns zur Verfügung gestellten Mittel bestmöglich für die Verbesserung der Lebensumstände der notleidenden Menschen zu nutzen. Verbesserung des Lebensstandards Einige unserer Förderungsangebote richten sich ausschließlich an Frauen, die wir auf ihrem Weg in Wenn wir in einem Dorf aktiv werden, möchten die soziale Unabhängigkeit unterstützen. Nur mit wir den Menschen vor Ort genau die Hilfe ihrer Hilfe kann ein umfassender und nachhaltiger und Unterstützung anbieten, die sie im Alltag gesellschaftlicher Wandel auf dem Land gelingen. benötigen. Dafür haben wir sechs verschiedene Förderprogramme entwickelt. Zunächst starten wir mit Maßnahmen, die die Lebensbedingungen der Gemeinschaften grundlegend verbessern. Dazu gehören in erster Linie die Bereiche Bildung und Gesundheit. Wenn sich der Lebensstandard der Menschen, die aus historisch marginalisierten Gemeinschaften stammen, erhöht, verbessert sich auch ihr Selbstwertgefühl. Das wiederum bestärkt sie darin, neue Herausforderungen anzugehen und die Gemeinschaft voranzubringen. Gute Vernetzung vor Ort Selbstbestimmung durch Bildung Wir fördern und begleiten die Gemeinschaften Besonders wichtig ist es uns, den Menschen vor zudem in der Wahrnehmung und Durchsetzung Ort einen uneingeschränkten Zugang zu Bildung ihrer Rechte. Das dafür notwendige Vertrauen zu ermöglichen. Bildung ist der Schlüssel, wenn es gewinnen wir dadurch, dass wir vor Ort mit einem um neue Perspektiven, mehr Selbstbestimmung Netzwerk von indischen Vertreterinnen und und Teilhabe in der Gesellschaft geht. Ein weiterer Vertretern der unterschiedlichen Gemeinschaften integraler Bestandteil unserer Bildungsarbeit ist zusammenarbeiten. Insgesamt sind in Indien Inklusion, denn leider werden im ländlichen Indien mehr als 2.500 Menschen für die Vicente Ferrer Menschen mit Behinderungen noch immer stark Stiftung tätig – wobei 99 % aus dem Bezirk ausgegrenzt. Anantapur kommen. 14 15
4. WAS WIR TUN | UNSERE PROGRAMMBEREICHE WAS WIR TUN | UNSERE PROGRAMMBEREICHE Unsere Programmbereiche Die Vicente Ferrer Stiftung setzt sich für die Verbesserung der am stärksten von Gesundheit Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen im ländlichen Indien ein. Zusammen mit den Für die Landbevölkerung, insbesondere Frauen und Kinder, gibt es aufgrund langer Anfahrtswege Dorfgemeinschaften realisieren wir nachhaltige Projekte in sechs Programmbereichen. und hoher Kosten keine oder nur eine rudimentäre medizinische Versorgung. Deshalb setzen wir uns seit Jahrzehnten für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung ein. Dank der uns zur Verfügung gestellten Spendengelder konnten wir bereits drei große Krankenhäuser und sechs Landkliniken bauen sowie zwei mobile Kliniken finanzieren. Darüber hinaus unterstützen wir Frauen tausende an Mangelernährung leidende Menschen durch spezielle Ernährungsprogramme. © Adam Jason Moores/RDT Frauen in Indien sind überdurchschnittlich arm und erleben oft Gewalt und Diskriminierung. Wir arbeiten mit Frauen-Selbsthilfegruppen (sogenannten Sanghams) zusammen, in denen sich die Frauen vernetzen, austauschen und gegenseitig unterstützen können. Darüber Inklusion hinaus können sie an Weiterbildungsprogrammen teilnehmen und sich mit Hilfe eines Darlehens aus einem Entwicklungsfonds ein eigenes Kleinstunternehmen aufbauen. So erhalten Frauen die Chance, sich unabhängig zu machen. Darüber Menschen mit Behinderungen gehören zu den © Neus Solá/RDT hinaus unterstützen wir Frauen in ihrem Kampf gegen häusliche Gewalt. besonders benachteiligten Gruppen in der Wir kämpfen für die gesellschaftliche Ächtung von indischen Gesellschaft. Wir wollen Vorurteile Kinderehen und beziehen im Rahmen unserer abbauen und in den Gemeinschaften Aufklärungsarbeit auch Eltern und Familien mit ein. Verständnis für die Probleme der Betroffenen und ihrer Familien wecken. Deshalb arbeiten © Albert Uriach/RDT wir mit lokalen Selbsthilfegruppen zusammen. Landwirtschaft Wir haben spezielle Wohnheime für Menschen mit Behinderungen eröffnet, unterrichten Menschen mit und ohne Behinderungen in unseren Bildungseinrichtungen und setzen uns dafür ein, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben Der Bundesstaat Andhra Pradesh leidet extrem und die Chance bekommen, so frei und selbstbestimmt wie möglich zu leben. unter Dürre und spärlichem Regen. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten ent- wickeln wir Bewässe- © RDT rungs- und Regenwas- sernutzungssysteme, damit die Menschen vor Ort regelmäßige Erträge aus Landwirtschaft und Viehzucht erzielen und selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Pflanzungen von Bäumen und Obstbäumen tragen zur Erosionsvermeidung bei und dienen als mögliche Einnahmequelle. Bildung © RDT Bildung ist eine Infrastruktur Grundvoraussetzung für die langfristige Im ländlichen Indien leben immer noch viel zu viele Menschen Verbesserung der in Hütten, die aus Lehm oder Stroh gebaut sind und nur Lebensbedingungen unzureichenden Schutz vor den extremen Witterungsverhältnissen armer Menschen. Unsere © Albert Uriach/RDT bieten. Ein weiteres Problem sind die fehlenden beziehungsweise Projekte reichen deshalb mangelhaften sanitären Anlagen. Deshalb fördern wir unter anderem vom Förderunterricht, über die den Bau von Häusern und Latrinen, unterstützen die indische Regierung Unterstützung staatlicher Stellen beim Auf- und Ausbau von Schulen bis hin zur Förderung beim Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und ermöglichen Zugang zu von Fach- und Hochschulbildung. Besonderes Augenmerk legen wir auf gut ausgebildete sauberem Wasser. Lehrkräfte sowie eine adäquate Ausstattung der Bildungseinrichtungen. Ziel all unserer Bemühungen ist es, den Alphabetisierungsgrad weiter zu erhöhen, die Quote der Schulabbrüche zu reduzieren und mehr Mädchen und Frauen eine Ausbildung in Schulen und Universitäten zu ermöglichen. © Fotos Mitte, im Uhrzeigersinn: 1 – 3 Albert Uriach/RDT, 4 Juan Alonso/RDT, 5 RDT 16 17
4. WAS WIR TUN | FRAUEN WAS WIR TUN | FRAUEN 103.200 6.480 3.600 Frauen sind aktuell in 7.486 Mikrokredite wurden von April 2018 Männer nehmen durchschnittlich Sanghams organisiert bis März 2019 für die Gründung pro Jahr an Workshops zur eigener Unternehmen vergeben Geschlechtersensibilisierung teil Frauen Wir unterstützen Frauen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben, denn Chancengleichheit für Nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt alle ist eine Grundbedingung für eine gerechtere Gesellschaft. durch Selbsthilfegruppen Sanghams (Selbsthilfegruppen) schaffen einen sicheren Wir organisieren Workshops mit Männern, um sie für einen Frauen müssen die Möglichkeit haben, ihr eigenes Potenzial Raum für Frauen, in dem sie sich gegenseitig austauschen, gleichberechtigten Umgang mit Frauen zu sensibilisieren, auszuschöpfen und selbstständig Entscheidungen über ihr vernetzen und helfen können. Hier beraten sie sich, wenn sie über die Rechte von Frauen aufzuklären und bestehende Leben zu treffen. Aber im von Armut und Unterdrückung sie familiäre oder gesundheitliche Fragen und Probleme gesellschaftliche Probleme wie Gewalt gegen Frauen mit geprägten ländlichen Indien ist das für viele noch ein Traum. haben, diskutieren über Bildungsangebote und erhalten ihnen zu diskutieren. Ziel ist es, Männer zu Verbündeten im Doch genau diese Frauen sind es, denen wir eine Stimme Unterstützung beim Erwerb eines Grundstückes oder der Kampf für die Gleichstellung zu machen. geben und Gehör verschaffen möchten. Uns ist dabei be- Beantragung eines staatlichen Darlehens. sonders wichtig, nicht nur die Frauen zu stärken, sondern Wir initiieren Aktionen und Versammlungen zu Frauen auch die Männer aufzuklären und sie als Unterstützer zu Neben wirtschaftlichem Know-how können Frauen sich in rechten und unterstützen Opfer von Gewalt bei der gewinnen. Wir wollen keine Kluft zwischen die Geschlech- den Sanghams auch Führungs- und Managementfähigkeiten Suche nach Rechtsbeistand und medizinischer sowie ter reißen. Aus diesem Grund arbeiten wir gemeinsam mit aneignen. So verwalten sie Mini-Banken, in denen sie psychologischer Hilfe. Speziell ausgebildete Aktionsteams Frauen und Männern daran, dass die Gleichstellung der ihre monatlichen Ersparnisse zusammentragen und sich thematisieren Probleme wie Alkoholismus, häusliche © Kike Perez Colomer/RDT Frauen, die auch in Indien auf dem Papier garantiert ist, untereinander Kredite vergeben können. Auf diese Weise Gewalt oder Menschenhandel und tragen dazu bei, Gewalt Wohnhäuser im Namen der Frau Wirklichkeit wird. Mit den von uns entwickelten Program- verbessern die Frauen ihre eigene wirtschaftliche Situation gegen Frauen sowie Kinderehen in den Dörfern zu stoppen. men wollen wir die soziale und wirtschaftliche Situation von nachhaltig und werden finanziell unabhängiger. Das Häuser, die die Vicente Ferrer Stiftung baut, gehen Frauen verbessern und sie in ihrem Kampf gegen G ewalt wiederum stärkt ihr Selbstvertrauen, ihre Entwicklung selbst in der Regel in den Besitz der Frauen über, um sie und Diskriminierung unterstützen. in die Hand zu nehmen. Wenn die Sanghams Unterstützung abzusichern und ihre Unabhängigkeit zu fördern. benötigen, stehen ihnen speziell ausgebildete Teams beratend zur Seite. 18 Stand der Zahlen: April 2019 19
4. WAS WIR TUN | FRAUEN WAS WIR TUN | FRAUEN Salamma: Von der Tagelöhnerin zur Können Sie uns etwas über Ihren Alltag erzählen? Was ist für Sie das Schlimmste und Beste daran, Landbesitzerin Bäuerin zu sein? Ich stehe jeden Morgen um 4 Uhr auf. Dann koche ich, putze das Haus, kümmere mich um die Tiere und hole die Arbeiter Die Hitze und die körperliche Arbeit sind am schlimmsten. Bei- in meinem Ochsenkarren ab. Dann fahren wir aufs Feld. des habe ich mein ganzes Leben lang jeden Tag erfahren. Aber Im Alter von acht Jahren begann Salamma, auf Sie waren erst acht Jahre alt, als Sie angefangen haben zu jetzt, wo ich älter werde, belastet es mich immer mehr. Feldern von Grundbesitzern zu arbeiten, um arbeiten. Wie war die Situation Ihrer Familie zu Auf dem Feld arbeite ich mit meinem Mann und unseren dieser Zeit? Arbeitern zusammen. Ich schalte die Wasserpumpe ein und Das Beste ist das Selbstvertrauen, das ich als Besitzerin ihre Familie zu unterstützen. überprüfe das Tropfbewässerungssystem. Zuhause und auf von zwei Hektar Land und einem Ochsenkarren habe. Ich Wir kämpften ums Überleben. Mein Vater arbeitete für einen den Feldern gibt es immer etwas zu tun. habe keine Angst vor Männern. Das habe ich zum Teil auch Sie hat ihr Leben lang hart gearbeitet. In den Grundbesitzer, doch was er verdiente, reichte nicht aus, um der Unterstützung zu verdanken, die ich in dem Frauen- 80er Jahren schloss sie sich einer der Sang- uns zu ernähren. Ich bin gern zur Schule gegangen, aber mei- Sangham erhalten habe. Sich anderen Frauen anzuschließen, ne Eltern konnten die Schulgebühren nicht aufbringen, also Gibt es etwas in Ihrem Leben, das Sie bereuen? die Sorgen, aber auch Freuden zu teilen, gibt einem die Kraft, hams (Selbsthilfegruppen) der Vicente Ferrer fing ich an zu arbeiten. alle anderen Probleme zu überwinden! Es ist sehr wichtig, Stiftung an. Nach einigen Jahren erhielt sie ei- Ich hatte nie die Gelegenheit zu studieren. Meine Eltern dass Frauen das Haus verlassen, arbeiten und ein eigenes nen Mikrokredit über den Frauenentwicklungs- Als ich heiratete, war ich 16 Jahre alt – und arbeitete weiter haben uns immer klar gemacht, dass wir zuerst dafür Sorge Einkommen haben. Wir müssen unabhängig sein! fonds der Stiftung – und ihr Leben änderte sich auf den Feldern. Ich habe mein ganzes Leben lang als Bäuerin tragen müssen, dass das Essen auf den Tisch kommt. Alles gearbeitet, deshalb habe ich viel Erfahrung. Allein aufs Feld andere war für sie zweitrangig. Aber gebildete Menschen grundlegend. Heute ist Salamma Mitte 60, lebt zu gehen, ist für mich kein Problem. Ich bin auch die einzige genießen in der Gesellschaft viel Anerkennung. Deshalb mit ihrem Ehemann und vier Kindern in einem Frau im Dorf, die einen Ochsenkarren fährt! Das habe ich möchte ich in einem anderen Leben studieren und eine kleinen Dorf des Bezirks Anantapur und besitzt schon sehr früh gelernt. bessere Zukunft haben. Ohne Bildung sind wir gefangen. zwei Hektar Land. Sie ist die einzige Frau in ih- rem Dorf, die ihren eigenen Ochsenkarren fährt. „Ein eigenes Stück Land zu besitzen, gibt mir Stolz und Selbstvertrauen“, sagt Salamma. „Sich anderen Frauen anzuschließen, die Sorgen, aber auch Freuden zu teilen, gibt einem die Kraft, alle anderen Probleme zu überwinden!“ Salamma 20 © Cristòfol Oliver/RDT 21
4. WAS WIR TUN | BILDUNG WAS WIR TUN | BILDUNG Bildung Ohne Bildung ist die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben in Indien praktisch aussichtslos. Bildung ist eine Grundvoraus- setzung dafür, dass sich die Lebensbedingungen der Menschen im ländlichen Indien grundlegend und nachhaltig verändern. Seit 1969 setzen wir uns dafür ein, dass möglichst viele Menschen einen Zugang zu Bildung erhalten – von der Grundschule über die Fachschule bis zur Universität. Perspektive durch Schulbildung Wir klären Familien auf, warum Bildung für ihre Kinder so wichtig ist, egal welchen Geschlechts sie sind. Gerade Mädchen werden noch viel zu oft von ihren Eltern aus der Schule genommen, um zu Hause oder auf dem Feld zu helfen oder um sie mit älteren Männern zu verheiraten. Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Gemeinschaften können Nachhilfeunterricht bekommen oder an Ferien-Coaching- Camps teilnehmen, wenn sie auf weiterführende Schulen wollen. © Albert Uriach/RDT 100 % 99,72 % Einschulungsquote in der 1. Klasse Beschulungsquote in der 6. Klasse 94 % 2.087 aller Absolventinnen und Absolventen Studierende können aktuell dank der Fachschulen fanden binnen zwei eines Stipendiums ein weiter Monaten nach Abschluss einen Job führendes Studium absolvieren © Albert Uriach/RDT © Ramon Serrano/RDT © Irene G. Dugo/RDT Kontinuierliches Qualitätsmanagement Zusätzliche Unterstützung Umfassende Stipendienprogramme Sport als Motor der sozialen Entwicklung Die Lehrkräfte an unseren Schulen werden von uns laufend Nicht alle Familien können sich die Schulausbildung ihrer Schülerinnen und Schüler, die nach ihrem Schulabschluss An unserer Anantapur Sports Academy treiben mehr als geschult, um sie mit dem Fachwissen und den didaktischen Kinder leisten. Deshalb geben wir über unsere Patenschafts an einer Fachhochschule oder Universität studieren 10.000 Kinder wöchentlich Sport in über 155 Sportstätten. Methoden vertraut zu machen, die sie für den Unterricht programme Kindern aus Familien mit niedrigem Einkommen möchten, können von der Stiftung gefördert werden. Mit Hier werden verschiedene Mannschafts- und Einzelsport- mit Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern benötigen. einen jährlichen Sparzuschuss. Ferner stellen wir Schul herausragenden Leistungen haben sie die Möglichkeit, sich arten wie Fußball, Kricket, Hockey, Kho kho, Kabaddi, Judo Zur Sicherstellung der Qualität beaufsichtigen spezielle uniformen sowie Schulmaterial und Fahrräder zur Verfügung, bei uns um ein Studium zu bewerben: Bei Erreichung eines oder Tennis angeboten. Wir sind davon überzeugt, dass Dorfkomitees den Förderunterricht. Sie überprüfen auch die damit sie sicher und schnell zur Schule gelangen können. festgelegten Mindestnotendurchschnitts und erfolgreich Sport den Zusammenhalt der Gemeinschaften stärkt und regelmäßige Anwesenheit der Mädchen und Jungen. abgelegter Aufnahmeprüfung übernehmen wir die Studien- gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur sozialen und gesund- und Kursgebühren sowie die Kosten für Unterbringung, heitlichen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen leistet. Unterrichtsmaterialien, Fahrten sowie ein Taschengeld. 22 Stand der Zahlen: März 2019 23
4. WAS WIR TUN | INKLUSION WAS WIR TUN | INKLUSION und Stärken weiterzuentwickeln und selbstsicherer gegenüber anderen Mitgliedern Inklusion der Gemeinschaft aufzutreten. Wir klären sie über ihre Rechte auf, insbesondere bezüglich ihres Anspruchs auf gesundheitserhaltende oder -verbessernde Maßnahmen, und weisen sie auf In den Dorfgemeinschaften werden immer noch viel berufliche Weiterbildungsmaßnahmen hin. zu viele Menschen mit Behinderung ausgegrenzt Talentierten jungen Menschen, die an beruflichen und diskriminiert. Deshalb gilt ihnen unsere beson Schulungen teilnehmen oder studieren möchten, dere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Unser Ziel helfen wir bei der Bewerbung um eine staatliche ist es, ihnen durch spezielle Gesundheits- und Aus Förderung, einige unterstützen wir auch direkt bildungsprogramme ein selbstbestimmtes Leben zu mit einem Stipendium. © Cristòfol Oliver/RDT ermöglichen. Wir wollen sie in ihrem Recht auf Gleich- Im Schulterschluss mit anderen NGOs bieten wir berechtigung stärken, indem wir Vorurteile in der spezielle Trainings für Auszubildende und Berufs- Gesellschaft abbauen und mehr Verständnis für einsteigende mit Handicaps an. Sie können in Anjinammas ihre Lebenssituation schaffen. Dafür muss die einigen unserer Werkstätten Handwerksberufe Inklusion schon im Kindesalter beginnen. erlernen. Unsere Kunsthandwerkszentren, die wir Erfolgsgeschichte gemeinsam mit dem Integrated Development Trust Wir unterrichten Kinder mit verschiedenen gebaut haben, richten sich speziell an Frauen. Behinderungen gemeinsam an zwei Grund- schulen und fünf Sekundarschulen. Als Anjinamma sechs Monate alt war, erkrankte sie an Kinderlähmung. Gesundheitsförderung und Seitdem ist sie an einer Hand und an Rehabilitation der Hüfte in ihrer Bewegung einge- schränkt. Wenn Anjinamma sich damals Kinder mit Behinderungen erhalten in fortbewegen wollte, konnte sie nur unseren speziell ausgerichteten Wohn- kriechen. Das führte dazu, dass sie sich heimen Hilfestellungen, um alltägliche regelmäßig an den Knien verletzte. „Ich Aufgaben erledigen und sich auf ein Leben in wurde wegen meiner Einschränkung teilweiser oder vollständiger Unabhängigkeit vor- häufig diskriminiert. Mein Vater dach- bereiten zu können. Wir betreiben fünf Rehabilitations- te, dass ich nicht zur Schule zu gehen zentren für Kinder mit geistiger Behinderung und drei für Kinder bräuchte, weil ich eine Behinderung mit zerebraler Lähmung. Durch spezielle orthopädische Hilfsmittel habe. Zum Glück hat meine Mutter, und Geräte sowie Physiotherapie wollen wir die Mobilität von Kindern © Pablo Lasaosa/RDT die eine starke Frau und Mitglied in und Erwachsenen mit körperlichen Behinderungen verbessern. In einem Sangham war, an mich geglaubt unseren Krankenhäusern führen wir korrigierende Operationen durch. und mir zu meinem Recht auf Bildung Die Vicente Ferrer Stiftung erstellt und verholfen. Durch ihre Unterstützung druckt Bücher und Lernmaterialien in konnte ich bis zur 10. Klasse zur Schule Die Kraft der Gemeinschaft Blindenschrift in Englisch, Telugu (Lokal- gehen“, erklärt Anjinamma. sprache) und Hindi (Landessprache) sowie In speziellen Selbsthilfegruppen für Menschen mit Behinderung, den Handbücher in Gebärdensprache. Die Vicente Ferrer Stiftung hat Viklangula Sanghams, lernen die Teilnehmenden, ihre Fähigkeiten Anjinamma drei Jahre lang mit P hysio- therapie und mit Gehhilfen unter- stützt. „Seit 2013 arbeite ich in den 32.143 854 4.211 In Viklangula Sanghams finden Menschen mit Kunsthandwerkstätten der Stiftung, Behinderung auch nach der Ausbildung Halt und verdiene mein eigenes Einkommen Unterstützung. Beispielsweise können sie sich bei und bin Mitglied eines Vikalangula Menschen mit Behinderung sind orthopädische Operationen Menschen mit Behinderung besuch- allen Fragen rund um das Thema Arbeitsschutz Sanghams (Selbsthilfegruppe für aktuell in Selbsthilfegruppen wurden von April 2018 bis ten 2018 eine Grund-, Sekundar- beraten lassen oder einen Mikrokredit aufnehmen, Menschen mit Behinderung). Ich kann organisiert März 2019 durchgeführt oder weiterführende Schule um ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen voller Stolz behaupten, dass ich heute und so selbst für ihr Einkommen zu sorgen. unabhängig bin.“ 24 © Pablo Lasaosa/RDT Stand der Zahlen: April 2019 25
4. WAS WIR TUN | GESUNDHEIT WAS WIR TUN | GESUNDHEIT Gesundheit Mit unseren Gesundheitsprogrammen möchten wir die Qualität der Gesundheitsversorgung flächendeckend verbessern. Grundvoraussetzung dafür ist, dass unsere Angebote auch von den Menschen vor Ort wahrgenommen werden. Deshalb leisten wir auf dem Land kontinuierliche Aufklärungs- und Präventionsarbeit. Die Stiftung betreibt drei große Krankenhäuser in Bathala- möglichen, klären unsere Teams die Menschen vor Ort über palli, Kalyandurg und Kanekal mit insgesamt 562 Betten und die Symptome sowie Präventions- und Behandlungsmöglich- separaten Stationen für Infektionskrankheiten wie Tuberku- keiten auf und unterstützen die Arbeit der Selbsthilfegruppen lose und HIV. In den Dörfern gibt es insgesamt sechs kleinere in den Dorfgemeinschaften. Für HIV-positive Waisenkinder Landkliniken sowie zwei mobile Kliniken für die Gesundheits- hat die Stiftung in Anantapur zwei Häuser gebaut, in denen versorgung vor Ort. sie in einem geschützten Rahmen aufwachsen können. Prävention durch Bewusstseinsförderung Frauen sind besonders gefährdet Freiwillige, speziell geschulte Gesundheitsberaterinnen Insbesondere heranwachsende Mädchen und Frauen in bieten Hausbesuche auf dem Land an, um Menschen zu er- ländlichen Regionen wissen oft viel zu wenig über gesunde reichen, die weit entfernt von unseren Gesundheitszentren und ausgewogene Ernährung oder mögliche Infektions- leben. Gleichzeitig verantworten sie unser Nahrungsergän- risiken in ihrer Umgebung. Deshalb organisiert die Stiftung zungsprogramm für Menschen mit Mangelernährung und Präventionsworkshops, in denen sie Informationen über informieren die Bevölkerung über wichtige gesundheits- Nährwerte, Vitamine und schonende Essenszubereitung relevante Themen, wie zum Beispiel staatlich finanzierte erhalten, aber auch Fragen zur Familienplanung stellen Gesundheitsangebote. können und über Schwangerschaftsvor- und -nachsorge aufgeklärt werden. Außerdem legen wir den Frauen die sichere Entbindung in einem Krankenhaus nahe und ver- suchen, Risikoschwangerschaften zu identifizieren, um den Betroffenen möglichst frühzeitig helfen zu können. Zudem führen wir wöchentlich präventive Screenings für Gebär- mutterhals- und Brustkrebs in verschiedenen Dörfern durch. Die enorme Verbreitung von Anämie (Blutarmut) bekämpfen wir durch Aufklärungsveranstaltungen und die präventive Vergabe von speziellen Eisenpräparaten. Unterstützung durch Nahrungsergänzung Viele Familien haben zu wenig Wissen über gesunde Ernäh- Über zwei Millionen Menschen in Indien leben nach Angaben rung und die Korrelation mit Krankheiten. Sie sind insofern der National AIDS Control Organization (NACO) mit HIV oder einem höheren Risiko von Unterernährung und chronischen > 100.000 13.764 2.734 AIDS, allein in der Region Anantapur sind es ca. 30.000. Das Gesundheitsproblemen ausgesetzt. Unser Nahrungs- Tragische: Viele Kinder werden von ihren Familien verstoßen ergänzungsprogramm richtet sich insbesondere an Kinder und haben keine angemessene Betreuung oder Behandlung. unter fünf Jahren, schwangere Frauen, junge Mütter, ältere Entsprechend erschreckend sind die Zahlen: Über 50 % der und chronisch kranke Menschen. Die Betroffenen erhalten Frauen haben ihre Babys in Personen mit HIV oder Tuberkulose Menschen wurden 2018 täglich in mit HIV infizierten Kinder ohne Behandlung sterben vor dem regelmäßig Nahrungsergänzungen und ihre Entwicklungen Krankenhäusern der Vicente Ferrer wurden 2018 auf den Stationen für den Krankenhäusern der Vicente fünften Lebensjahr! Um mehr Kindern ein Überleben zu er- werden begleitet. Stiftung bereits sicher entbunden Infektionskrankheiten behandelt Ferrer Stiftung behandelt 26 Stand der Zahlen: April 2019 27
4. WAS WIR TUN | LANDWIRTSCHAFT WAS WIR TUN | LANDWIRTSCHAFT © Ramon Serrano/RDT © Rama Mohan/RDT Landwirtschaft Umweltregeneration und Wassernutzung Tamarinden-Plantagen Langfristiges Ziel unserer Programme im Bereich Landwirtschaft Die Vicente Ferrer Stiftung hat 2019 ein Pilot- Familien, die von der Land- und Viehwirtschaft leben, sind besonders stark von den extremen ist es, Desertifikation und Bodenerosion vorzubeugen und die projekt zum Anbau von Tamarindenbäumen in Trockenperioden in der Region betroffen. Für sie ist es schwer, ihren Lebensunterhalt langfristig zu Fruchtbarkeit des Bodens zu verbessern. Deshalb setzen wir der Region Madakasira gestartet. Denn diese uns zum Beispiel für die regelmäßige Aufforstung bereits bewirt- immergrüne Pflanze kann sich bestens an die sichern. Aus diesem Grund bieten wir Informationsprogramme an, die ihnen dabei helfen, durch schafteter Flächen, die Bepflanzung karger Hügellandschaften extrem trockenen Umgebungsbedingungen nachhaltige Anbau- und Bewässerungsmethoden ihre Erträge sicherer zu machen und möglichst sowie die Begrünung entlang der Straßen und Wege ein. anpassen. Tamarindenbäume, die bis zu auch zu steigern. Dazu gehören in erster Linie ökologische Landwirtschaftsmaßnahmen, wie zum 30 Meter hoch wachsen und 200 Jahre alt Beispiel Kompostierung und die Förderung von Schweine-, Geflügel und Fischzucht sowie die Zusammen mit den Dorfgemeinschaften machen wir vorhan werden können, sind zudem vielfältig nutzbar, dene Bewässerungssysteme wieder nutzbar. Unter anderem da nahezu alle Teile des Baumes verwendet Pflanzung von Tamarinden als alternative Ernährungsgrundlage und Einnahmequelle. Eine weitere werden Versickerungsbecken, Kontrolldämme, Versorgungs- werden können. Eine Tamarindenplantage Einnahmequelle für Frauen sind Büffel und Milchkühe. Ziel der Programme ist außerdem, einen kanäle und Überflutungsflächen errichtet, damit Hochwasser bietet Bäuerinnen und Bauern somit eine Beitrag zum Klima- und Umweltschutz in der Region zu leisten. kontrolliert abfließen kann. Bislang konnten bereits 3.152 sol- hervorragende Perspektive, ihre Lebens- cher Maßnahmen realisiert werden. So ist es gelungen, mehr grundlage zu verbessern und das Einkommen Monsunregen aufzufangen und in die Bewässerungssysteme ihrer Familie über Generationen hinweg zu einzuspeisen. Ein langfristiges Ziel ist die Anhebung des Grund- sichern: Durch den Anbau von Tamarinden- wasserspiegels und die Sanierung alter Wasserbecken, um bäumen kann eine Familie bereits nach acht 15.690 986 239.445 ihre Speicherkapazität zu erhöhen. Zudem installieren wir mit Jahren, wenn die Bäume voll ertragsfähig sind, den Bauern Mikro-Bewässerungssysteme, die mit Energie wirtschaftlichen Gewinn erzielen – und sie aus Sonnenkollektoren betrieben werden, um die verfügbaren leistet zugleich einen kleinen, aber nachhalti- Tiere wurden 2018 verteilt, um die Quadratkilometer Land wurden Fruchtbaumsetzlinge wurden Wasserressourcen sinnvoll nutzen zu können. All dies sind ak- gen Beitrag zum Schutz des Klimas. Viehzucht zu fördern bislang mit Mikro-Bewässerungs 2018 verteilt, um den Gartenbau tive Beiträge zum Klimaschutz, denn die Regionen, in denen systemen ausgestattet zu fördern wir arbeiten, sind stark von den Folgen der Veränderungen des Weltklimas betroffen. 28 Stand der Zahlen: April 2019 29
4. WAS WIR TUN | INFRASTRUKTUR WAS WIR TUN | INFRASTRUKTUR Infrastruktur Der Kreislauf der Armut im ländlichen Indien kann nur durch die grundlegende Verbesserung der Lebensbedingungen der dort ansässigen Men- schen überwunden werden. Deshalb engagieren wir uns für den Ausbau der Infrastruktur und för- dern unter anderem den Bau von Wohnhäusern, © Albert Uriach/RDT sanitären Anlagen und Latrinen, Brunnen, Kran- kenhäusern und Bildungseinrichtungen sowie Gemeinschaftszentren. durch ungesunde Wohnverhältnisse bieten. Gleichzeitig möchten wir damit das Zugehörigkeitsgefühl der Familien zur örtlichen Gemeinschaft steigern und dazu beitragen, die Landflucht zu stoppen. Mehr Raum für die Öffentlichkeit Neben dem Bau neuer Häuser gilt unser Augenmerk auch der Schaffung von Stiftungsschulen, Bibliotheken und Mutter-Kind-Zentren. In Stiftungsschulen erhalten Kinder aus bildungsfernen Familien Förderunterricht, damit sie dem Unterricht in der öffentlichen Schule problemlos folgen können. Die Schulen werden übrigens nicht nur für Förder- unterricht, sondern auch für andere Dorfaktivitäten – etwa für Sitzungen der Dorfkomitees oder Workshops der Sanghams – genutzt. Die Stiftungsschulen haben somit eine multifunktionale Rolle, tragen zum Austausch der Gemein- Von Hütten zu Häusern schaften bei und fördern das kollektive Miteinander. Darüber hinaus engagieren wir uns auch bei Infrastrukturprojekten, Noch immer leben Millionen Menschen in Indien in einfachen die gemeinsam mit der indischen Regierung oder im Rahmen Lehmhütten, die den extremen Witterungsbedingungen nur bestehender öffentlicher Programme entwickelt werden, unzureichend standhalten – fernab von medizinischer Ver- sowie bei staatlichen Nothilfeprogrammen im Fall von sorgung, Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen. Naturkatastrophen. Wir wollen den Betroffenen vor Ort ein menschenwürdiges Zuhause ermöglichen. Deshalb bauen wir gemeinsam mit den Dorfbewohnerinnen und -bewohnern neue, stabile Wasserversorgung und Sanitäranlagen Wohnhäuser, die an die Strom- und Wasserversorgung an- geschlossen sind und somit Schutz vor Infektionsgefahren Für eine nachhaltige Entwicklungsarbeit ist der Zugang zu sauberem Wasser oberstes Gebot. Deshalb widmen wir uns dem Auf- und Ausbau von Wasserleitungssystemen, 75.532 34.714 1.586 Wassertanks und Zisternen sowie Wasseraufbereitungs- und Umkehrosmoseanlagen. Gemeinsam mit der indischen Regierung arbeiten wir außerdem beim Bau von Latrinen Wohnhäuser wurden Sanitäranlagen wurden Stiftungsschulen zusammen, um die Abwassersituation zu verbessern. Wir bereits errichtet gemeinsam mit der indischen wurden geschaffen informieren die Dorfbevölkerung darüber, welche Hygiene- Regierung gebaut maßnamen sie beachten und welche Gesundheitsvorsorge- angebote sie wahrnehmen sollte. 30 Stand der Zahlen: April 2019 31
5. WAS WIR SCHON ERREICHT HABEN WIE SIE HELFEN KÖNNEN 6. Was wir schon erreicht haben Wie Sie helfen können In den letzten über 50 Jahren haben wir uns unermüdlich 1.586 132.478 dafür engagiert, das Leben Unterstützen Sie uns, den Menschen am Rand der Menschen im ländlichen der indischen Gesellschaft neue Perspektiven Indien zu verbessern. Armut zu eröffnen und den Kreislauf der Armut Stiftungsschulen wurden Frauen haben Zugang zu zu durchbrechen. Werden Sie Teil unseres ist leider noch immer ein bereits gebaut Darlehen aus dem Frauen- riesiges Problem, trotz unserer Entwicklungsfonds der über 50-jährigen Engagements gegen Not, Vicente Ferrer Stiftung Elend, Ausbeutung und Unterdrückung. Sie beachtlichen Erfolge. möchten Ihren Beitrag leisten, die Welt ein Stück weit gerechter und besser zu machen? Im Folgenden präsentieren wir Ihnen einige unserer Spenden- und Förderprojekte: > 14 Mio. 2.570 Einzelspenden Bäume wurden bislang Menschen arbeiten für die im Rahmen von Vicente Ferrer Stiftung in All unsere Angebote können Sie mit einer Einzelspende in der Aufforstungsaktionen Indien vor Ort. 50 % von Höhe Ihrer Wahl unterstützen. Für einige Bereiche haben wir gepflanzt ihnen sind Frauen Spendenpakete entwickelt, zum Beispiel: • 17 € für Nahrungsergänzung: Ihr Beitrag gegen Unterernährung und Eisenmangel • 50 € für ein Fahrrad, das einem Kind den weiten Schulweg erleichtert • 124 € für eine Tamarinden-Plantage, die in wenigen 32.143 46.897 Jahren das Einkommen einer Familie dauerhaft sichert • 1.000 € für ein Stipendium, das die Studien- und Menschen mit Behinderungen Menschen erhalten tägliche Berufsperspektive eines jungen Menschen sind in Selbsthilfegruppen Nahrungsergänzungen verbessert organisiert • 2.900 € für ein Haus, das einer Familie ein sicheres Dach über dem Kopf bietet Förderbeiträge Mit einer regelmäßigen Spende schaffen Sie den Menschen 26.709 > 120.000 vor Ort eine neue Perspektive. Wir investieren ausschließlich in nachhaltige, langjährige Projekte. Ihr Förderbeitrag ermöglicht uns eine optimale Vorausplanung und hilft uns, unsere Verwaltungskosten so gering wie möglich zu halten. Fahrräder wurden bereits Aktive Kinderpatenschaften für einen sicheren Schulweg werden aktuell von uns be verteilt treut. Die Durchschnittsdauer unserer Patenschaften beträgt 10-12 Jahre 32 © Ramon Serrano/RDT Stand der Zahlen: April 2019 33
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