VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW

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VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW
AUSGABE 1 | März 2014

                                                     ISSN 2194 - 9751
                                                     www.greenfacts-magazin.de

        Das Magazin für die Energiewende!

Titelthemen

Vom EEG 1.0 zum EEG 2.0
Der Wettstreit um die besten Ideen
geht in die nächste Runde
Speichern statt transportieren
Wie wir mit Power to Gas den Netzausbau
verringern können

Sonne, Wind und ganz viel Watt
Auf der Nordseeinsel Pellworm ist die Energiewende
schon weit voraus
VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW
Foto: nerek - photocase.com
VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW
Standpunkt

Hat die Bundesregierung beim
Emissionshandel die Chance
verpasst, Herr Maubach?

Ein Standpunkt von Klaus-Dieter Maubach

Die neue Bundesregierung erklärt die Energiewende zu          Effizienzvorgaben und einen vorgeschriebenen Anteil der
einem zentralen Projekt und der zuständige Minister legt      erneuerbaren Energien wird es nicht mehr geben. Die EU-
zügig erste Eckpunkte für eine EEG-Reform vor. Das            Kommission überlässt es den Mitgliedsstaaten, wie sie ihr
Kabinett billigt seine Vorschläge und verständigt sich auf    Ziel erreichen. Das kann über mehr Energieeffizienz, über
einen Fahrplan – so stellt man sich eine handlungsfähige      erneuerbare Energien oder über Strom aus Kernenergie
Regierung vor.                                                geschehen. Während sich die EU-Kommission auf das
    Das neue EEG wird mehr marktwirtschaftliche Ele-          Subsidiaritätsprinzip beruft, kommt aus Deutschland
mente und mehr staatliche Lenkung bedeuten. Die be-           Protest. Man hätte sich ein zusätzliches, verbindliches
absichtigte Vergütung über Selbstvermarktung plus eine        Ziel für die erneuerbaren Energien gewünscht, heißt es
zusätzliche Marktprämie sprechen für den Einzug der           in regierungsnahen Kreisen. Berlin fordert mehr konkrete
Marktwirtschaft. Die Ausbaukorridore, die der Staat jeweils   Vorgaben aus Brüssel, auch so kann dies gelesen werden.
für Wind-, Sonnen- und Biomasse-Anlagen festlegen will,           Diese Vorgänge lassen nur eine Schlussfolgerung zu. Zur
sprechen allerdings dagegen. Woher wissen Beamte, wie viel    Reduktion der CO2- Emissionen setzt die EU-Kommission
Megawatt von welcher Technologie jahresscharf zugebaut        auf den Emissionshandel und die Bundesregierung auf das
werden sollen? Das sieht eher nach Planwirtschaft aus.        EEG. Der Koalitionsvertrag spricht sich gegen jede weitere
    Diese Reform wird kein großer Wurf, aber ein großer       Intervention in den Emissionshandel aus. Das »Backloading«
Schritt in die richtige Richtung. In seiner Wirkung wird      wird gebilligt, aber zum Zeitpunkt dieser Entscheidung
das neue EEG den Anstieg der EEG-Umlage bremsen.              ist die Wirkungslosigkeit der Maßnahme schon bekannt.
Insbesondere die Umverteilung der Lasten wird helfen,         Der Emissionshandel wird damit für die nächsten Jahre
dass die Umlage 2015 nicht weiter steigt. Kommt es so,        auf einem Preisniveau nahe null bleiben und nicht die
dann ist die Reform ein Erfolg – auch für den zustän-         marktwirtschaftliche Lenkungswirkung entfalten, für die
digen Minister.                                               er ursprünglich vorgesehen war.
    Trotz des guten Starts der Bundesregierung markiert           Neben dem Euro ist der Emissionshandel das zweite
die EEG-Reform eine verpasste Chance. Fast zeitgleich         große, wirtschaftliche Integrationsprojekt in Europa. Der
eröffnet die EU-Kommission ein Beihilfeverfahren gegen        Emissionshandel geht weiter am Stock und Deutschland ist
Deutschland. Es wird vermutet, dass die Regeln, mit denen     dafür mitverantwortlich. Bei allem geschuldeten Respekt
sich Unternehmen von der Zahlung der EEG-Umlage be-           für die zügige und zielgerichtete Reform des EEG: Die
freien lassen können, gegen das europäische Beihilferecht     Chance zu einer europäischeren Klima- und Energiepolitik
verstoßen. Man fragt sich, warum das ausgerechnet jetzt       hat Deutschland erst einmal verpasst.
passiert. Die bestehenden Regeln sind nicht neu und die
Bundesregierung hat angekündigt, diese zu überarbeiten.
    Zudem fordert die EU-Kommission die Bundesregie-          Klaus-Dieter Maubach ist Honorarprofessor an der TU Clausthal,
rung mit neuen klimapolitischen Zielen für 2030 her-          Autor des Buches »Energiewende – Wege zu einer bezahlbaren
aus. Ihre Vorschläge sehen eine verbindliche Reduktion        Energieversorgung« und arbeitet derzeit als Berater. Bis Frühjahr
der CO2-Emissionen vor. Diese sollen bis 2030 in jedem        2013 war er Mitglied des Vorstandes der E.ON AG.
Mitgliedsstaat um 40 Prozent gegenüber 1990 sinken.
                                                                                                                                          3
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Impressum                      1 | 2014

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    Autoren dieser Ausgabe
    Daniel Wosnitzka, Heike Gruber,
    Dr. Susanne Hinz, Rosa Hemmers

    Erscheinungsweise
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1 | 2014                                                                         Inhalt

                               »Jago«, so heißt das gelbe Forschungstauchboot vom Forschungszentrum GEOMAR
                               in Kiel, mit dem vor Spitzbergen in rund 400 Metern Tiefe auftretende Methanhydrat­
                               austritte erforscht wurden. Methanhydrat, das »brennende Eis« der Ozeane, könnte
                               ein Energieträger der Zukunft sein, vorausgesetzt, es lässt sich gewinnen. Doch mit der
                               zunehmenden Erderwärmung besteht auch die Sorge, dass die gefrorenen Gase instabil
                               werden und entweichen – eine zusätzliche Belastung für das Klima. Vor Spitzbergen
                               konnte vorerst Entwarnung gegeben werden. Die hier beobachtete Gasauflösung ist
                               den Wissenschaftlern zufolge sehr wahrscheinlich natürlichen Ursprungs und nicht
                               durch die Klimaerwärmung verursacht.

                               Standpunkt
                           3 Hat die Bundesregierung beim Emissionshandel die Chance verpasst, Herr Maubach?
                               Ein Standpunkt von Klaus-Dieter Maubach

                               Wissenswert
                           6 Kurz gemeldet/Nachfrage für LED-Lampen steigt/Neue EU-Regelung zur Senkung
                               klimaschädlicher F-Gase/Wachstumstrend für Energiegenossenschaften hält an
                           7 Weltweit: Wissen, wo auf der Welt was passiert
                           8 Kurz gemeldet/Europäische Energie-und Klimapolitik
                           9 Was macht eigentlich der EU-Emissionshandel?

                               Im Porträt
                          12 Zukunft ist heute: In Berlin wird die Smart City von morgen erprobt

                               Titelthemen

                          14   Vom EEG 1.0 zum EEG 2.0 Das Tauziehen
                               um die Energiewende geht weiter
                          20   Infografik So funktioniert die EEG-Umlage
                          22   Interview Mit Power To Gas den
                               Netzausbau reduzieren
                          28   Pellworm Grüne Nordseeinsel
                               im Brennpunkt der Energiewende

                               Rubriken
                           4 Impressum
Foto: Jago-Team, GEOMAR

                          10 Welt der Energie

                          34 Medien

                          35 Schlusslicht
                                                                                                                     5
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wissenswert                                                                                                                  1 | 2014

kurz gemeldet

116               Offshore-Windenergieanlagen
                  in Nord- und Ostsee speisten zum
                  Jahresende 2013 mit einer Gesamt-
leistung von 520,3 Megawatt Strom ins Netz ein. Das
hat eine Datenerhebung der Deutsche WindGuard GmbH
ergeben. Insgesamt wurden demnach 2013 48 Offshore-
Windanlagen neu ans Netz angeschlossen, 41 davon
wurden auch im Jahr 2013 neu errichtet.

Mit dem Geothermieheizkraftwerk Sauerlach ist
Ende Januar 2014 ein weiteres Projekt in der Metropol-
region München in den Regelbetrieb gegangen. Die An-
                                                            Neue EU-Regelung zur Senkung
lage wird mit 140 Grad heißem Thermalwasser jährlich        klimaschädlicher F-Gase
40 Millionen Kilowattstunden Strom und 4 Millionen Kilo-
wattstunden Wärme erzeugen. 35.000 Tonnen CO2 wer-
                                                           Der Umweltausschuss des Europäi-             Luftverkehrs. Aktuelle Studien pro-
den damit eingespart. Betrieben wird die architektonisch
                                                           schen Parlaments billigte Ende Janu-         gnostizieren ohne weitere Maßnah-
anspruchsvolle Geothermieanlage von den Stadtwerken
                                                           ar 2014 das Verhandlungsergebnis             men einen erheblichen Anstieg des
München (SWM).
                                                           von Rat, Parlament und Kommission            Einsatzes von F-Gasen. Internationa-
                                                           zu einer neuen Verordnung, die den           le Verhandlungen zu ihrer Eindäm-
                                                           Einsatz von sogenannten F-Gasen              mung verliefen bislang erfolglos. Die
                                                           (Fluorierte Gase) bis 2030 um 80 Pro-        neue EU-Verordnung soll nun dafür
                                                           zent senken soll. Fluorierte Treib-          sorgen, die Menge der F-Gase in Eu-
                                                           hausgase werden unter anderem in             ropa bis 2030 stufenweise um rund
                                                           Kälte- und Klimaanlagen sowie Wär-           80 Prozent zu senken. Erreicht wer-
                                                           mepumpen, aber auch als Treibmittel          den soll dieses Ziel über eine Quotie-
                                                           für Dämmschäume oder Löschmittel             rung. Die Verordnung enthält zudem
                                                           eingesetzt. Ihr Treibhauspotenzial           einen konkreten Ausstiegsplan für
                                                           liegt 100 bis 22.000 Mal höher als           viele Produkte und Einrichtungen,
                                                           das von CO2 . Der weltweite Beitrag          die mit F-Gasen arbeiten. Nach dem
                                                           der F-Gase zum Treibhauseffekt liegt         Umweltausschuss müssen noch das
                                                           derzeit bei 2 Prozent und entspricht         Plenum des Europäischen Parlaments
                                                           damit dem des gesamten globalen              sowie der Rat offiziell zustimmen.

Nachfrage für
LED-Lampen steigt                                          Wachstumstrend
Eine aktuelle Marktanalyse der dena zeigt, dass
der Absatz von LED-Lampen in Deutschland seit 2012
deutlich angestiegen ist. Gleichzeitig besteht weiteres
                                                           für Energiegenossen-
Potenzial für den Einsatz energieeffizienter Leuchtmit-
tel. Während 2009 nur jede hundertste verkaufte Lam-       schaften hält an
pe auf LED-Technologie basierte, lag der Anteil im April
2013 bei rund 7 Prozent, so ein Ergebnis der Analyse. Im   Energiegenossenschaften erfreuen sich bei den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin
selben Zeitraum ist aber auch der Absatz von Halogen-      großer Beliebtheit. Dies geht aus einer aktuellen Erhebung des Klaus Novy Instituts her-
lampen deutlich angestiegen. Auch wenn Energiespar-        vor. Ende 2013 engagierten sich demnach 888 Energiegenossenschaften für den Ausbau
                                                                                                                                                        Fotos: chones - Fotolia.com; magann - Fotolia.com

lampen und LEDs deutlich energieeffizientere und wirt-     erneuerbarer Energien. Damit stieg der Bestand gegenüber 2012 um 142. »Im Durch-
schaftlichere Alternativen sind, kommen sie aber noch      schnitt wird jeden dritten Tag irgendwo in Deutschland eine Genossenschaft gegründet,
nicht im möglichen Umfang zum Einsatz. Die Marktana-       die den Bau und den Betrieb von Solar- und Windenergieanlagen oder von regenerati-
lyse untersucht Entwicklungen bei der Produktgruppe        ven Heizsystemen zum Ziel hat«, sagt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für
»Allgemeine Beleuchtung« im Rahmen der europäischen        Erneuerbare Energien (AEE). Die Erhebung untersucht auch die regionale Verteilung der
Top-Runner-Strategie. Die Ergebnisse und weitere Infor-    Energiegenossenschaften nach Bundesländern. Die dynamischste Entwicklung weist da-
mationen können unter www.top-runner.info abgerufen        bei Thüringen auf. Im Vergleich zu 2012 wuchs die Anzahl der Energiegenossenschaften
werden.                                                    hier um 70 Prozent.

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                                                        Japan
                                                                                                                 Schottland
                                                        Vorreiterrolle beim weltweiten
                                                        Ausbau der Solarenergie                                  Revolution gegen
                                                        Mit einer feierlichen Zeremonie wurde Anfang No-         Verbrennungsmotoren
                                                        vember in der südjapanischen Stadt Kagoshima das         Mit ihrem Masterplan »Switched On Scotland: A
                                                        mit einer Leistung von 70 Megawatt größte Foto-          Roadmap to Widespread Adoption of Plug-in Vehic-
                                                        voltaikkraftwerk des Landes eingeweiht. Nachdem          les« leitet die Regierung in Edinburgh eine mobile
                                                        das Land die Spitzenposition bei der Nutzung von         Revolution ein. Geplant ist eine komplette Elektrifi-
                                                        Fotovoltaik-Anlagen zwischenzeitlich an Deutsch-         zierung des Straßenverkehrs bis 2050. Ab dann sol-
                                                        land verloren hatte, übernimmt Japan damit wieder        len nur noch Elektrofahrzeuge und sogenannte Plug-
                                                        eine Vorreiterrolle beim weltweiten Ausbau der So-       in-Hybride auf schottischen Straßen unterwegs sein.
                                                        larenergie. Dabei ist seit 2012 bezüglich der Nut-       Unterstützt wird der Wandel durch den Ausbau der
                                                        zung der Fotovoltaik in Japan eine Veränderung von       Infrastruktur, z. B. in Form öffentlicher Ladestationen,
                                                        der privaten Nutzung auf Wohngebäuden hin zum            sowie durch verschiedene Fördermaßnahmen, wel-
                                                        Einsatz bei Stromversorgern feststellbar. Ein Um-        che die neue Antriebstechnologie für breitere Ziel-
                                                        denken, für das laut der Japan Photovoltaik Energy       gruppen erschwinglicher machen sollen. Dafür, dass
Indien                                                  Association (JPEA) der Klimawandel sowie das Re-         der Umstieg auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge
                                                        aktorunglück in Fukushima im März 2011 gesorgt           auch ökologisch Sinn macht, sorgt ein weiterer Mas-
Subkontinent plant Einstieg                             haben. Mittel- und langfristig scheint sich in der       terplan der schottischen Regierung: Bis 2020 soll der
in Offshore-Windenergiesektor                           »ehemaligen« Atomnation Japan ein Perspektiven-          komplette Strombedarf des Landes aus regenerati-
Mit mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern ist Indien       wechsel hin zu sicheren, effizienten und ökologi-        ven Quellen stammen – vorzugsweise aus Windkraft.
das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung der           schen Möglichkeiten der Energieversorgung durch-
Welt. Entsprechend groß ist der Energieverbrauch,       gesetzt zu haben. Die Fotovoltaik spielt dabei eine
                                                                                                                 Polen
der durch die expandierende Wirtschaft des auf-         zentrale Rolle, seit im Juni 2012 hohe Einspeisever-
strebenden Schwellenlandes noch weiter wächst.          gütungen für Solarstrom eingeführt wurden.               Revival für Atomkraftwerke
Die Energieversorgung kann jedoch mit dem schnell                                                                Gegen den Trend in Deutschland wird Polen nun
wachsenden Verbrauch nicht mithalten, Strom-            Österreich                                               konkret beim Ausbau seines Atomenergieprogramms.
ausfälle sind in Indien an der Tagesordnung. Wie                                                                 Das polnische Wirtschaftsministerium hat jüngst
                                                        Alpenrepublik kürzt
ernst das Problem ist, zeigte sich im Sommer 2012,                                                               ein 150-seitiges Programm zum Bau zweier Atom-
als das Land durch den bislang weltgrößten Black-       Vergütungssätze für Ökostrom                             kraftwerke vorgelegt, deren Baukosten mit rund
out – etwa 700 Millionen Menschen waren ohne            Seit dem 1. Januar 2014 gelten in Österreich neue        12,5 Milliarden Euro beziffert werden. Bis 2016
Strom – von sich reden machte. Um seine Ener-           Einspeisetarife für Ökostrom. Die von der Wirtschafts-   will die Regierung in Warschau sich über einen
gieprobleme zu lösen, setzte Indien bislang vor         kammer Oberösterreich als »gelungener Kompromiss         Standort geeinigt und die Verträge mit den Kraft-
allem auf fossile Energieträger, in erster Linie auf    zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und            werksbauern verhandelt haben. 2019 soll mit dem
Kohle, und ist deshalb bereits heute einer der größ-    einer moderaten Kostenbelastung für Haushalt, Ge-        Bau des ersten Kraftwerkes begonnen werden, des-
ten CO2-Emittenten der Welt. Als Ausweg aus der         werbe und Industrie« bezeichnete neue Verordnung         sen Fertigstellungsziel 2024 ist. Spätestens 2035
Energieknappheit, die nicht zuletzt auch ein nach-      wird von den Branchenverbänden erwartungsgemäß           soll dann der Bau des zweiten Atomkraftwerkes
haltiges Wirtschaftswachstum des Landes gefährdet,      mit mehr Skepsis betrachtet. Kritisiert werden vor       starten. Begründet wird der Ausbau des Atomener-
hat die indische Regierung nun das Potenzial erneu-     allem die Tarifstruktur sowie die Tarifmodelle im Be-    gieprogramms mit den abermals verschärften CO2-
erbarer Energien für sich erkannt. Zwar fehlt es noch   reich der Kleinwasserkraft, bei der Fotovoltaik und      Emissionszielen der EU und mit der notwendigen
an einheitlichen energiepolitischen Zielen, aber ein    bei Biogas. Diese hätten laut des Dachverbandes Er-      Abschaltung veralteter Kraftwerke. Der alternative
erster Anfang ist gemacht: Die indische Regierung       neuerbare Energie Österreich (EEÖ) deutlich ambiti-      Ausbau erneuerbarer Energien genießt bei der Re-
plant den Einstieg in den Offshore-Windenergiesek-      onierter ausfallen können und würden zudem den           gierung in Warschau derzeit keine Priorität. Das seit
tor und damit verbunden den Aufbau einer natio-         wirtschaftlichen Spielraum für Neuanlagen einengen.      über drei Jahren in Aussicht gestellte EE-Gesetz
nalen Offshore-Agentur. Diese soll dann das Wind-       Über mehr Klarheit bei den Einspeisetarifen freut sich   soll zwar noch dieses Jahr kommen, große Förder-
energie-Potenzial an möglichen Offshore-Standorten      dagegen die Windkraftindustrie. Dort wurden die Ta-      möglichkeiten für die Nutzung alternativer Energie-
des Subkontinentes erheben und entsprechende            rife erstmalig seit Bestehen des Ökostromgesetzes        träger sind jedoch nach dem Motto »so viel wie
Empfehlungen aussprechen.                               gleich für zwei volle Jahre am Stück festgesetzt.        nötig, so wenig wie möglich« nicht zu erwarten.

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VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW
wissenswert                                                        1 | 2014

                                           Europäische
                                                                                                 der Anteil der erneuerbaren Energien EU -weit
kurz gemeldet                                                                                    27 Prozent betragen. Von einer Aufteilung in
                                                                                                 natio­nale Ziele durch EU-Rechtsvorschriften soll

                                           Energie- und
Bis 2030 könnte der Anteil der er-                                                               allerdings abgesehen werden. Die Mitgliedstaaten
neuerbaren Energien auf 30 Prozent                                                               sollen, so die Begründung, über die notwendige
steigen. Dies geht aus einer aktuellen                                                           Flexibilität verfügen, um ihr jeweiliges Energie-

                                           Klimapolitik
Studie der Internationalen Agentur für                                                           system den nationalen Präferenzen und Gege-
Erneuerbare Energien (IRENA) hervor.                                                             benheiten entsprechend umbauen zu können.
In der Studie wurden 26 Länder ana-                                                                  Für eine dritte wesentliche Säule der euro-
lysiert, die zusammen für drei Viertel                                                           päischen Energie- und Klimapolitik, die Ener-
des weltweiten Energieverbrauches                                                                gieeffizienz, werden in dem Papier noch keine
                                           »Wenn alle Weltregionen vergleichbar hohe Ziele
stehen. Gesamtwirtschaftlich betrach-                                                            klaren Ziele definiert. Die Rolle der Energieef-
                                           beim Klimaschutz verfolgen würden, ginge es
tet, entstehen laut IRENA durch eine                                                             fizienz bis 2030 soll erst bei der Überprüfung
                                           der Welt heute sehr viel besser«, so die für Kli-
Verdopplung des Anteils der erneu-                                                               der Energieeffizienz-Richtlinie, deren Abschluss
                                           mapolitik zuständige EU -Kommissarin Connie
erbaren Energien keine zusätzlichen                                                              für 2014 geplant ist, näher betrachtet werden.
                                           Hedegaard zu der Ende Januar von der EU-
Kosten. Dies liegt daran, dass externe     Komission vorgelegten europäischen Mitteilung
Kosten vermieden werden können,                                                                  Neue Zielvorgaben bis 2030
                                           für die Energie- und Klimapolitik bis 2030. Dem-
weil Umwelt- und Gesundheitsschä-                                                                sind ein Rückschritt
                                           nach sollen die Treibhausgasemissionen der EU
den verringert werden können. Gleich-      bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Stand            Umwelt- und Klimaschützer sowie Ökostrom-
zeitig könnte der Anteil der weltweit in   von 1990 sinken. Dies soll ausschließlich durch       anbieter kritisieren die Vorschläge als unzurei-
diesem Sektor arbeitenden Menschen         EU-interne Maßnahmen erreicht werden, bei-            chend und sehen darin einen deutlichen Rück-
                                                                                                                                                     Fotos: Jeweils Fotolia: graphicsdunia4u, Gina Sanders, Kara, Doin Oakenhelm

auf gut 16 Millionen Beschäftigte ver-     spielsweise den EU -Emissionshandel. Dazu soll        schritt gegenüber den noch bis 2020 geltenden
dreifacht werden.                          die jährliche Senkung der Obergrenze (»Cap«) für      20-20-20 -Zielen. Denn die einfache Senkung
                                           die Emissionen aus den unter das EU-Emissions-        der CO2-Emissionen lässt sich sowohl durch
                                           handelssystem fallenden Wirtschaftszweigen von        einen Ausbau der Erneuerbaren als auch durch
                                           derzeit 1,74 Prozent auf 2,2 Prozent für die Zeit     Atomkraft erreichen. Länder wie ­Großbritannien,
                                           nach 2020 angehoben werden. Die Emissionen            die ohnehin auf Atomkraft setzen, dürften sich
                                           aus nicht unter das EU -Emissionshandelssystem        angesichts der neuen EU -Vorgaben freuen. Auch
                                           fallenden Wirtschaftszweigen müssten um 30            das Kohleland Polen denkt mittlerweile konkret
                                           Prozent unter den Stand von 2005 gesenkt wer-         über Ausbaupläne der Atomkraft nach und Spa-
                                           den, wobei diese Anstrengungen gerecht auf die        nien erwägt Medienberichten zufolge eine Lauf-
                                           Mitgliedstaaten verteilt werden sollen.               zeitverlängerung seiner Kernkraftwerke. »Eine
                                              Darüber hinaus möchte die EU-Komission ein         klimafreundliche, sichere und ressourcenscho-
                                           verbindliches, EU-weites Ausbauziel für erneuer-      nende Energieversorgung kann aber nur auf Basis
                                           bare Energien festlegen. Bis zum Jahr 2030 soll       der erneuerbaren Energien funktionieren«, sagt

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VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW
1 | 2014                                    wissenswert

                                                                                  Was macht eigentlich …?

                                                                                  Der EU-Emissionshandel
                                                                                  In Ausgabe 2/2013 haben wir über den europäischen
                                                                                  Emissionshandel berichtet. Europas wichtigstes Instru-
                                                                                  ment für den Klimaschutz setzt aufgrund der niedrigen
                                                                                  Zertifikatspreise nicht die gewünschten Anreize zur
                                                                                  Emissionsminderung. Um das Emissionshandelssystem
                                                                                  zu stärken, war geplant, die am Markt verfügbaren CO2-
                                                                                  Zertifikate zeitweise zu beschränken (»Backloading«).
                                                                                  Mitte April 2013 war diese Reform des Emissionshan-
                                                                                  delssystems vom EU-Parlament abgelehnt worden. Im
                                                                                  Juli 2013 hat sich das EU-Parlament in einem zweiten
                                                                                  Anlauf dann doch noch für eine zeitweise Verknappung
                                                                                  der Zertifikate für den Ausstoß von Treibhausgasen
                                                                                  ausgesprochen. Anfang November 2013, wenige Tage
                                                                                  vor der Weltklimakonferenz in Warschau, stimmten
                                                                                  auch die ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten in
                                                                                  Brüssel dem »Backloading« zu. Statt zwischen 2014 und
                                                                                  2016 werden 900 Millionen CO2-Zertifikate nun erst
                                                                                  in den Jahren 2019 und 2020 auf den Markt kommen.
                                                                                  Die Gesamtzahl der Zertifikate bleibt somit unverän-
­ arcel Keiffenheim, Leiter Energie-
M                                        einigen Bereichen sogar die Führung      dert. Die EU-Komission erhofft sich jedoch, dass das
politik bei Greenpeace Energy.           übernommen haben: Demnach erzie-         »Backloading« starken Preisschwankungen beim Handel
   Auch beim Thema Energieeffizi-        len mittlerweile insbesondere viele      mit Verschmutzungsrechten entgegenwirkt.
enz melden sich kritische Stimmen        Länder Asiens und die USA mit einer
zu Wort. »30 Prozent mehr Ener-          aktiven Energie- und Klimapolitik
gieeffizienz bis 2030 wären eine wich-   deutliche Erfolge, investieren zuneh-
tige, notwendige und wirtschaftlich      mend in erneuerbare Energien, er-
sinnvolle Vorgabe«, betonte Stephan      schließen Energieeffizienzpotenziale
Kohler, Vorsitzender der dena-Ge-        in Industrie, Gebäuden und Verkehr
schäftsführung. »Wer Klimaschutz         und unterstützen die Reduzierung
effizient erreichen möchte, muss         von Treibhausgasen durch Kohlen-
immer zuerst an Energieeffizienz         stoffpreise. Der Studie zufolge fand
denken. Denn jede eingesparte Ki-        der größte Zubau von Windkraft-
lowattstunde rechnet sich für die        anlagen in den vergangenen Jahren
Investoren oft schon nach wenigen        in China und den USA statt, auch
Jahren und sorgt gleichzeitig dafür,     das Wachstum der Fotovoltaik ist
dass weniger CO2 ausgestoßen wird,       außerhalb Europas am größten.
weniger Energie erzeugt werden muss
                                            Japan bildet mit den USA die Spitze
und regionale Wertschöpfung und
                                         der Elektromobilität und setzt den
Arbeitsplätze geschaffen werden.
                                         weltweit strengsten Standard für den
Wenn Brüssel die Energieeffizienz
                                         Kraftstoffverbrauch von Neuwagen.        Im Januar 2014 hat die EU-Komission in ihrer Mitteilung
vernachlässigt, wäre das ein völlig
                                         Emissionshandelssysteme existieren       zu den klima- und energiepolitischen Zielen bis 2030
falsches Signal.«
                                         in Bundesstaaten der USA und Ka-         nun eine weitere Reform des Emissionshandelssystems
                                         nada, Australien, Neuseeland und         vorgeschlagen. Ab 2021 soll es demnach möglich sein,
Europa sollte seine Vorreiterrolle
                                         Korea, wichtigen Provinzen Chinas        bei einem großen Überschuss an Verschmutzungsrechten
nicht abgeben
                                         sowie in Tokio, andere Länder der        einige davon nach festen Regeln durch eine sogenannte
Auch Europas Vorreiterrolle hin-         Welt führen sie ein. In insgesamt 66     Marktstabilitätsreserve vom Markt zu nehmen. Da-
sichtlich Energie- und Klimapolitik      Ländern der Erde werden Einspeise-       durch soll einem anhalten Überschuss und einem damit
könnte gefährdet werden, wenn man        vergütungen für erneuerbare Energien     einhergehenden Preisverfall der Zertifikate dauerhaft
sich nicht auf ambitioniertere Ziele     gezahlt. Die europäische Wirtschaft      entgegengewirkt werden. Außerdem soll die jährliche
einigen kann. Eine aktuelle Studie       zieht ihre Stärke den Forschern zu-      Senkung der Obergrenze (»Cap«) für die Emissionen
des Europäischen Forschungsnetz-         folge vor allem aus ihrer Innovati-      aus den unter das EU-Emissionshandelssystem fallenden
werkes Climate Strategies zeigt,         onsfähigkeit und könnte deswegen         Wirtschaftszweigen von derzeit 1,74 Prozent auf 2,2
dass andere Regionen und Länder          besonders profitieren, wenn Europa       Prozent für die Zeit nach 2020 angehoben werden.
mittlerweile rasant aufholen und in      in der Vorreitergruppe bleibt.

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VOM EEG 1.0 ZUM EEG 2.0 - DER WETTSTREIT UM DIE BESTEN IDEEN GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE - WVGW
Welt der Energie                                             1 | 2014

Kraft im FuSS
Viele tausend Mal werden ab Mitte Juni 2014 Fußbälle durch
die brasilianischen WM-Stadien sausen. Kräftige Torschüsse erreichen
                                                                                    Foto: beachboyx10 - Fotolia.com

dabei Geschwindigkeiten von über 100 km/h. Die Stoßenergie, welche das
inzwischen überwiegend aus Kunststoff gefertigte Sportgerät dabei
auf seine Flugbahn zwingt, würde ausreichen, umgerechnet bis zu drei
8-Watt-Energiesparlampen rund 10 Sekunden lang zu erleuchten.

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                                    Wind sei dank
                                    Zugvögel legen bei Flügen zu wechselnden Quartieren große Distanzen
                                    zurück. Mehr als 4.000 Kilometer können es bei manchen Arten schon
                                    werden, um den jahreszeitenbedingten Flugmarathon zu bewerkstelligen.
                                    Das Fliegen in aerodynamischer V-Formation hilft diesen Ausdauerkünstlern
                                    dabei, Energie zu sparen. Windschatten von vorn sowie eine bessere
                                    Nutzung von Auf- und Abwinden sorgen dafür, den Kräftehaushalt der
                                    Tiere zu schonen.
Foto: Martina Berg - Fotolia.com

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Im Porträt                                                                                                   1 | 2014

Zukunft ist heute –
In Berlin wird die smart
city von morgen erprobt
Der EUREF-Campus im verdichteten Berliner Westen ist ein Vorzeigeprojekt
nachhaltiger Stadtentwicklung. Über ein komplexes Netzwerk sollen Gebäude miteinander
kommunizieren – und regenerative Energie genau dorthin fließen, wo sie jeweils
gebraucht wird. Das sei visionär, meinen Wohlgesinnte, »heiße Luft«, urteilen Kritiker.

Ein Beitrag von Daniel Wosnitzka, DVGW, Berlin

Berlin-Schöneberg – weit weg vom coolen          waren. Über 400 Immobilien-Projekte in Berlin und den
Chic der urbanen Mitte. Noch weiter weg          neuen Bundesländern hat Müller mittlerweile in seinem
die gediegene Bürgerlichkeit des alten West-     Portfolio. Dieses jedoch soll sein Meisterstück werden.
Berlin. Hier, am Rande eines schier endlosen
Gewirrs aus Bahngleisen, Hauptverkehrs-          Vision »Intelligente Stadt«
straßen und Autobahnauffahrten soll er           »Begonnen hat alles 2007, als wir das 55.000 Quadratmeter
entstehen: der Prototyp der intelligenten        große Gelände in Schöneberg von der GASAG erworben
Stadt von morgen.                                haben. Die Entscheidung fiel nicht explizit für den Be-
    Es soll hoch hinausgehen mit dem Eu-         zirk. Vielmehr war für mich das Potenzial des Gasometer-
ropäischen Energieforum (EUREF). Bis             Areals ausschlaggebend. Seine Nähe zum Zentrum und
zum Endausbau 2018 soll das historische          zur Stadtautobahn, die Signalwirkung des Gasometers
Industriegelände rund um den denkmalge-          und die vorhandenen Freiflächen haben mich überzeugt.«
schützten Gasometer 165.000 Quadratme-           Müller hat eine Vision. Und für die versteht er es, immer
ter hochmoderne Geschossfläche umfassen.         mal wieder medienwirksam Funken zu schlagen. Zahl-
Das Investitionsvolumen beläuft sich auf         reiche Fototermine mit bundes- und landespolitischer
600 Millionen Euro. Versorgt mit lokal           Prominenz zeugen von Müllers Geschick, erfolgreich für
erzeugter, nahezu CO2-neutraler Energie,         seine Ideen zu werben. So eröffnete zuletzt Frank-Walter
soll der Standort zu einer der Topadressen       Steinmeier drei Masterstudiengänge zum Themenkomplex
in Europa werden. Gelingen soll das durch        »Stadt und Energie« der Technischen Universität Berlin
die »interdisziplinäre Verdichtung von Wis-      auf dem EUREF-Campus. Das Quartier lasse erahnen,
senschaft, Forschung und Praxis«, wie es in      welches Potenzial in der industriellen und energetischen
einem Werbeprospekt heißt. Mastermind            Erneuerung stecke, so der SPD-Politiker wohlwollend.
dieser ambitionierten Pläne ist EUREF-               »Wir wollen die Vision einer intelligenten Stadt für
Vorstand Reinhard Müller. Seit 35 Jah-           Arbeiten, Forschen, Bildung und Wohnen konsequent ent-      Grüne neue Welt – So soll
ren entwickelt der umtriebige Architekt          wickeln und umsetzen«, sagt Müller. Das ambitionierte       der EUREF-Campus 2018
Immobilien-Projekte, bei denen Nachhal-          Ziel: den EUREF-Campus mit seinem Miteinander von           einmal aussehen
tigkeit und Energieeffizienz stets Leitideen     Forschungseinrichtungen, Unternehmen und universitärer
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1 | 2014                                                                                                                             Im Porträt

                                     Lehre zu einem innovativen Think Tank und Modellpro-                                                                    Das EUREF-Gelände in
                                     jekt der Energiewende zu entwickeln. Auf dem EUREF-                                                                 Berlin-Schöneberg mit dem
                                     Campus sind alle dezentralen Stromquellen, Energiespeicher                                                          alten Gasometer im Hinter-
                                     und Verbraucher durch ein intelligentes Stromnetz, ein so                                                             grund: Energiewende und
                                     genanntes Micro Smart Grid, vernetzt. »Die benötigte                                                               Polit-Talk unter einem Dach
                                     Energie wird durch Windkraft- und Fotovoltaikanlagen,
                                     zahlreiche Wärmepumpen mit Kraft-Wärme-Kopplung
                                     sowie ein Biogas-Blockheizkraftwerk produziert. Schon
                                     bald werden wir auch Tiefengeothermie nutzen. Zudem
                                     können an 30 Elektro-Ladestationen Elektro-Fahrzeuge
                                     aufgeladen werden«, erklärt der EUREF-Chef.

                                     Autarkie auf der »Roten Insel«
                                     Gerade erst hat Müller mit dem GASAG-Vorstandsvorsit-
                                     zenden Stefan Grützmacher einen Vertrag zur CO2-neutralen
                                     Energieversorgung des EUREF-Campus unterzeichnet. Ein          gearbeitet. »Wir erforschen, wie Städte sparsamer und sauberer werden
                                     zukunftsweisendes Projekt, das die Energiewende konkret        können, wie die unterschiedlichen Mosaiksteine zusammenpassen und
                                     umsetze und dazu beitrage, das Quartier mittelfristig völlig   die Energiewende praktikabel und bezahlbar gestaltet werden kann«,
                                     autark zu machen, lobt Müller. Die GASAG baut für rund         sagt Müller. Hier sollen Innovationen und Arbeitsplätze in Zukunfts-
                                     acht Millionen Euro ein Kraftwerk, das nach und nach alle      branchen geschaffen werden. Zu Beginn der Quartiersentwicklung 2007
                                     25 Gebäude auf dem EUREF-Gelände mit Wärme, Kälte              arbeiteten etwa 115 Mitarbeiter auf dem Gelände. Heute sind es mehr
                                     und Strom versorgen soll. Der Energieträger Biomethan          als 1.300, beim Endausbau 2018 sollen es nicht weniger als 6.000 sein,
                                     stammt aus eigenen Biogasanlagen der GASAG im Bran-            vornehmlich in nachhaltigen Zukunftsbranchen.
                                     denburger Umland. 5.700 Tonnen Kohlendioxid im Jahr
                                     würden durch dieses zukunftsweisende Energiemanage-            Kritiker sehen Luftschlösser am Gasometer
Fotos: EUREF AG; Kai Abresch/InnoZ

                                     ment eingespart, so Jörn Heilemann, Geschäftsführer der        Ambitionierte Pläne dieser Art, noch dazu, wenn es um die Entwicklung
                                     ­GASAG Contracting GmbH, die die Anlage betreiben wird.        historisch gewachsener Nachbarschaften geht, rufen in Berlin fast zwangs-
                                        Inmitten der »Roten Insel«, wie der Volksmund das           läufig Kritiker auf den Plan. Müller wurde vorgehalten, Anspruch und
                                     zwischen mehreren Bahngleisen eingeschlossene Arbei-           Wirklichkeit klafften bei ihm recht weit auseinander. Es werde vornehmlich
                                     terviertel seit jeher nennt, ist die Energiewende nicht bloß   »heiße Luft« produziert, gifteten böse Zungen. Kritisiert wurde vor allem,
                                     graue Theorie. Hier wird an der energiewissenschaftli-         dass Altbestandsanierung und Neubauprojekte zu Beginn nur sehr sto-
                                     chen Blaupause für die Stadtentwicklung der Zukunft            ckend umgesetzt wurden. Auch das Zusammenschnurren des akademischen
                                                                                                                                    Bildungsprogramms auf nunmehr lediglich
                                                                                                                                    drei Masterstudiengänge wurde bisweilen
                                                                                                                                    hämisch kommentiert. Müller reagiert ge-
                                                                                                                                    lassen auf solche Anwürfe, die Zeit habe
                                                                                                                                    ihm Recht gegeben. »Meine Kritiker von
                                                                                                                                    damals sollen sich am besten das Projekt
                                                                                                                                    heutzutage vor Ort anschauen. Jetzt haben
                                                                                                                                    wir zahlreiche Gebäude saniert und einen
                                                                                                                                    voll vermieteten Neubau. Was bisher nach
                                                                                                                                    einem visionären Konzept aussah, ist bereits
                                                                                                                                    Realität.«
                                                                                                                                        Realität auf dem EUREF-Campus ist
                                                                                                                                    auch, dass neben der nachhaltigen Wissen-
                                                                                                                                    schaft und der wertegebundenen Wirtschaft
                                                                                                                                    vor gut zwei Jahren auch ein Anflug von
                                                                                                                                    Glamour auf der »Roten Insel« Einzug ge-
                                                                                                                                    halten hat. Günther Jauch sendet aus der
                                                                                                                                    Veranstaltungskuppel des Gasometer sonn-
                                                                                                                                    täglich seine gleichnamige Polit-Talkshow.
                                                                                                                                    Damit ist das Schöneberger Industriedenkmal
                                                                                                                                    zumindest fernsehvisuell in die Top-Liga der
                                                                                                                                    semipolitischen Ikonografie des Landes auf-
                                                                                                                                    gerückt. Den erfolgsverwöhnten Reinhard
                                                                                                                                    Müller freut es. Denn je häufiger sein bau-
                                                                                                                                    liches Aushängeschild als Bildmarke durch
                                                                                                                                    die bundesdeutschen Wohnstuben flimmert,
                                                                                                                                    desto zügiger scheint seine Vision für die Stadt
                                                                                                                                    von morgen Wirklichkeit werden zu können.
                                                                                                                                                                                 13
Titelthema                1 | 2014

     Vom EEG 1.0
     zum EEG 2.0
     Das Tauziehen um die
     Energiewende geht weiter

                                           Foto: Tom Bayer - Fotolia.com

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1 | 2014                                                                                                                                          Energiewende-Update

Viele Wege führen ins grüne Energiezeitalter – oder eben auch nicht. Was
für den einen der Schritt in die richtige Richtung, ist für den anderen ein teurer
Irrweg. Ob sich Politik, Energiewirtschaft und die diversen Interessenverbände in
Sachen Energiewende irgendwann einmal in die gleiche Richtung bewegen wer-
den, ist zurzeit schwer vorstellbar. Vielleicht muss dafür aber auch erst einmal die
eine große Frage beantwortet werden: Wie zentral und wie dezentral soll unsere
Energiewende umgesetzt werden?

Ein Beitrag von Heike Gruber
                                                            StrommiX in Deutschland 2013

    Wer sich derzeit ein Bild davon machen möchte, wie           Kernenergie 15,4 % (15,8)
es mit der Energiewende am besten weitergehen sollte,
der kann schon mal verzweifeln. Die Eckpunktepapiere             Braunkohle 25,8 % (25,5)
sprießen wie Pilze aus dem Boden, für jeden Vorschlag,           Steinkohle 19,7 % (18,5)
sei er nun von Umweltverbänden, Politik oder Wirt-
schaft, hagelt es Kritik. Wohltuende Einigkeit herrscht         Wind 7,9 % (8,0)
lediglich in einem Punkt: Mit der Energiewende soll es          Wasser 3,4 % (3,5)
weitergehen. Das war es dann aber auch schon mit der
Gemeinsamkeit, denn über das Wie und Wann hat jeder              Fotovoltaik 4,5 % (4,2)
seine ganz eigenen Vorstellungen.                                Sonstige Erneuerbare 7,6 % (7,1)
    Zurzeit dreht sich alles um das Erneuerbare-Energien-
Gesetz, kurz EEG. Das EEG ist eines der erfolgreichs-            Erdgas 10,5 % (12,1)
ten politischen Instrumente der vergangenen 14 Jahre.            Sonstige 5,2 % (5,3)                                     Vorjahr in Klammern
Im Jahr 2000 als Nachfolger des Stromeinspeisegesetz                                               Grafik-Datenquelle: AG Energiebilanzen e. V.
von 1991 in Kraft getreten, führte es dazu, dass sich
die erneuerbaren Energien dank Einspeisevorrang und
garantierter Einspeisevergütung von einem Nischenpro-       Der Strompreis steigt – und jetzt?
dukt zur Nummer 2 unter unseren Stromlieferanten            Doch in den letzten Jahren ist das EEG zunehmend in die
entwickeln konnten. Ihr Anteil an der Stromversorgung       Kritik geraten. Es ist von »Wildwuchs« der erneuerbaren
liegt heute bei rund 25 Prozent, Tendenz weiter steigend.   Energien die Rede und davon, dass die Energiewende
Neue Technologien zur Wind- und Sonnenstromerzeu-           viel zu teuer wird, wenn wir die Erneuerbaren weiter
gung wurden erfolgreich weiterentwickelt, zusätzliche       fördern wie bisher. Auslöser ist vor allem der steigende
Arbeitsplätze geschaffen, ein neuer florierender Wirt-      Strompreis. Der ist seit dem EEG-Einführungsjahr 2000
schaftszweig ist entstanden. Zahlreiche europäische         von 13,94 Cent pro Kilowattstunde auf 28,73 Cent/
und auch außereuropäische Länder haben das Modell           kWh im Jahr 2013 tüchtig gestiegen1.

                                                                                                                                                     ››
zur Förderung der erneuerbaren Energien inzwischen
adaptiert – das EEG »made in Germany« ist ein echter        1 Durchschnittlicher Strompreis eines Drei-Personen-Haushaltes bei einem
Exportschlager.                                             Jahresverbrauch von 3.500 kWh. Quelle: BDEW 4/2013

                                                                                                                                                                  15
Titelthema                                                                                                                               1 | 2014

     ››          Schuld an diesem Anstieg ist nicht allein das EEG,
             aber es ist Fakt, dass die im EEG festgelegte Umlage
             zur Förderung der erneuerbaren Energien ihren Anteil
             daran hat. Der Strompreis setzt sich aus zahlreichen
                                                                                             Keine gute Idee, finden Ökostromanbieter wie zum Bei-
                                                                                             spiel Greenpeace Energy, Naturstrom und die Elekt-
                                                                                             rizitätswerke Schönau und bemängeln unter anderem
                                                                                             eine geschmälerte Investitionssicherheit, insbesondere
             Einzelkomponenten zusammen, eine davon ist eben die                             für Bürgerenergiegenossenschaften und mittelständische
             EEG-Umlage. Diese wird aus der Differenz zwischen                               Unternehmen. Durch die enge Frist – das EEG 2.0 soll
             der Einspeisevergütung für Betreiber von Anlagen zur                            nach Gabriels Willen schon zum 1. August 2014 in Kraft
             Erzeugung erneuerbarer Energien und dem an der Strom-                           treten – würde vielen Projekten, die in der Planung bereits
             börse erzielten Preis gebildet (siehe Infografik S.20 ). Da                     sehr weit fortgeschritten sind, die Investitionsgrundlage
             immer mehr Grünstrom erzeugt wird, sinkt der Preis                              entzogen. Unterstützung bekommen die Grünstroman-
             an der Strombörse, während die Vergütungszahlungen                              bieter vom Bundesverband für Erneuerbare Energien,
             steigen, in der Folge steigt auch die EEG-Umlage. Aktuell                       BEE. »Direktvermarktung ist für kleinere Stromerzeuger
             entfallen 6,24 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf die                            ökonomischer Unsinn«, kritisiert BEE-Geschäftsführer
             EEG-Umlage, das sind etwas mehr als 18 Prozent des                              Dr. Hermann Falk. Nach seiner Auffassung ist es au-
             Strompreises, im Jahr 2000 waren es noch 0,20 Cent/                             ßerdem völlig falsch, den Ausbau der Windkraft an
             kWh oder rund 1,5 Prozent (siehe Grafik S.17)                                   Land und Fotovoltaik künstlich zu beschränken. »Mit
                                                                                             diesen Techniken wird der kostengünstigste Ökostrom
     So setzt sich der Strompreis zusammen                                                   hergestellt«, so Falk.
      Nettonetzentgeld 19,8 %                                                                    Vernünftig und begrüßenswert hingegen finden
                                                                                             einige Wirtschaftsverbände Gabriels Vorschlag, mit
      Abrechnung, Messung, Messstellenbetrieb 2,4 %                                          Verweis auf eine notwendige Synchronisation mit dem
      Steuern (Strom- und Umsatzsteuer) 22,9 %                                               Netzausbau. »Mehr Verlässlichkeit und Planbarkeit
                                                                                             beim Erneuerbaren-Zubau ist zwingend notwendig«,
      Konzessionssabgabe 5,7 %                                                               sagt zum Beispiel Hildegard Müller, Vorsitzende der
      Umlage nach EEG 18 %                                                                   BDEW-Hauptgeschäftsführung, und ergänzt: »Heute
                                                                                             erwarten wir von den Erneuerbaren nur, dass sie ökolo-
                      Umlage nach KWKG 0,4 %                                                 gisch Strom produzieren. Künftig müssen sie dies aber
                         Umlage nach §19 Strom-NEV 1,1 %                                     auch zuverlässig und ökonomisch tun.«

                           Umlage Offshore-Haftung 0,9 %                                     Befreiungsregeln neu gestalten
                           Energiebeschaffung 21,3 %                                         Anstelle von Vergütungskürzungen und Mengenbe-
                                                                                             grenzungen beim Zubau der Erneuerbaren setzen grüne
                           Vertrieb (inkl. Marge) 7,5 %                                      Politiker, Ökostromanbieter und Umweltverbände auf
                             Grafik-Datenquelle: Bundesnetzagentur, Monitoringbericht 2013   das Auflösen des Börsenparadox und den Abbau von
                                                                                             Industrierabatten. Laut einer Studie des Öko-Instituts
                  Diese Kostendynamik will Energieminister Gabriel                           im Auftrag der Agora Energiewende könnte die EEG-
              nun mit der Reform des EEG stoppen. Dafür will er bei                          Umlage um 1,2 Cent/kWh (das entspricht 20 Prozent) auf
             Neuanlagen die Vergütungszahlungen für die Einspei-                             5 Cent/kWh sinken, wenn das Volumen der Industrie-
             sung von Ökostrom reduzieren und den Zubau neuer                                Ausnahmen von derzeit 96 Prozent auf 90 Prozent gesenkt
             Anlagen deckeln. Für Windkraftanlagen an Land und                               und Eigenerzeuger stärker am Umlagemechanismus des
             für Solaranlagen sieht Gabriels »Eckpunktepapier für                            EEG beteiligt würden. »Wir sehen heute eine nicht mehr
             die Reform des EEG« einen jährlichen Zuwachs von                                vertretbare Ungleichbehandlung der Stromverbraucher«,
             jeweils 2,5 Gigawatt vor, für die Windenergie auf See                           erläutert Verena Graichen, Wissenschaftlerin und Ener-
             6,5 Gigawatt bis 2020 und 15 Gigawatt bis 2035. Au-                             gieexpertin am Öko-Institut. »Die großen Verbraucher
             ßerdem sollen nicht mehr wie bisher die Netzbetreiber                           werden im EEG entlastet; zusätzlich haben sich deren
             den grünen Strom an der Börse verkaufen, sondern die                            direkte Stromkosten durch die sinkenden Börsenstrom-
             Produzenten des Ökostroms sollen diesen in Zukunft                              preise deutlich verringert. Zukünftig müssen sich alle
             zunehmend selbst vermarkten.                                                    Verbraucher angemessen an den Kosten des EEG be-
16
1 | 2014                                                                                                                               Energiewende-Update

                                            EEG-Umlage: 0,2

   2000                                                    13,94
                                                                                                 Strompreis für
   2001                                                       14,32

   2002                                                               16,11                          Haushalte
   2003                                                                  17,19                                     Durchschnittliche Strompreise eines
                                                                                                                  Drei-Personen-Haushaltes in ct/kWh
   2004                                                                       17,96
                                                                                                                      Jahresverbrauch von 3.500 kWh
   2005                                                                          18,66
                                                                                                                   Erzeugung, transport, Vertrieb
   2006                                                                               19,46
                                                                                                                                Mehrwertsteuer
   2007                                                                                   20,64                             Konzessionssabgabe
                                                                                                                                    EEG-Umlage
   2008                                                                                         21,65
                                                                                                                                 KWK-Aufschlag
   2009                                                                                                 23,21                           §-19-Umlage
   2010                                                                                                  23,69
                                                                                                                           Offshore-Haftungsumlage
                                                                                                                                        Stromsteuer
   2011                                                                                                          25,23

   2012                                                                                                            25,89
                                                                                                                                             Grafik-Datenquelle:
   2013                                                                                                                      28,73          BDEW, Stand 4/2013

                                                                                              EEG-Umlage: 5,28

teiligen.« Von der EEG-Umlage befreit werden sollten          lich.« Ballhausen befürchtet, dass der Markteintritt der
dem Öko-Institut nach deshalb nur noch die Indus-             Brennstoffzelle scheitern könnte, und fordert vielmehr
trieunternehmen, die bereits in den Regelungen der EU         ein Technologieeinführungsprogramm für die innovative
zum Emissionshandel als besonders strompreissensitiv          Technologie, die »schwerpunktmäßig von der interna-
eingestuft werden und die tatsächlich im internatio-          tional starken deutschen Heizungsindustrie angeboten
nalen Wettbewerb stehen. Dies würde dann nur noch             wird«. Mit seiner Meinung steht auch er nicht allein
etwa 15 stromintensive Branchen treffen, wie etwa die         da. Der Verbund der Energieintensiven Industrien in
Aluminium-, Stahl-, Chemikalien- oder Papierindustrie.        Deutschland, EID, sieht in der Belastung der Stromei-
Außerdem schlägt das Öko-Institut vor, dass zukünftig         generzeugung zum Beispiel einen »unüberwindlichen
auch auf den Verbrauch von selbst produziertem Strom          Stolperstein«, der für die Branche nicht hinnehmbar sei.
– dieser ist bislang komplett von der Ökostromumlage
ausgenommen – eine geringe EEG-Umlage fällig wird.            Wettstreit um die besten Ideen
Auch das Eckpunktepapier von Sigmar Gabriel sieht             Es scheint, als ob das Dickicht aus Meinungen, Inter-
eine solche Beteiligung der Eigenstromerzeugung vor.          essen und daraus resultierenden Konzepten immer un-
    Damit kommen wieder neue Interessen ins Spiel. Wenig      durchdringlicher wird. Von den Wünschen der einzelnen
begeistert von dieser Idee zeigt sich beispielsweise die      Bundesländer mal ganz abgesehen. Die Energiewende
Initiative Brennstoffzelle (IBZ): »Die Bundesregierung        entwickelt sich immer mehr zu einem Tauziehen um
sollte sich klar zu ihrem gesetzlichen KWK1-Ausbauziel        die wirtschaftlichen Interessen einzelner Branchen und
und der Markteinführung von Brennstoffzellen beken-           Akteure. Und letzten Endes geht es dabei eigentlich im-
nen«, fordert IBZ-Sprecher Andreas Ballhausen. »Die           mer um die Frage, wie zentral und wie dezentral unsere
Anwendung der EEG-Umlage auf die Eigenstromerzeu-             Energiewende umgesetzt werden soll. Die meisten Wirt-
gung bei KWK-Anlagen führt zu Mehrbelastungen und             schaftsverbände und Großunternehmen setzen eher auf

                                                                                                                                          ››
macht Brennstoffzellen in vielen Fällen unwirtschaft-         Zentralität, Umweltverbände, Ökostromanbieter und
                                                              Energiegenossenschaften eher auf Dezentralität. Am Ende
1 Kraft-Wärme-Kopplung                                        zählt jedoch, welche Maßnahmen am ehesten geeignet
                                                                                                                                                            17
Titelthema                                                                                                                          1 | 2014

     ››   erscheinen, die Ziele der Energiewende zu erreichen.
          Diese, so scheint es, werden im Getöse der Diskussionen
          manches Mal nicht mehr gehört.
              Die Energiewende sollte einmal Deutschlands wich-
                                                                              Emissionshandel als Ursache ins Spiel gebracht. Es ist
                                                                              ja auch durchaus bequem, die Schuld einem anderen,
                                                                              nämlich Europa, in die Schuhe schieben zu können.
                                                                              Die Versuche der Bundesregierung, dieses Instrument
          tigster Beitrag zum Klimaschutz sein. Wir wollten au-               wieder zum Laufen zu bringen, erscheinen jedenfalls
          ßerdem unabhängiger von fossilen Ressourcen und                     nur halbherzig. Das könnte auch daran liegen, dass
          Energieimporten werden und wir wollten auf deutlich                 einflussreiche Stimmen, wie beispielsweise Nordrhein-
          weniger risikoreiche Energieträger setzen als auf die               Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, auf
          Atomkraft.                                                          die Unverzichtbarkeit der heimischen Braunkohle für
              Der zunehmende Anteil der erneuerbaren Energien                 Systemstabilität und Versorgungssicherheit pochen. So
          ist auf jeden Fall gut fürs Klima. Die Gleichung scheint            lange die Braunkohle politisch noch gewollt ist, wird
          doch auch ganz einfach: Je mehr Strom aus Wind und                  es jedoch schwer sein, die klimapolitischen Ziele zu
          Sonne wir erzeugen, desto geringer werden unsere kli-               erreichen.
          maschädigenden Emissionen. Deshalb wäre es durchaus                     Ein weiteres, ganz wesentliches Ziel, der Verzicht auf
          logisch, den Zuwachs der Erneuerbaren möglichst wenig               die Atomkraft, ist gesellschaftlich fest zementiert – noch.
          auszubremsen und das rasche Wachstum der vergangenen                Das Reaktorunglück in Fukushima ist nun ziemlich
          Jahre weiter zu fördern. Allerdings, das haben wir in               genau drei Jahre her. Wie lange wird der Schrecken
          den letzten Monaten gemerkt, hat die Sache doch einen               von damals noch anhalten, der die Energiewende in
          gewaltigen Haken: Anstelle der Kohlekraft hat der Strom             Deutschland erst so richtig ins Rollen gebracht hat?
          aus Wind und Sonne die umweltschonenderen Gaskraft-                 Wenn die Strompreise weiter steigen und weiterhin Ne-
          werke vom Markt verdrängt. Es entsteht ein Problem,                 gativnachrichten wie die der steigenden CO2-Emissionen
          mit dem wir nicht gerechnet haben: Obwohl rund ein                  die Schlagzeilen beherrschen, könnte die Stimmung
          Viertel unseres Stroms heute aus erneuerbaren Energien              irgendwann kippen.
          stammt, steigen unsere CO2-Emissionen. Gerne wird
          an dieser Stelle der nicht funktionierende europäische

                          Planungssicherheit ist aus Investoren-
                          sicht unerlässlich

           Ein Kommentar von Michael Riechel, Mitglied des Vorstands der Thüga Aktiengesellschaft,
           Geschäftsführer der Thüga Erneuerbaren Energien GmbH&Co. KG und Vizepräsident des DVGW.

                                       Wir begrüßen die schnelle Vorla-            Eine klare Mengensteuerung für den Zubau von Erneuerba-
                                       ge des EEG-Eckpunktepapiers. Pla-      ren mit einem Korridor von 2,4 bis 2,6 Gigawatt pro Jahr halten
                                       nungssicherheit ist aus Investo-       wir für sinnvoll. Den atmenden Deckel sehen wir jedoch aufgrund
                                       rensicht unerlässlich. Wesentliche     der langen Projektentwicklungszeiträume bei der Windkraft eher
                                       Aspekte der EEG-Novelle – wie die      kritisch. Wir sind für eine Verlängerung der Geltungsdauer der
                                       Direktvermarktung und das klare        Einspeisevergütung für neue Windanlagen auf 24 Monate. Der
                                       Bekenntnis zu Windkraft onshore –      Vergütungszeitraum beim neuen Referenzertragsmodell ist aus
                                       sehen wir positiv. Weiter befürwor-    unserer Sicht besonders bei windstarken Standorten zu stark
                                       ten wir, die Förderhöhe erneuerbarer   verkürzt. Windstarke Standorte werden hiernach unwirtschaft-
          Energien künftig durch Ausschreibungen im Wettbewerb zu er-         lich. Dieser Effekt kann so nicht gewollt sein. Sichergestellt sein
          mitteln. Der Erfolg dieses neuen Instrumentes wird jedoch stark     sollte auch, dass Standorte mit einer Standortqualität von unter
          von der konkreten Ausgestaltung abhängen. Es ist aus unserer        77,5 Prozent 20 Jahre die Anfangsvergütung des EEG erhalten.
          Sicht sinnvoll, Windkraft-Investoren hier frühzeitig in den Ge-     Hier ist die Formulierung im Eckpunktepapier zumindest missver-
          setzgebungsprozess mit einzubinden. Wir plädieren weiterhin         ständlich. Anstatt den Repowering-Bonus ersatzlos zu streichen,
          dafür, generell neue Windanlagen, die bis Ende 2014 in Betrieb      ist es unserer Ansicht nach notwendig, ökologisch und volkswirt-
          gehen, nach dem EEG 1.0. zu fördern und vom geplanten Frist-        schaftlich sinnvolle Projekte noch für eine Übergangszeit in mo-
          ende für den Bestandsschutz am 22. Januar 2014 abzusehen.           difizierter Form zu fördern.

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1 | 2014                                                                                                                         Energiewende-Update

                         Ein Kommentar von Dr. Utz Tillmann,                       trag zugesagten Vertrauensschutz in Frage. Jene
                         Hauptgeschäftsführer des Verbandes der                    Chemie-Unternehmen, die ihren Strom in eigenen
                         Chemischen Industrie e. V. (VCI)                          Kraftwerken durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
                                                                                   mit optimaler Energieausbeute herstellen, hätten
            Die Bundesregierung muss die Belastung                                 Mehrkosten von über 130 Millionen Euro im Jahr.
            beim Eigenstrom zurücknehmen                                           Dies würde Bestandsanlagen unrentabel und neu-
                                                                                   en Investitionen den Garaus machen.
                                        Bis heute ist die Energiewende nicht           Die Bundesregierung muss die Belastung beim
                                        nachhaltig aufgestellt: Das EEG verur-     Eigenstrom zurücknehmen und für das EEG eine
                                        sacht 2014 Kosten von 23 Milliarden        Lösung finden, die der Wettbewerbsfähigkeit der
                                        Euro für Wirtschaft und Verbraucher        energieintensiven Industrie nicht schadet. Daran
                                        und gefährdet Netzstabilität und Ver-      hängen Investitionen und Arbeitsplätze, und auch
                                        sorgungssicherheit durch den unge-         der Erfolg der Energiewende: Ohne die Produkte
                                        hemmten Ausbau erneuerbarer Energi-        und Vorleistungen der energieintensiven Unter-
                                        en. Mit ihrem Eckpunktepapier hat die      nehmen dreht sich kein Windrad, funktioniert kei-
                                        Bundesregierung versucht, die Kosten-      ne Solarzelle, fährt kein Elektro-Auto.
                                        explosion in den Griff zu bekommen.            Die EEG-Reform muss zudem mit den Vorga-
           Die Vorschläge packen das Problem jedoch nicht an der Wurzel. Die       ben der EU kompatibel sein. Die besondere Aus-
           Ausbaugeschwindigkeit bei den Erneuerbaren wird begrenzt, ist           gleichsregelung im EEG steht in Brüssel auf dem
           aber zum Beispiel beim teuren Offshore-Wind noch so hoch, dass          Prüfstand. Hier besteht keinerlei Spielraum für
           die Kostenbremse nicht wirkungsvoll greift.                             eine weitere Kostenbelastung. Industrie und Bun-
               Das Eckpunktepapier bringt ein neues Problem für die Chemie:        desregierung müssen daher gemeinsam dafür
           Die Bundesregierung will künftig auch die Eigenstromerzeugung be-       eintreten, dass die EU-Kommission ihre einschrän-
           lasten, sogar für bestehende Anlagen. Diese – auch aus umweltpoli-      kenden Vorgaben zur Entlastung der Industrie
           tischer Sicht – fragwürdige Verschärfung stellt den im Koalitionsver-   wettbewerbsfreundlicher ausgestaltet.

                                            Ein Kommentar von Thorben Becker,                            Aber mit der Windenergie an Land droht ausge-
                                            Leiter Energiepolitik beim Bund für Umwelt- und         rechnet die kostengünstigste erneuerbare Energie
                                            Naturschutz Deutschland (BUND)                          ausgebremst zu werden. Ziel einer Überarbeitung
                                                                                                    der Förderung muss ein dynamischer Windenergie-
                              EEG 2.0. darf Energiewende in Bürger-                                 ausbau in ganz Deutschland sein und eben gera-
                              hand nicht ausbremsen!                                                de keine Beschränkung auf die »guten« Standorte.
                                                                                                    Damit droht der verbrauchsnahe Ausbau der Wind-
                                                         Die Ausbauziele der Bundesregierung        energie in Süddeutschland zum Erliegen zu kom-
                                                         sind deutlich zu niedrig und bedeuten      men. Gefährlich ist auch die Ankündigung, schon
                                                         ein Ausbremsen der realen Ausbaudy-        im April länderspezifische Regeln über Mindestab-
                                                         namik. Der BUND fordert, ein Ziel von      stände zur Wohnbebauung zu ermöglichen. Es be-
                                                         mindestens 45 Prozent bis 2020 ins         steht dann die Gefahr, dass einzelne Länder, wie
                                                         EEG zu schreiben.                          z. B. Bayern oder Sachsen, dies zu einer Verhinde-
                                                             Umgesetzt werden soll der Aus-         rungsplanung nutzen.
                                                         baukorridor nach den Eckpunkten von             Sehr problematisch ist der für spätestens 2017
                                                         Sigmar Gabriel durch sogenannte »at-       vorgesehene Wechsel der Förderung der Erneuer-
                                                         mende Deckel« für Wind-Onshore und         baren. Dann soll die Förderhöhe durch Ausschrei-
                             Fotovoltaik von je 2.500 MW pro Jahr. Wie jeder Deckel wäre so eine    bungen festgelegt werden. Zwar betont der Ko-
                             Regelung Gift für die Investitionssicherheit und damit ein Problem     alitionsvertrag zu Recht das Ziel einer breiten
                             für die Ausbaudynamik insgesamt, aber vor allem ein Problem für        Beteiligung der Bürger und das Fortbestehen einer
                             Bürgerprojekte ohne Risikokapital. Vernünftig ist es, die Ausbauzie-   breiten Vielfalt der Akteure am Ausbau der erneu-
                             le der Offshore-Windenergie der Realität anzupassen und den wei-       erbaren Energien. Ausschreibungen bevorzugen
                             teren Ausbau der Biomasse überwiegend auf Abfall- und Reststoffe       jedoch große Investoren mit ausreichend Risiko-
                             zu begrenzen. Aber: Gerade wer diese richtigen Begrenzungen vor-       Kapital. Alle Ausschreibungsmodelle in anderen
                             nimmt, der muss einen dynamischen Ausbau von Wind-Onshore und          Ländern haben zu höheren Kosten als das deut-
                             Fotovoltaik ermöglichen.                                               sche EEG geführt.

                                                                                                                                                   19
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