Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement - Kopp ...

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Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement - Kopp ...
Rechtsprechungsreport
                                   Altlastenmanagement

Kopp-Assenmacher & Nusser                             Büro Berlin           Büro Düsseldorf
Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB                  Friedrichstraße 186   Bleichstraße 14
www.kn-law.de                                         10117 Berlin          40211 Düsseldorf
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RECHTSPRECHUNGSREPORT ALTLASTENMANAGEMENT                                                                              Ausgabe 2021

RECHTSPRECHUNGSREPORT
ALTLASTENMANAGEMENT

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei erhalten Sie unseren Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement 2021. Der Report enthält Ent-
scheidungen aus dem Zeitraum Juni 2019 bis März 2021. Besonders hinweisen möchten wir zum einen
auf die Vielzahl von Entscheidungen, die sich mit der Frage der hinreichenden Bestimmtheit von Untersu-
chungsanordnungen beschäftigt. Zum anderen dürfte das Urteil des BVerwG vom 8.7.2020 zur Abgren-
zung Abfall vs. Boden von besonderem Interesse sein, wenngleich diese Entscheidung eher diverse neue
Abgrenzungsfragen aufwirft und es dem BVerwG nicht gelungen sein dürfte, allgemeingültige Maßstäbe
für die Abgrenzung aufzustellen.

Wie immer wünschen wir Ihnen viele neue und nützliche Erkenntnisse beim Lesen des Reports.

Inhaltsverzeichnis:

1.   BVerwG, Beschluss vom 5.6.2019 – 7 B 18.18 .................................................................................... 3
     Zur Durchsetzung bodenschutzrechtlicher Pflichten gegenüber GbR-Gesellschaftern

2.   VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 11.7.2019 – 4 K 1504/18.NW ............................................... 5
     Zur abfallrechtlichen Verantwortlichkeit des Betreibers einer Deponie vor Ende
     der Nachsorgephase

3.   VG Regensburg, Urteil vom 22.7.2019 – RN 8 K 17.1810 ................................................................... 7
     Eine bodenschutzrechtliche Anordnung zur Erfüllung der Vorsorgepflicht bei der
     landwirtschaftlichen Bodennutzung ist mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig

4.   LG Osnabrück, Urteil vom 2.8.2019 – 6 O 337/19............................................................................... 8
     Zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch für Gebäudeschäden, die in Folge einer
     Bombenentschärfung entstehen

5.   VG Karlsruhe, Urteil vom 13.11.2019 – 2 K 6364/18 .......................................................................... 9
     Zur Bestimmtheit der Anordnung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung unter dem
     Gesichtspunkt der Vollstreckbarkeit von Kooperationsverpflichtungen mit der Behörde

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6.    Niedersächsisches OVG, Urteil vom 28.11.2019 – 11 LC 606/18...................................................... 11
      Zur Kostentragungspflicht eines Grundstückseigentümers für Evakuierungskosten im
      Zusammenhang mit der Entschärfung einer Sprengbombe

7.    VG Kassel, Urteil vom 5.12.2019 – 3 K 3927/17.KS........................................................................... 12
      § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG als Rechtsgrundlage für die Duldung von Sanierungsmaßnahmen

8.    VG Cottbus, Urteil vom 12.12.2019 – 3 K 1828/15 ........................................................................... 14
      Zum Übergang der abstrakten Sanierungsverantwortung durch Gesamtrechtsnachfolge im
      Zusammenhang mit volkseigenen Betrieben der DDR

9.    VG Würzburg, Beschluss vom 18.12.2019 – W 4 S 19.1366.............................................................. 15
      Zu den Bestimmtheitsanforderungen einer Anordnung zur Durchführung einer
      bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung

10. VG Ansbach, Urteil vom 5.2.2020 – AN 9 K 17.02181 ....................................................................... 17
    Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Ermittlung der
    Belastungsgrenze im Rahmen einer bodenschutzrechtlichen Sanierungsanordnung

11. Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss vom 4.3.2020 – 4 MB 2/20 ............................................ 18
    Zur Stellung eines Nacherben als Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens
    im Sinne von § 78 LVwG Schleswig-Holstein

12. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.3.2020 – OVG 11 N 118.16 ........................................ 19
    Zur Störerauswahl nach § 4 Abs. 3 BBodSchG

13. Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.4.2020 – 22 CS 19.2223 .......................................................... 20
    Bestimmtheit von bodenschutzrechtlichen Anordnungen

14. VG Ansbach, Urteil vom 2.6.2020 – AN 9 K 17.00808 ....................................................................... 23
    Zu den Voraussetzungen der Inanspruchnahme eines Grundstückseigentümers für
    abdriftende Schadstofffahnen und der Frage, ob verfassungsrechtliche Haftungsbegrenzungen
    zugunsten einer öffentlichen Gebietskörperschaft eingreifen können

15. BVerwG, Urteil vom 8.7.2020 – 7 C 19.18 ......................................................................................... 25
    Zur Abgrenzung von Abfall und Boden

16. Sächsisches OVG, Urteil vom 17.7.2020 – 4 A 525/18 ...................................................................... 27
    Zum Ermessensfehlgebrauch bei der Wahl der Sanierungsmaßnahme sowie zur
    Ermittlung des Verkehrswerts des Grundstücks bei auf ihm verbleibenden Altlasten

17. VG Leipzig, Urteil vom 26.8.2020 – 1 K 2182/17 ............................................................................... 29
    Zur Löschung eines Grundstücks aus dem Altlastenkataster

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18. Bayerischer VGH, Beschluss vom 1.9.2020 – 22 ZB 20.132 .............................................................. 30
    Zu richterlichen Würdigung von behördlichen Fachgutachten

19. Bayerischer VGH, Beschluss vom 7.9.2020 – 22 C 20.1794 .............................................................. 32
    Zu den „Anhaltspunkten“ für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung
    gemäß § 9 BBodSchG

20. VG Schleswig, Beschluss vom 7.10.2020 – 6 B 3/20 ......................................................................... 33
    Zur Duldung der Errichtung mehrerer Grundwassermessstellen zwecks Feststellung schädlicher
    Bodenveränderungen

21. VG Koblenz, Urteil vom 29.10.2020 – 4 K 761/19.KO ....................................................................... 34
    Zur Störerauswahl auf der Ebene der Kostentragung für eine im Wege der Ersatzvornahme
    durchgeführte Sicherungsmaßnahme sowie zur Verhältnismäßigkeit der Heranziehung

22. VG Ansbach, Urteil vom 8.2.2021 – AN 9 K 18.01334 ....................................................................... 35
    Zu bodenschutzrechtlichen Betretungsrechten der Behörde im Rahmen der
    Amtsermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG

23. Baden-Württembergischer VGH, Beschluss vom 23.3.2021 – 10 S 140/20 ..................................... 37
    Zur Klagebefugnis einer Gemeinde gegen einen verbindlichen Sanierungsplan
    i.S.v. § 13 Abs. 6 BBodSchG

1.   BVerwG, Beschluss vom 5.6.2019 – 7 B 18.18
     Zur Durchsetzung bodenschutzrechtlicher Pflichten gegenüber GbR-Gesellschaftern

     Das BVerwG hat klargestellt, dass bodenschutzrechtliche Anordnungen nicht gegen die Gesellschaf-
     ter einer bodenschutzrechtlich verantwortlichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ergehen
     dürfen.

     In dem Verfahren ging es um verschiedene Grundstücke, die von einem Unternehmen zum einen für
     den Vertrieb von Brennstoffen, Ölen, Fetten und zum anderen für die Produktion von Holz- und Bau-
     tenschutzmaterialien genutzt worden waren. Hieraus resultierte eine erhebliche Verunreinigung der
     Grundstücke mit Schadstoffen. Nach Betriebseinstellung waren die Grundstücke von einer GbR mit
     den beiden Gesellschaftern A und B erworben worden. Die GbR wurde Eigentümerin der Grundstü-
     cke. Sie plante, die Grundstücke zu verwalten und zu verwerten (sprich: zu verkaufen). Als die Schad-

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   stoffbelastungen bekannt wurden, löste sich die GbR auf. Die Bodenschutzbehörde verpflichtete da-
   raufhin den GbR-Gesellschafter A zur Sanierung, indem sie gegen ihn entsprechende bodenschutz-
   rechtliche Anordnungen erließ. Grundlage der Inanspruchnahme war die gesellschaftsrechtliche Haf-
   tung des A als früherer Gesellschafter der GbR. Der A verweigerte indes die Sanierung. Insbesondere
   berief er sich darauf, dass er für die GbR als ehemalige Zustandsstörerin nicht persönliche hafte.

   In der Berufungsinstanz hatte das OVG NRW (siehe hierzu die Darstellung im Rechtsprechungsreport
   Altlastenmanagement 2019, S. 4) die Anordnungen als rechtswidrig erachtet, allerdings die Revision
   gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtete sich die Bodenschutzbehörde mit dem Rechts-
   mittel der Beschwerde. Diese Beschwerde wurde vom BVerwG abgewiesen.

   Das BVerwG bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass eine Inanspruchnahme des GbR-Gesell-
   schafters A nach § 4 Abs. 3 Satz 4 Var. 1 BBodSchG nicht möglich ist. Nach dieser Norm ist „zur Sanie-
   rung […] auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund
   für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenver-
   änderung oder einer Altlast belastet ist, gehört“. Die GbR ist keine juristische Person in diesem Sinne.

   Die personelle Reichweite des § 4 Abs. 3 BBodSchG wird nach der Auffassung des BVerwG aber auch
   nicht durch die zivilrechtliche Haftungsordnung der GbR auf die GbR-Gesellschafter erweitert. Zwar
   existiert die sog. Nachhaftung des GbR-Gesellschafters nach seinem Ausscheiden gemäß §§ 128,
   159 f. HGB und § 736 BGB, wonach er persönlich und unbeschränkt für GbR-Verbindlichkeiten haftet,
   jedoch folgt daraus keine Möglichkeit der Bodenschutzbehörde, die Haftung des GbR-Gesellschafters
   durch Verwaltungsakt durchzusetzen. Eine solche Durchsetzung mittels Verwaltungsakts erfordert
   eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Und diese Ermächtigungsgrundlage fehlt bzgl. des
   GbR-Gesellschafters und kann der Haftungsordnung auch nicht im Wege der Auslegung entnommen
   werden. Insbesondere die gesamtschuldnerische Haftung des GbR-Gesellschafters betrifft allein die
   zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter untereinander. Auch wenn der Gesellschafter wegen § 128
   Satz 1 HGB für eine Verbindlichkeit der GbR haftet, ist die Rechtsstellung von Gesellschafter und GbR
   nicht identisch. Nach der Ansicht des BVerwG fehlt den Regelungen zur Haftung des GbR-Gesellschaf-
   ters auch jeder Bezug zum Verwaltungsakt als einer üblichen Handlungsform der Verwaltung.
   Schließlich zeigt die im Steuerrecht bestehende Möglichkeit zum Erlass eines Haftungsbescheids nach
   § 191 AO, dass eine ausdrückliche Haftungsnorm notwendig ist, um eine grundsätzlich nach den Vor-
   schriften des Zivilrechts geltend zu machende Haftung in das öffentlich-rechtliche Handlungsregime
   zu überführen.

           Anmerkung: Mit dieser Entscheidung hat das BVerwG bestätigt, dass eine bodenschutzrecht-
           liche Haftung des Gesellschafters einer GbR nicht auf die in § 4 Abs. 3 Satz 4 Var. 1 BBodSchG
           geregelte Durchgriffshaftung gestützt werden kann, da es sich bei einer GbR nicht um eine

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            „juristische Person“ i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 4 Var. 1 BBodSchG handelt. Darüber hinaus hat das
            BVerwG ausgeführt, dass bodenschutzrechtliche Anordnungen gegenüber dem Gesellschafter
            einer GbR ebenfalls nicht auf die zivilrechtlichen Haftungsregelungen (ins. § 128 Satz 1 HGB)
            gestützt werden können. Festzuhalten ist jedoch, dass die Frage der bodenschutzrechtlichen
            Haftung des Gesellschafters strikt von einer etwaigen zivilrechtlichen Haftung zu trennen ist.
            Inwiefern und unter welchen Voraussetzungen bodenschutzrechtliche Untersuchungs- und
            Sanierungsverpflichtungen einer GbR „Verbindlichkeiten“ i.S.v. § 128 HGB darstellen, hat das
            BVerwG ausdrücklich offengelassen (Rn. 12). Sofern dies der Fall wäre, käme wegen § 128
            Satz 1 HGB jedenfalls eine zivilrechtliche Haftung des Gesellschafters für die bodenschutz-
            rechtlichen Verbindlichkeiten der GbR in Betracht. Eine zivilrechtliche Haftung nach § 128
            Satz 1 HGB dürfte jedoch eine rechtskräftige bodenschutzrechtliche Anordnung gegenüber
            der GbR voraussetzen. Es bleibt abzuwarten, ob und unter welchen Voraussetzungen die
            Rechtsprechung bodenschutzrechtliche Verpflichtungen als Verbindlichkeiten i.S.v. § 128
            Satz 1 HGB bewertet und damit eine zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter begründet.

2.   VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 11.7.2019 – 4 K 1504/18.NW
     Zur abfallrechtlichen Verantwortlichkeit des Betreibers einer Deponie vor Ende der Nachsorgephase

     Ein von 1962 bis 1973 von einer Gemeinde betriebener Müllplatz wurde 1972 aufgrund neu geregel-
     ter Zuständigkeiten im Abfallgesetz von 1972 von dem Kläger übernommen. Dieser zeigte 1973 ge-
     genüber der Bezirksregierung an, den Müllplatz künftig als Bauschuttdeponie betreiben zu wollen.
     Die Bezirksregierung setzte daraufhin Auflagen fest. Insbesondere verlangte sie, den Deponiebereich
     nach erfolgter Auffüllung mit kulturfähigem Boden abzudecken, sodass eine Bepflanzung des Gelän-
     des möglich ist. Im Jahr 1976 genehmigte die Bezirksregierung eine Erweiterung der Bauschuttdepo-
     nie. Die Ablagerung von Bauschutt und Erdaushub im Bereich des alten Gemeindemüllplatzes wurde
     eingestellt und mit der Ablagerung im neu planfestgestellten Deponiebereich (Erweiterung) begon-
     nen. 2005 zeigte der Kläger die Stilllegung der Bauschuttdeponie rückwirkend zum 31.12.1990 an.
     Die von ihm vorgelegte Genehmigungsplanung zur Abschlussrekultivierung des Erweiterungsteils der
     Deponie wurde von der Beklagten genehmigt. Allerdings lehnte die Beklagte die beantragte Entlas-
     sung von zwei Abschnitten der Bauschuttdeponie in die Nachsorge ab, weil die Feststellung der end-
     gültigen Stilllegung für einzelne Abschnitte einer Deponie gesetzlich nicht vorgesehen sei. Zur Klar-
     stellung erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem sie die abfallrechtliche Verantwortlichkeit des
     Klägers für die ehemalige Hausmülldeponie (Gemeindemüllplatz) feststellte.

     Die hiergegen gerichtete Klage hat das VG Neustadt abgewiesen. Das Gelände der ehemaligen Haus-
     mülldeponie unterfällt nach der Auffassung des VG Neustadt weiterhin dem Regime des Abfallrechts.
     Den Kläger trifft daher auch für den Bereich der ehemaligen Hausmülldeponie eine abfallrechtliche
     Betreiberverantwortlichkeit. Die Gemeinde hingegen ist für die ehemalige Hausmülldeponie nicht
     nach Bodenschutzrecht verantwortlich.

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   Der Kläger ist nach der Ansicht des VG Neustadt gemäß § 40 KrWG Betreiber der Bauschuttdeponie,
   denn er ist Inhaber der Verfügungsgewalt über diese Abfallentsorgungseinrichtung, die er im Jahr
   1973 auf dem Gelände der ehemaligen Hausmülldeponie der Gemeinde in Betrieb genommen und
   im Jahr 1976 auf der Grundlage eines Planfeststellungsbescheids räumlich erweitert hat. Den Kläger
   treffen bezüglich der Bauschuttdeponie gegenwärtig noch die abfallrechtlichen Nachsorgepflichten
   aus § 40 Abs. 2 KrWG, weil er diese Deponie im Zeitpunkt der faktischen Stilllegung und auch noch
   bei der formellen Bekundung der Stilllegungsabsicht im Jahr 2005 im Rechtssinn betrieben hat und
   seither die Stilllegungs- und die Nachsorgephase nicht entsprechend den Vorgaben in § 40 Abs. 3 und
   Abs. 5 KrWG abgeschlossen wurden.

   Die Bauschuttdeponie auf dem Gelände der ehemaligen Hausmülldeponie ist auch nicht auf der
   Grundlage des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG (Fassung 1999) aus dem Regime des Abfallrechts ausge-
   schieden. Zwar finden nach § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG 1999 für die Erfassung, Untersuchung, Be-
   wertung und Sanierung von Deponien, deren Stilllegung angezeigt wurde und bei denen ein Altlast-
   verdacht besteht, die Vorschriften des BBodSchG Anwendung. Jedoch erweitert § 36 Abs. 2 Satz 2
   KrW-/AbfG 1999 lediglich das Handlungsinstrumentarium der Abfallbehörde, ohne die altlastenver-
   dächtige Fläche dem Regime des Bodenschutzrechts zu unterstellen (Anm.: siehe hierzu das Urteil
   des BVerwG vom 7.11.2018 – 7 C 18.18, im Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement 2019,
   S. 16). Die Beklagte hat das Ende der Nachsorgephase weder für die gesamte Bauschuttdeponie noch
   für den Deponieteil auf dem Gelände der ehemaligen Hausmülldeponie festgestellt, sodass dieses
   Gelände nicht aus der Nachsorge und damit aus dem Regime des Abfallrechts entlassen wurde. Den
   Kläger treffen daher als letzten Betreiber dieser Abfallentsorgungsanlage auch nach Inkrafttreten des
   § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG 1999 die Nachsorgeverantwortung aus § 36 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG
   1999 (heute: § 40 Abs. 1 Satz 1 KrWG).

          Anmerkung: Trotz aller Bemühungen des Verordnungsgebers, den Begriff des Deponiebetrei-
          bers durch die Legaldefinition des § 2 Nr. 12 DepV möglichst konturenscharf zu fassen, berei-
          tet die Bestimmung des Betreibers einer Deponie im Einzelfall nach wie vor erhebliche Schwie-
          rigkeiten. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen Deponien über sehr lange Zeiträume (meh-
          rere Jahrzehnte) betrieben worden sind und während dieses Zeitraums verschiedene Rechts-
          personen Einfluss auf den Deponiebetrieb genommen haben. Diese Schwierigkeiten, mit de-
          nen sich auch die Rechtsprechung konfrontiert sieht, veranschaulicht der in einem Eilverfah-
          ren getroffene Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 17.5.2019 – 7 ME 8/19, in dem sich
          das Gericht außerstande sah, im Eilverfahren die Frage des Deponiebetreibers abschließend
          zu klären. In einem früheren Urteil vom 21.6.2018 – 17 K 2012/17 vertrat das VG Düsseldorf
          die Auffassung, der Adressat und ursprüngliche Inhaber der Deponiezulassung sei aufgrund
          seiner „rechtlichen Verfügungsgewalt“ über eine Deponie auch nach langer Zeit und auch
          dann, wenn zwischenzeitlich Dritte (beauftragtes Privatunternehmen, gegründete Anstalt öf-
          fentlichen Rechts) den operativen Deponiebetrieb übernommen haben, immer noch als

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            (rechtlicher) Deponiebetreiber anzusehen, wenn die zuständige Behörde einem Betreiber-
            wechsel nicht zugestimmt hat. In solchen Fällen gebe es neben dem Zulassungsinhaber als
            rechtlicher Deponiebetreiber einen oder mehrere „faktische Deponiebetreiber“ als weitere
            Verantwortliche. In der Sache geht das VG Düsseldorf also von der Möglichkeit einer Mehrheit
            von Deponiebetreibern für ein und dieselbe Deponie aus.

3.   VG Regensburg, Urteil vom 22.7.2019 – RN 8 K 17.1810
     Eine bodenschutzrechtliche Anordnung zur Erfüllung der Vorsorgepflicht bei der landwirtschaftlichen
     Bodennutzung ist mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig

     Der Kläger ist Pächter eines Grundstücks, auf dem er Ackerbau betreibt und im Wechsel Mais und
     Zuckerrüben anbaut. Durch Gewitter mit Starkniederschlägen kam es auf dem Feldstück zu umfang-
     reichen Erosionsschäden mit Bodenabtrag. Die Beklagte ordnete deshalb gegenüber dem Kläger ver-
     schiedene Maßnahmen für die Bewirtschaftung des Feldstücks an. Insbesondere wurde der Anteil
     der Reihenkulturen (z.B. Zuckerrüben oder Mais) in der Fruchtfolge begrenzt.

     Das VG Regensburg gab der hiergegen gerichteten Klage statt und hob die bodenschutzrechtlichen
     Anordnungen auf. Die angegriffene Anordnung kann nicht auf die von der Bodenschutzbehörde her-
     angezogene Befugnisnorm in § 10 Abs. 1 BBodSchG gestützt werden.

     Hierzu referierte das Gericht die herangezogene Ermächtigungsgrundlage und die insoweit beste-
     henden Verweisungen in andere Normen. So kann nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG die zuständige
     Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der sich u.a. aus § 7 BBodSchG ergebenden
     Pflichten treffen. Nach § 7 BBodSchG sind der Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen
     Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder
     durchführen lässt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können, verpflichtet, Vor-
     sorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch ihre Nutzung auf
     dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können. Nach § 7 Satz 5
     BBodSchG richtet sich die Erfüllung der Vorsorgepflicht bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung
     nach § 17 Abs. 1 und 2 BBodSchG. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG wiederum sieht vor, dass bei der
     landwirtschaftlichen Bodennutzung die Vorsorgepflicht nach § 7 durch die gute fachliche Praxis er-
     füllt wird. Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehört nach § 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5
     BBodSchG insbesondere auch, dass Bodenabträge durch eine standortangepasste Nutzung, insbe-
     sondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bo-
     denbedeckung, möglichst vermieden werden.

     Nach Auffassung des VG Regensburg ging es der Bodenschutzbehörde mit ihren Anordnungen um
     die Einhaltung eben dieser guten fachlichen Praxis nach § 17 Abs. 1 und 2 BBodSchG und nicht um

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Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement - Kopp ...
RECHTSPRECHUNGSREPORT ALTLASTENMANAGEMENT                                                        Ausgabe 2021

     Gefahrenabwehr nach § 4 BBodSchG. So geht es vorliegend um die Sicherstellung eines tolerierbaren
     Bodenabtrages im Rahmen einer Betrachtung über mehrere Jahre und nicht um die Vermeidung hin-
     reichend wahrscheinlicher und erkennbarer konkreter Schadensverläufe in einem zeitlich und räum-
     lich begrenzten Rahmen. § 17 Abs. 1 und 2 BBodSchG enthält nach der Auffassung des VG Regens-
     burg jedoch keine Befugnisnorm zur Anordnung von vorsorgebezogenen Maßnahmen. Der Gesetz-
     geber hat darauf verzichtet, für die behördliche Durchsetzung der Einhaltung der guten fachlichen
     Praxis eine Ermächtigungsnorm für Anordnungen zu schaffen. Die streitgegenständlichen Anordnun-
     gen erachtete das VG Regensburg deshalb als mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.

4.   LG Osnabrück, Urteil vom 2.8.2019 – 6 O 337/19
     Zum nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch für Gebäudeschäden, die in Folge einer Bombenent-
     schärfung entstehen

     Die Klägerin ist der Gebäudeversicherer eines Wohngebäudes. Am 19.2.2018 sprengte der Kampf-
     mittelräumdienst eine auf dem Nachbargrundstück freigelegte Fliegerbombe. Infolge der Druckwelle
     und der Bodenerschütterungen kam es zu einem Schaden an dem Wohngebäude, den die Klägerin
     gegenüber ihrem Versicherungsnehmer regulierte. Von der Eigentümerin des Nachbargrundstücks
     verlangte die Klägerin eine entsprechende Zahlung, weil ihr aus übergegangenem Recht ein nachbar-
     rechtlicher Ausgleichsanspruch zustehe.

     Die Klage hat keinen Erfolg, weil nach Auffassung des LG Osnabrück die Voraussetzungen des nach-
     barrechtlichen Ausgleichsanspruchs nicht vorliegen. Der in Analogie zu § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB rich-
     terrechtlich entwickelte nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist gegeben, wenn von einem Grund-
     stück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes
     Grundstück ausgehen, die der Eigentümer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus be-
     sonderen Gründen jedoch nicht unterbinden kann. In diesem Fall steht dem Eigentümer ein Aus-
     gleichsanspruch zu, wenn er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädi-
     gungslos hinzunehmenden Eigentumsbeeinträchtigung übersteigen. Dieser verschuldensunabhän-
     gige Anspruch setzt jedoch voraus, dass der Anspruchsgegner als Störer zu qualifizieren ist und ihm
     das schadensverursachende Ereignis zuzurechnen ist. Dies ist wiederum der Fall, wenn die Eigen-
     tumsbeeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgeht. Eine Zu-
     rechnung kommt darüber hinaus in Betracht, wenn sich insbesondere aus der Art der Nutzung des
     Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinde-
     rung möglicher Beeinträchtigungen ergibt. Gemessen an diesen Maßstäben und im Rahmen einer
     wertenden Betrachtung ergibt sich, dass die Beklagte vorliegend nicht als Störerin zu qualifizieren ist.
     So beruht die durch die Sprengung der Fliegerbombe vermeintlich verursachte Eigentumsbeeinträch-
     tigung nicht – auch nicht mittelbar – auf dem Willen der Beklagten. Ausschlaggebend ist vorliegend,

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     dass die Sprengung allein auf Anweisungen und Handlungen des Kampfmittelräumdienstes erfolgte.
     Auf die Sprengung durch den Kampfmittelräumdienst hatte die Beklagte keinen Einfluss. Sie war viel-
     mehr hoheitsrechtlich zur Duldung der durch den Kampfmittelräumdienst durchgeführten Spren-
     gung verpflichtet. Auch eine Sicherungspflicht der Beklagten zum Schutz angrenzender Wohnge-
     bäude existierte nicht. Schließlich sind schon keine präventiven Vorkehrungen ersichtlich, mit denen
     die Beklagte die eingetretenen Schäden hätte verhindern können.

            Anmerkung: Nach den Ausführungen des LG Osnabrück wird die Beklagte vor allem durch die
            vom Kampfmittelräumungsdienst eigenverantwortlich vorgenommene Bombenentschärfung
            bzw. kontrollierte Sprengung entlastet. Fraglich ist, ob unbeabsichtigte Sprengungen (etwa
            während Bauarbeiten) nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche begründen können. Jedenfalls
            für den Fall einer unvorhersehbaren Sprengung einer einbetonierten Fliegerbombe im Rah-
            men eines Recyclingprozesses hat der BGH in seinem Urteil vom 5.7.2019 – V ZR 108/18 (vgl.
            Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement 2019, S. 7) eine nachbarrechtliche Haftung ab-
            gelehnt. Letztlich lassen sich Haftungsfragen im Hinblick auf einen nachbarrechtlichen Aus-
            gleichsanspruch nicht pauschal beantworten. Maßgeblich ist nach der höchstrichterlichen
            Rechtsprechung des BGH insbesondere eine wertende Betrachtung und Auswertung der Um-
            stände des Einzelfalles. Sofern eine kontrollierte Sprengung durch den Kampfmittelräumungs-
            dienst fehlerhaft vorgenommen wird und ein Verschulden gegeben ist, kommen zudem Amts-
            haftungsansprüche gegen Rechtsträger des Kampfmittelräumungsdienstes nach § 839 BGB
            i.V.m. Art. 34 GG in Betracht (vgl. hierzu: LG München I, Urteil vom 8.2.2017 – 15 O
            23907/15).

5.   VG Karlsruhe, Urteil vom 13.11.2019 – 2 K 6364/18
     Zur Bestimmtheit der Anordnung einer bodenschutzrechtlichen Detailuntersuchung unter dem Ge-
     sichtspunkt der Vollstreckbarkeit von Kooperationsverpflichtungen mit der Behörde

     Die Klägerin wendet sich gegen eine bodenschutzrechtliche Anordnung zur Durchführung einer De-
     tailuntersuchung. Das von der Anordnung betroffene Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut
     und steht im Miteigentum einer Eigentümergemeinschaft. In den Jahren 1965 bis 1985 fand ein Tank-
     stellenbetrieb im Erdgeschoss des Wohnhauses statt. Betreiberin war von 1965 bis 1975 zunächst
     Frau A. Zum 3.3.1975 übernahm die Klägerin den Tankstellenbetrieb und führte diesen bis zur Stillle-
     gung im Jahr 1985 fort. In den Jahren 1976 und 1977 kam es zu Schadensfällen, in denen jeweils
     erhebliche Mengen Benzin ausliefen. Am 8.3.1978 führte der TÜV Baden eine örtliche Besichtigung
     der Tankstelle durch, in der diverse Mängel festgestellt worden sind. Daraufhin erfolgten Sanierungs-
     arbeiten an der Tankstelle, die im Oktober 1978 erfolgreich beendet wurden. Die Eigentümergemein-
     schaft ließ 2013 eine orientierende Altlastenuntersuchung durchführen. Hierbei wurden Grundwas-
     serverunreinigungen mit BTEX festgestellt, die auf ein tankstellenspezifisches Schadensbild schließen
     lassen. Altlastenuntersuchungen der Klägerin bestätigten dieses Ergebnis. Die Beklagte verpflichtete

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   die Klägerin daraufhin zur Durchführung von Detailuntersuchungen. Der Klägerin ist u.a. aufgegeben
   worden, mindestens drei qualifizierte Grundwassermessstellen im Grundwasserabstrom zu errich-
   ten. Die genaue Anzahl und Lage der Grundwassermessstellen sollten durch einen Sachverständigen
   und in Absprache mit dem Amt für Umweltschutz nach den örtlichen Gegebenheiten und der Erfas-
   sungsmöglichkeit der Abstrombreite festgelegt werden (Kooperationsverpflichtung). Nach Ansicht
   der Klägerin ist die Anordnung inhaltlich unbestimmt und ermessensfehlerhaft. Zudem behauptet
   die Klägerin, dass sie nicht Verursacherin der festgestellten Grundwasserverunreinigungen sei. Ins-
   besondere bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die festgestellten Grundwasserverunreini-
   gungen auf den Betrieb der nahgelegenen Schmuck- und Uhrenfabrik beruhen. Ferner lasse sich eine
   Verursachung durch den Tankstellenbetrieb der Frau A nicht ausschließen.

   Die Klage hat keinen Erfolg. Die Anordnung zur Durchführung der Detailuntersuchung ist rechtmäßig
   und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die angeordnete Detailuntersuchung findet
   ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 2 BBodSchG. Die Anordnung ist formell rechtmäßig. Insbesondere
   bestehen keine rechtlichen Bedenken unter dem gerügten Gesichtspunkt der Bestimmtheit. Nach
   § 37 Abs. 1 LVwVfG ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner
   Rechtmäßigkeit. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen
   kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für
   eine Vollstreckung zu sein. Unschädlich ist, dass die Anordnung die genaue Anzahl und Lage der
   Grundwasserstellen einer näheren Bestimmung durch einen zu beauftragenden Sachverständigen
   und einer Kooperation mit dem Amt für Umweltschutz unterwirft. Schließlich liegt die Kooperations-
   verpflichtung im öffentlichen Interesse der effektiven Gefahrenabwehr und ermöglicht sogar aus
   Gründen der Verhältnismäßigkeit Abweichungen zugunsten der Klägerin. Die Kooperationsverpflich-
   tung ist zudem hinsichtlich der Verpflichtung zur kooperativen Bestimmung der Anzahl und Lage der
   Grundwassermessstellen vollstreckbar. Die Anordnung ist ferner materiell-rechtlich rechtmäßig, weil
   die Tatbestandvoraussetzungen des § 9 Abs. 2 BBodSchG vorliegen und keine Ermessensfehler gege-
   ben sind. Insbesondere begründen die festgestellten BTEX-Verunreinigungen den hinreichenden Ver-
   dacht einer schädlichen Boden- bzw. Grundwasserverunreinigung So ist im Rahmen der im Oktober
   1978 durchgeführten Sanierung der Tankstelle gerade nicht untersucht worden, inwiefern die un-
   streitigen Schadensfälle zu einer Schadstoffeintragung in den Boden geführt haben. Zudem spricht
   das tankstellenspezifische Schadensbild vorliegend gegen eine Verursachung durch den Betrieb der
   Schmuck- und Uhrenfabrik. Ferner ist der Klägerin ein wesentlicher Verursachungsbeitrag zuzurech-
   nen, da sie zum Zeitpunkt der Schadensfälle in den Jahren 1976 und 1977 für einen störungsfreien
   Tankstellenbetrieb verantwortlich war.

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             Anmerkung: Bodenschutzrechtliche Anordnungen werden regelmäßig im Hinblick auf die in-
             haltlichen Anforderungen nach § 37 Abs. 1 VwVfG gerügt (vgl. hierzu auch die Entscheidun-
             gen Ziff. 9 und Ziff. 13 des Rechtsprechungsreportes). Ob eine bodenschutzrechtliche Anord-
             nung nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG genügt, richtet sich im Einzelfall
             insbesondere nach dem jeweiligen Inhalt der Anordnung (Tenor sowie Begründung). Eine Sa-
             nierungsanordnung ist beispielsweise inhaltlich unbestimmt, sofern diese allenfalls langfristig
             erreichbare Sanierungszielwerte vorgibt, ohne dass hierfür einzusetzende Sanierungsverfah-
             ren festzulegen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8.3.2013 – 10 S 1190/09). Im Hinblick
             auf die in der bodenschutzrechtlichen Praxis häufig geforderte Kooperationsverpflichtung
             sollte die künftige Entwicklung der Rechtsprechung beobachtet werden. Zu beachten ist in
             diesen Zusammenhang zudem, dass etwaige Bestimmtheitsmängel im Widerspruchsverfah-
             ren durch einen Widerspruchsbescheid oder gar im gerichtlichen Verfahren durch einen klar-
             stellenden Verwaltungsakt nachträglich geheilt werden können. Für die zuständige Behörde
             besteht damit die Möglichkeit, einen inhaltlich unbestimmten Verwaltungsakt mit Wirkung
             für die Vergangenheit (ex tunc) „zu retten“.

6.   Niedersächsisches OVG, Urteil vom 28.11.2019 – 11 LC 606/18
     Zur Kostentragungspflicht eines Grundstückseigentümers für Evakuierungskosten im Zusammen-
     hang mit der Entschärfung einer Sprengbombe

     Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung von Evakuierungskosten im Zusam-
     menhang mit der Entschärfung einer auf ihrem Grundstück freigelegten Sprengbombe. Die Klägerin
     ist Grundstückseigentümerin und hat ein Einkaufszentrum in einem dicht besiedelten Stadtgebiet
     errichtet. Im Rahmen von Tiefbauarbeiten wurde eine 500 kg schwere Sprengbombe aus dem Zwei-
     ten Weltkrieg auf dem klägerischen Grundstück freigelegt. Der Sprengmeister des Kampfmittelbesei-
     tigungsdienstes war der Ansicht, dass von der freigelegten Sprengbombe eine gegenwärtige Gefahr
     für Leib und Leben der umliegenden Bevölkerung ausging, weshalb eine umgehende Entschärfung
     der Sprengbombe notwendig war. Vor Entschärfung der Sprengbombe erfolgte durch die Gemeinde
     eine Evakuierung der Bevölkerung im Gefahrenbereich der Bombe. Die Bombenentschärfung er-
     folgte durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst auf Kosten des Landes Niedersachsen. Die Klägerin
     wurde jedoch durch Kostenbescheid der Gemeinde zur Erstattung der Evakuierungskosten herange-
     zogen. Das VG Braunschweig gab der gegen den Kostenbescheid gerichteten Klage statt, weil keine
     Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid vorläge. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt.
     Die Berufung hat Erfolg, weil der Kostenbescheid rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage des Kostenbe-
     scheids ist § 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG i.V.m. den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 NVwKostG. Hiernach kann
     die Klägerin zur Erstattung der Evakuierungskosten herangezogen werden, sofern die Ersatzvor-
     nahme (Entschärfung der Bombe) sowie die Evakuierungsmaßnahmen rechtmäßig waren. Weitere
     Voraussetzung ist, dass die Evakuierungsmaßnahmen als zusätzliche Amtshandlung erforderlich zur

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     Ausführung der Bombenentschärfung waren (§ 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG) und die Evakuierungsmaß-
     nahmen durch die Klägerin i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG veranlasst worden sind. Die Klägerin war
     als Zustandsstörerin zur Entschärfung der Sprengbombe verpflichtet und die Entschärfung war im
     Wege der Ersatzvornahme wegen der gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben ohne vorausgehen-
     den Verwaltungsakt rechtmäßig. Zwar trägt aus Billigkeitserwägungen das Land Niedersachen die
     Kosten der Bombenentschärfung, jedoch gehören die streitgegenständlichen Evakuierungskosten
     der Gemeinde nicht zu den unmittelbaren Kosten der Bombenentschärfung und sind daher unter
     den Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG erstattungsfähig. Die Evakuierungsmaßnah-
     men waren rechtmäßig und zum Schutz der Bevölkerung als zusätzliche Amtshandlung zur Bom-
     benentschärfung erforderlich i.S.v. § 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG. Weil die Klägerin objektiv durch ihr
     Bauvorhaben die Freilegung der Sprengbombe verursacht hat, ist sie als Kostenschuldnerin i.S.v. § 5
     Abs. 1 Satz 1 NVwKostG anzusehen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, inwiefern die kosten-
     verursachende Verwaltungsleistung (Evakuierung) positiv für die Klägerin war. Zu erstatten sind die
     tatsächlichen Aufwendungen der Evakuierung, weshalb ein pauschalisierter Gebührentatbestand
     nicht erforderlich ist.

            Anmerkung: In der behördlichen Praxis wird aus Billigkeitsgründen regelmäßig davon abge-
            sehen, Grundstückseigentümer zur Erstattung für die Kosten einer Bombenentschärfung her-
            anzuziehen. Die vom Niedersächsischen OVG vorgenommene Differenzierung zwischen den
            Kosten der Bombenentschärfung und den im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG zusätzli-
            chen Kosten der erforderlichen Evakuierungsmaßnahmen ist jedenfalls für das Land Nieder-
            sachen nachvollziehbar. Festzuhalten ist jedoch, dass in Niedersachen mit § 66 Abs. 1 Satz 2
            Nds. SOG eine konkrete Rechtsgrundlage existiert, die eine Erstattungsfähigkeit von Kosten
            für zusätzliche Amtshandlungen begründet, sofern die zusätzlichen Amtshandlungen zur Aus-
            führung einer Ersatzvornahme (hier Bombenentschärfung) erforderlich waren. Derartig ein-
            deutige Kostenvorschriften finden sich allerdings nicht in jedem Bundesland. So richtet sich
            die Erstattungsfähigkeit von Kosten für Ersatzvornahmen im Land Berlin nach § 10 VwVG
            (i.V.m. § 8 Abs. 1 VwVfG Bln). Dort ist eine Kostentragungspflicht für zusätzliche Amtshand-
            lungen, die zur Ausführung einer Ersatzvornahme erforderlich sind, gerade nicht enthalten.
            Im Falle einer Inanspruchnahme für Evakuierungskosten sollte daher kritisch geprüft werden,
            ob in dem jeweiligen Bundesland eine Rechtsgrundlage existiert, die eine Kostentragungs-
            pflicht für Evakuierungsmaßnahmen begründet.

7.   VG Kassel, Urteil vom 5.12.2019 – 3 K 3927/17.KS
     § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG als Rechtsgrundlage für die Duldung von Sanierungsmaßnahmen

     Der Kläger wendet sich gegen eine bodenschutzrechtliche Anordnung zur Duldung von Sanierungs-
     maßnahmen auf seinem Grundstück. Dieses befindet sich im Bereich einer ehemaligen Abfalldepo-
     nie. In der Zeit von circa 1950 bis 1969 wurden auf der Deponie auch deponiespezifische Stoffe wie

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   Glas, Holz, Teer und Schlacke verfüllt. Nach Abschluss der Verfüllung wurde die Oberfläche mit einer
   geringmächtigen Bodenschicht abgedeckt. Das Grundstück des Klägers wurde 1993 als Altlast festge-
   stellt. Da der Kläger gegenüber der sanierungspflichtigen Beigeladenen die Zustimmung zu Sanie-
   rungsmaßnahmen auf seinem Grundstück verweigerte, wurde er von der Beklagten verpflichtet, die
   Maßnahmen zur Sanierung der ehemaligen Abfalldeponie durch die Beigeladene auf seinem Grund-
   stück zu dulden.

   Das VG Kassel hat die Klage abgewiesen. Ermächtigungsgrundlage für die gegen den Kläger ergan-
   gene Duldungsanordnung ist nach der Auffassung des VG Kassel § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG. Hier-
   nach kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der sich aus § 4
   BBodSchG ergebenden Pflichten gegenüber dem jeweiligen Störer i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz. 1 BBodSchG
   treffen.

   Grundsätzlich kann mit einer Anordnung nach § 10 Abs. 1 BBodSchG zwar nur ein Handeln verlangt
   werden, sei es zur Gefahrenabwehr oder zur Sanierung, jedoch gestattet die Vorschrift nach der Auf-
   fassung des VG Kassel auch die Anordnung einer Duldung. So wird der Begriff der Maßnahme i.S.v.
   § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG nicht näher konkretisiert. Voraussetzung ist lediglich, dass die Maß-
   nahme der Erfüllung von Pflichten aus §§ 4 und 7 BBodSchG dient. Da der Erfüllung solcher Pflichten
   sowohl Handlungen als auch Duldungen dienen können, kann eine Duldungsanordnung wiederum
   auf § 10 Abs. 1 BBodSchG gestützt werden.

   Im vorliegenden Fall dient die gegenüber dem Kläger erlassene Duldungsanordnung der Ermögli-
   chung einer der Beigeladenen obliegenden Sanierungsverpflichtung in Bezug auf die Altlast. Der Klä-
   ger ist daher verpflichtet, die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme hinzunehmen.

          Anmerkung: Die Möglichkeit der bodenschutzrechtlichen Duldungsanordnung ist allgemein-
          hin in der juristischen Literatur und Rechtsprechung anerkannt (vgl. hierzu auch die Entschei-
          dung Ziff. 20 des Rechtsprechungsreports). Fraglich ist im vorliegenden Fall jedoch, ob § 10
          Abs. 1 BBodSchG tatsächlich die einschlägige Ermächtigungsgrundlage für die Duldungsan-
          ordnung war. So regeln die Landesbodenschutzgesetze regelmäßig konkrete Rechtsgrundla-
          gen für den Erlass von Duldungsanordnungen. Für das Land Hessen existiert eine solche
          Rechtsgrundlage im Hinblick auf die Duldung von Sanierungsmaßnahmen in § 5 Abs. 2 Hess.
          Altlasten- und Bodenschutzgesetz. Im Ergebnis dürfte es jedoch unerheblich sein, ob die Bo-
          denschutzbehörde die jeweilige Anordnung auf § 10 Abs. 1 BBodSchG oder auf landesrechtli-
          che Vorschriften stützt. Denn selbst sofern die Bodenschutzbehörde eine zunächst unzutref-
          fende Ermächtigungsgrundlage heranzieht, kann die Duldungsanordnung selbst im Rahmen
          eines Gerichtsverfahrens nachträglich durch die Heranziehung der zutreffenden Ermächti-
          gungsgrundlage „gerettet werden“ (vgl. hierzu insb.: VG Schleswig, Beschluss vom 7.10.2020
          – 6 B 3/20, Rn. 22; Ziff. 20 des Rechtsprechungsreportes).

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8.   VG Cottbus, Urteil vom 12.12.2019 – 3 K 1828/15
     Zum Übergang der abstrakten Sanierungsverantwortung durch Gesamtrechtsnachfolge im Zusam-
     menhang mit volkseigenen Betrieben der DDR

     Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme für die Kostenerstattung einer behördlich
     durchgeführten Detailuntersuchung. Auf dem Grundstück X in der Stadt P wurde von 1891 bis 1965
     ein Gaswerk betrieben. Der Gaswerksbetrieb erfolgte zunächst durch die Aktiengesellschaft K und ab
     1948 durch die Stadtgemeinde P, die jeweils Eigentümerin des Grundstücks waren. 1954 wurde das
     Gaswerkgrundstück in DDR-Volkseigentum überführt. Rechtsträger war zunächst der VEB Energie-
     verteilung C und ab 1959 der VEB Energieversorgung C. Im Jahr 1970 erfolgte ein Rechtsträgerwech-
     sel zur Stadt P. Der VEB Energieversorgung C. wurde 1979 zum Energiekombinat C. Das Energiekom-
     binat C. wurde anschließend in die Energieversorgung Aktiengesellschaft C umgewandelt, von der
     sich wiederrum 1991 die Gasversorgung GmbH abspaltete. Aus der Gasversorgung GmbH ging letzt-
     lich durch Umfirmierung die Klägerin hervor. 1991 fand eine historische Untersuchung des Grund-
     stücks statt, in der sichtbare Ablagerungen von boden- und grundwassergefährdenden Stoffen und
     Verdachtsflächen mit Kontaminationen unterschiedlicher Schadstoffe festgestellt worden sind. Im
     Jahr 2002 wurden die Eheleute L Eigentümer des Grundstücks. 2006 fand eine orientierende Unter-
     suchung des ehemaligen Gaswerkgeländes statt, die den Altlastenverdacht erhärtet hat. Mit Anord-
     nung vom 3.3.2015 verpflichtete der Beklagte die Klägerin zur Durchführung einer bodenschutzrecht-
     lichen Detailuntersuchung. Die angeordnete Detailuntersuchung wurde von der Klägerin nicht vor-
     genommen, weshalb der Beklagte die Detailuntersuchung im Wege der Ersatzvornahme durchführen
     ließ. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Heranziehung zur Kostenerstattung. Sie ist im
     Wesentlichen der Ansicht, dass sie nicht zum Kreis der Pflichtigen im Sinne von § 4 Abs. 3 BBodSchG
     gehöre. Insbesondere sei sie nicht Gesamtrechtsnachfolgerin des Verursachers geworden.

     Die Klage hat Erfolg, weil die Anordnung rechtswidrig ist. Aufgrund der im Jahr 2006 durchgeführten
     orientierenden Untersuchung liegen konkrete Anhaltspunkte für den hinreichenden Verdacht einer
     schädlichen Bodenveränderung oder Altlast im Sinne von § 9 Abs. 2 BBodSchG vor. Es kann offenblei-
     ben, inwiefern der VEB Energieverteilung C bzw. der VEB Energieversorgung C einen Verursachungs-
     beitrag geleistet hat und ob die Klägerin deren Rechtsnachfolgerin ist, da im Wege der Rechtsnach-
     folge jedenfalls keine abstrakte Sanierungspflichten auf die Klägerin übergegangen sind. Die recht-
     mäßige Inanspruchnahme der Klägerin scheitert daran, dass keine ununterbrochene Kette von Ge-
     samtrechtsnachfolgetatbeständen bis zur im Jahr 1991 erfolgten Umfirmierung der Gasversorgung
     GmbH in die heutige Klägerin besteht, die zu einem Übergang der abstrakten Sanierungsverantwor-
     tung zur Klägerin geführt hat. Schließlich ist die abstrakte Sanierungspflicht gemäß § 7 Abs. 2 der
     Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken durch den im Jahr 1970 er-
     folgten Rechtsträgerwechsel auf die Stadt P übergegangen und dort verblieben. Hiernach übernimmt
     der neue Rechtsträger (Stadt P) die Verantwortung für das betreffende volkseigene Grundstück und

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     muss die mit dem Grundstück im Zusammenhang stehenden Verpflichtungen erfüllen. Zudem ent-
     sprach es der Realität in der DDR, dass bei Übergang der Rechtsträgerschaft eines volkseigenen Be-
     triebs keine abstrakten Polizeipflichten beim bisherigen Rechtsträger verblieben. Mit dem Wechsel
     der Rechtsträgerschaft auf die Stadt P im Jahr 1970 endete dementsprechend auch eine etwaige Sa-
     nierungsverantwortung des VEB Energieversorgung C. Die Klägerin konnte daher als vermeintliche
     Rechtsnachfolgerin des VEB Energieversorgung C keine abstrakten Sanierungspflichten übernehmen,
     weil diese bei der Stadt P verblieben sind.

            Anmerkung: Das Urteil zeigt erneut die tatsächliche und rechtliche Komplexität der Störer-
            haftung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 BBodSchG auf. Sobald mehrere Gesamtrechtsnachfol-
            getatbestände und Rechtsträgerwechsel vorliegen, ist im Einzelfall ein besonderes Augen-
            merk darauf zu legen, ob die öffentlich-rechtliche Sanierungsverantwortung im Wege der Ge-
            samtrechtsnachfolge tatsächlich auf den Adressaten der bodenschutzrechtlichen Anordnung
            übergegangen ist. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass sogenannte partielle Ge-
            samtrechtsnachfolgen (z.B. Unternehmensspaltungen) ebenfalls dazu führen können, dass
            die abstrakte Sanierungsverantwortung des Verursachers auf einen Dritten übergeht und dort
            verbleibt (vgl. VG Berlin, Urteil vom 5.7.2018 – 10 K 298.16, Rechtsprechungsreport Altlasten-
            management 2019, S. 8). Die Besonderheit im Falle einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge
            liegt darin, dass der Verursacher der Verunreinigung nach erfolgter partiellen Gesamtrechts-
            nachfolge weiterhin existiert. Die abstrakte Sanierungsverantwortung kann dann jedoch nicht
            mehr von dem Verursacher auf einen Gesamtrechtsnachfolger übergehen, weil die abstrakte
            Sanierungsverantwortung zuvor im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge von dem
            Verursacher auf einen Dritten übergegangen ist.

9.   VG Würzburg, Beschluss vom 18.12.2019 – W 4 S 19.1366
     Zu den Bestimmtheitsanforderungen einer Anordnung zur Durchführung einer bodenschutzrechtli-
     chen Detailuntersuchung

     Der Antragsteller wendet sich gegen eine bodenschutzrechtliche Anordnung zur Durchführung einer
     Detailuntersuchung. Im Rahmen von Altlastenuntersuchungen wurden in Markt Goldbach Bodenver-
     unreinigungen und eine MKW-Phase im Grundwasser festgestellt. Aufgrund dessen führte die Ge-
     meinde zunächst eine Detailuntersuchung auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück
     durch. Hierbei konnte ausgeschlossen werden, dass sich der Ort der Schadstoffeintragung auf diesem
     Grundstück befindet. Als Eintragungsort der Schadstoffe kamen vielmehr das Grundstück mit der
     Fl.Nr. 2 und das im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück mit der Fl.Nr. 5 in Betracht. Mit
     Bescheid vom 25.2.2019 gab das Landratsamt Aschaffenburg dem Antragsteller auf, auf seinem
     Grundstück Detailuntersuchungen im Hinblick auf die festgestellten Bodenverunreinigung durch
     MKW durchzuführen. Der Bescheid war inhaltlich unbestimmt, weshalb das Landratsamt ihn mit Be-
     scheid vom 12.9.2019 aufhob und zugleich einen nachgebesserten Bescheid erließ, durch den der

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   Antragsteller erneut zur Durchführung von Detailuntersuchungen verpflichtet wurde. Zudem wurde
   angeordnet, dass der Antragsteller ein Untersuchungskonzept durch eine geeignete Stelle erstellen
   lassen muss, welches dem Landratsamt wiederum bis zum 13.12.2019 vorzulegen ist. Zudem sei das
   Untersuchungskonzept nach dessen Freigabe durch das Landratsamt innerhalb von drei Monaten
   umzusetzen. Gegen diesen für sofort vollziehbar erklärten Bescheid hat der Antragsteller Klage erho-
   ben und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen. Er ist im
   Wesentlichen der Ansicht, dass er nicht als Störer im Sinne von § 4 Abs. 3 BBodSchG anzusehen sei,
   weil auf seinem Grundstück zu keinem Zeitpunkt Mineralöl gelagert und verwendet worden sei. Die
   Ursache der Verunreinigung sei vielmehr oberhalb seines Grundstücks zu suchen. Auf dem Grund-
   stück mit der Fl.Nr. 2 sei nach Kenntnis des Antragstellers ehemals eine Werkstatt mit Ölheizung be-
   trieben worden, so dass es deutlich wahrscheinlicher sei, dass die Verunreinigungen von diesem
   Grundstück stammten.

   Der Antrag hat keinen Erfolg, weil der angegriffene Bescheid vom 12.9.2019 rechtmäßig ist und den
   Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der angegriffene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in
   § 9 Abs. 2 BBodSchG und ist nach der Auffassung des VG Würzburg nunmehr hinreichend bestimmt.
   Wegen des in Art. 37 BayVwVfG normierten Bestimmtheitsgebots muss die Behörde klar und eindeu-
   tig festlegen, mit welchen Mitteln (z.B. Rammkernsondierungen) die Untersuchungen durchzuführen
   sind und auf welche Parameter (Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen, Wirkungspfade) hin zu unter-
   suchen ist. Ferner muss das geforderte Untersuchungsprogramm jedenfalls in seinen Grundzügen
   bestimmt werden. Dabei kann der Störer zur Erstellung und Vorlage eines Untersuchungskonzeptes
   durch eine geeignete Stelle verpflichtet werden, welches wiederum vor der Umsetzung mit der Be-
   hörde abzustimmen ist. In diesem Falle muss der Bescheid jedoch konkrete (zeitliche) Vorgaben zur
   Erstellung und Vorlage des Untersuchungskonzeptes enthalten. Der Bescheid vom 12.9.2019 ent-
   spricht diesen Bestimmtheitsanforderungen. Insbesondere wurden die Untersuchungsmethoden so-
   wie der Untersuchungsgegenstand klar und eindeutig vorgegeben. Auch das Untersuchungspro-
   gramm sowie der zeitliche Rahmen der mehrstufigen Untersuchung wurden innerhalb des Bescheids
   umschrieben. Die Tatbestandvoraussetzungen des § 9 Abs. 2 BBodSchG sind ebenfalls gegeben. So
   ist ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Alt-
   last aufgrund konkreter Anhaltspunkte im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG in Bezug auf das
   klägerische Grundstück anzunehmen. Zudem konnten sowohl der Antragsteller als auch der Eigentü-
   mer des Grundstücks mit der Fl.Nr. 2 zeitgleich als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden,
   weil zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses davon auszugehen war, dass sich die
   Eintragsquelle auf dem Grundstück des Antragstellers mit der Fl.Nr. 5 und/oder auf dem Grundstück
   mit der Fl.Nr. 2 befindet. Eine vorrangige Heranziehung eines oder mehrerer Handlungsstörer kam
   vorliegend schon deswegen nicht in Betracht, weil unklar ist, wer die streitgegenständlichen Verun-
   reinigungen verursacht hat.

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            Anmerkung: Die Entscheidung zeigt schulbuchmäßig die Heilungsmöglichkeiten im Hinblick
            auf einen zunächst inhaltlich unbestimmten Verwaltungsakt auf. So ist es dem Landratsamt
            Aschaffenburg gelungen, die zunächst inhaltlich unbestimmte Anordnung vom 25.2.2019
            durch eine weitere Anordnung vom 12.9.2019 inhaltlich zu konkretisieren. Die Rüge der in-
            haltlichen Unbestimmtheit eines Verwaltungsaktes führt daher alleinstehend in den seltens-
            ten Fällen zu einer erfolgreichen Verteidigung gegen einen belastenden Verwaltungsakt.

10. VG Ansbach, Urteil vom 5.2.2020 – AN 9 K 17.02181
    Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Ermittlung der Belastungsgrenze im
    Rahmen einer bodenschutzrechtlichen Sanierungsanordnung

    Die Klägerin wendet sich gegen eine bodenschutzrechtliche Sanierungsanordnung, die gegen sie als
    Zustandsstörerin ergangen war. Auf ihrem Grundstück befand sich früher ein metallverarbeitender
    Betrieb. Dieser setzte über Jahrzehnte bis circa Mitte 1986 chlorierte Kohlenwasserstoffe ein. Durch
    unsachgemäßen Umgang mit den wassergefährdenden Stoffen entstanden Boden- und Grundwas-
    serverunreinigungen. Es fanden wiederholt Sanierungsarbeiten statt. Ab 2001 wurde die Sanierung
    durch die Klägerin betrieben und finanziert. Die Bodenluftsanierung wurde 2007 eingestellt und die
    Grundwassersanierungsanlage 2009 abgeschaltet. Danach fand kein durchgehender, geregelter Sa-
    nierungsbetrieb mehr statt. Boden und Grundwasser sind aber nach wie vor kontaminiert. Die Klä-
    gerin wurden daher von der Bodenschutzbehörde verpflichtet, die Bodenluft- und Grundwassersa-
    nierung fortzuführen.

    Das VG Ansbach gab der hiergegen gerichteten Klage statt und hob die Sanierungsanordnung auf.

    Zwar kann ein Eigentümer grundsätzlich verpflichtet werden, von seinem Grundstück ausgehende
    Gefahren zu beseitigen, selbst wenn er die Gefahr weder verursacht noch verschuldet hat. Die Sanie-
    rungspflicht des Eigentümers ist aber unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
    zu begrenzen. Als Belastungsgrenze für den Eigentümer werden regelmäßig das Verhältnis des finan-
    ziellen Aufwands zum Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierung herangezo-
    gen. Eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus kann ausnahmsweise dann zumutbar sein,
    wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen oder in fahr-
    lässiger Weise die Augen vor Risikoumständen verschlossen hat.

    Daher ist eine bodenschutzrechtliche Sanierungsanordnung nach der Auffassung des VG Ansbach
    unverhältnismäßig, wenn die Behörde in der Begründung der Sanierungsanordnung die Frage offen-
    lässt, ob der in Anspruch genommene Eigentümer bei Erwerb Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis
    hinsichtlich der Grundstücksbelastung mit Schadstoffen hatte. Der Eigentümer muss der Sanierungs-
    anordnung eindeutig entnehmen können, ob er unbegrenzt haftet bzw. welche Kostenbelastung er

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