#9 Im Fokus: Fast Forward - Thesen zur Zukunft des B2B - Synektar
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#9 ZURÜCK? IN DIE Im Fokus: Fast Forward – Thesen zur Zukunft des B2B. ZUKUNFT! SCHUTZGEBÜHR EURO 7,50 WWW.SYNEKTAR.DE
2 | apropos apropos | 3 Humans think in stories, and we try to make sense of the INHALT world by telling stories. 04 VOM RECHENSCHIEBER ZUR WERTEKOMMISSION WIE DAS BUYING CENTER SEINE STRATEGISCHE AUSRICHTUNG ÄNDERT – Yuval Noah Harari 06 08 AUS ONLINE UND OFFLINE WIRD „ALLLINE“ EIN BLICK AUF DEN HANDEL DER ZUKUNFT DIE ANSTIFTER WERDEN ZUM SINNSTIFTER NEUE MÖGLICHKEITEN, NEUE AUFGABEN D as Verschmelzen von menschlicher und nichtmenschlicher Intelligenz. Das Lernen einer neuen Sprache pro Tag. Die Ab- schaffung des Todes. Das immerwährende Glück. Wenn man Zukunftsforschern, Soziologe und Technikexperten glauben darf, wer- den die kommenden 30 Jahre das Leben des Menschen, seine Fähig- FÜR DIE MARKETINGABTEILUNG keiten und Möglichkeiten, stärker verändern als die vergangenen 300, ihn sogar zum gottgleichen „Homo Deus“ (Yuval Noah Harari) machen. 10 DER MENSCH ENTDECKT SEINEN NEUEN USP AUF WELCHE MENSCHLICHEN WERTE When you talk to a human in 2035, you’ll be So unterschiedlich (und eventuell ES IM KI-ZEITALTER ANKOMMT talking to someone that’s a combination of auch verfrüht) diese Thesen sein mö- gen – ein Element haben sie alle ge- biological and non-biological intelligence. 12 VON WURZELN, FRÜCHTEN UND STERNEN meinsam. Der große Treiber der Zu- WIE B2B-TECHNOLOGIE DIE BASIS DER GROSSEN – RAY KURZWEIL kunft, der Ermöglicher all dieser phan- GESCHÄFTSIDEEN BILDET tastischen Szenarien: Das sind Sie – die B2B-Unternehmen, die Ingenieure, die Industriechemiker, die Medizintechniker! Sie stellen die Prozessoren 16 DER CENTRAL DISRUPTION ENABLER STELLT SICH VOR her, erforschen die Medikamente, programmieren die Algorithmen, mit de- ÜBER DIE NEUE ROLLE DES AUSSENDIENSTES nen der Mensch seine größten Zukunftsträume Wirklichkeit werden lässt. 20 WAS STEHT AM FIRMAMENT? Darum wollen wir als B2B-Spezialist mit dieser Ausgabe unseres Agentur- ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK magazins apropos einen Blick auf die Zukunft werfen – auf das, was in den nächsten zehn Jahren in unserer Branche passieren wird. Wie ändern 22 DER DISRUPTIVE SELBSTTEST sich Vertriebsstrukturen, Kundenbeziehungen und Marketingaufgaben? SKALIEREN SIE IHRE ZUKUNFTSFÄHIGKEIT! Und wo sehen wir erste Hinweise auf diese Zukunft schon heute? Welche Megathemen werden bald zu Geschäftsmo- dellen? Begleiten Sie uns auf einer Reise vom We are the first chinesischen Supermarkt über die virtuelle species capable of Rechtsprechung in Estland bis hinein in ver- self-annihilation. Herausgeber: schiedenste Winkel des digitalen Raums. Im- – ELON MUSK Agentur SYNEKTAR GmbH mer mit dem Ziel, Ihre und unsere gemeinsame Kevin Omokaiye Zukunft im B2B besser kennen zu lernen. Und Herzog-Heinrich-Straße 38 damit auch erfolgreich zu gestalten. • 80336 München www.synektar.de © 2020 by Agentur SYNEKTAR GmbH
4 | apropos apropos | 5 J ens Scheck ist Chefeinkäufer im Maschinenbauunternehmen Dreschke und Co. Er gilt als zentraler Kopf des wohl modernsten B2B-Buying-Centers in ganz Deutschland. Im fiktiven Interview erklärt er, was die Kaufentscheidung bei Dreschke und Co. so besonders macht, warum Einkauf und Marketing dabei ein enorm wichtiges Duo stellen – und was ein Urlaub in Estland mit all dem zu tun hat. Herr Scheck, was gab den Anstoß, den Eindruck, wir müssten unse- im Jahr 2023 den Einkaufsprozess ren Einkaufsprozess drastisch um- so grundlegend zu ändern wie bauen. Nichts gegen unsere techni- Dreschke und Co.? schen Fachleute: Aber kaum etwas, Um ehrlich zu sein: ein ärgerlicher was sie im Buying Center sagen Zufall während eines Arbeitsurlau- konnten, konnte unsere digitale bes in Estland. Am vorletzten Tag Surveillance nicht auch: Wir haben Beim Relevant Set stellen wir uns des Aufenthaltes hatten wir an eine sehr breite technische Analy- die Frage: Mit wem können wir stra- einem Parkplatz einen Auffahrun- se, mit welchen Produkten unsere tegische Partnerschaften schmie- fall. Glücklicherweise war der Park- Maschinen am besten laufen – zum den, mit welchem Partner teilen platz videoüberwacht, von daher Beispiel nach Variablen wie Tem- wir dieselben Werte, wer interes- lag der Tathergang und die Schuld peraturentwicklung, stabiler Dreh- siert sich für die richtigen Themen: auf der Hand. Trotzdem war mei- zahl, Abrieb und so weiter. Unsere Wir haben dieses Verfahren „Cultu- ne Befürchtung, dass ich wegen Anwender füllen zudem Zufrie- ral Matching“ genannt. des Prozesses meinen Aufenthalt denheitsstudien aus. All das wan- verlängern müsste und dadurch ei- dert dann in ein Relevant Set, also Sind diese Werte nicht nen wichtigen Termin in Deutsch- etwa fünf Anbieter, die für uns in etwas weich? land verpassen würde ... Frage kommen. Ganz und gar nicht meiner Mei- nung nach. Seit dem Content Boom Vom Rechenschieber Und dazu kam es nicht? Wie kamen Sie dann zu Ihrer in den 2010er Jahren ist klar ge- Nein, denn diese kleineren Ge- endgültigen Entscheidung? worden, dass die Besetzung von richtsfälle hat Estland zu Beginn Vor 2023 hatten wir ein klassi- Themen und die Eroberung von zur Wertekommission der 2020er-Dekade fast vollstän- dig digitalisiert. Ich habe ledig- lich eine Schilderung der Gescheh- sches Buying Center – haben also im Grunde die technischen Daten noch einmal persönlich durchge- Geschäftsfeldern immer näher zu- sammenrücken. Alleingänge funk- tionieren in diesem Umfeld nicht Wie das Buying Center seine strategische Ausrichtung ändert nisse von zuhause aus via Inter- sprochen. Das fand ich Jahr für mehr. Ob automatisches Fahren, net an eine künstliche Intelligenz Jahr unergiebiger – und nach der dekarbonisierte Energieversorgung F geschickt – die hat anschließend Erfahrung in Estland habe ich oder möglichst rückstandsfreie rühjahr 2019: Das estnische Justizministerium lisierten Prozess Dokumente und andere relevante die Aufnahmen ausgewertet – und mich endgültig entschieden, die- Kreislaufwirtschaft: Gerade für uns beauftragt die Entwicklung eines „Roboterrich- Informationen hochladen und die KI wird eine Ent- zwei Wochen später habe ich Recht sen Entscheidungsprozess radikal im B2B mit unseren komplexen Ver- ters“, der Streitigkeiten mit geringen Ansprü- scheidung erlassen, die an einen menschlichen Rich- bekommen! umzubauen. triebsketten und Produktionswegen chen von weniger als 7.000 € entscheiden soll. Beamte ter gerichtet wird. Ein mögliches Vorbild auch für eine gibt es diese Megathemen – und die hoffen, dass das System einen Rückstand bei den Fäl- ganz andere Art der Urteilsfindung – nämlich die im Und dieses Urteil hat ein Wie im Detail sieht er jetzt aus? können wir nur gemeinsam anpa- len für Richter und Gerichtsbedienstete beseitigen B2B-Buying-Center. • Umdenken ausgelöst? Unser Buying Center hat keinen cken. Auch in der Kommunikation. • kann. Beide Konfliktparteien können bei einem digita- Ich würde eher sagen: Es hat den technischen Fokus mehr – das erle- entscheidenden Umschwung aus- digen wie gesagt die Analytics. Wir gelöst. Denn ich hatte schon lange haben einen strategischen Fokus!
6 | apropos apropos | 7 3 OnLine + OffLine wird AllLine Amazon und Alibaba haben ihre Vision 4 des Einzelhandels von morgen gelauncht. So funktioniert der „Einkauf 4.0“ 2 6 D er Einkauf: gleichzeitig digital oder analog. Der Transport: entweder selbstständig oder vom Supermarkt organisiert – natürlich ohne Mehrkosten. Der Preis: individuell bemessen nach Menge und den persönlichen Daten. Der Aufenthalt: höchsten Live-Event-Kriterien genügend mit Open Kitchen, Espressobar und inter- nationalen Spezialitäten. Ein Blick auf die Supermarktkette Hema, mit Vor Angebot: Ort: Digital: der Betreiber Alibaba den „neuen Einzelhandel“ einläutet – und gleich- zeitig Benchmarks setzt, an denen sich auch der künftige B2B-E-Com- merce messen lassen muss. Prädiktiv und individuell in den Angeboten, Lieferung nahezu in Echtzeit, dazu immer wieder Akzente setzend, zum Individuelles Einkaufsprofil Beispiel im Rahmen von Live- oder Eventkommunikation. • Einkauf per Barcode 5 mit personenbezogenen und Mengenrabatten im Markt Einkauf per App 5 Kostenloser Transport Höchste Bequemlichkeit 2 Einkauf mit mobilen 6 der Waren nach Hause Einkaufskörben beim Transport 8 Zahlung mit AliPay, dem größten 3 Pay-per-Phone digital 7 Online-Bezahlservice der Welt Digitales Zahlen Attraktive 8 Maßgeschneiderte, 4 Live Cooking und Events datengetriebene Angebote On-Time-Angebote 7
8 | apropos apropos | 9 Vom Anstifter Die dezentrale MarCom-Abteilung: zum Sinnstifter eine fiktive Case Study. Hallo, mein Name ist Sandra Richter. Ich bin Marke- tiert Kundenfeedback, der andere macht Webinare zu tingbotschafterin im Vertrieb eines Automotive-Spezia- häufigen Rückfragen unserer Anwender. Dafür gibt es Was das Marketing in Zukunft leisten muss – listen aus Süddeutschland. Genauer gesagt stellen wir den zentralen Marketingkoordinator, der mit einem und welche neuen Mittel ihm dafür zur Verfügung stehen High-End-Keramikbremsen her, unter anderem für sehr kleinen Team direkt unter dem Vorstand angesiedelt M leistungsfähige Motorräder oder Sportwagen. ist und die einzelnen Marketingbotschafter im Unter- achst du mir noch das Einladungsmailing Was dabei bisher oft übersehen wird: All diese Maß- nehmen steuert und zusammenbindet. „Dezentrales für die Messe fertig?“, „Wir brauchen einen nahmen greifen erst, wenn der Kontakt zum Kunden „Arbeitet sie jetzt also im Marketing oder im Ver- Marketing“ nennen wir bei uns diesen Ansatz. neuen Flyer für den Produktlaunch!“ oder bereits besteht und erwünscht ist. Doch im Zeitalter trieb?“, werden Sie sich vielleicht fragen. Darauf heißt „Hast du schon eine Location für das Kundenevent der digitalen Recherche, der Vergleichsportale und meine Antwort: „Sowohl als auch!“ Bei uns gibt es Und ich? Ich habe mein Hobby zum Beruf machen recherchiert?“: die gelebte Realität im B2B-Alltag – der Fachforen entsteht dabei ein immer größerer toter nämlich seit zwei Jahren keine isolierte, „reine“ Marke- können! In meiner Freizeit fahre ich nicht nur sehr ger- sie zeigt das Marketing auch heute noch regelmäßig Winkel: eben der gesamte Bereich der Customer Jour- tingabteilung mehr. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir ne Motorrad – ich dokumentiere meine Touren auch als Erfüllungsgehilfen des Vertriebs. Er „bestellt“ dort ney, der digital abläuft, also vor dem persönlichen unsere Marketingaktivitäten „zurückgeschraubt“ hät- seit Jahren auf Social Media und sogar in einem eige- Verkaufsmaterialien, Informationsbroschüren, even- Kundenkontakt. Dieser Bereich wird das Ziel der Mar- ten – ganz im Gegenteil! Vielmehr gehören Marketing- nen Blog. Beruflich, für mein Unternehmen, rücke ich tuell kleine Give-aways – kurz: Dinge, die er für den ketingabteilung von morgen und verändert Personal aktivitäten zum Aufgabenbereich JEDES Mitarbeiters. schlicht den technischen Aspekt etwas stärker nach direkten Kontakt mit dem Kunden braucht. und Strukturen ganzer Unternehmen. • In Jahresgesprächen legen wir mit unseren Abtei- vorne – ich berichte aus Fahrerperspektive, wie sich lungsleitern fest, wie diese Aufgaben im Detail aus- eine Bremse anfühlt, wie sich ihre Leistung im kalten sehen: Der eine sammelt, konzentriert und interpre- und warmen Modus oder bei Nässe verändert. Diese Videos und Texte veröffentlichen wir etwa auf unse- rem YouTube- und LinkedIn-Kanal. Ich bin also sowas wie eine B2B-Influencerin ... Was den Anstoß zu der neuen Struktur gegeben hat? Zunächst einmal natürlich die Analyse, dass unser bisheriges Marketing gerade für Neukunden, vor dem persönlichen Kontakt, kaum attraktiv ist. Zweitens waren es aber sicher auch unser junger CEO und die immer jünger werdende Belegschaft, die auf mehr Entfaltungsmöglichkeiten gedrängt haben. Ich zum Beispiel bin Anfang 30 – für mich ist es das normalste der Welt, mein Leben in Bild und Bewegtbild zu dokumentieren. Dass ich das jetzt auch zum Teil mei- nes Arbeitslebens machen kann, trägt sehr zu meiner Jobzufriedenheit bei. Und es kommt auch bei den Kunden gut an – denn die sind schließlich auch immer häufiger Teil meiner Generation. • LINKS: Sandra Richter: Beruf Marketingbotschafterin, im Privatleben Motorradliebhaberin, in Zukunft beides zusammen
10 | apropos apropos | 11 Der Mensch entdeckt seinen USP Je mehr Aufgaben Technik übernimmt, desto mehr Interesse entwickelt der Mensch für sich – für das Menschsein selbst. Die wichtigste Trumpfkarte für das Marketing von morgen: das Gefühl von Bedeutung erwecken W enn Technik einen Zweck hat – immer hatte –, dann ist es der Zweck, dem Men- schen die Arbeit abzunehmen beziehungs- weise zu erleichtern. Das Rad, der Pflug, der Com- puter: Sie alle haben es uns „einfacher gemacht“ – die keine künstliche Intelligenz eine Konkurrenz sein kann, ist die Ressource der Bedeutung. Nur der Mensch kann dem Menschen das Gefühl geben, sein Leben sei bedeutungs- oder sinnvoll. Das kommt schon ganz biologisch daher, dass der Mensch (anders als KI) körperlich, geistig, organisatorisch. Doch spätestens eben kein reines neuronales Netz ist, sondern eine kör- heute, in der vierten industriellen Revolution, wird perliche Ganzheit. Er ist nicht nur auf Daten, sondern dieses Spiel langsam unheimlich. Wenn immer mehr auf ganzheitliche Erfahrungen im Zusammenleben Arbeit immer schneller und besser von Maschinen erle- mit anderen Menschen angewiesen! Es sind diese digt werden kann, fragt sich der Mensch zunehmend: Erfahrungen, die ihm Antwort auf jene Fragen liefern, Wodurch kann ich mich noch auszeichnen, was ist, in die binäre Algorithmen auch in absehbarer Zukunft der Sprache des Marketings, mein USP? Gerade in un- nicht beantworten können: Was ist mir wichtig? Was serem B2B-Umfeld nagt diese Frage besonders unange- ist meine Vorstellung eines guten Lebens? Wie möchte nehm – ist doch hier der Glaube an den rein rationalen ich mit anderen Menschen zusammen leben und Menschen immer noch ein weit verbreitetes Weltbild. arbeiten? Diese fundamentalen Fragen können Men- Doch was kommt, wenn das Gehirn nicht mehr länger schen nur gemeinsam mit Menschen beantworten. die stärkste Hardware zur Informationsverarbeitung Auch in der Zukunft. Auch im B2B. • ist? Die Ressource, die der Mensch jedoch hat und für Rise of the machines: von der Industrie 1.0 zur Industrie 4.0 A person is a person through other persons . D ie Geschichte der Industrie wird gerne anhand von vier Revolutionen erzählt. Jede von ihnen ist mit einem ikonischen Gegenstand verbunden. Für die erste indus- trielle Revolution (ab dem frühen 18. Jahrhundert) steht die Dampfmaschine. Die zweite Revolution führte am Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Fließband die Arbeits- – Desmond Tutu teilung ein. Ab den 1970er Jahren startete mit dem Personal Computer und der mit ihm verbundenen elektronischen Datenverarbeitung die 3. industrielle Revolution. Hier standen die weitere Automatisierung durch Elektronik und IT im Fokus. In der immer noch ablaufen- den 4. Revolution beginnt das Zeitalter der automatischen, miteinander kommunizierenden Maschinen (M2M).
12 | apropos apropos | 13 Automotive Von Wurzeln, • Vom Fahrgefühl zur Mobility Experience • Von der Fahrmaschine zum mobilen Workspace • Immer höherer Anteil von Software am Banking Fr chten und Sternen – Gesamtwert des Autos • Automatisiertes und geteiltes Fahren • Banking als integrierter Service/Komponente branchenfremder Unternehmen • Only mobile als neue Bankinglösung wenn Menschheitstr ume zum • Über 500 neue FinTech-Unternehmen Gesch ftsmodell werden entstehen jedes Jahr neu Die Schlagzeilen beherrschen sexy Start-ups mit fleischlosem Fleisch oder medizinischen Wundermitteln – doch ihr Fundament bleibt die Innovation im B2B D er beste Börsengang in den USA seit dem Jahr 2000: Beyond Meat – ein Hersteller pflanzlichen Fleisches. Das „Lieblingsthema“ des Silicon Valley: Langlebigkeitstechnologien, mit denen der Mensch sein Altern bis zur potenziellen Un- lichen Themen wie das Fleisch ohne Fleisch und das Leben ohne Tod durchaus Parallelen: In beiden werden menschliche Utopien zum Unternehmensmodell, wer- den die großen Menschheitsträume geschäftsreif – und das in einer Welt, die durch technischen Fortschritt sterblichkeit aufhalten kann. auch ökologisch Bestand haben kann. Die zweite Paral- lele: Auch wenn diese Unternehmen häufig auf den „Wenn Sie in die Zukunft blicken wollen, sollten Sie Endkunden zielen – die Basis ihres Erfolges, ihre Tech- sich ansehen, wo sehr reiche Menschen ihr Geld inves- nologie, sie stammt aus unserem Geschäft, aus dem tieren“, sagt Sven Gabor Janszk, Leiter des größten B2B. Ein Überblick über die Trends für den Endverbrau- unabhängigen europäischen Trendforschungsinstituts. cher – und deren industrielle Basis.• Und da zeigen die auf den ersten Blick so unterschied- Konsumgüter • Die Mehrzahl der Produkte wird (in unterschiedlichem Umfang) Gesundheit & Medizin personalisiert und „customized“ • Schon 20 Prozent aller Lebensmittel werden • B2Me / Marketing of One in 5 Jahren online eingekauft • Der ökologische Fußabdruck jedes Produk- • Immer schneller wechselnde Ernährungs- tionsschrittes und jedes verwendeten Materials trends führen zu kürzeren Innovationszyklen, unterliegt immer strengeren Auflagen dennoch sinkt langfristig der Anteil tierischer Produkte an der Ernährung • Direct2Customer Distribution, etwa durch Amazon Sport & Unterhaltung • VR und AR schaffen immer einzigartigere, immersive Spielwelten • On Demand Services mit skalierbarem Umfang (zum Beispiel Plus-Abos) werden zur Regel
14 | apropos apropos | 15 Hybrid Cloud erlaubt die nahtlose Integration von Blockchain privaten und öffentlichen Cloud- Plattformen. Mit diesem Modell ist eine Schlüsseltechnologie für Datenmanagement- können Unternehmen die Vorteile die Abwicklung von Geschäften mit Plattformen der Public Cloud nutzen: Pay-per- Parteien ohne vorherige Vertrau- Use, „unendlich“ explodierende Res- ensbeziehungen. Bedeutend unter ermöglichen es Unternehmen, das sourcen, Agilität und Innovation. anderem für digitale Vertragsab- Kundenverhalten zu analysieren schlüsse, Services und Lieferketten. und die Interaktion über alle Ka- näle und Berührungspunkte hin- weg zu steuern. Künstliche Additive Manufacturing Augmented Intelligenz oder „3D-Druck“ und Virtual Reality Digitale Business-Enablement-Plattformen Prescriptive Security verspricht, die kognitiven Fähig- ermöglicht Rapid Prototyping und verwischen reale und virtuelle ermöglichen die Verteilung von Daten und Diensten nutzt gesammelte Daten, um potenzielle Bedrohun- keiten des Menschen mit virtuel- Kleinserienfertigung. Großes Po- Welten und ermöglichen es Kun- an Dritte. Damit verbinden sie Akteure, die ohne die gen zu erkennen und zu stoppen, bevor sie auftreten: len Assistenten, Chatbots, Know- tenzial bei der Entwicklung neuer den, Partnern und Mitarbeitern, Plattform nicht oder nur schwer miteinander intera- beispielsweise durch Web Monitoring, KI und Auto- ledge Engineering und Smart Ma- Modelle und der Beschleunigung sich mit digitalen Diensten im Kon- gieren könnten. Durch das Zusammenspiel entstehen matisierung. Die Anwendungsbereiche reichen von chines zu verbessern. Es wird sich von Tests. text ihrer aktuellen Umgebung zu digitale Ökosysteme. Über sie werden Waren und Ser- Cyberschutz über Fahrzeugsicherheit und Betrugsma- auf das Kundenerlebnis, die Ge- beschäftigen. vices gekauft oder bestimmte Komponenten zu einem nagement bis hin zu Compliance. schäftsmodelle und den Betrieb Gesamtsystem verknüpft. entlang der gesamten Wertschöp- fungskette auswirken. Mehr unter: www.bearingpoint.com
16 | apropos apropos | 17 Das kleine Los gezogen Schon heute stellt jedes fünfte Industrieunterneh- CDE: Der Central men Produkte der Losgröße 1 zum Preis der Serienfer- tigung her. In weniger als zehn Jahren soll das bereits Disruption Enabler bei 60 Prozent der Unternehmen der Fall sein. Ganze 77 Prozent der Unternehmen sehen in der Losgröße 1 einen wichtigen Faktor für den Erfolg des eigenen stellt sich vor Unternehmens. Wie der B2B-Außendienst vom Zuständigen für den Standard zum Meister des Möglichen wird E r hat seine Routen und er pflegt seine Routinen. Noch heute folgt der B2B-Außen- dienst häufig lieb gewonnenen Gewohnheiten: Man fährt mit dem Auto seine Stammstrecke ab, besucht die bekannten Kunden, hält ein wenig Small Talk und nimmt die Bestellung – häufig: die Nachbestellung – auf. Diese Job Description wird in den kommenden Jahren deutlich komplexer: Produkte sind heute leichter maßzuschneidern, Innovationen umfassen größere Themenkomplexe und greifen stärker in ganze Fertigungsprozesse ein. Das verändert die Rolle des technischen Außendienstes: Sein Geschäft sind nicht mehr Bestellungen, sondern Lösungen. Außen- dienst der Zukunft heißt nicht mehr Nachbestellen, sondern Vordenken. • Den ersten Unternehmen gelingt es bereits, Produkte mit der Losgröße 1 zu den Kosten der Serienfertigung herzustellen. Die Skills des CDE Wann wird Ihr Unternehmen dazu in der Lage sein? im Überblick Ist bereits der Fall 20 % • Strategisches Denken Noch in diesem Jahr 1% • Fremdsprachenkenntnisse In 2 bis 5 Jahren 28 % • Empathie In 5 bis 10 Jahren 14 % • Souveränes Auftreten • Projektmanagement Nie 17 % • Kommunikations- & Bei unseren derzeitigen 20 % Präsentationstechniken Produkten/Leistungen ist das Thema Losgröße nicht relevant • Cultural Studies Studie: Industrie 4.0 Index 2017 – Losgröße 1 / Status
18 | apropos apropos | 19 Noch 6 Monate bis zum Launch: Das revolution re Zusammen mit seinen Anwendungstechnikern hat Klaus M. einen Modellnachbau des Antriebsstranges seines Kunden konstruiert. Dort Tagebuch des Klaus M. wird der algenbasierte Treibstoff in verschiedenen Versionen getestet, Viskosität, Additive und weitere Parameter werden angepasst. Was kons- truktiv auffällt: Durch seine unterschiedliche chemische Zusammen- setzung, insbesondere durch die verschiedenen Fettsäuren, braucht das Technischer Vertriebsleiter bei einem Hersteller von Spezialtreibstoffen Tanksystem eine anders geartete Schutzbeschichtung. Auch die Vis- kosität unterscheidet sich, weshalb bestimmte Parameter angepasst werden müssen. Noch 14 Monate u n ch ! bis zum Launch: L a Noch 16 Monate Zunächst gilt es, Sicherheit zu schaffen – schließlich bis zum Launch: ist das Produkt noch in der Probephase. Klaus M. 2 Monate Klaus M. kommt ursprünglich aus stellt ein Team von Chemikern und Anwendungs- nach dem Launch: der Anwendungstechnik, ist stu- technikern zusammen und stellt seine Mannschaft dierter Chemiker. Darum hat er beim Kunden vor – Verschwiegenheitserklärungen Die ersten Testergebnisse aus dem Regelbetrieb sind aus- noch heute in der Fachabteilung müssen unterschrieben, ein streng limitiertes Team Noch 3 Monate gewertet und bestätigen alle positiven Erwartungen. einen sehr guten Stand, die Kol- von Projektbeteiligten definiert werden. Nicht nur ist der Betrieb absolut zuverlässig und der legen bringen ihm großen Res- bis zum Launch: Treibstoff verbrennt völlig rückstandsfrei – selbst die pekt entgegen. Darum ist es auch Die Laborrezeptur und der neu im- Motor-Performance hat sich minimal verbessert. Am be- er, der als Vertriebler für ein prägnierte Tank werden vor Ort deutendsten ist jedoch eine Zahl: 45.000 Tonnen CO2. Spezialprojekt ausgemacht wird. beim Kunden im Probebetrieb ge- Denn diese Menge an Treibhausgasen spart jedes Fracht- Ein neuer Treibstoff aus Algen – testet. Durch die präzise Vorarbeit schiff nun pro Jahr ein. • dafür hat er zwei in Frage kom- Noch 13 Monate von Klaus M. und seinem Team mende Top-Tear-Kunden. sind die Ergebnisse bereits zu Be- bis zum Launch: ginn überzeugend. Die Detailarbeit beginnt mit der detaillierten Analyse des Ist- Zustandes – in diesem Fall ei- ner Analyse der Maschinenpefor- Entwicklung auf Bestellung (Development-to-order): kundenindividuelle Produktentwicklung, gefolgt von kundenindividuellen Produkten mance. Die zeigt beträchtliches Noch 15 Monate Produktion auf Bestellung (Made-to-order): Produktion von kundenspezifischen Produkten (einschließlich Komponentenfertigung) Potenzial für die neue Technolo- gie: Der bisherige Treibstoff auf bis zum Launch: Grad der Kundenintegration in die Wertschöpfungskette Assemblierung auf Bestellung (Assemble-to-order): Assemblierung von existierenden Produkten zu einem kundenspezifischen Produkt Schwerölbasis hat eine verhee- Der erste Termin beim Kunden rende ökologische Bilanz, die un- Leistungsbündel auf Bestellung (Bundle-to-order): Bündeln von existierenden Produkten zu einem kundenspezifischen Produkt steht an. Mit einem „Elevator ter immer stärkeren politischen Pitch“-artigen Vortrag begeistert Druck gerät. Darüber hinaus neh- Erfüllung von Bestellungen (Match-to-order): Auswahl von existierenden Standard-Produkten entsprechend den Anforderungen des Kunden Klaus M. seinen Kunden von den men Lieferengpässe zu, auch die Möglichkeiten der Technologie. politische Situation macht den Produktion auf Lager (Made-to-stock): Produktion und Handel von standardisierten Produkten für anonyme Kunden Nun geht es an die Feinarbeit … Dieselbezug immer prekärer. Vielzahl der Marketingaktivitäten
20 | apropos apropos | 21 Wa s s t e h t m a m e n t ? am Fir 4. Das Buying Center entscheidet immer häufiger nach kommunikativen Gesichtspunkten Die technische Auswahl zwischen Produkten, die klassische Aufgabe des Buying Centers, wird von künstlicher Intelligenz übernommen. Das 1. Der Handel steht am Scheideweg Buying Center von morgen funktioniert entsprechend völlig anders. Es ersetzt die technischen Auswahlkriterien durch kommunikative, mar- Das alte Geschäftsmodell des Fachhandels – ein externes Zwischenlager kenstrategische Matchings und fragt: Mit wem teilen wir die gleiche Posi- für Produkte zu sein – wird nicht mehr funktionieren. Stattdessen muss tionierung und dieselbe Haltung – und dieselben Daten. sich der Handel zum Anbieter von Lösungen weiterentwickeln und neben Produkten Wissen bereitstellen (etwa über die optimale Kombination von Produkten oder einen Technologiewechsel, der sich für seinen Kunden auszahlen könnte). 5. Die MarCom-Abteilung wird vom funktionalen Werkzeug zum zentralen Ausrichtungspunkt der Unternehmensstruktur 2. Der B2B-E-Commerce schließt zu den Leuchttürmen des B2C-Bereiches auf Während Marketingmaterial noch bis vor wenigen Jahren an den Interes- sen des Außendienstes für den direkten Kontakt mit dem Kunden ausge- B2B-E-Commerce wird immer mehr die Regel – das bedeutet auch die richtet war, rückt nun die immer wichtigere Phase in den Mittelpunkt, die immer stärkere Digitalisierung des Verkaufsmaterials, das Ergänzen und vor diesem persönlichen Kontakt liegt. Damit verschiebt sich auch die bis- Ersetzen des Printkataloges durch VR und AR. Dadurch wird die Produkt- herige Hierarchie zwischen Vertrieb und Marketing. darstellung zunehmend zur Produkterklärung und zur Produktkonfigu- ration: Die digitale Anpassung von Produkten direkt im Webshop wird immer stärker nachgefragt und immer häufiger angeboten. 6. Das „große Projekt“ wandert aus der Start-up-Welt in die Geschäftsmodelle des B2B-Mittelstandes 3. Der Außendienstler wird zum Entwicklungspartner des Kunden Unsterblichkeit, technisch optimierter Geist und Körper: Mit diesen Träu- men generieren Start-ups aus dem Silicon Valley schon heute Milliarden Immer häufiger entstehen Produkte und Technologien in direkter Zusam- an Venture Capital. Auch das B2B entdeckt mehr und mehr die große menarbeit von Unternehmen. Die klassische Nachbestellung verschwindet Vision als die große Geschäftsidee. Der klimaneutrale Treibstoff, das kom- zugunsten von Co-Entwicklungen des technischen Außendienstes und sei- plett abbaubare Verpackungsmaterial, Ressourcenschonung durch höhere nes jeweiligen Kunden. Das erfordert vom Außendienst eine enorme tech- Effizienz und Intelligenz – so könnten einige dieser Visionen lauten. nische Kompetenz, Kundennähe und Kenntnis über aktuelle Markttrends.
22 | apropos apropos | 23 g a ni si e rt ? te i lung or -Ab ti ng ke Der Selbsttest M ar re Isolierte Ih Dezentralisiertes Marketing- st Marketing ie i Skalieren Sie Ihre Zukunftsfähigkeit! Abteilung 3. W Marketing Keine eigene als strategischer Marketing-Abteilung 1. Welche Facetten sprechen Sie im Verkaufsprozess an? Outside-in-Prozess Gemeinsame Kommunikation im Lastenheft bei der Ausschreibung Betrachtung konkreter gemeinsamer Kommunikationsthemen 4. Welche Funktion erfüllt Ihr technischer Außendienst? Generelles Markenimage des Anbieters Außendienst entwickelt Individualprodukte in direkter Zusammenarbeit mit dem Kunden Technische Innovation (spürbare technische Verbesserungen bei leicht steigendem Preis) Außendienst stellt Exklusivprodukte insbesondere Premiumkunden vor Technische Evolution (leichte technische Verbesserungen bei konstantem Preis) Außendienst stellt Neuprodukte vor Kostenreduktion (technisches Niveau halten bei gesenktem Preis) Außendienst beschäftigt sich mit Nachbestellungen 2. Wie steht es um Ihren E-Commerce? 5. Wie erfassen und nutzen Sie Daten bestehender und potenzieller Kunden? B2B-Onlineshop mit weitgehenden Konfigurations- und Individualisierungsmöglichkeiten Datengetriebene Produkte, etwa Analysesoftware zur Prozessoptimierung B2B-Onlineshop mit datengetriebenen Angeboten, Rabatten und kombinierten Lösungen Datengetriebene Kommunikation, B2B-Onlineshop mit Expresslieferung etwa individualisierte Themenausspielung und Lead Nurturing B2B-Onlineshop mit Konfigurationsmöglichkeit Automatisierte Erfassung über Software, Website-Tracking, Geodaten etc. B2B-Onlineshop vorhanden Keine systematische Erfassung von Daten B2B-Onlineshop nicht vorhanden Manuelle Erfassung, etwa über Telefonnotizen und Excel-Listen
Von Erich Kästner ist der Satz überliefert, es gebe nicht nur die „ewig Gestrigen“, sondern auch die „ewig Morgigen“. Nicht unwahrscheinlich, dass man sich an dieses unser 21. Jahrhundert einmal als DIE STUNDE der ewig Morgigen erinnert. Als die Zeit, in der das „im Morgen denken“ der unverzichtbare Partner des „im Jetzt han- deln“ wurde. In der Lebensstile, Mediennutzung, Kaufverhalten – und nicht zuletzt: Geschäftsmodelle – von der digitalen Disruption so grundlegend verändert wurden wie niemals in der Geschichte zuvor. Die apropos #9 möchte Ihnen mit einigen Thesen Anstöße geben, auch Ihre persönliche Unternehmenszukunft im B2B in den Blick zu nehmen. Ihr Geschäftsmodell, Ihre Personalsituation, Ihre Einkaufs-, Verkaufs- und Kommunikationsprozesse. Wann diese Szenarien exakt greifen werden – und ob dies genauso geschieht wie in unserem Magazin skizziert: Das lässt sich heute nicht sagen. Was sich jedoch sagen lässt: Sie sind eine Einladung an Sie, eine Anregung, den Ist-Stand fundiert und grundsätzlich zu hinterfragen. Und es sind viel mehr diese richtigen Fragen als die feststehenden Ant- worten, welche die „ewig Morgigen“ antreiben und erfolgreich machen. Ihr Kevin Omokaiye Inhaber und Geschäftsführer der Agentur SYNEKTAR GmbH Martin Niedermeier Senior Texter/Konzeptioner der Agentur SYNEKTAR GmbH Agentur SYNEKTAR GmbH Herzog-Heinrich-Straße 38 80336 München Tel. +49 89 32667347-4 kevin.omokaiye@synektar.de www.synektar.de Foto Cover: © Maksim Toome / Shutterstock.com
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