WAS ÜBERZEUGT DEN KUNDEN? - VON VEIT ETZOLD Nachdruck aus dem Oktober-Heft 2013

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WAS ÜBERZEUGT DEN KUNDEN? - VON VEIT ETZOLD Nachdruck aus dem Oktober-Heft 2013
Nachdruck aus dem Oktober-Heft 2013

WAS ÜBERZEUGT
DEN KUNDEN?
VON VEIT ETZOLD
WAS ÜBERZEUGT DEN KUNDEN? - VON VEIT ETZOLD Nachdruck aus dem Oktober-Heft 2013
FALLSTUDIE

                                        WAS ÜBERZEUGT
                                          DEN KUNDEN?
                                               Ein Beratungsunternehmen steht unter Druck: Der größte
                                            Kunde muss unbedingt gehalten werden, und die Konkurrenz
                                                          um den Auftrag ist hart. Kann Storytelling statt
                                                   einer Power-Point-Präsentation den Ausschlag geben?

                                                                                            VON VEIT ETZOLD

2   HARVARD BUSINESS MANAGER OKTOBER 2013
WAS ÜBERZEUGT DEN KUNDEN? - VON VEIT ETZOLD Nachdruck aus dem Oktober-Heft 2013
MEINUNGEN STORYTELLING

                                    N
                                                                                  ikolas Fischer, Partner       sein Team noch weniger Zeit hatte,         hen Tagessätzen, zu denen Avenia ge-
                                                                                  bei Avenia Consulting,        um die Präsentation für morgen vorzu-      hörte, war das viel.
                                                                                  stieg ins Taxi, lehnte sich   bereiten, und bis in die Nacht hinein        Wieder klingelte das Telefon. Er
                                                                                  zurück und schloss die        arbeiten musste. Die Terminverlegung       blickte auf das Display; die Nummer
                                                                                  Augen. „In die Innen-         hatte wohl noch einen anderen Grund:       kannte er. Und sofort ging ein leichter
                                                                   stadt“, sagte er erschöpft. Der Taxifah-     Tesch und sein Team von der Alpher-        Stich durch seinen Magen.
                                                                   rer nickte nur. Das Taxi war nach Fi-        bank hatten sicher den ganzen Freitag        „Na, alles im Lot?“, sagte die tiefe
                                                                   schers Geschmack: Die Klimaanlage            mit Präsentationen von Vorschlägen –       Stimme am anderen Ende. „Ich werde
                                                                   funktionierte, es roch nicht nach Rauch,     den sogenannten Proposals – vollge-        es auch zum Meeting heute Abend
                                                                   man konnte mit Kreditkarte zahlen,           stopft und hofften, irgendwann am          schaffen. 20 Uhr, richtig?“
                                                                   das Radio war aus, und der Fahrer            Abend fertig zu sein. Sie von Avenia         „Ja, richtig“, bestätigte Fischer.
                                                                   quatschte kein dummes Zeug.                  würden demnach zwar die Ersten sein,         Der Anrufer war Dr. Gerold Mar-
                                                                     Fischer konnte die Ruhe gebrauchen.        die ihr Proposal vortrugen – wegen der     quard, ein Senior Partner von Avenia
MODELLBAUILLUSTRATION: KASCHA BEYER FÜR HARVARD BUSINESS MANAGER

                                                                   Die Worte von Jochen Tesch hallten           guten Kundenbeziehung und weil man         und früherer Leiter der Praxisgruppe
                                                                   noch in seinem Kopf nach. Gerade als         schon so viele Projekte miteinander        Financial Services. Er hatte die Alpher-
                                                                   er mit dem Flieger wieder in Frankfurt       gemacht hatte. Doch sie wären sicher       bank vor 15 Jahren als Kunde über-
                                                                   gelandet war, hatte ihn Tesch, Projekt-      nicht die Einzigen, die morgen „vorsin-    nommen und die Präsenz der Beratung
                                                                   leiter von der Alpherbank angerufen.         gen“ mussten. „Vorsingen“ nannte man       dort kontinuierlich gesteigert, bis
                                                                   „Können wir Ihre Präsentation morgen         in der Consultingbranche die Bewer-        Avenia sozusagen die Hausberatung
                                                                   von 12 Uhr auf 10 Uhr vorverlegen?           bung einer oder mehrerer Beratungen        geworden war. Mittlerweile war die Al-
                                                                   Wir würden gern früher anfangen, da-         für ein Projekt des Kunden. In diesem      pherbank von einem Kunden, der un-
                                                                   mit wir am Abend durch sind.“                Fall ging es um die „Strategie 2020“ für   ter „ferner liefen“ rangierte, zu einem
                                                                     „Natürlich“, hatte Fischer gesagt.         die Alpherbank. Ein Riesenprojekt,         „Triple A Plus Client“ geworden; einem
                                                                   Obwohl er am liebsten „Nein, auf gar         für das sicher mehr als 20 Berater ein     Kunden, den es unbedingt zu halten
                                                                   keinen Fall“, geschrien hätte. Denn die      ganzes Jahr arbeiten konnten. Für die      galt; denn wenn die Beratungshonorare
                                                                   Vorverlegung bedeutete nicht nur, dass       Topstrategieberatungen mit ihren ho-       dieser Bank nicht mehr fließen würden,

                                                                                                                                                               OKTOBER 2013 HARVARD BUSINESS MANAGER   3
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MEINUNGEN STORYTELLING

                             „WAS FRÜHER ABSCHLUSS-
                              PRÄSENTATIONEN
                              AM PROJEKTENDE WAREN, SIND
                              HEUTE DIE PROPOSALS.
                              DAS IST DOCH VERRÜCKT.“

                                                                   würde die Firma das deutlich spüren.        ter als früher. Man sprach schon von ei-       „Kein Kunde geht mehr in die Filia-
                                                                   Marquard war immer das Bindeglied zu        ner Kommoditisierung der Beratungs-         le“, sagte Rosner, „wozu gibt es Online-
                                                                   diesem Kunden gewesen. Neben sei-           branche, von einem Trend, der aus           banking? Und angesichts der schlechten
                                                                   nem Fachwissen über die Finanzbran-         einem Premiumprodukt eine Art Ge-           Erfahrungen mit Fonds und Zertifika-
                                                                   che hatte er auch ein sehr gutes Gespür     brauchsgut machte, das man mal eben         ten nach dem Crash der New-Econo-
                                                                   für Marktentwicklungen und war für          einkaufte wie die Dienstleistung eines      my-Blase und der letzten Finanzkrise
                                                                   den CEO der Alpherbank, Klaus We-           Klempners.                                  verspürt kein Kunde mehr das Bedürf-
                                                                   ber, ein geschätzter Gesprächspartner         Fischers Handy klingelte schon wie-       nis nach langen Beratungsgesprächen
                                                                   geworden. Doch Weber, dem Marquard          der. Jetzt war Isabel Rosner dran, die      bei miesen Öffnungszeiten mit teuren
                                                                   all seine Projekte verdankte und dem er     Projektleiterin seines Falles. Er arbei-    Depotumschichtungen.“
                                                                   in guten alten Zeiten das eine oder an-     tete seit zwei Jahren mit ihr zusammen         Das stimmte. Gleichzeitig kosteten
                                                                   dere Projekt auf dem Golfplatz verkauft     und schätzte ihre analytischen Fähig-       die Filialen viel Geld. Und niemand
                                                                   hatte, war nur noch Vorsitzender des        keiten und ihre Art und Weise, Dinge        wusste, was man damit künftig machen
                                                                   Aufsichtsrats. Und beide Herren waren       direkt anzusprechen.                        sollte. Erhalten, ändern, abschaffen?
                                                                   schon mit einem Bein im Ruhestand.            „Was gibt’s?“, fragte er.                    „Filialstrategie haben wir doch drin
                                                                     „Ich muss doch sehen, ob mein Baby          „Schau mal auf SPIEGEL ONLINE.            in dem Proposal?“ Fischer war sich
                                                                   weiterhin in guten Händen ist“, sagte       Da steht ein ziemlicher Verriss über        nicht mehr sicher.
                                                                   Marquard, und es sollte leicht und be-      unseren Kunden.“                               „Ja, ist drin“, sagte Rosner. „Wir müs-
                                                                   schwingt klingen. Doch für Fischer            Er klickte durch die Webseite und         sen nur aufpassen, dass der Kunde
                                                                   hörte sich das nicht so an. „Schickt ihr    überflog den Text. Dort waren in ge-        den Artikel nicht zum Anlass nimmt,
                                                                   mir noch die Präsentation?“                 bündelter Form die Probleme der Al-         sich arm zu rechnen und den Preis
                                                                     „Der letzte Stand ist vorhin an deine     pherbank aufgelistet. Vor einigen Jah-      noch mehr zu drücken. Du kennst ja
                                                                   Assistentin rausgegangen, die druckt es     ren noch vor Kraft strotzend, war die       Tesch und seine Mannen.“
                                                                   dir“, sagte Fischer, während draußen        Bank in ernsthafte Schwierigkeiten ge-         „Allerdings. Ich bin gleich bei euch.“
                                                                   die Wolkenkratzer vorbeizogen.              raten. Die Finanzkrise hatte das Kredit-       Er legte auf. Sich arm rechnen. Das
                                                                     Marquard hielt viel von Nikolas Fi-       portfolio mit Milliardenabschreibungen      machten die Kunden gern. Denn heute
                                                                   scher, und so hatte er ihm damals seinen    belastet, das US-Geschäft musste 2010       lief alles mehr und mehr über den Ein-
                                                                   besten Kunden, die Alpherbank, überge-      viel zu günstig verkauft werden, der        kauf. Beratungsleistungen, die elemen-
                                                                   ben. Für den jungen Partner Fischer war     Versicherungsarm der Bank hatte sich        tar für das Fortbestehen des Unter-
MODELLBAUILLUSTRATION: KASCHA BEYER FÜR HARVARD BUSINESS MANAGER

                                                                   es eine große Ehre, aber auch eine gro-     mit griechischen Staatsanleihen ver-        nehmens waren, wurden inzwischen
                                                                   ße Bürde gewesen, einen so alten und        spekuliert und wurde seitdem von der        von den gleichen Leuten eingekauft,
                                                                   wichtigen Kunden zu übernehmen.             Aufsicht kritisch beäugt. Und das Filial-   die sonst für die Beschaffung von Büro-
                                                                     „Du kannst viel daraus machen,            geschäft, einst die Visitenkarte der Bank   klammern, Kopierpapier oder Keksen
                                                                   Nick“, sagte Marquard zum Abschied,         in Deutschland, verödete. „Denen lau-       zuständig waren. Früher war man als
                                                                   „also versau es nicht. Wir sehen uns        fen die Kunden weg, das Wasser steht        namhafte Strategieberatung vom Vor-
                                                                   um 20 Uhr!“                                 ihnen bis zum Hals“, zitierte der Autor     stand mit großem Interesse empfangen
                                                                                                               Frankfurter Bankenkreise. Der Strate-       worden, heute ähnelte das Ganze eher
                                                                   IN DER KLEMME                               gieschwenk, den der Vorstand auf der        einem Casting, bei dem die Consul-
                                                                   Versau es nicht. Gar nicht so einfach.      nächsten Hauptversammlung verkün-           tants als Bittsteller auftraten, als wür-
                                                                   Die Zeiten hatten sich schließlich gründ-   den wollte, wurde von Beobachtern           den sie Knöpfe an der Tür verkaufen.
                                                                   lich gewandelt. Nicht nur die Konkur-       als letzte Chance gesehen, um die Bank         Besonders die Beratungsabteilungen
                                                                   renz durch andere Beratungen war här-       vor der Abwicklung zu retten.               der großen Wirtschaftsprüfer, die nicht

                                                                   4   HARVARD BUSINESS MANAGER OKTOBER 2013
WAS ÜBERZEUGT DEN KUNDEN? - VON VEIT ETZOLD Nachdruck aus dem Oktober-Heft 2013
nur günstiger waren, sondern auch             Fischer hatte noch eine knappe halbe     ben wir uns unsere Realität anhand
über viel mehr Manpower verfügten,         Stunde. Vielleicht wäre es sinnvoll,        von Erzählungen erklärt. Wie man das
machten reinen Strategieberatungen         André anzurufen?                            Mammut jagt und den Säbelzahntiger.
wie Avenia das Leben schwer.                  André Winter hatte 20 Minuten Zeit,      Mit Storys, nicht anhand von Fakten
  „Warum soll ich für wenige Berater       und beide verabredeten sich auf einen       und Bullet Points. Von Geschichten
viel Geld ausgeben, wenn ich auch          Kaffee im „Starbucks“ im Erdgeschoss        und den Best Practices, die wir daraus
viele für wenig Geld bekommen              des Bürohauses von Avenia Consulting.       gelernt haben, hing unser Überleben
kann?“, war eine Frage des Einkaufs,          „Gut sein reicht heute nicht mehr“,      ab. Darum sortiert das Gehirn“, Winter
die Fischer schon tausendmal gehört        sagte Winter und rührte in seinem           tippte sich an den Kopf, „alles aus,
hatte. Und wenn er entgegnete, dass        Karamell-Macchiato. „Guck dir Coca-         was nicht nach Geschichte klingt. Und
nur Avenia das strategische Know-how,      Cola und deren neue Webseite an. Con-       darum schlafen so viele Menschen
die besten Köpfe und das beste globale     tent Marketing nennt man das. Die           bei Power-Point-Präsentationen ein.“
Netzwerk besäße, bekam er häufig zu        Leute wollen nicht nur Fakten und Pro-      Er grinste und nahm einen Schluck
hören, dass die Konkurrenz dies auch       dukte, die wollen Storys hören, mit         Kaffee. „Wenn du dem Kunden hin-
hätte – oder es jedenfalls behauptete.     denen sie sich identifizieren können.“      gegen eine Geschichte über sein Busi-
Die Mitarbeiter waren smart, die Analy-       „Wir sind aber eine Beratung und         ness erzählst, kannst du ihm damit zei-
sen messerscharf und die Proposal-         kein Limonadenhersteller“, entgegnete       gen, dass du mehr verstanden hast als
Präsentationen einwandfrei. Eigentlich     Fischer.                                    die anderen, die nur trockene Fakten
waren die Proposals so umfangreich,           „Dann erst recht!“ Winter ließ sich      bringen.“
dass man dem Kunden damit das              nicht beirren. „Was verkaufen wir denn        Fischer kratzte sich am Kopf. „Eine
halbe Problem löste. Kostenfrei, ver-      als Beratung? Analysen, Wissen und          Sache stimmt wirklich: Wir basteln bis
steht sich.                                Urteile. Und wie bringen wir die rüber?     nachts um drei an irgendeinem Backup
  „Was früher die Abschlusspräsenta-       Durch unsere Leute. Und durch Power         Slide herum, das der Kunde eh nie zu
tionen am Ende eines Projekts waren,       Point. Und Kommunikation. Wenn              sehen kriegt, oder es wird noch ein
sind heute die Proposals“, hatte jüngst    diese Kommunikation langweilig ist          Slide mit den Tagessätzen eingefügt,
ein Senior Partner zu Fischer gesagt.      und die Zuhörer nicht fesselt – und das     das dann am Morgen wieder rausgeris-
„Das ist doch verrückt.“                   ist leider ganz häufig so –, dann hört      sen wird, damit der Kunde nicht nur
  Noch mehr in Vorleistung gehen           keiner zu, und es ist, als ob wir nichts    über die Kosten diskutiert. Aber wer
konnte man eigentlich nicht, ohne sich     gesagt hätten.“                             was sagt und wie wir das rüberbringen,
seine Dienstleistung kaputtzumachen.          „Und die Kunden wollen Storys            das wird kurz vorher im Taxi diskutiert.
Womit konnte man sich dann diffe-          hören?“ Fischer war noch skeptisch.         Wenn überhaupt.“ Er schaute auf die
renzieren? Waren es die Senior Partner,       „Steve Jobs hat das so gemacht.“         Uhr. Zehn Minuten vor acht. „Wenn wir
die das Projekt einmal an Land gezogen     Winter sprach weiter. „Der hat ständig      uns dafür entscheiden würden“, sagte
hatten? Menschen wie Marquard, die         Apple als den kleinen David und             er, „was sollten wir morgen machen?“
bald im Ruhestand waren?                   Microsoft und IBM als die großen,             Winter atmete durch. „Aristoteles
                                           bösen Goliaths dargestellt. Das ist die     sagt, dass jede gute Geschichte einen
EIN NEUER ANSATZ                           klassische Underdog-Story. Das weckt        Wendepunkt, einen Bösewicht, ein
Fischer schaute auf die Uhr. Es war        Sympathie. Und funktioniert.“               Happy End und eine Moral haben soll-
19.30 Uhr. Bald würde das Case-Team-          „Für einen David ist Apple recht groß    te. Nach diesem Muster müsst ihr eure
Meeting beginnen, zu dem auch Mar-         geworden.“                                  Präsentation halten. Und ihr müsstet
quard kommen würde.                           Winter nickte. „Da hast du’s! Apple      vor jeder Kaffeepause einen Cliffhanger
  Er überlegte, ob er nicht noch kurz      ist gar kein David, und hat auch nichts     einbauen, sodass der Kunde hören will,
André anrufen sollte. André Winter         Rebellisches mehr. Selbst langweilige       wie es weitergeht.“
war ebenfalls ein junger Partner, der in   Berater wie wir haben mittlerweile            „Cliffhanger?“, fragte Fischer. „Ist
der Praxisgruppe für Konsumgüter           iPhones und iPads.“ Er zeigte auf seine     das nicht im Thriller eine Stelle, wo
arbeitete. Er lag ihm ständig mit neuen    Tasche. „Aber die Story funktioniert!“      eine spannende Handlung aufhört ...“
Modewörtern und Trends in den Oh-             „Passt das denn auch zu Bankern?“          Winter nickte. „... und eine andere
ren. Ideen, wie man sich als Anbieter      Fischer war noch unsicher. Er dachte        spannende Handlung anfängt. Und
von nicht materiellen Dienstleistungen     an den knochentrockenen Tesch.              immer will der Leser wissen, wie es
mit hohen Margen, zu denen Beratun-           „Natürlich. Zu jedem! Der Mensch         weitergeht. Dan Brown macht das bei-
gen gehörten, abgrenzen könnte und         ist ein geborener Storyteller. Er erzählt   spielsweise so. Nicht gerade erfolglos.“
müsste. „Storytelling“, das war Andrés     gern Geschichten und will gern Ge-            „Dan Brown und Banken?“ Fischer
neues Buzzword.                            schichten hören. Seit der Steinzeit ha-     blinzelte in den Abendhimmel „Egal,

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MEINUNGEN STORYTELLING

du hast den Bösewicht erwähnt. Wie          eingeweiht und auch über das Treffen      blauen Maßanzug mit Einstecktuch,
soll das funktionieren?“                    mit André Winter gesprochen.              als wäre der Kundentermin schon heu-
  „Der Bösewicht kann alles sein“,            „Story, ja oder nein?“, fragte er und   te Abend.
sagte Winter, „der Wettbewerb, der Re-      schaute auf seinen Kaffeebecher, des-       „Na, Nikolas, dann wollen wir mal.
gulator, die Zeit, das Kapital. Studien     sen Inhalt inzwischen kalt geworden       Bin gespannt, was ihr euch noch aus-
haben ergeben, dass Unternehmen, die        war. „Der Schuss bei der Alpherbank       gedacht habt“, sagte er jovial und ent-
in ihrer Unternehmensstory den Wett-        morgen muss sitzen, sonst ist nicht nur   schwand in Richtung Teamraum.
bewerber als Bösewicht darstellen,          ein riesiger Kunde weg, sondern ich         „Geh schon mal vor“, sagte Fischer
also ein klares Feindbild haben, besser     stehe auch bei Marquard und den ande-     zu Isabel Rosner, „ich komme sofort
und motivierter sind als andere.“ Er        ren Senior Partnern schlecht da. Nicht    nach.“
schaute kurz auf sein Blackberry.           nur ich, wir alle.“                         „Okay, bis gleich!“
„Und dann braucht ihr ein Happy               Versau es nicht, hatte Marquard ge-       Fischer schaute auf die Uhr in seinem
End, das der Kunde nur durch euch           sagt.                                     Blackberry. Gleich würde es losgehen.
erreicht. Anfang und Ende. In der             Isabel Rosner verzog skeptisch das        Noch zwei Minuten. Wenn er und
Buchbranche sagt man, dass der An-          Gesicht. „Aber doch nicht mit so etwas    sein Team den Vorschlag als Geschichte
fang darüber entscheidet, ob man das        Flippigem wie Storytelling! Das mag zu    aufziehen wollten, dann müssten sie
Buch kauft. Das Ende aber, ob man das       Medienunternehmen und Coca-Cola           das Proposal drehen, und zwar heute
nächste Buch dieses Autors kauft.           passen, aber nicht zu konservativen       Abend, und die Zeit nutzen, so lange
Durch einen guten Anfang bekommt            Bankern, deren Bank auch noch in ei-      André Winter noch im Büro war. Mor-
ihr Aufmerksamkeit in der Präsenta-         ner Krise steckt.“                        gen war keine Zeit mehr, da wurde alles
tion. Durch ein gutes Ende kriegt ihr         Sie stemmte die Hände in die Hüften.    ausgedruckt und gebunden, und die
das Projekt.“                               „Cliffhanger, Bösewicht und Happy End,    Präsentation begann ohnehin zwei
  Nikolas Fischer stand auf. Den Papp-      das klingt zwar toll, aber hier geht es   Stunden früher als geplant.
becher mit dem Kaffee, von dem er           doch um hartes Business und nicht um        Wenn, dann müsste er das neue Vor-
kaum getrunken hatte, nahm er mit.          einen Märchenonkel-Workshop. Und          gehen gleich zu Beginn erklären. Auch
„Ich muss los, wir fangen gleich um         du weißt, morgen läuft auch noch die      gegenüber Marquard.
acht an. Aber vielen Dank! Ich überlege     neue, billige Konkurrenz auf. Wenn wir
mal, ob wir davon was einsetzen.“           da mit Storytelling auftauchen, gelten
  „Mach das.“ Winter trank seinen           wir gleich wieder als die teuren Schnö-
Kaffee aus. „Und denk dran: „Anfang,        sel, die sich schöne Strategien aus-
Mittelteil, Ende, Cliffhanger, Böse-        denken, die sich nie umsetzen lassen.“
wicht und Happy End. Ruf an, wenn             „Das könnte sein“, sagte Fischer,       WAS RATEN EXPERTEN?
ihr was braucht, ich komm dann ein-         „aber irgendwie müssen wir uns doch       Soll Nikolas Fischer Storytelling als
fach dazu. Ich bin noch bis 22 Uhr im       morgen gerade von den Billigheimern       Methode für die Präsentation vorschlagen?
Büro.“                                      differenzieren und zwar nicht nur über    Drei Fachleute beurteilen den Fall.
  „Vielen Dank, wir melden uns!“            Preisnachlässe und Allerweltserklä-
                                            rungen wie ,Wir haben das beste Team‘.    WAS RATEN SIE?
RISKANTER ZEITPUNKT                         Das behaupten die anderen doch auch.“     Auf www.harvardbusinessmanager.de/
Fischer stand in seinem Büro und ging         Er schaute aus dem Fenster. „Viel-      Fallstudie können Sie Ihren eigenen
auf seinem Rechner noch einmal die          leicht können eine gute Story und et-     Kommentar abgeben. Oder Sie treten
Präsentation durch. Draußen waren die       was Dramaturgie in der Präsentation       unserer Xing-Gruppe bei: www.xing.com/
Teammitglieder, die Berater, die Pro-       wirklich helfen, um beim Kunden einen     net/harvardbusinessmanager
jektleiter und die Principals schon auf     bleibenden Eindruck zu hinterlassen!“
dem Weg zum großen Konferenzraum,             Isabel Rosner machte weiterhin ein
wo um 20 Uhr das Case-Team-Meeting          skeptisches Gesicht.
für die Alpherbank stattfinden sollte.        „Ich habe ja nichts gegen Experimen-    Harvard-Fallstudien greifen typische
Ein Mann vom Pizzaservice bildete die       te, aber ich würde es nicht gerade dann   Probleme des Manageralltags auf und bieten
Nachhut.                                    machen, wenn so viel auf dem Spiel        konkrete Lösungsvorschläge von Experten.
  Isabel Rosner war bei Fischer im          steht“, sagte sie.
Büro und hatte ihm noch ein paar aus-         Energische Schritte ertönten auf        Diesen Fall entwickelte VEIT ETZOLD, Dozent
gedruckte Analysen über die Kosten          dem Flur. Marquard höchstpersönlich!      und Berater für Strategie, Positionierung und
der Filialen mitgebracht. Er hatte sie      Er hielt bei Fischers Büro kurz inne,     Storytelling. Ferner ist er Autor, sein aktuelles
kurz in seine Ideen zum Storytelling        die grauen Haare exakt gescheitelt, im    Buch: „Storytelling für Manager“.

6   HARVARD BUSINESS MANAGER OKTOBER 2013
N
          ikolas Fischer sollte den Mut     wieder wichtig und etwas Besonderes
          haben und die Präsentation        werden. Denn es geht darum, in unge-
          seines Angebots umstellen. Er     wissen Situationen guten Rat zu geben,

                                                                                                                                    FOTO: CHRISTIAN O. BRUCH
kann damit zweierlei erreichen: den         gemeinsam Zukunftsbilder zu ent-
Auftrag gewinnen und gleichzeitig für       wickeln und zu beraten, welche Szena-
die Zukunft der Strategieberatung ein-      rien eintreten werden – und wie man
treten. Natürlich ist Storytelling ein      reagiert, wenn es doch anders kommen
Buzzword (und es ist leichter gesagt        sollte. Die Analyse von Zahlen, Daten
als getan). Es geht aber auch nicht nur     und Fakten bleibt natürlich weiterhin
um das Erzählen der Geschichte allein,      wichtig – aber wenn Trends immer                    BURKHARD SCHWENKER
sondern um die Überzeugungen, die           schneller kommen und Zukunftspro-                   ist Geschäftsführer der
dahinter stehen. Mir sind folgende          gnosen nicht mehr verlässlich sind,                 Strategieberatung Roland
Aspekte besonders wichtig:                  helfen unsere klassischen Instrumente               Berger Strategy Consultants
   Erstens: Strategieberatung ist kein      nur bedingt weiter. Mit anderen Wor-                und Vorstandsvorsitzender der
Gebrauchsgut – und wird auch nie ei-        ten: Was nutzt die analytische Eleganz              Roland Berger Stiftung.
nes werden! Zwar stimmt alles, was in       eines Capital-Asset-Pricing-Models,                 Er lehrt an der Handelshoch-
der Fallstudie gesagt wird: Es gibt neue    wenn unklar ist, wann wieder Cash-                  schule Leipzig (HHL)
Wettbewerber, unsere Honorare stehen        flow fließt? Auch die Berater müssen                strategisches Management.
unter Druck, und das Einkaufsverhal-        ihre Instrumentarien überdenken. Die
ten unserer Klienten hat sich verändert.    Anforderungen, die ich für Topmana-
Aber eines gilt ebenfalls: Es war nie so    ger ausgemacht habe, gelten für uns
schwierig wie heute, ein Unternehmen        umso mehr: Mut zu einer Meinung,
zu führen. Die Welt ist nicht flach, son-   Überzeugungen haben, Weitsicht jen-
dern wird immer unterschiedlicher, die      seits der Branche entwickeln, mehr                „WAS HEUTE ZÄHLT,
Regulierung verändert die Rahmen-           Seniorität und Erfahrung in Projekte
bedingungen, technologische Sprünge         einbringen.
                                                                                               IST DIE KRAFT
werden dynamischer und volatiler, und          Drittens: Bezogen auf die Fallstudie,           DER VORSTELLUNG
globale Verwicklungen werden immer          betrifft das alles natürlich auch die Art
komplexer. Ungewissheit bestimmt da-        und Weise, wie wir mit unseren Klien-              VON DER
her in höchstem Maße unser unter-           ten interagieren und kommunizieren.                ZUKUNFT UND DIE
nehmerisches Handeln. Das ameri-            Jeder, der einen Tag in Lenkungs-
kanische Militär spricht nicht zu Un-       ausschüssen verbracht hat, weiß, wie               FÄHIGKEIT, SIE
recht von einer „VUCA World“ – einer        ermüdend es sein kann, wenn eine Prä-              ÜBERZEUGEND ZU
Welt, die durch Volatility, Uncertainty,    sentation wie die nächste aussieht und
Complexity and Ambiguity gekenn-            nur noch Power-Point-Formate die                   KOMMUNIZIEREN.“
zeichnet ist.                               Inhalte bestimmen. Das Diktum des
   Der Umgang mit Ungewissheit ist          „Pyramid Thinking“ passt nicht mehr
nicht einfach. Er setzt Reflexions-         in unsere ungewissen Zeiten. Heute
vermögen voraus, die Fähigkeit, Früh-       kommt es vielmehr auf die Botschaft
warnsignale zu verstehen, und die Be-       zwischen den Zeilen an und auf die
reitschaft, interdisziplinär zu denken.     Überzeugungen, die damit zum Aus-
Und vor allem geht es um Mut und um         druck kommen können.
Überzeugungen. Immer nur dem Main-             Storytelling kann eine Möglichkeit
stream zu folgen, auf Moden (sei es         sein – wenn nicht die spannende
auf Märkten, in der Führung oder bei        Geschichte an sich, sondern eine Über-
strategischen Stoßrichtungen) zu set-       zeugung oder ein Zukunftsbild im
zen und Trends nachzulaufen ist heute       Vordergrund steht. Denn eines bleibt
zu kurz gedacht. Was vielmehr zählt,        entscheidend: Die Fähigkeit des Be-
ist die Kraft der Vorstellung von einer     raters zu erkennen, wann aus einem
möglichen Zukunft und die Fähigkeit,        Kompromiss – der immer notwendig
sie überzeugend zu kommunizieren.           sein wird – ein schlechter Kompromiss
   Zweitens: Wenn meine Analyse rich-       wird. Und der Mut dieses Beraters, das
tig ist, wird auch die Strategieberatung    auch auszusprechen.

                                                                                        OKTOBER 2013 HARVARD BUSINESS MANAGER   7
MEINUNGEN STORYTELLING

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                                                                             an mag dazu stehen, wie man      Lösung für Webers Problem und die

                                  FOTO: WOLFGANG VON BRAUCHITSCH
                                                                             will, Nikolas Fischer hat gar    Vorzüge der eigenen Beratung ge-
                                                                             keine andere Wahl: Er muss       schickt einfließen ließ. Wer glaubt, auf
                                                                   sich anpassen und auf Storytelling set-    dem Golfplatz würden dröge Fakten
                                                                   zen. Warum? Weil sich das Beratungs-       ausgetauscht, liegt ebenso falsch wie
                                                                   geschäft in den vergangenen Jahren         derjenige, der meint, nur durch gute
                                                                   so rasant verändert hat wie nie zuvor.     Beziehungen inhaltsleere Projekte ver-
                                                                   Topstrategieberater wie Avenia verlas-     kaufen zu können. Beides muss stim-
                                                                   sen ihr Terrain und bieten immer häufi-    men, Inhalt und persönliche Basis. Nur
DIETMAR FINK                                                       ger auch Projekte zu operativen The-       wenn die Botschaft in die subjektiven
ist Professor und Inhaber des                                      men an. Damit treten sie in Konkurrenz     Erlebniswelten der Angesprochenen
Lehrstuhls für Unternehmens-                                       zu kleineren Fachberatern und zu den       eingebunden ist, hat sie eine Chance,
beratung an der Hochschule                                         großen Wirtschaftsprüfern, die ihrer-      wirklich Gehör zu finden. Wie sehr
Bonn-Rhein-Sieg und                                                seits versuchen, im Topstrategieseg-       unser Gehirn dabei unweigerlich nach
Geschäftsführer der Wissen-                                        ment Fuß zu fassen. Das verändert          guten Geschichten strebt, zeigen die
schaftlichen Gesellschaft für                                      nicht nur die Intensität, sondern auch     Experimente des Wirtschaftsnobel-
Management und Beratung.                                           die Art des Wettbewerbs. Gleichzeitig      preisträgers Daniel Kahneman. Er sagt:
Er forscht und lehrt zudem an                                      räumen viele Beratungskunden ihren         „Aus den uns verfügbaren Informatio-
der University of Oxford.                                          Einkaufsabteilungen ein Mitsprache-        nen konstruieren wir die bestmögliche
                                                                   recht bei der Beschaffung von Beratern     Geschichte, und wenn es eine gute
                                                                   ein, das teilweise kaum nachvollzieh-      Geschichte ist, glauben wir sie.“
                                                                   bar ist. So wird der Preis zu einem           Wenn Fischer die Vorzüge des Story-
                                                                   entscheidenden Faktor. Das ist nicht       telling nicht nutzt, dann läuft er nicht
                                                                   nur bei erfolgskritischen Projekten ein    nur Gefahr, dass er wichtige Aspekte
„ALS MARQUARD                                                      fragwürdiges Auswahlkriterium.             seines Angebots unter Wert verkauft.
                                                                     Beratungsleistungen werden heute         Er riskiert, dass eine andere preiswerte
 FRÜHER PROJEKTE                                                   nicht mehr so eingekauft wie noch vor      und weniger qualifizierte Beratung
 AUF DEM GOLF-                                                     einigen Jahren. Demzufolge müssen sie      auf Storytelling setzt und es dadurch
                                                                   auch anders verkauft werden. Darauf        schafft, die Qualitätsunterschiede zu
 PLATZ VERKAUFTE,                                                  zu vertrauen, dass sich das bessere An-    verwässern. Eine gute Geschichte, die
 HAT ER AUCH                                                       gebot von selbst durchsetzt, war schon     die Vorzüge von Avenia und den Nut-
                                                                   immer naiv. Denn das unterstellt, dass     zen für den Kunden klar herausarbei-
 NUR EINE                                                          der Kunde ohne Hilfe in der Lage ist,      tet, muss hier vorbeugen. Fischer sollte
 GUTE GESCHICHTE                                                   in einem Themenbereich, in dem er auf      in dieser Hinsicht einen Vorteil gegen-
                                                                   externen Rat angewiesen ist, ein gutes     über anderen Beratern haben. Schließ-
 ERZÄHLT.“                                                         von einem besseren Angebot zu unter-       lich kennt er die Alpherbank seit Jah-
                                                                   scheiden.                                  ren, er kennt die handelnden Akteure,
                                                                     Storytelling ist eine ausgezeichnete     ihre Befindlichkeiten und ihre ganz
                                                                   Methode, um qualitative Unterschiede       persönlichen Ziele. Eine richtige An-
                                                                   deutlich zu machen und so heraus-          sprache sollte also gelingen. Ein neuer
                                                                   zustellen, dass der Kunde sie auch         Berater hat es da schon schwerer.
                                                                   wirklich verinnerlicht. Es geht ja nicht      Die größte Gefahr für Nikolas Fi-
                                                                   darum, dem Kunden eine inhaltsleere        scher lauert aber an einer ganz anderen
                                                                   Geschichte zu verkaufen, sondern           Stelle. Avenia war über Jahre der Haus-
                                                                   einen Inhalt so zu verpacken, dass der     berater des alten Vorstands der Alpher-
                                                                   Kunde ihn überhaupt wahrnimmt,             bank um Weber. Der ist nun in den
                                                                   nachvollzieht und behält.                  Aufsichtsrat gewechselt, und die Erfah-
                                                                     Im Grunde ist das Ganze nicht neu.       rung zeigt, dass sich ein neuer Vorstand
                                                                   Als Gerold Marquard früher Projekte        gern von alten Beratern abwendet. Zu-
                                                                   „auf dem Golfplatz“ an Klaus Weber         mal die Alpherbank mit den Ratschlä-
                                                                   verkaufte, hat er nichts anderes getan.    gen von Avenia in eine tiefe Krise ge-
                                                                   Er hat eine gute Geschichte erzählt.       schlittert ist – unerheblich, ob Avenia
                                                                   Eine Geschichte, in die er die mögliche    daran eine Schuld trifft oder nicht.

8   HARVARD BUSINESS MANAGER OKTOBER 2013
S
      elbstverständlich sollte Nikolas         Zusätzliche Informationen und Ana-
      Fischer eine gute Geschichte er-      lysen können notwendig sein – der
      zählen. Das erfordert aber mehr als   Klient merkt schnell, wenn einer Story
den Dreh der Präsentation über Nacht.       die notwendige Substanz fehlt!
  Fischer ist in einer herausfordernden        Ferner sollten polarisierende Ideen,
Situation: Ein Proposal ist kein Selbst-    innovative Geschäftsmodelle oder un-

                                                                                                                                    FOTO: PR
läufer mehr, Klienten werden an-            gewöhnliche Analogien in ihren
spruchsvoller, verhandeln härter, und       Grundzügen wohldurchdacht sein. Es
die Zahl der Wettbewerber nimmt zu.         ist kontraproduktiv, nur darauf zu ver-
Zusätzlich zum internen Erwartungs-         weisen, dass man sich das gemeinsam                 THOMAS HERMANN
druck läuft er Gefahr, problem- und         im Projekt anschauen könnte!                        ist Leiter der Konzernent-
nicht lösungsorientiert zu agieren. In         Gerade bei Hausberatern ist es zu-               wicklung des Spezialchemie-
dieser Situation hat er eine für den        dem wichtig, zu speziellen Ideen neue               unternehmens Evonik Industries
Klienten entscheidende Komplikation         Experten einzuführen, sowohl in der                 und verantwortet die Vergabe
bisher nicht ausreichend adressiert:        Projektarbeit als auch in der Proposal-             von Managementberatung im
Als langjähriger „Hausberater“ und          Präsentation. Es ist wenig überzeu-                 Konzern.
„geschätzter Gesprächspartner des           gend, wenn das Stammteam als Verkäu-
CEOs“ wird Avenia eventuell als Teil        fer immer neuer Konzepte agiert.
des Problems wahrgenommen! Unaus-              Was soll Nikolas Fischer also in der
gesprochen steht die Frage im Raum,         verbleibenden Zeit tun? Er sollte die
inwieweit Avenia durch Empfehlungen         Präsentation umstrukturieren und ba-
Mitverantwortung an der jetzigen Lage       sierend auf vorhandenem Material eine
trägt beziehungsweise ob Avenia früher      Geschichte aufbauen: Der „Bösewicht“              „ALS LANGJÄHRIGER
auf Veränderungen des Umfelds hätte         ist leicht gefunden, die Kunst ist dann,
aufmerksam machen müssen. Fischer           die „Wendung“ mit einer innovativen
                                                                                               HAUSBERATER
muss Avenia also als Teil der Lösung        Lösung zu verknüpfen. Idealerweise                 WIRD AVENIA
(re-)positionieren.                         kann er dabei auf spezifische Expertise
  Basis jeder Strategie sind zunächst       von Avenia zurückgreifen. Eventuell                EVENTUELL ALS
Daten und Analysen. Die Zukunfts-           kann er sogar noch kurzfristig einen               TEIL DES
orientierung einer Strategie bedeutet       Kollegen als Experten zu diesem The-
jedoch zugleich, dass es in der Regel       ma gewinnen.                                       PROBLEMS
nicht die eine richtige Antwort gibt.          Falls Avenia als Hausberater von eini-          WAHRGENOMMEN.“
Vielmehr entwickelt das Management-         gen als Teil des Problems wahrgenom-
team eine Story zur künftigen Entwick-      men wird, könnte es hilfreich sein, auf
lung des Unternehmens, die es über-         Gerold Marquard bei diesem Projekt zu
zeugend zu vermitteln gilt. Daher ist es    verzichten. Das wäre eine mutige Ent-
unabdingbar, dass ein Berater für ein       scheidung, die aber Wandel demonst-
Strategieprojekt in der Lage ist, eine      rieren würde. Schließlich sollte sich das
solche Story zu entwickeln. Und das         Team Zeit nehmen, um Rollen in der
sollte er am besten in der Angebots-        Präsentation und Kernaussagen der
präsentation demonstrieren. Gerade          neuen Story gut abzustimmen. Konsis-
die Strategieentwicklung bietet Ansatz-     tenz ist wichtig für die Glaubwürdig-
punkte, um eine spannende Story be-         keit der Story. Optimal wäre, den Auf-
reits zu diesem Zeitpunkt aufzubauen:       tritt zu proben – der Klient wird eine
von polarisierenden Einschätzungen          stringente und konsistente Gedanken-
zu zukünftigen Markt-, Technologie-         führung zu schätzen wissen.
und Wettbewerbssituationen bis zu
Vorschlägen zu Produkt-/Markt-Kom-
binationen und Geschäftsmodellen.
  Allerdings braucht eine gute Ge-          NACHDRUCK
schichte eine gute Vorbereitung, und        Nummer 201310090 oder
die ist mitunter nicht mit dem Dreh der     www.harvardbusinessmanager.de
Präsentation über Nacht erledigt:           © 2013 Harvard Business Manager

                                                                                        OKTOBER 2013 HARVARD BUSINESS MANAGER   9
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 Geschäftsführer: Ove Saffe. Sitz und Registergericht Hamburg HRB 16 123.
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