Wenn Eltern an Krebs erkranken - Wie mit Kindern darüber reden Ein Ratgeber der Krebsliga mit Tipps für Lehrpersonen - Krebsliga Shop
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Wenn Eltern an Krebs erkranken Wie mit Kindern darüber reden Online lesen Ein Ratgeber der Krebsliga mit Tipps für Lehrpersonen
Die Krebsligen der Schweiz: Nah, persönlich, vertraulich, professionell Wir beraten und unterstützen Sie und Ihre Angehörigen gerne in Ihrer Nähe. Rund hundert Fachpersonen begleiten Sie unentgeltlich während und nach einer Krebserkrankung an einem von über sechzig Standorten in der Schweiz. Zudem engagieren sich die Krebsligen in der Prävention, um einen gesun- den Lebensstil zu fördern und damit das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken, weiter zu senken. Impressum Herausgeberin Lektorat Krebsliga Schweiz Silvia Mangada, Fachspezialistin Publizistik, Effingerstrasse 40, Postfach, Krebsliga Schweiz, Bern 3001 Bern, Tel. 031 389 91 00, Frühere Auflagen info@krebsliga.ch, www.krebsliga.ch Andrea Fischer Schulthess, Zürich; Marie- 3. Auflage Dominique Genoud, Fondation As’trame, Projektleitung und Redaktion Lausanne; Sabine Jenny, lic. phil., Leiterin Krebs- Barbara Karlen, Fachspezialistin Publizistik, informationsdienst, Krebsliga Schweiz, Bern; Krebsliga Schweiz, Bern Susanne Lanz, Krebsliga Schweiz, Bern; Dr. Martin Nobs, Bernische Krebsliga, Bern; Fachberatung Alexia Stantchev, Autavaux PD Dr. phil. Judith Alder, Psychotherapeutin und Psychoonkologin, Praxisgemeinschaft Schlüssel- Titelbild berg, Basel iStock Simone Buchmüller, Sozialarbeiterin BSc BFH, Fotos Psychoonkologische Beraterin SGPO, Krebsliga Washi-Tapes: shutterstock Bern S. 4, 16, 31, 42, 52, 64: iStock Irène Hugi, Sozialpädagogische Familienbeglei- S. 29, 47, 57: shutterstock tung, Krebsliga Bern Design Wir danken der betroffenen Person für das sorg- Krebsliga Schweiz, Bern fältige Lesen des Manuskripts und die wertvollen Rückmeldungen. Druck Ackermanndruck AG, Köniz Mitarbeitende Krebsliga Schweiz, Bern Alexandra Balz, Fachspezialistin Prävention in der Gesundheitsvorsorge; Cristina Blanco, Fach- spezialistin Krebs und Arbeit Diese Broschüre ist auch in französischer und italienischer Sprache erhältlich. © 2021, 2012, 2009, Krebsliga Schweiz, Bern | 3., überarbeitete Auflage KLS | 1.2021 | 1500 D | 011033012111
Inhalt Vorwort5 Wenn Eltern an Krebs erkranken 6 Mit Kindern über Krebs reden 8 Warum mit Kindern über Krebs reden? 8 Wer soll es sagen? 9 Wie sagen wir es unseren Kindern? 10 Wen informieren? 17 Tipps für Lehrpersonen 20 Wie Kinder reagieren 22 Grundmuster von Reaktionen 23 Reaktionen auffangen 24 Altersgerechte Information 26 Veränderung und Ungewissheit 37 Umgang mit körperlichen Veränderungen 41 Den Alltag meistern 43 Struktur und Regeln 46 Hilfe für den Alltag 51 Abschied nehmen 53 Das Kind begleiten 53 Der Tod 55 Kinder in Trauer 58 Unterstützung finden 60 Wann braucht Ihr Kind Unterstützung? 60 Beratung und Information 65 Wenn Eltern an Krebs erkranken 3
Liebe Leserin, lieber Leser Wird im Text nur Erkrankt ein Elternteil* an Krebs, Kinder brauchen keine Perfektion. die weibliche kommen zu der Belastung durch Wichtig ist, dass sie sich ernst- oder männliche Form verwendet, die Krankheit auch die Sorgen um genommen fühlen und spüren, gilt sie jeweils die Kinder** hinzu. Eine Krebsdiag- dass sie geliebt werden. Gebor- für beide nose verändert das Leben der gan- genheit und ein strukturierter Geschlechter. zen Familie. Alltag hilft Kindern, die neue Si- tuation einzuordnen und damit Wie verändert die Krankheit meine umzugehen. Rolle als Mutter, als Vater? Was be- deutet meine Krankheit für mein In dieser Broschüre erfahren Sie Kind? Wie sage ich es meinem Möglichkeiten, wie Sie mit einer Kind? Wie reagiere ich auf Fragen solchen Situation umgehen kön- und wie auf unerwartete Reaktio- nen. Sie finden Anhaltspunkte, nen? Wie biete ich meinem Kind was in Ihrem Kind vorgeht, was trotz Krankheit einen strukturier- es braucht und wie Sie es unter- ten Alltag? Wer unterstützt uns? stützen. Unzählige Fragen beschäftigen Sie Wir wünschen Ihnen und Ihrer Fa- in dieser schwierigen Lebenssitu- milie von Herzen alles Gute. ation. Die «eine» richtige Antwort darauf gibt es nicht. Offene und Ihre Krebsliga ehrliche Gespräche helfen beim gemeinsamen Finden von Lösun- gen. Hinweis * Leider können wir im engen Rahmen dieser Broschüre nicht vertieft auf die besonders schwierige Situation von Einelternfamilien eingehen. Auf Seite 49 und 71 finden Sie jedoch einige Hinweise. Mit Eltern sind ebenfalls Familienformen wie etwa Stiefeltern, zwei Mütter oder zwei Väter gemeint. ** Um sowohl Familien mit einem Kind wie auch Familien mit mehreren Kindern gerecht zu werden, verwenden wir im Text abwechselnd Einzahl oder Mehrzahl. Wenn Eltern an Krebs erkranken 5
Wenn Eltern an Krebs erkranken Erkrankt ein Elternteil an Krebs, be- Was bedeutet es für die Familie? trifft es die ganze Familie. Das Fami- Eine Krebsdiagnose ist nicht nur für lienleben und auch die Rollen inner- die betroffene Person eine Belas- halb der Familie verändern sich und tung, sondern für die ganze Familie. müssen neu organisiert werden. Oft bleibt weniger Zeit und Kraft für die Familie. Was bedeutet es für die betroffene Person? In einer solch schwierigen Situation Seit der Diagnose ist der Alltag ge- ist es wichtig, als Familie in Kontakt prägt von Arztterminen und Thera- zu bleiben und sich wenn möglich zu pien. Vielleicht auch von Schmerzen, unterstützen. Erschöpfung, Stress und Sorgen. Krebs bestimmt und verändert Ihren Eine Krebserkrankung kann oder Tagesablauf. Gewohnheiten müssen muss eine Familie nicht alleine be- teilweise aufgegeben werden. Priori- wältigen. Es ist wichtig und richtig, täten müssen neu gesetzt werden. frühzeitig Vertrauenspersonen auch für Kinder miteinzubeziehen. Ihre Kinder bekommen mit, dass sich etwas Grundlegendes verändert hat. Vielleicht haben Sie Ihre Kinder be- reits informiert. Vielleicht fragen Sie sich, ob und wie Sie dies tun wollen. In beiden Fällen ist es hilfreich, wenn Sie selbst Klarheit über die Folgen der Krankheit für Sie und Ihre Familie haben. Nebenstehende Fragen hel- fen Ihnen, Ihre Situation klarer einzu- schätzen. 6 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Fragen, die Ihnen helfen, Ihre Situation klarer einzuschätzen: • Was bedeutet die Diagnose… – für den Alltag von mir und meiner Familie? Welche Abklärungen und Behandlungen stehen als Nächstes an? Wie oft bin ich von zu Hause abwesend? – für mich als Hauptbezugsperson der Kinder? – für mich als hauptverdienender Elternteil? – für den gesunden Elternteil und für die Kinder? ……………………………………………………………………………………… • Was passiert mit mir, wie verändere ich mich? Bin ich anhänglicher, verschlossener, ängstlicher oder gereizter geworden? ……………………………………………………………………………………… • Wer hört zu, berät und tröstet uns? ……………………………………………………………………………………… • Wer hilft uns bei der Kinderbetreuung? ……………………………………………………………………………………… • Wer hilft mir und uns bei alltäglichen praktischen Tätigkeiten? ……………………………………………………………………………………… • Hat die Krankheit finanzielle Folgen? ……………………………………………………………………………………… • Wen informieren: Nachbarn, Lehrpersonen, Arbeitgeber? ……………………………………………………………………………………… Auf manche Fragen finden Sie vielleicht erst mit der Zeit eine Antwort. Die Antworten auf einige dieser Fragen werden sich vermutlich mit der Zeit verändern. Daher kann es guttun, sie ab und zu neu durchzudenken. Wenn Eltern an Krebs erkranken 7
Mit Kindern über Krebs reden Eine Krebserkrankung betrifft die gen und Gefühlen, die sie nicht ein- ganze Familie. Deswegen sollten Ihre ordnen können. Kinder miteinbezogen werden. Of- fene Gespräche helfen Kindern, sich Ihr Kind sollte von Anfang an wissen, mit ihren Sorgen und Ängsten nicht dass eine Krebserkrankung gewisse alleine zu fühlen. Auswirkungen auf seinen Alltag hat. Für Kinder ist es wichtig zu wissen, was sich in ihrem Alltag verändert Warum mit Kindern über und was gleichbleibt. Sagen Sie Ih- Krebs reden? rem Kind, was als Nächstes passiert: Wer hilft bei den Hausaufgaben? Wer Oft fällt es Eltern schwer, ihren Kin- ist zu Hause? Wer kocht wann? Struk- dern zu sagen, dass Mama oder Papa turen geben den Kindern Sicherheit, Krebs hat. Man möchte Kinder vor die sie in einer solchen Situation Krankheiten wie Krebs schonen. Es brauchen. gibt Gründe, es dennoch zu tun. Offenheit und Ehrlichkeit schaffen Krebs prägt die Gefühle und die Vertrauen Stimmung der ganzen Familie. Wenn Sie schützen Ihr Kind vor Halbwahr- Eltern belastet und besorgt sind, spü- heiten, wenn Sie offen und ehrlich ren das Kinder. Auch dann, wenn Sie über Krebs sprechen. Auch verhin- nicht offen darüber reden. Verstehen dern Sie damit, dass Ihr Kind eigene, die Kinder nicht, was dahintersteckt, oftmals schlimmere Erklärungen er- verunsichert sie das. Ohne eine pas- findet. Dies tun sie in der Not, weil sie sende Erklärung für die veränderte eine Erklärung brauchen. Stimmung in der Familie, denken sich Kinder ihre eigene Erklärung Eine offene und ehrliche Art gibt Si- aus. Das belastet mehr, als eine al- cherheit und trägt zu einer guten Be- tersgerechte Information über Krebs. ziehung zwischen Eltern und Kind bei. Das Kind fühlt sich wahr- und Kinder sind Teil der Familie. Sie ha- ernst genommen. ben ein Recht darauf, alles zu erfah- ren, was sie betrifft. Kinder gehen Kinder erleben es als Vertrauens- besser mit der Wahrheit um, als bruch, wenn andere von der Krank- Erwachsene ihnen in der Regel zu- heit wissen und sie es dann über trauen. Vor allem können sie besser Drittpersonen erfahren. damit umgehen, als mit Stimmun- 8 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Mit Offenheit vermeiden Sie, dass men werden. Krebs ist keine über- Krebs zu einem Tabuthema wird. Ta- tragbare Krankheit. buthemen lassen Fragen offen und können Ängste hervorrufen. Erklären Sie Ihrem Kind, dass Krebs haben nicht Sterben bedeuten muss. Sie müssen nicht alles, was Sie wis- sen, Ihrem Kind mitteilen. Aber alles, Gemeinsamkeit schaffen was Sie ihm sagen, muss wahr sein. Wenn alle Bescheid wissen und Sagen Sie auch, wenn Sie etwas Krebs kein Tabuthema ist, entsteht nicht wissen. ein Gemeinschaftsgefühl. Diese Ver- bundenheit gibt der ganzen Familie Schuldgefühle vermeiden Kraft, um die Zeit der Krankheit mög- Kinder neigen dazu, sich schuldig zu lichst gut zu meistern und die schwie- fühlen. Sie denken Dinge wie: «Viel- rige Situation zu verarbeiten. leicht war ich nicht brav genug» oder «Mama hat immer gesagt, unser Kinder lernen, dass man Belastun- Lärm mache sie krank». gen gemeinsam besser bewältigen kann. Es lernt auch, wie kostbar In Gesprächen können Sie den Kin- Wärme, Humor und Zuversicht sind. dern erklären, dass sie keine Schuld Humor hilft Menschen, schwierige an der Erkrankung haben. Sie kön- Situationen und die damit verbun- nen ihnen auch erklären, dass Krebs denen Ängste und Enttäuschungen eine Krankheit ist, die verschiedene, besser zu verarbeiten. Eine humor- oft unbekannte Ursachen hat. Egal, volle Haltung stärkt das Gefühl der was die Kinder gesagt oder getan ha- Hoffnung und Zuversicht. Das alles ben, nichts davon hat den Krebs ver- trägt zur Krankheitsbewältigung bei. ursacht. Niemand ist schuld daran. Unbegründete Ängste vermeiden Wer soll es sagen? Oft haben Kinder, insbesondere Ju- gendliche, Angst, selber an Krebs zu In den meisten Fällen sind Eltern die erkranken. Bei einem Gespräch kön- engsten Bezugspersonen der Kinder. nen Sie erklären, dass diese Sorgen Dann ist es am besten, wenn Kinder in den meisten Fällen unbegründet von ihren Eltern erfahren, dass ein sind. Auch die Angst, sich bei einer Elternteil an Krebs erkrankt ist. anderen Person mit Krebs anzuste- cken, kann den Kindern abgenom- Wenn Eltern an Krebs erkranken 9
Vielleicht fühlen Sie sich nicht in der Wie sagen wir es unseren Lage, ein solches Gespräch zu füh- Kindern? ren. Auch das ist in Ordnung. Fragen Sie jemanden um Hilfe. Das kann der Wichtig ist, dass Sie viel Zeit für Ge- andere Elternteil sein oder eine an- fühle und Fragen haben. Bleiben Sie dere enge Bezugsperson. beim Kind, wenn es nicht allein sein will. Vertrauen Sie auf die in Ihrer Versuchen Sie, bei diesem Gespräch Familie bislang üblichen Rituale. Sie dabei zu sein. So fühlt sich Ihr Kind und Ihre Kinder kennen diese und unterstützt und Sie wissen, was es fühlen sich darin geborgen. in welchen Worten erfahren hat. So beugen Sie Unsicherheiten und Vielleicht gibt es Ihnen Sicherheit, Missverständnissen vor. wenn Sie sich vor dem Gespräch überlegen, was und wie Sie es sa- Mit Ihrem Kind über Krebs zu re- gen möchten. Denken Sie auch über den, ist schwierig. Vielleicht müssen mögliche Antworten auf schwierige Sie dabei weinen. Ihre Tränen zei- Fragen Ihrer Kinder nach. Solche gen dem Kind, dass es in Ordnung schwierigen Fragen können sein: ist, traurig zu sein. Haben Sie keine Angst vor Ihren eigenen Gefühlen. • Werde ich auch krank? Wenn Sie diese Gefühle benennen, • Bin ich schuld an deiner Krank- kann sie das Kind besser einordnen. heit? • Wirst du wieder gesund? Sagen Sie dem Kind, von wem Sie • Stirbst du? sich unterstützen lassen. Das gibt dem Kind Sicherheit, dass es nicht in Notieren Sie sich weitere Fragen: diese Rolle schlüpfen muss. Kinder dürfen Kinder sein und müssen nicht • ………………………………………… die Verantwortung von Erwachsenen tragen. • ………………………………………… • ………………………………………… • ………………………………………… 10 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Haben Sie mehrere Kinder, informie- Gefühle besser verstehen, wenn ren Sie zuerst alle zusammen. Da- man sie ihnen anhand praktischer nach kann mit jedem einzelnen das Beispiele erklärt. Gespräch gesucht und auf das Alter und das Temperament jedes Kindes Nicht alles ist planbar Rücksicht genommen werden. Der richtige Zeitpunkt kommt manch- mal unverhofft: Wenn Sie beispiels- Haben Sie keine Angst vor Fehlern. weise spüren, dass Ihr Kind Sorgen Sie müssen nicht perfekt sein. Es hat, oder wenn es Sie fragt, was ei- muss nicht alles beim ersten Ge- gentlich los ist. Gespräche über Ihre spräch gesagt werden. Es gibt wei- Krankheit können sich unvorbereitet tere Gelegenheiten, in denen Sie während des Geschichtevorlesens über Ihre Krankheit sprechen kön- ergeben oder vor dem Fernseher. nen. Vertrauen Sie darauf, dass Sie es gut Wie genau Sie es dem Kind sagen, machen werden. Sie haben als Eltern dafür gibt es kein Rezept. Jede Fa- schon so oft improvisieren müssen. milie und jede Situation ist anders. Auf diese Fähigkeit dürfen Sie sich Wählen Sie die Worte so aus, dass es verlassen. Nicht alles lässt sich pla- Ihnen wohl dabei ist. nen. Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch? Es gibt keine Regeln für den richti- gen Zeitpunkt. Es ist verständlich, wenn Sie das Gespräch hinauszögern möchten. Dennoch sollte Ihr Kind Ihre Krebsdiagnose nicht von Drittperso- nen erfahren. Klären Sie Ihr Kind so früh auf, wie es Ihnen möglich ist. Viele Eltern belastet das Warten auf die Diagnose. Ihre Belastung spüren die Kinder. Erklären Sie dem Kind, warum Sie unruhig sind. Sie können das mit einem Beispiel aus dem All- tag des Kindes tun. Kinder können Wenn Eltern an Krebs erkranken 11
Tipps für das Gespräch Altersgerechte und einfache Sprache • Brauchen Sie einfache Wörter und machen Sie kurze Sätze. • Sagen Sie nicht alles auf einmal. Teilen Sie die Informationen auf. • Fragen Sie nach, ob das Kind Sie verstanden hat. • Nennen Sie die Krankheit beim Namen. Sagen Sie, dass Sie Krebs haben. Erklären Sie dem Kind, dass dies mit dem Tier Krebs nichts zu tun hat. Bei Kindern bis etwa sechs Jahren könnten Sie beispielsweise sagen: «Ich habe einen Knoten im Bauch. Diesen Knoten nennt man Krebs. Krebs macht mich krank. Darum muss ich ins Spital. Dort wird der Knoten entfernt.» Gegenwärtig sein • Reden Sie nicht über Dinge, die in weiter Ferne liegen. Lassen Sie Infor- mationen weg, die erst zu einem späteren Zeitpunkt wichtig werden. • Erklären Sie dem Kind die unmittelbaren Veränderungen in seinem All- tag (siehe Kalender, S. 47). • Lassen Sie das Tempo der Informationen vom Kind bestimmen, in dem Sie auf seine Fragen eingehen. Beispielsweise könnten Sie sagen: «Morgen bekomme ich ein starkes Medikament. Das hilft mir, gegen den Krebs zu kämpfen. Ärztinnen oder Ärzte nennen es Chemotherapie. Bei dieser Therapie kann es sein, dass ich vorübergehend die Haare verliere. Nach der Therapie werden die Haare wieder wachsen.» Oder Sie sagen: «Ich bekomme einen Zauber- trank. Dieser hilft mir, gegen Krebs zu kämpfen. Der Zaubertrank hat aber auch Nebenwirkungen. Diese machen mich müde.» Wenn Sie mit Ihrem Kind über den nächsten Tag sprechen, könnten Sie beispielsweise sagen: «Am Morgen begleitet dich die Nachbarin in den Kindergarten, und am Abend lese ich dir die Gutenachtgeschichte vor.» 12 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Das Kind entlasten • Erklären Sie Ihrem Kind, dass niemand an Ihrem Krebs schuld ist: Weder Sie selbst noch das Kind. • Erklären Sie Ihrem Kind, dass Krebs nicht ansteckend ist. • Sagen Sie Ihrem Kind, dass es nicht in seiner Macht steht, eine Heilung herbeizuführen. • Sagen Sie ihm, dass sich gute und freundliche Ärzte um Sie kümmern, die es auf Wunsch kennenlernen darf. • Sagen Sie Ihrem Kind, dass sich Erwachsene um sich selbst kümmern, und wenn nötig, Unterstützung holen. • Lassen Sie Gefühle wie Wut und Trauer zu. Es ist in Ordnung und ganz normal, wenn Ihr Kind wütend oder traurig ist. • Erlauben Sie dem Kind, sich fürsorglich und hilfsbereit zu zeigen. Aber es soll nicht die Rolle eines Erwachsenen annehmen. • Bestärken Sie das Kind, sich weiterhin mit Freunden zu treffen und unbeschwerte Stunden zu verbringen. • Wiederholen Sie diese Worte immer und immer wieder. Sagen Sie beispielsweise: «Ich hoffe fest, dass ich wieder gesund werde. Jetzt gehe ich ins Spital. Dort nehmen mir die Ärzte den Knoten heraus.» Zeigen Sie Ihre Gefühle und erklären Sie diese. Zum Beispiel: «Es macht mich traurig und wütend, dass ich krank bin. Darum muss ich manchmal weinen oder habe weniger Geduld als sonst. Mit dir hat das nichts zu tun.» Auf das Kind eingehen • Ermutigen Sie Ihr Kind, Fragen zu stellen. Sagen Sie ihm, dass es auch später jederzeit alles fragen darf und dass es keine falschen Fragen gibt. • Sagen Sie, dass Sie es über alles Wichtige auf dem Laufenden halten. • Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Bleiben Sie gegenwärtig. • Hören Sie auch einfach nur zu und bieten Sie ihm Ihre Nähe an. Lassen Sie das Kind ziehen, wenn es plötzlich mitten im Gespräch spielen gehen will. Eigene Gefühle und Bedürfnisse der Kinder sind in Ordnung. Kinder müssen nicht Rücksicht nehmen. Es ist normal, wenn Kinder von einem Moment zum anderen in ihre eigene Lebenswelt eintauchen. Wenn Eltern an Krebs erkranken 13
Nach dem Gespräch sind völlig normal. Sie können Tage Kinder brauchen Zeit, um Informatio- oder Wochen anhalten (siehe auch nen einzuordnen und zu verarbeiten. S. 22 ff.). Vielleicht wird sich Ihr Kind weigern, Während dieser so genannten «Auf- auf das Thema zurückzukommen. weichphase», in der Ihr Kind so tut, Möglicherweise glaubt es Ihnen nicht als ob es von allem nichts wisse, si- und denkt, Sie lügen oder täuschen ckern Ihre Worte allmählich in seinen sich. Kopf und in seine Seele. Viele Kinder zeigen unerwartete Re- Sobald Ihr Kind erneut über das aktionen: Sie lachen, albern herum Thema sprechen will, ist es wichtig, oder tun so, als ob sie das alles gar ihm geduldig zuzuhören und seine nichts anginge. Solche Reaktionen Fragen zu beantworten. Bei einem weiteren Gespräch hat Ihr Kind vielleicht viele Fragen. Folgende Tipps helfen Ihnen, sich auf ein erneutes Gespräch vorzu- bereiten: • Beantworten Sie alle Fragen, auch schwierige. • Gehen Sie auch dann auf die Fragen ein, wenn Ihr Kind immer wieder dasselbe fragt. • Sagen Sie es, wenn Sie keine Antwort haben. • Überlegen Sie gemeinsam, wo Sie Antworten finden könnten. • Hören Sie zu. • Sagen Sie Ihrem Kind, wenn Sie zu müde sind oder keine Zeit haben, um eine Frage gleich zu beantworten. Vereinbaren Sie einen baldigen Zeitpunkt, um dies nachzuholen. • Vertrauen Sie darauf, dass Sie Ihr Kind kennen. Reden Sie mit ihm weiterhin so, wie Sie es bis anhin getan haben. 14 Wenn Eltern an Krebs erkranken
«Krebsfreie» Zonen und Zeiten gesprochen, was das Leben neben Ebenso wichtig wie Offenheit und Krebs ausmacht. Zum Beispiel Ge- Zeit für Fragen sind «krebsfreie» spräche über die Schule, Hobbys Zonen und Zeiten. Grössere Kinder oder gemeinsam geplante Ausflüge richten sich diese selbst ein, indem sollen ihren Rahmen bekommen. sie sich etwa mit Gleichaltrigen tref- fen. Bei den Jüngeren liegt es an den Das erhöht für das Kind die Kontrol- Eltern, solche Räume zu schaffen. lierbarkeit und es erlebt, dass Krebs ein Teil des Lebens ist, der nicht alles Das bedeutet, dass es Zeiten geben andere überschatten kann. sollte, in denen nicht über Krebs ge- sprochen wird. Oder es werden Be- reiche in der Wohnung bestimmt, die «krebsfrei» sind. In diesen Zeiten und an diesen Orten wird über alles Mit Fachpersonen sprechen Manchmal ist es hilfreich, mit einer aussenstehenden Fachperson zu sprechen. Beratungsangebote unterstützen Familien im Umgang mit der Krankheit. Solche Beratungen bieten beispielsweise die Beraterin- nen und Berater der kantonalen oder regionalen Krebsligen oder das Krebstelefon an. Im Kapitel Beratung und Information sind Adressen und Links aufgeführt (siehe ab S. 65). Wenn Eltern an Krebs erkranken 15
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Wen informieren? Ausserhalb der Familie hat Ihr Kind Kinder und insbesondere Jugendli- regelmässigen Kontakt zu anderen che haben oft einen «Horror» davor, Menschen. Zum Beispiel zu Verwand- aus dem Rahmen zu fallen. Sie orien- ten, Freunden, Tagesmutter, Kita-Be- tieren sich an Gleichaltrigen, wollen treuende, Lehrpersonen und Traine- dazugehören und ja nicht auffallen. rin oder Trainer. Informieren Sie Kinder bis etwa fünf Für Kinder ist es einfacher, wenn sie Jahre, dass Sie Dritten von der Er- von den Eltern ausdrücklich die Er- krankung erzählt haben. Besprechen laubnis erhalten, darüber zu reden. Sie vorgängig mit älteren Kindern, Das Kind darf niemals Geheimnis- wen Sie informieren möchten. träger sein. Ein Geheimnis zu tragen, kann ein Kind zu stark belasten. Sprechen Sie mit Jugendlichen ab, wer informiert werden soll. Nach Kita, Spielgruppe, Kindergarten, Absprache informieren Sie auch die Schule Lehrmeisterin oder den Lehrmeister. Die Bezugspersonen von Ihrem Kind bemerken wohl möglich, dass es un- Vielleicht möchte Ihr Kind den Leh- gewohnt reagiert. rer selber informieren? Bieten Sie an, dass Sie den Lehrer gemeinsam Informieren Sie Bezugspersonen informieren oder dass Sie am Ge- über die Erkrankung. So geben Sie spräch dabei sind. diesen Personen die Möglichkeit, un- gewohnte Verhaltensweisen Ihres Kindes besser zu verstehen und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Andere Personen erleben als Beob- achtende Ihr Kind ausserhalb der Fa- milie. Sie können Ihnen Rückmeldun- gen geben, wie es mit der Situation zurechtkommt. Wenn Eltern an Krebs erkranken 17
Freunde der Klassenlehrer Ihres Kindes, wenn Manche Kinder fühlen sich nicht es um das Informieren der Freunde wohl, wenn alle in ihrer Umgebung und Schulkameraden geht. (vor allem die Klassenkameraden) über ihre Familiensituation Bescheid Andere Vertrauenspersonen wissen. Es ist hilfreich, wenn Ihr Kind min- destens eine gleichaltrige und eine Am besten lassen Sie Ihr Kind selbst erwachsene Vertrauensperson aus- entscheiden, welche Freunde es ein- serhalb der Familie hat. weihen möchte. Sie helfen ihm, damit umzugehen, indem Sie mit ihm be- Wenn es weiss, dass es seinen Ver- sprechen, wie unterschiedlich Men- trauenspersonen jederzeit schwie- schen reagieren: Einige werden ein- rige Fragen zur Krankheit stellen und fühlsam und verständnisvoll sein. von seinen Ängsten erzählen darf, Andere wiederum könnten Angst sind sie ihm ein wertvolles Auffang- und Unsicherheit zeigen und sich so- netz. gar abwenden. Dies tun sie, weil sie nicht wissen, wie sie reagieren sollen. Machen Sie mit grösseren Kindern ab, ob die Vertrauensperson Ihnen Solche schmerzhaften Erfahrungen von solchen Gesprächen erzählen werden Sie Ihrem Kind nicht erspa- darf oder ob es ein Geheimnis blei- ren können. Sie können ihm helfen, ben soll. damit umzugehen. Indem Sie ihm die Reaktionen anderer erklären oder Beides hat Vorteile. Bleibt es ein Ge- vorleben, wie Sie selber reagieren. heimnis, kann sich das Kind etwas Auch Sie werden vermutlich immer abgrenzen. Erzählt Ihnen die Vertrau- wieder erleben, wie schwierig es sein ensperson vom Gespräch, können kann, mit der Reaktion anderer auf Sie Nöte und Gedankengänge Ihres Ihre Krankheit klarzukommen. Kindes besser verstehen. Dabei kön- nen Ihnen aber auch eine Lehrerin Wenn Sie die Freunde Ihres Kindes oder die Eltern von Spielkameraden informieren möchten, kann das bei- helfen. spielsweise in einem kurzen Brief oder einer Textnachricht an die Eltern der Freunde erfolgen. Vielleicht un- terstützt Sie die Klassenlehrerin oder 18 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Was andere Kinder sagen Schlagen Sie vor, es solle die Gleich- Sie können kontrollieren, wie bei altrigen einmal mit nach Hause brin- Ihnen zu Hause über Krebs geredet gen, damit sie Ihnen Fragen stellen wird, aber die Kinder bewegen sich können. Wenn Ihr Kind das nicht auch in ihrem eigenen sozialen Um- möchte, kann es sinnvoll sein, mit feld. dem Lehrer abzuklären, ob Krebs ein Thema für den Unterricht sein Es kann sein, dass Ihre Kinder dort könnte. Für entsprechende Unterla- von Gleichaltrigen gehänselt wer- gen und Material wenden Sie sich an den, die Vorurteile gegenüber Krebs die Kinderkrebshilfe (siehe S. 71 f., haben. Diese Gleichaltrigen haben «Internet»). vielleicht Angst, sich bei Ihrem Kind «anzustecken». Oder sie glauben, dass alle, die Krebs haben, daran sterben. Es ist möglich, dass Ihr Kind sich nicht traut, Ihnen davon zu erzählen. Es möchte Sie nicht traurig machen. Wenn Sie spüren, dass es bedrückt nach Hause kommt, können Sie ver- suchen, sich langsam an die Befind- lichkeit des Kindes anzunähern: «Du siehst nicht so zufrieden aus gerade – hast du Lust, ein Spiel zu machen oder wollen wir ein bisschen ma- len?» Dann fragen Sie mit etwas Dis- tanz nach: «Was war denn eigentlich heute los in der Schule, was war gut und was hat dich gestört?» Manch- mal kommen Gespräche eher am Abend vor dem Schlafen zustande. Dann kann es ein guter Moment sein, um den Tag nochmals anzuschauen. Wenn Eltern an Krebs erkranken 19
Tipps für Lehrpersonen Sie werden als Lehrperson informiert, dass ein Elternteil an Krebs erkrankt ist. Dabei geht es vor allem darum, dass Ihnen bewusst ist, dass bei einer Krebs- diagnose immer alle Familienmitglieder betroffen sind. Was ändert sich für die Schülerin oder den Schüler? Es verändern sich etwa die gewohnten Tagesstrukturen und die Rollen der El- tern. Die Ungewissheit über den Verlauf der Krankheit und die Sorgen um das erkrankte Elternteil prägen den Alltag des Kindes. Warum werden Sie informiert? Ihnen hilft die Information über die Krankheit, ein allenfalls verändertes Ver- halten des Schülers besser zu verstehen. Die Mehrzahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind bei einer einfühlsamen Begleitung in der Lage, mit der Situation umzugehen. Gemäss Fachpersonen kommt es aber bei einigen zu behandlungsbedürftigen Symptomen. Wenn Sie Verhaltensauffälligkeiten be- obachten, können Sie in Absprache mit den Eltern eine Massnahme einleiten. Was hilft dem Schüler? Die meisten Kinder und Jugendlichen wünschen kein Mitleid und keine Son- derbehandlung. In vielen Fällen ist es für Kinder eines krebskranken Eltern- teils hilfreich, mit Ihnen persönlich über die Krankheit zu reden. Dem Kind hilft ein bewältigungsorientiertes Handeln, im Sinne von: «Ich kann gut verstehen, dass dir manchmal alles zu viel ist. Lass uns überlegen, was du tun kannst, was dir guttut.» Wenn sich die Lehrperson dabei wohlfühlt, können Themen wie Krankheit, Sterben und Tod nach Absprache mit dem Kind und seinen Eltern im Unterricht aufgenommen werden. So vermeiden Sie, dass Halbwahrheiten über Krebs entstehen. Sie als verständnisvolle Person im Hintergrund zu wissen, ist wichtig für Kin- der und Jugendliche. Zu wissen, dass die Krankheit nicht verheimlicht werden muss, hilft bei der Verarbeitung. 20 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Für Eltern ist es nicht einfach, wenn Neuigkeiten über die Krankheit die Runde machen. Das Wissen um die Erkrankung gibt der Lehrperson die Möglichkeit mitzugestalten, welche Informationen verbreitet werden. So tragen Sie dazu bei, Fehlvorstellungen und Gerüchten entgegenzuwirken. Vielleicht sind Eltern dankbar, wenn Sie in Absprache mit dem Kind einen Informationsbrief an die anderen Eltern schreiben. Welche Fragen klären? Klären Sie folgende Fragen mit Eltern und Schüler: • Sollen Schulleitung und andere Lehrpersonen informiert werden? • Wenn ja, wer soll informieren? • Soll die Klasse informiert werden? • Ist es in Ordnung, wenn Sie sich von Zeit zu Zeit nach dem Befinden des Schülers erkundigen? • Möchten Eltern über Ihre Beobachtungen wie Verhaltensänderungen informiert werden? Meine Notizen …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………… Wenn Eltern an Krebs erkranken 21
Wie Kinder reagieren Kinder reagieren häufig so, wie es in Natürlich fällt das nicht jedem Kind der Familie üblich ist zu reagieren. gleich leicht. Und je nach Tagesver- Oder sie tun genau das Gegenteil. fassung und weiterer Sorgen kommt es mal besser und mal weniger gut Vertrauen wird erschüttert mit den Veränderungen klar. Für ein Kind ist es aufwühlend, wenn ein Elternteil ernsthaft krank wird. Jedes Kind reagiert anders Gerade kleinere Kinder sind ange- Das Alter und der Entwicklungsstand wiesen auf die Aufmerksamkeit und des Kindes beeinflussen, Fürsorge der Eltern. • was sich ein Kind unter Krebs vorstellt, Ausgerechnet die Eltern, die norma- • wie es sich durch die Erkrankung lerweise Angst und Not auffangen, eines Elternteils bedroht fühlt, sind nun vielleicht nicht fähig, den • was es fürchtet und braucht. nötigen Trost zu geben. Kinder haben das Recht, auf ihre Die Eltern sind mit vielen Problemen eigene Art zu reagieren, ohne dafür beschäftigt, vielleicht auch überfor- zurechtgewiesen zu werden. Das dert, erschöpft, gereizt und selbst heisst aber nicht, dass Sie unange- verunsichert. Die nächsten Bezugs- brachtes oder verletzendes Verhalten personen erscheinen dem Kind nicht einfach hinnehmen sollten. Im Ka- mehr so zuverlässig und verfügbar. pitel «Unterstützung finden» (siehe Vielleicht fühlt es sich dadurch al- S. 60 ff.) finden Sie Anhaltspunkte, leine gelassen. bei welchen Reaktionen Hilfe geholt werden sollte. Vielleicht hilft es Ihnen, dass Kinder erstaunlich gut eigene Wege finden, um mit einer neuen Situation umzu- gehen. Wenn Kinder spüren, dass sie ihre Familie im Rücken haben, die sie liebt und die offen mit ihnen spricht, unterstützt sie das ganz besonders. 22 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Grundmuster von Anpassung Reaktionen Das Kind benimmt sich sehr vernünf- tig, fast wie ein kleiner Erwachsener. Innerhalb einer Person kommen meh- Es versucht, Verantwortung zu über- rere Verhaltensmuster zusammen. nehmen, nicht zu stören und sich Alle reagieren anders, jedoch gibt es möglichst problemlos zu verhalten. ein paar typische Reaktionsmuster. Es neigt dazu, die Eltern nicht zusätz- Dabei handelt es sich um normale lich zu belasten und sich selbst zu Versuche, sich mit einer Bedrohung überfordern. Solche Kinder werden zurechtzufinden. unter Umständen zu früh selbststän- dig. Kindern fällt es manchmal schwer, Ge- fühle in Worten auszudrücken. Viel- Wenn das Kind mehr Verantwortung mehr drücken sie ihre Gefühle auf übernimmt, muss das dem Kind eine andere Art aus, beispielsweise nicht schaden. Es ist jedoch ungüns- durch bockiges Verhalten, Still- tig, wenn Kinder ihre eigenen Sorgen schweigen, den Clown spielen, nicht nicht loswerden und sich zu viel Ver- beachten. antwortung aufladen. Vor allem in Familien, die sich nicht Verneinung gewohnt sind, Probleme offen anzu- Das Kind benimmt sich, als wäre sprechen, kann eine ausgeprägte Re- nichts geschehen. Versuche, ihm den aktion des Kindes ein Ruf nach mehr Ernst der Lage zu erläutern, scheinen Offenheit sein. wenig zu nützen. Das bedeutet nicht, dass Ihre Krankheit dem Kind gleich- Ein paar typische Reaktionsmuster gültig ist. So zu tun, als sei nichts sind hier stark vereinfacht darge- passiert, ist die Schutzstrategie, die stellt. es im Moment braucht, um durch das Leben zu kommen. Wenn Eltern an Krebs erkranken 23
Verweigerung Körperliche Symptome Das Kind verweigert seine Mithilfe, Bei einigen Kindern lassen sich kör- lacht vielleicht in den falschen Mo- perliche Symptome beobachten menten oder sagt verletzende Dinge wie beispielsweise Schlafprobleme, zu seinen Eltern. Es läuft vor Gesprä- Bauchschmerzen oder Konzentra- chen davon, hat oft verstärkt Schwie- tionsschwierigkeiten. rigkeiten in der Schule. Die fehlende Aufmerksamkeit versucht es anders- Häufen sich solche Reaktionen oder wo zu bekommen. Solche Kinder ver- haben Sie das Gefühl, den Zugang halten sich auch aggressiver als vor zu Ihrem Kind zu verlieren, fragen der Erkrankung. Sie bei Fachpersonen um Rat (siehe S. 65 ff.). Rückzug Das Kind ist still und eher antriebs- los. Es beklagt sich nicht. Es zieht sich Reaktionen auffangen von seiner Familie und seinen Freun- den zurück. Die schulische Leistung Kinder möchten oft nicht über ihre nimmt oft ab. Es scheint so, als wür- Gefühle und Gedanken reden. Oder den die Eltern den Zugang zu ihren sie wissen nicht, wie sie sich sprach- Kindern verlieren. lich ausdrücken sollen. Versuchen Sie auf eine andere Art, Zugang zu Ihrem Rückschritte Kind zu finden. Beispielsweise beim Einige reagieren mit Rückschritten in Spielen, beim Bucherzählen oder ihrer Entwicklung wie beispielsweise bei einem Rollenspiel. Wenn Kinder Bettnässen oder Sprachstörungen. keine Lust dazu haben, ist es nicht Halten diese länger an, sollte fachli- sinnvoll, etwas zu erzwingen. che Unterstützung eingeholt werden. Der Alltag bietet viele Gelegenhei- ten, sich beiläufig zu erkundigen, wie es Ihrem Kind geht. 24 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Wenn Ihr Kind sich verweigert, ha- Gespräche sind sehr wichtig, aber ben Sie ihm gezeigt, dass Sie für es manchmal überfordert man Kinder da sind. Versuchen Sie es bei einer auch damit. Deswegen ist es genau- anderen Gelegenheit wieder, ohne so wichtig, etwas zu tun, das die Be- zu drängen. wältigungsstrategien fördert. Meist weiss ein Kind recht genau, was Unter Bewältigung versteht man, ein ihm jetzt guttun könnte. Fragen Sie, Gleichgewicht zwischen belasten- was es möchte. Das gibt ihm von An- den und angenehmen Gefühlen zu fang an die Gewissheit, dass es der finden. Mit Bewältigungsstrategien neuen Situation nicht einfach ausge- lernen Kinder, ihre Gefühle anders liefert ist. Es darf auch mitgestalten, als mit Worten auszudrücken. Dabei allerdings ohne dafür Verantwortung helfen diese Strategien, die Situation tragen zu müssen. Ermutigen Sie Ihr zu bewältigen. Kind, eigene Gefühle auszudrücken, in einem Gespräch, aber auch beim Im nächsten Kapitel «Altersgerechte Malen oder beim Sport. Information» sind Tipps für Bewälti- gungsstrategien aufgeführt. Kinder fühlen sich schuldig Kinder neigen dazu, sich für das, was geschieht, schuldig zu fühlen. Das gilt ganz besonders, wenn ein Elternteil krank wird. «Ich bin schuld, dass Mama krank ist», oder «Ich kann Papa gesund machen, wenn ich immer lieb und brav bin», sind typische Gedanken von Kindern. Kinder sprechen solche Gedanken nicht zwingend aus. Fragen Sie daher nach und betonen Sie Ihrem Kind gegenüber immer wieder: Es trägt keine Schuld und ist weder für Ihre Krankheit noch für Ihre Genesung verantwortlich. Wenn Eltern an Krebs erkranken 25
Altersgerechte Information Die Fähigkeit eines Kindes, Infor- Was sie verstehen mationen aufzunehmen und zu ver- Säuglinge erfassen unbewusst, dass arbeiten, ist abhängig davon, wo es in ihrem Umfeld Unruhe aufkommt. in seiner Entwicklung steht. Kleinkinder können Krankheiten nicht verstehen, wenn sie diese nicht an- Nicht jedes Kind in einem bestimm- fassen oder sehen können. Bei Krebs ten Alter verfügt über die gleichen ist das meist der Fall. Sie nehmen Möglichkeiten. Die Hinweise in der jedoch wahr, wenn Eltern anders re- jeweiligen Altersstufe sind daher agieren. lediglich als Orientierungshilfe zu verstehen. Was sie brauchen Für ganz kleine Kinder steht die Be- Säuglinge und Kleinkinder friedigung ihrer Grundbedürfnis- Säuglinge sind empfänglich für jeg- se im Mittelpunkt: Geborgenheit, liche Veränderungen in ihrer Umge- Wärme, Schlafen, Essen und Trinken bung. Sie spüren, wenn etwas Wich- in einem einigermassen gewohnten tiges passiert. und strukturierten Tagesablauf. Oft reagieren sie mit häufigerem Sie müssen sich darauf verlassen Weinen, wenn sich die gewohnte können, dass Mama oder Papa da Atmosphäre verändert. Unruhe und ist. Sie müssen wissen, wer ihnen zu Schlafprobleme sind weitere Reak- essen und zu trinken gibt und wer sie tionsmuster. Sie haben vor allem tröstet und zu Bett bringt. Angst vor der Trennung von ihren Be- zugspersonen. Kleinkinder spüren, Sie brauchen viel Nähe der Eltern, wenn Gefühltes und Gesagtes nicht viel Körperkontakt und auch Ruhe. zusammenpassen und sind dadurch So können sie sich beruhigen und verunsichert. geborgen fühlen. Sagen Sie beispielsweise, alles sei in Das könnten Sie sagen Ordnung, während Sie sich in Wahr- «Mama ist krank. Der Bauch tut ihr heit grosse Sorgen machen, wird es weh. Darum geht sie zum Doktor. merken, dass etwas nicht stimmt. Al- Papa passt in dieser Zeit auf dich auf. lerdings weiss es nicht was. Er geht mit dir auf den Spielplatz. Ich komme am Abend wieder. Ich habe dich lieb.» 26 Wenn Eltern an Krebs erkranken
So helfen Sie Ihrem Kleinkind • Reden Sie mit ihm. Auch wenn es mehrheitlich nicht versteht, was Sie sagen, fühlt es sich aufgehoben, wenn Sie mit ihm sprechen. • Benutzen Sie einfache und konkrete Sätze wie: «Papa geht jetzt weg, aber er kommt bald wieder.» Wiederholen Sie diesen Satz jedes Mal, wenn der Papa weggeht. So lernt Ihr Kind zu verstehen und darauf zu vertrauen, dass er wiederkommt. • Schauen Sie Ihrem Kind in die Augen, wenn Sie mit ihm sprechen. Knien Sie zu ihm nieder oder heben Sie es zu sich hoch. • Sagen Sie ihm, wenn Sie traurig sind. Erklären Sie ihm, dass Sie über die Krankheit wütend sind, nicht auf das Kind. • Sagen Sie ihm immer wieder, dass es nicht schuld ist, dass Sie krank geworden sind. • Zeigen Sie ihm immer wieder, dass Sie es lieben. Drei bis sechs Jahre Kinder in diesem Alter erleben die Kinder in diesem Alter gehen davon Welt als magischen Ort. Sie haben aus, dass sie der Mittelpunkt der Welt viel Fantasie und demnach auch eine sind und alles mit ihnen zusammen- eigene Vorstellung von Krebs. Sie hängt. Deshalb meinen sie auch, haben viele «Helferchen» wie Feen, sie seien schuld, wenn ein Elternteil Elfen oder Drachen. Eltern können krank wird. diese nutzen und vielleicht gemein- sam mit dem Kind ein «Schutzwe- Was sie verstehen sen» suchen, das ihm Sicherheit gibt. Nach und nach beginnen Kinder zu verstehen, was Kranksein heisst. Sie selbst waren schon einmal krank und können sich daran erinnern. Wenn Eltern an Krebs erkranken 27
Die Kehrseite dieser magischen Welt kontakt. Es leidet unter der Trennung ist, dass Ihr Kind sich selbst als Zau- und reagiert darauf oft mit verstärk- berer erlebt. Es hat das Gefühl, mit- ter Anhänglichkeit. verantwortlich zu sein für das Entste- hen oder das Heilen Ihrer Krankheit Das könnten Sie sagen (siehe Kasten S. 25). «Ich muss Medizin nehmen, um die bösen Teilchen, die in mir wachsen, Kinder in diesem Alter verstehen kaputt zu machen. Diese Medizin ist die Dinge wörtlich. Den Kampf ge- sehr stark. Darum kann es passieren, gen Krebs stellen sie sich wie einen dass auch ein paar gute Teilchen im Schwertkampf vor. Körper mit kaputtgehen. Dann werde ich sehr müde und verliere die Haare. Fragen Sie immer wieder nach, was Das sieht vielleicht etwas komisch Ihr Kind sich vorstellt. So merken Sie aus, aber es gehört zur Medizin und rechtzeitig, wenn es Bilder mit sich geht vorbei. Der Arzt hilft mir, dass es herumträgt, die es unnötig belasten. mir so gut wie möglich geht.» Wenn Sie diese kennen, können Sie mit den Vorstellungen Ihres Kindes Achten Sie darauf, dass Sie mög- gemeinsam neue, positive Bilder lichst immer die gleichen, einfachen schaffen. Sätze verwenden. Das gibt Ihrem Kind Halt. Teilen Sie die Informatio- Was sie brauchen nen auf, zu viele auf einmal können Auch in diesem Alter brauchen Kin- Kinder überfordern. der klare Strukturen. Wiederkehren- de Abläufe geben Kindern Sicherheit. Eine Krankheit wirft diese oft über den Haufen. Probieren Sie dennoch, so weit wie möglich, bestimmte Fix- punkte aufrechtzuerhalten (siehe auch S. 43 ff.). Kinder in diesem Alter brauchen vor allem eine ruhige, vertraute Atmo- sphäre mit festen Bezugspersonen. Ein Kind braucht viel Nähe und, so- fern es dies wünscht, auch Körper- 28 Wenn Eltern an Krebs erkranken
So helfen Sie Ihrem drei- bis sechsjährigen Kind • Reden Sie mit Ihrem Kind. Erklären Sie ihm in einfachen Sätzen, was im Moment läuft und was unmittelbar bevorsteht. • Für Kinder in diesem Alter kann es hilfreich sein, wenn Sie ihm kleine Kalender zeichnen. Diese umfassen drei bis fünf Tage und zeigen anhand einfacher Bilder, wie der Alltag aussieht. Zum Beispiel: Wer ist zu Hause, wann muss Mama zum Arzt (siehe auch S. 47 ff.). • Sagen Sie Ihrem Kind, wenn Sie traurig sind. Erklären Sie ihm, dass Sie wegen der Krankheit traurig sind und nicht wegen ihm. • Sagen Sie Ihrem Kind immer wieder, dass es nicht schuld ist, dass Sie krank geworden sind. • Zeigen Sie Ihrem Kind immer wieder, dass Sie es lieben. Bewältigungsstrategien • Gemeinsam mit dem Kind Glückssteine gestalten. • Jeden Abend gemeinsam mit dem Kind drei schöne Dinge aufschrei- ben oder aufzeichnen. • Ein Sorgenpüppchen basteln. Diesem Püppchen können alle Sorgen anvertraut werden. Legt man es nachts unter das Kopfkissen, sollen am nächsten Morgen die Sorgen verschwunden oder nicht mehr so belastend sein. • Eine Sorgenkiste basteln. Darin finden alle Sorgen Platz. • Vor dem Einschlafen erzählen, was am Tag geschehen ist und was man erlebt hat. Vielleicht den Tag mit einem positiven Gedanken abschlies- sen. • Mit der Unterstützung von Emotionskarten darüber sprechen, wie es Ihnen und wie es dem Kind geht. Wenn Eltern an Krebs erkranken 29
Sieben bis zwölf Jahre • Erklären Sie Ihrem Kind, warum Kinder in diesem Alter können rela- die Dinge im Moment so sind, tiv gut mit einer Situation umgehen, wie sie sind. Versichern Sie dem wenn sie diese begreifen und wissen, Kind, wenn immer möglich für es was sie für ihren Alltag bedeutet. da zu sein. • Lassen Sie Ihr Kind in kleinen Das heisst nicht, dass sie nicht auch Dingen mitentscheiden. Beispiels- Ängste haben. Vor allem fehlen ih- weise, bei wem es essen möchte, nen in diesem Alter die magischen wenn Sie zur Therapie müssen. Helfer der ersten Jahre. Daher ma- Das gibt ihm die Gewissheit, dass chen sie sich auch vermehrt Gedan- es seine Situation auch mitgestal- ken über Sterben und Tod. Erklären ten kann. Sie Ihrem Kind deshalb, dass Krebs haben nicht direkt Sterben bedeutet. Das könnten Sie sagen Auch haben Kinder oft das Gefühl, «Der Körper ist aus vielen Baustein- dass sie mitschuldig sind. chen aufgebaut. Es gibt beispiels- weise Bausteinchen für Haare, solche Was sie verstehen für Augen oder solche für das Herz. Kinder in diesem Alter beginnen, Diese Bausteinchen heissen Zellen. grössere Zusammenhänge zu ver- stehen. Sie können konkrete Prob- Es kann vorkommen, dass solche leme, die sich auf die gegenwärtige Zellen anfangen, sich schlecht zu Situation beziehen, einordnen. Sie benehmen. Es werden immer mehr haben ein Grundverständnis dafür, schlechte Zellen. Diese schlechten was Krebs bedeutet. Zellen bilden einen Knoten. Was sie brauchen Diesen Knoten nennt man Tumor. • Sie brauchen einen möglichst Er stört den Körper und das macht verlässlichen und strukturierten krank. Man sagt, jemand hat Krebs. Alltag. Allerdings können sie unumgängliche Abweichungen Bei mir ist das passiert. Daher muss schon besser einordnen als jün- ich oft zum Arzt und ins Spital. Dort gere Kinder. wird der Knoten herausgeschnitten. 30 Wenn Eltern an Krebs erkranken
Nachher brauche ich starke Medi- Krebs ist nicht ansteckend. Du wirst zin, damit der Knoten nicht wieder also nicht krank, wenn du mir nahe- wächst. Die starke Medizin kann Ne- kommst oder aus dem gleichen Glas benwirkungen haben. Darum bin ich trinkst.» müde und mir ist schlecht. Nennen Sie an Krebs erkrankte Per- sonen, die Sie kennen. Nun ist er oder sie wieder gesund. So helfen Sie Ihrem sieben- bis zwölfjährigen Kind Sie können sich an die gleichen Möglichkeiten halten, die bei den drei- bis sechsjährigen Kindern ab Seite 27 beschrieben sind. Bewältigungsstrategien Auch die Bewältigungsstrategien der drei- bis sechsjährigen Kinder sind hier hilfreich. Zusätzlich helfen folgende Möglichkeiten, die Situation besser zu bewältigen: • Gefühleflip aufstellen und damit Gefühle benennen. Mit einem Gefühleflip können Gefühle einfach bildlich dargestellt werden. • Gemeinsam mit dem Kind etwas pflanzen. Erklären, dass wenn die Früchte (z.B. Tomaten) reif sind, die Strahlentherapie vorbei ist. • Gemeinsam ein Familientagebuch gestalten, in dem Glücksmomente und traurige Nachrichten festhalten. Darin kann gezeichnet, geklebt und gebastelt werden. Jeden Abend eine Seite darin zu gestalten, kann zu einem Ritual werden. Wenn Eltern an Krebs erkranken 31
Ab zwölf Jahren Die meisten Pubertierenden sind Kinder in diesem Alter können sich auch für gesunde Eltern «anstren- bereits Dinge vorstellen, die sie nicht gend». Es ist wichtig, dass sie sich selbst erlebt haben. Meistens sind Ju- trotz der Krankheit eines Elternteils gendliche an medizinischen Zusam- trauen, sich von daheim abzulösen. menhängen interessiert. Erklären Sie ihnen, was sie wissen möchten oder Denn je älter Jugendliche werden, wo sie Informationen finden. Be- desto stärker wird ihr Bedürfnis, auf gleiten Sie Ihre Kinder bei der Suche eigenen Beinen zu stehen und sich nach Informationen im Internet. von daheim abzulösen. Besonders in diesem Alter ziehen sie Das bedeutet jedoch nicht, dass sich oft zurück. Oder sie lenken sich sie das Familienleben nicht mehr mit Freizeitaktivitäten ab. bräuchten. Im Gegenteil: Um Selbst- ständigkeit zu proben, sind Jugend- Was sie verstehen liche darauf angewiesen, etwas zu Jugendliche begreifen bereits kom- haben, von dem sie sich in immer plizierte Zusammenhänge. Das birgt grösser werdenden Schritten entfer- auch die Gefahr, dass sie überschätzt nen können. Daher sollten Sie mög- werden. lichst probieren, auch Jugendlichen klare Alltagsstrukturen und Regeln Letztlich können auch Erwachsene zu bieten. viele Aspekte von Krebs nicht wirk- lich begreifen. Jugendliche sind hin- und hergeris- sen zwischen ihrem Wunsch, sich Was sie brauchen von daheim abzulösen, und dem Ge- Vor allem Jugendliche haben viele fühl, für die Eltern da sein zu müssen. eigene Sorgen mit dem Wechsel vom Dieser Zwiespalt kann Schuldgefühle Kind zum Erwachsenen, ihrem Kör- auslösen. Den eigenen Weg gehen per, der Schule und Freunden. Da- und gleichzeitig vermehrt für die Fa- her schieben sie die Sorgen daheim milie da sein, schliessen sich jedoch gerne mal weg. nicht aus. Besprechen Sie, was sich zeitweise ändern könnte, und gestal- Meist schaffen sie das nur nach ten Sie den neuen Alltag gemeinsam. aussen hin. Versuchen Sie das nicht persönlich zu nehmen. Lassen Sie Schaffen Sie Freiräume. Geben Sie Ihr Kind gleichwohl Ihre Zuneigung Ihrem heranwachsenden Kind Ver- spüren. antwortung, ohne es zu überfordern. 32 Wenn Eltern an Krebs erkranken
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