Vielf alt er - Stadt Hückelhoven
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Interkultureller Stadtrundgang Hückelhoven n ! Vie l f a l t erle b e Interkultureller Stadtrundgang 1
Interkultureller Stadtrundgang Interkultureller Stadtrundgang Der Interkulturelle Stadtrundgang als Film kann hier ab- gerufen werden: Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. Museum der Mineralien- und Bergbaufreunde Impressionen und Friedrichplatz Begegnungen mit Bergwerkssiedlung Menschen aus un- Schacht 3 und serer Stadt. Besucherbergwerk Kirche St. Barbara Rathaus und Symbole Millicher Halde für Frieden und Toleranz Gymnasium und Stadtbücherei Schalom Park und Evangelische Kirche Eine-Welt-Laden Haus Hückelhoven Kath. Kirche St. Lambertus Kristallisationspunkt gegen Armut durch Integration (KAI) DiTiB - Türkisch Islamische Gemeinde zu Hückelhoven e. V. 2
Interkultureller Stadtrundgang Grußwort Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, Ihnen heute unseren Interkulturellen Hintergrund, Lebensweise und Religion in gegensei- Stadtrundgang zu präsentieren und lade Sie herzlich tiger Wertschätzung zu entwickeln und Vorurteilen ein, diesen zu begehen. Hückelhoven ist eine weltoffe- entgegenzuwirken. Der Interkulturelle Stadtrundgang ne Stadt, die ihre Vielfalt als Bereicherung wahrnimmt setzt ein Zeichen für Toleranz und friedliches Mitein- und in besonderer Weise für ein gelungenes interkul- ander. turelles Miteinander steht. Hier haben Menschen aus über 100 verschiedenen Nationen ihr Zuhause. Erleben Sie den Rundgang als Ganzes oder besuchen Sie einzelne Stationen. Jede Station steht beispiel- Im Rahmen der Vorbereitungen zur bundesweiten haft für viele Orte der interkulturellen Begegnungen Interkulturellen Woche 2021 unter dem Motto „#of- und gelebter Vielfalt in unserer Stadt. Die einzelnen fengeht“ wurde die Idee für einen Interkulturellen Einrichtungen freuen sich auf Ihren Besuch. Die Öff- Stadtrundgang geboren und entwickelt. So machen nungszeiten und Angebote erfragen Sie bitte vor Ort. wir uns als Stadt mit traditionsreicher Geschichte auf den Weg, um Vertrautes neu zu entdecken und offen Ich wünsche Ihnen viele interessante Eindrücke und aufeinander zuzugehen. Als Stationen-Rundgang kön- Begegnungen. nen Sie unterschiedliche Lern-, Gedenk- und Kultur- orte besuchen, die Ihnen einen Einblick in die religiöse Ihr Bürgermeister Bernd Jansen und interkulturelle Vielfalt unserer Stadt ermöglichen. Der Interkulturelle Stadtrundgang soll Begegnung und Austausch fördern und das an Orten, die zum Innehalten und Zuhören einladen, an denen man miteinander ins Gespräch kommt und Wissenswertes erfährt. Er trägt dazu bei, Verständnis für kulturellen 3
Interkultureller Stadtrundgang Station 1 vergangenen Industriekultur, sondern steht auch für Sophia Jacoba Schacht 3 und Besucherbergwerk die wechselvolle Geschichte der Region und ihrer Be- völkerung. Sophiastraße 30 – www.schacht-3.de Aus dem Schwazer Bergbuch von 1556 Der Förderturm „Bergwerke fördern oder in Gang bringen kann Der Förderturm ist das weithin sichtbare Wahrzeichen nicht ein Mann allein, noch eine Gegend, noch ein der Stadt Hückelhoven und verdeutlicht die enge Ver- Herr; es ist vielmehr das Werk vieler Menschen aus knüpfung der Stadtgeschichte mit dem Kohlebergbau allen Ländern.“ in der Region. Friedrich Honigmann beginnt 1884 mit Tiefbohrungen Der Bergbau prägt die Bevölkerungsentwicklung im Erkelenzer Horst und trifft in ca. 200 m auf Stein- In den über 100 Jahren Bergbau in der Region Hückel- kohle. Bereits ein Jahr später erhält er die Konzession hoven ist die Stadt zu einem Ort des interkulturellen für die ersten sechs Felder, die bis 1899 in der Region Miteinanders geworden. Hückelhoven auf 29 konzessionierte Felder erweitert werden. Zunächst einmal spielt die geographische Lage nahe der niederländischen Grenze eine Rolle; außerdem 1927 beginnt die Erschließung des Fördergebietes an wurde die Zeche 1917 an die niederländische NEMOS Schacht 3 in Hückelhoven. Zwischen 1929 und 1934 verkauft. wird der Förderturm in Fachwerkbauweise gebaut, und zwar bis 1929 mit einer Höhe von 23,7 m. Bei Zu erwähnen ist auch die in hohem Maße unfreiwilli- seiner Fertigstellung erreicht er 42,6 m. ge Zwangsarbeit in den Kriegsjahren 1942 bis 1944. Bereits unmittelbar nach der nationalsozialistischen Als in den Jahren 1985/86 der Förder- Machtübernahme 1933 wurden turm den neueren Standards baulich die Gewerkschaften aufgelöst, angepasst wurde, betont die Werkslei- Gewerkschafter wurden verfolgt, tung folgende Zielsetzung: „Auf Bewah- inhaftiert und ermordet. Nach rung des äußeren Erscheinungsbildes einem von ihnen ist die Mokwa- vom Schachtgerüst als weit sichtbares straße (s. Station 2) benannt. Zeichen der Stadt Hückelhoven und als Aufgrund der menschenverach- Denkmal einer aufstrebenden Indust- tenden nationalsozialistischen rieepoche wurde bei der Planung und Ideologie wurden insgesamt 2015 Konstruktion besonderer Wert gelegt.“ Menschen, meist Kriegsgefange- (Werkszeitschrift Sophia-Jacoba 2/86) ne, vor allem aus Frankreich, Russ- Dieser Denkmalcharakter gilt bis heute, land, Polen und Italien, zwangs- zumal nur wenige Gerüste dieses Typs rekrutiert und in Barackenlagern als schützenswert erhalten sind. Der För- interniert (vgl. W. Spichartz in RP derturm ist aber nicht nur Symbol einer vom 12.05.2007). 4
Interkultureller Stadtrundgang Unter ganz anderen Voraussetzungen stand die Erwei- terung der Belegschaft nach dem Ende des II. Welt- krieges, genauer ab den 1960er Jahren, als Arbeits- kräfte auch im Bergbau gesucht wurden. Die von der damaligen Bundesregierung geschlossenen Anwerbe- abkommen mit verschiedenen europäischen Staaten führte seit 1961 zu einem verstärkten Zuzug. 1961 stellt Sophia Jacoba mit 33 spanischen Bergleuten die erste Gruppe ausländischer Arbeitskräfte ein. Es folgen vor allem Bergleute aus Marokko, Portugal und der türkischen Schwarzmeerregion Zonguldak, die Berg- bauerfahrung mitbrachten und ursprünglich nur tem- porär als „Gastarbeiter“ bleiben sollten, was vor allem politisch so gewollt war. Gerade vor diesem Hintergrund ist es wichtig, wie man das Zusammenleben auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung und Achtung gestaltet, um Diskrimi- Gespräch mit Ismail Kibaroglu: nierung und Ausgrenzung entgegenzuwirken. Dazu „Unter Tage gelten eigene Gesetze und dort war es gehören Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und In- egal, welcher Religion man angehörte. Mit meinen teresse an gemeinsamen Aktivitäten. Dies reicht über deutschen Arbeitskollegen kam ich gut zurecht. die Zeit der Zechenschließung hinaus, denn mit dem Die meisten waren sehr hilfsbereit. Einer meiner 27.03.1997 wurde der Bergbau auf Sophia Jacoba ein- Vorgesetzten war gleichzeitig mein Nachbar und gestellt und ein tiefgreifender Strukturwandel in Gang wir halfen uns gegenseitig, wenn zum Beispiel das gesetzt. Auto repariert werden musste. Natürlich haben wir uns auch gegenseitig eingeladen.“ Bis heute gibt es den Förder- verein Schacht 3, der seinen Mitgliedern, ehemaligen Allerdings verlief die Entwicklung anders. Denn nach Bergleuten und Angehöri- dem Anwerbestopp von 1973 blieb ein Großteil der gen, mit dem Maschinen- zugewanderten Menschen, sie holten ihre Familien haus einen Ort für vielfältige nach und leben heute bereits in der dritten, teils vier- Begegnungen bietet. Ihnen ten Generation in einem multikulturellen Hückelho- ist es nicht nur wichtig, ven mit insgesamt über 100 verschiedenen Nationen. Brauchtumspflege zu be- treiben, sondern auch dieses Für die Werksleitung von Sophia Jacoba war es ein Stück Industriegeschichte besonderes Anliegen, die Gemeinschaft der Berg- weiterzugeben durch Füh- leute zu stärken, indem sie für religiöse Feste auf- rungen im Barbarastollen kam und günstigen Wohnraum zur Verfügung stellte. und im Bergbaumuseum. 5
Interkultureller Stadtrundgang „Wir haben in Schacht 4 zusammen das Opferfest gefeiert. Da kamen auch Familienangehörige mit. Oder wir haben uns das Fußballspiel Deutschland gegen die Türkei 1970 zusammen angeschaut. Sport und Fußball waren sowieso wichtig. Schon 1963 spielte in unserer Mannschaft der erste Türke Fußball. Im Sport kommt man sich näher. Wir haben also nicht nur die Arbeitszeit miteinan- der verbracht, sondern auch in unserer Freizeit viel unternommen. So sind wir einmal in den Zoo nach Duisburg gefahren. Das war auch wichtig, weil so schon Anschluss bestand.“ Franz-Josef Sonnen (verstorben 2012), ehemaliger Betriebs- ratsvorsitzender Sophia Jacoba machte die Hückelhovener Tafel mit ihrer Lebensmit- Friedrichplatz telausgabe. 2014 mietete die Stadt Hückelhoven das leerstehende Gebäude direkt neben der Tafel mit dem Ziel an, diese Räume multifunktional und zur Stärkung Friedrichplatz 7 – www.hueckelhoven.de des Ehrenamtes vor Ort zu nutzen. Gegenüber von Schacht 3 liegt der Friedrichplatz, ein geschlossenes Ensemble, das durch die Grünanlage in der Mitte großzügig und aufgelockert wirkt. Er steht unter Denkmalschutz, denn die hier beidseitig stehen- den Häuser wurden ab 1920 als Bergarbeitersiedlung in einer schlichten und klar gegliederten Back- stein-Gebäudearchitek- tur gegründet. Der Friedrichplatz ist ein Ort vielfältiger interkultureller Begeg- nungen. Den Anfang 6
Interkultureller Stadtrundgang Pantea Dennhoven, Dipl. Sozialpädagogin, Dies wurde in den Jahren 2015/2016 zur besonderen Kath. Forum: Herausforderung, da aufgrund der Flüchtlingssituation Unsere Veranstaltungen stehen allen Interessierten offen, eine umfangreiche Koordination ehrenamtlicher unabhängig von ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Tätigkeiten nötig war. Insbesondere galt es, ein- Herkunft, ihrem Alter, ihrem Geschlecht und ihrem sozialen gehende Spenden entsprechend zu verteilen, Status. Im sozialen Miteinander und durch die Kooperatio- da sowohl der Bedarf als auch die Spendenbe- nen und Schnittstellen im Hilfesystem möchten wir unseren reitschaft riesig waren. Mit Unterstützung des Beitrag zur Interkulturellen Begegnung leisten. Die Offen- Landesprogramms „KOMM AN NRW“, welches heit und Niederschwelligkeit der Angebote sind uns wichtig, Kommunen in der Integrationsarbeit durch bür- um alle Menschen zu erreichen. gerschaftliches Engagements unterstützt, wurde ein Ankommens-Treffpunkt geschaffen, der zum Petra Hudler, Ehrenamtskoordinatorin, Begegnungszentrum wurde. Dabei kam den Stadt Hückelhoven: ehrenamtlich Tätigen, insbesondere den Flücht- Das Ziel war von Anfang an, dass wir verschiedene Träger lingspaten Hückelhoven, ein großer Stellenwert und Projekte vor Ort gewinnen wollten, um den Menschen zu. Das heutige Begegnungszentrum verbindet in der Stadt ein gutes Netzwerk von Beratungs-, Bildungs- Menschen unterschiedlicher Herkunft. Mittlerweile und Hilfsangeboten bieten zu können. Mittlerweile ist auch bieten verschiedene Einrichtungen hier vielfältige Hil- der Landschaftsverband Rheinland mit seiner Beratung zum festellungen an. Dazu gehören das Katholische Forum Thema Inklusion vor Ort, so dass die Angebote stetig ge- für Erwachsenen- und Familienbildung Mönchenglad- wachsen sind. Ein tolles Beispiel ist die Initiative „Hückel- bach und Heinsberg, die Anton-Heinen-Volkshoch- hoven hilft“, die aus den Flüchtlingspaten Hückelhoven schule des Kreises Heinsberg, der Stadtsportverband entstanden und eng mit unserem Nachbarn, der Hückel- Hückelhoven, die Initiative Hückelhoven hilft und Pax hovener Tafel, verknüpft ist. Insgesamt arbeiten bei „Hü- Christi. Die Angebote sind breit aufgestellt: Flücht- ckelhoven hilft“ acht verschiedene Kooperationspartner mit lingsberatung, Bewerbungstraining, Nachhilfeprojekte ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen erfolgreich zusam- für Kinder und Jugendliche, Integrations- und Sprach- men. Der Slogan der Initiative „Gemeinsam viel bewegen“ kurse, Integrationsprojekt „Nähen verbindet“ und das ist eins zu eins auf das Begegnungszentrum übertragbar. Repair-Café. Die partnerschaftliche Arbeit und Koope- rationen der verschiedenen Träger vor Ort zeichnen das Begegnungszentrum aus. Darüber hinaus werden Andrea Kardis, Integrationsbeauftragte, hier viele neue Ideen entwickelt und umgesetzt. Auf Stadt Hückelhoven: Grundlage des 2017 erstellten Integrierten Handlungs- Persönliche Begegnungen, sich austauschen und sich durch konzeptes Sophia Jacoba werden die Räumlichkeiten gemeinsame Aktivitäten besser kennenzulernen, sind in der zukünftig zu einem großen, modernen Quartierszent- interkulturellen Arbeit von größter Bedeutung. Dies alles rum erweitert. kann hier auf Augenhöhe in entspannter Atmosphäre pas- sieren. Die Möglichkeiten, die sich durch die Nutzung zu- Auszeichnung des Projektes sätzlicher Räume außerhalb der Verwaltung bieten, sind für Flüchtlingspaten Hückelhoven alle ein großer Gewinn. Darüber hinaus lebt unsere Arbeit (2015) durch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (Mitte) mit Petra durch die Vernetzung. So kann jeder Anbieter im Rahmen Hudler, Stadt Hückelhoven (links) seiner Kernkompetenz handeln. Den ratsuchenden Men- und Ulrike Minkenberg, schen kann dadurch schnell geholfen werden. Flüchtlingspaten (rechts) Foto: startsocial/Thomas Effinger 7
Interkultureller Stadtrundgang Deshalb werden über die pädagogische Arbeit mit den Städtisches Familienzentrum Traumland Kindern hinaus auch die Eltern eingebunden. Sie er- halten Hilfestellung und werden bei Besuchen zu Ärz- ten oder Therapeuten begleitet. Ein besonderer Vorteil Sophiastraße 29 besteht darin, dass verschiedene Mitarbeiterinnen mit Stellvertretend für alle Kindertagesstätten im Stadtge- einer anderen Herkunftssprache bei Übersetzungen biet führt der Rundgang zum Familienzentrum. Es be- helfen können. Kommunikation ist nicht nur in Pan- findet sich in unmittelbarer Nähe zum Friedrichplatz in demie-Zeiten wichtig, sondern unverzichtbar für eine der Sophiastraße 29. Die Kindertagesstätte bietet Platz dem Kind zugewandte Betreuung. Inzwischen gibt es für 87 Kinder, die in vier Gruppen betreut werden. eine Kindergarten-App, „Die Strampelbande“, eine In- formations- und Kontaktplattform. Bereits im frühkindlichen Alter wird die multikulturelle Zusammensetzung als ganz selbstverständlich emp- Auch bei der Sprachentwicklung werden Eltern mit funden. Knapp die Hälfte der Kinder hat eine Her- einbezogen. So sind sie am Rucksackprojekt beteiligt. kunftsfamilie mit Migrationshintergrund, vor allem Dieses Projekt versteht Mehrsprachigkeit als Poten- mit türkischem, aber auch syrischem, spanischem und zial und sieht in der Familie den zentralen Raum für russischem Hintergrund. Eine wichtige Aufgabe der Sprachbildung. Die KiTa begleitet dieses Programm interkulturellen Pädagogik besteht darin, interkulturel- und koordiniert die Bildungsarbeit. les Miteinander zu ermöglichen und gleichzeitig ge- zielt Integration zu fördern. Dies erfolgt vor allem über Mit dem Bücherkoffer soll Interesse am Lesen und Sprachtraining und Sprachschulung. Dafür beteiligt Vorlesen geweckt werden. Außerdem wird die städ- sich der Kindergarten am Bundesprogramm „Sprache, tische Bücherei mit Kindern und Eltern besucht und der Schlüssel zur Welt“, das nicht nur auf Kinder aus im Rahmen des städtischen Theater-Programms, dem Zuwanderungsfamilien abzielt, sondern auf alle Kin- Theater-Starter, kommt es zu einer frühen Begeg- der, um sie in der Sprachentwicklung zu fördern. Denn nung mit dem Spiel auf der Bühne. die frühkindliche Förderung soll die Bildungschancen verbessern. So wird das Familienzentrum dem eigenen Leitge- danken gerecht: Traumland – so bunt wie die Welt! 8
Interkultureller Stadtrundgang Station 2 Museum der Mineralien- und Bergbaufreunde e.V. VIKZ – Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. Ludovicistraße 1 – www.museum-hueckelhoven.de Ludovicistraße 3 Das Museum ist eng mit der Zeche Sophia-Jacoba ver- Als Mitte der 60er Jahre knüpft, denn etliche, teils außergewöhnliche Funde die ersten muslimischen stammen aus dem hiesigen Bergwerk. Dazu zählen Gastarbeiter nach Hückel- Mineralien und Versteinerungen, die auf ein Alter von hoven kamen, hatten die- 300 bis 320 Millionen Jahre datiert werden können. se auch kulturelle Bedürf- nisse und den Wunsch nach Ausüben ihrer re- ligiösen Gepflogenhei- ten. Zur Verrichtung der Freitagsgebete wurde bis 1975 der Fernsehraum im Wohnheim Schacht4 zur Verfügung gestellt. 1977 wurde dann die erste Gemeinde der VIKZ in Hückel- hoven gegründet mit einem eigenen Versammlungs- raum in Schaufenberg. Aufgrund des steigenden Anteils muslimischer Mit- bürger*innen reichte der Platz nicht mehr aus, so dass 1994 ein Objekt auf der Ludovicistraße gekauft wur- de. Nach dem Abriss konnte auf diesem Grundstück Neben dem Gesteinsmaterial sind es aber vor allem ein Gebäude errichtet und 2002 fertig gestellt wer- die Bezüge zu den Menschen und ihrer mit dem Berg- den, das verschiedene Funktionen hat. bau verbundenen Lebensweise, die dieses ehrenamt- lich geführte Museum so interessant machen. Beson- Es ist auf vier Etagen ausgebaut. Im Gebetsbereich ist ders erwähnenswert ist der so genannte Barbara-Altar, Platz für je 170 Personen – nach Männern und Frauen der sich im Eingangsbereich des Museums befindet. getrennt und mit den notwendigen Funktionsräumen Denn er ist gleichzeitig auch eine Gedenkstätte für die ausgestattet. Ziel ist es, die Begegnung von Menschen auf der Zeche tödlich verunglückten Bergleute, die aus verschiedenen Nationen und Kulturen zu vertie- am 12. Juni 2000 von Pastor Neumann, Pfarrer Rosen- fen. Dabei sollen Gespräche helfen, Vorurteile und kranz und Hodscha Haysi in einer interreligiösen Ver- Vorbehalte abzubauen und zum friedlichen Zusam- anstaltung feierlich eingeweiht wurde. menleben in der Stadt und dem Kreis beizutragen. Es werden Führungen und unterschiedliche Aktivitä- Im Untergeschoss befindet sich eine große Küche mit ten für Jung und Alt angeboten. entsprechenden Aufenthaltsmöglichkeiten. Hier fan- den bereits zahlreiche gemeinsame Iftar-Essen statt. 9
Interkultureller Stadtrundgang Als Integrations- und Bildungsverein Hückelhoven e.V. finden in der Moschee vor allem übers Wochenende und in Ferienzeiten Kurse für Jugendliche statt. Die Jugendlichen werden u.a. im Bereich der schulischen Bildung durch gezielte und individuelle Nachhilfe bzw. Förderunterricht unterstützt. Es gibt im Dach- geschoss Schlaf- und Unterrichtsräume mit sanitären Einrichtungen. Dieses Angebot soll noch erweitert und verbessert werden, weswegen ein weiteres Ge- bäude auf der Jacobastraße gekauft und als Jugend- zentrum ausgebaut wurde. Von der Architektur her fügt sich das Gebäude der Moschee in einen Stadtteil ein, der ebenfalls durch ehemalige Bergarbeiterwohnungen gekennzeichnet ist. Mokwastraße – Bergwerkssiedlung Im Zuge der stark anwachsenden Belegschaft auf der Zeche nach 1920 wurde die Mokwastraße als Berg- arbeitersiedlung konzipiert und erbaut. Sie verweist auf geschichtlich wichtige Ereignisse in Hückelhoven. Der Namensgeber, Ernst Mokwa, war Bergmann auf Sophia Jacoba und Gewerkschafter. Nach der 1933 er- folgten Machtübernahme durch die Nationalsozialis- ten wurde er inhaftiert, gefoltert und ermordet. Heute erinnert eine Gedenktafel, 1983 von der ‚arbeitenden und lernenden Jugend von Der Integrations- und Bildungsverein der VIKZ-Ge- Hückelhoven‘ gestiftet, an meinde lädt darüber hinaus bereits seit vielen Jahren die Opfer, die ein Zitat von rund um das Pfingstwochenende zum Integrations- Bertolt Brecht enthält: „Der fest „Four days“, mit dem Ziel, mit Menschen aus sich nicht ergeben hat, ist unterschiedlichen Kulturen ins Gespräch zu kommen, erschlagen worden, /der ein. Frisch zubereitete türkische Spezialitäten sorgen erschlagen wurde, hat sich dafür, dass sich die Gäste rundum wohl fühlen. Die nicht ergeben.“ Besucher*innen haben die Möglichkeit, die Moschee von innen kennenzulernen sowie Fragen zum Islam zu Im Gedenkjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutsch- stellen. Darüber hinaus beteiligt sich die Moscheege- land wird der Blick auf die lange Zeit jüdischer Präsenz meinde regelmäßig mit Aktionen am interkulturellen und Kulturgeschichte gelenkt. Auch in Hückelhoven Leben. gab es jüdisches Leben und es gab Familien, die ihren 10
Interkultureller Stadtrundgang festen Platz im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Arno Wolff war mit Berta Goldschmidt verheira- Leben hatten. Sie lebten vor allem hier auf der Mok- tet. Sie betrieben in den 30er Jahren ein Geschäft wastraße. Genauer bekannt sind die folgenden Per- für Glaswaren sowie Haus- und Küchengeräten in sonen: Hückelhoven. Sie konnten im Januar 1939 in die Niederlande fliehen und von dort in die USA nach Julius Hermanns hatte ein Textilwarengeschäft New York gelangen, wo sie bis zu ihrem Tod leb- „Gebrüder Hermanns“. Er kam schon 1936 in ein ten. Konzentrationslager und wurde dann aufgefor- dert, das Deutsche Reich zu verlassen. Sein Ver- Else Isaak wohnte zwischen 1932 und 1934 in such, mit der St. Louis nach Kuba zu emigrieren, Hückelhoven und arbeitete im Geschäft ihres Stief- scheiterte und er kam nach einer Irrfahrt zurück vaters Arno Wolff als Verkäuferin. 1935 heiratete nach Frankreich in ein Lager. 1942 wurde er ins sie Fritz Katz, dem Ehepaar gelang die Flucht in Konzentrationslager Auschwitz deportiert und die USA. dort vermutlich ermordet. Arno Wolfermann und seine Frau Regina Gollu- bier betrieben seit März 1934 ein Textilwarenge- schäft in Hückelhoven. Gegen sie hetzte die Nazi- Propaganda der Ortsgruppe Hückelhoven, so dass sich Arno Wolfermann 1937 gezwungen sah, sein Seine Frau Margarethe, geborene Goldbaum Geschäft in Hückelhoven an einen Geschäftsmann konnte nicht mit ihrem Mann emigrieren. 1941 und NSDAP-Mitglied zu verkaufen. Die Familie wurde sie nach Riga deportiert, wo sie verschol- konnte 1939 nach Caracas in Venezuela emigrie- len ist. Hilde Hermanns war die Tochter von Julius ren. und Margarethe. Auch sie wurde zusammen mit ihrer Mutter nach Riga deportiert, wo sie verschol- Walter Spier lebte in den 30er Jahren eine Weile len ist. Sophie Hermanns war die Schwester von in Hückelhoven. Er konnte nach einer Haftstrafe in Julius Hermanns. Sie arbeitete noch 1934 als Ver- die Niederlande fliehen, von wo aus er aber nach käuferin im Geschäft ihres Bruders hier in Hückel- Theresienstadt deportiert wurde. Danach wurde er hoven. Auch sie wurde 1941 nach Riga deportiert nach Auschwitz verschleppt und kam von dort in und von da ins Konzentrationslager Stutthof ver- das Konzentrationslager Oranienburg, wo er ver- schleppt, wo sie vermutlich umkam. mutlich bei einem Todesmarsch ums Leben kam. Aus Angst vor der Deportation in ein Konzentra- Mit ihrer Ermordung und Vertreibung fand auch eine tionslager versuchten die Brüder Josef und Egon kulturelle Verarmung statt. Goldbach zu fliehen. Sie wurden entdeckt und Quelle: Die Angaben wurden dem Band Lebensspuren - Spuren- kamen in das Arbeitserziehungslager in Hückelho- suche. Jüdisches Leben im ehemaligen Erkelenzer Landkreis von Hu- ven. Dort wurden sie im Oktober 1944 von der bert Rütten aus der Schriftenreihe des Heimatvereins der Erke- Gestapo erschossen. lenzer Lande e.V. mit freundlicher Genehmigung des Verfassers entnommen. 11
Interkultureller Stadtrundgang St. Barbara wurde vom spanischen Elternverein für Bergmannskirche St. Barbara Gottesdienste und Feiern genutzt und diente für die Jugendkirche der Region Heinsberg (Factory Church) als Standort. In Zusammenarbeit mit der Jugendkir- Brassertstraße 4 – www.st-lambertus-barbara.de che und den Flüchtlingspaten Hückelhoven lud das Der Weg führt weiter zur ehemaligen römisch-katho- Sozialamt der Stadt Hückelhoven 2015 alle Flücht- lischen Kirche St. Barbara, die auch über die Namens- lingsfamilien mit ihren Kindern zu einer gemeinsamen geberin als Kirche der Bergleute galt. Weihnachtsfeier in den festlich geschmückten Saal der Barbarakirche ein. Wegen der ab 1920 deutlichen Ausweitung der Wohngebiete in diesem Viertel äußerte der General- St. Barbara besitzt noch wichtige Erinnerungsstücke vikar schon 1928 den Wunsch nach einer zweiten Kir- an die Zeit als Bergmannskirche. So wird dort das To- che. Nach der Planung im Jahr 1932 begann der Bau tenbuch der auf Sophia Jacoba verunglückten Berg- am 19.02.1933. Viele Bergleute haben unentgeltlich leute aufgehoben. Während des spektakulären Ar- beim Bau „ihrer“ Kirche mitgewirkt. So konnte bereits beitskampfes zum Erhalt von Sophia Jacoba wurde als im Dezember 1933 der erste Gottesdienst gefeiert Symbol ein Kreuz aus Kauekörben gefertigt und mit werden. Ein Jahr später fand die Kirchweihe statt und Kohlebrocken gefüllt. Eine Barbara-Statue aus dem am 21.01.1960 wurde sie zur selbständigen Pfarrei Untertagebetrieb sowie eine besondere Grubenlampe erhoben. Bis dahin gehörte sie zur Mutterkirche St. sind charakteristische Relikte aus der Zechenzeit. Lambertus. Oben auf dem „Wadenberg“ entstand aber nicht nur eine Kirche, sondern auch ein Ort für Mit ihrem markanten Turm gilt St. Barbara auch nach Begegnungen und Feiern mit großzügigen Räumlich- der Profanierung als ein Wahrzeichen Hückelhovens. keiten. Bereits ein Jahr nach der Fertigstellung im Jahr In direkter Nachbarschaft befindet sich auch heute 1934 gründete sich der „Frauen- und Mütterverein an noch der St. Barbara Kindergarten. St. Barbara“. Die Frauen übernahmen als einzelne so- wie in Gemeinschaft Verantwortung und Aufgaben in Über die Knappenstiege führt der Weg ins Zentrum den Bereichen Familie, Kirche und Gesellschaft. Später der Stadt Hückelhoven. wurde aus dem Verein die Frauengemeinschaft, die bis zum 13.10.2018 die Räume mit ihren vielfältigen Angeboten und Aktionen mit Leben füllten. Nach der Zechenschließung und auch bedingt durch die sich verändernde Zusammensetzung der Wohn- bevölkerung, die sehr deutlich muslimisch geprägt ist, wurde die Profanierung 2010 beschlossen. St. Barbara gehört nun wieder zu St. Lamberus. Am 25.09.2016 fand die letzte Heilige Messe in St. Barbara statt, die Profanierung wurde umgesetzt. 12
Interkultureller Stadtrundgang Station 3 Die Schülerschaft zeigt ebenso wie die Bevölkerung Lernen in Vielfalt! - Gymnasium Hückelhovens auch eine multikulturelle Vielfalt auf und es ist sehr erfreulich, dass der Anteil junger Men- schen mit Migrationshintergrund auch beim Abitur Hartlepooler Platz 10 – gestiegen ist. www.gymnasium-hueckelhoven.de Seit 2015 gibt es in verschiedenen Schulen Internatio- nale Vorbereitungsklassen für Kinder und Jugendliche mit Fluchtgeschichte beziehungsweise Migrations- hintergrund. Neben der elementaren Aufgabe, den Spracherwerb zu ermöglichen, ist die Integration in die Regelschule das Ziel. Marsela Merja: „Ich bin Marsela und kam 2015 mit meiner Familie aus Albanien nach Hückelhoven – ohne ein Wort Deutsch zu können. Aber ich wollte lernen. Zuerst besuchte ich hier am Gymnasium zwei Jahre lang die Internationale Vorbereitungsklasse und wech- selte dabei stückweise in eine reguläre Klasse. In Stellvertretend für die diesem Jahr habe ich hier als erste Schülerin einer Schulen im Stadtgebiet, Internationalen Vorbereitungsklasse mein Abitur die mit einer offenen gemacht und möchte demnächst ein Studium in Lernkultur wesentlich Wirtschaftswissenschaften beginnen. Antirassistisches Fußballspiel zu einem demokrati- schen und toleranten Miteinander beitragen, führt der Rundgang zum Gymnasium der Stadt Hückelhoven. Es wurde 1962 gegründet und 1992 zur Ganztags- schule erweitert. Dies erfolgte vor allem im Zusam- menhang mit dem Beschluss zur Zechenschließung, der einen gravierenden Strukturwandel in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens und familiären Um- feldes zur Folge hatte. Somit wurden von politischer Seite schon frühzeitig die Weichen für ein erweitertes Bildungs- und Förderangebot gestellt. Kindern und Ju- gendlichen, unabhängig von ihrer Herkunftsgeschich- te, konnten so bessere Chancen für eine qualifizierte Ausbildung und Berufsfindung ermöglicht werden. Projekt „Ohne dich ...“ gegen Rassismus 13
Interkultureller Stadtrundgang Das Gymnasium ist seit 2010 „Schule ohne Rassis- deutschen Sprache erfahren. Internetarbeitsplätze mus – Schule mit Courage“ und ist damit eine beson- in einem „Selbstlernzentrum“ runden das insgesamt dere Verpflichtung eingegangen, sich gegen Rassis- kostenlose Angebot ab. mus, Ausgrenzung und Diskriminierung jeder Art zu wenden, was auch in vielfältigen Aktionen (Beteiligung am Holocaustgedenktag oder der Interkulturellen Wo- che) und Projekten (Auseinandersetzung mit Homo- phobie oder Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft u.a.) umgesetzt wird. Stadtbücherei Hückelhoven Doktor-Ruben-Straße im Gymnasium – www.stadtbuecherei-hueckelhoven.de Die Stadtbücherei ist in das Gebäude des Gymnasiums integriert. Sie verfügt über ein breites Medienange- bot, das auch digitale Medien wie Filme, Hörbücher, eBooks einschließt. Für Kinder und junge Leser*innen gibt es nicht nur eine große Auswahl an Büchern, sondern auch be- sonders geeignete Medien zur Leseförderung wie den Bibliotheken – weil sie uns verbinden Tonies; damit soll auch Sprachentwicklung gefördert Wer in die Bibliothek geht, kann sich als Teil einer werden. Gesellschaft fühlen. Bibliotheken helfen, dass die Gesellschaft sich nicht noch tiefer spaltet. Ein weiterer Schwerpunkt in der medialen Auswahl liegt auf der Mehrsprachigkeit, damit Menschen mit (Deutscher Bibliotheksverband, 21 Gründe für einer anderen Herkunftssprache die Bibliothek nut- gute Bibliotheken) zen können und Unterstützung beim Erwerb der 14
Interkultureller Stadtrundgang Station 4 Mit der Kampagne zur Zertifizierung der Stadt Hückel- Eine-Welt-Laden e.V. hoven zur „Fair-Trade-Town“ soll demonstriert wer- den, was im Kleinen machbar ist. Ganz im Sinne des Mottos „global denken – lokal handeln“. Haagstraße 9 – www.ewl-hueckelhoven.de 1991 wurde der Eine-Welt-Laden e.V. gegründet. Er Mit dieser Zielsetzung will der Eine-Welt-Laden Anre- findet heute seinen Platz unter dem Dach des histori- gungen für ein verändertes Verhalten insgesamt und schen evangelischen Pfarrhauses aus dem Jahr 1791, einen partnerschaftlichen Lebensstil geben. genauer in der Remise, die als Wirtschaftsraum und Unterstand für die Pfarrkutsche genutzt wurde. Seit nunmehr 30 Jahren setzt sich der Eine-Welt-Laden für fairen Handel ein. Vor allem im täglichen Ladenver- Schalom Park und Evangelische Kirche kauf zeigen die Ehrenamtler, dass die Idee des Fairen Handels nicht nur etwas für die Weltpolitik ist, son- dern beim eigenen Konsum anfängt. Haagstraße – www.denkmalkirche.de Die evangelische Kirche in Hückelhoven wurde 1890/91 im neugotischen Stil erbaut. Sie ersetzte ein Kirchengebäude aus dem 17. Jahrhundert. Mit ihrer Presbyterbank, die den Altartisch dem Chor folgend umgreift, gibt es hier einen Innenraum, der typisch für reformierte Kirchen ist. Vor allem durch den Zuzug von Bergleuten wuchs die Gemeinde von 500 auf 2900 (1928) Mitglieder und auf 3500 Mitglieder im Jahr 1935. 1929 erfolgte die Innenausmalung der Decke mit einem blauen Sternenhimmel. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche schwer beschädigt, die Turmspitze stürzte ein und wurde im Jahr 1966 erneu- ert. Bei der Renovierung nach Kriegsende wurde der Innenraum weiß angestrichen, der aber in den 60er Mit bewusstseinsbildenden Maßnahmen soll Ver- und 70er Jahren deutliche Schäden aufwies. Eine um- ständnis für die weltweiten Zusammenhänge von fangreiche Restaurierung und Wiederherstellung der globaler Gerechtigkeit, Ökonomie, Ökologie, sozialer Innenbemalung erfolgten 1975. Situation, Kultur und Politik geweckt werden. Damit wird deutlich, dass das Leben in der „Einen Welt“ die Die jetzige vollständige Innensanierung behebt Schä- Grundlage für Nachhaltigkeit und Bewahrung der den und restauriert den gesamten Innenraum, damit Schöpfung ist. 15
Interkultureller Stadtrundgang die Sterne am Himmel im Deckengewölbe wieder Ihr zugeordnet ist das Jugendzentrum Rainbow, das leuchten. in der Offenen Jugendarbeit einen wichtigen Beitrag leistet. Thomas Meuter, Jugendleiter Das Jugendzentrum ist für uns ein wichtiger Treff- punkt und Ort für die eigene Lebensgestaltung. Hier können wir miteinander reden und gemeinsa- me Projekte entwickeln, die ein respektvolles und friedliches Zusammenleben fördern, unabhängig von Herkunftsländern sowie kulturellen und reli- giösen Prägungen. Der innerstädtisch gelegene Schalom Park ist der alte evangelische Friedhof mit der ältesten Grabplat- Die Evangelische Kirchengemeinde Hückelhoven fin- te von 1734. Mit seinem alten Baumbestand stellt er det heute ihre Schwerpunkte im Gemeinwesen und eine Ruhezone dar, die zum Verweilen einlädt oder die in der Ökumene. Die großzügigen in unmittelbarer Möglichkeit zur „Sprech-Zeit“ eröffnet. Er gehört zum Nachbarschaft der Kirche gelegenen Räume des Ge- Evangelischen Gemeindezentrum. meindezentrums laden zu zahlreichen interkulturel- len beziehungsweise interreligiösen Projek- ten sowie zum Dialog ein. Darüber hinaus ist sie engagiert in der Erwachsenenbildung und unterhält in ihrer sozialen und diakoni- schen Arbeit verschie- dene Einrichtungen im Bereich Betreutes Wohnen sowie Alten- heim und Altenpflege. Besondere Bedeutung kommt dem Projekt Seniorenbegleitung zu. 16
Interkultureller Stadtrundgang Station 5 Zur Geschichte der Stiftung Schnorrenberg Haus Hückelhoven Wilhelm Schnorrenberg wird 1821 Pfarrer in St. Lam- bertus. Er stammt aus einer sehr wohlhabenden Fa- milie, so dass er für sich und seine beiden ledigen Dinstühlerstr. 53 – Schwestern Haus Hückelhoven erwirbt. www.lambertus-hueckelhoven.de/events Hückelhoven verdankt seinen Namen dem Stifter des Aufgrund von Schwierigkeiten mit dem Kirchenvor- Hauses Hückelhoven und vermeintlichen Dorfgründer stand, wechselt er schon früh seine Pfarrstelle. 1846 Reinhard von Huckilhoven, der im 13. Jahrhundert die kehrt er nach Hückelhoven zurück und verbringt bis ehemalige Wasserburg als Sitz des gleichnamigen Ge- zu seinem Tod 1868 auf Haus Hückelhoven seinen Le- schlechtes erbaute. Dies geht aus der ersten urkund- bensabend. Trotz seiner Querelen mit der Gemeinde lichen Erwähnung von 1247 hervor. hinterließ er nach seinem Tod den gesamten Besitz der Pfarrgemeinde zur Nutzung „behufs der Errich- Heute dient das Gebäude als Veranstaltungsort für öf- tung einer Anstalt für religiöse oder wohltätige Zwe- fentliche und private Feierlichkeiten, wird aber auch cke“. Die Stiftung selbst ging aber an das Erzbistum für Workshops und Vorträge zu vielfältigen Themen Köln. des gesellschaftlichen und religiösen Zusammen- lebens genutzt. Die Betreuung und Vermietung des Die Umsetzung des Nutzungsziels erfolgte erst 1928 historischen Gebäudes erfolgt durch die Lambertus mit der Gründung des Herz-Jesu-Klosters in Haus Hü- gGmbH. ckelhoven. Dies war der Ursprung für die Betreuung von Kindern und Kranken. Es folgten weitere soziale Einrichtungen. 17
Interkultureller Stadtrundgang In St. Lambertus feierte die Kirchengemeinde mit sy- Katholische Kirche St. Lambertus rischen Christen, die 2015 nach Hückelhoven kamen, häufiger einen mehrsprachigen Gottesdienst. Dinstühlerstr. 53 - www.gdg-hueckelhoven.de Rund um die Katholische Kirche St. Lambertus ist ein Seit vielen Jahren veranstaltet die Frauengemeinschaft Quartier für alle Generationen entstanden, das alle Le- St. Lambertus im Herbst eine Aktionswoche für Frau- bensbereiche mit sozialen Versorgungseinrichtungen en. Ein fester Bestandteil sind die interkulturellen Be- abdeckt. Diese sind generationenübergreifend und gegnungen mit den muslimischen Frauen der DITIB kultursensibel ausgelegt. Sie gehen alle auf die Stif- (Türkisch Islamische Gemeinde zu Hückelhoven e.V.). tung Schnorrenberg zurück. Neben dem Kennenlernen der Religionen durch Kir- chen- und Moscheebesuche standen gemeinsames Kochen, Singen und Trommeln im Mittel- punkt. Dieser sehr intensive und herz- liche Austausch wur- de durch die Corona Pandemie unterbro- chen, eine Fortfüh- rung ist aber bereits in Planung. Blick auf das Quartier Lambertus 18
Interkultureller Stadtrundgang Station 6 lichen Bedürfnisse geworden, in der auch gemeinsam Kristallisationspunkt gegen Armut durch Integration Feste gefeiert, Ausflüge unternommen, gekocht, ge- (KAI) bastelt, getanzt und sogar Fahrradfahren gelernt wird. Dies erfolgt in enger Kooperation mit der Stadt Hü- ckelhoven. Rheinstraße 103 – www. drk-heinsberg.de Der KAI vom Deutschen Roten Kreuz bietet sein viel- Eva Havenith, KAI-Hückelhoven fältiges Angebot seit 2016 in der Rheinstraße an. Der Denn Integration und interkulturelles Miteinander KAI steht für Integration und möchte die Menschen in sind für uns der Weg zu einem friedlichen Zusam- Hückelhoven zusammenbringen sowie bei Problemen menleben. beratend zur Seite stehen. Hierzu gehören u. a. die Beratung für Menschen mit Migrationshintergrund und/oder Fluchterfahrung, teilweise mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Mehrsprachige Mitarbeiter*in- nen stehen den Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags zur Verfügung. Als Antidiskriminierungsstelle und Integrationsagentur arbeitet der KAI sowohl präventiv als auch in der Bera- tung von Betroffenen. Schwerpunkt ist unter anderem die sozialraumorientierte Arbeit im Quartier, insbeson- dere mit Frauen, Kindern und Jugendlichen, um sie an Angebote der sozialen Infrastruktur heranzuführen. Damit ist er zu einer wichtigen Begegnungsstätte für Menschen aller Nationalitäten und deren unterschied- 19
Interkultureller Stadtrundgang dungsbereich organisieren, die für alle Interessierten DiTiB – offen sind. Die Moscheegemeinde pflegt gerade in der Türkisch Islamische Gemeinde zu Hückelhoven e. V. Jugend- und Frauenarbeit vielfältige Kontakte, die von gegenseitigem Interesse und Respekt geprägt sind. Jährlich findet in der Moschee und dem angrenzen- Hilfarther Str. 49 a den großen Außengelände ein geselliges Moscheefest Der Moscheeverein der DITIB in Hückelhoven wurde statt. Darüber hinaus beteiligt sich die Moscheege- 1985 gegründet und bezog zunächst ein Behelfs- meinde regelmäßig mit Aktionen am interkulturellen gebäude in Hilfarth. Im Zuge der wachsenden Mit- Leben. glieder wurde im Jahr 2000 das Gebäude an der Hil- farther Straße gekauft und nach den Bedürfnissen der Gemeinde renoviert und ausgestaltet. Dazu gibt es im oberen Geschoss zwei große Gebetsräume, je für Männer und Frauen. Das Untergeschoss ist multi- funktional ausgebaut und umfasst neben einem gro- ßen Saal Küche, Wasch- und Gruppenräume. In der ebenerdigen Etage befinden sich die Verwaltung und ein behaglich eingerichteter Raum, um gemütlich zu- sammenzusitzen. Für die Moscheegemeinde ist der Zusammenhalt in der Gemeinde wichtig. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auch auf Kindern und Jugendlichen, wie beispielsweise begleitende Hilfen für den Unterricht. Interessant ist die Zusammensetzung der Moscheege- meinde. Während von den Anfängen her über eine Eigentlich wollte ich für drei Jahre nach Deutsch- lange Zeit der weitaus größte Teil der muslimischen land kommen, weil ich mir dort das Geld für einen Moscheebesucher türkischer Herkunft war, hat sich Traktor verdienen wollte. Dann – so hatte ich mir das seit 2015 deutlich geändert. Dies hängt vor allem das vorgestellt – würde ich zurück in die Türkei ge- mit dem verstärkten Zuzug geflüchteter Menschen hen. Daraus sind nun dreißig Jahre geworden. Der zusammen. Es sind Menschen aus muslimisch gepräg- Traktor ist gekauft und wir leben nun ein halbes ten Ländern wie Pakistan, Malaysia, aus arabischen Jahr in der Türkei und ein halbes Jahr in Deutsch- Ländern, aus Balkanstaaten wie dem Kosovo, Bosnien, land. In der Türkei bin ich heute der Deutsche und Serbien oder aus Nordafrika. Neben den Aufgaben in Deutschland der Türke. Denn natürlich nehme nach innen spielt aber auch die Öffnung nach außen ich etwas mit aus dem jeweiligen Land, das mich eine wichtige Rolle. Die Moschee bildet Integrations- geprägt und auch verändert hat und das mir etwas beauftragte aus, die nicht nur für Moscheeführungen bedeutet. (aus der Broschüre „Spurensuche“) zuständig sind, sondern z.B. auch Projekte im Bil- 20
Interkultureller Stadtrundgang Station 7 Millicher Halde Die Millicher Halde ist Teil der Industriegeschich- te Hückelhovens. Denn durch den Abraum im Zuge des Steinkohlebergbaus kam es hier ab 1936 zur Auf- schüttung, die bis 1972 anhielt. Dadurch entstand ein künstlicher Hügel, der die Landschaft maßgeblich prägte; er wird als „Schlafende Schöne“ bezeichnet und wurde weitgehend renaturiert. Er ist heute durch seine Attraktionen wie der Him- melstreppe, der Aussichtsplattform und dem weiträu- migen Haldenplateau ein beliebter Ort im Naherho- lungsbereich. Außerdem findet hier regelmäßig ein großes kosten- loses Familienfest anlässlich des Weltkindertages statt, das auch zur multikulturellen Begegnung wird. 21
Interkultureller Stadtrundgang Station 8 Rathaus Bernd Jansen, Bürgermeister 2004 habe ich mich bei den Bürgerinnen und Bür- gern als Bürgermeister beworben mit dem Leit- Rathausplatz 1 – www.hueckelhoven.de spruch „Wo man lebt, muss Leben sein!“ Dazu ge- Das Rathaus der Stadt Hückelhoven ist der administra- hören für mich Vielfalt und Toleranz. Das heutige tive Knotenpunkt und eine Anlaufstelle für die vielfäl- Hückelhoven lebt diese „Vielfalt und Toleranz“. tigen Belange der Menschen vor Ort. Über die gesetz- lich festgelegten Aufgaben einer Kommune hinaus werden hier viele zusätzliche Angebote initiiert. der einheimischen Bevölkerung. Integration ist eine Querschnittsaufgabe, die nur Hand in Hand von unterschiedlichen Ämtern innerhalb der Verwaltung und den aktiven Organisationen, Einrichtungen und jedem Einzelnen vor Ort zu meistern ist. Im Jahr 2020 wurde in der Stadt Hückelhoven erst- mals ein Integrationsrat gewählt. Die ehrenamtlichen Mitglieder geben Impulse und unterstützen Maßnah- men rund um das Thema Integration. Im Herzen der Stadt, am Rathausplatz und am Hartle- pooler Platz, wird die Philosophie des toleranten und friedlichen Miteinanders durch verschiedene Symbole sichtbar. Hückelhoven ist eine weltoffene Stadt, die Vielfalt fordert, för- dert und lebt, denn hier haben Menschen aus über 100 verschiedenen Nationen ihr Zuhause. Eine gegenseitige Akzeptanz, ein respektvoller Umgang miteinander, ein unvorein- genommenes Interesse an der fremden Kultur, ein gegenseitiges Voneinander-Lernen sollen unter Bei- behaltung der eigenen Identität gefördert werden. Hierzu zählt auch die interkulturelle Sensibilisierung 22
Interkultureller Stadtrundgang Diese Idee der Lebenshilfe Heinsberg konnte mit Un- Symbole für Frieden und Toleranz terstützung des Kreises Heinsberg und des Landesför- derprojektes „NRWeltoffen“ umgesetzt werden. Mitt- lerweile wurden zahlreiche Bänke in der Schreinerei Hartlepooler Platz DeinWerk gGmbH hergestellt, einer Der Friedenspfahl wurde anläss- Werkstatt für Menschen mit psychi- lich des Antikriegstages am 1. Sep- scher Beeinträchtigung in Träger- tember 1988 von verschiedenen schaft der Lebenshilfe Heinsberg Gruppen in Deutschland aufge- e.V., und an öffentlichen Plätzen stellt. Weltweit findet man bereits aufgestellt. Und so trifft man beim über 250.000 Friedenspfähle. Die Stadtrundgang immer häufiger auf Initiatorin in Hückelhoven, die Pax diese markante Bank. Christi Gruppe, schreibt dazu: „Die Idee der Friedenspfähle geht auf den japanischen Dichter Masahisa Goi (1916 – 1980) zurück, der nach Hiroshima völlig neue Wege ging und sein Leben dem Weltfrieden widmete.“ Friedenspfähle fungie- ren als Friedensgebet. Sie erinnern uns daran, den Frieden in uns selbst und in der Welt zu finden und zu fördern. So lautet sein Bekenntnis in verschiedenen Sprachen denn auch: Möge Friede auf Erden sein! Im Rahmen vergangener Interkulturellen Wochen wurden sowohl ein Friedensbaum gepflanzt als auch eine Friedensbank aufgestellt. Die Frauengemein- schaft St. Lambertus platzierte diese in Kooperation mit der Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragten der Stadt Hückelhoven, um ein weiteres Zeichen für das friedliche Miteinander zu setzen. Das jüngste Symbol für Toleranz ist die Bank gegen Leitbild der Lebenshilfe Heinsberg Ausgrenzung, die Anfang 2021 ihren Platz neben dem Friedenspfahl fand. Die Bank soll nicht nur einen Sitz- Das menschliche Leben ist vielfältig, einzigartig platz bieten, sondern als Raum- und Diskussionsobjekt und in aller Verschiedenheit von gleichem Wert. zum Nachdenken anregen. 23
Interkultureller Stadtrundgang Impressum Herausgeber: Stadtverwaltung Hückelhoven Redaktion: Birgit Fluhr-Leithoff, Petra Hudler, Andrea Kardis Fotos: Stadt Hückelhoven, Petra Hudler, Birgit Fluhr-Leithoff, Gerhard Saß, Marion Rick, Lambertus gGmbH, Hannah Müller, Förderverein Schacht 3, Mehmet Yilmaz, Christine Wolff Satz und Layout: Huchel visualmedia Werbeagentur GmbH 2021 24
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