Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG

Die Seite wird erstellt Carolin Schilling
 
WEITER LESEN
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
GEMEINDE STÜTZENGRÜN
ERZGEBIRGSKREIS

Vorhabenbezogener Bebauungsplan
„Verbrauchermarkt Stützengrün“

BEGRÜNDUNG
NACH § 9 ABS. 8 BAUGB

BEARBEITUNGSSTAND:      VORENTWURF 10/2020
PLANVERFASSER:          BÜRO FÜR STÄDTEBAU GmbH CHEMNITZ
                        LEIPZIGER STRASSE 207
                        09114 CHEMNITZ
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Vorhabenbezogener Bebauungsplan             "Verbrauchermarkt Stützengrün"
Stand:                                      Vorentwurf 10/2020

Gemeinde:                     Stützengrün
Landkreis:                    Erzgebirgskreis
Landesdirektion:              Chemnitz
Land:                         Freistaat Sachsen

Der Bebauungsplan besteht aus:
-        Teil A - Planzeichnung, Maßstab 1 : 500 und
-        Teil B - Text
Die Begründung, Stand 10/2020, ist beigefügt.

VORHABENTRÄGER:
MGR Immobilienverwaltung Eins Stiftung & Co. KG
Manfred-Roth-Straße 7
90766 Fürth

PLANVERFASSER:
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz
Leipziger Straße 207         09114 Chemnitz
Tel.: 0371/ 3674 170 Fax.: 0371/ 3674 177
e-mail:    info@staedtebau-chemnitz.de
Internet: www.staedtebau-chemnitz.de

Geschäftsführer:              Stadtplaner Dipl.-Geogr. Thomas Naumann
Leiterin Stadtplanung:        Stadtplanerin M. Sc. Simone Freiberg
Verantwortl. Bearbeiterin:    Dipl.-Ing. für Städtebau Annemarie Wenzel

Geschäftsleitung
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz

Chemnitz, Oktober 2020
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz

Urheberrecht
Das vorliegende Dokument (Städtebauliche Planung) ist urheberrechtlich geschützt
gemäß § 2 Abs. 2 sowie § 31 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der Urheberrechte. Eine
(auch auszugsweise) Vervielfältigung, Weitergabe oder Veröffentlichung ist nur nach
vorheriger schriftlicher Genehmigung der Büro für Städtebau GmbH Chemnitz sowie
der planungstragenden Kommune unter Angabe der Quelle zulässig.
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz

INHALTSVERZEICHNIS

TEIL I ALLGEMEINER TEIL                                                             4
1          Allgemeine Begründung                                                    4
     1.1    Anlass und Ziel des Bebauungsplans                                      4
     1.2    Planungserfordernis                                                     5
     1.3    Verfahrensablauf                                                        6
     1.4    Rechtliche Grundlagen                                                   6
     1.5    Bevölkerungsentwicklung                                                 7
     1.6    Nahversorgung                                                          10
       1.6.1    Rechtliche Ausgangssituation                                       10
       1.6.2    Aktuelle Bestandssituation des Einzelhandels                       12
       1.6.3    Standortalternativenprüfung                                        13
       1.6.4    Einzelfallprüfung – Widerlegung der Vermutungsregel des § 11 Abs. 3
                BauGB                                                               16
2.         Übergeordnete Planungen                                                 27
     2.1    Raumordnung und Landesplanung - Landesentwicklungsplan Sachsen         27
     2.2    Regionalplan Südwestsachsen                                            31
     2.3    Entwurf des Regionalplans Region Chemnitz                              33
     2.5    Flächennutzungsplan                                                    35
3.         Grundlagen                                                              36
     3.1    Räumlicher Geltungsbereich                                             36
     3.2    Örtliche Situation, Bestand                                            36
     3.3    Eigentum                                                               37
     3.4    Baugrund, Boden, Hohlraumgebiete, Altlasten, Erdbebenschutzzone        37
     3.5    Wasserwirtschaft                                                       38
     3.6    Naturschutz                                                            39
       3.6.1    Schutzgebiete, Biotope, Artenschutz                                39
       3.6.2    Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung                            39
     3.7    Plangrundlage                                                          39
4.         Städtebauliche Planung                                                  40
     4.1    Städtebauliches Konzept und Projektbeschreibung                        40
     4.2    Begründung der bauplanungsrechtlichen Festsetzungen                    42
       4.2.1    Art der baulichen Nutzung                                          42
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                    2

       4.2.2    Maß der baulichen Nutzung, Höhe baulicher Anlagen                  43
       4.2.3    Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche                         44
       4.2.4   Maßnahmen und Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung
               von Boden, Natur und Landschaft, Anpflanzung von Bäumen und
               Sträuchern                                                       44
       4.2.5   Zuordnungsfestsetzung für Flächen zum Ausgleich von Eingriffen in Natur
               und Landschaft                                                       44
     4.3    Bauordnungsrechtliche Festsetzungen                                    45
       4.3.1    Äußere Gestaltung baulicher Anlagen und Werbeanlagen               45
       4.3.2    Gestaltung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke         45
     4.4    Hinweise                                                               46
       4.4.1    Vorhaben- und Erschließungsplan                                    46
       4.4.2    Artenschutz                                                        46
       4.4.1    Freiflächengestaltungsplan                                         46
5.         Flächenbilanz                                                           47
6          Erschließung                                                            47
     6.1    Verkehr                                                                47
     6.2    Stadttechnische Ver- und Entsorgung                                    48
7          Wesentliche Auswirkungen der Planung                                    49
     7.1 Auswirkungen auf die Nahversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln als
         Teil der Daseinsvorsorge                                                 49
     7.2    Auswirkungen auf Natur und Landschaft sowie Fläche                     49
     7.3    Immissionsschutz                                                       50
     7.4    Kosten für die Gemeinde                                                50
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                 3

TEIL II UMWELTBERICHT                                                           52
1         Einleitung                                                            52
    1.1    Ziele und Inhalt des vorhabenbezogenen Bebauungsplans                53
    1.2    Ziele des Umweltschutzes                                             54
2         Beschreibung und Bewertung der erheblichen Umweltauswirkungen 58
    2.1    Bestandsaufnahme des derzeitigen Umweltzustands (Basisszenario)      58
    2.2 Prognose über die Entwicklung des Umweltzustands bei Durchführung der
        Planung und Beschreibung insbesondere der erheblichen Auswirkungen      62
3         Bewertung des Eingriffs sowie der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen 66
    3.1 Maßnahmen zur Vermeidung, zur Minimierung und zum Ausgleich nachteiliger
        Umweltauswirkungen                                                    67
    3.2    Eingriffs- und Ausgleichsmaßnahmen im Plangebiet                     68
    3.3    Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Plangebietes                       70
4         Anderweitige Planungsmöglichkeiten und Standortalternativen           70
5         Auswirkungen nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 j BauGB                            71
6         Zusätzliche Angaben                                                   71
    6.1 Verwendete technische Verfahren, Hinweis auf Schwierigkeiten bei der
        Zusammenstellung der Angaben und fehlende Kenntnisse                    71
    6.2    Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen         71
7         Allgemein verständliche Zusammenfassung                               72
8         Erklärung                                                             74

Quellenverzeichnis

Anlagen

Anlage 1:       Fotodokumentation
Anlage 2:      Ausschnitt Flächennutzungsplan 3. Änderung
Anlage 3:      Ausschnitt Luftbild
Anlage 4:      Bestandserfassung

Anlage 5:       GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH, Auswirkungs-
                analyse zur geplanten Ansiedlung eines Norma-Lebensmittelmarktes in
                Stützengrün, Lichtenauer Straße. 27.02.2020
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                     4

TEIL I ALLGEMEINER TEIL

1     Allgemeine Begründung

1.1    Anlass und Ziel des Bebauungsplans

In der Gemeinde Stützengrün ist die Nah- und Grundversorgung mit Lebensmitteln
aufgrund des Fehlens eines größeren Lebensmittelbetriebs erheblich gestört, so dass
nachweislich ein Defizit bzw. eine Unterversorgung zu verzeichnen ist. Ihre grundzent-
rale Versorgungsfunktion, die die Gemeinde gemeinsam mit Zschorlau innehat, kann
Stützengrün derzeit somit nicht erfüllen. Ziel ist es deshalb, die verbrauchernahe Ver-
sorgung für die ortsansässige Bevölkerung in den drei Ortsteilen Stützengrün, Lichtenau
und Hundshübel herzustellen. Im Nahversorgungsbereich leben derzeit ca. 3.100 Ein-
wohner. Mit der Überplanung des zentral zwischen den Ortsteilen der Gemeinde Stüt-
zengrün liegenden Standortes an der Lichtenauer Straße soll die Einzelhandels- und
Nahversorgungsfunktion im gesamtgemeindlichen Interesse unter Beachtung der
grundzentralen Versorgungsfunktion dauerhaft gesichert werden.

Beabsichtigt ist die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit Bäckerei- und Fleische-
reifiliale sowie eines Getränkemarktes. Der NORMA Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung &
Co. KG Rossau hat für den Standort an der Lichtenauer Straße einen Vorhaben- und
Erschließungsplan erarbeitet und der Gemeinde vorgelegt. Mit einem Durchführungs-
vertrag verpflichtet er sich gegenüber der Gemeinde zur Durchführung des Vorha-
bens und der notwendigen Erschließungsmaßnahmen innerhalb einer bestimmten
Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten.

Mit einer Gesamtverkaufsfläche von 1.550 m² überschreitet das Planvorhaben die
Grenze zur Großflächigkeit ( 800 m² Verkaufsfläche). Mit der Aufstellung des vorha-
benbezogenen Bebauungsplans erfolgte deshalb im Rahmen des Planverfahrens
eine Bewertung des Vorhabens unter Zugrundelegung des § 11 Abs. 3 BauNVO. Im
Zuge einer Einzelfallprüfung kann der Nachweis erbracht werden, dass von der An-
siedlung keine nachteiligen Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungs-
bereiche und die wohnortnahe Versorgung im Untersuchungsraum im Sinne des § 11
Abs. 3 S. 3 BauNVO zu erwarten sind. Dabei sind insbesondere die Gliederung und
Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versor-
gung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebes zu berücksichtigen.
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                     5

Aufgrund der Lage des Plangebietes an einem städtebaulich nicht integrierten Stand-
ort wurden innerhalb dieses Planverfahrens Alternativstandorte im Hauptortsteil Stüt-
zengrün in integrierten Ortslagen gesucht und bewertet. Im Ergebnis sind keine Flä-
chen gefunden worden, die für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes für den Ein-
zugsbereich Stützengrün geeignet sind.

1.2   Planungserfordernis

Für die Verbesserung der Versorgungssituation der Einwohner mit Lebensmitteln sind
in der Gemeinde Stützengrün die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Neu-
ausweisung von Flächen zu schaffen. Der Standort befindet sich auf landwirtschaftlich
genutzter Fläche im siedlungsnahen Außenbereich an der Lichtenauer Straße, die in
diesem Bereich nur einseitig bebaut ist. Südlich schließt sich auf der gegenüberliegen-
den Straßenseite das Bebauungsplangebiet für das Gewerbegebiet Stützengrün an.

Aufgrund des Antrags und der Vorlage eines Vorhaben- und Erschließungsplanes der
Firma NORMA Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG, Rossau, gemäß § 12 BauGB
hat die Gemeinde über die Einleitung eines Planverfahrens entschieden.

Ein Planungserfordernis liegt vor, da sich die Flächen im Außenbereich befinden. Mit
dem Bebauungsplanverfahren wird Baurecht geschaffen und die geordnete städte-
bauliche Entwicklung gesteuert. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan gibt den
städtebaulichen Rahmen für die Bebauung, für grünordnerische Maßnahmen und für
die Erschließung vor. Er hat die im Zusammenhang mit der Baurechtschaffung auftre-
tenden Belange des Umweltschutzes zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten.
Insbesondere sind die im Zusammenhang mit der Großflächigkeit der Versorgungsein-
richtung vermuteten negativen städtebaulichen Auswirkungen wie schädliche Um-
weltauswirkungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie auf die infrastruk-
turelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung und zentrale
Versorgungsbereiche, auf Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt zu
betrachten, zu bewerten und Maßnahmen abzuleiten. Neben der Darlegung des
dringenden Erfordernisses eines Nahversorgers ist im Planverfahren außerdem auf-
grund der nicht integrierten Lage eine Standortalternativenprüfung inhaltlicher
Schwerpunkt der Begründung.
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                       6

1.3     Verfahrensablauf

Der Gemeinderat der Gemeinde Stützengrün hat in seiner öffentlichen Sitzung am
26.02.2019 den Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan
„Verbrauchermarkt Stützengrün“ unter der Beschluss-Nr. GR 6/285/52 gefasst. Mit dem
Bebauungsplan wird das Ziel angestrebt, einen Lebensmitteleinzelhandelsmarkt mit
angeschlossenem Getränkemarkt sowie einer regionalen Bäcker- und Fleischereifiliale
zu errichten.

Mit seiner Veröffentlichung am 01.03.2019 im Gemeindeanzeiger Nr. 03/2019 wurde
der Aufstellungsbeschluss bekannt gemacht.

1.4     Rechtliche Grundlagen

Die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans wird im zweistufigen Ver-
fahren nach BauGB unter Einbeziehung der Vorschriften zur Umweltprüfung nach § 2
Abs. 4 mit Umweltbericht nach § 2 a BauGB durchgeführt.

Außerdem gelten die Vorschriften des § 12 BauGB, wonach die Einleitung des Verfah-
rens auf Antrag eines Vorhabenträgers erfolgt ist. Der vom Investor vorgelegte Vorha-
ben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungs-
plans. Bestandteil des Verfahrens ist außerdem der Durchführungsvertag, der vor Sat-
zungsbeschluss abzuschließen ist.

Für dieses Aufstellungsverfahren gilt, dass Vorhaben- und Erschließungsplan und der
vorhabenbezogene Bebauungsplan auf einer einheitlichen Planurkunde erstellt wer-
den. Der Geltungsbereich beider Pläne ist identisch. Aus der Planurkunde ergibt sich,
dass sie sowohl für den Vorhaben- und Erschließungsplan als auch für den vorhaben-
bezogenen Bebauungsplan gilt.

Für Bebauungspläne, die die Zulässigkeit großflächigen Einzelhandels begründen, ist
die Handlungsanleitung Großflächige Einzelhandelseinrichtungen1 zu beachten. Die
Handlungsanleitung (HA) vom 03.04.2008, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvor-
schrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 04.12.2017 (SächsABl. SDr. S.
S 352), ist bei der Planung und Zulassung großflächiger Einzelhandelsvorhaben im

1Handlungsanleitung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Zulässigkeit von großflä-
chigen Einzelhandelseinrichtungen im Freistaat Sachsen vom 03.04.2008. SABl. Nr. 17 vom 24.04.2008
Vorhabenbezogener Bebauungsplan "Verbrauchermarkt Stützengrün" - GEMEINDE STÜTZENGRÜN BEGRÜNDUNG
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                    7

Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO in Sachsen anzuwenden. Sie dient der Steuerung der
Ansiedlung und Erweiterung dieser Vorhaben und ist ausschließlich auf raumordneri-
sche und städtebauliche Erfordernisse ausgerichtet. Insbesondere zu den Anforderun-
gen für die Bauleitplanung und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit innerhalb des
Plangebietes unter Prüfung der Regelvermutung bezüglich landesplanerischer und
städtebaulicher Auswirkungen findet sie in diesem vorhabenbezogenen Bebauungs-
planverfahren ihre Anwendung.

1.5   Bevölkerungsentwicklung

Zunächst wird die Bevölkerungsentwicklung in den vergangenen 10 Jahren im Ge-
meindegebiet betrachtet. Seit 2010 hat die Gemeinde einen deutlichen Einwohner-
rückgang zu verzeichnen (vgl. Tab. 1). Die jährlichen Bevölkerungsverluste betrugen
im betrachteten Zeitraum im Durchschnitt 1,5 %, das sind etwa 52 Personen pro Jahr.

                                                          Veränderungen zum Vorjahr
                                                           Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
           Jahr               Einwohner                absolut                        %
       31.12.2010                3.616

       31.12.2011                3.517                   - 99                       - 2,7

       31.12.2012                3.474                   - 43                       - 1,2

       31.12.2013                3.444                   - 30                       - 0,9

       31.12.2014                3.391                   - 53                       - 1,5

       31.12.2015                3.341                   - 50                       - 1,5

       31.12.2016                3.300                   - 41                       - 1,2

       31.12.2017                3.237                   - 63                       - 1,9

       31.12.2018                3.192                   - 45                       - 1,4

       31.12.2019                3.146                   - 46                       - 1,4

Tab. 1: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Stützengrün 2010 bis 2019 (Quelle: Statistisches Landes-
amt des Freistaates Sachsen)

Das heißt, dass die Gemeinde Stützengrün im betrachteten Zeitraum von 10 Jahren
etwa 13,7 % ihrer Einwohner verloren hat. Seit 2018 geht der Trend des Bevölkerungs-
verlustes leicht zurück. Der Bevölkerungsrückgang im Erzgebirgskreis ist dem gegen-
über weniger stark. Im Vergleich stellt er sich wie folgt dar (Tab. 2):
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                           8

                                     Gemeinde Stützengrün                           Erzgebirgskreis

                                 Einwohner        Zu- bzw. Ab-             Einwohner       Zu- bzw. Ab-
                                                nahme (-) gegen-                         nahme (-) gegen-
                                                 über 1990 bzw.                           über 1990 bzw.
                                                      2011                                  2011/2018
                                                       in %                                     in %

1990             03.10.1990         4.217                                   459.644

2010             31.12.2010         3.616              - 14,3               368.167             - 19,9
ZENSUS
2011             09.05.2011         3.561                                   361.791
2018             31.12.2018         3.192              - 10,4               337.696                - 6,7
2019             31.12.2019         3.146               - 1,4               334.948                - 0,8

Tab. 2: Bevölkerungsentwicklung 1990/2010 und 2011/2018 im Vergleich Gemeinde – Landkreis
(Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen)

Damit fiel der Bevölkerungsverlust in der Gemeinde Stützengrün von 1990 bis 2010 mit
14,3 % geringer aus als der auf Landkreisebene mit 19,9 %. Nach 2011 (Erfassung der
Daten im Rahmen des ZENSUS) liegen die prozentualen Verluste der Gemeinde im
Vergleich zu denen im Landkreis jedoch um ein Drittel höher.

Weniger deutliche Unterschiede zeigen die Vergleiche der Altersstruktur (Tab. 3) sowie
des Altenquotienten (Tab. 4). Der Altenquotient ist definiert als das Verhältnis der An-
zahl der Personen im Alter von 65 und mehr Jahren zu 100 Personen derselben Bevöl-
kerung im erwerbsfähigen Alter. Ein Vergleich der Daten mit dem Freistaat insgesamt
lässt jedoch erkennen, dass der Anteil der Senioren im Erzgebirgskreis generell über-
proportional hoch ist, im Verhältnis schneller steigt und auch prognostisch keine Än-
derung erwarten lässt (Tab. 5 und 6). Dabei stellt sich die Entwicklung in der Gemeinde
geringfügig positiver dar als die im Erzgebirgskreis.

                        Gemeinde Stützengrün                                 Erzgebirgskreis
 Jahre       unter 20       20-65            65 und             unter 20     20-65          65 und mehr
                                             mehr

 EW          591            1.687            914                56.855       181.514        99.327
 gesamt                        3.192 EW                                       337.696 EW
 in %        18,5           52,9             28,6               16,8         53,8           29,4

Tab. 3: Altersstruktur. Stand 31.12. 2018 (Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen)
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                                   9

                         1990              2011             2015           2016             2017          2018

  Gemeinde                  30,4           37,8             44,0           48,2             50,7          54,2
  Stützengrün

  Erzgebirgskreis           27,1           41,5             47,1             50,2           52,8          54,7

  Sachsen                   26,1           41,0             43,0             44,3           45,4          46,3

Tab. 4: Altenquotient im Vergleich. Stand 31.12. 2018 (Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates
Sachsen)

Am 19.05.2020 veröffentlichte das Statistische Landesamt die 7. Regionalisierte Be-
völkerungsvorausberechnung (7. RBV). Sie zeigt die voraussichtliche Bevölkerungs-
entwicklung für den Freistaat Sachsen, die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die
kreisangehörigen Gemeinden für den Zeitraum 2019 bis 2035 in jeweils zwei Varianten
auf. Dabei stellt die Variante 1 die obere und die Variante 2 die untere Variante dar.
Für die Gemeinde Stützengrün ergibt sich die in Tab. 5 aufgeführte Entwicklung:

                   Gemeinde Stützengrün                            Erzgebirgskreis                    Sachsen

                Variante1                 Variante2                V1               V2          V1          V2
           in %     absolut         in %          absolut          in %             in %        in %        In %
 2018     100,0      3.192          100,0          3.192           100,0      100,0            100,0       100,0
 2025      90,5      2.890          90,4           2.880           93,9             93,6        99,3        98,5
 2030      83,8      2.680          83,3           2.660           89,4             88,4        98,1        96,2
 2035      77,7      2.480          76,6           2.450           84,9             83,2        96,8        93,5

Tab. 5: Bevölkerungsprognose bis 2035 im Vergleich (Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates
Sachsen, 7. Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für den Freistaat Sachsen 2019 bis 2035. Da-
tenblatt Gemeinde Stützengrün. Gebietsstand 1. Januar 2020)

                                    Variante 1                                           Variante 2

                      2018         2025      2030          2035       2018           2025       2030       2035

  Gemeinde            54,2         68,5      75,2          77,1       54,2           68,6       75,5       78,2
  Stützengrün

  Erzgebirgs-         54,7         66,1      73,8          76,9       54,7           66,3       74,7       78,5
  kreis
  Sachsen             46,3         50,9      55,1          56,5       46,3           51,3       56,3       58,6

Tab. 6: Altenquotient bis 2035 im Vergleich (Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 7.
Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für den Freistaat Sachsen 2019 bis 2035. Datenblatt Ge-
meinde Stützengrün. Gebietsstand 1. Januar 2020))
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                   10

Die Einwohnerentwicklung von Stützengrün wird weiterhin - wie bei der überwiegen-
den Mehrzahl der Gemeinden im Kreisgebiet – eine stark rückläufige Tendenz aufwei-
sen. Je nach Variante der 7. Regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung wird in
der Gemeinde in den kommenden 15 Jahren mit einem Bevölkerungsrückgang von
etwa 710 (Variante 1) bzw. 740 (Variante 2) Einwohnern zu rechnen sein. Das ent-
spricht einem nochmaligen Rückgang von 22 bis 23 %. Der prognostizierte Altenquo-
tient zeigt eine ähnliche Entwicklung wie im Erzgebirgskreis: Der Anteil der Bevölke-
rung über 65 Jahre im Verhältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung steigt weiterhin er-
heblich. Für die Entwicklung des Einzelhandels bedeutet das, dass er sich zunehmend
auf eine altersgerechte bauliche Ausstattung und Gestaltung sowie auf entspre-
chende altersgemäße Dienstleistungsangebote einstellen muss.

1.6   Nahversorgung

1.6.1 Rechtliche Ausgangssituation

Seit vielen Jahren ist ein Strukturwandel im Einzelhandel zu verzeichnen. Die Entwick-
lung ist geprägt von einem Anstieg der Verkaufsfläche von Einzelhandelsbetrieben
bei gleichzeitig sinkenden Bevölkerungszahlen. Auch vorwiegend der Nahversorgung
mit Lebensmitteln dienende Einzelhandelsbetriebe bewegen sich seit langem nahe
oder oberhalb der Großflächigkeit, die in § 11 Abs. 3 BauNVO (Baunutzungsverord-
nung) definiert ist.

Generell sind großflächige Einzelhandelsbetriebe nur in Kerngebieten oder in Sonder-
gebieten gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO zulässig. Den vermuteten negativen Auswirkun-
gen (Regelvermutung) aufgrund einer Großflächigkeit liegt gemäß BauNVO eine Ge-
schossfläche von 1.200 m² zugrunde. In der diesbezüglichen Rechtsprechung und Li-
teratur wird allerdings auf eine Verkaufsfläche von mehr als 800 m² als präzisere Be-
zugsgröße verwiesen.

Dem vorliegenden Planverfahren liegt ein Vorhaben- und Erschließungsplan zu-
grunde, der inhaltlich nicht an die §§ 2 bis 11BauNVO gebunden ist. Aus diesem Grund
kann sich der verbindliche Bauleitplan auf den vorgesehenen Einzelhandelsbetrieb
mit Festsetzungen zu konkreter Größenordnung, Verkaufsfläche und Sortimentsgestal-
tung beschränken.
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                      11

Mit diesem vorhabenbezogenen Bebauungsplan soll die Zulässigkeit eines Einzelhan-
delsbetriebs mit einer Gesamtverkaufsfläche von 1.550 m² planungsrechtlich vorbe-
reitet werden. Damit ist eine gutachterliche Prüfung (Auswirkungsanalyse) erforder-
lich, ob die nachfolgend genannten schädlichen Auswirkungen bestehen.

Kann diese Regelvermutung widerlegt werden, liegt eine Atypik des Vorhabens vor.
Einzelhandelsbetriebe fallen damit nicht unter den Anwendungsbereich des § 11 Abs.
3 BauNVO und sind planungsrechtlich nicht nur in Sondergebieten, sondern auch in
anderen Baugebieten wie Gewerbegebieten, zulässig.

Die Widerlegbarkeit der gesetzlichen Regelvermutung ist nach § 11 Abs. 3 Satz 4
BauNVO für den konkreten Einzelfall ausdrücklich zulässig. Sie hat sich mit den folgen-
den negativen landesplanerischen und städtebaulichen Auswirkungen gemäß § 11
Abs. 3 Satz 2 BauNVO, die in der Handlungsanleitung für großflächige Einzelhandels-
einrichtungen2 in Sachsen konkretisiert sind, auseinanderzusetzen:

       Schädliche Umweltauswirkungen im Sinne des § 3 Bundes-Immissionsschutzge-
        setz (insbesondere Lärm-, Abgas- und Geruchsbelästigungen der Nachbar-
        schaft durch Kunden- und Lieferverkehr, Be- und Entladen, Lüftungsanlagen,
        Beleuchtungsanlagen),

       Auswirkungen auf

        - die infrastrukturelle Ausstattung (verkehrliche Anbindung, Anschluss an das
          örtliche Nahverkehrsnetz [ÖPNV], stadttechnische Infrastruktur),

        - den Verkehr (fließender und ruhender Verkehr, Überlastungen, Verkehrsbe-
          hinderungen, ausreichende Stellplatzzahl),

        - die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der großflächigen Ein-
          zelhandelsbetriebe (Existenzgefährdung von kleineren Läden und Betrieben
          der Nahversorgung aufgrund Kaufkraftabfluss im Zusammenhang mit der
          Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung),

        - die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche der Gemeinde oder in an-
          deren Gemeinden (Einschränkung der Funktionsfähigkeit, Beeinträchtigung
          der Entwicklungspotenziale durch Kaufkraftabzug verbunden mit Geschäfts-
          aufgabe und Leerstand in zentralen Lagen),

2 Handlungsanleitung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Zulässigkeit von Großflä-
chigen Einzelhandelseinrichtungen im Freistaat Sachsen (HA Großflächige Einzelhandelseinrichtungen),
SächsABl. Nr. 17 vom 24. April 2008, S. 612 ff. Zuletzt enthalten in Verwaltungsvorschrift vom 04.12.2017
(SächsABl.SDr. S. S 352)
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                  12

      - das Orts- und Landschaftsbild (Lage, Umfang und Größe von die Umgebung
        dominierenden Einrichtungen, insbesondere am Stadtrand und im ländli-
        chen Raum, in der Nähe denkmalgeschützter oder sonstiger das Ortsbild
        prägender Einzelbauten und Ensembles, Auswirkungen auf die Stadtsanie-
        rung) und auf

      - den Naturhaushalt (Beeinträchtigung des Ökosystems, Leistungsfähigkeit
        und Wirkungsgefüge des Naturhaushalts, insbesondere auf Boden, Wasser,
        Luft und Klima).

Darüber hinaus können sich Anhaltspunkte dafür, dass die Vermutungsregelung nicht
zutrifft, sowohl aus betrieblichen Merkmalen des Vorhabens als auch aus Besonder-
heiten der städtebaulichen Situation aufgrund der Größe und Gliederung der Ge-
meinde und ihrer Ortsteile ergeben. Die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung
der Bevölkerung ist dann nicht nachteilig betroffen, wenn durch die Ansiedlung des
Einzelhandelsbetriebes eine Unterversorgung der Ortsteile in seinem Einzugsbereich
mit Waren des täglichen und des kurzfristigen Bedarfs beseitigt wird.

Mit dieser Planaufstellung wird im Folgenden der Nachweis erbracht, dass die Regel-
vermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO nicht greift, so dass ein Sondergebiet nicht
festzusetzen ist. Das betrifft auch den parallel zu ändernden Flächennutzungsplan
(FNP) der Gemeinde. Für die Einzelfallprüfung werden die vorgenannten Kriterien ins-
besondere anhand der Auswirkungsanalyse und der im Umweltbericht dargelegten
Umweltprüfung im Weiteren näher betrachtet.

1.6.2 Aktuelle Bestandssituation des Einzelhandels

Im Gemeindegebiet gibt es keinen größeren Lebensmittelmarkt, so dass die Einzel-
handelsstruktur von wenigen kleinteiligen Anbietern des Lebensmittelhandwerks ge-
prägt ist. Innerhalb der drei Ortsteile Stützengrün, Lichtenau und Hundshübel besteht
damit ein erhebliches Defizit in der Nahversorgung. Die Gemeinde kann ihre Grund-
versorgungsfunktion nicht erfüllen.

Mit der Ansiedlung des Lebensmittelanbieters NORMA kann die Unterversorgung für
das gesamte Gemeindegebiet behoben werden. Der geplante Standort an der Lich-
tenauer Straße kann zwar durch seine Randlage am Gewerbegebiet nicht als städte-
baulich integriert eingestuft werden, er kann jedoch durch die „Scharnierlage“ zwi-
schen dem Hauptort Stützengrün und den Ortsteilen Lichtenau und Hundsübel die
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                      13

Grundversorgung mit Lebensmitteln sichern. Dabei wird – unabhängig von einem in-
tegrierten oder nicht integrierten Standort – im Gemeindegebiet Stützengrün auch bei
der Nahversorgung aufgrund der siedlungs- und landschaftsräumlichen Situation auf
die vorwiegende Nutzung durch Pkw zurückgegriffen werden müssen.

Die Erreichbarkeit aus den Ortsteilen ist über die Auerbacher Straße (B 169) und den
nördlichen Abzweig Lichtenauer Straße verkehrsgünstig gegeben. Über den ÖPNV ist
der Standort über mehrere Buslinien des Verkehrsverbundes Mittelsachsen erschlos-
sen. Neben innerörtlichen Verbindungen bestehen Direktverbindungen zwischen Ro-
dewisch (Göltzschtal) über Stützengrün und Aue-Bad Schlema (Silberberg). Die Busli-
nie 370 der Regionalverkehr Erzgebirge GmbH verbindet Schönheide Ost mit Aue-Bad
Schlema über Schneeberg. Die beiden nächstgelegenen Bushaltestellen „Stützen-
grün, Gewerbegebiet“ in ca. 500 m südlicher Entfernung und „Lichtenau, Abzweig“
in ca. 270 m nördlicher Entfernung werden von den beiden Buslinien 370 und 385 be-
dient.

1.6.3    Standortalternativenprüfung

Der Standort für den Verbrauchermarkt an der Lichtenauer Straße ist städtebaulich
nicht integriert. Er liegt jedoch am Rande des Gemeindehauptortes und ist von allen
drei Ortsteilen, die die Gemeinde bilden, auf kürzest möglichem Wege erreichbar.
Aufgrund der nicht integrierten Lage wurde dennoch eine Alternativenprüfung durch-
geführt. Sie beschränkt sich jedoch aus folgenden Gründen auf den zentralen
Hauptort Stützengrün:

   Hier lebt der größte Bevölkerungsanteil im Gemeindegebiet, der den Markt mit
    vielfältigen Transportmitteln – auch fußläufig und in Kombination mit dem ÖPNV –
    erreichen kann.
   Er ist der zentral gelegene Ort, der aus den kleineren Ortsteilen Lichtenau und
    Hundshübel etwa entfernungsgleich gut erreichbar ist.
   Er ist verkehrlich durch die B 169 sowohl für die Kunden als auch für die Anlieferung
    komfortabel erschlossen.

Die Gemeinde hat eine Standortanalyse durchgeführt und sieben Standorte einer nä-
heren Betrachtung hinsichtlich ihrer Eignung für eine Lebensmittelmarktansiedlung un-
terzogen (vgl. Abb. 1).
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                         14

Abb. 1: Standortübersicht aus der Standortanalyse der Gemeinde Stützengrün, April 2019

Die Standortuntersuchung ist in Tabelle 7 zusammengefasst.

Die Standorte wurden nach den folgenden Kriterien bewertet: Flächengröße, Darstel-
lung im FNP, Topografie, Erschließung, Verfügbarkeit und Bewertung des Vorhaben-
trägers.

Im Ergebnis konnte kein innerörtlicher, wohnungsnah gelegener Standort als Alterna-
tivlösung gefunden werden. Aufgrund der siedlungs- und raumstrukturellen Gegeben-
heiten der Ortsentwicklung in Tallage des Westerzgebirges mit einer starken Hängig-
keit sprechen vor allem die topografischen Bedingungen gegen eine innerörtliche
Ansiedlung. Die z. T. zu geringen Flächengrößen, die Erschließungsbedingungen und
die z. T. nicht vorhandene Verfügbarkeit sind weitere Negativkriterien, ebenso teil-
weise die Lage, die einen wirtschaftlichen Betrieb des Marktes unmöglich macht.

Damit gibt es keine Alternative zur Entwicklung des Standortes an der Lichtenauer
Straße für den NORMA-Lebensmittelmarkt. Er befindet sich in nördlicher Randlage des
Hauptortes Stützengrün, so dass eine optimale Erreichbarkeit aus den nördlich gele-
genen kleineren Ortsteilen Lichtenau und Hundshübel gegeben ist.
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                                                                                                                                                           15

     Verbrauchermarkt Stützengrün

     Alternativstandorte
     Standortanalyse

 Nr. Standort                  Flurst.   Fläche          Darstellung im Topografie                     Erschließung                                     Verfügbarkeit                   Bewertung des Vorhabenträgers
                                                         FNP
 1   Fläche zwischen B169 und 1049/2     ca 40.000 m²    Flächen für    Bergkuppe mit abfallenden      B169 Auerbacher Straße - aus                     mehrere Privateigentümer;       - eingeschränkte Einsehbarkeit aufgrund der
     Hübelstraße;               1062                     Landwirschaft Hängen hin zur                  verkehrstechnischer Sicht schwierig bis gar      auf dem Flst. 1071 wurde eine   Hanglage hinter Kirche/Friedhof
     hinter Kirche und Friedhof 1064/1                                  Wohnbebauung;                  nicht zu realisieren, da aufgrund der steil      Streuobstwiese als              - verkehrstechnische Erschließung nur von B 169
                                1071                                    Bergkuppe liegt auf Höhe der   abfallenden Straße nach der Ortstafel keine      Ausgleichsmaßnahme für eine     möglich,
                                1072/1                                  Kirchturmspitze und deutlich   Sichtbeziehung im Bereich der notwendigen        Baumaßnahme angelegt.           - bei Genehmigungsfähigkeit inakzeptabler
                                1074/1                                  höher als die umliegende       Abbiegespur gegeben ist.                                                         Kostenaufwand von mindestens 200.000,00 €
                                1075/1                                  Wohnbebauung;                  Hübelstraße - scheidet aufgrund der geringen
                                                                        Höhenunterschied ca. 30m       Straßenbreite von nur ca. 4 m aus.

 2   Fläche neben Sportplatz   4/1       ca. 14.000 m²   Mischgebiet     hängig, von West nach Ost     B169 Auerbacher Straße - nicht möglich,          Flächen befinden sich im        - mangelnde Anfahr- und Einsehbarkeit
                               128/12                                    abfallend                     aufgrund der vorhandenen Bebauung                Privateigentum und sind nicht   - ähnliche Lage wie die des vormals von Plus
                               128/24                                                                  Weg zum Sportplatz - scheidet aufgrund der       verfügbar;                      betriebenen Marktes, der aufgegeben und keiner
                               130/2                                                                   geringen Straßenbreite von nur ca. 3,50 m aus.   Hauswiesen von Landwirten,      Nachverwertung Lebensmitteleinzelhandel
                                                                                                       Lichtenauer Straße - sehr ungünstige             werden zur Aufrechterhaltung    zugeführt werden konnte
                                                                                                       Erschließung; nach Abzweig von B169 über         der landwirtschaftlichen
                                                                                                       500 m Länge                                      Betriebe zwingend benötigt

 3   Fläche neben Autohaus     20/6      ca. 2.500 m²    1/3           hängig, von Süd nach Nord       B169 Auerbacher Straße - Abbiegespur im          Vorbehaltsfläche für            - die vorhandene Fläche ist zu klein,
     Gerischer                 20/7                      Mischgebiet;  abfallend                       Bereich eine Kurve                               Erweiterung Autohaus            Mindestanforderung 5.000 m²
                                                         2/3                                           Rosenthal - scheidet aufgrund der geringen       Gerischer
                                                         Wohnbaufläche                                 Straßenbreite von nur ca. 4 m aus.

 4   Fläche neben Firma Schul- 51/4      ca. 3.000 m²    Mischgebiet     hängig, von Süd nach Nord     B169 Auerbacher Straße - Abbiegespur im          Hauswiese des Wohnhauses        - die vorhandene Fläche ist zu klein,
     und Stahlrohrmöbel                                                  abfallend                     Bereich eine Kurve                               Auerbacher Straße 35            Mindestanforderung 5.000 m²
 5   Fläche am Ortsausgang     36/1      ca. 6.000 m²    Flächen für     hängig, Richtung Norden       B169 Auerbacher Straße - Abbiegespur im                                          - die Lage des Standortes entspricht nicht mehr
     Richtung Rothenkirchen    221/1                     Landwirschaft   stark abfallend               Bereich der Ortstafel (Ortsgrenze), zudem                                        dem gewählten Zentralitätsgebot zwischen den
                                                                                                       stark eingeschränket Sicht aufgrund einer                                        Ortsteilen der Gemeinde Stützengrün;
                                                                                                       Kuppe und Kurve                                                                  zunehmende Wettbewerbsverdichtung hin zur
                                                                                                                                                                                        Gemeinde Steinberg, Folge: zu befürchtender
                                                                                                                                                                                        Kaufkraftabfluss aus der Gemeinde Stützengrün

 6   Fläche ggü. Ehemaliger    337/15    ca. 6.000 m²    ca. 1.500m²   hängig, von West nach Ost       S277 Schönheider Straße                          Grundstücke wurden als         - Mikrolage an einer Nebenstraße,
     Kindertagesstätte         338/4                     Wohnbaufläche abfallend                                                                        Alternativflächen für den FFW- - Folge: wirtschaftlicher Betrieb des Standortes
     Schönheider Straße        340/2                     Rest: Flächen                                                                                  Depot-Standort bereits mit den wird nicht möglich
                                                         für                                                                                            Eigentümern verhandelt - ohne
                                                         Landwirschaft                                                                                  positives Ergebnis

 7   Fläche südöstlich vom     1008/2    ca. 10.000 m²   Flächen für     Bergkuppe mit von Nord nach Talstraße - aufgrund der Topografie keine                                          - Mikrolage an einer Nebenstraße,
     Gemeindeamt zwischen      1028                      Landwirschaft   Süd stark abfallenden       Zufahrt möglich; kein Gehweg vorhanden                                             - Folge: wirtschaftlicher Betrieb des Standortes
     Hübel- und Talstraße      1031                                      Hängen; Höhenunterschied >                                                                                     wird nicht möglich
                                                                         30 m!

Tab. 7: Prüfung von Alternativstandorten für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes in Stützengrün, Gemeindeverwaltung Stützengrün, 29.04.2019
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                 16

Abb. 2: Lageplan mit Ortsteilen und Standort

1.6.4   Einzelfallprüfung – Widerlegung der Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 BauGB

Im Zuge der Einzelfallprüfung innerhalb des B-Planverfahrens wird im Folgenden der
Nachweis erbracht, dass im konkreten Einzelfall keine Auswirkungen im Sinne des § 11
Abs. 3 Satz 2 BauNVO zu erwarten sind.

Schädliche Umweltauswirkungen im Sinne des § 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz

Hierzu zählen insbesondere Lärm-, Abgas- und Geruchsbelästigungen der Nachbar-
schaft durch Kunden- und Lieferverkehr, Be- und Entladen, Lüftungs- und Beleuch-
tungsanlagen.

Die Beeinträchtigungen können durch die Standortwahl ausgeschlossen werden. Un-
mittelbar am benachbarten Gewerbegebietsstandort mit seinerseits uneingeschränk-
ter Nutzung durch gewerbliche Produktionsbetriebe und Dienstleistungsunternehmen
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                    17

mit entsprechender verkehrlicher Frequentierung gelegen, werden sich die Belastun-
gen durch den geplanten Lebensmittelbetrieb nicht erhöhen. Schutzbedürftige bau-
liche Nutzungen sind in der Umgebung nicht vorhanden.

Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung

Die verkehrliche Erschließung für den motorisierten Individualverkehr (MIV) über die
Bundesstraße B 169 – Auerbacher Straße/Am Hohen Stein - sowie die Erschließungs-
straße des Gewerbegebietes – Lichtenauer Straße – ist für den Kunden- und Anliefer-
verkehr gegeben. Dem realisierten Knoten liegt der Bebauungsplan für die Erweite-
rung des Gewerbegebietes (Rechtskraft 01.08.2008) zugrunde. Eine Verlagerung der
Ortsdurchfahrtgrenze nach Norden würde eine direkte Anbindung des Planstandortes
erleichtern. Eine damit verbundene Geschwindigkeitsreduzierung von aktuell 70 km/h
auf 50 km/h für die Erhöhung der Verkehrssicherheit wird angestrebt.

Die stadttechnische Versorgung ist mit der im erschlossenen Gewerbegebiet vorhan-
denen technischen Infrastruktur gewährleistet.

Eine direkte Anbindung an das ÖPNV-Netz, das mehrmals am Tage bedient wird, be-
steht. Eine verkehrssichere Anbindung der Haltestelle im Gewerbegebiet für Fußgän-
ger ist über einen vorhandenen Fußweg von der etwa 500 m entfernten Haltestelle
gegeben.

                                                 Abb. 3: Lageplan mit Fuß- und Radweg
                                                 (Quelle: LEADER-Region Westerzgebirge,
                                                 Radwegekonzeption „Berge verbinden –
                                                 Steinberg/Kuhberg, 07/2020)
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                     18

Kürzer entfernt liegt nördlich des Standortes die Haltestelle am Abzweig nach Lich-
tenau im Bereich der Raststätte „Zur Waldhummel“. Um entlang der Bundesstraße
eine sichere Anbindung zu erreichen, wird der Neubau eines Fuß-/Radweges zwi-
schen Haltestelle und Nahversorgungseinrichtung über etwa 270 bis 300 m entlang
der Bundesstraße geplant.

Abb. 4: Luftbild mit Fuß- und Radweganbindung aus Norden (Quelle: LEADER-Region Westerz-
gebirge, Radwegekonzeption „Berge verbinden – Steinberg/Kuhberg, 07/2020)

Rad- und Gehwege aus dem Hauptortsteil Stützengrün sind gefahrlos über die ausge-
bauten Wege im Gewerbegebiet nutzbar und in einer zumindest für einen Bevölke-
rungsteil zumutbaren Entfernung von ca. einem Kilometer zurücklegbar. Aus den bei-
den anderen Ortsteilen beschränkt sich die verkehrliche Erschließung auf Rad, Pkw
und Bus. Eine fußläufige Erreichbarkeit ist nicht gegeben. Das wäre allerdings auch
der Fall, wenn ein integrierter Standort im Hauptort Stützengrün zur Verfügung gestan-
den hätte.

Auswirkungen auf den Verkehr

Aufgrund der Lage des Standortes am Siedlungsrand ist die Erreichbarkeit mit Pkw
komfortabel gegeben, ohne dass die ansonsten negativen Auswirkungen durch Kun-
den- und insbesondere durch Anlieferverkehr auf ein enges, innerörtliches Straßennetz
zu erwarten wären. Auch Verkehrslärmbelästigungen der Anwohner, meistens
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                  19

verbunden mit darauffolgenden nächtlichen Einschränkungen des Lieferverkehrs,
können ausgeschlossen werden.

Mit Überlastungen der Bundes- und Gebietserschließungsstraße ist nicht zu rechnen,
da sie in ausreichendem Umfang für den überörtlichen Pkw- und Lkw-Verkehr dimen-
sioniert und ausgebaut sind. Ebenso wenig werden aufgrund der Größe und Frequen-
tierung der Einrichtung Verkehrsbehinderungen erwartet.

Vom Vorhabenträger NORMA werden am Standort etwa 100 Stellplätze vorgesehen.
Die Richtzahlentabelle für den Stellplatzbedarf gemäß SächsBO legt für Läden und
Geschäftshäuser mindestens einen Stellplatz für 30 bis 40 m² Verkaufsnutzfläche fest.
Die Mindestanzahl an Stellplätzen für großflächige Einzelhandelsbetriebe außerhalb
von Kerngebieten beträgt einen Stellplatz je 10 bis 20 m² Verkaufsnutzfläche. Aufgrund
der Standortlage und eingeschränkten Erreichbarkeit zu Fuß und per öffentlichem Per-
sonennahverkehr (ÖPNV) wird dieser Wert trotz der Nahversorgungsfunktion der Ein-
richtung hier in Ansatz gebracht, so dass der Nachweis von 100 Stellplätzen für eine
Verkaufsfläche von 1.550 m² gerechtfertigt ist.

Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der großflächi-
gen Einzelhandelsbetriebe

Der Vorhabenträger NORMA Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG, Rossau, hat
zur Untersuchung städtebaulicher und versorgungsstruktureller Effekte der geplanten
Ansiedlung in Stützengrün eine Auswirkungsanalyse3 beauftragt, die als Anlage der
Begründung beigefügt ist. Zur Erarbeitung des vorliegenden Gutachtens wurden im
Februar 2020 eine Erhebung des relevanten Einzelhandels im Einzugs- bzw. Untersu-
chungsraum vorgenommen sowie Begehungen des Planstandortes Lichtenauer
Straße und weiterer relevanter Einzelhandelslagen durchgeführt. Die Ergebnisse sind
nachfolgend zusammenfassend dargestellt.

Für die Ermittlung der Auswirkungen wurde zunächst das Einzugsgebiet definiert, um
das Bevölkerungs- und Kaufkraftpotenzial sowie den Vorhabenumsatz bzw. die Um-
satzherkunft berechnen zu können (Abb. 5).

3 GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH, Auswirkungsanalyse zur geplanten Ansied-
lung eines Norma-Lebensmittelmarktes in Stützengrün, Lichtenauer Straße. 27.02.2020
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                                20

Abb. 3: Einzugsgebiet (blau) und projektrelevante Wettbewerbssituation im Untersuchungsraum (grün).
Quelle: GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH, Auswirkungsanalyse zur geplanten An-
siedlung eines Norma-Lebensmittelmarktes in Stützengrün, Lichtenauer Straße

Das definierte Einzugsgebiet entspricht dem Gemeindegebiet von Stützengrün. Hier
leben gegenwärtig 3.180 Personen (30.09.2019, Statistisches Landesamt Sachsen). Zi-
tat4:

„Da in Stützengrün kein weiterer strukturprägender Lebensmittelmarkt ansässig ist, kommt dem
Planvorhaben hier eine Alleinstellung als Nahversorger zu. Der Standort ist aufgrund seiner Lage
an der Bundesstraße B 169, die auch eine innergemeindliche Erschließung gewährleistet, aus
dem gesamten Gemeindegebiet mit dem Pkw gut erreichbar.

Ein weiteres Ausgreifen des regelmäßigen betrieblichen Einzugsgebietes vom Standort Lichte-
nauer Straße ins Umland ist nicht anzunehmen. Der Wettbewerb in den umliegenden Städten
und Ortschaften mit eigenen Lebensmittelmärkten begrenzt diesbezüglich das betriebliche
Einzugsgebiet des Planstandortes Lichtenauer Straße in Stützengrün. […]

Darüber hinaus sind u. a. durch Pendler […] Kundenzuführungseffekte von außerhalb des Ein-
zugsgebietes anzunehmen. Diese werden im Rahmen von Streuumsätzen bei den Umsatzum-
verteilungsberechnungen abgebildet.“

Das Marktgutachten hat für das konkrete Vorhaben in Stützengrün eine Kaufkraft in-
nerhalb des Einzugsgebietes für den Sortimentsschwerpunkt Lebensmittel von ca.

4   Ebenda, S. 17 ff
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                           21

2.210 € Pro-Kopf-Ausgaben5 ermittelt. Dabei wurde auch beachtet, dass das Kauf-
kraftniveau in Stützengrün mit 89,7 unter dem Bundesdurchschnitt (= 100) liegt. Das
Kaufkraftpotenzial für Nahrungs- und Genussmittel liegt damit bei ca. 6,3 Mio. €.

Innerhalb des Einzugsgebietes Stützengrün sind einige Nahversorgungseinrichtungen
als kleinere Läden wie Bäckerei und Fleischerei-Werksverkauf vorhanden. Eine Beein-
trächtigung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung in Stützengrün wird
jedoch nicht erwartet. Damit wird auch eine Existenzgefährdung von kleineren Läden
und Betrieben der Nahversorgung aufgrund Kaufkraftabfluss im Zusammenhang mit
der Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung ausgeschlossen. Ein strukturprägen-
der Lebensmittelmarkt ist nicht ansässig. Es ist deshalb davon auszugehen, dass na-
hezu die gesamte Kaufkraft aus dem Bereich Nahrungs- und Genussmittel an Stand-
orte außerhalb der Gemeinde abfließt. Mit der Ansiedlung des NORMA-Marktes er-
höht sich die Verkaufsfläche je Einwohner von ca. 0,01 m² auf ca. 0,5 m², was der
Funktion einer Gemeinde im grundzentralen Verbund entspricht6.

Des Weiteren wurde ein Untersuchungsraum (vgl. Abb. 3) ermittelt. Die hier angesie-
delten 22 Lebensmittelbetriebe wurden hinsichtlich vermuteter negativer städtebau-
licher Auswirkungen untersucht. Dabei ist festzustellen, dass der komplette, für den
NORMA-Lebensmittelmarkt incl. Bäcker- und Fleischerfiliale sowie Getränkemarkt er-
mittelte Gesamtumsatz von ca. 4,4 Mio € umverteilt wird. Zitat7:

„Dies entspricht der Rückholung von derzeit aus Stützengrün abfließender Kaufkraft aufgrund
der momentanen Angebotsschwäche im Lebensmittelbereich. Besonders betroffen sind hier-
bei v. a. die leistungsstarken, i. d. R. großflächigen Lebensmittelmärkte und insbesondere die
SB-Warenhäuser (Kaufland in Aue-Bad Schlema sowie in Rodewisch). Diese erschließen jeweils
ein überörtliches Einzugsgebiet, zu dem auch Stützengrün zählt. Dagegen werden die kleine-
ren Lebensmittelmärkte mit zumeist wohngebietsbezogener Versorgungsfunktion kaum tan-
giert (z. B. Diska in Schneeberg).“

Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche der Gemeinde oder
in anderen Gemeinden

Bei einer Ansiedlung eines Einzelhandelsbetriebes ist auch zu prüfen, ob schädliche
Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche in der Gemeinde selbst oder in
den umliegenden Gemeinden und Städten auftreten.

5 Ebenda, S. 19
6 Ebenda, S. 26
7 Ebenda, S. 32
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                  22

Die Gemeinde Stützengrün verfügt nicht über einen zentralen Versorgungsbereich,
der auf der Grundlage eines Einzelhandelskonzeptes ermittelt und ggf. über einen Be-
bauungsplan verbindlich gesichert worden wäre. Es besteht auch kein faktischer zent-
raler Versorgungsbereich. Wesentliche Einzelhandelslagen sind im Gemeindegebiet
nicht vorhanden.

Für die folgenden Kommunen sind (faktische) zentrale Versorgungsbereiche innerhalb
des Untersuchungsraumes als projektrelevant eingestuft und auf mögliche schädliche
Auswirkungen hin betrachtet worden: Schneeberg, Zschorlau, Rodewisch. Die folgen-
den Umsatzumverteilungseffekte werden erwartet:

     ggü. Anbietern in der Nahversorgungslage Bruno-Dost-Straße Schneeberg: 1 - 2%
     ggü. Anbietern im Zentralen Versorgungsbereich am Kuchenhaus Zschorlau: 3 - 4%

Gegenüber den Anbietern in den zentralen Versorgungsbereichen historische Altstadt
Schneeberg und Rodewisch sind keine Umsatzumverteilungseffekte nachweisbar.

Die durch das Planvorhaben ausgelösten Umsatzumverteilungseffekte gegenüber Be-
trieben in zentralen Versorgungsbereichen liegen damit bei max. 4 %, woraus keine
negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Versorgungslagen zu erwarten
sind.

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die geringen Umsatzverluste nicht
zu Marktaustritten oder sonstigen Einschränkungen der Funktionsfähigkeit führen wer-
den. Nachhaltig schädliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Versorgungslagen
bzw. zentralen Versorgungsbereiche i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO, sowohl in Stützengrün
als auch in anderen Gemeinden, sind nicht zu erwarten. Auch wird die verbraucher-
nahe Versorgung sowohl in Stützengrün als auch innerhalb des Untersuchungsraums
nicht gefährdet.8

Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild

Das Plangebiet befindet sich an der Bundesstraße B 169 nördlich der Ortslage, orts-
auswärts auf der linken Seite, und schließt direkt an das ca. 7 ha große Gelände des
Stützengrüner Gewerbegebietes an. Der Standort soll entlang der Erschließungsstraße
Lichtenauer Straße entwickelt werden und damit die gewerbliche Bebauung

8   Ebenda, S. 34
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                  23

abrunden. Hier sind u. a. ein Maschinenbauunternehmen, ein Fachhandel für Arbeits-
platten, eine Bürstenfabrik, ein Werkzeugschleifzentrum, der Stützengrüner Fleischwa-
ren- und Frischdienst und ein Waren- und Dienstleistungsunternehmen des Bäcker-,
Konditoren- und Fleischerhandwerks ansässig. Die Kubaturen der großen Werkhallen
der Unternehmen, insbesondere der Stahlbaufirma, prägen die nähere Umgebung.
Das Gelände steigt in Richtung Ortsausgang an und ist besonders aus der Ortsmitte
Stützengrüns optisch wirksam. Aus Richtung Norden kommend wird der Lebensmittel-
markt rechtsseitig den Ortseingang von Stützengrün prägen. Das geplante Gebäude
wird sich dem gewerblichen Baubestand mit seiner Kubatur und insbesondere mit sei-
ner Höhe unterordnen und sich damit in die gebaute nähere Umgebung einfügen.

Das Landschaftsbild der umgebenden Berg- und Hügellandschaft ist u. a. von auch
touristisch bedeutsamen Aussichtspunkten wie Kuhberg, Steinberg, Hoher Stein weit-
hin erlebbar.

Um die Auswirkungen auf Orts- und Landschaftsbild zu minimieren, erfolgen eine zu-
rückhaltende Gestaltung des Baukörpers, der Farbgebung und der Werbeanlagen
sowie eine standortgerechte Gehölzpflanzung zur Ortsrandeingrünung. Infolge der
Lage am Gewerbegebiet werden keine erheblichen Auswirkungen auf das Orts- und
Landschaftsbild erwartet.

Auswirkungen auf den Naturhaushalt

Die Auswirkungen auf das Ökosystem, die Leistungsfähigkeit und Wirkungsgefüge des
Naturhaushalts, insbesondere auf Boden, Wasser, Luft und Klima, werden im Umwelt-
bericht, der gesonderter Teil der Begründung ist, näher beschrieben.

Durch das Bauvorhaben Lebensmittelmarkt auf einer derzeit von der Landwirtschaft
genutzten Fläche sind insbesondere Auswirkungen auf die Schutzgüter Fläche, Boden
und den Wasserhaushalt des Bodens zu erwarten. Die Alternativenprüfung von Stand-
orten für einen Nahversorger hat ergeben, dass in innerörtlicher, wohnungsnaher
Lage kein geeigneter Lückenstandort zu finden ist. Aus diesem Grund müssen die Be-
lange der Landwirtschaft zurückgestellt werden, um das Vorhaben realisieren zu kön-
nen. Im Rahmen der Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung werden Entsiegelungsmaßnah-
men explizit geprüft, um die Auswirkungen auf Boden und Wasser an anderer Stelle
kompensieren zu können.
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                  24

Weitere Auswirkungen

Darüber hinaus können sich Anhaltspunkte dafür, dass die Vermutungsregelung nicht
zutrifft und sich damit eine Atypik begründen lässt, sowohl aus betrieblichen Merkma-
len des Vorhabens als auch aus Besonderheiten der städtebaulichen Situation auf-
grund der Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, der Sicherung der
verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betrie-
bes ergeben. Für das Vorhaben Lebensmittelmarkt an der Lichtenauer Straße in Stüt-
zengrün ist die Atypik primär mit der städtebaulichen Situation aber auch mit den be-
trieblichen Merkmalen zu begründen.

Betriebliche Merkmale und Warenangebot
Zentrales Merkmal ist die Einrichtung eines generationsgerechten Einkaufsmarktes für
Nahrungs- und Genussmittel. Die Warenpräsentationsfläche ist zugunsten breiterer,
gut ausgeleuchteter Gänge und niedrigerer Regale mit gut lesbarer Beschilde-
rung/Preisauszeichnung sowie der Einrichtung einer Ruhezone reduziert. Damit wer-
den insbesondere der älteren Bevölkerung Erleichterungen beim Einkaufen verschafft.
Das Warenangebot bleibt einem Discounter gemäß beschränkt. Der Non-Food-Anteil
wird auf höchstens 10% der Gesamtverkaufsfläche festgesetzt, um nachteilige Auswir-
kungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu vermeiden.

Gliederung und Größe der Gemeinde
Die städtebauliche Situation ist im Wesentlichen durch die topografischen Gegeben-
heiten des westerzgebirgischen Berg- und Hügellandes geprägt, in dem sich die Sied-
lungen in der Regel entlang der Fluss- und Bachtäler entwickelt haben, seltener sind
auch Siedlungsflecken auf Hochebenen entstanden. Die Mitte der Ortsteile Lichtenau
und Hundshübel ist von der Ortsmitte Stützengrün 3 bis 4 km entfernt. Die Ortslagen
sind weit gestreckt, ebene Bauflächen kaum zu finden. Die Siedlung Stützengrün selbst
besitzt eine Längsausdehnung entlang des Weißbaches von etwa 3 km. Nur im topo-
grafisch am tiefsten gelegenen Bereich, wo sich Schönheider, Auerbacher und Hübel-
straße treffen und sich Kirche und Friedhof befinden, konnte sich eine annähernd kom-
pakte Siedlungsstruktur auf geringer Fläche entwickeln, die jedoch auch kleinräumig
ein bewegtes Gelände aufweist.
Büro für Städtebau GmbH Chemnitz                                                 25

Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung
Entsprechend den Grundsätzen der Raumplanung ist die Versorgung mit Dienstleis-
tungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von
Einrichtungen der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, zur Sicherung von
Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten;
dies gilt ebenfalls in dünn besiedelten Regionen. Hierzu zählt auch die Grundversor-
gung mit Lebensmitteln.

Die Baurechtschaffung für eine Lebensmittelnahversorgungseinrichtung ist Zielsetzung
dieses vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Die Versorgung mit Waren des tägli-
chen Bedarfs ist ein wichtiger Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe und bedeutet einen
wesentlichen Teil der Lebensqualität. Eine möglichst wohnortnahe Versorgung ist vor
allem für ältere Menschen und andere in ihrer Mobilität eingeschränkte Bevölkerungs-
gruppen von großer Bedeutung. Durch barrierearme Gestaltung soll eine möglichst
breite Versorgung auch von älteren bzw. eingeschränkten Personen ermöglicht wer-
den.

FAZIT

Die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannten schädlichen Auswirkungen, die in der
Regel bei großflächigen Einzelhandelseinrichtungen vermutet werden, wurden für die
Ansiedlung des NORMA-Lebensmittelbetriebes an der Lichtenauer Straße in Stützen-
grün einer Einzelfallprüfung unterzogen. Entsprechend § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO gilt
die Regelvermutung des Satzes 3 nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass
Auswirkungen bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche nicht vorliegen. Dabei sind be-
züglich der genannten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der
Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der
Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 Satz
4 BauNVO).

Im Ergebnis der Einzelfallprüfung werden keine negativen städtebaulichen Auswirkun-
gen prognostiziert. Siedlungs- und landschaftsstrukturelle Gegebenheiten lassen ei-
nen integrierten Standort, der von allen zu versorgenden Bevölkerungsteilen im Ein-
zugsbereich fußläufig erreichbar wäre, nicht zu. Zentrale Versorgungsbereiche sind
nicht vorhanden, so dass eine Integration städtebaulich nicht umsetzbar ist. Größe
und Funktion der Gemeinde erfordern jedoch – auch im Rahmen der Daseinsvorsorge
Sie können auch lesen