ÖSTERREICHS ENERGIE-WIRTSCHAFT IM FOKUS DIE BRANCHE IM UMBRUCH - WWW.PWC.AT - PWC ÖSTERREICH
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Inhalt Vorwort Executive Summary 1. Der österreichische Markt: Wo stehen wir heute? 10 1.1 Erzeugungsportfolio im Umbruch 10 1.2 Konstanter Verbrauch trotz Wirtschaftswachstums 11 1.3 Verfall der Marktpreise und deren Auswirkung auf die 12 Endkundenpreise 1.4 Etablierte Energieversorger dominieren den Markt 13 1.5 Versorgungssicherheit der Stromnetze im internationalen 14 Spitzenfeld 1.6 Vom natürlichen Monopol zum geregelten Markt 16 2. Das fordernde Umfeld der Energiewirtschaft 17 2.1 Energieeffizienzgesetz – Wirkung, Kosten und Planungssicherheit 17 2.2 Emissionshandel – Politische Ziele und wirtschaftliche Realität 21 2.3 Marktveränderungen – Disruption versus Wettbewerb 24 2.4 Virtuelle Kraftwerke – Die Antwort auf flexible Strommärkte 26 2.5 Versorgungssicherheit – So stellen sich Österreichs Unternehmen auf 30 3. Chancen und Risiken der Digitalisierung 34 3.1 Big Data – Verschläft die österreichische Energiewirtschaft den 34 Eintritt ins digitale Zeitalter? 3.2 Tarifmodelle der Zukunft – Kommt die Energieflatrate? 36 3.3 Speichertechnologien – Steht ein radikaler Umbruch bevor? 38 3.4 Kooperationen als Absicherung gegen disruptive Player? 42 3.5 Blockchain-Technologien – Brauchen wir die Stromlieferanten 44 in Zukunft noch? Handlungsempfehlungen für energieintensive Industrieunternehmen, 48 Stromlieferanten und Netzbetreiber 50 Befragte Unternehmen 52 Kontakt 53 Quellenverzeichnis 53 Autoren 54 Abkürzungsverzeichnis
Vorwort Ein sich änderndes Kundenverhalten, die Dezentralisierung der Erzeugung, Verwerfungen auf den Strommärkten und Regulierungswut – die Energiewirtschaft ist unter Druck. Und der Druck steigt stetig: Die Digitalisierung wird die energiewirtschaftliche Wertschöpfungs- kette in den nächsten Jahren umkrempeln. Noch gelingt es nicht, auslaufende Geschäfts- modelle und sinkende Erträge durch neue Ideen zu kompensieren. Energieintensive Industrieunternehmen profitieren von den Veränderungen der Strommärkte und konnten durch den Verfall der Großhandelspreise ihre Energiekosten in den letzten Jahren reduzieren. Mehr noch: Sie werden immer öfter direkte Marktteilnehmer, zum Teil sogar Wettbewerber ihrer Lieferanten – wenn sie etwa neue Einnahmequellen am Regele- nergiemarkt generieren. Wohin verändern sich bisherige Geschäftsmodelle durch die technologische Entwicklung? Das ist heute noch nicht absehbar. Blockchain-Technologien, die bereits in der Finanzwelt Einzug gehalten haben, erobern mittlerweile auch die Energiewirtschaft. Bilaterale Ener- gieverträge werden bereits jetzt in Pilotprojekten umgesetzt, und Big Data hat sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens etabliert. Die flächendeckende Smart-Meter Einführung bringt eine neue Datenflut, die es gewinnbringend zu nutzen gilt. Was wir aber sehen: Energieversorger erkennen oft noch nicht alle Chancen und Risiken, das Bild ist unscharf. Grund genug für uns, eine Erhebung zum Status quo der Stakeholder in der österreichischen Stromwirtschaft durchzuführen. Dabei haben wir nicht nur die Fakten analysiert und ein Stimmungsbild des Stromsektors gezeichnet – wir haben darüber hinaus die Möglichkeiten, aber auch die Gefahren, rund um die Digitalisierung untersucht und konkrete Handlungsempfehlungen für Energieversorger und industrielle Großverbrau- cher ausgearbeitet. Danke an alle, die an der Entstehung dieser Studie mitgewirkt haben! Ein ganz besonderes Dankeschön geht dabei an unsere Umfrage- und Interviewpartner – die Meinungen und Ansichten der Experten der betroffenen Branchen haben die Studienergebnisse sehr bereichert. Michael Sponring Leiter Power & Utilities bei PwC Österreich Wien, September 2016
Executive Summary Im Rahmen dieser Studie wurden 150 Unternehmen aus der Energie- Großer Nachholbedarf bei Big wirtschaft und der energieintensiven Industrie zu aktuellen Rahmen- Data bedingungen sowie zu zukünftigen Entwicklungen der Branche befragt. Des Weiteren wurden Tiefeninterviews mit ausgewählten Führungs- 33 % der befragten Stromlieferan- kräften von Großunternehmen durchgeführt. ten geben an, dass die Speicherung von Daten zu Analysezwecken in Nachstehend werden die zehn Hauptaussagen zusammengefasst. Mittels den nächsten fünf Jahren noch konkreten Handlungsfeldern werden Empfehlungen für die Unterneh- nicht vorgesehen ist. Die Industrie men der Industrie und der Energiewirtschaft abgegeben. ist hier der Energiewirtschaft vor- aus. 43 % der Industrieunterneh- men analysieren spezifische Daten, um neue Produkte einzuführen. Mit der Smart-Meter Einführung wird die Datenflut zunehmen und Bedrohung durch branchen- somit auch die Möglichkeiten fremde Akteure zur Datenanalyse. Um wettbe- werbsfähig zu bleiben, muss ein 76 % der Energieversorger neh- zukunftsorientiertes EVU auf diese men eine Bedrohung durch Entwicklungen mit einer weitrei- branchenfremde Akteure wahr. chenden Digitalisierungsstrategie Dennoch richtet ein Großteil der reagieren. Energieversorger die Unterneh- mensstrategie nur geringfügig Energiemarkt im Wandel: danach aus. 70 % der Stromliefe- Blockchain-Technologie führt ranten erachten die Ausweitung Revolution an des Produktportfolios als einen guten Ansatz, um sich gegen bran- Via Blockchain kann Strom auto- chenfremde Akteure zu wappnen. matisiert bilateral (P2P) zwischen Allerdings sehen nur 2 % der Erzeugern und Verbrauchern per Industrieunternehmen, die bereits Algorithmus gehandelt werden. einmal den Anbieter gewechselt So ist es möglich, dass einzelne haben, in Zusatzleistungen einen Marktfunktionen, wie z.B. Clea- Hauptgrund für den Wechsel. ringstellen, Energielieferanten Haushaltskunden lassen sich im usw., durch Blockchain-Techno- Gegensatz dazu vermehrt mit logie ersetzt werden. Ein Durch- Zusatzleistungen an den Versorger bruch dieser Technologie würde binden. den Stromhandel revolutionieren.
Energieflatrate: Energieeffizienz Speichertechnologien werden Dezentrale Anlagen, zentrales als große Herausforderung den Markt stark verändern IT-System: Virtuelle Kraftwerke Die bestehenden Tarifmodelle Der Mobilitätssektor ist ein Tech- Virtuelle Kraftwerke sind eine werden mit hoher Wahrscheinlich- nologietreiber für Batteriespeicher. Möglichkeit, um viele dezentrale keit nicht den zukünftigen Anfor- Rund 50 % der befragten Indust- Erzeugungs- und Verbrauchsanla- derungen der Kunden bzw. den rieunternehmen beabsichtigen bis gen gemeinsam über ein zentrales geänderten Marktbedingungen 2020 Elektroautos in den Fuhrpark IT-System zu vermarkten. Etablier- gewachsen sein. 39 % der befrag- aufzunehmen. Im Haushalts- te Energieversorger nützten bisher ten Industrieunternehmen und bereich mehren sich auf Grund diese Möglichkeiten kaum. 10 % 37 % der Stromlieferanten halten fallender Produktionskosten die der energieintensiven Unterneh- die Einführung einer Energieflat- Angebote für Batteriespeicherlö- men haben ihren Stromverbrauch rate bis 2020 für wahrscheinlich. sungen. Durch die Dezentralisie- bereits an die Preissituation am Ein großes Thema wird dabei die rung der Stromerzeugung wird die Strommarkt angepasst. Eine Ausgestaltung von Anreizsystemen Bedeutung von Stromspeichern ähnliche Anzahl energieintensiver sein, damit eine entsprechende in Zukunft weiter zunehmen und Unternehmen ist bereits selbst zum Flatrate nicht zu einem zusätzli- Auswirkungen auf die bisherigen Regelenergieanbieter geworden. chen unnötigen Stromverbrauch Geschäftsmodelle der etablierten führt. Energieversorger haben.
Energieeffizienzmaßnahmen: Internationale Verpflichtungen machen Druck 79 % der befragten energieintensi- ven Industrieunternehmen gaben an, ausgehend vom aktuellen Erweiterung des Kompetenz- Stand bis 2020 ein Energieein- bereichs durch Kooperationen sparpotenzial von weniger als 10 % zu sehen. Trotzdem wurden 2015 Etablierte Energieversorger stehen in Österreich fast doppelt so viele vor der Herausforderung, den Energieeffizienzmaßnahmen als Wandel hin zu einem modernen gesetzlich benötigt gesetzt, wo- Energiedienstleister zu schaffen. durch das Maßnahmenziel bis Kooperationen mit Start-ups und 2020 ohne größere Schwierigkei- branchenfremden Unternehmen ten erreicht werden sollte. Ob die bieten eine gute Möglichkeit zur gemeldeten Maßnahmen immer in Erweiterung des eigenen Kompe- einer Verbrauchsreduktion resul- tenzbereichs. Dabei können neues tieren, wird von den zuständigen Wissen aufgebaut sowie bestehen- Behörden nicht geprüft. de Kernkompetenzen durch neue Ansätze vertieft werden. Emissionszertifikate stehen vor einem Neustart Österreichs Versorgungssicher- heit im europäischen Spitzenfeld Der Preis für Emissionszertifikate ist mit Beginn der Wirtschaftskrise 63 % der energieintensiven Unter- 2008 sowie dem daraus resultie- nehmen gaben an, dass ihnen im renden Mengenüberschuss einge- Falle einer Stromunterbrechung brochen, wodurch die Zertifikate unmittelbar ein wirtschaftlicher ihre Lenkungswirkung verloren Schaden entsteht. Daher investier- haben. Auf Grund des deutlichen ten bereits 58 % der Unternehmen Überschusses an Zertifikaten am in Notstromaggregate oder Batteri- Markt ist nicht absehbar, wann die en, sodass im Falle einer Stromun- von der EU gesetzten Maßnahmen terbrechung die Aufrechterhaltung zur Preisstabilisierung greifen und der Produktion gewährleistet wer- den gewünschten Effekt zeigen. den kann. In Österreich hatte 2014 im Durchschnitt jeder Netzkunde weniger als 70 Minuten keinen Strom zur Verfügung. Im europä- ischen Vergleich liegt Österreich damit im Spitzenfeld.
Handlungsfelder Handlungsfelder für Stromlieferanten für energieintensive und Netzbetreiber Industrieunternehmen • Design einer Digitalisierungs- • Energiestrategie an Markt- strategie verhältnisse anpassen • Datenanalyse ins Geschäfts- • Flexibilitäten nutzen und modell integrieren vermarkten • Innovationen fördern • Teilnahme an Energie- • Transformation zum effizienznetzwerken Energiedienstleister • Aktives Energiemanagement • Neue Kooperationspartner • Versorgungssicherheit planen suchen PwC 9
1. Der österreichische Markt: Wo stehen wir heute? Grafik 1: Installierte Leistung und Energieaufbringung Strom ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Energieträger, den wir tagtäglich in jedem Augenblick direkt oder indirekt nutzen. Neben Installierte Leistung 2010 2015 Energieaufbringung 2010 2015 in MW in GWh zahlreichen technischen Anforde- Laufkraftwerke 5.396 5.662 rungen gibt es sowohl auf euro- Laufkraftwerke 26.741 25.551 päischer als auch auf nationaler Speicherkraftwerke 7.524 7.994 Speicherkraftwerke 13.123 13.180 Ebene eine Vielzahl an Regularien. Wärmekraftwerke 7.431 7.768 Wärmekraftwerke 19.596 12.121 Bevor wir ab Kapitel zwei auf die Erneuerbare 1.054 3.212 Erneuerbare 2.096 5.421 Ergebnisse unserer Studie einge- – - - Sonstige 290 573 hen, geben wir in diesem ersten – - - Importe 19.855 29.276 Kapitel einen kurzen Überblick zur Summe 21.404 24.637 Summe 81.700 86.122 bisherigen Entwicklung sowie zur aktuellen Situation des österreichi- Quelle: E-Control schen Energiemarktes. 1.1 Erzeugungsportfolio im durch Subventionen weiter vor- Umbruch angetrieben. Das Gesetz fördert Erzeugungsanlagen, welche Strom Verbesserung der CO2-Bilanz aus erneuerbaren Energien wie durch Ökostromgesetz Biomasse, Geothermie, Sonne, Österreich hat mit einem über Wind und Wasser (maximale Eng- 60-prozentigen Anteil von Was- passleistung 10 MW) produzieren. serkraft an der gesamten Erzeu- Ende 2015 lag der Anteil an der gungsleistung im internationalen gesamten installierten Leistung Vergleich eine überdurchschnitt- von diesen Erzeugungsanlagen lich gute Ausgangssituation. Ab bereits bei insgesamt 14,8 % und dem Jahr 2002 wurde mit der diese erzeugten bereits 14,1 % der ersten Version des Ökostromgeset- gesamten Strommenge. zes der Ausbau der erneuerbaren Energien (ohne Großwasserkraft) 10 PwC
Grafik 2: Stromverbrauch 2015 in Österreich in GWh gaskraftwerke zu Verlustbringern der Energieversorger. 2014 trugen Netzverluste 3.327,4 sie nur mehr mit einem Anteil von Exporte 19.114,1 (2010: 4.571,3) 5 % zur nationalen Stromaufbrin- (2010: 17.362,8) gung bei, obwohl ihr Anteil an der installierten Kraftwerksleistung bei 20 % lag. 1.2 Konstanter Verbrauch trotz Wirtschaftswachstums Speicherverbrauch Endverbrauch 5.047,8 Industrie ist größter Strom- 57.416,7 (2010: 3.351,2) (2010: 55.005,3) verbraucher Die Industrie ist in Österreich für Kraftwerk-Eigenverbrauch 1.215,5 über 50 % der gesamten Strom- (2010: 1.408,4) nachfrage verantwortlich, gefolgt Endverbrauch in 2010 2015 von den Haushalts- und Gewer- GWh im Detail bekunden. Die Landwirtschaft Haushalt 13.439,3 13.138,2 wird weitestgehend noch von Gewerbe und sonst. Klein- 9.234,4 8.457,6 anderen Energieträgern dominiert kunden und weist somit nur einen Anteil Landwirtschaft 10.474,5 1.407,3 von 2 % des Endverbrauchs von Strom auf. Der Strombezug durch Kleine Industrie 9.647,5 10.260 Pumpspeicherkraftwerke nimmt Mittlere mit rund 6 % einen durchaus 9.491,2 10.161 Industrie signifikanten Anteil am gesamten Großindustrie 11.947,3 14.393,9 Stromverbrauch ein. Quelle: E-Control Kopplung zwischen Wirtschaftswachstum und Stromverbrauch nicht mehr vorhanden Erneuerbare Energien und Kraftwerke wie z.B. Gaskraftwerke Lange Zeit war der Energiever- Stromimporte verdrängen aus dem Markt (Merit-Order-Ef- brauch stark an das Wirtschafts- fossile Kraftwerke fekt). Durch den starken Ökostrom- wachstum gekoppelt. In den ver- Die Stromproduktion von erneu- ausbau in Deutschland gelangt auf gangenen Jahren reduzierte sich erbaren Energien wie Wind oder Grund der gemeinsamen Preiszone jedoch diese Abhängigkeit. Von Photovoltaik ist abhängig von den zeitweise günstiger Strom nach Ös- 2010 bis 2014 ist die Wirtschaft Wetterverhältnissen und somit terreich. Folglich ist es in bestimm- um insgesamt über 6 % gewach- nicht direkt steuerbar. ten Fällen vorteilhaft Strom zu sen, wobei der Gesamtstromver- importieren, anstatt auf inländische brauch in diesem Zeitraum nahezu Fossile Kraftwerke haben den fossile Wärmekraftwerke zurückzu- konstant blieb. Allerdings gab es Vorteil, dass sie sich direkt über den greifen. Zwischenzeitlich weist die Verbrauchsverschiebungen zwi- Brennstoffmengeneinsatz steuern vormals ausgeglichene Stromhan- schen den Sektoren. Der Verkehr lassen. Bei entsprechenden Wetter- delsbilanz einen starken Import- verzeichnete beispielsweise einen verhältnissen drängen erneuerbare überschuss auf. Auf Grund der Verbrauchsrückgang um 11 %, im Energien auf Grund der niedrigeren geringen Stromgroßhandelsprei- Dienstleistungssektor nahm der variablen Kosten (keine Brenn- se und höheren variablen Kosten Stromverbrauch im Vergleichszeit- stoffkosten) die teureren fossilen wurden die österreichischen Erd- raum um 6 % zu. PwC 11
1.3 Verfall der Marktpreise und Grafik 3: Strompreisentwicklung der letzten fünf Jahre deren Auswirkung auf die End- Cent/kWh kundenpreise 12,00 Großhandelspreise fiir 10,00 Strom in den letzten fünf 8,00 Jahren eingebrochen Die Strom-Großhandelspreise sind 6,00 in den letzten fünf Jahren deutlich 4,00 gesunken. Das ist vor allem auf 2,00 die vermehrte Einspeisung von Ökostrom im gemeinsamen Markt 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 mit Deutschland zurückzuführen, da dadurch die teureren konventi- Haushalt Max. onellen Kraftwerke aus dem Markt EEX Frontjahr Baseload (Reuthers) verdrängt wurden. Haushalt Durchschnitt Haushalt Min. An der Strombörse können mittels Quellen: Thomson Reuters, E-Control Strom-Futures Strompreise für die kommenden Jahre fixiert werden. Die Preistendenz dieser Terminge- schäfte zeigt, dass der Strompreis auch in den kommenden Jahren auf niedrigem Niveau bleiben In beiden Märkten lassen sich ein Netznutzungsentgelt sowie ein wird. Diesen Trend hat darüberhi- erhebliche Preisunterschiede zwi- Netzverlustentgelt ein. Zusätzlich nausgehend der Verfall der Groß- schen den teuersten und billigsten werden Ökostrombeiträge addiert, handelspreise für Kohle, Erdgas Anbietern feststellen. Wie die Gra- deren Höhe von der Netzebene und Erdöl zusätzlich begünstigt. fik zeigt, ist der Preis des teuersten abhängen. Darüber hinaus kann Stromlieferanten für Haushalts- von der jeweiligen Gemeinde Große Preisunterschiede kunden teilweise mehr als doppelt zusätzlich eine Gebrauchsabgabe bei Gewerbe- und Haushalts- so hoch als der Preis des günstigs- verrechnet werden. Vor Ermittlung kunden ten Anbieters. der Umsatzsteuer wird noch die Die von der E-Control veröffent- Elektrizitätsabgabe in Höhe von lichte Endkundenpreisentwick- Im Industriebereich orientiert sich 1,5 Cent pro kWh dazugezählt. lung zeigt, dass der Strompreis der Strompreis noch stärker an der für Haushaltskunden weniger von Börsenentwicklung bzw. ist dieser Folglich ergibt sich, dass der größ- den Strom-Großhandelspreisen teilweise auch direkt daran gekop- te Kostenblock bei einem Anbie- abhängt, als bei den Gewerbekun- pelt. terwechsel nicht beeinflussbar ist. den. Zudem können bei Gewerbe- Der Stromlieferant kann lediglich kunden abhängig von der Netzebe- Großteil der Stromkosten die Höhe des verrechneten Ener- ne geringere Abgaben anfallen. nicht beeinflussbar giepreises bestimmen. Bei einem In Österreich setzt sich der End- durchschnittlichen Wiener Haus- kundenpreis aus Stromkosten, halt lag dieser Anteil Anfang 2016 Netzentgelten und Abgaben bei nur 31,5 % der Gesamtkosten. zusammen. Der Netzbetreiber hebt 12 PwC
Grafik 4: Zusammensetzung Strompreis. Haushalt mit Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden Strom, Wien Stromlieferung (Energie) 31,5 % 13,6 % Ökostromförderkosten Steuern und 3,5 % Gebrauchsabgabe Abgaben 7,2 % 41,2 % Elektrizitätsabgabe 16,7 % Umsatzsteuer 0,2 % KWK-Pauschale (Kraft-Wärme-Kopplung) Netzkosten 27,3 % Quelle: E-Control, Stand 28. Jänner 2016 1.4 Etablierte Energieversorger dominieren den Markt Hohe Konzentration im Markt Grafik 5: Marktanteil der Stromanbieter im Haushalt Trotz des liberalisierten Marktes und über 145 Lieferanten wird der Strommarkt weiterhin von weni- 19,9 % 20,7 % 21,8 % gen Marktteilnehmern dominiert. Die größten zehn Lieferanten versorgen über 70 % der Gewerbe- kunden und nehmen bei den Haus- Restliche halten sogar einen Marktanteil von Lieferanten 80,1 % 79,3 % 78,2 % rund 80 % ein. 10 größten Lieferanten 2013 2014 2015 Wenig Lieferantenwechsel durch mangelndes Wissen Quelle: E-Control 2014 wechselten 5,1 % der Indus- trieunternehmen den Stromliefe- ranten. Im Haushaltsbereich lag die Quote im Vergleich dazu bei 3,7 %. Im 5-Jahres-Durchschnitt haben die Wechselquoten ange- zogen, verharren jedoch speziell im Haushaltsbereich im Vergleich zu Deutschland, mit einer Wech- selquote von rund 8 %, auf einem niedrigen Niveau. Tarifwechsel innerhalb eines Versorgers wurden hierbei nicht berücksichtigt. PwC 13
Diese statistischen Ergebnisse Grafik 6: Wechselquoten im Haushalt für ausgewählte europäische Länder konnten in der durchgeführten Studie bestätigt werden. 28 % der Industrieunternehmen gaben an, noch nie den Stromanbieter ge- 10,3 % wechselt zu haben. Ebenso konn- 9,2 % ten 27 % der Befragten nicht die 8,1 % 8,1 % Auswirkungen der Strommarkt- 6,4 % liberalisierung auf ihr Geschäft 3,7 % 4,9 % 4,6 % 4,2 % bewerten. Das lässt den Schluss zu, dass bei Stromkunden das Be- 1,4 % wusstsein über erzielbare Einspa- rungen durch einen Lieferanten- wechsel nicht stark ausgeprägt ist Österreich Tschechien Deutschland Schweden Italien und somit häufig mögliche finanzi- elle Einsparungen nicht realisiert 2014 werden. 5 Jahres Schnitt (2008-2013) Quelle: Council of European Energy Regulators Preis als Hauptgrund für Anbieterwechsel bei Indust- riekunden, Bündelangebot mit Gas kann aber punkten 53 % aller befragten Industrieun- ternehmen, die mindestens einmal gewechselt haben, sahen im Preis den Hauptgrund für einen Wech- 1.5 Versorgungssicherheit der Ökostromgesetz erhöht sel. 37 % der Befragten gaben an, Stromnetze im internationalen die Anforderungen an die ein gutes Paket zu schätzen und Spitzenfeld Stromnetze beispielsweise neben Strom auch In den vergangenen Jahren hat der Gas einzukaufen. Weit abgeschla- Österreich bei der Versor- Anteil kleiner dezentraler Erzeu- gen wurde mit 7 % der Bezug gungssicherheit vorbildlich gungsanlagen deutlich zugenom- von Ökostrom als drittwichtigster Die Verfügbarkeit des Stromnetzes men. Neben rund 70.000 Photovol- Grund genannt. ist in Österreich aktuell auf dem taikanlagen wurden bis Ende 2015 höchsten Stand seit zehn Jah- insgesamt 1.119 Windkraftanlagen ren und befindet sich auf einem mit einer Gesamtleistung von europäischen Spitzenniveau. Der 2.409 MW installiert. durchschnittliche österreichische Stromkonsument hatte 2014 rund Bisher wurden die Großkraftwerke 0,8 Stromunterbrechungen und meist an Standorten in der Nähe hatte 67,92 Minuten lang keinen von Verbraucherzentren angesie- Strom zur Verfügung. Die Anzahl delt. Da auf Grund der Ökostrom- der unangekündigten Unterbre- gesetzgebung die Anzahl der chungen ist im Vergleich zu 2007 dezentralen Kraftwerke stark zuge- um 52 % gesunken. nommen hat, stehen die Stromnet- ze vor neuen Herausforderungen. In den unteren Netzebenen, in denen bis dato nur Strom entnom- men wurde, wird mittlerweile 14 PwC
Grafik 7: Durchschnittliche ungeplante Unterbrechungen pro Jahr pro Anschluss 2,2 2,0 1,9 1,9 1,5 1,3 0,8 0,7 0,4 0,4 Österreich Tschechien Deutschland Schweden Italien 2014 5 Jahres Schnitt (2008-2013) Quelle: Council of European Energy Regulators durch Ökostromanlagen auch ver- Erhöhte Anforderungen an mehrt Strom eingespeist. Auf diese Regelenergie veränderten Anforderungen wurde Die Produktion und Nachfrage von das Stromnetz bei der ursprüngli- Strom muss ständig im Gleichge- chen Errichtung allerdings nicht wicht sein. Nur so ist eine stabile ausgelegt, weshalb in vielen Fällen Netzfrequenz und somit eine siche- Netzadaptierungen und -ausbau- re Stromversorgung gewährleistet. ten notwendig sind. Ist dies nicht der Fall, muss Regel- energie eingesetzt werden, um das Netz stabil zu halten und um eine konstante Versorgung sicherzustel- len. Durch den wachsenden Anteil volatiler erneuerbarer Energie schwankt neben der Stromnachfra- ge nun zunehmend die Erzeugung. Dies führt zu einem erhöhten Einsatz von Regelenergie. Lag der Anteil der positiven sowie negati- ven Regelenergie am Verbrauch im Jahr 2014 bei jeweils 2,9 %, ist sie 2015 auf je 3,2 % angestiegen. PwC 15
1.6 Vom natürlichen Monopol notwendigen Verbindungskapazi- Organisation und Prozesse anpas- zum geregelten Markt täten gebaut, keine Koordinierung sen, was für diese einen großen zwischen den Übertragungsnetz- Aufwand darstellte. Auch sieben Die Vollendung des Energie- betreibern eingeführt und keine Jahre nach der beschlossenen binnenmarkts Trennung der Energieproduktion Auftrennung der Marktfunktio- Das dritte EU-Energiebinnen- von den Übertragungs- und Ver- nen sehen 70 % der Netzbetreiber marktpaket legt eine klare Tren- teilnetzen vollzogen. Aus diesen die Liberalisierung nach wie vor nung zwischen den Netz- und Gründen wurde das dritte Ener- negativ. Im Gegensatz dazu sehen Versorgungsaktivitäten der Ener- giebinnenmarktpaket beschlossen, 70 % der Industrieunternehmen gieversorger fest. Ziel dieses Pakets das mit dem Elektrizitätswirt- die Liberalisierung und die damit ist eine bessere europäische Integ- schafts- und -organisationsgesetz mögliche Lieferantenauswahl posi- ration der Strom- und Gasmärkte (ElW0G) 2010 in österreichisches tiv. Nach Angaben der österreichi- und eine effizientere Nutzung der nationales Recht umgesetzt wurde. schen Wirtschaftskammer (WKO) Übertragungsleitungen. Mit der zahlen alle Stromkunden seit der Umsetzung des zweiten EU-Ener- Industrie befürwortet Liberalisierung des Strommarktes giebinnenmarktpakets konnten Liberalisierung 2001 insgesamt jährlich 633 Milli- anfangs alle Geschäftskunden Durch diese veränderten euro- on Euro weniger an Netzgebühren; und in einem zweiten Schritt alle päischen Rahmenbedingungen diese Tatsache unterstreicht die Privatkunden ihren Strom- und wurde eine Vielzahl an neuen Sichtweise der Stakeholder. Gasanbieter frei wählen. Für die Regularien geschaffen, welche in Schaffung eines gemeinsamen den Mitgliedstaaten in nationales Binnenmarkts für Strom und Gas Recht umgesetzt wurden. Etablier- wurden jedoch keine zusätzlich te Energieversorger mussten die Erstes Engergie- Zweites Engergie- Drittes Engergie- binnenmarktpaket binnenmarktpaket binnenmarktpaket Richtlinie 96/92/EG Richtlinie 2003/54/EG Richtlinie 2009/72/EG Europäische Union 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Umsetzung zweite Österreich Energiebinnen- marktrichtlinie ElWOG 2010 Energieliberali- sierungsgesetz Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 16 PwC
2. Das fordernde Umfeld der Energiewirtschaft 2.1 Energieeffizienzgesetz – Wer ist davon betroffen? Auswirkung auf Energie- Wirkung, Kosten und Betroffen sind „große Unterneh- lieferanten Planungssicherheit men“ sowie Energielieferanten. Als Die betroffenen Energielieferanten große Unternehmen zählen Unter- müssen jährlich Energieeffizienz- Das Energieeffizienzgesetz (EEffG) nehmen, welche mindestens 250 maßnahmen im Ausmaß von 0,6 % ist seit 1. Jänner 2015 in Kraft und Beschäftigte und einen Umsatz von des Vorjahresabsatzes setzen sowie basiert auf einer EU-Richtlinie aus über 50 Millionen Euro aufweisen eine spezielle Energieberatungs- dem Jahr 2012. Mit der nationa- oder deren Bilanzsumme über 43 stelle für Endverbraucher einrich- len Umsetzung des EEffG hat sich Millionen Euro liegt. Das EEffG ten. Wichtig ist, dass 40 % der Österreich ein sehr ambitioniertes nimmt auch alle Energielieferan- Maßnahmen im Haushaltsbereich Ziel gesetzt: Der Endenergiever- ten, die pro Jahr mehr als 25 GWh umgesetzt werden. brauch soll von 1.090 (2015) an Endkunden abgeben, in die bis zum Jahr 2020 auf 1.050 PJ Pflicht. Können vom betroffenen Energie- gesenkt werden. Das Gesetzt lieferanten nicht ausreichend Maß- beschränkt sich allerdings nur Auswirkung auf große nahmen nachgewiesen werden, auf den Zeitraum bis 2020. Eine Unternehmen muss für nicht getätigte Maßnah- weitergehende Regelung für den Große Unternehmen sind ver- men ein Ausgleichsbetrag in Höhe Zeitraum danach gibt es derzeit pflichtet, entweder ein regel- von 20 Cent pro kWh bezahlt noch nicht. mäßiges externes Energieaudit werden. durchzuführen (min. alle vier Jahre) oder ein zertifiziertes Ener- gie- oder Umweltmanagementsys- tem einzuführen. Die Kosten für die Einführung eines derartigen Managementsystems beziffert die WKO auf circa 25.000 Euro. Ein Energieaudit wird hingegen mit durchschnittlich 5.000 Euro bepreist. In der Praxis hängen die tatsächlichen Kosten maßgeblich von der Unternehmensgröße ab. PwC 17
Grafik 8: Energieeffizenz-Maßnahmen Eine erste Bilanz Die Monitoringstelle für Energie- effizienz zeigt sich mit den Ergeb- nissen des ersten Jahres nach der Einführung des EEffG sehr zufrie- den. Die Behörde nahm knapp 11.000 Meldungen von Maßnah- men aus der Industrie und Ener- 147 % 74 % zusätzlich gemeldete giewirtschaft entgegen. Obwohl Maßnahmen das Maßnahmenziel 2015 für EVUs bei 5,5 PJ lag, wurden Effizienz- geforderte Maßnahmen 100 % 100 % maßnahmen im Ausmaß von 9,6 PJ gemeldet. Dies sind um 74 % mehr, als gesetzlich verordnet. Die geforderten Maßnahmen im Haus- Haushaltsbereich Gesamt haltsbereich von 2,2 PJ wurden sogar um 147 % übertroffen. Quelle: Österreichische Energieagentur – Monitoringstelle für Energieeffizienz Offen ist allerdings, ob die ge- meldeten Maßnahmen am Ende zu tatsächlichen Energieeinspa- rungen führen. Anfangs konnten beispielsweise Energielieferanten Durchflussmengenbegrenzer an Haushalte ohne deren Zustim- mung versenden und konnte sich Industrie begrüßt das EEffG Energieeffizienz spielt fiir diese Maßnahmen anrechnen Die Industrie ist dem Energieeffi- Stromlieferanten eine unter- lassen. Ob die Haushalte das Gerät zienzgesetz gegenüber sehr positiv geordnete Rolle am Ende installierten, musste gestimmt. Insgesamt sehen 59 % Im Gegensatz zur Industrie müssen nicht erfasst werden. Folglich ist der befragten Industrieunterneh- Energielieferanten konkrete Maß- es fraglich, inwiefern die gemelde- men eine positive Auswirkung des nahmen zur Effizienzsteigerung ten Energieeffizienzmaßnahmen Gesetzes auf ihr Geschäft. Gerade nachweisen. Nicht verwunderlich tatsächlich Auswirkungen auf den für energieintensive Unternehmen also, dass die Energiewirtschaft Endenergieverbrauch haben. hat das Thema Energieeffizienz das neue Gesetz weniger posi- einen hohen Stellenwert und ist tiv sieht. Während nur 40 % der Die nationale Gesamtenergiebilanz mittlerweile neben der Verringe- Stromlieferanten positive Auswir- zeigt jedenfalls ein gegenteiliges rung der Produktionskosten die kungen des EEffG auf ihr Geschäft Bild. Im Jahr 2015 stieg der ener- ausschlaggebende Komponente erwarten, bewerten 47 % die neue getische Endverbrauch im Ver- für Ersatzinvestitionen. Insgesamt Regulierung negativ. Gemäß der gleich zum Vorjahr von 1.063 PJ nennen 87 % der Industrieunter- durchgeführten Studie ist für auf 1.090 PJ (vorläufige Daten, nehmen Energieeffizienz als einen die Energiebranche das Thema Statistik Austria) an. wichtigen oder sehr wichtigen Energieeffizienz auch weniger Grund für Ersatzinvestitionen. attraktiv als für die Industrie. Nur jedes zweite Energieunternehmen erachtet Energieeffizienzmaß- nahmen als wichtigen Grund für Ersatzinvestitionen. 18 PwC
Grafik 9: Wie wichtig war für Sie Energieeffizienz bei Ersatzinvestitionen? gesetzt. Hingegen hat jeder zwei- te Stromlieferant Maßnahmen überwiegend auf Grund des EEffG 1% 10 % durchgeführt. 12 % 40 % keine Angabe unwichtig Betroffene sehen kaum Einsparungspotenziale wichtig 87 % 50 % Bemerkenswert ist, dass sowohl die Industrie als auch die Ener- Industrie Stromlieferanten giewirtschaft zukünftig kaum Potenzial für Energieeinsparungen Quelle: Studienergebnis PwC sehen. Bis 2020 schätzen 70 % der Stromlieferanten für ihr Unterneh- men, ausgehend vom aktuellen Stand, das Einsparungspotenzial geringer als 10 % ein. Die Netz- betreiber sowie die Industrieun- ternehmen sind noch skeptischer: Hier treffen sogar 84 % bzw. 79 % die gleiche Aussage. Fazit und Ausblick Die für 2015 veröffentlichte Bilanz der Monitoringstelle legt nahe, dass das Maßnahmenziel bis 2020 ohne größere Schwierigkeiten er- Energiemanagementsysteme Netzwerke z.B. mit bestimmten reicht werden sollte. Trotz großen und Energieeffizienznetzwerke Querschnittstechnologien, wie Unmutes in der Energiewirtschaft als Instrument zur Steigerung Druckluft oder elektrische Antrie- bei Inkrafttreten des EEffG stellten der Energieeffizienz be. Neben theoretischen Ansätzen sich die notwendigen Anstren- Ein Energiemanagementsystem wird auch die praktische Umset- gungen für die Branche letztlich bildet den organisatorischen Rah- zung von Maßnahmen anderer überschaubar dar, obwohl gerade men innerhalb eines Konzerns zur Mitglieder vor Ort besichtigt. Ein zu Beginn der administrative Auf- Steigerung der Energieeffizienz. Beispiel dafür ist „Energie Steier- wand nicht unerheblich war. Durch ein systematisches Erfassen marks Lernendes Energieeffizi- der Energieströme versetzt es die enz-Netzwerk“. Ob mit 2020 das im Gesetz fest- Unternehmen in die Lage, die sich gehaltene Endverbrauchsziel selbst gesetzten Verpflichtungen Unterschiedliche Anreize von 1.050 PJ erreicht wird, kann einzuhalten und die Energieeffi- für Industrie und Energie- schwer prognostiziert werden. Zu- zienz durch einen systematischen lieferanten dem erschwert die Tatsache, dass Ansatz kontinuierlich zu verbes- Das EEffG hat jedenfalls sehr im Gesetz nur der Zeitraum bis sern. Eine weitere Möglichkeit für unterschiedliche Anreize für Un- 2020 geregelt ist, die langfristige die Steigerung der Energieeffizienz ternehmen aus der Industrie und strategische Planung für Stromlie- bilden Energieeffizienznetzwerke. der Energiewirtschaft gebracht. feranten und Industrieunterneh- Dabei treffen sich branchenüber- Nur ein Drittel der Industrieun- men erheblich. greifend Industrieunternehmen ternehmen hat auf Grund der zur Erhöhung der Energieeffizienz. neuen Rechtslage Maßnahmen zur Oftmals beschäftigen sich diese Steigerung der Energieeffizienz PwC 19
DI (FH) René Stadler Category Head Energy Europe & International Mondi Group Das Energieeffizienzgesetz setzt kaum Die Industrie muss die vorhandenen Investitionsanreize Flexibilitäten identifizieren und nutzen Das EEffG hat nur begrenzt Anreize gesetzt. Aktuelle Chancen für die energieintensive Viele der gemeldeten Maßnahmen wurden Industrie liegen in der Nutzung von Flexi- bereits zwischen 2014 und 2015 umgesetzt. bilitäten, die auf alle Fälle vorhanden sind, Das EEffG ist erst danach in Kraft getreten oft aber nicht identifiziert werden. Zwei und kann somit nicht der alleinige Auslöser unserer Werke erfüllen bereits die tech- dafür gewesen sein. Für energieintensive nische Präqualifikation für die Teilnahme Unternehmen ist Energieeffizienz ohnehin am Regelenergiemarkt. Es ist wichtig, den eine Kernkompetenz. Mit diesem Thema Stromverbrauch den Marktpreisen anzupas- haben wir uns schon lange vor Einführung sen, weil damit Energiekosten bedeutend des Gesetzes beschäftigt, weil das für uns reduziert werden können. Gegenwärtig konkrete finanzielle Auswirkungen hat. besteht ein Problem darin, dass lediglich ein Dass energieintensive Unternehmen wie die Drittel des gesamten Strompreises tatsäch- Mondi Group bereits die höchsten Effizienz- lich einen Anreiz für eine effiziente Gestal- standards aufweisen, bleibt von dem Gesetz tung des Stromverbrauches bietet. Hier jedoch unberücksichtigt. Die Kosten für muss es in Zukunft zu einer entsprechenden zusätzliche Energieeinsparungen bei einem Anpassung der Netzkosten kommen, um effizienten Unternehmen sind natürlich er- diese Form der „Smart Consumption“ besser heblich höher als bei Unternehmen, die sich zu unterstützen. Auch eine vertiefte europä- bisher kaum mit Energieeffizienz auseinan- ische Koordination wäre in dieser Hinsicht dergesetzt haben und verhältnismäßig inef- wünschenswert. fizient sind. Diese Ungerechtigkeit hätte mit einer branchenspezifischen Lösung wesent- lich zielführender gelöst werden können. 20 PwC
2.2 Emissionshandel – Politi- Übersicht europäische Klimaziele: sche Ziele und wirtschaftliche Das 20/20/20 Ziel für 2020 Realität • 20 % Reduktion der THG-Emissionen im Vergleich zu 1990 • 20 % Anteil an erneuerbaren Energien Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, • 20 % Erhöhung der Energieeffizienz bis 2020 die Treibhausgasemissio- nen (THG) im Vergleich zum Jahr Die Klimaziele für 2030 1990 um 20 % zu reduzieren, die Energieeffizienz um 20 % zu erhö- • 40 % Reduktion der THG-Emissionen im Vergleich zu 1990 hen und einen Anteil von 20 % an • 27 % Anteil an erneuerbaren Energien erneuerbaren Energien am Gesam- • 27 % Erhöhung der Energieeffizienz (unverbindlich) tenergieverbrauch zu erreichen. Die Klima Roadmap für 2050 80 % Reduktion der THG Emissionen im Vergleich zu 1990 Grafik 10: Wo steht die österreichische Klimapolitik? Die EU-Strategie zur Reduktion der THG-Emissionen kann grob in zwei Bereiche unterteilt werden: 34% Das europäische Emissionshan- 30 % delssystem (Emission Trading 20 % System – ETS) und das Effort Sha- 33 % 10 % Vorgabe EU für 2020 ring Decision (ESD), welches die Anteil erneuerbarer restlichen Emissionen beinhaltet. Anteil erneuerbarer Energien Energien 2014 Die ESD lässt die Mitgliedsstaaten die Maßnahmen zur Klimazieler- füllung frei wählen. In Österreich ist die ESD im Klimaschutzgesetz PJ umgesetzt. 1.100 1.090 PJ 900 1.050 PJ Für Unternehmen ist vor allem das 700 Ziel laut EEffG für 2020 ETS interessant, das dem Cap-and- Vorläufige Daten 2015 Trade Ansatz folgt. Dabei wird eine Energetischer Endverbrauch Obergrenze an zulässigen Emis- sionen definiert und den ausge- stoßenen Treibhausgasen mittels Mt CO2e handelbaren Zertifikaten ein Preis 50 zugeordnet, welche von den ver- 49 Mt CO2e 45 pflichteten Unternehmen gekauft 40 48 Mt CO2e werden müssen. 35 Vorgabe Klimaschutzgesetz Emissionen 2014 Im Jahr 2014 fielen in Öster- reich rund 28 Millionen Tonnen THG-Emissionen (nicht-ETS) CO2-Äquivalente (Mt CO2e) unter das ETS, was 37 % aller emittier- Quelle: Umweltbundesamt; Ministerium für ein lebenswertes Österreich; Statistik Austria PwC 21
Wie der Emissionshandel (nicht) funktioniert Die mit dem europäischen Emissi- Energiewirtschaft sieht Emis- onshandel verbundenen klimapo- sionshandel sehr skeptisch litischen Ziele konnten bisher Das europäische Emissionshan- nur sehr eingeschränkt erreicht ten Treibhausgase entspricht. Die delssystem ist seit 2005 implemen- werden. Zwar sinken innerhalb der restliche Menge ist im Bereich ESD tiert und befindet sich mittlerweile EU die THG-Emissionen kontinu- angesiedelt. Der Energiesektor und in der dritten von vier vorgese- ierlich, sodass das Reduktionsziel die energieintensive Industrie sind henen Phasen. Am europäischen von 20 % im Vergleich zu 1990 vom Emissionshandel besonders Handel mit Emissionszertifikaten bereits 2014 erreicht wurde. Dies betroffen. In Österreich stammen sind Anlagen der Energieumwand- ist jedoch nicht auf das eingerich- ca. zwei Drittel der im ETS gere- lung (Raffinerien, Kraftwerke), tete ETS zurückzuführen. gelten Emissionen von Industrie- Mineralienverarbeitung (Zement, anlagen, der Rest von thermischen Kalk, Glas), Metallverarbeitung Auch die Europäische Kommission fossilen Energieerzeugungsanla- (Eisen, Stahl, Aluminium) und muss sich mittlerweile eingeste- gen. Feuerungsanlagen mit über 20 MW hen, dass es insbesondere die Wirt- Leistung beteiligt. schaftskrise ab 2008 war, die zur Die Idee des Emissions- Reduktion der THG-Emissionen handels In der dritten Handelsphase sind führte. Durch den Wirtschaftsein- In der aktuellen dritten Handels- europaweit ca. 11.000 Anlagen bruch wurden weit mehr Zertifika- phase (2013-2020) werden 57 % und 3.000 Luftfahrzeugbetreiber te ausgeteilt, als die Unternehmen aller Zertifikate versteigert betroffen. In Österreich gibt es 212 benötigten. Daher stürzte der (Auktionierungsmenge). Die Anlagen die betroffen sind, wobei Emissionspreis ab und die Unter- verbleibenden 43 % werden den 188 davon kostenlose Zertifikate nehmen häuften einen Zertifikats- Verpflichteten nach einem ein- erhalten. überschuss an, der sich 2015 auf heitlichen EU-Standard kostenlos fast 1,8 Milliarden Tonnen CO2e zur Verfügung gestellt. Die Anzahl Stromproduzierende Unterneh- belief. Das ETS brachte also kaum der vergebenen Zertifikate wird men sind von der kostenlosen Anreize für die Wirtschaft in neue von der Europäischen Kommission Zuteilung von Zertifikaten ausge- emissionsarme Technologien zu festgesetzt und jährlich reduziert. nommen. Daher lässt sich auch investieren. Am Ende des Jahres muss für jede erklären, dass über zwei Drittel emittierte Tonne CO2e ein Zertifi- der befragten Stromlieferanten, kat nachgewiesen werden. welche sich zu diesem Thema äußerten, negative Auswirkungen Falls ein Unternehmen weniger des Emissionshandels auf ihr Ge- CO2 emittiert, als ihm zugestan- schäft sehen. Bei den Industrie- den wurde, kann es seine über- unternehmen ist die Bewertung schüssigen Zertifikate am Markt des ETS hingegen ausgeglichener, verkaufen. Hat ein Unternehmen jedoch werden hier auch rund hingegen mehr emittiert, als es an 90 % aller Zertifikate kostenlos Zertifikaten besitzt, kann es die zugeteilt. Immerhin 48 % der fehlenden Zertifikate am Markt Industrieunternehmen, die sich nachkaufen oder eine Strafzahlung zum CO2-Handel geäußert haben, von über 100 Euro pro Tonne CO2e sehen durch das Emissionshan- abführen. delssystem positive Effekte für ihr Geschäft. 22 PwC
Grafik 11: THG-Emissionen Welche Reformen auf uns % 1990=100 % zukommen werden 120 • Reduktion des Zertifikats- überschusses 100 Um den Überschuss an Zertifi- katen kurzfristig zu reduzieren, werden zwischen 2014 und 2016 80 insgesamt 900 Millionen Zertifi- kate aus den geplanten Auktionen Handelsperiode 1 Handelsperiode 2 Handelsperiode 3 herausgenommen. Diese gelangen 60 2019/2020 nur dann wieder in den 2005-2007 Markt zurück, falls der Zertifikat- 2008-2012 2013-2020 40 spreis über den politischen Zielvor- gaben liegt. Nach dieser Maß- nahme stieg der Zertifikatspreis zwar kurzfristig an, verlor aber ab 1990 1995 2000 2005 2010 2014 November 2015 wieder fast 50 % Österreich an Wert. Quelle: Energy Environment Agency (EEA), EU (28 Länder) Eurostat EU-Ziel für Östereich 2030 • Einführung der Marktstabili- EU-Ziel 2020 tätsreserve EU-Ziel 2030 Im Jänner 2019 nimmt die Markt- stabilitätsreserve ihren Betrieb auf. Ihr Zweck ist es den Zertifikats- überschuss langfristig zu reduzie- Grafik 12: Preisentwicklung der Emissionszertifikate ren. Die Marktstabilitätsreserve soll Anpassungen der jährlichen CO2-Auktionsmengen auslösen, €/t CO2e wenn die im Umlauf befindliche 20 Anzahl an Zertifikaten außerhalb einer vordefinierten Spanne liegt. 15 • Verringerung des Zertifikats- 10 angebotes ab 2021 Die Anzahl an Zertifikaten wird 5 in der letzten Handelsperiode von 2021-2030 jährlich um 2,2 % gesenkt, anstatt wie bisher um 1,74 %. Eine weitere wesentliche 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Neuerung werden zwei neue Fonds sein, die Fördermittel für Investiti- onen in emissionsarme Technolo- Handelsperiode 2 gien bereitstellen. Quelle: Bloomberg Handelsperiode 3 • Umsetzung des Kommissions- vorschlags vom 20. Juli 2016 Der aktuelle Kommissionsvor- schlag enthält erstmals konkrete PwC 23
Einsparungsvorgaben für die 2.3 Marktveränderungen – Falscher Fokus in der Strategie einzelnen Mitgliedsländer. Dem- Disruption versus Wettbewerb – Neue Services punkten nicht nach muss Österreich bis 2030 die Eine weitere beliebte Lösung, sich Treibhausgase um 36 % gegenüber Disruptive Player? gegen branchenfremde Anbieter 2005 reduzieren. Im Zuge der Liberalisierung ist es zu rüsten, ist laut Angaben der für Stromlieferanten möglich den Stromlieferanten die Ausweitung Fazit und Ausblick Strom an der Börse zu beziehen der Services im bestehenden Der Emissionshandel zeigte bisher und an Endkunden zu verkaufen. Marktumfeld. 70 % der Stromlie- kaum die gewünschten Wirkun- Folglich können nun auch bran- feranten sahen darin einen guten gen, was vor allem einer zu groß- chenfremde Unternehmen ohne Ansatz. Auf der anderen Seite zügigen Ausgabe von Zertifikaten eigene Stromerzeugungsanlagen antworteten nur 2 % der Industrie- geschuldet ist. Um den gewünsch- als Stromhändler auftreten. Die kunden, die bereits ihren Anbieter ten Lenkungseffekt wieder her- Easybank ist mit der easy green gewechselt haben, dass der Haupt- zustellen, wird die Europäische energy GmbH & Co KG ein gutes grund für den Wechsel das Ange- Kommission insbesondere An- Beispiel für einen branchenfrem- bot neuer Services war. strengungen zur Reduktion des den Marktteilnehmer. Ebenso Angebotes an Zertifikaten unter- gibt es einige Start-ups, wie z.B. Angriff als beste Verteidigung nehmen. Da inzwischen aber ein aWATTar oder STURM Energie, die – Jetzt auch „Behind-the-meter“ enormer Überschuss angewachsen ebenfalls neu in den Markt einge- Neue Produkte in anderen Märk- ist, ist nicht abzusehen, ob die bis- treten sind. In Zukunft könnten ten waren für 43 % der befragten herigen Maßnahmen zur Preissta- auch Konzerne wie Amazon oder Stromlieferanten die beste Reakti- bilisierung ausreichen werden. Die Google, in Amerika bereits er- on auf branchenfremde Anbieter. zukünftige Preisentwicklung der folgreiche Windenergieerzeuger, Diese Veränderung kann man vor Zertifikate wird außerdem stark in den österreichischen Markt allem im Markt der Smart-Home von der weiteren wirtschaftlichen einsteigen. Applikationen beobachten, in dem Entwicklung abhängen. sich zunehmend die Stromliefe- Eher lockere Bindungen als ranten etablieren. Obwohl sich Darüber hinaus versucht die Kom- lange Verpflichtungen ihr klassisches Kerngeschäft auf mission vermehrt Investitionen in Um sich gegen branchenfremde die reine Lieferung von Energie energieeffiziente Technologien ak- Akteure zu wappnen, sehen 80 % beschränkt, gehen inzwischen tiv mit Förderungen anzukurbeln. der Stromlieferanten in Kooperati- mehrere Stromlieferanten dem onen einen guten Ansatz. Zukäufe sogenannten „Behind-the-meter“- und Fusionen werden von Strom- Business nach. lieferanten hingegen nur bedingt als geeignetes Mittel gesehen und Die 2016 von PwC und Strategy& erhielten in der Studie jeweils nur veröffentlichte Studie „Capturing 17 % Zustimmung. value of Disruption - Technology and innovation in an era of ener- gy transformation“ schätzt die Marktgröße der „Behind-the-meter energy services“ 2020 global auf 40-60 Milliarden US-Dollar. Eine große Veränderung bringt hier auch die Weiterentwicklung des Internet of Things (IoT). Mit dem Internet direkt vernetzte Geräte werden dadurch nicht nur besser steuerbar, sondern können auch durch die Vernetzung untereinan- der selbstständig agieren. 24 PwC
Praxisbeispiel: Google Nest und Amazon Echo Google hat den Einstieg in den Smart-Home-Bereich durch den Zukauf von Nest gewagt, Grafik 13: Wie stark sehen Stromlieferanten ihr bestendes Geschäft durch den Eintritt branchenfemder Akteure bedroht? welcher z.B. selbstlernende Raumtemperaturregler anbie- stark tet. Auch Amazon ist in diesen Markt bereits mit dem virtuel- 23 % len Assistenten Amazon Echo eingestiegen. Amazon Echo ist eine sprachgesteuerte Schnitt- keine Angabe stelle zum Internet und kann 3% zahlreiche Anweisungen für sehr stark den täglichen Gebrauch ent- 3% gegennehmen. Laut Amazon etwas soll das Gerät in Zukunft eine 51 % Art Schaltzentrale im zuneh- mend vernetzten Smart-Home gar nicht Haushalt werden. Dafür wurde 20 % bereits eine Kooperation mit Googles Nest abgeschlossen. Der bestehende Fokus auf Big Data gibt sowohl Google als auch Amazon einen großen Startvorteil in diesem Geschäft, da sie bereits einen großen Quelle: Studienergebnis PwC Erfahrungsschatz in der Verar- beitung und Aufbereitung von großen Datensätzen haben. Strategische Neuausrichtung Eine Möglichkeit, um Innovatio- Fazit und Ausblick erforderlich nen und die Entwicklung neuer In den vergangenen Jahren haben In unserer Studie sehen 76 % der Produkte zu fördern, besteht in sich weltweit große Konzerne Anbieter eine Bedrohung durch der Einrichtung von sogenannten etabliert, die über hohe Kapital- branchenfremde Akteure, jedoch Inhouse-Inkubatoren. Dies sind in- reserven verfügen und sich somit fließt dies nur bei 60 % der Unter- nerbetriebliche Bereiche, wo Mit- schnell in neue Branchen einar- nehmen zu einem geringen Teil in arbeiter, ähnlich wie bei Start-ups, beiten oder einkaufen können die eigene Strategie ein. Bei weite- an Projekten mitwirken können, bzw. dies auch regelmäßig tun. ren 23 % spielen branchenfremde ohne dabei auf spezielle Konzern- Andererseits weisen Start-ups eine Akteure in der Strategie überhaupt vorgaben oder Prozesse Rücksicht sehr viel höhere Flexibilität als keine Rolle. Branchenfremden nehmen zu müssen. Ein Beispiel etablierte Unternehmen mit festen Unternehmen fehlt es zwar an dafür ist der RWE Innovation Hub. Strukturen auf. Um sich gegen dis- Fachwissen und Erfahrung, jedoch RWE versucht mit Hilfe des RWE ruptive Player zu wappnen, sollten verfügen z.B. Konzerne wie Goo- Innovation Hub das innovative Po- Energieversorger eine Innovations- gle teilweise über enorme freie tenzial der Mitarbeiter zu fördern und Dienstleisterkultur etablieren, finanzielle Mittel und können sich und für sich zu nutzen. in der auch neue Wege beschritten das notwendige Know-how sehr werden. Ziel sollte sein, neue Tech- schnell aufbauen oder zukaufen. nologien einzubinden, um damit den zukünftigen Anforderungen gerecht werden zu können. PwC 25
2.4 Virtuelle Kraftwerke – Die Antwort auf flexible Strommärkte Was ist ein virtuelles Kraftwerk Die Zusammensetzung des Kraft- werkparks in der Stromerzeugung Ein „virtuelles Kraftwerk“ ist hat sich in den letzten Jahren • ein Verbund / Pool von Erzeugungsanlagen, erheblich verändert. Der Anteil • Verbrauchern und Speichern, an erneuerbarer Energie wird in • welche dezentral, Zukunft weiter wachsen und somit • vernetzt, auch die Anforderungen für eine • mit zentraler Steuerung, stabile Stromversorgung erhöhen. • fernüberwacht werden Diese zunehmend komplexere • und in einem flexiblen System Marktsituation erfordert innovati- • mit flexiblen Komponenten ve und weitreichende Antworten. • unter Mischung von verschiedenen Anlagenarten agieren. Ein wirkungsvolles Instrument, um den Herausforderungen eines transformierten Energiesektors zu begegnen, können virtuelle Kraft- werke sein. Chancen eines flexibleren Strommarktes Der erhöhte Bedarf an Flexibilität im Strommarkt eröffnet Chancen für virtuelle Kraftwerke, die durch die flexible Bereitstellung von Energie insbesondere in folgenden Bereichen profitieren können: zeigt, durchlaufen Strompreise im und erhöht dadurch den Bedarf Tagesverlauf erhebliche Schwan- an Regelenergie. Die monatlichen • Peak Shifting kungen. Durch die höhere Flexi- Kosten für Regelenergie betrugen Um Spitzenlasten im Netz abzu- bilität von virtuellen Kraftwerken in Österreich in den vergange- decken, müssen in Hochlastzeiten ist es für sie möglich, gezielt von nen Jahren zwischen fünf und 25 zusätzlich Kraftwerke angefahren Hochpreisphasen zu profitieren. Millionen Euro. Durch intelligente werden. Die erhöhte Nachfrage IT-Systeme können virtuelle Kraft- führt zudem zu einem höheren • Regelenergie werke dem Netz flexibel die ent- Preis an der Strombörse. Da vir- Kommt es durch einen erhöhten sprechenden Mengen an Strom zur tuelle Kraftwerke üblicherweise Stromverbrauch zu einem Ab- Verfügung stellen und diese auf aus verschiedenen Kraftwerksty- fall der Frequenz im Stromnetz, dem Regelenergiemarkt anbieten. pen bestehen, können diese zur müssen zusätzliche Kraftwerke Abdeckung der Spitzenlasten jene hochgefahren werden. Diese Anlagen zuerst zuschalten, wel- Reserven werden Regelenergie che die geringsten Grenzkosten genannt und durch den Übertra- aufweisen (Merit-Order). Virtuelle gungsnetzbetreiber Austria Power Kraftwerke haben hier durch die Grid AG (APG) mittels öffentli- verschiedenen Erzeugungsanlagen cher Ausschreibungen vergeben. meist einen Kostenvorteil gegen- Der Ausbau der erneuerbaren über physischen Kraftwerken. Wie Energiequellen verursacht ver- das folgende grafische Beispiel mehrt Schwankungen im Netz 26 PwC
Grafik 14: Beispielhaftes Tagesprofil und Strombörsenpreis (Spot) in Österreich Chancen durch einen flexi- MW €/MWh bleren Strommarkt für die 50,6 Stromabnehmer 9.000 Auch für die Industrie ergeben 8.000 45,0 sich durch die Veränderungen am Strommarkt neue Vermark- 7.000 39,4 tungsmöglichkeiten: So müssen MW die höheren Schwankungen im 6.000 33,8 Stromnetz nicht nur auf der An- gebotsseite ausgeglichen werden, 5.000 28,1 sondern es kann auch die Strom- €/MWh nachfrage für die Stabilisierung 4.000 22,5 der Netze herangezogen werden. Auch wenn diese Instrumente 3.000 16,9 aktuell nur zögerlich angewamdt 2.000 11,3 werden, spielen sie mit Sicherheit in Zukunft eine größere Rolle. 1.000 5,6 Aktuell passen lediglich 11 % aller energieintensiven Industrieun- ternehmen ihren Stromverbrauch 00.00h 01.15h 02.30h 03.45h 05.00h 06.15h 07.30h 08.45h 10.00h 11.15h 12.30h 13.45h 15.00h 16.15h 17.30h 18.45h 20.00h 21.15h 22.30h 23.45h dem Strommarkt an, um Kosten zu sparen. In den nächsten fünf Preis (gleitender Durchschnitt, 4 Intervalle): Jahren wollen allerdings 41 % Mittwoch, 15. Mai 2016 der Industrieunternehmen dieses Tageslastprofil, Mittwoch, 15. Mai 2016 sogenannte Demand Side Ma- nagement (DSM) implementiert Quellen: E-Control, EXAA haben. Insbesondere für größere Unternehmen ist es attraktiv, ihre Anlagen dem aktuellen Strompreis flexibel anzupassen. Mehr als Grafik 15: Regelenergiekosten monatlich 87 % der Industrieunternehmen Mio. € pro Monat mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro sind hier bereits 30 aktiv oder wollen in den nächsten 25 fünf Jahren nachziehen. 20 15 10 5 Okt. 2012 Jul. 2012 Jan. 2012 Okt. 2013 Okt. 2015 Apr. 2012 Jul. 2013 Jul. 2015 Jan. 2013 Jan. 2015 Okt. 2014 Jan. 2016 Apr. 2013 Apr. 2015 Jul. 2014 Apr. 2016 Jan. 2014 Apr. 2014 Quelle: APG PwC 27
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