Bei Opel geht es wieder aufwärts - an der Universität Duisburg-Essen

 
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Bei Opel geht es wieder aufwärts - an der Universität Duisburg-Essen
Schwarze Zahlen

Bei Opel geht es wieder aufwärts
25. Juli 2018

Frankfurt. Der Autobauer schreibt schwarze Zahlen. Eine erstaunliche
Wende – dank Sparmaßnahmen und dem Verbund mit anderen PSA-
Marken.
Die gute Nachricht zuerst: Opel hat unter seiner neuen Konzernmutter PSA im ersten
Halbjahr schwarze Zahlen geschrieben. Das ist eine bemerkenswerte Wende. Denn
zuvor hatte der Rüsselsheimer Autobauer zwei Jahrzehnte lang milliardenschwere
Verluste produziert. Das Blatt hat sich offenbar ziemlich rasch gewendet, seitdem die
französische PSA Opel von General Motors vor einem Jahr übernommen hat.

Bei 502 Millionen Euro lag der operative Gewinn im ersten Halbjahr. „Der Turnaround
von Opel/Vauxhall ist in vollem Gang“, sagte PSA-Finanzvorstand Jean-Baptiste de
Chatillon bei der Präsentation der Geschäftszahlen in Rueil-Malmaison bei Paris. Die
Rüsselsheimer hätten die Fixkosten um knapp 30 Prozent gesenkt und die Kosten in
der Produktion heruntergeschraubt.

Allerdings schlugen erwartungsgemäß die Sanierungskosten auf die Opel-Bilanz
durch. Der Umbau des deutschen Autobauers ist in vollem Gang. So hat sich die
Konzernführung nach zähem Ringen mit den Vertretern der Arbeitnehmer Ende Mai
darauf geeinigt, dass 3.700 von den 19.000 Stellen an den Opel-Standorten
wegfallen sollen. Gleichzeitig hat hat das Management zugesichert, bis zum Jahr
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2023 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Nach Angaben des
Betriebsrates ist der vereinbarte Jobabbau bei Opel bereits in den vergangenen
Monaten erreicht worden. Das kostet erst einmal Geld – etwa in Form von
Abfindungen für kündigungswillige Mitarbeiter. Vor allem deswegen liegt der Gewinn
von Opel unter dem Strich bei „nur“ 30 Millionen Euro.

Zu dem Gewinn dürften auch niedrigere Kosten beispielsweise für Forschung und
Entwicklung beigetragen haben. Während unter General Motors die Entwicklung
bilanziell vergleichsweise teuer zu Buche schlug, hat sich das in den vergangenen
Monaten geändert.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Opel „Grandland X“. Im Herbst 2017 vorgestellt,
kostet der Mittelklasse-SUV rund 24.000 Euro. Der Verkauf größerer Fahrzeuge wie
diesem hat übrigens dazu beigetragen, dass bei Opel/Vauxhall die Umsätze
gestiegen sind – trotz weniger verkaufter Autos. Entscheidend aber ist, dass der
Grandland mit dem Peugeot 3008 produziert wird. Sochaux in Frankreich ist der Ort,
an dem die Autos beider PSA-Marken einträglich vom Band laufen. In Großbritannien
kommt das Pendant des SUV dagegen unter dem Namen Vauxhall auf den Markt,
wird also von Opels britischer Schwestermarke vertrieben. Der Citroen Aircross C5
ist eine weitere Spielart des Grandland, der bald seinen Weg auf die Straßen finden
soll. Alle diese Modelle fahren auf den gleichen technischen Plattformen und mit
                                   denselben Motoren. Das minimiert im PSA-
                                   Konzern eindeutig die Entwicklungskosten.

                                   Andererseits schwächt das potenziell die
                                   Eigenständigkeit einer Marke wie Opel. Die leidet
                                   ohnehin unter Kundenschwund. Wenn in Zukunft
                                   unter der Haube eines Opel PSA-Technik steckt,
                                   könnten Kunden sich fragen, warum sie bei der
                                   Marke bleiben sollten. Das sei ein Unterschied
                                   beispielsweise zum Volkswagen-Konzern, meint
                                   Ferdinand Dudenhöffer. Er ist Experte für
                                   Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-
                                   Essen. „Mit einem Skoda kaufen Sie VW-Technik,
                                   mit einem Opel künftig vielleicht nur noch PSA-
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Technik. Zwischen beiden aber gibt es einen Unterschied in der Wertigkeit“, erklärt
Dudenhöffer.

Noch ist es aber nicht soweit. Und bisher hat PSA-Chef Carlos Tavares beteuert, an
der eigenständigen Marke Opel mit auch eigenständiger Technik unter der Haube
festzuhalten. Angesichts der jüngsten Entwicklungen zweifeln Experten wie
Dudenhöffer allerdings an dieser Zusicherung: „Opel scheint für PSA nicht mehr als
eine Verkaufsplattform für konzerneigene Produkte zu werden.“
Dazu passen auch Gedanken der PSA-Konzernleitung, möglicherweise das
Entwicklungszentrum in Rüsselsheim ganz oder zum Teil zu verkaufen. Derzeit
befindet sich PSA im Gespräch mit möglichen Interessenten. „Bisher wurde nichts
entschieden“, sagte Finanzchef Jean-Baptiste de Chatillon zwar. Für die
Beschäftigten ist das allerdings kein Trost. Nach Angaben des Betriebsrates könnten
von einem Verkauf des Entwicklungszentrums noch einmal zwischen 4000 und 7000
Beschäftigte betroffen sein. Die Wende hin zu schwarzen Zahlen ist bei Opel im
PSA-Verbund geschafft. Der Stellenwert der Deutschen in der Zukunft bleibt aber
weiter unklar.

Opel nur noch PSA-Hülle?
"German Engineering ist Stammtisch-Geschichte":
Autoexperte rechnet mit Opel ab
FOCUS-Online-Redakteur Sebastian Viehmann
Mittwoch, 25.07.2018,
Der PSA-Konzern kann erstmals schwarze Zahlen für seine neue Tochter Opel
vermelden: 500 Millionen Euro Gewinn machten Opel und Vauxhall im ersten
Halbjahr 2018. Doch zu welchem Preis? Ein Blick auf die Modellpalette und Opels
Marktanteil.

SUV sind der absolute Renner auf dem Automarkt. Ob bei VW (T-Roc), Hyundai
(Kona), Kia (Stonic) oder Mazda (CX-3 und CX-5) - gerade bei den hochwertigeren
Brot-und-Butter-Marken gehören die City-Kraxler zu den meistverkauften Modellen.
Limousinen und Mittelklassewagen fallen dagegen geradezu ab. Nicht so bei Opel:
Das meistverkaufte Modell der Rüsselsheimer (etwa jedes fünfte Auto) ist aktuell der
Corsa. Ein Auto, das im Grundsatz über drei Jahre alt ist.
Das spricht zwar für die Qualitäten des Autos, zeigt aber, dass Opel noch nicht vom
eigentlichen Boom-Segment profitiert: Die neuen SUV Grandland X, Crossland X und
auch der Mokka erreichen jeweils nicht einmal zehn Prozent Modell-Anteil bei Opel.
Beim Mokka war zuletzt sogar ein Rückgang zu verzeichnen. Bitter ist vor allem der
gesamte Marktanteil der Rüsselsheimer in Europa. Er sinkt kontinuierlich, hat laut
Daten des Center Automotive Research (CAR) mittlerweile 5,7 Prozent erreicht. VW
hat europaweit einen Anteil von 11,2 Prozent.

Automarkt-Experte: PSA kannibalisiert Opel

Automarkt-Experte Professor Ferdinand Dudenhöffer ist der Ansicht, dass der PSA-
Konzern (Peugeot / Citroën) durch eine entsprechende Preispositionierung Opel als
Cash-Cow benutzt. Opel gehört seit August vergangenen Jahres zu PSA. Wegen der
harten Sparmaßnahmen haben bereits tausende Mitarbeiter das Unternehmen
verlassen. "Sollten genügend Opel-Kunden das Spiel mitmachen und den 'Peugeots
aus Rüsselsheim' die Stange halten, hätte Tavares aus dem chronischen
Verlustbringer Opel eine Cash Cow gemacht", meint Dudenhöffer.

Der Crossland X ist der Zwillingsbruder des Citroën C3 Aircross und Peugeot 2008.
Den Grandland X wiederum gibt es als Peugeot 3008 und in ein paar Monaten auch
als Citroën Aircross C5. "So wird etwa der Citroen Aircross C3 bereits ab 15.290
Euro in Deutschland angeboten, während der Einstiegspreis für den Opel mit
identischem Motor bei 18.280 Euro liegt. Sicher gibt es Ausstattungsunterschiede,
aber durch die günstigeren Preise wird der Kunde schon mal sensibilisiert. Und so ist
es wenig verwunderlich, dass der neue Crossland X bei Internetvermittlern wie
meinauto.de mit mehr als 19 Prozent Rabatt angeboten wird und der Citroën Aircross
C3 gar mit mehr als 27 Prozent Rabatt. Opel begibt sich mit den Brüdern Peugeot
und Citroën in einen klaren Kannibalisierungs-Wettbewerb", glaubt Dudenhöffer.

                      Überblick: Die meistverkauften Opel-Modelle

Center Automotive Research (CAR) Opel-Modelle und ihr Marktanteil. Bei den SUV kann Opel nicht wirklich
vom Trend profitieren

Der Automarkt-Experte befürchtet, dass Opel für den PSA-Chef Carlos Tavares
lediglich eine "PSA-Hülle" darstellt, mit der man möglichst viel Gewinne machen kann
- ohne dabei wirklich am Erhalt der Marke interessiert zu sein. Neue Modelle, etwa
die nächste Corsa-Generation, bauen alle auf einer PSA-Plattform auf. "PSA gewinnt
mit Opel-Vauxhall eine Millionen Kunden und nimmt die Sanierungskosten in Kauf.
Im Mittelpunkt stehen die Opel-Käufer – das ist der wahre Wert von Opel. Ein
Großteil des Rests ist lästiger Beipack, der abgeworfen werden muss. Der Mythos
vom German Engineering ist eher eine Stammtisch-Geschichte", so Dudenhöffer.

Aktie springt um zehn Prozent nach oben

Zufrieden dürften immerhin die Aktionäre sein. Der PSA-Konzern setzte im ersten
Halbjahr 38,6 Milliarden Euro um. Der Nettogewinn stieg von 1,5 Milliarden Euro im
ersten Halbjahr 2017 auf 1,7 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2018. Damit übertraf
PSA die Erwartungen der Analysten. Nach der Verkündung der Zahlen sprang die
Aktie um rund zehn Prozent nach oben. Konzernchef Tavares lobt denn auch in einer
aktuellen Mitteilung die Rüsselsheimer: "Die Opel/Vauxhall-Teams beginnen, gute
Ergebnisse zu liefern, um ein neues Opel/Vauxhall zu schaffen. Sie arbeiten mit
Hochdruck daran, weitere Potenziale freizusetzen. Unsere Beweglichkeit und unser
starker Fokus auf die Umsetzung bleiben entscheidende Hebel, um unsere Ziele zu
erreichen.“

Offen bleibt, welche Ziele davon auch auf die Marke Opel einzahlen. Für Opel-
Kritiker Dudenhöffer ist das Kapitel quasi schon beendet: "Es wäre besser, den
Opel-Mitarbeitern eine neue Zukunft ohne Opel zu ermöglichen und die hohen
Abfindungen 'mitzunehmen' zu lassen. Der Betriebsrat kann den Prozess, in dem
Opel zur Design-Hülle von PSA wird, nicht stoppen", meint Dudenhöffer.

Kommentar: Ein Fünkchen
Hoffnung bei Opel
25.07.18

Ist das schon die Wende? Schneller als erwartet schreiben die
Rüsselsheimer unter französischer Regie schwarze Zahlen. Von
Christoph Zöllner

Ist das schon die Wende? Schneller als erwartet schreiben die Rüsselsheimer
unter französischer Regie schwarze Zahlen. Nachdem Opel unter Führung
von General Motors in den vergangenen zwei Jahrzehnten Milliarden-Verluste
angehäuft hatte, geben die neuesten Ergebnisse zumindest Anlass zur
Hoffnung. Auch wenn der Aufschwung nicht zuletzt auf den Schmerzen
tausender Mitarbeiter basiert, die unter der Knute von PSA-Chef Carlos
Tavares den Konzern bereits verlassen mussten, und die Sanierung noch
lange nicht zu Ende ist. Mit der aktuellen Marge von fünf Prozent wird sich
Tavares nicht zufriedengeben. So viel steht fest.

Wasser in den Wein schüttet Auto-Papst Ferdinand Dudenhöffer: Er weist
darauf hin, dass Opel nicht spürbar mehr Fahrzeuge verkaufen konnte und der
Marktanteil in Europa seit 1995 von 12,5 Prozent auf 5,7 Prozent gesunken ist.
Außerdem bleibt offen, ob sich Opel-Kunden dauerhaft für Fahrzeuge
interessieren, die letztlich nur noch eine „Markenhülle für PSA-Technik“ (O-
Ton Dudenhöffer) darstellen.
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