Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland

Die Seite wird erstellt Nikolai-Stefan Rupp
 
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Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
eins
DAS MAGAZIN DER ENTWICKLUNGSORGANISATION OXFAM

Sommer 2019

Der weite Weg
zum Frieden
Ein Heft über Kriege, Krisen
und Hoffnungsschimmer

Menschen retten: Ja,
wiederaufbau: nein
Über die Schwierigkeit nachhaltiger
Hilfe in Syrien

Ohne vertrauen
geht es nicht
Ein Interview über die eskalierende
Lage in der DR Kongo
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
DURST ODER CHOLERA?

                                                 © Tommy Trenchard | Oxfam
Jeder Schluck kann tödlich sein.
Doch wer Durst hat, hat nicht immer die Wahl –
so wie dieser geflüchtete Rohingya.
Kein Mensch sollte aus solch fauligen und
verkeimten Wasserlöchern trinken müssen!

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Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
Liebe Leserin,
lieber Leser,

                                                                                                                                                                     Seite 4
„Frieden ist nicht alles“, so formulierte es einmal Willy Brandt,                                                                                                    Heimat in Trümmern: Weltweit sind Millionen Menschen auf der Flucht vor
„aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ Der Satz hat bis heute                                                                                                     Kriegen und Konflikten. Ihre Häuser sind zerstört, Notunterkünfte bieten oft
                                                                                                                                                                     wenig Schutz – wie diese Behausungen aus Ästen und Stoff im Jemen. Mehr
nichts von seiner Aussagekraft eingebüßt.
                                                                                                                                                                     als 3 Millionen Menschen sind in dem Land auf der Flucht, 24 Millionen sind
                                                                                                                                                                     auf Nothilfe angewiesen.
Dem Barometer des Heidelberger Instituts für Internationale
Konfliktforschung zufolge bewegt sich die Zahl der Kriege und
gewaltsamen Konflikte auf erschreckend hohem Niveau.
2018 verzeichneten die Forscher*innen weltweit 16 Kriege
und 372 Konflikte. Das sind zwar weniger als im Vorjahr,                                                                                                                                INHALT
jedoch deutlich mehr als vor 20 Jahren, als neun Kriege und
119 Konflikte gezählt wurden. Zudem behielten viele Konflikte                                                                                                                    04 Jemen: Frieden braucht Frauen
ihre Intensität, wie in Syrien, im Jemen, in Afghanistan, in der                                                                                                                        Oxfams Nothilfe unter schwierigen Bedingungen
Zentralafrikanischen Republik oder in Somalia.
                                                                                                                                                                                 07 schlupflöcher Für Waffen
In all diesen Ländern ist Oxfam vor Ort, leistet lebensrettende                                                                                                                         Stopp der Rüstungsexporte ist ein erster Erfolg
Nothilfe, unterstützt die Menschen dabei, sich neue Existenz-
grundlagen zu schaffen oder fördert die Teilhabe marginali-                                                                                                                      08 MENSCHEN RETTEN: JA,
sierter Gruppen. Denn Frieden ist mehr als die Abwesenheit
                                                                                                                                                                                    WIEDERAUFBAU: NEIN
von Krieg, wie der holländische Philosoph Baruch de Spinoza                                                                                                                             Über die Schwierigkeit nachhaltiger Hilfe in Syrien
bereits im 17. Jahrhundert wusste: „Friede ist eine Tugend,
eine Geisteshaltung, eine Neigung zu Güte, Vertrauen und
                                                                                                                                                                                 10 Burundi: Frisiersalons
                                                                    Titelbild: © Ameen Al-Ghaberi/Gabreeze Yemen | Oxfam. Diese Seite: © iKlicK Fotostudio, © VFX ADEN | Oxfam

Gerechtigkeit.“
                                                                                                                                                                                    und friedenskomitees
Dieses Heft widmet sich Oxfams Arbeit in gewaltsamen
                                                                                                                                                                                        Kämpfer*innen gehen versöhnliche Wege
Konflikten und dem oft weiten Weg zum Frieden. Für
unsere Rubrik „Eine Frage – drei Menschen“ (S. 15) haben                                                                                                                         12 DR KONGO: OHNE VERTRAUEN
wir in drei Krisenregionen nachgefragt, was nötig ist, um                                                                                                                           GEHT ES NICHT
dort Frieden zu schaffen. Ganz im Sinne Spinozas antwortet                                                                                                                              Interview über den Kampf gegen Hunger und Ebola
Jean Famory Kamissoko, Generalsekretär unserer Partner-
organisation STOP-SAHEL in Mali: „Wenn allen Opfern                                                                                                                              14 Oxfam Shops: Näher dran
Gerechtigkeit widerfährt, werden Vergebung, Dialog und                                                                                                                              als wir denken
Versöhnung möglich.“                                                                                                                                                                    Ehrenamtliche unterstützen Frauen in Südafrika

Dazu können wir dank Ihrer Unterstützung einen Beitrag                                                                                                                           15 Eine Frage, Drei MeNschen
leisten. Welche Facetten diese Arbeit hat, erfahren Sie                                                                                                                                 Wie kann Frieden möglich werden?
auf den folgenden Seiten.
                                                                                                                                                                                 16 Letzte Seite
Ihre                                                                                                                                                                                    Über Oxfam / Impressum

                                                                                                                                                                                 Mit (*) markierte Namen wurden von der Redaktion geändert bzw. gekürzt. Oxfam
                                                                                                                                                                                 setzt sich für Menschen in prekären Situationen ein – beispielsweise auf der Flucht
Marion Lieser
                                                                                                                                                                                 vor Verfolgung oder in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen. Wir sehen aus Respekt
Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende,                                                                                                                                          und zum Schutz der Menschen, zum Beispiel vor Repressionen oder Stigmatisierung,
Oxfam Deutschland e.V.                                                                                                                                                           von der Namensnennung ab.

                                                                                                                                                                                                                                 EINS | Sommer 2019              3
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
© Bassam Al-Thulaya | Oxfam
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
Jemen

In einem Land mit 30,5 Millionen Einwohner*innen sind mehr als 24 Millionen Menschen auf Nothilfe
angewiesen: Im Jemen spielt sich die derzeit größte humanitäre Katastrophe weltweit ab – fernab
vom Interesse der Weltöffentlichkeit. Einer der größten Nothilfeeinsätze rettet täglich Menschen-
leben – unter schwierigen Bedingungen. Und der Weg zum Frieden ist noch weit.

   Julia Jahnz

Anfang des Jahres reisten Dr. Aisha               Seit der Vereinigung des Süd- und Nord-        oder einer Tasse Tee. Wenn jemand krank
Thawab, Dalia Qasim und Laila Alsha-              jemen im Jahr 1990 wurde das Land immer        wird, können wir nicht viel tun. Wir gehen
bibi, Leiterinnen dreier Partnerorgani-           wieder von gewaltsamen Auseinanderset-         zur Apotheke, und manchmal lassen sie
sationen Oxfams im Jemen, nach Genf.              zungen erschüttert – bis der „Arabische        uns dort anschreiben, manchmal aber
Regierungsvertreter*innen kamen hier zu           Frühling“ im Jahr 2011 die Chance einer        auch nicht.“
einer Geberkonferenz zusammen, um über            friedlichen Entwicklung brachte. 2015
die Zukunft des Jemens zu sprechen. Das           zerbrach diese Hoffnung, als eine Allianz      Mehr als drei Millionen Kinder, Frauen
Ziel der jemenitischen NGO-Vertreterinnen:        unter Beteiligung der aus dem Norden des       und Männer sind im eigenen Land auf der
ein Appell an die Öffentlichkeit und die          Jemen stammenden Huthi-Miliz die Haupt-        Flucht – eine Möglichkeit, den Jemen zu
Geberländer, die Menschen in ihrer Heimat         stadt Sana’a eroberte. Der international       verlassen, haben sie nicht. Die Wüste, das
zu unterstützen.                                  anerkannte Übergangspräsidenten Abed           Meer und die Grenze zu Saudi Arabien sind
                                                  Rabbo Mansur Hadi musste ins Exil fliehen.     für die meisten Menschen unüberwindliche
Menschen wie den elfjährigen Salah(*).                                                           Hindernisse. Andersherum gelangen kaum
Schon zweimal floh der Junge vor der              Eine von Saudi-Arabien geführte Koalition      noch lebenswichtige Güter wie Nahrungs-
Gewalt – doch sie holte ihn erneut ein. „Vor      kam der Hadi-Regierung zu Hilfe. Vor allem     mittel, Medikamente oder Treibstoff ins
eineinhalb Monaten wurden meine Cousins           ihre zahlreichen Luftangriffe – logistisch     Land: Mit extremen Einfuhrbeschrän-
und Cousinen von Artilleriegranaten getrof-       und mit Waffen unterstützt von den USA,        kungen hat die Kriegskoalition die Bevöl-
fen“, berichtet er. Bei dem Angriff wurden        Frankreich und Großbritannien – haben          kerung in Geiselhaft genommen.
zwei Mädchen getötet: Bilder, die er wohl         immense Verwüstungen angerichtet und
nicht mehr vergessen wird.                        Tausende Menschenleben gefordert. Auch         Viele Menschen sind wie Ibrahim vor den
                                                  Deutschland hat Kriegswaffen an die Koali-     Kämpfen in abgelegene Regionen geflo-
Statt zur Schule geht Salah arbeiten, denn        tion geliefert (siehe Seite 7). Immer wieder   hen, in denen es kaum Infrastruktur gibt.
Geld und Nahrungsmittel sind knapp: Er            zerstören Bomben Schulen, Krankenhäuser        Ohne festes Einkommen und mit nur spär-
sammelt leere Flaschen und Plastik, sucht         und andere zivile Einrichtungen. Doch auch     lichen Möglichkeiten, etwas zu verdienen,
nach Feuerholz, das er verkaufen kann,            die Huthis sind schon öfter militärisch        können sie sich Lebensmittel, Medika-
oder hütet Vieh in der Nachbarschaft. Der         rücksichtslos gegen zivile Ziele vorgegan-     mente und andere dringend benötigte
Junge schätzt sich glücklich, drei Mahl-          gen und haben die Nothilfe behindert.          Artikel nicht leisten. Oxfam unterstützt
zeiten pro Tag zu bekommen – er kennt                                                            sie deshalb nicht nur mit Wasser, Nahrung
viele Familien, die hungern müssen.               NOTHILFE AM LIMIT                              und Sanitäreinrichtungen, sondern greift
„Gottseidank haben wir bis jetzt überlebt,                                                       bedürftigen Familien auch finanziell unter
trotz aller Probleme“, sagt er. „Aber erst        Auf die Nothilfe internationaler Organisa-     die Arme. „Mit dem Geld von Oxfam zahlen
wenn dieser Krieg vorbei ist, werden wir          tionen sind Menschen wie Ibrahim(*) drin-      wir unsere Schulden zurück oder kaufen
Ruhe finden.“                                     gend angewiesen. „Früher hatten wir unser      Mehl und Reis davon“, sagt Ibrahim. „Die
                                                  Land, Vieh und Arbeit, es ging uns gut“,       Laden- und Apothekenbesitzer wissen,
Im Jemen haben Kämpfe zwischen Regierungs-        erinnert er sich. „Als der Krieg ausbrach,     dass Oxfam mich unterstützt, darum geben
truppen, ihren ausländischen Verbündeten und      haben wir alles verloren.“ In der abgele-      sie mir eine Frist bis Ende des Monats, um
Oppositionsgruppen das Land zerstört und viele    genen Gegend, in die er geflohen ist, findet   zu bezahlen.“
Menschen getötet. Das Bild links zeigt die Zer-
störung nach einem Luftangriff auf die Haupt-
                                                  der Familienvater keine Arbeit. „Wir essen,
stadt Sana’a im Mai 2019, bei dem zahlreiche      was immer wir kriegen können. Manchmal         Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Oxfam im
Menschen ums Leben gekommen sind.                 bekommen meine Kinder Brot mit Wasser          Jemen, der schon vor diesem Krieg zu den

                                                                                                                      EINS | Sommer 2019      5
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
Auf dem Weg zu einem dauerhaften Frie-

                                                                                                                                                      © Sami M. Jassar (2) | Oxfam
                                                                                                       den kommt Frauen eine besondere Rolle
                                                                                                       zu. Die Vereinten Nationen fördern deshalb
                                                                                                       überall auf der Welt Frauen, um Friedens-
                                                                                                       prozesse voranzubringen. Auch Oxfam
                                                                                                       setzt auf die Frauen im Jemen: „Sie sind oft
                                                                                                       die ersten, die bei akuten Krisen handeln,
                                                                                                       und sie wissen deshalb sehr genau, was
                                                                                                       die Menschen wirklich brauchen. Außer-
    Vor den Kämpfen in seiner Heimat ist Ibrahim(*)   Der elfjährige Salah(*) musste mit ansehen,      dem vermitteln Frauen bereits häufig
    in ein abgelegenes Gebiet geflohen. Er hat        wie zwei seiner Cousinen bei einem Angriff ums   bei Konflikten in ihren Gemeinschaften,
    keine Möglichkeit, seine sechsköpfige             Leben kamen. „Ich hoffe, dass diejenigen, die
                                                                                                       beispielsweise um Wasser oder Land. Und,
    Familie zu ernähren, und ist auf Oxfams           den Krieg beenden können, wie die Vereinten
    Nothilfe angewiesen.                              Nationen, sich beeilen“, sagt er.                so traurig es ist: Dass infolge des Kriegs
                                                                                                       immer mehr Jemenitinnen ihre Familien
                                                                                                       allein ernähren müssen, hat ihre Stellung
    ärmsten Ländern der Welt gehörte. „An             Die Zahl derjenigen, die dringend Unter-         weiter gestärkt“, so Robert Lindner.
    Maßnahmen, mit denen Menschen sich                stützung brauchen, ist aber weit höher:
    aus der Armut befreien können, ist derzeit        Allein 14 Millionen Menschen sind von einer      In Genf berichteten Dr. Aisha Thawab,
    nicht zu denken“, sagt Oxfams Experte für         akuten Hungersnot bedroht.“                      Dalia Qasim und Laila Alshabibi sehr
    Krisen und Konflikte Robert Lindner. „Im                                                           anschaulich von ihrer täglichen Arbeit
    Moment geht es darum, dass die Menschen           EINE BOTSCHAFT                                   und informierten über die schwie-
    überleben.“ Trotz der ständigen Angriffe          AN DIE WELT                                      rige Lage vor Ort. „Wir haben zahlreiche
    leisten Oxfam-Teams landesweit in den am                                                           Entscheidungsträger*innen getroffen
    stärksten betroffenen Provinzen Nothilfe.   Je länger die Kämpfe dauern, desto                     und mit ihnen die größten Hindernisse, vor
    Manchmal müssen Büros jedoch wegen der      verzweifelter wird die Lage dieser                     denen wir in der Nothilfe stehen, disku-
    Sicherheitslage geschlossen oder verlegt    Menschen. Ein Ende ist jedoch nicht abzu-              tiert“, sagt Dr. Aisha Thawab. „Sie haben
    werden.                                     sehen. Zwar saßen die Konfliktparteien im              versprochen, unsere Arbeit zu erleichtern
                                                November 2018 erstmals an einem Tisch:                 und uns zu unterstützen.“
    Darüber hinaus gilt es, logistische         In Stockholm schlossen sie einen Waffen-
    Probleme und bürokratische Hürden           stillstand für einige Orte, unter anderem              Auf der Konferenz machten die Geber-
    zu überwinden. Um trotzdem zu den           die Hafenstadt Al-Hudeida. Dort können                 staaten finanzielle Zusagen für die nach
    Menschen zu gelangen, kooperiert Oxfam      nun wieder einige Schiffe anlegen, die                 wie vor unterfinanzierte Nothilfe im Jemen.

                                                                                                                                                      © Sami M. Jassar (2), VFX ADEN | Oxfam
    mit nationalen und lokalen Regierungs-      lebenswichtige Versorgungsgüter ins Land               „Oxfam schätzt die Versprechen, die von
    behörden. „Hilfreich sind dabei die guten   bringen. „Die Konfliktparteien halten sich             den Gebern gemacht wurden, sehr“, so
    Beziehungen, die in den vergangenen         aber nur teilweise an das Abkommen und                 Dina Elmamoun, Oxfams Expertin für Rechte
    Jahrzehnten entstanden sind“, so Robert     versuchen weiterhin, militärische Vorteile             in Krisen und Konflikten im Jemen. „Aber
    Lindner. „Gemeinsam mit jemenitischen       für sich zu gewinnen“, sagt Robert Lindner.            was der Jemen wirklich braucht, ist Frie-
    Partnerorganisationen leisten die Oxfam-    „Der Druck, die Waffen gänzlich niederzule-            den, einen sofortigen Waffenstillstand, das
    Teams derzeit humanitäre Hilfe für mehr als gen, ist scheinbar auf beiden Seiten noch              Ende der Konflikte sowie den Schutz der
    drei Millionen Kinder, Frauen und Männer.   nicht groß genug.“                                     Zivilbevölkerung.“

    Jetzt die Menschen im Jemen unterstützen!

          Für 25 € kann eine sechs-                         205 € kostet ein Wassertank,                     Mit 3.000 € errichtet Oxfam
          köpfige Familie eine Woche                        der mehr als 60 Menschen mit                     eine Doppel-Latrine für bis zu
          lang essen und trinken.                           Wasser versorgt.                                 40 Personen.

    Nutzen Sie das beiliegende Spendenformular oder spenden Sie online: www.oxfam.de/spenden
6     EINS | Sommer 2019
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
© Bassam Al-Thulaya | Oxfam

                                                                                                                           Zerstörung im Jemen: 20.000 Luftangriffe ver-
                                                                                                                           übte die saudi-arabische Militärkoaltion trotz
                                                                                                                           Einschränkungen der Rüstungsexporte nach
                                                                                                                           Saudi-Arabien in den vergangenen vier Jahren.

                              Die Bundesregierung hat den Exportstopp von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien um ein
                              halbes Jahr verlängert. So wenig perfekt das Moratorium auch ist, es ist ein erster Erfolg.

                                Liz Wehmeier

                              Seit Beginn des Jemen-Krieges 2015 hat          land, nennt die Verlängerung des Export-     verfügen die Staaten über einen großen
                              die Bundesregierung Rüstungsexporte im          stopps dennoch einen Erfolg – vor allem      Auslegungsspielraum. Frankreich oder
                              Wert von über einer Milliarde Euro nach         mit Blick auf internationale Abkommen zur    Italien gehen etwa deutlich großzügiger
                              Saudi-Arabien genehmigt. Allerdings nicht       Exportkontrolle von Rüstungsgütern.          mit Genehmigungen für den Export von
                              ohne auf Kritik aus der Opposition und der                                                   Kriegswaffen in Krisenländer um als
                              Zivilgesellschaft zu stoßen. Dem König-         KLUFT ZWISCHEN                               Deutschland.“
                              reich, das die regierungstreue Militärallianz   THEORIE UND PRAXIS
                              im Jemen anführt, werden immer wieder                                                        Die Ausnahmen, die sich im Falle Saudi-
                              Menschenrechtsverletzungen vorgewor-            „Wir waren Mitbegründer der Control Arms     Arabiens durch EU-Gemeinschaftspro-
                              fen. Nichtsdestotrotz erlaubte die Große        Kampagne, die 2014 durch die Ratifizierung   jekte wie zum Beispiel Eurofighter- oder
                              Koalition alleine im vergangenen Jahr,          des internationalen Waffenhandelsver-        Tornado-Kampfflugzeuge ergeben,
                              Rüstungsgüter im Wert von 416 Millionen         trags, des Arms Trade Treaty, erfolgreich    kritisiert der Jemen-Experte als enorme
                              Euro an den Wüstenstaat zu exportieren.         abgeschlossen wurde. Dank dieses recht-      Schlupflöcher. „Es fehlt eine einheitliche,
                              Als die Ermordung des saudi-arabischen          lich verbindlichen UN-Abkommens haben        restriktive Handhabung des Waffen-
                              Journalisten und Regime-Kritikers Jamal         wir nun bessere Argumente als zuvor, um      handelsvertrages innerhalb der EU. Da
                              Kashoggi bekannt wurde, setzte die              die Regierung zum Einlenken zu bewe-         müssen wir weiter Druck ausüben.“ Trotz
                              Bundesregierung die Waffenlieferungen           gen und Rüstungsexporte an Staaten zu        aller Einschränkungen verübte die saudi-
                              vorerst aus und verlängerte den Rüstungs-       verhindern, die systematisch Menschen-       arabische Militärkoalition in den vergan-
                              exportstopp im März um ein halbes Jahr          rechte verletzen oder Kriegsverbrechen       genen vier Jahren 20.000 Luftangriffe,
                              bis zum 30. September. Allerdings gibt es       begehen“, erklärt Robert Lindner. Dennoch    unter denen vor allem die jemenitische
                              Ausnahmen in Bezug auf deutsche Zuliefe-        sieht er eine deutliche Kluft zwischen       Zivilbevölkerung leidet. „Eine einheitliche,
                              rungen für EU-Gemeinschaftsprojekte.            Theorie und Praxis. „Es gibt auf interna-    menschenrechtsorientierte, europäische
                              Robert Lindner, Experte für humanitäre          tionaler und auch auf EU-Ebene relativ       Rüstungspolitik ist daher dringender
                              Krisen und Konflikte bei Oxfam Deutsch-         gute und restriktive Regeln, aber de facto   denn je“, sagt Robert Lindner.

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Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
© Dania Kareh | Oxfam
                                                                                             Familienvater Mohammad(*) im zerstörten
                                                                                             Ghuta: „Lange Zeit war es sehr schwierig,
                                                                                             sich mit dem Lebensnotwendigsten zu
                                                                                             versorgen.“

    Syrien

    Die meisten Syrer*innen leben nach wie vor in ihrem Heimatland – unter schwierigen
    Bedingungen: In dem zerstörten Land fehlt es an Trinkwasser, Unterkünften und
    Elektrizität. Doch politische Bedenken behindern nachhaltige Unterstützung.

      Nikolai Link

    Syrien liegt nach acht Jahren Krieg in      hilfswerks UNHCR in Nachbarländer geflo-   und ihren Verbündeten mit der bewaff-
    Trümmern: Jedes dritte Haus ist beschä-     hen, nach Europa hat es nur ein Bruchteil  neten Gruppierung IS und lokalen Milizen
    digt oder zerstört, in besonders umkämpf-   geschafft. Weitere sechseinhalb Millionen  zwischen 2012 und 2016 um die Kontrolle
    ten Gebieten wie der Stadt Rakka sind es    Menschen mussten ihre Heimat verlas-       der größten syrischen Stadt Aleppo ist
    vier von fünf. Schulen und Krankenhäuser,   sen und in anderen Landesteilen Zuflucht   sie mit ihren sieben Kindern und ihrem
    Elektrizitätswerke und Fabriken, Wasser-    suchen, fast zwölf Millionen sind ange-    Ehemann aus ihrem Haus in der ländlichen
    leitungen und Straßen, Kulturdenkmäler      wiesen auf humanitäre Hilfe, wie sie Oxfam Gemeinde Huajjenneh geflohen. Als sie
    und Bäckereien: zerschossen, zerbombt,      und andere Nichtregierungsorganisationen   zurückkehrten, waren die Tiere, von deren
    geplündert. Weite Teile der größten Städ-   leisten.                                   Erträgen Nouf und ihre Angehörigen vor
    te Syriens sind in einem Maß zerstört wie                                              dem Krieg leben konnten, weg – gestohlen
    Berlin oder Hamburg nach dem Zweiten        HÜHNER STATT                               in den Wirren der Kämpfe und der Flucht.
    Weltkrieg.                                  HILFSLIEFERUNGEN                           „Schon vor dem Krieg haben wir nur ein
                                                                                           bescheidenes Leben geführt“, berichtet
    Mehr als fünfeinhalb Millionen Menschen     Zu ihnen gehört Nouf(*), 44. Vor den Kämp- sie, „aber als wir zurückkehrten, waren
    sind nach Angaben des UNO-Flüchtlings-      fen zwischen syrischen Regierungstruppen wir abhängig von Hilfslieferungen und

8     EINS | Sommer 2019
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
mussten mitunter mit leerem Magen zu              begangenen Menschenrechtsverletzungen
                        Bett gehen.“                                      nicht in Sicht ist“, sagt Wolfgang Prangl.
                                                                          „Da könnte internationale Wiederaufbau-
                                                                                                                               Nach   8  Jahren Krieg
                                                                                                                             liegt Syrien in Trümmern.
                        Das ist bald Vergangenheit: Oxfam hat,            hilfe leicht als voreilige Rehabilitierung
                        auch dank der Unterstützung von                   eines problematischen Regimes aufge-
                        Spender*innen, im Umland Aleppos 250              fasst werden.“ „Menschen retten: ja“, lautet
                        Familien mit Hühnern und Hühnerfutter             deshalb die Formel der Geberstaaten, aber
                        versorgt. Auch Nouf soll davon profitieren:       auch „Wiederaufbau finanzieren: eher nein“.
                        „Die Eier werden helfen, meine Kinder zu
                        ernähren, und wenn wir den Rest verkau-           Was das konkret bedeutet, weiß                              4 von 5
                        fen, können wir uns weitere Dinge leisten,        Mohammad(*), 66, der mit seiner Familie                 Menschen in Syrien
                                                                                                                                   leben in Armut.
                        die wir dringend brauchen – wie Kleidung          während der Kämpfe in der Oase Ghuta nahe
                        oder Medikamente.“                                Damaskus überlebt hat. Nach den Kämpfen
                                                                          ging die Unsicherheit weiter. Das Abwas-
                        TANKWAGEN ODER                                    sersystem war zerstört, nach Regenfällen
                        WASSERLEITUNGEN                                   stand oft die Straße unter Wasser, und in
                                                                          den Pfützen brüteten Insekten, die Krank-              6,2 Millionen
                        „Derart nachhaltige Verbesserungen wären          heiten übertragen. Mohammad: „Lange                  Menschen sind in andere
                        auch bei der Infrastruktur wünschenswert“,        Zeit war es sehr schwierig, sich mit dem              Landesteile geflohen.
                        erklärt Wolfgang Prangl, Leiter des Teams         Lebensnotwendigsten zu versorgen, dazu
                        Humanitäre Hilfe bei Oxfam Deutschland.           gehört auch Trinkwasser. Wir haben dann
                        „Doch staatliche Geber zögern aus politi-         selbstgegrabene Brunnen in der Nachbar-
                        schen Erwägungen, mehr als nur kurzfristig        schaft genutzt, bei denen die Wasserquali-
                        wirksame Nothilfe zu fördern.“                    tät fragwürdig war.“                                   +5 Millionen
                                                                                                                             Menschen sind aus Syrien in
                                                                                                                             die Nachbarländer geflohen.
                        „In der Tat tragen die syrische Regierung         Oxfam versorgt in solchen Fällen Gemein-
                        und ihre Verbündeten einen großen Teil            den mit Trinkwasser aus Tankwagen. In
                        der Verantwortung für die Zerstörung von          Ghuta hat Oxfam auch die Abwasserent-                       Fast 2 von 3
                        Gebäuden und Infrastruktur. Dazu kommt,           sorgung instandgesetzt und so über 10.000
                                                                                                                                      Syrer*innen benötigen
                        dass ein unabhängiger Prozess zur Auf-            Menschen sicheres Wasser und Schutz
                                                                                                                                      humanitäre Hilfe.
                        arbeitung der von allen Konfliktparteien          vor Krankheiten ermöglicht. Das Problem:
                                                                          Während Trinkwasser aus Tankwagen als
                                                                          Nothilfe gilt, betrachten internationale
                        Nouf(*) kehrte mit ihrer Familie nach Aleppo
                        zurück. Mit Oxfams Unterstützung hält sie jetzt   Geldgeber die Instandsetzung von Wasser- fühlt sich die internationale Gemeinschaft
                        Hühner und macht sich von Hilfslieferungen        leitungen als Wiederaufbau. „Für das eine verantwortlich, dem anderen stehen poli-
                        unabhängig.                                                                                 tische Hürden im Weg“, sagt Wolfgang
                                                                                                                    Prangl. Und weiter: „Das ergibt keinen
                                                                                                                    Sinn. Ein Jahr lang 1.000 Liter Trinkwasser
                                                                                                                    pro Tag in Tankwagen anzuliefern, kostet
                                                                                                                    etwa 90.000 US-Dollar. Für etwa die Hälf-
                                                                                                                    te des Geldes kann man provisorisch eine
                                                                                                                    Wasserleitung reparieren, die diese Menge
                                                                                                                    täglich über fünf Jahre bereitstellt. Die
                                                                                                                    Situation in Syrien ist dramatisch genug,
                                                                                                                    auch ohne dass man sie zusätzlich büro-
                                                                                                                    kratisiert. Die internationale Gemeinschaft
                                                                                                                    muss ihre Vorstellungen von Nothilfe und
                                                                                                                    Wiederaufbau an die Bedürfnisse der
                                                                                                                    Menschen anpassen.“

                                                                                                                          Was bedeutet es, auf
© Dania Kareh | Oxfam

                                                                                                                          der flucht zu sein?
                                                                                                                          Das erzählen Syrer*innen im Video.
                                                                                                                          Jetzt mehr erfahren und Oxfams Arbeit
                                                                                                                          in Syrien unterstützen:
                                                                                                                          www.oxfam.de/syrien

                                                                                                                                                                  9
Sommer 2019 eins Der weite Weg zum Frieden - Oxfam Deutschland
Burundi

     Gewaltsame Konflikte, Misstrauen, Angst vor Eskalation: Der Frieden in Burundi ist brüchig.
     Auf den Hügeln der Provinz Bujumbura Rural stärken ihn einstige Bürgerkriegskämpfer*innen.

       Franziska Rötzsch

     Dunkelgrüne Hügel prägen die Provinz          uns: Wenn sie zurückkehren, werden sie     tive“, sagt sie. „Ich dachte, ich würde für
     Bujumbura Rural im Westen Burundis.           uns töten oder nachts unsere Besitztümer   immer weglaufen oder töten.“Doch als die
     Hügel, auf denen                                         stehlen.“                       heute 48-Jährige vor 17 Jahren die Orga-
     Dörfer sich weit                                                                         nisation OAP (Organisation d'Appui à l'auto
     ins Land verteilen.         Diejenigen, vor denen ich Zwischen 1993 und 2009             Promotion – dt.: Organisation zur Hilfe zur
     Hügel, die während geflohen bin, sind jetzt meine bekämpften sich Hutu und               Selbsthilfe) kennenlernte, wurde alles
     des Bürgerkrieges Kunden. Diejenigen, denen ich Tutsi in Burundi in einem                anders. „Diejenigen, vor denen ich geflo-
     bewaffneten           Hass geschworen habe, sind blutigen Bürgerkrieg, der               hen bin, sind jetzt meine Kunden. Dieje-
     Kämpfer*innen             jetzt meine Freunde.           mehr als 300.000 Menschen       nigen, denen ich Hass geschworen habe,
     Rückzugsorte                                             das Leben kostete und           sind jetzt meine Freunde.“
     boten.                                                   700.000 zur Flucht zwang.
                                  EX-KOMBATTANTIN             Die Provinz Bujumbura Rural     Auf den Hügeln Bujumbura Rurals setzt
     Kämpfer*innen wie             FLORIDE NIBIGIRA           war besonders stark betrof-     sich OAP für Frieden ein – seit 2013 mit
     Charlotte Niyonzi-                                       fen. Der Anteil der einstigen   Unterstützung von Oxfam. Die Organisation
     ma. Auf den Hügeln ihrer Heimat war die       Bürgerkriegskämpfer*innen an der           stärkt das Vertrauen zwischen einstigen
     Ex-Kombattantin früher nicht gern gese-       Bevölkerung ist auch heute noch hoch.      Kämpfer*innen und der Bevölkerung und
     hen. „Die Menschen hier hatten ein sehr                                                  gibt ehemaligen Kombattant*innen und
     schlechtes Bild von uns“, erzählt sie. „Sie   Auch Floride Nibigira kämpfte im Bürger-   arbeitslosen Jugendlichen mit Berufsaus-
     hielten uns für Mörder. Sie sagten über       krieg. „Damals hatte ich keine Perspek-    bildungen und Komitees zur Konfliktlösung

                                                                                                    Mit sieben Jahren geriet er an eine
                                                                                                    Rebellengruppe, kämpfte zehn
                                                                                                    Jahre im Bürgerkrieg. Heute ist
                                                                                                    Albert Nishimirimana Friseur.

                                                                                                                                            © J. Schindler | Oxfam

10     EINS | Sommer 2019
eine Perspektive abseits von Waffen
und Gewalt.

„OAP hat uns zusammengebracht und
uns gelehrt, über Frieden und gegen-
seitige Liebe nachzudenken“, sagt Floride
Nibigira. „Das hat uns die Augen geöffnet:
Aus Krieg kann nichts Gutes entstehen.“
Mehr als 50 Friedenskomitees gibt es
inzwischen auf den Hügeln Bujumbura
Rurals. Gemeinsam lösen sie Konflikte
zwischen den Bewohner*innen – poli-
tische und private. Allein in der dreijäh-
rigen Testphase des Projekts schafften
die Ex-Kombattant*innen so 358 Konflikte
friedlich aus der Welt. Und: In den jüngsten
                                                © OAP

politischen Krisen blieb es in Bujumbura
Rural relativ friedlich.
                                               „Die Menschen hielten uns für Mörder“: Charlotte Niyonzima kämpfte
Auch seit dem offiziellen Ende des             im Bürgerkrieg. Heute engagiert sie sich für den Frieden.
Bürgerkriegs kommt es in Burundi immer
wieder zu gewaltvollen Auseinander-
setzungen – beispielsweise nach den            Straftaten und politische Instrumentalisie-       „Damit verdiene ich mir ein regelmäßiges
Präsidentschaftswahlen 2015. Mehr als          rung können Folge dieser Perspektivlosig-         und ehrliches Einkommen. Ich kann meine
300.000 Menschen sind seither aus ihrer        keit sein. Auf der anderen Seite misstraut        Familie ernähren und ihr ein besseres
Heimat geflohen – unter ihnen auch zahl-       die Bevölkerung ihnen deswegen.“ Ihre             Leben bieten.“
reiche Menschenrechtsaktivist*innen,           Integration wird dadurch noch schwie-
Journalist*innen und Oppositions-              riger. Deshalb setzt das Projekt dort an und      Auch Ex-Kombattant Evariste Havyari-
politiker*innen. 2020 stehen erneut            unterstützt die früheren Kämpfer*innen            mana erlernte das Friseurhandwerk. Mit
Präsidentschafts- und auch Parlaments-         und arbeitslose Jugendliche auf dem Weg           dem verdienten Geld kaufte er sich Tiere.
wahlen an.                                     zu einem stabilen und selbstbestimmten            „Früher habe ich gebettelt. Ich wollte
                                               Leben.                                            nicht arbeiten“, erzählt er. „Heute ziehe
WEG ZU EINEM SELBST-                                                                             ich neben dem Friseurberuf Enten auf. Und
BESTIMMTEN LEBEN                               Albert Nishimirimana ist den gleichen Weg         ich bin einer Spargruppe beigetreten. Ich
                                               gegangen. Mit sieben Jahren geriet er an          schaffe es, etwas zu sparen, und durch
„Die Menschen in Burundi haben Angst vor       die Rebellengruppe FNL, zehn Jahre war            Kredite kann ich kaufen, was ich brauche.“
einer erneuten Eskalation des Konfliktes“,     er im Bürgerkrieg, verlor in den Kämpfen          Mit seinem Wissen möchte der 38-Jährige
sagt Jana Schindler, Projektreferentin bei     ein Bein. „Die Schulungen von OAP haben           jetzt andere unterstützen – sowohl, was
Oxfam Deutschland. „Auf der einen Seite        mir geholfen, mich neu zu orientieren“,           das Friseurhandwerk angeht, als auch
fehlt es den ehemaligen Kämpfer*innen          sagt er. Heute ist der 28-Jährige Vater von       die friedliche Lösung von Konflikten. „Im
und Jugendlichen oft an einer Perspektive.     fünf Kindern und ausgebildeter Friseur.           Friseurberuf möchte ich andere schulen,
                                                                                                 damit auch sie sich eine Existenz aufbauen
                                                                                                 können. Im Friedenskomitee vermitteln wir
                                               Ferkel, Schulbücher oder eine                     bei Streit, begleiten Menschen in unserer
                                               Entenfamilie: Ein Geschenk von                    Umgebung, die in Not sind, und bilden vor
                                               OxfamUnverpackt ermöglicht Oxfams                 allem junge Menschen aus“, sagt er. „Ich
                                               Arbeit vor Ort – und macht Freund*innen,          habe verstanden, dass es das Beste war,
                                               Verwandte und Bekannte glücklich.                 mich zu ändern und friedlich mit anderen
                                               Das Geschenk wirkt dort, wo das                   zusammenzuleben.“
                                               Geld am nötigsten gebraucht wird.
                                               Das Ferkel steht symbolisch für die
                                               Schweinezucht in Burundi – neben
                                               den Frisiersalons eine weitere Ge-                     Jetzt mehr erfahren:
                                               schäftsidee, mit der sich ehemalige                    Im Video sprechen Exkombattant*innen
                                               Kämpfer*innen eine Existenz aufbauen.                  über ihre neuen Perspektiven und ihr
                                                                                                      Engagement für den Frieden:
                                               oxfamunverpackt.de/geschenk-ferkel
                                                                                                      www.oxfam.de/friedenskomitees

                                                                                                                      EINS | Sommer 2019      11
Aufklärung im Kampf gegen Ebola:
                                                                                                In der DR Kongo informiert Oxfam
                                                                                                über die tödliche Krankheit.

     DR Kongo

                                                                                                                                              © John Wessels | Oxfam
     Krieg, Konflikte, Krankheiten: Die Situation in der Demokratischen Republik (DR) Kongo bleibt
     dramatisch. Über Ursachen, Auswege und den Kampf gegen Ebola sprechen im Interview Tamba
     Emmanuel Danmbi-Saa, Leiter von Oxfams humanitärer Hilfe im Land, und Michael Sladeczek,
     Oxfam-Experte für Krisen und Konflikte in der DR Kongo.

       Interview Raimon Klein

     In der Demokratischen Republik Kongo         ten oder Ethnien. Darüber hinaus gibt es      Was muss geschehen, damit es
     leiden mehr als 13 Millionen Menschen        sehr viele bewaffnete Gruppen – alleine in    Frieden gibt?
     akuten Hunger – in 2018 stieg die Zahl       den östlichen Regionen mehr als 100. So
     der Hungernden um 70 Prozent. Was ist        kommt es immer wieder zu neuen Gewalt-        Michael Sladeczek: Man muss den bewaff-
     der Grund dafür?                             ausbrüchen, seit 2016 etwa in Gegenden        neten Gruppen Alternativen aufzeigen,
                                                  wie Kasai, Ituri und Tanganjika, aus denen    wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten
     Michael Sladeczek: In der DR Kongo gibt es   zusammengenommen fast zwei Millionen          können, und ihnen die Möglichkeit zur
     verschiedene regionale Konflikte, wobei      Menschen fliehen mussten. Ein weiteres        Wiedereingliederung in die Gesellschaft
     alle ihre eigene Dynamik haben: Dahin-       Beispiel für diese schreckliche Gewalt        bieten. Darüber hinaus muss man die Pro-
     ter stecken lokale Machtkämpfe, wirt-        war das Massaker von Yumbi im Dezember        bleme an den Wurzeln anpacken – Gewalt,
     schaftliche Interessen oder Spannungen       2018, als in wenigen Tagen mehr als 500       Ungleichheit sowie den Kampf um Land
     zwischen verschiedenen Gemeinschaf-          Menschen getötet wurden.                      und Ressourcen. Viele Regionen sind so

     DR KONGO: DRAMATISCHE LAGE DURCH GEWALT UND EBOLA
     Seit Jahrzehnten ist das zentralafrika-      Ebola ist eine seltene und ansteckende        humanitärer Soforthilfe und langfristigen
     nische Land von humanitären Krisen und       Viruserkrankung, die oftmals tödlich endet.   Maßnahmen unterstützen. In der Ebola-
     ungelösten Konflikten gezeichnet. In         Typische Symptome sind plötzlich auftre-      Bekämpfung hat Oxfam über 360.000
     den vergangenen zwei Jahren hat sich         tendes Fieber, Kopf- und Halsschmerzen        Menschen mit Trinkwasser, Hygiene-und
     die Situation aufgrund der zunehmenden       sowie Erbrechen, Durchfall und Blutungen.     Präventionsmaßnahmen erreicht. Schon
     Anzahl von Konflikten sowie des erneuten     Anstecken kann man sich, wenn man mit         kleine Spenden können hier viel bewirken:
     Ebola-Ausbruchs massiv verschlechtert.       infizierten Organen, Blut, anderen Körper-    Für 15 Euro stattet Oxfam zum Beispiel zehn
     Anhaltende Kämpfe haben allein im Früh-      flüssigkeiten oder erkrankten Tieren in       Menschen mit Hygiene-Sets aus, damit sie
     jahr 2019 im Osten des Landes über 60.000    Kontakt kommt.                                sich besser vor gefährlichen Krankheiten
     Menschen vertrieben. Ihre dramatische                                                      wie Ebola schützen können. Mit 29 Euro
     Situation wird durch die regionale Nähe zu   Oxfam arbeitet seit beinahe 60 Jahren         finanziert ein*e Spender*in Wassereimer
     den vom Ebola-Virus betroffenen Gebieten     in dem Land und konnte – auch dank            mit Hahn, Henkel und Deckel, in denen zehn
     verschärft.                                  zahlreicher Spender*innen – im vergan-        Menschen in Notsituationen ihr Trinkwasser
                                                  genen Jahr 1,3 Millionen Menschen mit         sicher aufbewahren können.

12     EINS | Sommer 2019
KURZ NOTIERT
                                                                       Zusätzlich bieten wir existenzsichernde      kommission veröffentlicht
                                                                       Weiterbildungen an, etwa wie man Ernte-      Abschlussbericht
                                                                       überschüsse vermarkten kann. Daneben         Nachdem im Februar 2018 die Vorfälle sexu-
                                                                       arbeiten wir natürlich auch im Bereich       eller Ausbeutung durch Oxfam-Mitarbeiter
© Katja Herold | Oxfam

                                                                       Wasser, Sanitär und Hygiene (WASH). Von      in Haiti im Jahr 2011 publik wurden, setzte
                                                                       den mehr als 150.000 Menschen, die wir       Oxfam eine unabhängige Kommission ein, um
                                                                       damit erreichen, sind 60 Prozent Frauen      unseren Umgang mit Vorfällen dieser Art zu
                                                                       und Kinder, die in Vertriebenencamps oder    untersuchen. Im Juni hat sie ihren Abschluss-
                                                                       in schutzbedürftigen Aufnahmegemein-         bericht veröffentlicht. Er legt den Finger in
                         Raimon Klein (v.l.), Michael Sladeczek und    schaften leben.                              die Wunden und konfrontiert uns mit unange-
                         Tamba Emmanuel Danmbi-Saa im Gespräch.                                                     nehmen Wahrheiten. Genau darum hatten wir
                                                                       In der DR Kongo sind mehr als 2.000          gebeten. Denn wir sind überzeugt, dass man
                         instabil, weil die Konflikte so unberechen-   Menschen an der Ebola-Epidemie gestor-       sich nur dann wirklich verändern kann, wenn
                         bar sind. Häufig werden eigentlich befrie-    ben, die seit August 2018 im Osten des       man sich seinen Fehlern und Schwächen
                         dete Gebiete plötzlich wieder aus dem         Landes wütet. Warum ist es so schwierig,     stellt. Diesen Veränderungswillen erkennt
                         Nichts angegriffen. Das führt dazu, dass      die Krankheit unter Kontrolle zu bringen?    die Kommission in ihrem Bericht ausdrücklich
                         es in der DR Kongo mit über fünf Millionen                                                 an und macht deutlich, dass sich die große
                         Menschen die höchste Zahl an Binnenver-       Tamba Emmanuel Danmbi-Saa: Die Krank-        Mehrzahl der Mitarbeiter*innen bei Oxfam mit
                         triebenen auf dem afrikanischen Konti-        heit breitet sich in einer Konfliktregion    viel Engagement und großer Überzeugung
                         nent gibt. Dabei benötigen alle humanitäre    aus, was die Arbeit für uns humanitäre       für unsere Werte und Ziele einsetzt. Lesen
                         Hilfe: die Rückkehrer, die neuen Vertrie-     Helfer*innen schwierig und gefährlich        Sie dazu die Stellungnahme der geschäfts-
                         benen sowie die Menschen, die bereits vor     macht. Sehr herausfordernd ist zudem,        führenden Vorstandsvorsitzenden von Oxfam
                         längerer Zeit ihre Heimat verlassen muss-     überhaupt Zugang zu einigen sehr abgele-     Deutschland e.V., Marion Lieser:
                         ten und nicht zurückkehren können, weil       genen Ebola-Gebieten zu bekommen. Vor        www.oxfam.de/blog-abschlussbericht
                         dort immer noch gekämpft wird.                allem aber müssen wir das Vertrauen der
                                                                       Menschen gewinnen. Denn viele zweifeln
                         Was unternimmt Oxfam, um die kongole-         an der Existenz der Epidemie und glau-       Supermärkte im Check: Aldi Süd
                         sische Bevölkerung zu unterstützen?           ben, dass Ebola frei erfunden sei. Dieses    überholt Lidl und Rewe
                                                                       Misstrauen führt zur Ablehnung unserer       Menschenrechte sind in den internationalen
                         Tamba Emmanuel Danmbi-Saa: In der Regi-       Arbeit und leider auch zu Gewalt: Behand-    Lieferketten deutscher Supermärkte noch
                         on Kasai haben wir Bargeld an mehr als        lungszentren werden angegriffen und          immer Nebensache, doch mehrere deutsche
                         9.000 Haushalte verteilt, womit wir fast      niedergebrannt, Gesundheitshelfer*innen      Ketten haben kleine Fortschritte gemacht.
                         50.000 Menschen erreicht haben, die sich      werden attackiert und getötet.               Das zeigt der Oxfam Supermarkt-Check 2019.
                         von dem Geld beispielsweise Lebensmit-                                                     Basis der Analyse sind rund 100 Bewertungs-
                         tel kaufen konnten. In anderen Konflikt-      Wie arbeitet Oxfam daran, das Vertrauen      kriterien auf Grundlage der UN-Leitprin-
                         regionen wie Tanganjika oder Süd-Kivu         der Menschen zu gewinnen?                    zipien für Wirtschaft und Menschenrechte.
                         haben wir mehr als 300.000 Menschen mit                                                    In vier Kategorien konnten die Supermärkte
                         sauberem Trinkwasser und der Bereitstel-      Michael Sladeczek: Wir sind zu dem           Punkte sammeln: Transparenz und Rechen-
                         lung von sanitären Einrichtungen unter-       Schluss gekommen: Solange die Bevölke-       schaft, Rechte für Arbeiter*innen, Rechte
                         stützt. In der Provinz Ituri gibt es zudem    rung nicht direkt an den Hilfsmaßnahmen      für Kleinbäuer*innen sowie Frauenrechte.
                         ein von Oxfam Deutschland mitfinanziertes     beteiligt ist, vertraut sie diesen auch      Aldi Süd verbesserte sich im Gegensatz zum
                         Projekt, in dem wir gefährdete Gruppen        nicht. Daher möchten wir die Gemein-         Vorjahr am meisten: Der Discounter erfüllt
                         schützen. Wir fördern die Bildung von loka-   schaften nun auf allen Ebenen der Ebola-     nun im Durchschnitt 19 Prozent der Kriterien
                         len Komitees, die Risiken wie etwa Gewalt     Bekämpfung beteiligen. Jede Gemeinde         und überholt damit seine Konkurrenten Rewe
                         gegen Frauen und Mädchen identifizie-         wählt einen Repräsentanten oder eine         und Lidl. Edeka ist mit nur einem Prozent
                         ren und Aktionspläne für die Gemeinden        Repräsentantin, der oder die an den          absolutes Schlusslicht im internationalen
                         ausarbeiten. Außerdem unterstützen wir        Überwachungs-, Sensibilisierungs- oder       Vergleich, der Discounter Aldi Nord liegt mit
                         die Bevölkerung darin, ihre landwirtschaft-   Impfmaßnahmen teilnehmen kann und die        nur fünf Prozent ebenfalls im unteren Bereich.
                         lichen Anbaumethoden zu verbessern –          offizielle Kontaktperson zu den Hilfsorga-   Der Weg zum fairen Supermarkt ist jedoch
                         zum Beispiel durch innovative Produkte wie    nisationen und der Regierung ist.            noch lang, selbst der bestplatzierte britische
                         dürrebeständigeres Saatgut oder Tech-                                                      Supermarkt Tesco erreicht mit durchschnitt-
                         niken, mit denen Böden besser vor Erosion                                                  lich 38 von 100 Prozent nicht einmal die
                                                                           Jetzt mehr erfahren:
                         geschützt werden. Generell erhöhen wir            Hier lesen Sie Antworten auf die         Hälfte der möglichen Punkte im Supermarkt-
                         die Ernährungssicherheit der Menschen,            wichtigsten Fragen zu Ebola und          Check 2019.
                         indem wir Bargeld, Saatgut oder Werk-             unterstützen Oxfams Arbeit:              Hier geht’s zur Gesamtwertung:
                         zeug wie Schaufeln und Harken verteilen.          www.oxfam.de/ebola-fragen                www.oxfam.de/supermarktcheck-2019

                                                                                                                                                              13
Colette Solomon (link) und Magrieta Prins von Women on Farms Project engagieren sich gegen giftige Pestizide auf
     südafrikanischen Weinfarmen. Christoph Albrecht-Heider und viele andere Engagierte in den Oxfam Shops in ganz
     Deutschland unterstützen sie mit Aktionstagen und Unterschriftensammlungen.

     SÜDAFrIKA

     Die Ehrenamtlichen aus den Oxfam Shops setzen sich für Arbeiter*innen auf Traubenfarmen ein.
     Bei Aktionstagen sammeln sie Unterschriften für ein Verbot von hochgiftigen Pestiziden beim
     Weinanbau in Südafrika.

       Anne Maria Prachtel

     In Fußgängerzonen, auf Straßenfesten              tigt. Mit anderen Ehrenamtlichen hatte er         sich, weiß Colette Solomon, die Leiterin von
     und Musikfestivals in vielen deutschen            nun die Gelegenheit, mit drei Frauen von          Women on Farms Project, aus erster Hand.
     Städten bauen ehrenamtliche Oxfam-                Oxfams Partnerorganisation Women on               Zusammen mit Oxfam wollen die Frauen
     Unterstützer*innen ihre Stände auf. Ihr           Farms Project zu sprechen – per Video-            erreichen, dass die südafrikanische
     Anliegen: Menschen über die Kampagne              telefonat. Die Frauen aus Südafrika berich-       Regierung die gefährlichen Pestizide
     „Gift auf Wein – das lass sein!“ zu infor-        teten den Ehrenamtlichen davon, wie die           endlich verbietet.
     mieren und möglichst viele Unterschrif-           Arbeiter*innen in direkten Kontakt mit
     ten für ein Verbot hochgiftiger Pestizide         gefährlichen Pestiziden kommen – Gift-            Alles weit weg? Weit gefehlt! „Wir sind
     beim Weinanbau in Südafrika zu sammeln.           stoffe, von denen in der Europäischen             an dem Thema näher dran als wir denken,
     Die südafrikanische Frauenorganisation            Union 67 verboten sind. 121 andere werden         denn wir kaufen die Trauben und den Wein
     Women on Farms Project, die sich mit Oxfam        vom internationalen Pestizid-Aktions-             aus Südafrika in deutschen Supermärk-
     für bessere Arbeitsbedingungen in land-           Netzwerk als hochgiftig eingestuft.               ten“, erklärt Christoph Albrecht-Heider den
     wirtschaftlichen Betrieben einsetzt, hatte                                                          Leuten, mit denen er über die Kampagne
     um Unterstützung aus Deutschland gebe-     Wenn diese Pestizide auf den Trauben-                    spricht. Er ist überzeugt: „Wenn wir die
                                                                                                                                                         © Oxfam © Enrico Santifaller | Oxfam

     ten und die Ehrenamtlichen in den 54 Oxfam farmen versprüht werden, müssen die                      Arbeiter*innen unterstützen, vergrößern
     Shops machen sich das zur Herzenssache.    Arbeiter*innen unmittelbar danach wieder                 wir ihre Chance, etwas zu bewirken.“
                                                an die behandelten Reben. Manchmal
     Ein Engagierter aus dem Oxfam Shop Frank- verspritzen die Pestizid-Traktoren die Gift-
     furt-Nordend ist der 66-jährige Christoph  stoffe sogar direkt neben den Menschen.
                                                                                                               Jetzt Einsetzen:
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     Albrecht-Heider. Seit 1981 arbeitet er als Mit schlimmen gesundheitlichen Folgen:                         giftiger Pestizide. Entweder im Oxfam
     Journalist und hat sich oft mit Arbeits-   Starke Hautreizungen und chronische                            Shop um die Ecke oder online unter:
     bedingungen in armen Ländern beschäf-      Atemwegserkrankungen wie Asthma häufen                         www.oxfam.de/pestizidestoppen

14     EINS | Sommer 2019

                                                          EINKAUFEN, SACHEN SPENDEN, MITMACHEN www.oxfam-shops.de
SAMINA ANSARI
                                                                                             MENSCHENRECHTSAKTIVISTIN UND OXFAM-BERATERIN BEI FRAUEN-,
                                                                                             FRIEDENS- UND SICHERHEITSPROJEKTEN IN AFGHANISTAN

                                                                                                     Die Situation in Afghanistan ist       turen aufgelöst werden. Um Konflikte auf
                                                                                                     hochkomplex. Damit der politische      lokaler Ebene zu entschärfen, müssen wir
                                                                                             Konflikt gelöst werden kann, müssen            Afghan*innen unabhängig ihres Geschlechts,
                                                                                             wir der sozialen Spaltung in der afgha-        ihrer ethnischen Herkunft oder ihres Glaubens
                                                                                             nischen Gesellschaft entgegenwirken –          Zugang zu Ressourcen ermöglichen. Die Frie-
                                                                                             insbesondere zwischen Stadt- und Land-         densgespräche können nur gelingen, wenn alle
                                                                                             bevölkerung. Wir müssen Möglichkeiten          beteiligten Akteur*innen einem Waffenstill-
                                                                                             schaffen, damit die neue Generation die        stand zustimmen. Dies betrifft insbesondere die
                                                                                             Verantwortung für die Zukunft ihres Landes     Taliban – hier wäre jedoch deutlich mehr Druck
                                                                                             übernehmen kann und alte Machtstruk-           von internationalen Regierungen nötig.

                                           EINE FRAGE, DREI MENSCHEN

                                           JEAN FAMORY KAMISSOKO
                                           GENERALSEKRETÄR VON OXFAMS PARTNERORGANISATION
                                           STOP-SAHEL IN MALI

                                                    Seit 2012 befindet sich mein Land        Die Versöhnung in den Herzen und Köpfen
                                                    Mali in einer beispiellosen Krise. Vor   braucht einen wehrhaften, unpartei-
                                           allem im Norden des Landes hat sich ein           ischen Rechtsstaat: Wenn allen Opfern
                                           Vakuum gebildet: Der Staat ist dort nicht         Gerechtigkeit widerfährt, werden Verge-
                                           mehr effektiv präsent, bewaffnete Milizen         bung, Dialog und Versöhnung möglich.
                                           und kriminelle Netzwerke schüren den              Doch das kann nur in Zusammenarbeit mit
                                           Konflikt und fördern die Not der schutz-          der internationalen Gemeinschaft gelin-
                                           losen Bevölkerung. Ein stabiler, friedlicher      gen. Auch Malis Nachbarländer müssen
                                           Alltag, in dem die Menschen wieder an             mit offenen Karten spielen, indem sie
                                           morgen denken und planen können, wird             bewaffneten Gruppen ihre Unterstützung
                                           erst mit der vollständigen Entwaffnung            entziehen und an der Umsetzung der
                                           aller bewaffneten Gruppen zurückkehren.           UN-Sanktionen mitwirken.

                                                                                                    Um den Konflikt in der Zentralafrika-   Zentralafrikanische Republik weiter dezen-
                                                                                                    nischen Republik beizulegen, ist es     tralisiert werden, damit staatliche oder
                                                                                             von zentraler Bedeutung, die kämpfenden        regionale Behörden in allen Landesteilen
© Monges Samba, © Oxfam, © Samina Ansari

                                                                                             Gruppen zu entwaffnen, zu demobilisieren       präsent sind. Dadurch kann das Gefühl
                                                                                             und in die Gesellschaft zu integrieren. Es     der Marginalisierung und des Alleingelas-
                                                                                             braucht das Engagement aller Beteiligten       senseins – ein Hauptfaktor, warum sich
                                                                                             und einen Aktionsplan für eine vollständige    die Menschen den Rebellen anschließen –
                                                                                             Abrüstung im gesamten Land. Außerdem           reduziert werden. Darüber hinaus müssen
                                           MONGES SAMBA                                      sollten wir stärker mit den Nachbarlän-        wir etwas gegen die hohe Jugendarbeits-
                                           OXFAM-EXPERTE FÜR DEN                             dern zusammenarbeiten, um den Waffen-          losigkeit in unserem Land unternehmen,
                                           FRIEDENSPROZESS IN DER                            handel sowie den Handel mit Rohstoffen         damit die jungen Menschen andere
                                           ZENTRALAFRIKANISCHEN                              und Bodenschätzen zu beenden, die den          Perspektiven haben, als sich bewaffneten
                                           REPUBLIK                                          Konflikt finanzieren. Zudem muss die           Gruppen anzuschließen.

                                                                                                                                                                                         15
Überrasche                                                                                            …und unterstütze
mit ENTzückenden                                                                                       dabei Menschen,
Hochzeitsgeschenken…                                                                                 die in Armut leben.

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 WAS IST OXFAM?
 Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit   IMPRESSUM
 Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten       Herausgeber: Oxfam Deutschland e. V.
 im Oxfam-Verbund 19 Oxfam-Organisationen gemeinsam mit 3.600 lokalen Partnern        Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
 in mehr als 90 Ländern.                                                              Tel: (030) 45 30 69 - 0
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 Weltweit findet Oxfam praxisnahe, innovative Wege, auf denen Familien sich aus der
                                                                                      Chefredakteur: Steffen Küßner
 Armut befreien und eine bessere Zukunft für sich schaffen können. Bei Krisen und
                                                                                      Redaktion: Franziska Rötzsch, Annika Zieske
 Katastrophen retten wir Leben und helfen, Existenzen wieder aufzubauen. Und wir
                                                                                      Bildredaktion: Katja Herold
 setzen uns dafür ein, dass Menschen in Armut lokale und globale Entscheidungen
                                                                                      Gestaltung: martinbrombacher.de
 beeinflussen können, die ihr Leben betreffen.
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                                                                                      Gedruckt auf 100% Recyclingpapier.
 Dabei arbeitet Oxfam stets mit Partnerorganisationen zusammen: Seite an Seite mit
                                                                                      www.oxfam.de/eins
 Frauen und Männern in Not beenden wir die Ungerechtigkeiten, die zu Armut führen.
                                                                                      www.twitter.com/oxfam_de
                                                                                      www.facebook.com/oxfam.de
 Zur Finanzierung dieser Arbeit tragen rund 3.400 ehrenamtliche Mitarbeiter*innen
 in derzeit 54 Oxfam Shops bei. Diese werden von der Oxfam Deutschland Shops gGmbH    Spendenkonto
 betrieben, einem hundertprozentigen Tochterunternehmen des Oxfam Deutschland e.V.    IBAN: DE87370205000008090500
                                                                                      BIC: BFSWDE33XXX
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 EINS@oxfam.de. Wenn Sie EINS in Zukunft nicht mehr erhalten möchten, schicken        Konto: 80 90 500                   Deutscher
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 Sie uns bitte eine kurze Nachricht.                                                  BLZ: 370 205 00
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