"Weiterbildung" oder Kompass der Führungsstile - Careum Weiterbildung
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gesundheitspolitik «Weiterbildung» oder… Kompass der Führungsstile «Ein Führungstrend jagt den nächsten. – Was am Ende wirklich wichtig ist!» So lautet der vollständige Titel der diesjährigen Führungstagung Careum Weiterbildung vom 21. September 2021 in Aarau. Um Ziele zu erreichen, braucht es eine Führung. Die hat sich in den letzten zweitausend Jahren merklich verändert und hört nicht auf, sich zu verändern. Ausgewiesene Referentinnen und Referenten geben einen Überblick über verschiedene Führungsstile und (Miss-)Erfolge. malität, was den zahlreichen Teilnehmenden sichtlich guttut und ihnen auch anzusehen ist. Ursula Bonhage, Geschäftsleiterin Careum Weiterbildung, und Christian Herion, Bereichs- leiter Leadership & Management, eröffnen die interessante Tagung, die durch Oliver Haindl moderiert wird, freiberuflicher Moderator, Schauspieler und Kommunikationstrainer. Bonhage: «Ziel der heutigen Tagung ist die vertiefte Sensibilisierung in Führungsfragen und der weitere Ausbau dieser Kenntnisse, die auch in einem Kompass der Führungsstile zusammengefasst werden können.» Im Dickicht der Führungsmodelle «Heute schon geführt?» Dr. phil. Katja Genti- netta, Politikphilosophin, beginnt ihr Referat mit dieser rhetorischen Frage und beantwor- tet sie in verschiedenen Variationen: Schon telefoniert, nichts gemacht oder gemailt – all Networking draussen in einer Pause das ist Führung. Die Mitarbeitenden sollten wissen, was zu tun ist. Im Falle von nichts Carlo Lang sammengefasst werden die Referate am gemacht sind Entscheidungen bereits vor- Vormittag und am Nachmittag von Bruno her gefallen; und im Osten, um das Bild des Ziele erreichen sollte am Ende wirklich wich- Bieri, Musiker, Sänger, und auf Schweizer Kompass’ zu nehmen, drohen Strafen, wenn tig sein, stimmt, aber wie erreichen wir ge- Kleinkunstbühnen anzutreffen. die Mitarbeitenden nicht das machen, was fasste Ziele am geeignetsten und wer legt von ihnen (stillschweigend) verlangt wird. sie fest? Welche Führungsstile führen in Die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer Eine Chefin oder ein Chef kann fürs Team welcher Art zum Ziel, zum Erfolg – oder zum übrigens erleben einen fast normalen, perfekt entscheiden, für die Organisation oder für Misserfolg? Fünf Referentinnen und zwei organisierten Anlass – ohne Masken: Wer sich selbst. Sie oder er kann anführen, wei- Referenten mit profunden Kenntnissen und durch die genaue Eingangskontrolle Einlass terführen, einführen, vorführen, ausführen, Erfahrungen versuchen, darauf Antworten erhält, verspürt im Inneren des Kultur- und durchführen, zurückführen etc. Gentinetta zu geben. Humorvoll und musikalisch zu- Kongresshauses Aarau KuK eine gewisse Nor- gibt einen Einblick in die Geschichte und be- Dr. phil. Katja Gentinetta Svenja Hofert Prof. Dr. Jürgen Weibler und Oliver Haindl 01 a I s I p 5 I 2021
gesundheitspolitik ginnt bei den Römern in Kriegssituationen, situativ den Herausforderungen entspre- sagt, wenn man als Leader eine Richtung auf- wo einer hoch zu Ross Befehle erteilte, und chend anpassen. Und: Ich darf mich, ohne zeigen will, nach der hingearbeitet werden das Heer gehorchte. Ähnlich ging es in der Schwäche zu zeigen, auch führen lassen! Es soll. Man muss noch mehr hinschauen, was Zeit der Industrialisierung zu: Ein Patron, geht nicht zuletzt um die richtige Balance passiert, als wenn man physisch beieinander- meistens männlich, führte kontrollierend, zwischen Nähe und Distanz, zwischen (An-) sitzt. Man muss verstehen, dass alles ein Pro- und Disziplin, Gehorsam und lange Arbeits- Bindung und Unabhängigkeit. zess ist, nichts abgeschlossen. Führen heisst zeiten begünstigten die Fliessbandarbeit. Fragen stellen und verstehen – ganz speziell in dieser schwierigen Zeit der Pandemie mit Ende der 1920er Jahre hielt Psychotechnik Ein- ihren täglichen Veränderungen. zug mit den Faktoren Licht, Luft und Ergono- «Erfrischend, inspirierend mie. Aber immer noch wurde alles kontrolliert und mit viel Humor wurden Sich ständig Fragen zu stellen, um agil füh- und dokumentiert. Max Weber, 1864–1920, ren zu können, kann auch in einem Kompass einer der Gründerväter der deutschen Soziolo- uns Führungstrends und dargestellt werden: Im Norden haben wir gie, beschrieb drei Führungsmodelle: die tradi- Werkzeuge zur Anwendung das ‘Wohin?’, im Westen das ‘Wozu?’, im Sü- tionale, die bürokratische und die charismati- im Alltag nähergebracht. den das ‘Was?’ und im Osten das ‘Warum?’. sche Herrschaft. Die Führungsstile lassen sich Neben agil sollte unser Unternehmen auch wie folgt beschreiben: autoritär (mehr Quanti- Das ‘Networking’ durfte resilient sein: Wie weit können wir gehen, tät), kooperativ und demokratisch (mehr Qua- wieder real stattfinden, was kann gemacht oder ausprobiert werden, lität), laisser-faire (Chaos, führt zu Frustration wie viel Spielraum haben wir etc., damit wir und Aggression). Dies führt zur Erkenntnis: was mein persönliches möglichst weiterkommen und nicht unter- Hauptsache Führung; denn Entscheidungen Highlight war.» gehen? Sind wir genug gut im Markt positio- werden erwartet, um die Richtung zu kennen, niert, dass uns kleine Erschütterungen nicht Markus Schütz, Teilnehmer, in die man hinsteuern soll. sermax.ch gleich das Genick brechen? Da ist es wichtig, seine Perspektive und die des Unternehmens In den 70er Jahren begann der situative Füh- dank Mitmenschen zu erweitern – und ein- rungsstil, und Mitarbeitende wurden in eine Agiles Unternehmen fach einmal eine Idee ausprobieren! Selbstmotivation gebracht, um etwas zu tun. Die Corona-Krise, so Svenja Hofert, Ausbilde- Es wurden nur Ziele vorgegeben; wie diese rin, Supervisorin und Unternehmensberate- e-Leadership erreicht wurden, wurde den Mitarbeitenden rin, hat aus dem Trend ‘agile Management- «Die Digitalisierung von Organisationen mehr oder weniger selber überlassen. In der methode’ eine Notwendigkeit gemacht. schreitet voran – und zwar schnell, wenn späteren transformativen Führung wurde da- Hofert erläutert dies in sieben Schritten: Zu- auch branchenspezifisch in unterschied- rauf geachtet, mit dem Umfeld mitzuhalten. erst müssen wir die Gegenwart in all ihren lichen Geschwindigkeiten.» Jürgen Weibler, Der Führungsstil wurde agiler und verstand Facetten wahrnehmen und verstehen; dann Professor für Betriebswirtschaftslehre, ins- sich eher im Anleiten. Wenn anfangs vom rö- müssen wir Agilität als emotionale Quali- besondere Personalführung und Organi- mischen Heer gesprochen wurde, dann um tät verstehen (Veränderungen mitnehmen sation, sagt weiter: «Dies betrifft auch das die Jahrtausendwende vom Guerillakrieg: statt verdrängen); Ideen (weiter) entwickeln, Führen, einerseits durch veränderte Formen Kleine Truppen, die sich in einem Gebiet gut die den Menschen dienen; es muss vom der Arbeitsgestaltung, andererseits durch die auskennen, die rasch handeln und flexibel Warum zum Wohin gehen; von der Lösung Digitalisierung selbst.» Da stellen sich un- sind. Heute geht die Tendenz noch weiter zur Frage; vom Ziel zur bewussten Wahl weigerlich die Fragen, welche Chancen und zum sogenannten Unboss; eine Chefin oder (sich immer wieder neu entscheiden); und welche Risiken daraus resultieren. Die Art der ein Chef, die oder der sich selbst beinahe ab- schliesslich geht es von Worten zu Werten Kommunikation und die im Fokus stehenden schafft: Sie oder er ist nur noch da, wenn es (unterschiedliche Werte zulassen, Werte ge- Zielgruppen erhalten dabei neue Dimensio- sie oder ihn braucht. Kommen wir zum Kom- ben unseren Handlungen Qualität). Es geht nen, indem intern noch besser hingeschaut pass zurück: Man könnte zusammenfassen, um einen Ideen-Wettbewerb, der uns immer werden muss (nicht zu vergessen auch bei dass im Norden transformativ geführt wird, wieder neu entscheiden lässt, indem man der Personalrekrutierung, wo vermehrt Filme im Westen demokratisch, im Süden tradi- in einer Art Vogelperspektive innehält, sich über sich selbst statt schriftliche Dossiers tional und im Osten autoritär. Wenn ich als umsieht und Entscheidungen trifft. Gerade eingereicht werden), extern noch mehr ge- Chefin oder als Chef in der Mitte stehe, kann beim Führen im Homeoffice, einer speziellen schaut werden muss, was die Konkurrenten ich meinen Führungsstil mir selbst und/oder Herausforderung, ist agiles Verhalten ange- machen, und schliesslich sollte man die eige- Erika Luzia Lüthi Dr. Christina Berndt Prof. Dr. Jens O. Meissner 5 I 2021 a I s I p 02
gesundheitspolitik nen Kundinnen und Kunden noch besser ken- ist lernbar: Statt jammern zusammen mit und meint: «Die Leitung einer Firma sollte in- nen, indem sie dank digitaler Kommunikation jemandem das Licht beim Tunnelausgang teressiert sein, sich selbst und Mitarbeitende ihre Wünsche und Meinungen kundtun kön- finden, statt lästern die positive Seite der diesbezüglich zu schulen.» nen. Die Beziehungsebenen ändern sich im Medaille sehen (positiv denken). Wer dies Zuge der Digitalisierung, das Führen in einem regelmässig und in kleinen Schritten tut, der Meissner spricht auch die Gesprächskultur in- solchen Umfeld ebenfalls. Man muss aufpas- bewältigt grössere Krisen besser und bleibt nerhalb eines Führungsteams an und unter- sen, dass keine Entfremdung entsteht, dass persönlich stark. Es ist wichtig, sich auch an streicht die Wichtigkeit, einer Führungsper- das Emotionale nicht untergeht und dass kleinen Sachen zu freuen, um etwas Negati- son – gerade wenn widrige Umstände dro- die soziale Distanz nicht zunimmt. Und weil ves leichter wegzustecken. hen – mutig Fragen zum vorgesehenen oder Kommunikation mehr ist als nur Worte, müs- bereits eingeschlagenen Kurs zu stellen. Eine sen Gefühle und Emotionen, sprich Schwin- Berndt erzählt die Geschichte, die sich bei US- solche Gesprächskultur auf Augenhöhe und gungen, trotz aller Digitalisierungen wahrge- Soldaten zugetragen hatte, die infolge von Mut zu reden fehlten beispielsweise auf dem nommen werden können, was beim Führen Kriegen nur noch negativ sahen: Sie erhielten Kreuzfahrtschiff Costa Concordia, wo der Ka- eine besondere Herausforderung darstellt, fünf kleine Gegenstände in ihre eine Hosen- pitän Francesco Schettino ungehindert in ein mit Risiken, aber auch mit Chancen. tasche (zum Beispiel fünf Kieselsteinchen), grosses Unglück hinein steuern konnte. – Der und bei jedem noch so kleinen positiven Er- Aspekt einer gepflegten Gesprächskultur, wo Vielfalt als Ressource eignis nahmen sie einen dieser Gegenstände Fragen gestellt werden dürfen, ja sogar, wo Erika Luzia Lüthi, Supervisorin und Team- und aus der Tasche und steckten ihn in eine an- dies innerhalb des Managements gewünscht Organisationsentwicklerin, führt die Teil- dere. Sobald alle fünf kleinen Gegenstände wird, macht ein Unternehmen resilienter ge- nehmenden auf eine Reise der Vielfalt als die Hosentaschen gewechselt haben, konn- genüber drohenden, negativen Ereignissen. Ressource unter dem Aspekt des Führens. ten ihnen, den Soldaten, Negatives innerlich Unterschiedlichkeit ist, wie beim Vorredner nicht mehr so viel antun wie vorher, und die Soziale Verantwortung gleich, Risiko und Chance zugleich. Es braucht Übung stärkte die Soldaten sichtlich. – Auf Sophie Isele von der Dock Gruppe AG, die ein mehr oder weniger Überwindung, alle Men- die innere Haltung kommt es an! arbeitsmarktnahes Umfeld mit reellen Arbeits- schen gleich zu sehen, aber am Schluss, wenn plätzen für Menschen bietet, die lange Zeit einem das gelingt, profitiert man. Diversity Resilienz-Management ohne Arbeit waren und die von der Sozialhilfe Management nennt sich das, und es zeigt Jens O. Meissner, Professor für Organisation abhängig sind, nennt Soziale Verantwortung sich immer wieder, dass Teams mit unter- und Innovation, Co-Leiter des Master-Stu- einen wichtigen Erfolgsfaktor für ein Unter- schiedlichen Menschen mehr Ideen entwi- diengangs Risk Management und Kern- nehmen. Und: Wer Wertschätzung erfährt, ckeln als homogene Teams. Dabei wichtig team-Mitglied des Zukunftslabors CreaLab ein Feedback von der Chefin oder vom Chef ist, einander zuzuhören und einander zu an der Hochschule Luzern, erklärt Resilienz erhält, ist motivierter. Wenn sich vieles schnell verstehen, Fragen zu stellen und einander zu mit der Fähigkeit, mit widrigen Umständen ändert, baut man leichter auf motivierte Mit- wertschätzen. umzugehen und trotzdem gesteckte Ziele zu arbeitende als auf unmotivierte. In der Corona- erreichen. Dabei wichtig sind die Pflege von Krise hat die Firma Aufträge verloren, aber auch Persönliche Stärke im Wandel der Zeit Empathie und der Aufbau von individuellen neue gewinnen können, die motiviert ange- bewahren Netzwerken. «Organisationale Resilienz ist gangen wurden. So konnten zum Beispiel wäh- Dr. Christina Berndt, Journalistin, meint, dass eine weitergreifende Systemresilienz und rend einer Import-Knappheit Schutzmäntel für niemand ohne Krisen durchs Leben kommt. umfasst das selbstorganisierte Lernen zur eine Universitätsklinik genäht werden, später Man sollte Krisen gegenüber resilient sein, Anpassung des Systems, gemeinhin hinsicht- folgten waschbare Schutzmasken. Führungs- um daraus gestärkt rauszukommen und wei- lich der Aspekte Diversität, Kreativität, Ro- personen zeichnen sich bei ihnen aus durch Be- terfahren zu können. «Resilienz ist die Kraft, bustheit, Früherkennung sowie Ausdauer», scheidenheit und nachhaltige, sozial geprägte so nennen es Psychologen, Stress abzuweh- so Meissner. Eine resiliente Organisation Entscheidungen. ren, sich auf veränderte Lebensbedingungen braucht wohl beides: ein resilientes System einzustellen oder aus einer deprimierenden und entsprechend gerüstete Individuen. Es Nächste Führungstagung: 20. September 2022 Situation ins volle Leben zurückzukehren.» gilt, Resilienzen zu entwickeln, um zu über- Wenn eine Führungskraft über viel Resilienz leben. Damit nimmt Meissner den Faden zu Weitere Informationen verfügt, hat sie es sicher einfacher. Resilienz den eben erwähnten US-Soldaten wieder auf www.careum-weiterbildung.ch Sophie Isele Bruno Bieri, humoristische Zusammenfassungen Fotos: Careum Weiterbildung/Tim Wettstein 03 a I s I p 5 I 2021
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