WAS TUN MIT GEBRAUCHTEN HANDYS?! - Kommunikationsforum Mobilfunk Berlin, 28. November 2013 - Informationszentrum ...
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mit jedem Gerät wächst das Problem Seitdem vor 30 Jahren mit dem damals zur Nutzung überlassen, andere werden 4.000 US-Dollar teuren Motorola weiterverkauft, gespendet oder in den Dynatac 8000 das weltweit erste Mobil- Recyclinghöfen abgegeben. Und trotz funkgerät vorgestellt wurde, ist viel Verbotes landet ein Teil der Handys passiert. Mittlerweile sind Handys aus immer noch im Hausmüll – wodurch dem Alltag nicht mehr wegzudenken. gefährliche Schadstoffe in die Umwelt 90 Prozent der privaten Haushalte in gelangen und wertvolle Rohstoffe dem Deutschland besaßen Anfang 2012 Ressourcenkreislauf endgültig verloren mindestens ein Handy (Quelle: Statis- gehen. tisches Bundesamt 2013) und jedes Jahr werden hierzulande mehr als 30 Mi0. Um zu diskutieren, wie Verbraucher Mobiltelefone neu gekauft (Quelle: mit ihren Althandys verfahren und was BITKOM 2014). sich künftig ändern sollte, hat das In- formationszentrum Mobilfunk (IZMF) Mit jedem neuen Gerät aber wächst auch in Kooperation mit dem Institute for der Berg aussortierter Handys. Einfach Advanced Sustainability Studies wegschmeißen geht nicht. Denn alte IT- Potsdam (IASS) das jährlich stattfinden- Geräte dürfen nicht über den normalen de Kommunikationsforum Mobilfunk Müll entsorgt werden. Also aufbewah- dem Thema des nachhaltigen Um- ren, weiternutzen oder recyceln? Die gangs mit gebrauchten Handys gewid- Verbraucher haben verschiedene Mög- met. Auf dem Fachworkshop „Was tun lichkeiten. Die meisten lassen ihr Alt- mit gebrauchten Handys?!“ kamen am gerät in der Schublade verschwinden – 28. November 2013 zahlreiche Experten und mit ihnen die darin enthaltenen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft wertvollen Rohstoffe. Die Gesamtzahl und Nichtregierungsorganisationen der „Schubladenhandys“ wird mittler- zusammen. weile auf über 100 Mio. geschätzt (Quelle: BITKOM 2014). Ein weiterer Teil der Althandys wird Familienmit- gliedern, Freunden und Bekannten Über das IZMF Das Informationszentrum Mobilfunk (IZMF) ist Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, Medien sowie öffentliche und private Einrichtungen zum Thema mobile Kommu- nikation. Es ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, der von den Mobilfunk- netzbetreibern gegründet wurde. Er infor- miert unter anderem über gesundheitliche, rechtliche und gesellschaftliche Themen mobiler Kommunikation sowie über As- pekte der ökologischen Nachhaltigkeit im Mobilfunk. 2
Programm Zeit Thema Wer 10:00 Begrüßung und Einführung Karsten Menzel, Vorstandsvorsitzender IZMF 10:10 Vortrag: Herbert Köpnick, Gebrauchte Handys – Ein Schatz ... für wen? LMR a.D. des StMUG Bayern Zum Stand der nachhaltigen Nutzung und Entsorgung von Mobilfunkkleingeräten 10:40 Impuls: Dagmar Wiebusch, Entsorgung – Weiternutzung – Aufbewahrung: Geschäftsführerin IZMF Gibt es einen Königsweg im Umgang mit alten Handys? 10:50 Dialogrunde: Frank Claus, IKU & Fakten, Fragen und Motive zum Umgang mit Britta Bookhagen, IASS alten Handys 12:30 Mittagspause 13:30 Arbeitsteams: Alle Diskussion von offenen Fragen, Motiven und Handlungsperspektiven (Themenauswahl aus der strukturierten Sammlung) 15:00 Kaffeepause 15:20 Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsteams Alle und Diskussion von Schlussfolgerungen (Arbeitsergebnisse als Dossier) 16:20 Abschluss Dagmar Wiebusch, Geschäftsführerin IZMF 16:30 Ende der Veranstaltung Über das IASS Das 2009 in Potsdam gegründete Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) ist zugleich eine international vernetzte Forschungseinrichtung und ein transdisziplinär arbeitender Thinktank. Ziel des mit öffentlichen Mitteln geförderten Institutes ist es, Entwicklungspfade für die globale Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft aufzuweisen und interaktiv den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zu fördern. Forschungsgebiete sind die globale Nachhaltigkeitspolitik, innovative Technologien für die Energieversorgung der Zu- kunft, die nachhaltige Nutzung von Ressourcen wie Ozeane, Böden oder Rohstoffe sowie die Herausforderungen für un- ser Erdsystem durch Klimawandel und Luftverschmutzung. 3
Gebrauchte Handys – Ein Schatz … Für wen? Keynote Herbert Köpnick, LMR a. D. „In unserer Infrastruktur lagert ein rialbeamte forderte deshalb, intelligente Rohstoffschatz von ungeheurer Größe“, und wirkungsvolle Sammelsysteme benannte Herbert Köpnick in seinem speziell für Handys einzuführen. Er Vortrag die Herausforderung einer zeit- beleuchtete beispielhafte Sammelaktio- gemäßen Kreislaufwirtschaft. Handys nen in Deutschland und Österreich. Ein seien hierbei nur die Spitze des Eis- großes Problem: Die meisten sind nicht bergs. Eine Spitze jedoch, die es in sich kostendeckend. Einzige Ausnahme war hat, denn in Handys lagern auf engstem bislang lediglich die bayerische Sam- Raum sehr viele knappe und teure Roh- melaktion „Handy, Laptop & Co. clever „Das Handy ist stoffe – Ressourcen, die Deutschland entsorgen“ im Jahr 2012. Bewährt habe als ein an Primärrohstoffen armes Land sich, die Handys dort einzusammeln, das Filetstück des dringend benötigt. Wie aber lässt sich wo die Menschen ohnehin hingingen, Elektroschrotts.“ dieser „heimische Rohstoffschatz“ he- zum Beispiel in Schulen, Behörden oder ben? Gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz, großen Unternehmen. Begleitet werden Herbert Köpnick, LMR a.D. das den Vorrang der Wiederverwendung müssten diese Sammlungen von groß vor dem Recycling festschreibt, forderte angelegten Informationskampagnen. Köpnick, noch funktionstüchtige Han- dys zu verkaufen oder zu verschenken. „Notwendig ist eine breite Bewusst- Die übrigen Geräte müssten gesammelt seinsbildung bei Produzenten und und recycelt werden. Denn sie stellen Konsumenten über die notwendige nicht für ihre Besitzer, wohl aber für die Rohstoffwende“, sagte Köpnick und Volkswirtschaft einen Schatz dar. forderte ergänzend neue Geschäfts- modelle der Hersteller und Vertreiber Bislang geschieht das aber noch viel mit einer zyklischen Produktverant- zu wenig. „Weniger als 20 Prozent der wortung nach dem Cradle-to-Cradle- Althandys gelangen ins Recycling“, kriti- Prinzip. sierte Köpnick. Der ehemalige Ministe- Die Masse macht’s – Rohstoffe Rohstoffe in deutschen Kupfer 876 t in rund 100 Millionen „Schubladenhandys“ Kobalt 382 t Schubladen- handys Silber 26 t Gold 2,4 t Palladium 0,8 t t = Tonne Quelle: BMBF: Die Rohstoff-Expedition (2012), Zahlen aktualisiert von IZMF (2014) 4
Entsorgung – Weiternutzung – Aufbewahrung: Gibt es einen Königsweg? Impulsvortrag Dagmar Wiebusch, IZMF „Die vielen Schubladenhandys in „Die Gruppe derjenigen, die sich bislang Deutschland sind nicht zuletzt Ergeb- durch Sammelsysteme und -aktionen nis von mangelnder Transparenz bei angesprochen fühlten, ist einfach zu der Entsorgung“, lautete die Kernthese klein“, sagte Wiebusch. Zwar wachse bei von IZMF-Geschäftsführerin Dagmar den Verbrauchern und in der Informa- Wiebusch. Laut einer repräsentativen tions- und Kommunikationstechnolo- Umfrage, die das Institut für Markt- giebranche das Bewusstsein für Nach- Umwelt-Gesellschaft (imug) im Herbst haltigkeit. Das Fairphone sei einer der 2013 im Auftrag des IZMF erstellt hat, Indikatoren dafür. „Der Weg zu einem heben 38 Prozent der Handynutzer ihr tatsächlich nachhaltigen Umgang mit „Der Weg zum nach- zuletzt genutztes Altgerät noch auf. Die Handys ist aber noch weit.“ Was muss große Mehrheit hüte sogar mindestens getan werden, um schneller voran- haltigen Umgang zwei Althandys. Vor allem täten sie dies, zukommen, fragte Wiebusch angesichts mit Handys ist noch erläuterte Wiebusch, weil sie für den dieser Erkenntnisse die Teilnehmer des Notfall Ersatz haben wollten. 10. Kommunikationsforums Mobilfunk. weit.“ Sind wir schon auf einem guten Weg Dagmar Wiebusch, Geschäftsführerin IZMF Für genauso viele sei aber Intranspa- und brauchen nur mehr der bisherigen renz bei der Datenlöschung und den Aktivitäten? Oder müssen statt der Ver- Entsorgungswegen ein wichtiges Motiv braucher auch andere Verantwortliche für die Aufbewahrung. Und schließlich stärker in den Blick genommen werden? sorgte bei vielen die Unwissenheit über Und was muss getan werden, um die re- Abgabemöglichkeiten dafür, dass die levanten Akteure zur Zusammenarbeit Geräte einfach zu Hause liegen blieben. zu gewinnen? Motive der Handynutzer in Deutschland für die Auf bewahrung ihres alten Mobiltelefons Inwieweit treffen die Gründe, warum alte Geräte aufbewahrt werden, für Sie persönlich zu? (Angaben in Prozent) weil ich für den Notfall Ersatz haben will 63 63 % Ersatz weil ich das Handy einem Familienmitglied/ Freund/ Bekannten 43 zur Weiternutzung überlassen möchte weil mir die Datensicherung/-löschung nicht transparent genug ist 34 weil ich nicht weiß, was die Anbieter von Sammelstellen (Umweltverbände, 28 62 % Intransparenz Netzbetreiber oder Kommunen) mit eingesammelten Geräten machen weil mir die Abgabe bei einer Sammelstelle zu umständlich ist 23 weil ich nicht weiß, wo man die Geräte abgeben bzw. entsorgen kann 21 44 % Unwissen weil ich mir den Verkauf des Handys offen halten will 18 nichts davon/weiß nicht/keine Angabe 8 0 20 40 60 80 100 n = 314 Handybesitzer, die ihr zuletzt genutztes Mobiltelefon aufbewahren (Teilstichprobe)/Mehrfachnennungen möglich Quelle: Informationszentrum Mobilfunk (2013): Verbraucherumfrage zum Umgang mit gebrauchten Handys 5
„Detektivische“ Spuren- suche – Spannung durch eine auSSergewöhnliche Arbeitsform „Willkommen im Detektivbüro Clue. Motive zum Umgang mit alten Handys“ Wir werden Sie, liebe Teilnehmerinnen präsentierten sie Rechercheergebnisse, und Teilnehmer des 10. Kommunikati- die IZMF und IASS im Vorfeld der onsforums Mobilfunk, auf unserer Spu- Veranstaltung zu den Themen Rohstoff- rensuche in Sachen richtiger Umgang einsatz, Wiederverkauf, Recycling und mit gebrauchten Handys als Zeugen be- Nutzung/Abgabe zusammengetragen fragen.“ So eröffneten die Moderatoren hatten. Diese Erkenntnisse wurden nun Frank Claus und Ann-Kathrin Kühr so- mithilfe des Fachwissens der Anwesen- wie Britta Bookhagen vom IASS am Vor- den ergänzt und vom „Detektivteam“ am mittag die erste Dialogrunde des Tages. Ende der Veranstaltung allen Teilneh- In der Rolle von „Detektiven“ und unter mern in Form einer elektronischen der Überschrift „Fakten, Fragen und „Akte“ überreicht. Fahndungsbogen Rohstoffeinsatz Recycling ●● W elchen theoretischen bzw. ●● Welche Verwertungsarten (stofflich/ praktischen Beitrag bringen Handys thermisch) werden zurzeit in zur Rohstoff-Rückgewinnung? welchem Umfang für Handys ●● Welche Bedeutung hat das Handyre- verwendet? cycling für die Rohstoffgewinnung im ●● Welche Kosten oder Erlöse fallen Vergleich zu anderen Elektro(nik)-Ge- beim Recycling an? räten wie z. B. Kameras, Monitoren, mp3-Playern? Wie viel steckt wo drin? Nutzung/Abgabe ●● Was bringt wie viel für den optimier- ●● W ie lange wird ein Handy in ten Rohstoffeinsatz? Deutschland durchschnittlich von – Nutzungsdauer verlängern (Wel- seinem ersten Besitzer genutzt? chen Beitrag brächte eine Nutzung ●● Was machen Handybesitzer mit über 2,5 statt über 1,5 Jahre) bzw. ihren gebrauchten Handys? Über sachdienliche Hinweise freuten sich die „Detektive“ Frank Claus, Britta Weiternutzung (ReUse) optimieren – Wie viele landen im Müll? Bookhagen und Ann-Kathrin Kühr (v.l.). – Recycling optimieren (Quote – Wie viele lagern in Schubladen? erhöhen/Methoden verbessern) – Wie viele gebrauchte Handys werden in Deutschland gesammelt? Wiederverkauf ●● Wieso bewahren Verbraucher ●● I n welchem Umfang findet kommer- gebrauchte Handys auf? zielle Weiternutzung statt und wer verdient daran? ●● Wohin gelangen kommerziell wei- tergenutzte Handys (ReUse)? Gibt es eine Garantie, dass mit diesen Geräten keine illegale Verschrottung in Afrika/Asien erfolgt? 6
Handyrecycling spielt für die Rohstoffrückgewinnung eine Aus welchen Rohstoffen besteht ein Mobiltelefon? zentrale Rolle „Können Sie uns die harten Fakten nennen, wie es in Deutschland mit der 15 % Kupfer Rohstoffrückgewinnung aus Handys aussieht?“, wurde Prof. Dr. Ulrich Teipel von der Technischen Hochschule in 56 % 25 % Nürnberg als erster „Zeuge“ gefragt. 3 % Eisen Er erläuterte, dass die Edelmetalle Metall Gold, Silber, Kupfer und Palladium Kunststoff 3 % Aluminium beim Recycling zurückgewonnen 2 % Nickel werden. Auch die Rückgewinnung anderer Metalle und sogenannter 16 % 1 % Zinn 1 % Andere, z. B. ∙ Gold ∙ Silber Seltener Erden sei technisch zum ∙ Palladium Teil inzwischen möglich, bislang Glas und ∙ Kobalt ∙ Tantal aber nicht wirtschaftlich. Welche Sonstiges 3% Keramik Rohstoffmengen aus Handys tatsächlich zurückgewonnen werden, konnte er nicht genau sagen, da für Deutschland Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und insgesamt, so wurde in der Diskussion Reaktorsicherheit (BMUB): Umwelt im Unterricht (2012) deutlich, keine genauen Daten vorliegen. Dr. Christian Hagelüken von der Umicore AG erläuterte, dass man das theoretische Recyclingpotenzial aus Fakten zum Handyrecycling: dem weltweiten Handyverkauf her- ●● B is zu 80 Prozent des Gewichts eines leiten könne. In den jährlich weltweit Handys kann stofflich zurückgewon- verkauften rund 1,8 Milliarden Handys nen und thermisch verwertet werden. stecken mehr als 280 Tonnen Silber, ●● Wirtschaftlich relevant für das Re- 25 Tonnen Gold, 10 Tonnen Palladium cycling sind bislang vor allem Gold, und rund 16.000 Tonnen Kupfer. Da Silber, Platin, Palladium und Kupfer. aber die tatsächliche Recyclingquote bei ●● Erlöse für den Entsorger aus 1 Kilo- unter fünf Prozent liegt, ist die faktische gramm Althandys: 9 bis 14 Euro (zum Rohstoffrückgewinnung bislang nur Vergleich: 1 Kilogramm Laptops ca. 3 gering. Die Zahlen zeigten, so Hagelü- Euro). kens Einschätzung, wie wichtig es sei, ●● Recyclingeingangstechniken sind dem Sammeln alter Handys viel größere Schreddern und Einschmelzen, häufig Aufmerksamkeit zu widmen. in Kombination. ●● Nur separat gesammelte Handys kön- Dass Recycling in jedem Fall Not tut, nen in einer der wenigen integrierten darin waren sich die Teilnehmer des Metallhütten in Europa recycelt wer- Kommunikationsforums einig – auch den. Durch dieses Verfahren werden wenn es im Hinblick auf die ganz ge- bis zu 17 Metalle zurückgewonnen. nauen Zahlen zum theoretischen sowie praktischen Beitrag der Handys zur Roh- Quelle: Faktensammlung IASS/IZMF, stoffrückgewinnung noch offene Fragen Stand November 20131 und weiteren Informationsbedarf gibt. Eine zentrale Erkenntnis brachte Köp- nick auf den Punkt: „Das Handy ist das Alle Angaben beruhen auf dem Stand des Wissens von November 2013. Danach veröffentlichte Untersuchungen und 1 Forschungserkenntnisse, die ggf. zu anderen Ergebnissen kommen, werden nicht berücksichtigt. 7
Filetstück des Elektroschrotts. Ich kenne kein anderes Gerät, dass auf so klei- Zweitmarkt gebrauchter nem Raum so viele wichtige Rohstoffe Mobiltelefone: anhäuft.“ ●● Der Markt für gebrauchte Handys ist intransparent: Und Hagelüken ergänzte: „Handys be- – Für die über Verkaufsportale sitzen den Vorteil, eine hohe Wertdichte verkauften Altgeräte liegen keine mit einer hohen Stückzahl zu kombi- Zahlen vor. nieren.“ Als ein wesentliches Hindernis – Ca. 10 Prozent der von Umwelt- für die Erhöhung der Recyclingquote be- verbänden, Netzbetreibern nannte Dr. Henning Friege, Dozent und oder kommunalen Sammelstellen Berater für Nachhaltigkeitsstrategien, gesammelten Althandys werden die Konstruktionsweise vieler Handys. wieder aufgearbeitet (refurbished) Frieges Forderung: „Die Hersteller müs- und weiterverkauft. sen recyclingfreundlicher produzieren.“ ●● Die Aufarbeitung der Althandys er- folgt größtenteils in Deutschland. Der Verbleib weiterverkaufter ●● Der Export erfolgt innerhalb Europas, Althandys ist häufig nicht z. T. auch nach Asien und Afrika. bekannt ●● Nach Schätzungen der Gesellschaft Große Wissenslücken wurden für den für Internationale Zusammenarbeit Verbleib der weiterverkauften Handys (GIZ) werden ca. 124.000Tonnen konstatiert. „Es gibt keine veröffent- Elektroschrott als Gebrauchtware lichten Angaben, was genau mit den deklariert und illegal exportiert. Handys aus Verkaufsportalen passiert“, sagte Bookhagen. Die Verkaufswege Quelle: Faktensammlung IASS/IZMF, seien sehr intransparent. Ebenso schwie- Stand November 20132 rig sieht Karl Christoph Brellinger vom VERE e. V. die Lage: „Ein nicht unerheb- der Nutzungsdauer zwar nur bei ein licher Teil der Altgeräte landet in Kanä- bis zwei Euro. In Afrika sei das aber len, die wir nicht kontrollieren können. ein ökonomisch hoher Anreiz für das Hier brauchen wir dringend Regelun- Recycling. gen.“ Philip Heldt von der Verbraucher- zentrale Nordrhein-Westfalen bestätigte Dem widersprach Ernst Fischer vom diesen Eindruck: „Die Unternehmen, Ingenieurbüro für nachhaltige Entwick- die die Althandys aufkaufen, um sie lung Eficom e. K., da der Verkauf von dann weiterzuverkaufen, mauern.“ Des- Re-Use-Handys ins Ausland geschlosse- halb könne man aktuell nur schätzen, ne Rohstoffkreisläufe verhindere. „Ein was mit den Handys geschehe. Heldt Kreislauf wäre es erst dann, wenn für vermutete, dass das Gros der funktions- jede Tonne, die nach Afrika exportiert fähigen Handys, die bei Verkaufsplatt- wird, auch eine Tonne aus Afrika zu- formen landen, nach Afrika oder Asien rückgeführt würde“, pflichtete ihm weiterverkauft wird. der Vorstandsvorsitzende des IZMF, Dr. Karsten Menzel, bei. Ob dies positiv oder negativ zu bewerten ist, war unter den Forumsteilnehmern Zuverlässige Datenlöschung gibt umstritten. Wenn die Handys in Afrika es nicht zum Nulltarif genutzt würden, so der Vertreter der Eine weitere Herausforderung sowohl Verbraucherzentrale, spare das Roh- für die Wiederverwendung als auch für stoffe. Zudem liege der durchschnittli- das Recycling gebrauchter Handys ist che Rohstoffwert der Geräte am Ende der Datenschutz. Beim Verbraucher Alle Angaben beruhen auf dem Stand des Wissens von November 2013. Danach veröffentlichte Untersuchungen und 2 Forschungserkenntnisse, die ggf. zu anderen Ergebnissen kommen, werden nicht berücksichtigt. 8
herrscht große Unsicherheit, ob Köpnicks These vom Handy als dem seine Daten vor Wiederverkauf „Filetstück des Elektroschrotts“ bestätig- oder Recyceln zuverlässig gelöscht ten die ökonomischen Kennziffern, die werden. Bookhagen vorstellte. Die Erlöse sind allerdings stark von den Metallpreisen Etwa ein Drittel der Handynutzer für Gold und Kupfer abhängig. Darauf bewahrt sein altes Gerät auf, weil er verwies Hagelüken: „Gold und Kupfer der Datenlöschung nicht vertraut machen den Großteil des Erlöses aus, (IZMF-Handystudie, 2013). Dass hinzu kommen noch Erträge aus dem eine zuverlässige, transparente Verkauf von Silber und Palladium“, er- Datenlöschung nicht zum Nulltarif läuterte der Recyclingfachmann. Zurzeit zu haben ist, machte Rolf Höltig, liege der Gewinn bei 80 bis 90 Cent pro Recycler bei der ELPRO Elektronik- Handy. „Wenn bei diesen Rohstoffen die Produkt Recycling GmbH, deutlich. Preise fallen, schmilzt auch der gewinn- Er verwies auf ein Versuchsprojekt bare Nettowert.“ Weitere im Handy ent- der Universität Wien, bei dem haltene Metalle wie Zinn, Nickel, Kobalt die Kosten der Datenlöschung bei und Antimon könne man bei Umicore durchschnittlich 8 Euro pro Handy zwar auch recyceln. Das bringe gegen- und damit weit über dem erzielba- wärtig jedoch nur ökologisch, nicht aber ren Erlös für die darin enthaltenen ökonomisch etwas. Rohstoffe lagen. Ohnehin sei die Gewinnspanne nicht Recyclingerlöse sind von sehr groß, erklärte Hagelüken. So Weltmarktpreisen für Metalle sei das Sammeln der Altgeräte sehr abhängig personal- und damit kostenintensiv, „Bei uns landen mittlerweile fast es sei denn, der Kunde würde über 100 Prozent der Recyclinghandys geeignete Geschäftsmodelle, wie zum in der Verhüttung“, erläuterte Fi- Beispiel Leasing oder Pfand, eingebun- scher. Nur ein geringer Prozentsatz den werden und lieferte sein Handy werde vorab zerkleinert. Hagelüken direkt bei einer Sammelstelle ab. Auch bestätigte, dass das Einschmelzen, das umweltgerechte Recycling selbst gefolgt von aufwändigen metallurgi- verursache hohe Kosten. Da Lohn- und schen Trennverfahren in modernen Umweltschutzkosten beim Export von integrierten Metallhütten – nach Elektroschrott nicht anfielen, würden einem intensiven Lernprozess der trotz der Erlösmöglichkeiten durch Re- Branche in den vergangenen Jahren cycling viele Altgeräte als Elektroschrott – inzwischen zum Standardverfah- exportiert. ren zur Rohstoffrückgewinnung aus Mobilfunkgeräten geworden Zu viele alte Mobiltelefone sei. Allerdings, ergänzte Hagelü- landen im Müll ken, gelte das nur für sortenreine Obwohl es seit 2005 gesetzlich verboten Sammlungen. „Bei den Handys, die ist, Elektro- und Elektronikkleingeräte in ungetrennt von anderem Elektro- den Müll zu werfen, werden Handys im- schrott geliefert werden, lohnt sich mer wieder mit dem Hausmüll entsorgt. meist das Sortieren nicht. Dann Der letzte Teil der Dialogrunde befasste wird geschreddert.“ Hierbei gingen sich damit und versuchte zu klären, wie Rohstoffe verloren, warnte der viele Mobilfunkgeräte im Hausmüll Experte. Deshalb sei es sehr wichtig, landen – wo sie dem Rohstoffkreislauf dass Handys getrennt gesammelt unwiederbringlich verloren gehen. würden. 9
Den Erkenntnissen der IZMF-Handy- mangelnde Bekanntheit der Sammelstel- umfrage zufolge haben 3 Prozent der len sei aber vermutlich ein wesentlicher Handynutzer ihr letztes Gerät in den Grund für die zurückhaltende Beteili- Müll geworfen. Köpnick dagegen hatte gung der Verbraucher. Diese Kritik griff andere Zahlen parat: „Die Untersu- Friege auf und forderte, Handysamm- chung des bifa Umweltinstitutes von 18 lungen deutschlandweit einheitlich zu Müllverbrennungsanlagen in Bayern organisieren. „Außerdem brauchen wir hat gezeigt, dass rund 20Prozent der mehr Kommunikation wie in Skan- Handys im Müll landen.“ Zu ähnlichen dinavien, Belgien oder der Schweiz“, Ergebnissen ist auch eine Untersuchung so Friege. Die Leute seien einfach oft der Technischen Universität Berlin ratlos und ungenügend informiert. Der gekommen. Ob 3 oder 20 Prozent – gegenwär-tige Umgang mit gebrauchten Einigkeit herrschte, dass das viel zu viel Handys und Smartphones sei aber auch ist. Denn im Klartext bedeuten diese Spie-gelbild der Konsumanreize, merkte Zahlen: Im Müll landen mindestens so ein Teilnehmer an. Die Werbung übe viele Geräte wie Umweltverbände pro einen großen Druck aus, sich stets das Jahr einsammeln – wenn nicht sogar neues-te Modell zu kaufen. viel mehr. Für wirkungsvolles Handeln fehlen noch wichtige Erkenntnisse „Die Datenlage konnte durch die Weiterverkauf von Handys: Zeugenaussagen verbessert werden, ●● C a. 25 Prozent der Handynutzer sie ist aber immer noch unvollständig“, planen, ihr gebrauchtes Gerät zu beendeten die „Detektive“ Claus, Kühr verkaufen. und Bookhagen den Vormittag und ●● Nur wenige Handynutzer kaufen ein schlossen die Detektei Clue. Ob Zahlen gebrauchtes Handy. zum derzeitigen Beitrag der Handys zur ●● Große Unsicherheiten herrschen in Rückgewinnung von Rohstoffen oder Bezug auf die zuverlässige Datensi- Informationen zum Verbleib der Geräte cherung und -löschung. nach ihrem Weiterverkauf über Portale ●● Ca. 30 Prozent derjenigen, die ein im Internet, ob das Verbraucherver- altes Handy aufbewahren, finden den halten oder die Frage nach dem besten Datenschutz beim Wiederverkauf und Ansatz für Handysammlungen – die Recycling nicht transparent genug. Befragung der Forumsteilnehmer hat gezeigt, dass auch den Fachleuten an Quelle: IZMF-Umfrage 2013 vielen Stellen noch wichtige Erkennt- nisse fehlen. Der Verbraucher ist ratlos „Wir würden gerne viel mehr gebrauch- te Handys zurücknehmen – im Moment bekommen wir auf jeden Fall zu wenig“, betonte Cornelia Szyszkowitz von der Deutschen Telekom, die seit dem Jahr 2003 gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe eine Althandy-Kampagne durchführt. Wiebusch verwies darauf, dass es zwar eine Vielzahl von Han- dysammlungen und sonstigen Abga- bemöglichkeiten gebe. Die Unüber- sichtlichkeit der Sammlungen und die 10
Motive und Handlungs- ansätze der Marktteilnehmer „Nun werden Sie selbst als Ermittler vom Büro für Öffentlichkeitsarbeit tätig“, eröffnete Moderator Claus den Technikdialog verwies auf die Automo- zweiten Teil des Kommunikationsfo- bilbranche. So könne die Werbung für rums. Nach der Analyse der Datenlage Jahreswagen für die Vermarktung von am Vormittag drehte sich am Nach- hochwertigen gebrauchten Smartpho- mittag alles um die Frage: Wer tut nes inspirierend sein. Diese sei preis-, was beim Umgang mit gebrauchten aber auch qualitätsbewusst. „Darauf Mobiltelefonen – und warum? Die Teil- können wir aufbauen. Das ist vielen nehmer konnten wählen, mit welcher Verbrauchern schon vertraut“, so der beteiligten Akteursgruppe sie sich aus- PR-Experte. Andere diskutierten, ob die einandersetzen wollten. Zur Auswahl beim Autokauf inzwischen selbstver- standen die Hersteller, die Verbraucher, ständlichen Leasing-Modelle auch auf die Entsorger und Wiederverkäufer, den Handymarkt übertragbar wären. Handel und Netzbetreiber sowie der Staat. Einzige Voraussetzung bei der Kreislaufwirtschaft als übergreifen- Auswahl der Arbeitsgruppe: Niemand der Handlungsansatz durfte die Gruppe wählen, der er im Köpnick brachte noch einmal die Vision realen Leben angehört. Die Aufgabe: einer vollständigen Kreislaufwirtschaft jedes Team sollte die Motive „seiner“ ins Gespräch. Danach müssten die Mo- Akteursgruppe beschreiben und daraus bilfunkgeräte nach Ende der Nutzungs- Handlungsansätze für diese Gruppe dauer zurück an die Hersteller gehen, ableiten. damit sie daraus die Rohstoffe zurück- gewinnen. Dann müsste nur noch ein sehr geringer Anteil an Rohstoffen neu hinzugekauft werden – was möglicher- Arbeitsteams wurden zu weise durch die Effizienzfortschritte bei Ermittlerteams: der Produktion sogar überflüssig werden Analog zum Lebenszyklus eines könnte. „Die Idealvorstellung ist, dass Mobiltelefons wurden die wesentlichen die Hersteller künftig einmal Rohstoffe Akteure identifiziert: einkaufen müssen und dann nie wieder“, sagte Köpnick. ●● Hersteller ●● Verbraucher Diese Vorstellung löste eine lebhafte ●● Entsorger und Wiederverkäufer Kontroverse aus. Einige Teilnehmer ●● Handel und Netzbetreiber zweifelten daran, dass sich in Deutsch- ●● Staat land ein solcher Rohstoffkreislauf etablieren ließe, da hierzulande keine Handys hergestellt würden. Andere Die Erfahrung anderer Branchen hielten dagegen, dass die drohende Ver- auswerten und nutzen knappung der Rohstoffe die Industrie „Man muss das Rad nicht neu erfinden“, so oder so in die Kreislaufwirtschaft war eine wichtige Erkenntnis bei der treiben werde. Vorstellung der Ergebnisse der fünf Arbeitsgruppen. Thomas Scharfstädt 11
Staatliche Vorgaben oder „Die Netzbetreiber haben mit der Ge- freiwillige Lösungen? winnung von Rohstoffen nichts zu tun, Lebhaft diskutiert wurde auch die tragen aber trotzdem Verantwortung für Frage, ob staatliche Vorgaben oder das die von ihnen vertriebenen Produkte“, freiwillige Engagement der Akteure lautete ein Hinweis. geeigneter seien, um den Umgang mit Handys nachhaltiger zu gestalten. Ei- Thomas Barmüller vom Mobile Ma- nige Teilnehmer zeigten sich skeptisch nufacturers Forum stellte die These gegenüber freiwilligen Ansätzen. Man infrage, dass das Interesse an nachhal- kenne keine Selbstverpflichtung, die tigen Handys und einer nachhaltigen nicht durch Androhung staatlicher Re- Handynutzung in der Bevölkerung geln oder die Aussicht auf ökonomische bereits spürbar wachse. „Dennoch“, so Vorteile zustande gekommen sei. Die Barmüller, „müssen Hersteller und auch ökonomischen Triebfedern in der Mo- Netzbetreiber die Entwicklung sorgfäl- bilfunkbranche seien so dominant, dass tig beobachten, um Reputationsrisiken Prinzipien der Nachhaltigkeit auf freiwil- rechtzeitig zu erkennen und abwehren liger Basis nicht ausreichend zum Zuge zu können.“ kämen. „Sie wollen, dass die Produkte, die sie auf den Markt bringen, so schnell In diesem Zusammenhang wurde in wie möglich von dort wieder verschwin- der Diskussion auf das niederländische den, um Platz für Neues zu schaffen“, Unternehmen Fairphone hingewiesen. so Ralph Sonnenschein vom Deutschen Einige Teilnehmer erwarteten sich Städte- und Gemeindebund. Für mehr vom Fairphone Anstöße für eine Nachhaltigkeit brauche man deshalb Veränderung des Bewusstseins für zwingend gesetzliche Regelungen. Diese Nachhaltigkeit in der Bevölkerung, müssten transnational, mindestens je- auf das dann auch andere Hersteller doch europaweit gelten – was für viele in reagieren könnten. der Diskussionsrunde eine Realisierung kaum möglich erscheinen ließ. Andere Teilnehmer plädierten da- für, mit allen relevanten Akteuren in einen Dialogprozess einzusteigen und gemeinsam geeignete Maßnahmen zu suchen. So sprach sich Fischer für mehr Eigenverantwortung von Verbrauchern und Branche aus. Staatliche – insbeson- dere nationalstaatliche – Vorgaben wä- ren wirkungslos, da sie immer nur Teile des Lebenszyklus von Mobilfunkgeräten regulieren könnten. Zudem wiesen Teil- nehmer darauf hin, dass die Motive der beteiligten Akteure sehr unterschiedlich seien. 12
Handlungsansätze Die in den Arbeitsteams diskutierten Handlungsansätze lassen sich nach den vier Themenkomplexen kategorisieren: Rohstoffeinsatz Wiederverkauf ●● A nteil an Sekundärrohstoffen ●● V erkauf von gebrauchten Handys erhöhen durch besser recycelbare systematisieren (Vorbild: Jahres- Handys wagen) ●● Reduzierung der Komplexität ●● Gesetzliche Vorgabe für Reparatur- im Handy fähigkeit (mindestens EU-weit) ●● Verändertes Marketing: Tarife für Wei- ●● Strenge Vorgaben für Datenschutz ternutzung gebrauchter Geräte oder und -sicherheit sowie einfache und Leasing-Verfahren zuverlässige Datenlöschung ●● Staatliche Regulierung ●● Zertifizierung einführen (mindestens EU-weit) ●● Aufklärung ●● Aufklärung und Bewusstseinsbildung Recycling Nutzung/Abgabe ●● Rücknahmesystem verbessern ●● Neue Marketingmodelle und Rückgabe für Konsumenten ●● Datenlöschung, die man selbst erleichtern vornehmen kann ●● Modularer Aufbau der Geräte ●● Bequeme, einheitliche und leicht ●● Partnerschaften zwischen Handel, verständliche Sammelsysteme Netzbetreibern und Recyclern/ ●● Design für Langlebigkeit Entsorgern ●● Aufklärung ●● Technologie- und Forschungs- förderung ●● Aufklärung 13
AUSBLICK „Wer Visionen hat, soll zum Arzt ge- „Noch sind nicht alle notwendigen In- hen“ – diesem oft zitierten und Helmut formationen hinsichtlich des Umgangs Schmidt zugeschriebenen Ratschlag mit gebrauchten Handys vorhanden widersprach Wiebusch in ihrem und zu den erforderlichen nächsten Schlusswort zum 10. Kommunikations- Schritten gibt es im Detail noch großen forum Mobilfunk ausdrücklich. „Wir Diskussionsbedarf“, so das Fazit von wollen uns durch Visionen inspirieren Britta Bookhagen vom Kooperations- lassen.“ Für das Informationszentrum partner IASS. Nicht nur Verbraucher, Mobilfunk sei die Veranstaltung der sondern auch Hersteller, Netzbetreiber, Startpunkt, um sich intensiv mit der Kommunen und Recycler müssten dazu Wiederverwendung und dem Recycling beitragen, dass Mobilfunkgeräte nach- gebrauchter Handys zu befassen, beton- haltiger als bislang genutzt und damit te sie. Dass noch viel zu tun sei, spiegelt Umweltbelastungen reduziert werden nicht zuletzt die „Akte“ des „Ermittler- können, unterstrich Wiebusch. „Hierzu Teams“ Bookhagen, Claus und Kühr wollen wir künftig einen Beitrag leisten.“ wider, die alle Teilnehmer mit nach Hause nehmen konnten. 14
„WIR BRAUCHEN EINE ROHSTOFFWENDE“ Interview mit Herbert Köpnick, LMR a.D. Herbert Köpnick war von 1979 bis 2013 als Ministerialbeamter im Bayerischen Staats- ministerium für Umwelt und Gesundheit tätig, zuletzt als leitender Ministerialrat und stellvertretender Abteilungsleiter für die Abteilung Klimaschutz und Ressour- ceneffizienz. Von 2012 bis 2013 konzipier- te und organisierte er die bayernweite Aktion „Handy & Co clever entsorgen“. Seit Oktober 2013 ist Köpnick als Senior Manager im Bundesdeutschen Arbeits- kreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e.V.) aktiv. Herr Köpnick, gebrauchte Handys sind Bei allem Erfolg Ihrer Sammelaktion in ein Schatz, bislang gelangen aber nur 5 Bayern – Sie halten einen grundsätzlich bis 20 Prozent der Handys ins Recycling. anderen Umgang mit Handys für not- Sie haben in Bayern eine erfolgreiche wendig und fordern eine Rohstoffwende. Sammelaktion entwickelt und organisiert. Warum brauchen wir die so dringend? Wie hebt man den Rohstoffschatz am besten? Nicht nur der Umgang mit Handys, der Umgang mit Gütern generell muss sich Indem man die Menschen informiert ändern. Unser gegenwärtiges Modell der und die Schwächen des derzeitigen Primärrohstoff- und Wegwerfwirtschaft Sammel- und Verwertungssystems ist auf Dauer nicht überlebensfähig. überwindet. Das heißt Aufklärung, dass gebrauchte Handys nicht in den Wir brauchen neben der Energiewende Müll gehören und auf Dauer auch nicht dringend eine allgemeine Rohstoffwen- in die Schublade, möglichst einfache de, weil Rohstoffe genauso wie Öl und und bequeme Abgabe von Althandys, Gas endlich sind und beim Verbrauch Datenschutzgarantie, Transparenz der von sieben Milliarden Menschen rasant Entsorgungskette und ökoeffizientes zu Ende gehen. Recycling, bei dem bis zu 98 Prozent der Metalle zurückgewonnen werden. 15
Wie kann eine Kreislaufwirtschaft für Wo sehen Sie die nächsten Handlungs- Handys organisiert werden? Was ist schritte auf dem Weg zur „Rohstoffwen- „Die Linearwirt- Ihre Vision von der Handyproduktion de“? Wer ist hier in der Verantwortung? schaft ist ein Aus- im Jahr 2050? Ein Sprichwort sagt: Nur wer sein Ziel laufmodell. Auf Meine Vision ist eine Wirtschaft nach kennt, findet den Weg. Wir brauchen für dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Herstel- die Rohstoffwende klare Zielvorgaben, mittlere und lange ler von Handys zum Beispiel würden so wie wir sie bei der Energiewende Sicht ist gerade dann ihr Geschäft nicht nur in der schon haben. Heute sind rund 15 Pro- Produktion von Geräten sehen, son- zent der in der Industrie eingesetzten bei Mobilfunk- dern gleichwertig in deren Rückerhalt Rohstoffe Sekundärrohstoffe. Die Politik kleingeräten eine nach Gebrauch. Dann werden aus alten muss der Wirtschaft sagen, wann wir Handys neue, die Rohstoffe bleiben bei 30, 50 und 80 Prozent sein wollen. Kreislaufwirtschaft im Kreislauf und die Abhängigkeit von anzustreben.“ Primärrohstoffen muss keinem Unter- nehmen mehr große Sorgen bereiten. Linearwirtschaft Kreislaufwirtschaft* Rohstoffgewinnung Rohstoff- gewinnung oder Sekundär- rohstoffe Produktion Wiederauf- Produkt bereitung Produktion Nutzung Rück- Produkt gewinnung Rückgabe/ Nutzung Entsorgung Demontage Deponie/ Verbrennung *technischer Rohstoffkreislauf nach Cradle-to-Cradle® 16
Kurzübersicht ausgewählter Hintergrund- informationen Rechtlicher Rahmen: W EEE-Richtlinie 2012/19/EU http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:197:0038:0071:de:PDF RoHS-Richtlinie 2011/65/EU http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:174:0088:0110:DE:PDF Kreislaufwirtschaftsgesetz 2012 http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/krwg/gesamt.pdf Elektrogesetz 2005 (Novellierung steht an) http://www.gesetze-im-internet.de/elektrog/ Studien als Download: G ermanwatch (2012): Handbuch „Alte Handys und PCs“ https://germanwatch.org/de/download/3858.pdf LANUV-Fachbericht 38: Recycling kritischer Rohstoffe aus Elektronik-Altgeräten www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/fachberichte/fabe38/fabe38.pdf Öko-Institut: Studie „PROSA Smartphones“ 2012 www.oeko.de/oekodoc/1518/2012-081-de.pdf SÜDWIND: Studie „Von der Mine bis zum Konsumenten“(2012) http://www.suedwind-institut.de/fileadmin/fuerSuedwind/Publikationen/2012/ 2012-41_Von_der_Mine_bis_zum_Konsumenten._Die_Wertschoepfungskette_von_ Mobiltelefonen.pdf UBA (2012): „Second Life – Wiederverwendung gebrauchter Elektro- und Elektronikgeräte“ http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/second-life Zukunftsinstitut (2013): Trendstudie „FAIR – Von der Nische zum Mainstream“, Zukunftsmarkt Consumer Electronics (S. 20) http://www.zukunftsinstitut.de/downloads/Fair_Trendstudie_web.pdf Links: BMBF (2012): Die Rohstoff-Expedition: „Lern- und Arbeitsmaterial“ Link: http://www.die-rohstoff-expedition.de/die-rohstoff-expedition/ lern-und-arbeitsmaterial.html Bayerische Handysammelaktion: www.handy-clever-entsorgen.bayern.de/hintergrundinformation/index.htm Handyfilm des IZMF über Youtube/Infomobilfunk: http://www.youtube.com/user/InfoMobilfunk IZMF-Handyumfrage: http://www.izmf.de/de/content/handynutzer-sind-verunsichert- %C3%BCber-richtige-entsorgungswege-ihres-mobiltelefons Online-Ratgeber der Verbraucherzentrale NRW in Zusammenarbeit mit dem IASS und dem Wuppertal Institut: www.vz-nrw.de/Handyrohstoffe 17
Teilnehmerliste Teilnehmer des 10. Kommunikationsforums Mobilfunk Thomas Barmüller Philip Heldt Julia Nordmann Mobile Manufacturers Forum Verbraucherzentrale NRW e. V. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH Rainer Bauer Cornelia Heydenreich Second Loop GmbH Germanwatch e. V. Dr. Matthias Otto Kinderumwelt gGmbH Prof. Dr. Heidi Bergmann Rolf Höltig Hochschule Mannheim ELPRO Elektronik-Produkt Thomas Scharfstädt Recycling GmbH Technikdialog Britta Bookhagen IASS Potsdam - Institute for Advanced Dr. Birgit Keller Katharina Scheunemann Sustainability Studies e. V. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Informationszentrum Mobilfunk e. V. Bau und Reaktorsicherheit Melanie Borsos Rüdiger Schubert Telefónica Germany Prof. Dr. Jürgen Kiefer Telefónica Germany Justus-Liebig-Universität Gießen Dorothee Braun Kerstin Schulte Rat für Nachhaltige Entwicklung Herbert Köpnick ZUK - Zentrum für Umweltkommunikation LMR a.D. B.A.U.M. e. V. der DBU Karl Christoph Brellinger VERE e. V. Marcel Kroek Ralph Sonnenschein Second Loop GmbH Deutscher Städte- und Gemeindebund Alena Bunk Teqcycle Solutions GmbH Silke Kühlewind Cornelia Szyszkowitz Städte- und Gemeindebund Brandenburg Deutsche Telekom Technik GmbH Dr. Rolf Buschmann BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Ann-Kathrin Kühr Prof. Dr. -Ing. Ulrich Teipel Deutschland e. V. IKU GmbH Technische Hochschule Nürnberg Dr. Frank Claus Jörg Lacher Franjo Tholen IKU GmbH bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Recyclingbörse Herford Entsorgung e. V. Prof. Dr. Roman Dengler Susann Tillack Pädagogische Hochschule Karlsruhe Dr. Friedrich-Wilhelm Lauer Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Deutsche Telekom Technik GmbH Verbraucherschutz Brandenburg Jan Devries imug Beratungsgesellschaft mbH Jürgen Lekscha Karen Vielhaus LWB - Lichtenberger Werkstatt für Technische Universität Clausthal Dr. Marcus Eschen Behinderte GmbH Aurubis AG Dr. Maria-Jolanta Welfens Sabine Lemke Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Ernst Fischer NABU - Naturschutzbund Deutschland e. V. Energie GmbH Eficom e.K. | Sony Mobile Communications AB Dipl.-Ing. Birgit Matzke Dagmar Wiebusch Frederik Freudenstein Stadtverwaltung Potsdam, Informationszentrum Mobilfunk e. V. Wissenschaftsforum EMF Bereich Umwelt und Natur Franz Wilhelm Dr. Henning Friege Dr. Karsten Menzel Telefónica Germany Dozent und Berater für nachhaltige E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG Unternehmensstrategien Julika Witte Hilmar Möhlmann Informationszentrum Mobilfunk e. V. Aneta Galek E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG IASS Potsdam - Institute for Moderation: Dr. Frank Claus, Advanced Sustainability Studies e. V. Axel Mothes Ann-Kathrin Kühr, IKU GmbH Stadt Konstanz, Baurechts- und Thomas Grund Denkmalamt Dokumentation: Stiftung Warentest Eva Mahnke und Tina Beigang Silke Niehoff Dr. Christian Hagelüken IASS Potsdam - Institute for Advanced Fotograf: Umicore AG Sustainability Studies e. V. Andreas Burkhardt Informationszentrum Mobilfunk e. V. (IZMF) Hegelplatz 1 I 10117 Berlin Gebührenfreie Hotline: 0800 3303133 I Tel. 030-2091698-0 I Fax. 030-2091698-11 I E-Mail: info@izmf.de I www.izmf.de Gestaltung: Anja Teßmann, Art Direction & Design I Lektorat: Beate Fischer, mediumText
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