Weniger Händler, mehr Geschäfte - Business

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Business

Weniger Händler, mehr Geschäfte
Der Schuhhandel in Deutschland muss sich mit strukturellen Veränderungen auseinandersetzen.
Der Vortrag „Schuhhandel 2021“, den SchuhMarkt auf der vergangenen Messe Point of Shoes in
Pirmasens vorstellte, beschäftigt sich mit diesem Thema. Im Folgenden eine Zusammenfassung.

S       chuhhandel hierzulande kann
        nicht losgelöst von den gesell-
        schaftlichen Entwicklungen gese-
hen werden. So müssen wir uns vergegen-
wärtigen, dass Deutschland tendenziell
                                                      immaterielle Faktoren wie Frauenförde-
                                                      rung, Familienfreundlichkeit, Arbeitsklima
                                                      oder Freude am Beruf eine wichtige Rolle.

                                                      Weniger Anteil am Konsum­
                                                                                                        mer gewichtigeren Stellenwert bei den
                                                                                                        Verbrauchern einnehmen. Sie machen
                                                                                                        bereits heute rund 52 Prozent der Konsu-
                                                                                                        mausgaben aus. Dies sind zum einen Rei-
                                                                                                        sen und Erholung, andererseits auch Ge-
eine schrumpfende Bevölkerung hat. Den
                                                      kuchen für den Handel                             sundheits- und Wellnessangebote, die die
Höhepunkt der Bevölkerungsentwicklung                 Der Einzelhandel in Deutschland (inkl.            Menschen wahrnehmen, nicht zuletzt, um
hatten wir im Jahr 2002, als im vereinigten           Tankstellen) machte im Jahr 2009 laut             sich länger fit zu halten. Eggert rät dem
Deutschland rund 82,5 Millionen Men-                  amtlicher Statistik einen Nettoumsatz von         Handel, Dienstleistungen mit anzubieten,
schen lebten. Seitdem geht es, zunächst               460 Mrd. Euro. Der Handel steht bereits           bzw., wenn man sie nicht selbst anbieten
noch langsam, ab 2020 in steigendem                   seit Jahren unter enormem Wettbewerbs-            kann, sie zu vermitteln. Die Zusammenar-
Tempo bergab.                                         druck. Kaum ein Land, in dem Discount             beit mit dem örtlichen Schuhmacher oder
Eine weitere Folge dieser demographi-                 und Fachmärkte derartigen Einfluss und            der Fußpflegerin sind heute schon gän-
schen Entwicklung ist die Alterung der                Marktanteile erobert haben und das Preis-         gige Modelle. Aber warum sollte man
Gesellschaft. Der Anteil der ganz Jungen              niveau für Konsumgüter so niedrig ist.            beim Wanderschuhkauf nicht auch eine
und des Mittelbaus im arbeitsfähigen Al-              Tendenziell sinkt der Anteil des Einzelhan-       entsprechende Tour buchen können?
ter nimmt beständig ab. Diese werden für              dels an den Konsumausgaben der Ver-               Der Lebensgenuss ist sicher ein Trend, der
immer mehr Rentner einen Überschuss                   braucher. Gegenwärtig sind es rund 28             die rein materielle Anhäufung von Gütern
erwirtschaften müssen. Sowohl die gerin-              Prozent des Konsums. Ulrich Eggert                als Lebensziel teilweise abgelöst hat. Ei-
gere Bevölkerungszahl als auch diese Tat-             schätzt, dass es 2020 noch rund 25 Pro-           nen weiteren Trend, der sowohl Hersteller
sache verringern tendenziell das für Kon-             zent sein werden. Eggert, ehemals Ge-             als auch in der Konsequenz den Handel
sum verfügbare Einkommen. Auch die                    schäftsführer der BBE Unternehmensbe-             beeinflussen wird, kann man als neue Ver-
Gewinnung von Arbeitskräften und Aus-                 ratung und seit einiger Zeit unter eigenem        antwortungsethik bezeichnen. Generell
zubildenden stellt dann eine größere He-              Namen tätig, macht in seinem neuen Buch           ist der Schuh und erst recht der Schuhhan-
rausforderung dar als heute. Neben mo-                „Die Zukunft des Handels“ deutlich, dass          del hier noch nicht so stark im Blick der
netären Aspekten spielen auch                         insbesondere Dienstleistungen einen im-           Verbraucher wie beispielsweise Lebens-

Das gesellschaftliche Umfeld in Deutschland: Die beiden Szenarien gehen je-   Bis 2009 sind die Zahlen bekannt (7540). Durchschnittlich sank die Zahl seit
weils von einer konstanten Geburtenhäufigkeit der Frauen von 1,4 aus, einem   1999 um 3,5 Prozent pro Jahr. Hochgerechnet landen wir 2021 bei 3396 Un-
Anstieg der Lebenserwartung und einem Zuwanderungsplus von 100.000 ab         ternehmen.
2014 (Untergrenze) und 200.000 ab 2020 (Obergrenze) aus.

2       Schuhmarkt 1-2012
Weniger Händler, mehr Geschäfte - Business
Die Top 5 Filialisten und ihre Marktbedeutung.                           Category Migration kann der Schuhhandel auch: Gisy Schuhe mit Winterjacken.

mittel oder Bekleidung. Doch der Handel          sen noch 81 Prozent der Betriebe aus, ihr         u.s.w. Hinzu kommen Versender und der
muss sich auf seine Lieferanten verlassen        Umsatzanteil lag jedoch noch bei rund 16          Handel im Internet.
können und muss, sofern er selbst als ver-       Prozent. Der Umsatzanteil der drei größ-          Die Marktbedeutung dieser Vertriebsfor-
tikaler Anbieter auftritt, die gleichen Be-      ten ausgewiesenen stationären Unterneh-           men lässt sich nicht allein über den Wert
dingungen beachten. Verstöße gegen               men ist in den letzten drei Jahren von 32,8       der umgesetzten Schuhe beschreiben.
ethische Prinzipien können heute, im Zeit-       Prozent auf 34,1 Prozent gestiegen.               Vielmehr nehmen sie dem Fachhandel
alter von Internet und Social Media, viel                                                          Umsatz in nicht unbeträchtlicher Höhe. Ein
schneller folgenreich sein, als früher.
                                                 Filialisten gewinnen immer grö-                   bei Aldi für knapp 12 Euro gekaufter Kin-
                                                 ßere Marktbedeutung                               derschuh wird eben nicht mehr für einen
Immer weniger reine Schuh­                       Die Jahreserhebung für 2009 des Einzel-           dreimal oder viermal höheren Preis im
handelsunternehmen                               handels kommt auf einen Wert von knapp            Fachgeschäft nachgefragt.
Auf Schuhhandelsseite finden ein starker         8 Mrd. Nettoumsatz oder 9,5 Mrd. Brutto-
Schrumpfungsprozess und eine Umstruk-            umsatz für Schuhe. Auf den Schuhfach-
                                                                                                   Onlinehandel gewinnt an
turierung statt. Das Wettbewerbsumfeld           handel entfallen davon rund 74 Prozent
                                                                                                   Bedeutung
für kleinere und mittlere Fachgeschäfte          bzw. um 70 Prozent anderen Schätzungen            Der Onlinehandel überkompensiert das
verschärft sich. Sie stehen unter Druck          zufolge.                                          nachlassende Geschäft der Versender.
durch Filialisten, den Versand-/Onlinehan-       Zweitstärkster Vertriebsweg ist der Ver-          Der Bundesverband des Versandhandels
del, Fachmärkte und fachfremde Anbieter          sandhandel gefolgt vom Bekleidungs-               beziffert laut BDSE-Report den Online-
wie vor allem der Bekleidungshandel. Und         fachhandel, den Kauf- und Warenhäusern            Anteil am gesamten Distanzhandel auf 60
schließlich eröffnen auch Marken ihre ei-        und dem Lebensmittelhandel mit seinen             Prozent.
genen Monolabelstores.                           verschiedenen Ausprägungen.                       Die Bestellung über das Netz, ob bei spe-
Laut der Umsatzsteuerstatistik für die sta-                                                        zialisierten Onlinehändlern wie Zalando,
tionären Unternehmen, die überwiegend
                                                 Category Migration: Beklei-                       Mirapodo und Co. Internet Pure Player
mit Schuhen handeln – so die Definition
                                                 dungshaus mit Schuhabteilung                      („IPP“ bei Eggert) oder Plattformen wie
– verringerte sich insgesamt die Zahl der        Der traditionelle Schuhfacheinzelhandel           Ebay oder Amazon, gehört heute fast
Unternehmen von 7540 in 1999 um mehr             wird nicht nur von den Billiganbietern der        schon zur Allgemeinerfahrung. Inzwischen
als 30 Prozent auf 5247 im Jahr 2009.            eigenen Branche in die Mangel genom-              werden auch die Anteile des Mobil-Shop-
Ginge die Entwicklung in gleichem Maße           men, sondern auch durch den Beklei-               pings am Internethandel messbar. Dem
weiter, ein Sinken um durchschnittlich           dungsfachhandel, für den Schuhe und               ECC Handel zufolge wurden im Oktober
3,56 Prozent, kämen wir 2021 vielleicht          Accessoires ein immer wichtiger werden-           2010 zum Beispiel bereits elf Prozent der
auf noch 3396 Unternehmen.                       des Zusatzgeschäft darstellen, und durch          Amazon-Käufe über ein Mobil-Gerät ab-
Von den 5247 Unternehmen lagen 2009              völlig Branchenfremde wie Aldi oder               gewickelt. Deutlich mehr schauen im All-
79 Prozent unter einem Jahresumsatz von          Tchibo, die immer wieder einmal Schuhe            gemeinen schon mal in einen Shop übers
500 000 Euro. Zusammen haben die Un-             (Haus-, Kinder-, Sportschuhe) in großer           Handy herein. Insgesamt mache der Mo-
ternehmen dieser Größenklassen einen             Zahl und unschlagbar billig im Angebot            bil-Kauf aber noch unter fünf Prozent des
Marktanteil am Umsatz von rund 11,3 Pro-         haben. Gartencenter bieten Garten-                Online-Handels aus.
zent. Ihr Anteil an den Betrieben ist relativ    schuhe, Heimwerkermärkte Arbeits-                 Über den genauen Umfang des Anteils
konstant: 1999 machten diese Umsatzklas-         schuhe, Raumausstatter Hausschuhe                 am Schuhumsatz gibt es – wen wundert es

                                                                                                                          Schuhmarkt 1-2012        3
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Der reine Katalogversand verliert an Bedeutung.                          Multichannel: Schuhe auf allen Vertriebswegen

– unterschiedliche Schätzungen. Der BDSE          kommen, dass ein Fachgeschäft zur An-           möglich, Preis- und Produktvergleiche an-
schätzt ihn auf 8 bis 9 Prozent. Händler wie      probe genutzt wird, der Schuh aber online       zustellen. Einen weiteren Schub erhält der
Zalando oder Mirapodo rücken den Schuh            bei Zalando gekauft wird. Umgekehrt             gläserne Markt durch die Entwicklung der
in den Blickpunkt des Verbrauchers und            kann aber auch die Information über das         Smartphones. Der Verbraucher kann nicht
bieten darüber hinaus attraktive Präsen-          Netz erfolgen, besonders bei den Ver-           nur direkt vor dem Laden schauen was an-
tation, angenehme Zahlungsmöglichkei-             brauchern, die tiefere Kenntnisse über das      dere Anbieter für das Produkt verlangen
ten und umfassende Rückgaberechte.                zu kaufende Produkt wünschen wie Leder-         das er gerade sieht, sondern auch wo in
Auch der Schuhhandel ist im Internetzeit-         eigenschaften, Herstellungsbedingungen          der Nähe dieser zu finden ist – inklusive
alter angekommen. Einer repräsentativen           o.ä. und dann gezielt das entsprechende         Routenführung dahin.
Befragung des BDSE zufolge geben fast             Fachgeschäft aufsuchen.                         Über QR-Codes sind umfassende Infor-
ein Viertel der Schuhfachhändler an,              Die Großen Filialisten wie Deichmann,           mationen oder Animationen zu Geschäft
Schuhe auch im Internet anzubieten. 13,4          Reno, Görtz oder Siemes setzen diesen           oder Produkt abrufbar. Gegenwärtig ist
Prozent unterhalten demnach einen eige-           Multichannelgedanken um. Görtz soll be-         jedes dritte gekaufte Handy ein solches
nen Online-Shop, 5 Prozent nutzen Markt-          reits über 10 Prozent seines Umsatzes on-       Smartphone und mit steigender Verein-
plätze wie Ebay oder Amazon und 5,9 Pro-          line erwirtschaften.                            fachung der Handhabung wird es uns so
zent nutzen beide Möglichkeiten.                  Von Reno ist bekannt, dass Kunden im La-        selbstverständlich werden wie heute die
Sehr viele Schuhhändler verfügen heute            den nicht vorrätige Schuhe online bestel-       Computernutzung.
bereits über eine eigene Web-Seite, auch          len können. Kauf übers Netz und Rück-
wenn sie online nicht verkaufen. In Zeiten,       gabe im Laden ist zum Beispiel eine
                                                                                                  Zukunftsszenarien bleiben
in denen das Web und die Möglichkeiten            weitere kundenfreundliche Variante des
                                                                                                  variantenreich
des Suchens - und vor allem des Findens           Schuhkaufs.                                     Renommierte Institute haben sich haupt-
- derartig vereinfacht sind, ist es fast schon    Noch nie war es so leicht und umfassend         beruflich zur Zukunft des Schuhhandels
unabdingbar, hier auch präsent zu sein.
Wer im Netz nicht gefunden wird, den gibt
es praktisch nicht. Die Verbundgruppen
sind dabei, diese Netzpräsenz für ihre Mit-
glieder zu erhöhen. ANWR hat ein derar-
tiges Programm laufen und auch beim
Sabu hat sich das erfolgreiche Vertriebs-
motto „Lust auf schöne Schuhe“ in einer
interaktiven Webseite niedergeschlagen.                                                                                  Im Gesamtmarkt
                                                                                                                         nimmt die Bedeu-
Multichannel ist ein Stichwort                                                                                           tung des einzelbe-
                                                                                                                         trieblichen Schuh-
für die Zukunft.                                                                                                         fachhandels ab.
                                                                                                                         Monolabels wurden
Verbraucher nutzen heute verschiedene                                                                                    hier, auch wenn sie
Wege, sich über Produkte, also auch                                                                                      durch Händler ge-
                                                                                                                         führt werden, dem
Schuhe, zu informieren und sie zu kaufen.                                                                                Filialsystem zuge-
Natürlich kann es dementsprechend vor-                                                                                   schlagen.

4       Schuhmarkt 1-2012
Weniger Händler, mehr Geschäfte - Business
Die Möglichkeiten, sich mit dem Handy zu informieren wachsen.               Selbst für einen relativ kurzen Zeitraum variieren die Prognosen.

Gedanken gemacht. In erster Linie sind              Der Gedanke ist der, dass es sich hierbei          hungen um die Etablierung des ECC zei-
dies die IBH Retail Consultants in Köln und         um eine filialähnliche Betriebsführung             gen, welches Electronic Data Interchange
BBE München/Marketmedia24 Köln. Zu-                 handelt, die mit dem Bild des Multilabel-          (EDI) auch dem kleineren und mittleren
mindest bis 2015 gehen die Szenarien der            Schuhhändlers nicht mehr viel zu tun hat.          Handel schmackhaft machen will.
Forscher, die durchaus zu unterschiedli-            Die Anteilsverluste des einzelbetriebli-           Es ist anzunehmen, dass wir es weiterhin
chen Ergebnissen kommen.                            chen Schuhfachhandels gehen also zum               mit den Gruppen ANWR inkl. Garant und
So prognostiziert BBE/Marketmedia24 für             größten Teil auf die Gewinne der Filialis-         Rexor, auf der einen Seite, mit Sabu und
die Entwicklung des Gesamtmarktvolu-                ten zurück. Nennenswert ist noch der An-           der anzahlmäßig kleinen GEB und dem
mens Schuhe bis 2015 einen optimisti-               teilsgewinn der Internet Pure Player (IPP).        Newcomer GMS zu tun haben werden.
schen Wert von 10788 Mio. Euro oder ei-             Insgesamt hält der Fachhandel seinen An-           Folgt man dem zu Anfang bereits erwähn-
nen pessimistischen von 5881 Mio. Euro.             teil am Gesamtmarkt, wie bereits erwähnt,          ten Ulrich Eggert, so ist dies sicher der
IBH schätzt bei der optimistischen Variante         dennoch relativ stabil.                            richtige Weg. Denn eine seiner Forderun-
auf 10314 Mio. Euro, bei der pessimisti-                                                               gen für die Zukunftsfähigkeit des Handels
schen auf 8980 Mio. Euro. Dazwischen
                                                    Kooperation bedeutet mehr                          ist die konsequente Kostenminimierung
besagt die Fortführung der Trendlinie
                                                    Macht und Einfluss                                 und Rationalisierung. Ein Händler muss
9598 Mio. Euro.                                     Ein Grund für diese relative Stabilität ist        seine Zeit nicht unbedingt mit der Anlage
Einfluss auf diese Entwicklung haben, wie           sicherlich, dass viele sich Verbundgrup-           von Artikeln verbringen, wenn dies per
bereits zu Anfang erwähnt, die Zahl der             pen angeschlossen haben. Der BBE                   Knopfdruck über EDI möglich ist.
Menschen, die bei uns leben, die Alters-            schätzt den Umsatz der Mitglieder in einer         Auch eine weitere Forderung Eggerts wird
entwicklung aber auch Einkommens- und               2009er-Studie auf 3,3 Mrd. Euro. Verbund-          über die Mitgliedschaft in Verbundgrup-
Kaufkrafttrends. Allein über die Minder-            gruppen bieten dem Einzelnen Vorteile              pen teilweise erfüllt: die Erlangung einer
zahl von rund 1,6 Mio. Bürgern bis 2020             der Vertikalen, die sie alleine nicht nutzen       mächtigen Position. Macht erlangt man in
errechnet IBH bei gleichbleibenden Pro-             könnten. Sie werden auch in Zukunft ihre           seiner Definition über Masse. Filialisten
Kopf-Ausgaben von etwa 100 Euro, Min-               Bedeutung behalten. Sie treten zum einen           müssen daher wachsen und der einzelbe-
derumsätze von etwa 180 Mio. Euro.                  als Dienstleister ihrer Mitglieder oder Kun-       triebliche Fachhandel muss sich starken
                                                    den (GMS) auf. Warenprogramme, be-                 Kooperationen anschließen.
Monolabelstores dem Filial­                         triebswirtschaftliche Beratung, Voraus-            Seine Definition von Kooperation bezieht
system zugerechnet                                  wahl und Test von zum Beispiel                     sich allerdings nicht nur auf die Mitglied-
Folgt man den Experten von IBH, so wird             Warenwirtschaftsprogrammen gehören                 schaft in Gruppen. Dazu zählt für ihn auch,
sich der Anteil des einzelbetrieblichen             genauso dazu wie die Zentralregulierung,           sich mit starken Marken zu verbünden und
Schuhfachhandels am Marktvolumen                    die Einräumung von Kreditlinien, für die           deren Gewicht zu nutzen. Dies ist auch der
Schuhe in den nächsten Jahren weiter ver-           normale Banken sich nicht mehr zuständig           tiefere Sinn der Shop-in-Shop und Mono-
ringern. An dieser Stelle ist allerdings eine       fühlen, Investitionshilfen für Umbauten            label-Stores. Marken weiten ihre Bemü-
Überlegung der IBH-Forscher einzufüh-               oder Erweiterung, die Erarbeitung von              hungen aus, im Bewusstsein der Verbrau-
ren: Obwohl Monolabelstores in großem               Vertriebs- und Marketingkonzepten, seien           cher präsent zu sein. Tamaris, Gabor,
Maße durch den selbstständigen Fach-                als Stichpunkte genannt.                           Ecco, Ara – bis einschließlich zur teuren
handel geführt werden, haben sie diese              Im günstigsten Fall treiben Verbundgrup-           Fernsehwerbung treiben sie die Bekannt-
Vertriebsform den Filialisten zugeordnet.           pen Entwicklungen voran, wie die Bemü-             heit voran.

                                                                                                                               Schuhmarkt 1-2012   5
Weniger Händler, mehr Geschäfte - Business
Business

                                                                                                               tätigungsfeld für junge Newcomer, die
                                                                                                               ihre ebenso junge Klientel mit Außerge-
                                                                                                               wöhnlichem bedienen. GMS versucht,
                                                                                                               seine Bequemschuh- und Orthopädie-
                                                                                                               schuhhändler mit dem Konzept Gesunde
                                                                                                               Schuhe in die Zukunft zu führen. Im Be-
                                                                                                               reich der Über- und Untergrößen haben
                                                                                                               sich ebenfalls einige Spezialisten hervor-
                                                                                                               getan. Als Beispiel sei hier einmal die
                                                                                                               Firma Horsch in Stuttgart genannt, die ne-
                                                                                                               ben der Markenware auch einen starken
                                                                                                               Anteil an Eigenmarken anbietet.

                                                                                                               Ohne Kundenbindung und
                                                                                                               Erlebnis läuft nichts
                                                                                                               Horsch ist auch ein schönes Beispiel dafür,
                                                                                                               dass ein Händler, zu dem die Kunden we-
                                                                                                               gen eines sachlichen Problems kommen
Auch Spezialisten, wie hier Horsch für Übergrößen, verlassen sich nicht mehr allein darauf, dass Kunden ihre   (müssen), dennoch großen Wert auf ein
Schuhe schon brauchen werden. Ein angenehmes Ambiente und moderne Technik gehören heute dazu.                  attraktives Geschäft legt, wie die jüngsten
                                                                                                               Umbauten in Hamburg und Stuttgart zei-
Ein Geschäftsmodell, das ebenfalls unter                seien es Werbung oder positive Schlag-                 gen. Mehr denn je werden insbesondere
dem Begriff der Filialisierung laufen kann,             zeilen in den Medien, sind daher zu be-                die stationären Händler den Erhalt ihres
ist das Franchise-Konzept. Unternehmer                  grüßen.                                                Kundenstammes pflegen müssen. Dienst-
bleiben selbstständig, unterwerfen sich                                                                        leistungen, eine anregende Atmosphäre,
aber weitgehend einem klar definierten
                                                        Vertikalisierung findet in                             Events –durchaus auch mit Beteiligung der
Geschäftsmodell. Reno wirbt für diese
                                                        beide Richtungen statt                                 Industrie (Schuhherstellung im Laden) –
Form der Zusammenarbeit und hat Mitte                   Vertikalisierung ist zweifellos ein Mega-              und gut ausgebildete und motivierte Mit-
2010 rund 100 Händler (von 750 Filialen)                thema – und zwar in beide Richtungen:                  arbeiter sind dafür unumgänglich. Ge-
dafür gewinnen können. Auch für kleinere                Nicht nur, dass die erfolgreichen großen               pflegte Kundendateien, über die die
Konzepte eröffnen sich so Vervielfälti-                 Filialisten mit ihren eigenen Marken als               Kundschaft angeschrieben wird, elektro-
gungs-Chancen wie das Beispiel Foot So-                 Vertikale auftreten, auch die Markenindus-             nische Newsletter und Internetdarstellun-
lutions im Komfortbereich zeigt.                        trie geht den Weg von ihrer Rolle als Her-             gen der Events sind Bindungsmaßnah-
Kooperation kann nach Eggert auch die                   steller zum Händler. Shop-in-Shop-Kon-                 men, auf die keiner mehr verzichten sollte.
Standortpolitik betreffen. So ist nicht ge-             zepte, Monomarkenstores sind nur eine
sagt, dass, wo ein Discounter ist, für einen            Seite der Medallie. Carl August Seibel,
                                                                                                               Unternehmer gesucht
anderen kein Platz mehr sein kann. Auch                 Chef des Familienunternehmens Josef                    Eine Aufgabe der gesamten Branche wird
Ansiedlungen ebenfalls starker Player aus               Seibel überraschte Anfang Juli 2010 mit                es sein, für unternehmerischen Nach-
anderen Branchen im eigenen Umfeld                      der Beteiligung am kränkelnden Filialisten             wuchs zu sorgen. Denn viele der Unter-
sind eine Form der Kooperation im Eg-                   Leiser. Umgekehrt öffnen sich Discounter               nehmen, die vom Markt verschwinden,
gertschen Sinne.                                        wie Deichmann oder Reno einer neuen                    haben einfach keinen Unternehmens-
Als eine Form der Kooperation betrachte                 Mitte, indem sie Markenangebote in ihre                nachfolger gehabt. Der Schuhhandel wird
ich auch das Bemühen, den Schuh in der                  Konzepte integrieren. Deichmann mit Ele-               daher, gemeinsam mit den Institutionen
Öffentlichkeit im Gespräch zu halten. So-               fanten oder Gallus, Reno mit Shops von                 des Handels und mit den Verbundgrup-
wohl als funktionelles auch als modisches               Esprit, s.Oliver u.a.                                  pen in dieser Richtung aktiv sein müssen.
Produkt muss er Begehrlichkeit wecken.                                                                         Zunächst einmal, um Menschen für den
Wenn die Schuhbranche nicht unter sin-
                                                        Spezialisten glänzen mit                               Schuhhandel zu begeistern, im zweiten
kenden Anteilen an den Verbrauchsaus-
                                                        ­Fachkompetenz                                         Schritt, um die Unternehmer unter ihnen
gaben leiden will, muss sie in gewisser                 Neben dem Trend zur Category Migra-                    für die Selbstständigkeit zu gewinnen.
Weise zusammen halten. Denn wenn ten-                   tion, eröffnen auch Spezialisierungen pro-             Denn unternehmerisches Denken, die
denziell die Zahl der Haushalte abnimmt                 fitable Geschäftsfelder. Im Sportschuhbe-              Freude am Produkt und an der Dienstleis-
bzw. sie immer kleiner werden, sollten sich             reich tummelt sich daher nicht nur ein Fi-             tung für Menschen machen es heute wie
die Ausgaben pro Haushalt für Schuhe er-                lialist wie Runners Point. Lifestylig                  in Zukunft möglich, mit Schuhen gute Ge-
höhen. Alle diesbezüglichen Aktivitäten,                angegangen, bietet sich hier auch ein Be-              schäfte zu machen.            Peter Skop

6       Schuhmarkt 1-2012
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