KOMPASS - ALLEINerziehenD - 11I21 - Katholische Militärseelsorge
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KOMPASS Die Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr Soldat in Welt und Kirche 11I21 © MICHAEL FORMAN – stock.adobe.com ALLEINerziehenD ISSN 1865-5149
INHALT Titelthema Rubriken ALLEINerziehenD 20 Kolumne der Wehrbeauftragten 4 Getrennt gemeinsam erziehen? von Alexandra Ressel, ZFG 26 Auf ein Wort: Mitten unter uns – und über uns 6 Interview mit Udo Vagts, 32 zum LKU: Menschenbild Soldat und alleinerziehender Vater 33 Film-Tipp: LIEBER THOMAS 10 Interview mit Martin und Marlena Diewald 34 Buch-Tipp: Täterorganisation Missbrauchte 16 Gezielte Unterstützung Kirche. „Verdammter Sex“ 17 DVD-Tipp: FAMILIE BRASCH 34 VORSCHAU: Unser Titelthema im Dezember 2021 und Januar 2022 18 Auslegeware: Eine Alleinerziehende mit weltgeschichtlichem Potenzial 35 Rätsel Aus der Militärseelsorge 22 Großer Zapfenstreich nach 20 Jahren 24 Afghanistan-Einsatz 24 VN-Beobachtertreffen: Die Beziehung erarbeiten 28 Warum ich? Gedanken zum Advent aus Marias Sicht 29 Wenn Mama oder Papa in den Einsatz geht Glaube, Kirche, Leben 30 Metzger I Maurer I Mörder Titelbild: © MICHAEL FORMAN – stock.adobe.com I Farbklecks auch auf den folgenden Seiten © skd – stock.adobe.com Impressum Herausgeber Hinweis KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche Der Katholische Militärbischof Die mit Namen oder Initialen gekennzeich- ISSN 1865-5149 für die Deutsche Bundeswehr neten Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Für das Redaktionsanschrift Druck unverlangte Einsenden von Manuskripten und KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche ARNOLD group Bildern kann keine Gewähr und für Verweise Am Weidendamm 2 Am Wall 15 in 14979 Großbeeren in das Internet keine Haftung übernommen 10117 Berlin werden. Bei allen Verlosungen und Preisaus- schreiben in KOMPASS. Soldat in Welt und Telefon: +49 (0)30 20617-421 Kirche ist der Rechtsweg ausgeschlossen. E-Mail: kompass@katholische- soldatenseelsorge.de Internet www.katholische-militaerseelsorge.de Chefredakteurin Friederike Frücht (FF) Redakteur Jörg Volpers (JV) Social Media Bildredakteurin, Layout Doreen Bierdel Lektorat Schwester Irenäa Bauer OSF Leserbriefe Bei Veröffentlichung von Leserbriefen behält sich die Redaktion das Recht auf Kürzung vor. 2 Kompass 11I21
EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, Kinder sind ein Geschenk Gottes und bereichern das Leben – so sagt es zumindest der Volksmund. Da- bei wird der Umstand, dass Kinder auch eine Menge Verantwortung bedeuten und durchaus in der Lage sind, Eltern an ihre nervlichen Grenzen zu bringen, manchmal unterschätzt. Gleichzeitig wachsen Eltern auch an solchen Herausforderungen und werden zu Multi-Tasking-Profis. Paare können diese Herausforderungen auf zwei Schul- tern aufteilen. Doch was passiert, wenn eine Schulter ausfällt, sei es temporär oder dauerhaft? In dieser Ausgabe schildern Eltern, welche Erfahrungen sie in den verschiedenen Situationen gemacht haben. Wie ist es, wenn man für alles alleine zuständig ist? Oder aber auch: Wie ist es, wenn man nur für einige Monate © KS / Doreen Bierdel die volle Verantwortung trägt? Neben diesen persönlichen Erfahrungen finden Sie auch wertvolle Hinweise von Alexandra Ressel, die zur Lebenswirklichkeit von Soldatenfamilien arbeitet. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre mit eini- gen Perspektivwechseln. „Das erste, „Das erste, dasdas der der Mensch Friederike Frücht, Chefredakteurin Mensch im Leben im Leben vorfindet, vorfindet, das letzte, das letzte, wonach er wonach er die Hand die Hand ausstreckt, ausstreckt, das kostbarste,das kost- was er imwas barste, Leben erbesitzt, im Leben ist die Familie.“ besitzt, ist die Familie.“ Adolph Kolping Kompass 11I21 3
TITELTHEMA Getrennt gemeinsam erziehen? Die Lebenssituation Alleinerziehender in Deutschland Im Juli 2021 erschien die aktuelle Broschüre „Allein- oder getrennt erziehen – Lebenssituation, Übergänge und Heraus- forderungen“ des Familienmonitors Familienforschung, heraus- ab: beispielsweise von der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die Erziehungsarbeit geleistet wird, dem wirtschaftlichen Hintergrund und damit auch von der Art und dem Umfang der gegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Erwerbstätigkeit – vorwiegend – der Mutter, dem vorhandenen und Jugend. Darin finden sich umfangreiche Entwicklungen und sozialen Umfeld vor Ort und sehr stark auch von dem Beitrag empirische Daten bezüglich der Lebenssituation von Allein- des nicht im Haushalt lebenden Elternteils in allen Lebensbe- oder Getrennterziehenden in Deutschland. Die Analyse der reichen. Während sich diese Aspekte unterscheiden und es Fakten lässt deutlich werden, dass die Lebensbedingungen unzählige Kombinationen gibt, ist ihnen in den meisten Fällen und Familienkonstellationen von Alleinerziehenden mittlerweile eine wesentliche Herausforderung gemein: die begrenzten ebenso vielfältig sind, wie die anderer Familienformen. Ressourcen – vor allem Zeit und Finanzen – für die Kinder so einzusetzen, dass der Spagat gelingt, die familiären Struktu- Allen Alleinerziehenden gemeinsam ist, dass diese mit min- ren aufrecht zu erhalten, die Kinder maximal zu un- destens einem Kind unter 18 Jahren und ohne Lebenspartner terstützen und dabei die eigenen Bedürfnisse oder Lebenspartnerin in einem Haushalt zusammenleben. Das nicht dauerhaft gänzlich unberücksichtigt schließt nicht aus, dass sich der nicht im Haushalt lebende zu lassen. zweite Elternteil mit in die Erziehungsarbeit einbringt oder sich der Verantwortung entziehen würde. 73 % der Eltern haben Alleinerziehend = partnerlos? auch nach der Trennung noch Kontakt zueinander. Wer sich Der Zustand „alleinerziehend“ ist nicht aber in welchem Umfang für die Kinder tatsächlich zuständig gleichbedeutend mit einer dauerhaften zeigt, orientiert sich oft an den sehr individuellen Bedingungen Partnerlosigkeit. Vielmehr handelt es sich und Absprachen. dabei in den meisten Fällen um eine vor- übergehende Lebensphase. Mit Blick auf die Die Gründe für das Alleinerziehen liegen in den meisten Fällen Haushaltssituation sind in den ersten drei in einer Trennung oder Scheidung begründet. Aber auch die Jahren nach einer Trennung noch 71 % der Aufnahme eines Kindes oder mehrerer Kinder durch Adoption Betroffenen alleinerziehend. und Pflege sowie der Tod des Partners oder der Partnerin des Elternteils kann dazu führen, dass aus der Familie eine Bei der Betrachtung eines längeren Zeit- Ein-Eltern-Familie wird oder sie es bleibt. raums (mehr als fünf Jahre nach einer Trennung), lebt die Hälfte der Allein- Wie sich also letztlich die individuelle Lebenssituation der je- erziehenden mit einem Partner oder weiligen Familie gestaltet, hängt stark von vielen Einzelfaktoren einer Partnerin zusammen. 73% der 21% der Alleinerziehenden Alleinerziehenden haben einen hohen sind 35 Jahre Bildungsab- und älter. schluss. In 34% der Haushalte 70% Bei 65% der Alleinerziehenden leben mehrere Kinder unter 18 Jahren. ist das jüngste Kind zwischen 6 und 17 Jahren alt. arbeiten mehr als 28 Wochen- stunden. Quelle: Lebenssituation, Übergänge und Herausforderungen. 4 Kompass 11I21
TITELTHEMA 19% sind Ein-Eltern-Familien © Kunstzeug – stock.adobe.com in Deutschland (ein Kind oder mehr Auffallend ist jedoch, dass mit Kinder). 57% der Alleinerziehenden zunehmendem Alter immer seltener gemeinsame Haushalte gegründet werden. haben einen mittleren Fazit Bildungs- So vielfältig die Lebensbedingungen und Familienkonstellatio- abschluss nen von Alleinerziehenden sind, so vielfältig und unterschied- lich sind auch die damit verbundenen Herausfor- derungen und Belastungen. Nicht aus dem Blick geraten dürfen dabei die Bedürfnis- se der Kinder, ihr Recht auf ein siche- res Umfeld sowie auf beide Elternteile – trotz mög- licher Differenzen der 88% der Eltern. Ein mögliches, zukünftiges Zusam- menleben als Stief- Alleinerziehenden oder Patchwork-Fami- sind Frauen. lie erfordert darüber hinaus von allen be- teiligten Personen be- sondere Sensibilität, Toleranz und Geduld. Alexandra Ressel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG), Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Wertvolle Informationen zum Thema „Alleinerziehende“ www.vamv.de: Homepage des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. www.dajeb.de: Eltern bleiben Eltern. Hilfen für Kinder bei Trennung und Scheidung. Herausgegeben von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e. V. (DAJEB) www.bmfsfj.de: Hier sind die Broschüren „Allein- oder getrennterziehen – Lebenssituation, Übergänge und Herausforderungen. Monitor Familien- forschung“ und „Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Schei- dung. Wie Eltern den Umgang am Wohl des Kindes orientieren können“ zu empfehlen. . Monitor Familienforschung. Ausgabe 43, Berlin Kompass 11I21 5
TITELTHEMA © strichfiguren.de – stock.adobe.com „Ich habe mich in meiner Rolle als Alleinerziehender gut zurechtgefunden ...“ Interview mit einem Soldaten und alleinerziehenden Vater von vier Kindern Kompass: Würden Sie uns am Anfang kurz sagen, was Sie Kompass: Diese Jahre auf See waren für die Situation in der beruflich machen? Familie sicher prägend, denn da waren Sie lange weg von zu Udo Vagts: Mein Dienstgrad ist Stabsbootsmann. Ich bin 48 Hause, oder? und seit acht Jahren bei einer Gruppe des Bundesamts für Udo Vagts: Ja, innerhalb der Marine hatten wir die größeren Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr Einsätze Active Endeavour und Enduring Freedom. Wir waren (BAAINBw) in Wilhelmshaven eingesetzt im Bereich Ausbildungs- damals die Ersten nach dem 11. September 2001, die mit anlagen und bin da Gerätebearbeiter. Das ist seit 2013 meine der Fregatte „Bayern“ am Horn von Afrika waren. Und ich erste Landverwendung. Vor dieser Zeit fuhr ich 17 Jahre auf hatte dadurch relativ hohe Abwesenheitszeiten, schaffte es Fregatten und auf Minensuchern zur See. aber trotzdem, zu den Geburten der Kinder bei meiner Frau zu sein. Damals wurde die „Personalergänzung“ eingerichtet, dass eben Personal, welches familiäre Probleme hatte, aus dem Schiff aussteigen konnte – und eine adäquate Ergänzung wurde dann eingeschifft. Da war ich mit einer der Ersten, der das in Anspruch nahm. Gerade 2006, als meine erste Tochter geboren wurde, vertrat mich dann quasi ein anderer Kamerad auf dem Schiff, so dass ich in dieser Zeit bei meiner Familie © picoStudio – stock.adobe.com (3) sein konnte und eben die Geburt miterleben und meine Frau die erste Zeit begleiten konnte. Kompass: Es klingt schon mal gut, dass die Bundeswehr so etwas möglich macht. Udo Vagts: Also ab etwa 2005 wurde die Bundeswehr doch gerade in solchen Belangen familienfreundlicher. Es gab natür- lich auch bei den Vorgesetzten damals schon Befürchtungen, dass das nicht funktioniert. Aber ich dachte, diese Möglichkeit gibt es, und habe auch recht früh versucht, diese Möglichkei- 6 Kompass 11I21
TITELTHEMA ten innerhalb der Marine auszuschöpfen. Es gab positive und negative Meinungen dazu. Wie gesagt, mir ist da die Familie wichtiger, was vielleicht meiner Karriere auch nicht immer förderlich gewesen ist. Aber das mit den Abstrichen musste ich hinnehmen. Kompass: Ihre erste Tochter ist 2006 geboren. Aber Sie haben noch drei weitere Kinder? Udo Vagts: Genau: 2008, 2010 und 2012 sind die anderen drei Kinder geboren. Die ersten beiden sind Mädchen, und die beiden anderen sind Jungs. Kompass: Jetzt leben Sie getrennt von Ihrer Frau und sind al- leinerziehender Vater, was ja nicht allzu oft vorkommt, gerade wohl auch nicht in der Bundeswehr. Wie ist es dazu gekommen und seit wann ist das so? Udo Vagts: Meine Frau erkrankte und ich habe sie damals gepflegt. Während der Reha-Maßnahme haben wir beide fest- gestellt, dass es nicht mehr passte. Und wir sagten uns, bevor Kompass: Das heißt, Sie müssen Ihren Urlaub auch stark es irgendwann in Streit vor den Kindern ausartet, haben wir uns nach den Schulferien richten? 2018 getrennt. Sie ist danach aus dem gemeinsamen Haus Udo Vagts: Natürlich, anders geht es ja nicht. Ich hatte, als ausgezogen und hat sich alleine eine Wohnung genommen. meine Frau erkrankt war, einen Antrag auf Telearbeit gestellt. Dann haben wir später auch die Scheidung eingereicht und Zuerst hatte ich „mobiles Arbeiten“, das ist eine Art Notfall- die wurde dieses Jahr abgeschlossen. möglichkeit, die man innerhalb der Bundeswehr nutzen kann, so dass man eine mobile IT-Ausstattung bekommt. Damit Kompass: Aber Ihre Exfrau wohnt in der Nähe und hat noch konnte ich wenigstens nachmittags für die Kinder da sein. Kontakt zu den Kindern? Und nach der Realisierung des Telearbeitsplatzes wurde die Udo Vagts: Ja, sie wohnt etwa zehn Kilometer entfernt. Die Arbeitszeit schließlich so gelegt, dass ich von morgens bis um Kinder gehen jedes zweite Wochenende zu ihr, damit der Kon- zwölf im Büro bin, dann nach Hause fahre, den Kindern kurz takt nicht abbricht. Und auch in den Ferien teilen wir uns die das Essen zubereite und danach ganz normal von zu Hause Zeit, weil ich ja auch nicht so viel Urlaub habe. aus weiterarbeite. >> © Udo Vagts „Den ganzen Tagesablauf muss man doch relativ stramm strukturieren. Alle Belange wie Haushalt, Wäsche, das muss ja alles unter einen Hut gebracht werden.“ Kompass 10I21 7
TITELTHEMA >> Kompass: Bei Ihrer Aufgabe ist das offenbar gut möglich? Udo Vagts: Genau, weil wir viel mit der Industrie zusammenar- beiten, Leistungsbeschreibungen erstellen, mit Software und im logistischen Bereich der Bundeswehr arbeiten und wir das eben alles vom Telearbeitsplatz aus gut erledigen können. Kompass: Stoßen Sie eigentlich auf großes Erstaunen, wenn Sie sagen, dass Sie alleinerziehender Vater sind? Ich kenne noch keine genauen Zahlen, aber in der Regel bleiben die Kinder ja doch eher bei den Müttern. Udo Vagts: Es war erst relativ schwierig, aber meine Referats- leitung war sehr aufgeschlossen mir gegenüber. Ich bin auch im Personalrat engagiert und konnte gut mit meinem Gruppen- leiter über das Problem sprechen. Ich habe das offen mit ihm diskutiert und es so hingekriegt, dass die Arbeit eben auch erledigt wird. Man hat natürlich als Telearbeiter von zu Hause oft das Gefühl, dass die Vorgesetzten denken: „Wird die Arbeit wirklich erledigt, oder macht er zu Hause irgendwas anderes, außer zu arbeiten?“ Da ist immer die Gefahr, dass man dann doch versucht, mehr zu arbeiten, als man normalerweise müs- ste, um eben diese Vorurteile auszuräumen. Kompass: Und wie ist es mit der Unterstützung – auf die Familie bezogen, auf die Kinder – durch das Umfeld, seien es Nachbarn oder Freunde oder auch die Familie Ihrer Exfrau? © Udo Vagts Udo Vagts: Die Großeltern wohnen alle in Schleswig-Holstein. Wir sind wegen der Marine nach Wilhelmshaven in Nieder- sachsen gezogen, haben hier am Ort also gar keine familiäre Udo Vagts erzieht seine vier Kinder allein und ist voll beruftstätig. Unterstützung. Gerade weil meine Eltern schon relativ alt sind, ist da die Unterstützung gering. Die Nachbarn unterstützen schon, das ist auch kein Problem. Also wenn mal irgendwas sein sollte, passen sie auf die Kinder auf. Oder die Nach- barskinder passen mit auf, weil ich parallel auch noch in der Freiwilligen Feuerwehr bin und da natürlich auch der eine oder andere Übungsdienst dazukommt, wo ich meine Kinder nicht alleine lasse, sondern weiß, dass ich dann immer eine ad- © picoStudio – stock.adobe.com (3) äquate Kinderbetreuung zu Hause habe. Kompass: Und gibt es auch Unterstützung durch die Militär- seelsorge oder ähnliche Einrichtungen? Udo Vagts: Ich habe mit der Militärseelsorge – zum Beispiel bei Familienbetreuerin Barkhoff – zusammen mit den Kindern schon an einigen Freizeiten teilgenommen. Dabei war natürlich sehr interessant, eben mit anderen Familien ins Gespräch zu kommen oder auch mit anderen Vätern. Bei einem Vater-Kind- Wochenende haben wir auch festgestellt, dass es doch viele Probleme gibt, die relativ gleich sind, oder Schnittmengen, über die man sich dann gut austauschen kann. 8 Kompass 11I21
TITELTHEMA Kompass: Und gibt’s auch manchmal Vorurteile – oder ich sage mal „dumme Sprüche“? Udo Vagts: Nein, gar nicht. Das habe ich bis jetzt noch nie erlebt. Ich bin auch recht zufrieden, denn ich glaube, ich kriege das ganz gut hin. Es hat sich wirklich eingespielt. Aber es ist ein Prozess, der doch etwas länger dauerte, bis es sich ein- gespielt hat: bis die Kinder ihre Hausaufgaben gemacht, die Schulsachen fertig gepackt haben und bis das Frühstück fertig ist. Den ganzen Tagesablauf muss man doch relativ stramm strukturieren. Alle Belange wie Haushalt, Wäsche, das muss ja alles unter einen Hut gebracht werden. Das Mittagessen zum Beispiel koche ich immer abends fertig, damit es schon vorbe- reitet ist. Die Kinder kommen eigentlich meistens gesammelt; wir versuchen, jeden Tag gegen 14 Uhr gemeinsam zu essen, wenn alle aus der Schule da sind, so dass wir wenigstens diese Tradition beibehalten. Und für donnerstags backe ich auch immer einen Kuchen. Weil ich ja bei der Marine bin ... mit Handy im Ausland, was heutzutage durch die Betreuungs- kommunikation bedeutend besser geworden ist. Kompass: Da ist der „Seemannssonntag“? Udo Vagts: Genau. Dann stehe ich halt morgens um drei auf, Kompass: Vielen Dank für Ihre offenen Worte! und backe noch einen Kuchen. Udo Vagts: Wie gesagt, ich habe mich in meiner Rolle als Al- leinerziehender gut zurechtgefunden und bin sehr froh, dass Kompass: Toll! Das heißt also, alleinerziehend zu sein, ist für ich die Bundeswehr als Arbeitgeber habe. Als Elektromeister, Sie offenbar gar kein so ein großes Problem? Oder gibt es jetzt in der zivilen Wirtschaft, ohne die Möglichkeiten, die ich doch Schattenseiten? durch die Bundeswehr habe, würde es nicht gehen. Dann wäre Udo Vagts: Ja, ich hatte kurzfristig mal eine Beziehung hier ich wahrscheinlich darauf angewiesen, Hartz IV zu beantragen im Dorf, aber es hat sich gezeigt, dass mir die Zeit für eine oder zu kündigen, weil ich sonst gar nicht die Möglichkeiten neue Freundschaft völlig fehlt. Denn wenn man voll berufstätig hätte, die Kinder überhaupt zu betreuen. ist, 8,5 Stunden am Tag arbeitet, dann noch den Haushalt, vier Kinder, da fehlt einfach die Zeit für eine neue Beziehung. Die Fragen stellte Jörg Volpers. Vielleicht ist das später anders, wenn die Kinder mal aus dem Haus sind, aber momentan ist das ein Problem, das wahrscheinlich viele Alleinerziehende kennen, dass einfach die Zeit für andere Sachen fehlt. Aber ich muss sagen, das vermisse ich auch nicht, weil ich jede Zeit, die ich mit den Kindern verbringe, eben auch genieße. Die Große ist schon 15. Und die Zeit läuft so schnell, dass man einfach jede Minute genießen muss, solange die Kinder noch da sind. Die sind viel zu schnell groß. Kompass: Nutzen Sie auch die Angebote der Familienbetreu- ungszentren der Bundeswehr? Udo Vagts: Ja, aber die Familienbetreuungszentren der Bundes- wehr sind eigentlich primär für Soldatinnen und Soldaten, die im Einsatz sind. Wir haben sie damals in Anspruch genommen, WEBTIPP: als ich im Einsatz war. Da gab es Infoveranstaltungen oder Familien-Spielnachmittage wurden angeboten. Aber ich finde, Aktuelle Angebote dass die Familien Vortritt haben sollten, bei denen die Mutter der Katholischen oder der Vater im Einsatz sind, denn da sind die Probleme ja Militärseelsorge an Ihrem teilweise noch ganz andere. Heute ist es natürlich ein bisschen Standort finden Sie unter: einfacher, weil die technische Anbindung jetzt besser gewor- den ist. Wenn ich an meine ersten Einsätze denke, war das noch Anstehen an der Telefonzelle. Da war noch nicht so viel www.kmba.de Kompass 11I21 9
TITELTHEMA „Die Familienzeit ist uns sehr wichtig, dass wir am Abend gemeinsam Abendbrot essen und Spaß haben und sehr viel Quatsch mit unseren Kindern machen.“ Kompass: Herr Diewald, Frau Diewald, sie haben gemeinsam zwei Kinder. Wer von Ihnen hat wie lange Elternzeit genommen? Martin Diewald: Meine Frau hat jeweils 12 Monate Elternzeit genommen. © Tim Wollenhaupt Kompass: Haben Sie das gemeinsam so beschlossen? Marlena Diewald: Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Mir war klar, dass ich gerne ein Jahr zu Hause bleiben will. Bei Martin haben wir auch teilweise am Anfang mit Urlaub gear- beitet. Ansonsten haben wir uns die Monate der Elternzeit für später aufgehoben, falls etwas sein sollte. Martin und Marlena Diewald haben zwei Söhne und Martin Diewald: Wir haben das schon sehr genau für uns abge- sind seit 2014 liiert. sprochen, wie wir das machen. Ich habe beim ersten Kind den gesamten Jahresurlaub genommen. Und beim zweiten Kind Als Militärseelsorger in der Katholischen Militär- auch. Denn mit kleinen Kindern bzw. Neugeborenen wollten seelsorge hat Martin Diewald bereits zweimal wir sowieso nicht groß verrreisen. Soldatinnen und Soldaten im Einsatz oder einer einsatzgleichen Verwendung für einen längeren Kompass: Wie ist die Erziehungsarbeit momentan im Alltag Zeitraum begleitet. aufgeteilt? Wer macht die Kinder morgens fertig? Wer bringt den Sohn in den Kindergarten? Wer darf zu den Elternabenden gehen? Wer geht zum Arzt? Haben Sie sich vorher Gedanken darüber gemacht oder erst dann, als es so weit war? Marlena Diewald: Dadurch, dass ich zurzeit zu Hause bin, übernehme ich den größten Teil. Aber sobald es Martin möglich ist, bringt er Jakob in den Kindergarten, holt ihn auch ab. Seit gestern ist er auch im Elternbeirat. 10 Kompass 11I21
TITELTHEMA Kompass: Wie machen Sie das mit der sonstigen Hausarbeit? so ein Merksatz. Wenn wir sagen, jetzt waren wir uns bei dem Wer kocht, wer putzt, wer bügelt, wer wäscht? Thema mal nicht einig, dann ist es wichtig, bevor wir die Augen Marlena Diewald: Teils, teils. Also mein Mann kocht sehr gut, schließen, dass dann ein Kompromiss gefunden ist. Denn und deshalb bin ich auch froh, wenn er kocht. Er kocht nämlich letztlich unterm Strich, und ich denke, das können wir dann gerne außergewöhnliche Sachen. Aber wenn ich zum Beispiel auch sagen – widersprich mir, wenn ich es falsch sage –, es gerade mal eine Auszeit brauche – in Anführungsstrichen – und geht doch um nichts. eine halbe Stunde oder Stunde Ruhe brauche, dann koche ich sehr gerne. Dann übernimmt mein Mann die Betreuung. Marlena Diewald: Genau. An dieser Stelle sind wir uns einig. Und im Haushalt: Wir haben Aufgabenbereiche, die der eine Es gibt andere Sachen, die viel wichtiger sind. Die Familienzeit oder andere übernimmt. Wenn wir merken, es passt gerade ist uns sehr wichtig, dass wir am Abend gemeinsam Abendbrot irgendwie nicht, weil ich zum Beispiel gerade zu viel habe und essen und Spaß haben und sehr viel Quatsch mit unseren die Kinder viel mehr von mir fordern, dann übernimmt Martin Kindern machen. Das ist viel wichtiger. Alles andere kann man auch vieles. miteinander vereinbaren. Martin Diewald: Ich hätte auch gesagt: In der Summe fifty- Kompass: Wie haben Sie sich auf die Einsatzbegleitung vor- fifty. Es kommt immer darauf an, wie gerade die Phasen der bereitet, wie war das? Kinder sind und wie es dann machbar ist. Gedanken haben Marlena Diewald: Gute Frage. Ich kann mich ganz klar erin- wir uns schon vorher gemacht, aber manches kommt dann nern, beim ersten Mal, wo ich schwanger geworden bin und einfach. Einige Fragen oder Aufgaben stellen sich überhaupt Martin weg war, habe ich einen Vorrat an Wasser bekommen, erst, wenn es so weit ist. damit ich keine Kisten schleppen musste. Das war sehr, sehr wichtig. (lacht) Marlena Diewald: Eine ganz große Sache, die mir in der >> Schwangerschaft und direkt nach der Geburt abgenommen wurde, waren die ganzen Anträge etc. Um alles, was irgendwie amtlich ist, z. B. Behördengänge, hat sich Martin gekümmert. Kompass: Gibt es Themen, bei denen Sie sich nicht einig werden, also wo es sich nicht so fügt, sondern was vielleicht immer wieder ein Streitthema ist? Marlena Diewald: Sag du. (lacht) Martin Diewald: Mir fällt gerade nichts ein. Deswegen hatte ich jetzt ein bisschen darauf spekuliert bei der Frage, dass du vielleicht etwas sagen kannst. Es ist jetzt nicht so, dass wir uns anschauen und sofort Ja und Amen sagen. Wir reden miteinander, wir diskutieren miteinander, aber ich könnte jetzt nicht sagen, dass es ein Streitthema gibt, wo wir nicht zusam- menkommen. Oder? Marlena Diewald: Nein. Im Endeffekt kommen wir bei allem irgendwie zusammen. Manchmal dauert es länger und manch- mal kürzer. Aber mir fallen da zwei Punkte ein, die wahrschein- lich bei jedem Paar so sind. Das sind manchmal Erziehungssa- chen, wo ich bei dem Großen anders handeln würde als mein © Sondem – stock.adobe.com Mann. Gleichzeitig ist das aber auch wichtig und notwendig, dass er zwei Perspektiven kennenlernt. Darüber unterhalten wir uns dann auch, warum, weshalb, wieso man so reagiert. Außerdem sind wir uns manchmal bei der Ordnung nicht so ganz einig. Kompass: Wie verbleiben Sie da? Martin Diewald: Am Ende des Tages immer versöhnt ins Bett zu gehen, das war uns immer wichtig und ist für uns immer Kompass 11I21 11
TITELTHEMA TITELTHEMA >> Martin Diewald: Ich habe alles Schwere eingekauft, was Marlena und Dinge auch klar vereinbart haben, z. B. wie oft meldest nicht schleppen sollte und habe den gesamten Vorratsraum du dich, wie viel Zeit nehmen wir uns. aufgefüllt. Sie hätte vier Monate davon leben können. (lacht) Kompass: Gab es einen Unterschied vor dem ersten Mal Ein- Marlena Diewald: Wir haben sehr praktisch gedacht. Ich war satzbegleitung und beim zweiten Mal? berufstätig und musste oft nach Erfurt und Heiligenstadt fah- Martin Diewald: Beim zweiten Mal fand ich den Abschied schon ren. Was mir ganz wichtig war: Dass der Kontakt bleibt. Als einen Ticken intensiver, weil dann auch schon Jakob da war. wir uns kennengelernt haben, war das Erste, was ich gesagt Natürlich war es auch schwer zu gehen, als Marlena schwanger habe: Ich möchte keine Fernbeziehung. Und dann habe ich war, aber beim zweiten Mal hatte das Ganze irgendwo noch mich doch darauf eingelassen. Mir ist wichtig, dass wir min- ein weiteres Gesicht. destens einmal am Tag ordentlich miteinander reden. Mein Ehemann hatte beim ersten Mal die wunderbare Idee, mir Kompass: Trifft das auch für Sie zu? jeden Tag eine Besonderheit zu schreiben, warum er mich Marlena Diewald: Ja. Ich hatte sehr große Angst und Sorge, liebt. Das fand ich natürlich ganz toll, jeden Tag so eine kleine wie es sein wird. Und deswegen war es wirklich nicht leicht. Nachricht zu bekommen. Der Abschied war wirklich sehr, sehr schwer. Aber beim zwei- ten Mal hatte ich durch unseren Sohn sehr viel Ablenkung. Martin Diewald: Das war, wenn ich frühmorgens munter ge- Dadurch verging die Zeit für mich beim zweiten Mal tatsächlich worden bin, das Erste, was ich gemacht habe. Eine kleine ein bisschen schneller. Nachricht im Sinne von „Liebe ist…“ Das habe ich ein wenig adaptiert und jeden Tag geschrieben: Warum ich dich heute Kompass: Hat Ihr Sohn das zu Hause bewusst wahrgenom- besonders liebe. Auf der anderen Seite die praktische Vor- men? bereitung: Ich habe alle möglichen Einkäufe vorher erledigt, Marlena Diewald: Noch nicht so ganz, nein. Wenn der Papa Versicherungen, Finanzen, Steuererklärung, und und und…. Ich jetzt weg ist, merkt er es richtig und möchte auch mit Papa habe eingekauft wie ein Weltmeister. Und mental vorbereitet telefonieren. Beim zweiten Einsatz war es so, dass wir auch haben wir uns, indem wir vorher miteinander geredet haben Videotelefonie ab und zu gemacht haben. Da hat er sich auch © KS / Doreen Bierdel Martin Diewald in einem Wortgottesdienst mit dem Katholischen Militärbischof Franz-Josef Overbeck für die Soldatinnen und Soldaten der Mission Enhanced Forward Presence in Rukla (Litauen). 12 Kompass 11I21
TITELTHEMA © Marlena Diewald immer gefreut. Aber ich glaube, jetzt, beim nächsten Mal, wird Kompass: Wenn Sie jetzt zurückschauen, waren das dann es für ihn noch einen Ticken härter. auch tatsächlich die größten Herausforderungen? Oder hat sich irgendwas aufgetan, womit Sie vorher gar nicht gerech- Kompass: Jetzt haben Sie das schon zweimal mitgemacht. net haben? Was, haben Sie am Anfang gedacht, was das größte Problem Martin Diewald: Wir haben keinen Wasserschaden gehabt. Da- sein wird? hingehend war meine Sorge unbegründet. Die Planungssicher- Martin Diewald: Hm. Gute Frage. Aus meiner Sicht war das heit, IN- und OUT-Termine und die große Variable Bundeswehr größte Problem sicherlich: Was ist, wenn irgendwas passiert? war dann doch die größere Herausforderung. Wenn das Auto liegen bleibt, die Heizung ausfällt, ein Wasser- schaden. Solche Sachen. Kompass: Hatten Sie ein schlechtes Gewissen? Martin Diewald: Ja, natürlich habe ich ein schlechtes Gewissen Marlena Diewald: Bei mir war das größte die mangelnde Unter- gehabt. Bei der zweiten Einsatzbegleitung bin ich auf Stube, stützung und die Frage, ob ich dann genug Kraft habe für das habe da meine Sachen ausgepackt und hatte ganz viele Kin- alles. Das ist für mich tatsächlich die größte Sorge oder das derfotos dabei. Wie ich das so ausgepackt hatte, habe ich die größte Problem. Jetzt muss ich mittlerweile an drei Personen Kinderfotos länger gemustert. Ich habe die Bilder angeschaut denken. Damals für zwei. Das ist meine größte Sorge: Habe und dachte: Was machst du denn eigentlich hier? ich genug Ressourcen für alle, mich inbegriffen. >> Kompass 11I21 13
TITELTHEMA >> Marlena Diewald: Aus meiner Perspektive, ist es die Heraus- Kompass: Ich kann mir vorstellen, dass das auch eine Umstel- forderung, gelassener zu werden und geduldiger mit allem zu lung für Sie, Frau Diewald, ist. Sie wuppen das vier Monate sein. Denn es ist okay, wenn Jakob mal fünf Minuten länger alleine und Sie können alles so machen, wie Sie möchten. Da Fernsehen guckt, oder, wenn wir nicht pünktlich sind. Diese ist niemand, mit dem Sie sich streiten können. Fällt Ihnen das Gelassenheit habe ich gelernt. schwer? Ist es das, was Sie gerade gemeint haben? Marlena Diewald: Ja. Ich muss mich dann tatsächlich ein Martin Diewald: Das ist vielleicht die Antwort auf das kleinste Stückchen zurücknehmen, weil ich da voll im Powereinsatz bin Problem: Es hat jeder verstanden. Auch der Kindergarten wus- und nehme die Verantwortung auf allen Ebenen voll wahr. Da ste, dass ich in einer Einsatzbegleitung bin und haben richtig fällt es mir am Anfang wirklich schwer, mich sofort zurückzie- mitgefiebert, sich ständig erkundigt, wie es denn läuft und ob hen oder zu sagen: Okay, das macht jetzt der Papa. Da neige alles gut ist und wie viele Tage es noch sind, bis ich wieder da ich schon dazu zu sagen, wie der Papa es zu machen hat. bin. Da hat man sich vielleicht selber vorher verrücktgemacht. Aber es kommt dann wieder. Marlena Diewald: Ja. Man lernt, um Hilfe zu fragen. Ganz Martin Diewald: Mein Patentrezept: Gelassenheit und Geduld. klar sich selber beobachten und gucken, okay, ich habe die Weil ich mir genau das dann vor Augen halte: Sie musste Ressourcen gerade nicht, dann frage ich eben die Nachbarin, das jetzt eine ganze Zeit lang alleine machen. Ich muss jetzt mit der ich mich gut verstehe: Kannst du mal kurz kommen? nicht reingehen und sagen: Jetzt machen wir es aber anders. Oder wie auch immer. Also um Hilfe fragen und Vernetzungen nutzen, das ist wichtig. Und die Erwartung tatsächlich runterzu- schrauben. Jede Mama hat so unglaublich hohe Erwartungen an sich selber und stresst sich einfach nur deswegen. Es könnte vieles so entspannt sein. Kompass: Wie schauen Sie auf die nächste Zeit, die Sie dann getrennt sind? Haben Sie sich schon etwas vorgenommen? Gibt es etwas, das Sie anders machen werden als vorher? Martin Diewald: Also es lief die letzten zwei Male ganz gut. Deswegen würde ich sagen: Don’t stop a running system. Wir sind im Austausch gewesen und geblieben, wir haben uns klare Ziele gesetzt, z. B. jeden Tag auch mal länger miteinander zu telefonieren, Bildtelefonie. Ich habe immer mal über Feldpost was rüberschickt, einen Brief, mal ein kleines Päckchen, so kleine Aufmerksamkeiten, wo man einfach zeigt, man denkt aneinander. Sich davor und auch danach Zeit zu nehmen, das war uns auch immer wichtig. Ich habe eigentlich immer versucht, dann Urlaub vor der Einsatzbegleitung zu nehmen und auch danach, damit wir Zeit miteinander verbringen. Marlena Diewald: Ja. Um danach vor allem sich wieder neu kennenzulernen. „Ich habe eigentlich immer versucht, dann Urlaub vor der Einsatzbegleitung zu nehmen und auch danach, damit wir einfach Zeit miteinander verbringen.“ 14 Kompass 11I21
WIE K GRU ÖNNEN NDS CHU SIE IN I WIE KÖN LE H HRE Vere inba TITELTHEMA ELFE R IHRER S NEN SIElesichIN N? ßige re Gesp n Sie be r i CHULE H und gg as Kind s den Elt slandse über ä che e in em A d m it u EELrmFEN?f. Nachm owie die S ern. Sie e insatVz reg V u bevo tigen Sie ittag sbet uation in mögliche lmW it r EeR ä- END E T HILF ERWEN ng aH FaIL E U D REICHE DETE U Verein ba re gelmäßig n Sie bei ei ne r könn stehend d ie Elte re u u F ,RS E IC n es N taus chu- H E L IT E Z m il ie , LITE ND en h e r usz u e Gesp m Ausl o ierb n Eins n, m it ih WIE KÖNNEN tumSIE ög lic heIN räche m andsrei s inz VERWENDETE t ns . Dreie- i z. B. B tz zu rem KUND e a R A usaT mU enR sc h: RAT n es it de tiornn eat c hen ation in , sich über da n Elte e in . m UR: . ü K IHRER KITA HELFEN? Nach m itt ilie, der Sc hudas wieeitHILFREICHE so w diollteern -je forma- r undLITERATUR: der Fa m s Ki nd so n Si se In c he s p re d üb itas chsa Zu e zieh u nd Sc h affen w in der enmm scrhadffe INFO-FLYERINFO- e Si d o B il d . enH enn u n u le ir ag le gehe - ch n ertavs und ilfre Ki wir das! sch g , Eic n ru d as! In sbetreuu Kunindd gg n, ur zie huong m EinSc hulen ich ru Info rm at a h n io ne n un ft der Kath st ätt. Hg d u m A form ati FÜR KITAS FÜR SCHU FLYIEN Bestärke n ng vau ersz krautf auscversfste. wie es saätt , Eichst nd tz.- Hg um Ausla ndse d Hi lfe n olisc . fü hen v. Zentra sla n dse onen u n u bevorste Sie die Eltern , F ten hen. hen schaft der Katholische . v. Zentralinst itut insatPzu hun l-d eWoc he r Elter RFO Vereinbaren Sie bei einem henden m it ih re ragenZusammen ka n n und für Ehebeungle R n, U li g ler, nend be niversit ät nst it ut fü satz u n Hilfen fü in d zu spAuslandseinsatz re en - Ei ns atz gm Ki enomnd überüss m . schaffen Sein wir das! Informationen und Hilfen n für Un Eltern, ive rsi tät Eichst ätt d itFa P.: Ä - Eichst rE d r regelmäßige Gespräche miter/sden chEltern. auch Sie wen n bean Kitas m de e en und Schulen n e erns rund um Auslandseinsatz Pu hl -R egundler, Wochenendbe- -In go fi le lst ada dt.m enmid elie in de Ma ßn Geselr n g st el- vo ätt-In he und F Woc he Eltern , golsta amilie ne ie den Ei u P.: Ängst -F ermöglichen es, sich über das Desi ntKind nd ru die sowie t woziehung, n rten d Eichstätt. ehrli Hg. be t v. Zentralinstitut für Eheitend gle unde Familie in dere vo Gesell- n Kinde milie in / a h m n.pd f 190803/ en für E indern au n K dt. in de nd be- eresse ve ck von fi lea dm in/ Ma ßnahmen für Ein rn aus Soldaten fam LEN F r Gese LYER Situation in der Familie undFrKita auszutauschen. rm schaft weKatholischen der r ch Universität Eichstätt-Ingolstadt. [11.1 P u b li insatz s Sold ll - agen m ittelt. d en. 19 08 03/P ub sat zz eit en unWe ilie n. 0 .2 k a Prä ve0nti17ve]. ti o n e n ze a te ÜR it n milien.pdf [11.10.20 lik ati on en/A en gs F d Gru ndndl,betrie /A e n en und G familien. genom m üssen ernst un Es is P.: Gb, ww w.ku d g st e _ ru P GRU Puhl-Regler, P.: Ängste von Kindern aus Soldatenfamilien. 17 te_voren_ ]. ibuKin eling v o n _ ndbetrieb räventive WEBTIPP: Ermutigen Sie die Eltern, mit ihrem en Kind über die Präventive und rg i.deBr_ au .de/ beantwor und eh rlich t jet Wen dl , r. , s_ Soenlda d e K in d , w u n d zt bebegleitende Maßnahmen für Einsatzzeiten P.: und Grundbetrieb, www.ku.de/ Verla g Herd ern F ten fa--B e r_ a w u s_ S w.ku.de/ Freiburg i. Gelingende Fern- Be NDS bevorstehende Abwesenheit von Vater tet oder werdeMut- · in W e n. Sch fisleadmin/190803/Publikationen/Aengste_von_Kinder_aus_Soldatenfa- onde Br., Verlag ziehung: En A en d l, P.: er. ziehung: E o ld a te ter zu sprechen. Kinderzeichnungen und Bilderbü- Routi ule und N milien.pdfr[11.10.2017]. CHU s wic Herder. tferbrnt zu ch meSoldat im eit sb ntfern n fa - htig.. hung usam n Soldatenfamilien leben tinzusaSomld cher können dabei als Gesprächsgrundlage dienen, nen b achm Wen dl , , Freib für Pawa chsenEin, sa meat enfa m ili LEN P.: Solda um mehr über die Ge- Es ist jetzt be · w e izube it tagsb . Arbeit sbuch t im Einsat a re urg i. Fernbeziehungen, und F tz – Pa rt wenn der Fern bewziachse en leben in n e h a lten so e tr z – Pa B a n e eh unn sonders V nn es da Wendl, P.: wi.ieBr., Gelingende euun Fern-Beziehung: g mHerder. Entfernt hung, Fre für zusammen Paare und wachsen, Familie rtnerscha Weftn im r., Ve m rlag ilienMutter in Au chin rs a ft einen Vater/die ,gen, w en n der wicht fühle und Gedanken · de Seine Fragen müssen Weitere Interviews n Sc des Kindes zu erfahren. nicht hulalltag (z. B. St zu verände rn. m ateigr/... undenplanit bringen utter, se Wendl, und Klazsse s der M Kind möFreiburg u lanle chte, lbstg rinP.: A bhVerlag E n Soldat imenEinsatz erung ö olzeit glichst Ta einha geWsaen blädlu fe lt–enPartnerschaft iburg i. Br. , P.;im Re Einsatz. , Verlag He n in AuslaSondldsei Praxis- rder. und und d l, Einsat z. Pra Vater/die atensa P.; nfatz undRWo Mam milien: Ba l,wird. a essche xis- und Herder. e Auslandseinsatz neAnd.;bezie P - sland im E seinsa insaAu entsandt tz tz un . slPraan wd ird Woch . xisds - uei Mutter ndnsatz entsan in ei nen dt Sold b a Fern tenfam il Vate eziehun ien lebe · a ssehre emalt für Paare en wund Familien zinSou Auslandseinsatz lda u nd ss el, A.; H g. v. s Ausla n d 1: u h l-R e nend r/ g · u ch n . r) la ten ss fam Pu Z e n Jo e b e Ausla d ie M en, wen n in zum Thema finden Sie ernst genommen und auch unau ffällig möglichst ehrlich be- Verhaltensände Kinder im zAu e rungen zu E ge · u be unau e ffällig lte eK dezunk beha inder im Arbeitsbuch mö A glichste Bil hung, Freiburg i.deBr., ie r oVerlag z. B. und Mama der E Herder.Foto rinne Hgs. vv.onZedntr ru e e m ilie n. n: Ba nd 1: s Ausland alinst itut und seinsatz. hl Wochenendbezie- -R Jonas wa ler n Unive , P.: tralinst eg rs rtet au it ät EicDie Kin Ba nd 3: fs Wochehnestnd Len d se DieserasFlyer it utdefü insa ätte.-In r Echr g Ba o nd tz stellung n und Ffür 3für a wart ist g ler, eine : Lepädagogische n P.: Hilfe- rbu he eih. eBa n d et au fs W Die K in er Flyer ist ei Dies ochen stdelerbluung e ch fü r z ie - ne Hi lfe - wird ndseins tter in . u a tz ein e n ts e n n de r antwortet werden. · zu rea in gierensätz. e n n, , wa um ggWendl, uge z Unn gssrsitütät Eichst ive für Eh e und Fami a und Papa ls d2: taFachkräfte m t. Lena ilie in din uKitas, a nd P n d w e.eiBa um re ihe fü Lehrkräf a bedenken n s fs. au u P.; Ressel, A.; Puhl-Regler, ck P.: Die Kinderbuchreihe lie für s Au ten rf te in D n dt unter: katholische-- Einsätzen , was Ihre · Äu ße beim Kind sichrun beim auslöseknönkön alsn GzuerspBundesweslösen und ge Ih Kind re ÄußSoldatenfamilien: au erung en b f ehalt k MamaszurAuslandseinsatz. e n . Band 1: Jonas wartet e aufs ätt -In Wochenende. golst adt. Band 3: Lena und Papas Auslandseinsatz. VIE Band 2: in Lena der Gesellsc ha ft de sla ndseinsatz. r Katholisc Kindern hen Situation diese e r Gese sc zu erleichtern.Sidetur Kat a p spezielle ll as Au ha ft um sl d Kindnd a üh 2: re seinern di Le n a r nden Sc athioolin satz. ese spezielle hu len, ie stell u se r F ly Grun ng für t eine H er is · sich als Gesprächs · sich. e rächspart hr undHg.öihrnnv.enteZentralinstitut ennn ten n. Bund efür sweEhe LEN DA sczu hen erleichte d F d ies schulen achkräf ilfe- inem ner hr uund Familie in der Gesellschaft der Katholischen UND NK FÜR rn. Es ist jetzt besonders wichtig... · den Sc militaerseelsorge.de können sic h partner anMög Au ßensteh M zu li bie chten endeanlegen,ge keit, eden nn B nüstbe a r zu ma lei A u ß en nc stehe a schaffhe Schülern/idennn en n z Universität u biete g e n, d Eichstätt-Ingolstadt. enn n d ih ren VI EL EN DANK UND IHRE R IHR VERSTÄ FÜ IH RE U In IH NTERAnlehnung S R VE RSTÄan die Broschüre „Z In Anleh nung an di e Br erleic e sp e z , um hter ielle Situ Kindern n . atio te in hü · Tagesabläufe und Routinenzumöglichstler/d ie Schüler beizubehalten. ch eln, K ter öfefne n, n. g enüb manch UN TERSTÜTZ NDNIS „ZUSAMMEN TÜTZ SCHAFFEN N DNIS USWIR MEN SCHA oschüre AMDAS!“ n zu vermitteln in n e te u m e r leichte e D ie U NG! : „Ich nehm zu ermutigen Gefüh n, Musiz Gefühle a K r öffn inder se Kath r Flyer is G! UN FFEN WIR In A DA n · Bring- und Abholzeiten· einhalten Möglichkezu lassen. e dich ern le zuzulasieren usz en. FÜR IHR VERSTÄNDNIS o t „ZUS!“lehnung st.“ sen oun dedr B udrüVIELEN DANK Zentr lischen eine Init SAM iten zu ücher) cken UND (z. B IHRE a M der K linstitut ilitärbis tive im ia MEN an die B · wenn es das Kind möchte, Malen, Ba wieschz.afB. durchErinnerungen fenFotos , um von dem . . durcDiesUNTERSTÜTZUNG! er Flyer ist eine Initi für E ch R SCHA roschü steln, siz Gefüh Kahtholisc a ative im tholisch ofsa ahm FFEN re ieren oder le auszudrücken, Vater/der Mutter, selbstgemalte Bilder oderMuErinnerungsstücke he Zentralin n Militärbischof Rahmen en U he und F mtes (K en der K WIR sport liche z. B. stitut fü samtes de r n Ko iv a m M o o p DAS mitbringen zu lassen. Aktivitäten r Ehe un (KMBA) op erseritation deilie in BA) B erati o !“ . der Kath d Familie Be ä t Eichs s der G e rlin n d es olischen Universitä in der Ge rlin mit de tä m tt-In e s ellsch m it dNaem · geduldig und einfühlsam zu reagieren, da sich negative Dieser Flyer ist eine Initiative im Rahmen der Kooperation t Eichstä des sellschaf t g o a ft me de s Le tt-Ingolst (ZFG) Namelsdes tadt.Erziehers/der (ZFG Erzieherinhrers/der Le Katholischen Militärbischofsamtes (KMBA) Berlin mit dem ad t. ) hre rin Gut, so haben wir eh noch nie miteinander geredet. Mir Gefühle häufig in auffälligem Verhalten widerspiegeln können. Sprechen Sie mit dem Kind über sein Verhalten und die Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) der Va der Vater/die Mutter von ter/die Mutter von Name des L ehrers damit zusammenhängenden Gefühle. der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. wird in nä der V /der ist wichtig, ihr zu zeigen: Hey, ich bin da. Ich nehme · Möglichkeiten zu schaffen, um Gefühle auszudrücken (z. B. durch wird in nächster Zeit in einen chAuslandseinsatz ster Zeit in einen Ausla ater/die M entsandt. wird nd se ins utt r v Lehre rin in nä atz enetsa ont. nd dir jetzt nichts weg, sondern ich möchte dir meine Bilderbücher, Rollenspiele, Malen, Basteln, Kneten oder Musizieren). chste r Zeit in ein en Au sland Unterstützung anbieten. seinsa tz en tsand t. Die Fragen stellte Friedrike Frücht. Informationen, Hilfen und Flyer für Eltern, Kitas und Schulen rund um Auslandseinsatz und Wochenendbeziehung Herausgegeben vom Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) – Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt – in Kooperation mit dem Katholischen Militärbischofsamt Buch-Tipp: „Zusammen schaffen wir das!“ – Hilfen für Fernbeziehun- gen und Wochenendbeziehungen. Eine Handreichung für Eltern, Kitas und Schulen. Fernbeziehungen sind vor allem für Kinder eine Belastung. Sie können Ängste und untypische Verhaltensweisen ent- wickeln. Mit der Broschüre „Zusammen schaffen wir das!“ erhalten Eltern Hilfestellungen, um Ihre Kinder während der Trennung zu unterstützen. So können Sie sich leichter in die Lage der Kinder hineinversetzen und die Familiensituation besser verstehen und begleiten. Tipps für alle Altersgruppen Da sich Gefühle und Verhaltensweisen je nach Alter der Kinder unterscheiden, sind auch die Ausführungen der Broschüre unterteilt für Säuglinge, Kleinkinder, Kindergar- tenkinder, Schulkinder und Jugendliche. Ebenso enthält die Broschüre Infoblätter für Erzieher und Lehrer. © Marlena Diewald Die Broschüre „Zusammen schaffen wir das!“ wurde vom Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) in Kooperation mit dem Katholischen Militärbischofsamt (KMBA) entwickelt und ist kostenfrei in Ihrem Katholischen Militärpfarramt erhältlich. Kompass 11I21 15
TITELTHEMA Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung (KAS) Gezielte Unterstützung „Es tut so gut, mal eine kleine Auszeit zu nehmen. Die Kinder haben Spielgefährten und ich kann mich mit anderen Eltern austauschen! Ich weiß gar nicht, wieso ich vorher noch nie mitgefahren bin.“ Diese schöne Rückmeldung erhielten wir im Sommer 2021 zu einem Durch- gang der KAS-Familienferien im brandenburgischen Kirchmöser. Auch wenn sich die Mutter, von der dieses Zitat stammt, zunächst unsicher war, so ist eines klar: Natürlich sind die von der Katholischen Militärseelsorge geförderten Familienferien auch für alleinerziehende Elternteile und ihre Kinder gedacht – sei es für temporär Alleinerziehende, weil der Vater oder die Mutter sich vielleicht im Einsatz befindet, oder für dauerhaft Alleinerziehende. Aus unserer Sicht hat gerade diese Zielgruppe Unterstützung dringend nötig: Alleinerziehende sind generell stärker im Familienalltag gefordert. Zudem brachte die Covid-19 Pandemie für sie noch zusätzliche Belastungen mit sich. Durch Lockdown, Homeschooling und Homeoffice war das Arbeits- und Erziehungspensum, das Alleinerziehende zu stemmen hatten, für eine Person kaum zu bewältigen. Umso wichtiger sind für diese Familien gute soziale Netz- werke und gezielte Unterstützung. Dabei kann es sich um ganz konkrete Hilfe, z. B. bei der Kinderbetreuung oder beim Erledigen von Besorgungen, handeln. Genauso wichtig ist es, ein offenes Ohr angeboten zu bekommen, um ein- fach mal Sorgen und Nöte zu artikulieren und sich mit anderen Eltern in der gleichen Situation auszutauschen. Oftmals hilft es schon oder macht es Mut zu erkennen, dass es anderen Menschen ähnlich geht. Ebenso oft kann man sich voneinander Lösungswege abschauen. Es geht auch nicht nur allein um die Kinder Natürlich steht bei den meisten Eltern das Wohl der Kinder an erster Stelle. Die physische und psychische Gesundheit der Eltern ist jedoch nicht zu vernachläs- sigen – frei nach dem Motto: „Glückliche Eltern, glückliche Kinder“. Für 2022 hat die KAS, ergänzend zu den Angeboten der Katholischen Militärseelsorge, bereits ein Seminar-Wochenende speziell für Alleinerziehende geplant. Hier wird es darum gehen, die eigenen Ressourcen zu erkennen, zu stärken und sich noch einmal vor Augen zu führen, wie wichtig Selbstfürsorge ist. Ein weiteres, immer wiederkehrendes Thema sind Schuldgefühle der Alleiner- ziehenden, selbst nicht genug zu sein und das „fehlende“ Elternteil ersetzen zu müssen. Diese und andere relevante Erziehungsthemen haben wir in die- sem Jahr verstärkt im Rahmen von Online-Betreuungsformaten aufbereitet. Sie kamen insbesondere bei Alleinerziehenden sehr gut an, bei denen Zeit- management und Kinderbetreuung stets eine große Rolle spielen. Dabei gelang es unserer Erziehungsexpertin Maren Bartenstein, den Eltern aufzuzeigen, wie viel sie intuitiv bereits richtig und gut machen. Sara Bock, Leiterin „Geschäftsbereich Familie und Bildung“ der KAS in Berlin 16 Kompass 11I21
TITELTHEMA DVD-Tipp Deutschland 2017 Dokumentarfilm F amiliengeschichten sind oftmals spannend. Ja, mit solchen Ge- schichten kann man einen Nobelpreis gewinnen, wie das Tho- mas Mann mit den „Buddenbrooks“ vorgemacht hat. Später hat die Familienserie „Die Manns“ ein Millionenpublikum angezogen. Aber es gibt auch familiäre Geschichten, die weniger bekannt sind – fast nur in eher elitären Kreisen. Dazu gehört die Geschichte der Familie Brasch: drei Söhne, eine viel jüngere Tochter und die Eltern Gerda und Horst Brasch. Sicherlich, der Spielfilm „Lieber Thomas“ wird diese Familie viel- leicht bekannter machen (s. Film-Tipp, S. 33), aber trotzdem sei der Dokumentarfilm „Familie Brasch“ als DVD oder Stream sehr © 2020 Bundeswehr / Torsten Kraatz empfohlen – vielleicht auch begleitend zum Spielfilm. Im Dokumentarfilm geht es nun eher um die ganze Familie, wenn auch der wohl berühmteste Brasch-Spross Thomas eine größere Rolle spielt. Verblüffend für mich als Ostdeutscher waren so bekannte Namen wie die Liedermacherin Bettina Wegner oder der Schriftsteller Christoph Hein – alle mit dieser Familie Brasch vielfältig verbunden. Da wird vor allem DDR-Oppositionsgeschichte griffiger – vielleicht weil sie so familiär und unscheinbar daherkommt. Man könnte Nützliche Hilfe den Film „Familie Brasch“ auch ein politisches Poesie-Album nennen. Über unsere aktuellen Angebote können Sie sich jederzeit auf unserer Tauchen Sie ein in diese deutsch-deutsche Familiengeschichte Homepage und lassen Sie sich von dem einzigen noch lebenden Kind Marion www.kas-soldatenbetreuung.de erzählen, wie es viele Jahre nach familiärer „Funkstille“ eine Be- oder über die sozialen Netzwerke gegnung mit Brüdern und Vater gab – ein Treffen ohne Happy End. Facebook und Instagram informieren. Und gerade das rundet eine glaubhafte Familiengeschichte ab, Bei Fragen und Anregungen am Beispiel der „Familie Brasch“. können Sie gerne per E-Mail mit uns Kontakt aufnehmen: Thomas Bohne, FamilieundBildung@kas- Mitglied der Katholischen Filmkommission soldatenbetreuung.de Kompass 11I21 17
AUSLEGEWARE © ruskpp – stock.adobe.com Eine Alleinerziehende mit weltgeschichtlichem Potenzial A braham wird gern Stammvater ge- nannt (Gen 17,4f.), und zwar auch in Bezug auf Juden, Christen und Muslime, (Gen 11,30). Ein schlimmeres Schicksal konnte damals eine Frau in einer Clan- gesellschaft kaum treffen (Gen 25,21; ter muss jetzt her – nicht zuletzt eben- falls mit Blick auf das hohe Alter ihres Mannes. Kurzentschlossen bietet sie wenngleich Abraham selbst von Geburt 29,31; 1 Sam 1,1–32). Nun könnte ihm ihre anscheinend noch recht junge kein Hebräer oder Jude war. Das klingt man einwenden, wenn Frau und Mann ägyptische Sklavin namens Hagar zum alles sehr edel, zumal seit geraumer Zeit in etwa zwischen 85 und 100 Jahre alt Kinderzeugen an. Ein Wort Abrams ist religionsdiplomatisch gern von den (drei) sind, dann ist das mit dem Kinderkriegen auf dieses Ansinnen hin nicht überliefert. abrahamitischen Religionen gesprochen so eine Sache (vgl. Gen 12,4; 17,17; Es heißt nur lakonisch: Abram hörte auf wird. Sieht man bezüglich Zeugungs- und 18,11). Aber biblische Familiengeschich- sie (Sarai), ging zu Hagar und sie wurde Abstammungsverhalten einmal genauer ten ticken hierbei immer etwas anders. schwanger. Na prima. Vielleicht liegt hier hin, so stellt sich die Sache recht nüch- so etwas wie antike Leihmutterschaft tern dar. Halbbrüder: Ismael und Isaak vor. Jedoch fing der Stress dann erst rich- Sarai ist, vielleicht auch mit Blick auf ihre tig an. Die jüngere und jetzt schwangere Denn als Abraham noch Abram (vgl. Stellung im Stammesverband und hin- Sklavin erhebt sich ob ihrer Fruchtbarkeit Gen 17,5) und seine Frau Sara noch sichtlich der auf ihr lastenden Erwartung, über ihre Herrin Sarai, und Sarai stellt Sarai hießen (Gen 17,15), galt als aus- letztlich Realistin. Sie sagt sich: Kinder Abram knallhart vor die Alternative: Ich gemacht, dass Sara(i) unfruchtbar war bekomme ich keine, aber ein Stammhal- oder sie? 18 Kompass 11I21
AUSLEGEWARE Jetzt erst findet Abram seine Stimme wie- TIPP: Biblische Familiengeschichten, vor allem der und sagt: „Siehe, deine Magd, sie ist Sie fragen sich: die über die Erzväter und Erzmütter im in deiner Hand“ (Gen 16,6). Daraufhin Buch Genesis, verstehen sich nicht als „Was bedeutet denn das wird die schwangere Magd erniedrigend Genealogien im modernen Sinne wie heu- behandelt und läuft schließlich davon. schon wieder in der Bibel?“ te bei Adelsfamilien oder bischöflichen Ein Bote Gottes, der Hagar an einer Senden Sie uns Sukzessionslisten bis zu einem gewissen Quelle findet, überredet sie, auch ihrer historisch nachprüfbaren Zeitraum. Jene Ihre Frage – hier wird Schwangerschaft wegen zu ihrer Herrin versuchen über Abstammungslisten im trotz weiterer harter Behandlung zurück- sie geklärt. volkstümlichen Verständnis etwas zu er- zukehren. Und nun wird es spannend. klären und zu deuten, warum etwas so Der Bote Gottes versichert ihr verhei- ist, wie es geworden ist. Altersangaben ßend, dass sie einen Sohn gebären wird von Personen und Zeiträumen sind dabei und gibt ihr auch gleich den passenden dass ebenso aus Ismael ein großes Volk nicht auf die Goldwaage zu legen. Namen mit auf den Weg, und zwar Isma- erwachsen wird (Gen 21,12f.). el (das heißt: „Gott hört“; Gen 16,11). In weit späterer Zeit wird Ismael aus is- Dieses Schema ist ja grundsätzlich auch Zwar gibt es noch kurzzeitig ein drama- lamischer Perspektive als ein Ahnherr Christen aus den ersten Kapiteln des tisches Zwischenspiel, aber am Ende der Muslime verstanden; im Koran findet Lukas-Evangeliums bekannt. wächst Ismael bis ins heiratsfähige Al- er deswegen mehrfach Erwähnung (Sure ter hinein in der Wüste Paran allein bei 2,127; 6,86; 19,54f.; 38,48). Die Verhei- Also gut. Wohin soll sich auch eine seiner Mutter auf, die ihm schließlich ßung Gottes, dass aus Ismael ein großes schwangere Sklavin wenden? Frauen- noch eine Frau aussucht (Gen 21,20f.). Volk erstehen wird (Gen 16,10; 17,20; häuser gab es damals nicht. Sie kehrt Somit ist Hagar nach biblischem Befund 21,13.18), wird auf muslimischer Seite zurück, bringt ihren Sohn zur Welt, wel- schließlich die erste alleinerziehende entsprechend gedeutet. Ihm und somit cher Ismael genannt wird (Gen 16,15). Mutter. Ihre weitere Spur verliert sich den Ismaeliten ist in der Bibel ebenso Somit ist Ismael, man kann es drehen im biblischen Wüstensand. ein eigener Stammbaum gewidmet, und und wenden, wie man will, Abrams erst- zwar mit geographischen Bezügen auf geborener Sohn überhaupt. Ende gut? Dreierlei Nachbetrachtung Arabien (Gen 25,12–18). Alles gut? Mitnichten. Nachdem Sarai, Die Sklavin Hagar wird von Anfang als die jetzt Sara heißt, wider Erwarten ei- Ägypterin gekennzeichnet (Gen 16,1). So Ein Fazit nen Sohn geboren hat, und zwar Isaak, verwundert es nicht, dass sie später für Wenn man den biblischen Text so liest, scheint sich zwar die Situation etwas ihren Sohn Ismael eine Ägypterin zur Frau wie er sich heute als Endtext über alle befriedet zu haben, aber auch in einer wählt, zumal die Wüste Paran in der Nähe Wachstumsphasen hinweg erstreckt, ist nachsintflutlichen Patchwork-Familie gibt der Sinai-Halbinsel, auf Ägypten zu, veror- Hagar als Sklavin ihrer Herrin uneinge- es nicht selten Stunk. Denn der Sohn tet wird. In Ägypten steigt dann Josef, der schränkt und rechtlos ausgeliefert. Diese der Hagar ist der Sara etwas zu wild, Urenkel Abrahams, zum Vizepharao auf kann mit Hagar machen, was sie will, bis kein Vorbild für den später stamm- und (Gen 41,40–45). Ägypten wird im Buch hin zur sexuellen Instrumentalisierung im glaubensbegründenden Sohn Isaak. Exodus jedoch zum klassischen Ort der Dienste des Stammeserhalts. Abraham Unterdrückung und Ausbeutung sowie fügt sich fast in allem widerstandslos Kurzum, Sara verlangt, dass Abraham die zum Ausgangspunkt der Befreiung und dem Willen seiner Frau Sara. Letztlich Hagar und seinen erstgeborenen Sohn Rettung des Volkes Israel. Insgesamt wird Hagar verstoßen und als alleiner- davonjagt. Letztlich fügt sich Abraham, hat Ägypten im jüdischen und im christ- ziehende Mutter landet sie im doppelten und selbst Gott ermuntert ihn ebenfalls lichen Kontext stets eine ambivalente Sinne des Wortes in der Wüste. noch dazu, und zwar mit der Aussicht, Bedeutung. Dass Gott ihr immer wieder beisteht und mit ihrem Kind eine große Verheißung verknüpft, lässt sich auch so lesen, dass „Abram hörte auf seine Frau Sarai, Gott sich nicht Wünschen und Absichten von Erzeltern fügt, mögen sie auch Abra- ging zur ägyptischen Sklavin namens ham und Sara heißen. „Eure Wege sind nicht meine Wege. Spruch des Ewigen“ (Jes 55,8). Hagar und sie wurde schwanger. Thomas R. Elßner Na prima.“ Kompass 11I21 19
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