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Einschätzung des PSA-Rezidivs nach kurativer Therapie des Prostatakarzinoms Weißbach L, Sedlmayer F Journal für Urologie und Homepage: www.kup.at/urologie Urogynäkologie 2004; 11 (Sonderheft 3) (Ausgabe für Österreich), 3-11 Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Indexed in Scopus Member of the www.kup.at/urologie P . b . b . 0 2 Z 0 3 1 1 1 6 M , V e r l a g s p o s t a m t : 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z
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L. Weißbach, F. Sedlmayer EINSCHÄTZUNG EINSCHÄTZUNG DES PSA-REZIDIVS DES PSA-REZIDIVS NACH KURATIVER NACH KURATIVER THERAPIE DES THERAPIE DES PROSTATA- PROSTATAKARZINOMS KARZINOMS und ein Überleben ohne PSA-Anstieg Summary ment of PSA-DT (PSA doubling time), von 79 % [1]. Offenbar sterben also a method has been included in the keineswegs alle Patienten mit einem PSA monitoring in the follow-up diagnostic repertoire that could PSA-Rezidiv an der Progression ihres treatment of patients with cancer of support the implementation of local operierten bzw. bestrahlten Tumors. the prostate treated curatively creates measures (RT after RP or salvage a new clinical status. We are now prostatectomy, HIFU or cryotherapy) dealing with a „biochemical condi- or androgen deprivation after further tion“ in which quite often it is not evaluation. There are many indica- possible to detect a local relapse, and certainly not distant metastases. tions that in future PSA-DT measure- ment will allow us not only to distin- 2. BEWERTUNG DES PSA- In order to be able to distinguish guish between local and systemic REZIDIVS between local and systemic disease, progression with PSA-DT measure- „pathohistological prediction“ was ment, but also to predict the period of used in the past. Many of the com- transition to clinical metastatic disease Bei einigen Männern ist der PSA- monly used nomogrammes are based and thus to assess the patient’s risk of Anstieg nach primärer Therapie der on this method. With the measure- death from cancer of the prostate. Beginn einer zum Tode führenden Progression; sie können von einer frühen Behandlung profitieren. Wenn auch der PSA-Anstieg fast immer ZUSAMMENFASSUNG 1. HÄUFIGKEIT DES PSA- einer symptomatischen bzw. klinisch nachweisbaren Progression voraus- REZIDIVS geht, so ist er in vielen Fällen kli- Das in die Nachsorge kurativ behan- nisch nicht bedeutsam. Hier wäre delter Patienten mit Prostatakarzi- eine Therapie nicht ohne weiteres zu nom aufgenommene PSA-Monitoring Der Wiederanstieg von PSA im Se- rechtfertigen, da die Männer asym- schafft einen neuen klinischen Status. rum nach vermeintlich kurativer ptomatisch sind und ihr Risiko, Sym- Wir haben es jetzt mit einem „bio- Therapie (PSA-Relapse, PSA-Rezidiv, ptome zu entwickeln bzw. erkran- chemisch Kranken“ zu tun, bei dem Rising-PSA, biochemisches Rezidiv = kungsbedingt zu sterben, gering ist. nicht selten kein lokales Rezidiv- BCR) ist häufiger, als vom Operateur Für sie kann eine Behandlung sogar geschehen und schon gar nicht eine oder Strahlentherapeuten angenom- nachteilig sein. Fernmetastasierung nachgewiesen men und akzeptiert. In der Literatur werden kann. Um zwischen der lo- wird er mit 15–53 % angegeben [1]. Bei der Hälfte der Patienten mit PSA- kalen und systemischen Erkrankung Zweifellos beeinflussen die Patienten- Anstieg nach radikaler Prostatektomie unterscheiden zu können, hat man selektion und die Qualität der Be- (RP) tritt dieser in den ersten beiden sich früher der „pathohistologischen handlung diese Zahlen. Geht man in Jahren auf, innerhalb von 5 Jahren Prädiktion“ bedient. Hierauf beruht der BRD von jährlich 25.000–30.000 bei 2/3 und nur bei 23 % nach 6 auch ein großer Teil der häufig ein- Neuerkrankungen aus und berück- Jahren oder später [3]. Koch et al. gesetzten Nomogramme. Mit der sichtigt die derzeit noch geringe Rol- orientieren sich am Grenzwert von Bestimmung der PSA-DT ist eine le der „aktiven Surveillance-Strate- 10 ng/ml, der ohne adjuvante Thera- Methode in das diagnostische Re- gie“ [2] mit 5 % und die der primär pie von 52 % der Patienten inner- pertoire aufgenommen worden, die systemischen Hormontherapie mit halb von 5 Jahren, von 34 % nach 5– nach weiterer Evaluierung dazu die- ebenfalls 5 %, so darf man eine Po- 10 Jahren, von 5 % nach 10–15 Jah- nen könnte, lokale Maßnahmen (RT pulation von 3.000–10.000 Männern ren, von 2 % nach 15–20 Jahren und nach RP oder Salvage-Prostatektomie, mit PSA-Relapse annehmen. Dabei von 7 % nach 20 Jahren erreicht HIFU bzw. Kryotherapie) oder eine handelt es sich um eine heterogene wird [4]. Man geht heute davon aus, Androgendeprivation vorzunehmen. Population: Einige Patienten werden daß der Zeitpunkt des PSA-Relapse Vieles deutet daraufhin, daß wir in eine rasche Tumorprogression erlei- die Prognose bestimmt, d. h. je frü- Zukunft nicht nur mit einer Berech- den und nach kurzer Zeit am Tumor her es zum PSA-Anstieg kommt, umso nung der PSA-DT die lokale von der versterben; andere werden ohne ungünstiger ist der zu erwartende systemischen Progression unterschei- nachweisbare Metastasen mit einem Krankheitsverlauf. Die nachstehen- den können, sondern auch das Über- erhöhten PSA-Wert 5–10 Jahre über- den Daten lassen nicht das Einzel- gangsstadium zur klinischen Meta- leben [3]. Daten von über 1.300 schicksal vorhersagen, ermöglichen stasenerkrankung voraussagen und radikal operierten Patienten zeigen aber für den Betroffenen und seinen das Risiko, am Prostatakrebs zu ster- ein tumorspezifisches Überleben von Arzt eine Einschätzung: durchschnitt- ben, einschätzen können. 96 %, ein Gesamtüberleben von 82 % lich 8 Jahre nach PSA-Relapse treten J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004 3 For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
EINSCHÄTZUNG Tabelle 1: Zeitverzögerung bei PSA-Diagnostik durch Standard-Assay im Ver- DES PSA-REZIDIVS gleich zum ultrasensitiven Assay bei RP-Patienten (mod. nach [8]) NACH KURATIVER Autor Jahr Sensitivität ng/ml n Entdeckung in % Zeitverzögerung gegenüber Standard THERAPIE DES Yu et al. 1995 0,02 20 883 Tage PROSTATA- Yu et al. 1995 0,01 89 50 KARZINOMS Ellis et al. 1997 0,008 168 62 12,2–22,5 Monate Vassilikos et al. 2000 0,001 197 62 18 Monate Metastasen auf und 5 Jahre später ist Ausnahme dieser Fälle von „partiel- Drei konsekutiv ansteigende PSA- der Tod des Patienten zu erwarten [3]. ler Prostatektomie“ wird jeder meß- Werte signalisieren nach ASTRO- bare PSA-Wert auf maligne Zellen Definition den PSA-Progreß [9]. Der Wenn auch das biochemische Versa- zurückzuführen sein. Zeitpunkt der Progression wird in der gen keine Vorhersage des Überlebens Mitte zwischen PSA-Nadir und dem gestattet, so handelt es sich beim PSA- Für die Diagnose „PSA-Rezidiv“ und ersten von drei ansteigenden Werten Relapse um ein relevantes Problem, die sich eventuell daraus ergebenden festgelegt. ASTRO läßt also die Höhe bei dem die Möglichkeiten ärztlichen Maßnahmen sollte ein Grenzwert des Nadirs unberücksichtigt. Aus den Handelns oder Unterlassens nicht festgelegt werden. Ist die Drüse ent- Daten von Critz et al. geht jedoch eindeutig festgelegt sind. fernt, unterscheidet sich dieser Wert die Bedeutung dieses Wertes hervor: von dem nach Radiotherapie (RT). Ein Nadir von unter 0,2 ng/ml läßt Hier wird zwar der Tumor vernichtet, nach 10 Jahren ein krankheitsfreies aber Drüsengewebe bleibt vorhan- Überleben von 92 % und ein Nadir den. Ebenso wird sich die PSA-Dyna- von 0,3–1,0 ng/ml nur von 41 % 3. DEFINITION DES PSA- mik je nach Art der Behandlung un- terscheiden. erwarten [10]. Gepoolte Daten einer Multicenter-Studie mit bestrahlten REZIDIVS Patienten ergaben bei einem PSA- 3.1. Nach Operation Nadir von 0,5 ng/ml ein 5-jähriges PSA-freies Überleben für 83 % der Die PSA-basierte Definition der Pro- Nimmt man eine PSA-Halbwertzeit Patienten und bei einem Nadir von gression hängt von der lokalen Pri- von 3,5 Tagen an, so ist maximal 30 über 2,0 ng/ml lediglich für 28 % [11]. märtherapie, von der Sensitivität der Tage nach einer RP ein Wert von Testmethode, vom Testosteronspiegel < 0,02 ng/ml zu erwarten [7]. Die und von der Dauer des Androgenent- Manipulation während der Operati- zugs während einer Kombinations- on läßt möglicherweise PSA anstei- therapie ab. Wurde nicht über Jahre mit LHRH-Gonadotropinen behan- gen, so daß durchaus mit der ersten Bestimmung 6 Wochen gewartet 4. DEFINITION VON RISIKO- delt, dann wird der Testosteron- werden kann [8], auch 8 Wochen GRUPPEN spiegel nach sechs Monaten seinen sind akzeptabel. Ausgangswert wieder erreicht haben. Über die genaue Relapse-Definition Ein im ASTRO-Konsens gefundenes Um eine Aussage über die Progres- gibt es wegen der unterschiedlichen Modell definiert auf der Grundlage sionswahrscheinlichkeit machen zu kommerziellen Tests keinen Konsens. dieser Parameter drei Risikogruppen können, muß man Kenntnis von der Eine Zusammenstellung ultrasensi- für das lokal begrenzte Prostatakar- Art der Primärbehandlung (Operati- tiver Tests nennt untere Meßwerte zinom vor Strahlentherapie (Tab. 2). on oder Bestrahlung) und von der von 0,02–0,001 ng/ml (Tab. 1). Für Entsprechend korrelieren die Kurven Höhe des PSA-Nadirs haben. Zumin- den klinischen Gebrauch wird je- des PSA-freien Verlaufs nach 10 Jah- dest nach RP muß auch an eine PSA- doch allgemein ein Cut-off von 0,2 ren für low-risk mit 83 %, intermedi- Erhöhung ohne Tumorprogression ng/ml als Grenzwert genannt. Ande- ate-risk mit 70 % und high-risk mit („falsch-positiv“) gedacht werden. re Autoren verlegen diesen Wert 37 % (Abb. 1). Gleichgültig, ob ope- Verbleibendes Prostatagewebe kann nach oben auf 0,4 bzw. 0,5 ng/ml, riert oder bestrahlt wurde – in beiden in wenigen Fällen zu einer PSA- um in einen Bereich zu gelangen, Fällen kann man den PSA-Wert, die Persistenz bzw. zu einem Wiederan- der Arzt und Patienten „diagnosti- Vorbehandlung, die T-Kategorie und stieg führen. Deshalb empfehlen sche und therapeutische Sicherheit“ den durch Biopsie gewonnenen Shah et al., die mit einem intraopera- gibt. Gefordert werden auch für ope- Gleason-Score zu einer Risikobe- tiven positiven Schnittrand besonders rierte Patienten mehrere Bestimmun- urteilung heranziehen. belastete Apex-Region nachzuschnei- gen, um den Verdacht eines PSA- den; dort ist dann nur in 9 % noch Rezidivs zu erhärten und um die Bei den operierten Patienten lassen Tumor, aber in 54 % BPH und in 31 % PSA-Anstiegsgeschwindigkeit bzw. sich die genannten Parameter durch Prostatagewebe anzutreffen [5]. die PSA-Doubling-Time (PSA-DT) die patho-histologische Untersuchung Noch Jahre nach RP können mikro- messen zu können. des Operationspräparates erweitern. skopische Drüsenreste am Apex bzw. In den 80er und 90er Jahren wurden am Blasenhals – und hier insbeson- 3.2. Nach Bestrahlung pT-Kategorie, Kapselbeteiligung, dere nach Operationsverfahren mit Schnittrand, Tumorvolumen, peri- dessen Erhaltung – zu einem langsa- Nach einer RT soll der Nadir späte- neurale Invasion und Gleason-Score men PSA-Anstieg führen [6]. Mit stens nach 36 Monaten erreicht sein. (Biopsie und OP) hinsichtlich ihrer 4 J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004
EINSCHÄTZUNG ASTRO-Konsensus für Risiko-Gruppen des lokal begrenzten PCA Tabelle 2: (© 2003 Elsevier, reprinted with permission from [12]) DES PSA-REZIDIVS Risiko PSA ng/ml Gleason* T-Kategorie Progreß (10 J) NACH KURATIVER Niedrig < 10 und 10–20 oder 7 oder T2b-T2c 40–60 % PROSTATA- hoch > 20 oder 65 % KARZINOMS * Gleason-Score nach Biopsie Bedeutung für den weiteren Krank- Da auch die Beziehung zwischen heitsverlauf geprüft [12–14]. Be- Abbildung 1: Einzelfaktoren-Risiko-Mo- Tumormasse und Serum-PSA nicht trachtet man die von Laufer et al. für dell, ASTRO 1997 (© 2003 Elsevier, eindeutig und der natürliche Verlauf operierte Patienten zusammenge- reprinted with permission from [12]) äußerst variabel ist, wird das weitere stellten Prädiktionsmodelle, so stim- Vorgehen strittig sein [20]. men sie im präoperativen PSA-Wert und im OP-Gleason-Score überein und weichen lediglich im Schnitt- rand bzw. Kapselstatus voneinander ab [15]. Bei negativem Schnittrand wurde das PSA-freie 5jährige Überle- 6. LOKALISATION DER ben mit 83 %, bei positivem Schnitt- PROGRESSION rand mit 64 % [16] und für 10 Jahre mit 89 bzw. 72 % [17] angegeben. Geht es um eine prognostische Ein- schätzung (und Lokalisation) des Die Verfahren zur Diagnose eines Rezidivs, so hat der PSA-Verlauf in Situation Grundlage vielfältiger Ak- lokalen Rezidivs und auch die Nach- letzter Zeit immer mehr an Bedeu- tionen. Diese reichen von der PSA- weismethoden von Fernmetastasen tung gewonnen. Bestimmung über die Biopsie des sind leider wenig sensitiv. Zudem Operationsgebietes bzw. der bestrahl- schließt das Vorliegen eines lokalen Vergleicht man die „chirurgische“ ten Prostata bis hin zum Einsatz aller Rezidivs keineswegs Mikrometa- mit der „strahlentherapeutischen“ möglichen bildgebenden Verfahren stasen aus. Die niedrigen Heilungs- Definition des PSA-Relapses, so erge- sowie zum Konzept der RT ohne raten einer lokalen Salvage-Therapie ben sich hinsichtlich des progressions- histologischen Tumornachweis [19]. stehen im Einklang zur späteren freien Verlaufs deutliche Unterschie- systemischen Metastasierung [15, de. Der Anteil von bestrahlten Patien- Bei diesen Entscheidungen läßt man 21]. Patienten mit Rising-PSA nach ten mit progressionsfreiem Überleben sich auch von der Sorge leiten, mög- lokaler Therapie befinden sich in ist nach den ASTRO-Kriterien deut- liche juristische Konsequenzen, die einem diagnostischen Dilemma, das lich höher als der operierter Patien- sich aus einem zu spät erkannten sich mit wenigen Worten zusammen- ten, bei denen das biochemische Rezidiv ergeben könnten, nicht tra- fassen läßt: Weder der Nachweis des Rezidiv mit 0,4 ng/ml angenommen gen zu wollen. Daß der Patient diese Lokalrezidivs schließt Metastasen wurde [1]. Wird die „chirurgische durch einen PSA-Anstieg ausgelösten aus, noch schließt eine negative Definition“ für die PSA-Progression Aktivitäten gern mitträgt und unter- Biopsie ein lokales Rezidiv aus. herangezogen, so sind die Ergebnisse stützt, ist in seiner großen Hoffnung Trotzdem besteht zunächst immer bei mehr als 2.600 Patienten schlech- auf Heilung begründet. Derzeit ist die Hoffnung, das Rezidiv im Opera- ter als bei Zugrundelegung der man jedoch um die Beantwortung tions- bzw. Bestrahlungsgebiet nach- ASTRO-Definition [18]. der Frage bemüht, ob überhaupt eine weisen zu können, um dann dem Behandlung eingeleitet werden muß. Patienten eine weitere lokale Maß- Dann wird zu klären sein, ob eine nahme mit kurativer Zielsetzung lokale Maßnahme (z. B. Bestrahlung, anbieten zu können. Nur für ca. 10 % Kryotherapie oder HIFU nach RP der Fälle erfüllt sich diese Hoffnung. 5. BEDEUTUNG DER PSA-BE- bzw. Salvage-Operation nach RT) oder eine Hormondeprivation indi- Allgemein ging man bisher von ei- STIMMUNG IN DER NACHSORGE ziert sind. Die Prostate Specific Anti- nem Lokalrezidiv aus, wenn das PSA gen Working Group hat für zukünfti- nach mehr als 12–24 Monaten lang- ge Studien in einem Konsensus die sam anstieg, d. h. die Verdopplungs- selbstverständlich erscheinende Fest- zeit mehr als 10 Monate betrug. Das Die Nachsorgeoptionen sind für Pati- stellung getroffen, das der klinische Risiko einer Fernmetastasierung nahm enten nach kurativer Therapie eines Nutzen einer Behandlung nur dann man bei Samenblaseninvasion oder Prostatakarzinoms vielfältig. Von nachgewiesen werden kann, wenn Lymphknotenbefall, bei einem ärztlicher Seite wird man bemüht eine Behandlungsnotwendigkeit be- Gleason-Score > 7 und einem PSA- sein, das Rezidiv so früh wie möglich steht. Die Mitglieder fordern Model- Anstieg innerhalb von 2 Jahren [7] zu entdecken, zu lokalisieren und zu le, um zwischen lokaler und systemi- bzw. einer PSA-Doubling-Time (PSA- behandeln. Die Vorstellung, „Eine scher Progression unterscheiden und DT) von weniger als 6 Monaten an frühe Entdeckung erhöht die Hei- um das Risiko einer metastatischen [22]. lungschancen“, sind auch in dieser Progression abschätzen zu können. J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004 5
EINSCHÄTZUNG DES PSA-REZIDIVS NACH KURATIVER THERAPIE DES PROSTATA- KARZINOMS 6.1. Lokales Rezidiv nach RP ml bleiben 78 % der Patienten über Die rektale Tastuntersuchung ist die 5 Jahre ohne biochemisches Rezidiv, bei 20–30 ng/ml sind es 51 % und 7. BILDGEBENDE VERFAHREN erste Maßnahme bei PSA-Anstieg bei > 30 ng/ml nur 31 % [11]. Die ZUM NACHWEIS DER PRO- nach Operation. Aber von 45 Patien- Entscheidung, eine Biopsie nach ten mit steigendem PSA-Wert hatten Strahlentherapie vorzunehmen, trifft GRESSION 41 einen normalen Tastbefund, unter hauptsächlich der Patient, wenn er ihnen waren jedoch 24 mit einem eine Salvage-RP oder eine Kryothera- histologisch nachzuweisenden Tu- pie bzw. Brachytherapie oder HIFU Alle traditionellen Untersuchungs- mor [23]. Postoperative Vernarbun- anstrebt. Diese Maßnahmen setzen methoden wie CT, MRT oder Kno- gen und Hämoclips können zu den Nachweis einer intraprostati- chenscan sind mit einer geringen Sen- falsch-positiven Befunden führen. schen Tumoraktivität voraus. Als sitivität belastet. Die Grenzgröße des Entsprechend gering wird die Sensiti- optimaler Zeitpunkt der Biopsie wer- CT zur Erfassung von Lymphknoten- vität gegenüber dem transrektalen den 24–30 Monate nach RT angege- metastasen liegt bestenfalls bei 0,5 cm Schall eingeschätzt (50 vs. 75 %), ben [27]; auf jeden Fall sollten zwei und ist zudem unspezifisch (Narben, wobei aber 34 % der lokalen Tumor- Jahre vergangen sein, um falsch- Fibrosen, Entzündung). Das MRT rezidive auch nicht durch den Ultra- positive Resultate zu vermeiden [20]. kann zwar mit rektaler Spule atypi- schall entdeckt werden konnten [24]. sche Befunde erfassen, die sich im Beweisend ist letztlich die Biopsie, Eine routinemäßige rektale Untersu- Prostatabett und in seiner Umgebung da etwa ein Viertel der Patienten mit chung nach RT wird nicht empfoh- befinden, die möglicherweise mit der normalem Tast- und Schallbefund len, weil Befunde erhoben werden, routinemäßigen Biopsie nicht ent- ein lokales Tumorrezidiv hat [25]. die nicht mit der Tumorprogression deckt werden [35]. Die klinische Eine Biopsie ist besonders für Patien- zusammenhängen [28]. Wird die Wertigkeit der MRT ist zur Zeit noch ten mit organbegrenztem Tumor und Biopsie zur Kontrolle des Bestrah- nicht nachgewiesen. einem PSA-Wert > 1 ng/ml und für lungsergebnisses herangezogen [26, solche mit extraprostatischer Histolo- 29, 30], so läßt sich die von dem Die Erfassungsgrenze des Knochen- gie im Operationspräparat und PSA bestrahlten Organ ausgehende biolo- scans liegt für osteoblastische Reak- < 1 ng/ml indiziert. Bei Organ- gische Aktivität nicht genau feststel- tionen bei 0,4 cm. Obwohl diese begrenzung und PSA < 1 ng/ml ist len. Neben dem Problem des richti- Untersuchung in der Nachsorge zu keine positive Histologie zu erwar- gen Zeitpunktes der Biopsie kommt den häufigsten gehören dürfte, hat ten, während man bei extrapro- das der diagnostischen Zuordnung sie keinen Stellenwert. Bereits 1991 statischer Ausbreitung und PSA-Wer- hinzu, denn 3–40 % der Befunde konnte gezeigt werden, daß von 306 ten > 1 ng/ml einen positiven bleiben unklar [31–33], wobei die Männern mit unbehandeltem Pro- prädiktiven Wert von 90 % ermittelt fehlende einheitliche pathohisto- statakarzinom und einem PSA-Wert hat [23]. Nach multivariater Analyse logische Beurteilung der Biopsate von < 20 ng/ml nur einer (PSA 18,2 sind Ultraschall und Biopsie zur eine Rolle spielt. Daher ist die Re- ng/ml) einen positiven Scan hatte. Rezidivdiagnostik besser geeignet als Biopsie nach RT keine Routine- Der negative prädiktive Wert lag für die Höhe des PSA-Spiegels, die pa- maßnahme; Rising-PSA stellt jedoch PSA-Werte von < 35 ng/ml bei 98,9 % thologische Tumorkategorie, der eine Ausnahme dar. Die Biopsie [36]. Durch ein anspruchsvolles Befund des Schnittrandes und der nach RT ist die einzige Möglichkeit, Berechnungsmodell bei mehr als 144 Zeitpunkt des PSA-Anstieges [24]. In um Patienten für eine lokale Salvage- Szintigrammen konnte der Nachweis anderen Studien wurden als Prädik- Therapie zu selektieren. Entspre- erbracht werden, daß ohne Hormon- toren einer positiven Biopsie der chend hat die Konsensuskonferenz behandlung für ein positives Knochen- PSA-Wert und das pathologische von ASTRO gefordert, eine lokale szintigramm der niedrigste PSA-Wert Tumorstadium [23] bzw. der positive Rezidivbehandlung nur dann ein- bei 46,1 ng/ml und für Patienten mit rektale Tastbefund, der PSA-Wert zuleiten, wenn ein positives Hormontherapie bei 15,7 ng/ml liegt und die PSA-DT [21] herangezogen. Biopsieergebnis vorliegt [34]. [37]. Spätere Übersichten dokumen- tieren positive Befunde bei niedrige- 6.2. Lokales Rezidiv nach RT ren PSA-Werten nur in Einzelfällen. Nach der von Nelson und Lepor Die Rezidivrate nach RT hängt von zusammengestellten Übersicht ma- der T-Kategorie und der Strahlen- chen bei unbehandelten Patienten dosis [26] bzw. dem prätherapeuti- PSA-Werte < 10 (< 20) ng/ml und bei schen PSA-Wert, dem Gleason-Score behandelten solche von < 30 ng/ml und der T-Kategorie [11] ab. Bei das Knochenszintigramm entbehrlich PSA-Werten zwischen 10 und 20 ng/ [8]. Letztlich wird empfohlen, das 6 J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004
EINSCHÄTZUNG DES PSA-REZIDIVS NACH KURATIVER THERAPIE DES PROSTATA- KARZINOMS Knochenszintigramm aus dem Tabelle 3: Unterschiedliche klinische Bewertung der PSA-DT 1993–1997 Monitoring des Prostatakarzinoms nach durchgeführter Therapie zu Autoren Zeit (Mo) Bewertung eliminieren [38]. Diese Empfehlung Patel [22] 2 J. 77 PSADT > 10 Mo. 82 einen raschen Zell-Turnover gebun- Grenzwerte des Rising-PSA gebun- PSADT < 10 Mo. 60 den ist und eine hohe Aus- den, die derzeit bei 2–3 ng/ml lie- PSA < 2 J. 47 scheidungsrate im Urin hat (schwie- gen. PSAD > 10 Mo. 59 rige Aussage über ein Lokalrezidiv), PSAD < 10 Mo. 15 werden heute andere Radioisotope Der Prostascint-Scan ist eine von der Gleason 8–10 29 vorteilhaft genutzt. Bei einem Ver- FDA in den USA zur Diagnose bei PSA > 2 J. 47 gleich an 30 Patienten konnten in PCA-Patienten im Frühstadium zuge- PSA < 2 J. 21 einem 11C-Acetat-PET 37 % positive lassene Untersuchung, die Tumoren Befunde, im FDG-PET 13 % und im in den Weichteilen nachweist. Es CT 21 % gefunden werden [40]. Die handelt sich um einen Monoklonal- [43]. Entsprechend variabel sind die europäische Multicenterevaluation Antibody-Scan, bei dem 111Indium- Resultate mit einem positiven prä- ergab bei 45 Patienten nach RP für capromab als Antikörper gegen das diktiven Wert von 6–67 % [8]. Prin- 11 C-Acetat-PET eine Sensitivität von prostataspezifische Membranantigen zipiell können jedoch positive Be- 78 % und eine Spezifität von 86 % (PSMA) eingesetzt wird. Das Problem funde in der Fossa prostatica und die [41]. Die Entwicklung ist auf diesem dieser Methode besteht darin, daß einer Metastasierung bei Patienten Gebiet noch nicht abgeschlossen, die „tumorassoziierten“ Antigene nur mit einem PSA-Anstieg von 4 ng/ml zumal mit 11C-Cholin bei Patienten bedingt tumorspezifisch sind und die abgebildet werden. Die Sensitivität mit Rising-PSA nach RP ein Uptake Antigenexpression von Tumoren häu- für Capromab pendetide wird mit bis 47 % und mit FDG nur bei 27 % fig heterogen ist. So ist die Rate 75 % angegeben, für das CT oder gefunden wurde [42]. falsch-positiver und falsch-negativer NMR nur mit 20 %, die Spezifität mit Ergebnisse signifikant, was zum Teil 86 % bzw. mit 68 % und der positive Neuere Entwicklungen zielen darauf mit der unspezifischen Lokalisation prädiktive Wert mit 79 % bzw. 31 % ab, die PET mit der CT zu kombinie- des Antikörpers zusammenhängt [44]. J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004 7
EINSCHÄTZUNG DES PSA-REZIDIVS NACH KURATIVER THERAPIE DES Abbildung 3: Metastasenfreies Über- leben bei Rising-PSA mit einem PROSTATA- Cut-Off von 10 Monaten für PSA- KARZINOMS DT (Reprint with permission from [3]) stasenfreien Überlebens (Abb. 3). 8. PRÄDIKTION Nach der von Cannon et al. veröf- fentlichten Tabelle kann je nach Zeit- punkt des Anstiegs von PSA nach der 8.1. Prognostische Einschätzung Operation (vor oder nach 2 Jahren) durch PSA-Doubling-Time (PSA-DT) das metastasenfreie Intervall für 3,5 oder 7 Jahre vorhergesagt werden Das Vorgehen bei der Bestimmung [45]. Nach RT war die PSA-DT von der PSA-DT ist nicht standardisiert. 12 Monaten ein unabhängiger Prä- Abbildung 4: Postoperatives Nomo- Der Berechnung zugrunde gelegt diktor für das Gesamtüberleben und gramm zur Bestimmung einer 7jäh- werden Schwellenwert, das Zeit- für den tumorspezifischen Tod [46]. rigen Rezidivfreiheit nach radikaler intervall und die Zahl der Bestim- Prostatektomie (RPV) (© 2003 Else- mungen – allerdings werden sie will- Die heutigen Berechnungsmodelle vier, reprinted with permission from [48]) kürlich gewählt. Eventuell sind so haben drei Ziele: die Vorhersage des die unterschiedlichen Angaben zu lokalen bzw. systemischen Progreß, erklären. Um vom PSA-Verlauf auf die Abschätzung des Risikos der kli- die Prognose zu schließen, sollten nischen Metastasierung und des Risi- zwei Werte im Abstand von drei kos an einem Prostatakarzinom zu Monaten und das zeitliche Intervall sterben [20]. Zusätzlich zu den be- dokumentiert werden. Mit Hilfe der reits gemachten Angaben erreichten in Abbildung 2 dargestellten Formel 93 % der Patienten nach RP mit ei- läßt sich dann die PSA-DT berech- ner PSA-DT von mehr als 6 Monaten nen, wobei jeweils der Logarithmus 5 Jahre ohne systemische Progressi- auf den initial und den zuletzt ge- on, aber nur 64 % mit einer PSA-DT messenen PSA-Wertes eingeht [45]. von weniger als 6 Monaten [47]. Das Risiko, am Prostatakarzinom zu ster- Abbildung 5: Nomogramm zur Vorher- Wir bieten auf unserer Homepage ben, wird für operierte und bestrahl- sage eines 5jährigen rezidivfreien eine einfache Berechnungsmöglich- te Patienten dann hoch, wenn die Intervalls nach dreidimensionaler keit an, nachdem wir die Formel mit PSA-DT weniger als 3 Monate be- konformaler RT (© 2003 Elsevier, einer Excel-Datei bearbeitet haben trägt [46]. reprinted with permission from [48]) (www.prostata-zentrum.de). Bei der Interpretation der Werte ist zwischen 8.2. Prädiktion durch Nomogramme RP und zwischen RT zu unterschei- den. Von 1993 bis 1997 waren ver- Mit Hilfe von Nomogrammen läßt schiedene Arbeitsgruppen bemüht, sich der zu erwartende Tumorverlauf den Krankheitsverlauf mit der PSA- abschätzen. Als prädiktive Modelle DT zu korrelieren (Tab. 3). Dabei setzen sie sich für die verschiedenen stellten Patel et al. fest, daß die klini- kurativen Verfahren zur Behandlung sche Prognose nach RP für einen des Prostatakarzinoms immer mehr PSA-DT-cutoff von 6 Monaten eine durch [48]. bessere Korrelation hat als der prä- operative PSA-Wert, Gleason-Score, Das postoperative Nomogramm Abbildung 6: Nomogramm zur Vorher- pathologisches Stadium und Schnitt- macht eine Aussage zur 7-jährigen sage eines 5jährigen progressions- rand [22]. Aus dieser Zeit stammt die Progressionsfreiheit und berücksich- freien Intervalls nach Behandlung mit Erkenntnis, daß die PSA-DT und die tigt neben dem präoperativen PSA- Tumorbiologie gut korrelieren, wenn Wert den Gleason-Score, die Kapsel- permanenter Brachytherapie (© 2003 Elsevier, reprinted with permission from es gilt, die Aggressivität des Tumors invasion, den Schnittrand, die Samen- [48]) und Progression nach RP zu charak- blaseninvasion und die Lymphknoten- terisieren. 1999 gelang es Pound et beteiligung (Abb. 4). Ein weiteres al. weiterführende Aussagen zur Be- Nomogramm ermöglicht die Vorher- deutung der PSA-DT anhand der sage des 5-jährigen rezidivfreien Verlaufsbeobachtung von 304 Män- Überlebens nach dreidimensionaler nern nach RP zu machen (Tab. 4) [3]. konformaler RT, das auch durch PSA, Eine mediane PSA-DT von 10 Mona- T-Kategorie und Biopsie-Gleason ten hatte die beste statistische Signifi- sowie auch die Strahlendosis und die kanz zur Vorhersage eines meta- Hormonvorbehandlung beeinflußt 8 J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004
EINSCHÄTZUNG DES PSA-REZIDIVS NACH KURATIVER THERAPIE DES PROSTATA- KARZINOMS wird (Abb. 5). Wurde eine Brachy- Hier gelang im PET die Identifikation le) Aktivität in Darmstrukturen hätte therapie allein oder in Kombination der Anreicherung, z. B. am Becken- interpretieren lassen. Erst in der Syn- mit externer Strahlentherapie durch- eingang rechts (Abb. 7, 2. Bild) auf- opse zeigte sich die PET-Speicherung geführt, so ist eine Aussage über die grund der starken extraossär gelege- als LK-zugehörig und somit einem Wahrscheinlichkeit eines 5-jährigen nen Aktivität als Lymphknotenmeta- regionären Rezidiv entsprechend. progressionsfreien Intervalls auf der stase. Grundlage von PSA vor der Behand- Die Abbildungen 7–9 wurden freund- lung, Gleason-Score, T-Kategorie Die PET-CT (Abb. 8) erlaubt darüber licherweise von PD DDr. Heiner Bihl und eventueller externer Bestrahlung hinaus die klare anatomische Zuord- vom Katharinen-Hospital, Klinik für möglich (Abb. 6). nung zu Lymphknotenstrukturen, die Nuklearmedizin und PET-Center, im alleinigen CT nur als grenzwertig Stuttgart, zur Verfügung gestellt. So wertvoll derzeit diese Nomogram- einstufbar gewesen wären. me sind, so groß ist die Wahrschein- lichkeit, daß sie durch die PSA-DT Patient 2 (Abb. 9) ergänzt bzw. abgelöst werden. Abbildung 7: C-11- Cholin PET Sagittalschnitte PSA 2,0, Intervall zur RPE 3 Jahre. Anders als beim ersten Fall hätte ANHANG: CHOLIN-PET-CT- hier keine der Untersuchungen BILDER (PET bzw. CT) für sich allein betrach- tet eine onkolo- Patient 1 (Abb. 7 und 8) gische Diagnose zugelassen, da die RPE 1998, 4 Jahre später PSA-Rezi- CT-Morphologie div (2,8), konventionelle Diagnostik keinesfalls eindeu- negativ (CT und Knochenscan), im tig war (4 mm Cholin-PET Beschreibung von große LK) und die Lymphknotenmetastasen. Folge- Anreicherung sich therapie: Radiatio und Hormon- in dieser Form therapie. noch als (norma- Abbildung 8: C-11-Cholin PET/ CT, gleicher Patient Abbildung 9 Lymphknotenmetastase J. UROL. UROGYNÄKOL. Sonderheft 3/2004 9
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