Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...

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Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
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                         Wissenschaft
                         macht Schule

Delia Hillmayr, Janina Täschner, Lilo Brockmann, Doris Holzberger

Elternbeteiligung im
schulischen Kontext
Potenzial zur Förderung des schulischen
Erfolgs von Schülerinnen und Schülern
Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
Delia Hillmayr, Janina Täschner,
           Lilo Brockmann, Doris Holzberger

  Elternbeteiligung im schulischen Kontext –
Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs
        von Schülerinnen und Schülern

                  Waxmann 2021
                 Münster • New York
Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
Das dieser Broschüre zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung sowie des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister
der Länder in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Förderkennzeichen ZIB2022 gefördert.
Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Wissenschaft macht Schule, Band 3
herausgegeben von Doris Holzberger und Kristina Reiss
ISSN 2701-6056

Print-ISBN 978-3-8309-4366-2
E-Book-ISBN 978-3-8309-9366-7
https://doi.org/10.31244/97830003

© Waxmann Verlag GmbH, 2021
Steinfurter Straße 555, 48159 Münster
www.waxmann.com
info@waxmann.com

Umschlagfoto: © Potstock | shutterstock.com
Satz, Umschlaggestaltung: Waxmann Verlag
Grafiken: Grafikbüro Petra Hinterberger – www.das-grafikbuero.de

Dieses Werk ist unter der Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 veröffentlicht: Namensnennung – Nicht-kommerziell –
Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0)
Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
Inhalt
Über diese Broschüre............................................................................................................................................................ 4

       1 Eltern als wichtiger Faktor für schulischen Erfolg............................................................................................. 5
           1.1 Die Rolle des familiären Hintergrunds im Bildungssystem......................................................................... 5
           1.2 Formen der Elternbeteiligung.........................................................................................................................10

       2 Das zeigt die Forschung zu Elternbeteiligung: Eine Forschungssynthese................................................... 14
           2.1 Ziele der Forschungssynthese.........................................................................................................................16
           2.2 Methodisches Vorgehen...................................................................................................................................16
           2.3 Ergebnisse der Forschungssynthese..............................................................................................................18

       3 Maßnahmen zur Förderung von Elternbeteiligung – Programme aus der Praxis..................................... 34

       4 Weiterführende Informationen zu bestehenden Programmen und Maßnahmen
         zur Förderung von Elternbeteiligung ................................................................................................................ 36

Referenzen........................................................................................................................................................................... 40
Bildnachweis........................................................................................................................................................................ 43
Anhang ................................................................................................................................................................................ 43

 Das technische Zusatzmaterial zu dieser Broschüre finden Sie hier.

Autorinnen:
Delia Hillmayr 1, Janina Täschner1, Lilo Brockmann2, Doris Holzberger1
Herausgeberinnen:
Doris Holzberger und Kristina Reiss

1
    Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB)
1
    Technische Universität München (TUM)
2
    Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Dank
Unser Dank gilt allen Personen, die die Inhalte dieser                                         deren Erkenntnisse aus den Bachelorarbeiten zum
Broschüre mit ihrem Engagement und Wissen berei-                                               Thema Elternbeteiligung in die Broschüre eingeflos-
chert haben – darunter die Kolleginnen und Kollegen                                            sen sind, möchten wir herzlich danken. Insbesonde-
des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstu­                                         re bedanken wir uns auch für die gewinnbringende
dien (ZIB) e. V., des Staatsinstituts für Schulqualität und                                    Kooperation mit den Landesinstituten, die uns Infor-
Bildungsforschung (ISB) München und eduvisory. Auch                                            mationen zu bestehenden Programmen zum Thema
unseren wissenschaftlichen Hilfskräften, die uns über                                          Elternbeteiligung im schulischen Kontext zur Verfügung
den gesamten Erstellungsprozess unterstützt haben,                                             gestellt haben.
sowie den Studierenden Hikmet Yanar und Felix Seibold,
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Über diese Broschüre

Mit dieser Publikation richten wir uns an Schulleitungen     tigen Lagen zu unterstützen und damit spezifisch die
und Lehrkräfte sowie an politische Entscheidungsträge-       Bildungschancen von benachteiligten Schülerinnen und
rinnen und Entscheidungsträger und an alle Personen,         Schülern zu verbessern.
die sich für den Themenbereich der Elternbeteiligung         Ebenso wurde das Zentrum für internationale Bildungs-
im schulischen Kontext interessieren. Ziel ist es, Eltern-   vergleichsstudien ( Kurzporträt ZIB) beauftragt, poten-
beteiligung als eine Möglichkeit zur Förderung des           ziell geeignete Maßnahmen zur Reduzierung von Bil-
schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern vor-       dungsungleichheiten systematisch aufzubereiten, um
zustellen und relevante Informationen zu diesem The-         die wissenschaftlichen Erkenntnisse für Personen aus
menbereich verfügbar zu machen.                              Bildungspolitik, Bildungsadministration und Bildungs-
Schulschließungen und Distanzunterricht infolge der          praxis verfügbar und nutzbar zu machen. Im Zuge des-
Corona-Pandemie unterstreichen die maßgebliche Rolle         sen hat sich gezeigt, dass auch die Elternbeteiligung im
der Eltern für das schulische Lernen von Schülerinnen        schulischen Kontext bei der Diskussion über mögliche
und Schülern. Immer wieder zeigen Studien, dass schu-        Wege zu mehr Bildungsgleichheit immer mehr Auf-
lische Leistung oder der Besuch bestimmter Schularten        merksamkeit erlangt.
stark mit familiären Hintergrundmerkmalen verknüpft          Im Rahmen einer Forschungssynthese haben wir da-
sind und Schülerinnen und Schüler aus Familien mit           her systematisch Wissen darüber zusammengetragen,
niedrigem sozioökonomischen Status und/oder mit              welche Rolle Eltern in Bezug auf die Förderung des
Migrationshintergrund im Erreichen von schulischem           schulischen Erfolgs ihrer Kinder einnehmen können. Da-
Erfolg als benachteiligt angesehen werden können.            bei werden alle Schülerinnen und Schüler in den Blick
Ein Resultat der Diskussionen über Möglichkeiten zur         genommen, d. h. sowohl benachteiligte als auch nicht
Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler           benachteiligte Kinder und Jugendliche. Zunächst wer-
ist beispielsweise der Ausbau von Ganztagsschulen in         den umfassende Hintergrundinformationen zur Rolle
Deutschland, mit welchem hohe Erwartungen im Sin-            des familiären Hintergrunds im Bildungssystem und zu
ne einer Reduzierung von Ungleichheiten im Bildungs-         Erklärungsansätzen von Bildungsungleichheiten gege-
kontext verbunden sind. Darüber hinaus wurde 2019            ben sowie verschiedene Formen der Elternbeteiligung
die Bund-Länder-Initiative Schule macht stark ins Leben      erläutert (Kapitel 1). Anschließend wird der aktuelle in-
gerufen, die primär darauf abzielt, Schulen in ungüns-       ternationale Forschungsstand zur Frage, inwieweit El-
                                                             ternbeteiligung ein Potenzial zur Förderung des schu-
                                                             lischen Erfolgs von Schülerinnen und Schüler darstellt,
                                                             systematisch aufbereitet (Kapitel 2). Dabei werden An-
                                                             regungen in Form von Reflexionsfragen für Lehrkräfte
                                                             und Schulleitungen angeboten. Abschließend stellen
                                                             wir verschiedene Praxisbeispiele zur Förderung von
                                                             Elternbeteiligung vor (Kapitel 3, Kapitel 4).

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Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
1 Eltern als wichtiger Faktor für schulischen Erfolg

Um die Bedeutung des familiären Hintergrunds im        de festgestellt, dass die Stärke des Zusammenhangs
schulischen Kontext zu verdeutlichen, wird in diesem   zwischen der Lesekompetenz und der sozialen Her-
Kapitel zunächst auf die Auswirkungen familiärer       kunft ( Soziale Herkunft und Migrationshintergrund)
Hintergrundmerkmale im Bildungskontext sowie auf       von Schülerinnen und Schülern in Deutschland über
mögliche Gründe für die Entstehung und Manifestie-     dem OECD-Durchschnitt liegt. Auch die Unterschiede
rung von Bildungsbenachteiligung eingegangen. Im       in der Lesekompetenz zwischen Schülerinnen und
Anschluss werden verschiedene Formen elterlicher       Schülern mit und ohne Migrationshintergrund sind in
Beteiligung im schulischen Kontext dargestellt.        Deutschland vergleichsweise groß, wobei Kinder und
                                                       Jugendliche mit Migrationshintergrund hinter den an-
                                                       deren zurückliegen (Weis et al., 2019). Auch in anderen
1.1 Die Rolle des familiären Hintergrunds              Studien zeigen sich Einflüsse der Herkunft – nicht nur
    im Bildungssystem                                  bei der Lesekompetenz, sondern auch bei mathema-
Zum wiederholten Male haben die Erhebungen im          tischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen
Rahmen der PISA-Studie gezeigt, dass die schulischen   zuungunsten von Kindern und Jugendlichen aus sozial
Leistungen von Schülerinnen und Schülern eng mit       benachteiligten Familien (Stubbe et al., 2016).
Merkmalen des familiären Hintergrunds verknüpft
sind. In Bezug auf die Schwerpunktdomäne Lesen wur-

                                                                                                            5
Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
Soziale Herkunft und Migrationshintergrund

Bei der Bestimmung sozialer Herkunft spielen ver-         tionshintergrund sind dagegen Kinder und Jugendli-
schiedene Merkmale eine Rolle wie beispielsweise          che, deren Elternteile beide im Ausland geboren sind.
der Beruf oder der Ausbildungsabschluss der Eltern,
                                                          In Deutschland sind die Zusammenhänge zwischen
die finanziellen Einkünfte, der Besitz von Kulturgütern
                                                          sozialer Herkunft und Migrationshintergrund deutlich
(z. B. Anzahl der Bücher im Haushalt) oder die kultu-
                                                          sichtbar: Familien mit Migrationshintergrund weisen
relle Praxis (z. B. Besuch von Museen). Häufig wird zur
                                                          hierzulande häufig einen niedrigeren sozioökonomi-
Messung der sozialen Herkunft der sogenannte sozio-
                                                          schen Status auf (Weis et al., 2019), beispielsweise also
ökonomische Status herangezogen, ein Maß, das die
                                                          ein vergleichsweise geringes Einkommen oder niedri-
oben genannten Merkmale berücksichtigt.
                                                          ge Bildungsabschlüsse. Aufgrund der zuhause gespro-
Mit Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshinter-      chenen Sprache oder anderer kultureller Unterschiede
grund sind in der vorliegenden Publikation – und bei-     starten Kinder und Jugendliche mit Migrationshinter-
spielsweise auch nach der internationalen Definition      grund zudem häufig mit ungünstigeren Ausgangsbe-
in der PISA-Studie – Kinder und Jugendliche gemeint,      dingungen ins Schulleben als Kinder und Jugendliche
die kein oder maximal ein im Ausland geborenes El-        ohne Migrationshintergrund.
ternteil haben. Schülerinnen und Schüler mit Migra­

                                                             Der Einfluss des familiären Hintergrunds wird auch
                                                             dadurch unterstrichen, dass er teils stärkere Zusam-
                                                             menhänge mit dem schulischen Erfolg aufweist als
                                                             schulische Faktoren wie z. B. die Klassengröße oder
                                                             die finanziellen Ausgaben pro Schülerin oder Schüler
                                                             (z. B. Coleman et al., 1966; Hattie, 2011).

                                                             Eine Übersicht über wichtige Merkmale des familiären
                                                             Hintergrunds, ausgewählte schulische Faktoren sowie
                                                             verschiedene Facetten des schulischen Erfolgs finden
                                                             Sie in Abbildung 1. Unter dem Begriff schulischer Er-
                                                             folg wird eine Bandbreite an Variablen zusammen-
                                                             gefasst wie z. B. die Bildungsbeteiligung oder mehr-
                                                             dimensionale Bildungsziele, die im Unterricht ange-
                                                             strebt werden. In der vorliegenden Publikation legen
                                                             wir den Fokus auf die mehrdimensionalen Bildungs-
                                                             ziele und damit konkret auf zwei wichtige Facetten
                                                             des schulischen Erfolgs: die Schulleistung und die Mo-
                                                             tivation von Schülerinnen und Schülern.

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Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
Familiärer Hintergrund                              Schulische Faktoren
                      Faktoren wie z. B.:                                  wie z. B.:
                    · sozioökonomischer Status                           · Klassengröße
                      (z. B. Beruf der Eltern)                           · finanzielle Ausgaben pro Schülerin
                    · Migrationshintergrund                                oder Schüler
                    · zuhause gesprochene Sprache                        · Zusammensetzung der Schülerschaft
                    · Elternbeteiligung im schulischen Kontext
                      (z. B. Teilnahme an Elternabenden)

                                                     Schulischer Erfolg
               Bildungsbeteiligung                    Mehrdimensionale Bildungsziele
               · Fehlzeiten im Unterricht             Schulleistung (z. B. gemessen an Noten oder Leistungstests)
               · Schulabbruch                         · Lesekompetenz, naturwissenschaftliche Kompetenz,
               · besuchte Schulform                     mathematische Kompetenz, Sprachkompetenz
               · Mitwirken an schulischen
                                                      Motivation (i. d. R. mittels standardisierter Fragebögen erfasst)
                 Aktivitäten über den Unterricht
                 hinaus                               · Interesse am Schulfach
               · Freizeitaktivitäten                  · Bildungserwartungen der Schülerinnen und Schüler
                 (z. B. Spielen eines Instruments)    · Selbstkonzept
                                                      · schulisches Engagement der Schülerinnen und Schüler
                                                      · Einstellung zum Lernen

             Abbildung 1: Übersicht über ausgewählte familiäre Hintergrundmerkmale und schulische Faktoren, die die ver­
             schiedenen Facetten schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern beeinflussen können. Grafisch hervor­
             gehoben ist das Hauptaugenmerk dieser Broschüre: die elterliche Beteiligung im schulischen Kontext und ihr
             Potenzial für die Schulleistung und die Motivation von Schülerinnen und Schülern.

Auswirkungen des familiären Hintergrunds
im Bildungskontext:
Zeigen sich im Vergleich bestimmter Personengrup-             Bildungsungleichheiten zeigen sich dabei in verschie-
pen Unterschiede im schulischen Erfolg in Abhängig-           denen Bereichen wie beispielsweise
keit von konkreten Merkmalen dieser Gruppen wie
beispielsweise der sozialen Herkunft, wird dies als
                                                              • der schulischen Leistung,
Bildungsungleichheit bezeichnet. Wenn im Vergleich
                                                              • der besuchten Schulform oder
entsprechender Personengruppen – in diesem Falle
                                                              • den Ausbildungs- und Berufswegen.
z. B. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshinter-
                                                              Neben den bereits dargelegten Befunden zu Unter-
grund und Schülerinnen und Schüler ohne Migrations-
                                                              schieden in der schulischen Leistung von Schülerinnen
hintergrund – regelmäßig Bildungsungleichheiten zu
                                                              und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund zei-
beobachten sind, spricht man von Bildungsbenachtei-
                                                              gen sich auch Unterschiede in der Bildungsbeteiligung
ligung.

                                                                                                                          7
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wie z. B. der besuchten Schulform: Je höher der beruf­
liche Abschluss der Eltern ist, desto eher besuchen               Ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital
Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 Jahren eine
                                                                Das ökonomische Kapital bezieht sich auf Besitz­tümer
allgemeinbildende Schule statt einer berufsbilden-
                                                                wie beispielsweise Immobilien, Schmuck oder ande-
den Schule (Autorengruppe Bildungsberichterstat-
                                                                re Arten von Vermögen, die direkt in Geld umwan-
tung, 2018). Darüber hinaus besuchen Jugendliche mit
                                                                delbar sind.
Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig
eine Haupt- bzw. Mittelschule (SVR, 2020). Diese Ten-           Das soziale Kapital beschreibt die menschlichen Be-
denz zeigt sich auch später im Bildungsverlauf, denn            ziehungen und sozialen Netzwerke, auf die man
Studierende mit Migrationshintergrund sind an Uni-              zurückgreifen kann. Das können beispielsweise Kon-
versitäten weiterhin unterrepräsentiert. Die Wahr-              takte sein, die bei der Wahl des Studienplatzes oder
scheinlichkeit, ein Studium aufzunehmen, ist für die-           bei der Jobsuche weiterhelfen können.
jenigen, deren Eltern über einen Hochschulabschluss
                                                                Das kulturelle Kapital bezieht sich unter anderem auf
verfügen, um ein Vielfaches höher als für jene, deren
                                                                kulturelle Güter wie beispielsweise Bücher, kann aber
Eltern keinen Hochschulabschluss haben (Autoren-
                                                                auch ganz allgemein die Bildung innerhalb einer Fa-
gruppe Bildungsberichterstattung, 2018).
                                                                milie beschreiben (Bourdieu, 1983).
Angesichts dieser vielfältigen Auswirkungen von Bil-
dungsbenachteiligung und der Tatsache, dass der
Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrations-
hintergrund in Deutschland in den letzten 10 Jahren
deutlich angestiegen ist – während in der PISA-Studie
2009 noch 26 % der Fünfzehnjährigen einen Migra-             Zum anderen kann das Zustandekommen von Bil-
tionshintergrund hatten, waren es 2018 bereits 36 %          dungsbenachteiligung mit dem Entscheidungsver-
(Hofer et al., 2019) – scheint die Gefahr einer systemati-   halten der Eltern erklärt werden: Eltern wägen Kos-
schen Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern          ten und Nutzen der jeweiligen Bildungswege ab und
mit entsprechendem familiären Hintergrund aktueller          treffen Entscheidungen, die wiederum auch von ihrer
denn je. Bevor wir mögliche Ansatzpunkte zur Redu-           eigenen Herkunft bestimmt sein können – so z. B. be-
zierung dieses Problems aufzeigen, werden im nächs-          züglich des Übergangs in eine weiterführende Schule
ten Abschnitt zunächst die Entstehung und Manifestie-        oder der Aufnahme eines Studiums versus einer Ausbil-
rung von Bildungsbenachteiligung thematisiert.               dung. Diese Unterschiede im Bildungswahlverhalten
                                                             von Eltern werden als sekundäre Herkunftseffekte
                                                             bezeichnet.
Entstehung und Manifestierung von
Bildungsbenachteiligung:                                     Da elterliche Verhaltensweisen wie das Bildungswahl-
Die Entstehung von Bildungsbenachteiligung kann mit          verhalten beispielsweise durch Lehrkräfte und andere
zwei Theorien sozialer Ungleichheit erklärt werden:          in diesem Kontext beteiligte Personen eher beeinfluss-
Zum einen ist es entscheidend, auf wie viel ökonomi-         bar sind als etwa der Bildungsgrad, der Wohnort oder
sches, kulturelles und soziales Kapital eine Familie zu-     das finanzielle Einkommen der Eltern, gewinnen die-
rückgreifen kann ( Ökonomisches, soziales und kul-           se Verhaltensweisen als Potenzial für die Förderung
turelles Kapital). Beispielsweise kann die Möglichkeit       schulischen Erfolgs zunehmend an Bedeutung. Die
einer problemlosen Finanzierung und Nutzung von              Autorinnen- und Autorengruppe um Gubbels (2019)
Nachhilfe (ökonomisches Kapital) einen Vorteil beim          findet in einer Metaanalyse über 75 Studien Hinwei-
Schulbesuch bieten. Gleichzeitig kann sich das Fehlen        se darauf, dass eine aktive elterliche Beteiligung im
von persönlichen Kontakten (soziales Kapital) z. B. bei      schulischen Kontext mit weniger Fehlzeiten und sogar
der Suche einer Ausbildungsstelle nachteilig auf die         geringeren Schulabbruchraten von Schülerinnen und
Bildungskarriere auswirken. Ungleiche Startbedin-            Schülern einhergehen kann.
gungen, unterschiedliche Anregungen des Elternhau-
ses oder auch die ungleiche Nutzung schulischer Lern-
angebote werden primäre Herkunftseffekte genannt
(Boudon, 1974).

   8
Kurzporträt: Das Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB)

   • Drei Standorte: München (Technische Universität        • Förderung durch das Bundesministerium für Bildung
     München), Frankfurt am Main (Leibniz-Institut für        und Forschung sowie durch das Sekretariat der Stän-
     Bildungsforschung und Bildungsinformation), Kiel         digen Konferenz der Kultusminister der Länder in der
     (Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissen-     Bundesrepublik Deutschland (Förderkennzeichen
     schaften und Mathematik)                                 ZIB2022)

   • Zentrale Aufgaben: Forschungssynthesen, PISA-Stu-      • Weitere Informationen zu den einzelnen Forschungs-
     die in Deutschland (Bildungsmonitoring), Schul- und      projekten finden Sie auf der Homepage des ZIB hier.
     Unterrichtsforschung sowie Methodenforschung             Außerdem finden Sie die Arbeitsgruppe Forschungs-
                                                              synthesen auf Twitter (@edusyn_tum).
   • Vereint bundesweite Expertise zu zahlreichen The-
     menbereichen der empirischen Bildungsforschung

   • Forschungssynthesen fokussieren auf verschiedene
     bildungsrelevante Themen und legen ein Hauptau-
     genmerk auf die Anwendungsorientierung und den
     Austausch mit der Praxis

Vor dem Hintergrund bestehender Bildungsungleich-
heiten rücken somit neben der konkreten Förderung
benachteiligter Schülerinnen und Schüler auch die Fra-
gen nach Einflussmöglichkeiten der elterlichen Unter-
stützung und der gelingenden Zusammenarbeit von
Schulen mit den Elternhäusern weiter in den Fokus.

Inwiefern sich elterliche Verhaltensweisen, wie die
Teilnahme an schulischen Aktivitäten oder die Unter-
stützung bei Hausaufgaben, auch auf andere Facetten
des schulischen Erfolgs wie die Schulleistung und die
Motivation der Kinder und Jugendlichen auswirken
können, wird in Kapitel 2 basierend auf aktuellen For-
schungserkenntnissen dargestellt. Im nachfolgenden
Abschnitt beschreiben wir konkrete Formen der Eltern-
beteiligung und gehen auf Besonderheiten bei der Zu-
sammenarbeit von Schule und Eltern mit Migrations-
hintergrund und/oder niedrigem sozioökonomischen
Status ein.

                                                                                                                9
1.2 Formen der Elternbeteiligung                               Eltern können sich in vielfältiger Art und Weise am
                                                               Schulleben ihrer Kinder beteiligen. Sie besuchen El-
Eltern bzw. Erziehungsberechtigte (die im Folgenden
                                                               ternabende und Schulveranstaltungen, unterstützen
auch mit dem Begriff Eltern gemeint sind) können
                                                               bei den Hausaufgaben, üben mit ihren Kindern vor
durch verschiedene Verhaltensweisen auf den schuli-
                                                               Klassenarbeiten oder besuchen gemeinsam mit den
schen Erfolg ihrer Kinder einwirken. In diesem Kapitel
                                                               Kindern ein Museum. Dabei können sich sowohl das
werden zunächst Beispiele für diese Verhaltenswei-
                                                               Ausmaß als auch die Art und Weise der elterlichen
sen, die auch Formen der Elternbeteiligung genannt
                                                               Beteiligung beispielsweise in Abhängigkeit davon
werden, erläutert und in ein Modell der Elternbetei-
                                                               unterscheiden, ob eine Ganztagsbeschulung erfolgt
ligung eingeordnet. Anschließend gehen wir auf Be-
                                                               oder nicht. Als ein „Extrembeispiel“ von Elternbeteili-
sonderheiten bei der Elternbeteiligung von Eltern mit
                                                               gung seien auch die Schulschließungen als Maßnah-
Migrationshintergrund und/oder niedrigem sozioöko-
                                                               me zur Bekämpfung der Corona-Pandemie genannt.
nomischen Status ein.
                                                               Die vielfältigen Formen von Elternbeteiligung werden
                                                               in der bildungswissenschaftlichen Literatur häufig zu
                                                               übergeordneten Dimensionen zusammengefasst, die
Definition von Elternbeteiligung                               wiederum ein Gesamtmodell der Elternbeteiligung er-
Elternbeteiligung meint „sämtliche Interaktionen               geben (z. B. Epstein, 1987; Grolnick & Slowiaczek, 1994;
von Eltern mit ihren Kindern sowie der Schule [in-             Hill & Tyson, 2009).
klusive schulischem Personal], die darauf abzielen,            Wir verwenden zur Einordnung der Formen elterlicher
den schulischen Erfolg ihrer Kinder zu fördern“ (Hill          Beteiligung das Modell von Hill und Tyson (2009). Die
et al., 2004, S. 1491).                                        Autorinnen gehen darin von drei verschiedenen Di-
Der Begriff der Elternbeteiligung umfasst damit                mensionen der Elternbeteiligung aus:
verschiedene Facetten vom aktiven Sichbeteiligen               • home-based parental involvement
und passivem Beteiligtwerden (Gomolla, 2009). In               • school-based parental involvement
der internationalen Literatur liest man häufig den             • academic socialization
Begriff parental involvement, den auch wir verwen-
                                                               Eine beispielhafte Übersicht über diverse Formen von
den, wenn wir uns auf Inhalte aus englischsprachi-
                                                               Elternbeteiligung und ihre Zuordnung zu den drei
ger Literatur beziehen.
                                                               Dimensionen nach Hill und Tyson (2009) finden Sie in
                                                               Abbildung 2.

                                                  Elternbeteiligung

                                                                                               academic
                 home-based                             school-based
                                                                                              socialization

         · Lernplatzgestaltung                 · Kommunikation mit Lehrkräften          Kommunikation von:
         · Hausaufgabenunterstützung             und Schulleitung                     · elterlichen Erwartungshaltungen
         · gemeinsame Museums- und             · Teilnahme an Elternabenden und
           Büchereibesuche                       -sprechtagen                           Kommunikation über:
         · gemeinsames Lesen                   · Engagement im Elternbeirat           · Lernstrategien
         · Üben vor Klassenarbeiten            · Mithilfe bei Schulfesten und         · Stellenwert von Bildung
                                                 Klassenausflügen                     · Zukunftspläne
         · Hilfe bei Leistungsproblemen
                                               · Teilnahme an Schul- und
                                                 Klassenveranstaltungen

       Abbildung 2: Verschiedene Formen der Elternbeteiligung im schulischen Kontext und ihre übergeordneten Dimensionen.

10
Unter home-based parental involvement werden               erwartung sichtbar werden, indem sie ihr Lob- und Kri-
sämtliche Verhaltensweisen verstanden, die die Ge­         tikverhalten möglichst differenziert an die schulischen
staltung von Lerngelegenheiten zuhause bzw. im fami-       Leistungen anpassen. Selbstverständlich findet diese
liären Umfeld betreffen. Das sind beispielsweise die       Kommunikation häufig im häuslichen Bereich statt.
Einrichtung eines geeigneten Lernplatzes, die Unter-       Diese Dimension wird jedoch separat betrachtet, da
stützung bei den Hausaufgaben oder auch der ge-            mit ihr Wirkungen verbunden sein können, die für die
meinsame Besuch einer Bücherei.                            Dimension home-based parental involvement typische
                                                           Verhaltensweisen wie die häusliche Gestaltung von
Die Dimension school-based parental involvement
                                                           Lerngelegenheiten nicht unbedingt erzielen (z. B. die
umfasst sämtliche Verhaltensweisen von elterlicher
                                                           Beeinflussung der Einstellung gegenüber bestimmten
Beteiligung, die sich auf Aktivitäten oder Interaktionen
                                                           Bildungswegen).
der Eltern vor Ort in der Schule beziehen. Beispiele da-
für reichen vom Besuch des Elternsprechtags über die       Im folgenden Abschnitt werden Besonderheiten dar-
Beteiligung als Begleitperson bei Ausflügen bis hin        gestellt, die bei der Zusammenarbeit von Schule mit
zum Engagement im Elternbeirat.                            benachteiligten Familien auftreten können und die
                                                           mit spezifischen elterlichen Verhaltensweisen einher-
Nicht an einen Ort gebunden sind Formen der dritten
                                                           gehen können.
Dimension academic socialization. Darunter fallen
sämtliche Verhaltensweisen, die explizit die Kommu­        Elternbeteiligung bei Familien mit Migrations­
nikation bildungsrelevanter Inhalte umfassen. Beispie-     hintergrund und/oder niedrigem sozio-
le dafür finden sich im Alltag, wenn Eltern mit ihren      ökonomischen Status:
Kindern über geeignete Lernstrategien zum Vokabel-         In der Forschungsliteratur wird häufig erwähnt, dass
wiederholen diskutieren oder mögliche Berufswege           Eltern mit Benachteiligungsmerkmalen – in diesem
ausloten. Auch die Kommunikation elterlicher Erwar-        Kontext sind darunter ein Migrationshintergrund und/
tungen bezüglich zukünftiger Leistungen wie etwa           oder ein niedriger sozioökonomischer Status zu ver-
Zeugnisnoten oder dem erwünschten Schulabschluss           stehen – aus Sicht der Schule schwerer zu erreichen
gehört zu dieser Dimension. Man spricht dann von el-       sind (Hillesheim, 2009) und sich zudem weniger stark
terlichen Bildungserwartungen. Neben der ausdrück-         an schulischen Prozessen beteiligen als Eltern ohne
lichen Kommunikation können sich höhere elterliche         Benachteiligungsmerkmale. Dies kann unter anderem
Bildungserwartungen auch im Verhalten manifestie-          mit unzureichenden Fachkenntnissen oder fehlenden
ren, indem Eltern beispielsweise mehr lern- und leis-      Kenntnissen bezüglich des Schulsystems einhergehen
tungsunterstützendes Verhalten zeigen, etwa ge-            (Gomolla & Rotter, 2012). Aufgrund der Tatsache, dass
meinsam mit dem Kind lernen oder Zusatzmaterial            Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien
zur Förderung bestellen. Alternativ kann ihre Bildungs-    ohnehin in ihren schulischen Leistungen im Durch-

                                                                                                                11
schnitt hinter anderen Kindern und Jugendlichen zu-         unterstützen?“ fehlt es den Eltern häufig an Informati-
rückliegen (z. B. Weis et al., 2019), besteht die Gefahr    onen. Dass jedoch prinzipiell Interesse bei den Eltern
einer doppelten Benachteiligung: Eltern mit Migra-          besteht, wird in folgendem Zitat einer Mutter deutlich,
tionshintergrund können beispielsweise aufgrund             das in einer Interviewstudie zum Thema Elternbeteili­
sprachlicher Defizite ihre Kinder weder selbst in erfor-    gung an Schulen mit Eltern mit Migrationshintergrund
derlichem Ausmaß beim Lernen unterstützen noch in           und/oder niedrigem sozioökonomischen Status im
Form von professioneller Nachhilfe, da sie sich diese       Rahmen einer Bachelorarbeit an der Technischen Uni-
mit einem durchschnittlich geringen Einkommen in            versität München erhoben wurde:
der Regel nicht leisten können. So scheint es umso            „Ich finde es sehr interessant, dass es diese Ange-
wichtiger, das Potenzial elterlicher Beteiligung zur För-     bote generell gibt. Man könnte vielleicht nachha-
derung des schulischen Erfolgs zu nutzen.                     ken, aber rein aus den Briefen oder den Mitteilun-
                                                              gen oder eben auch den Elternsprechtagen geht
Ein geringeres Ausmaß an „sichtbarem“ Engagement              das Ganze nicht hervor.“
der Eltern an der Schule ist jedoch keinesfalls mit feh-
lender Bereitschaft seitens der Eltern gleichzusetzen.      Somit ist es wichtig, sich mit möglichen Besonderhei-
Hingegen sind Angebote der Schulen (z. B. Mitwirkung        ten dieser Personengruppen auseinanderzusetzen,
oder Teilnahme an Schulveranstaltungen) oftmals nur         um diese in der Entwicklung und Umsetzung von An-
unzureichend auf die Bedürfnisse von Familien mit Be-       geboten und Maßnahmen adäquat berücksichtigen
nachteiligungsmerkmalen ausgerichtet (z. B. geringe-        zu können. Hillesheim (2009) beschreibt unter ande-
re finanzielle oder zeitliche Ressourcen) oder sie wer-     rem folgende Aspekte, die bei der Zusammenarbeit
den nicht adressatengerecht kommuniziert.                   von Schule und Eltern mit Benachteiligungsmerkma-
                                                            len eine Rolle spielen und teilweise als Gründe für die
Über gezielte Beratungsangebote beispielsweise zur
                                                            geringere Beteiligung im schulischen Kontext angese-
Frage „Wie kann ich mein Kind zuhause bestmöglich
                                                            hen werden können:

12
Kulturelle Werte und Regeln:                            häufig auch auf eine informelle Art und Weise statt-
Familien unterscheiden sich je nach Herkunftsland in    findet – so etwa in Form eines kurzen Gesprächs beim
ihren Kulturen (Gomolla, 2009), weshalb sich die Er-    Abholen der Kinder. Dadurch fühlen sich Eltern mit Mi-
ziehungs- und Bildungsvorstellungen von Eltern mit      grationshintergrund teilweise „nicht als pädagogisch
Migrationshintergrund oftmals von denjenigen un-        relevantes Umfeld der Kinder wahr- und ernstgenom-
terscheiden, die im deutschen Schulsystem vermittelt    men“ (Hillesheim, 2009, S. 35) und haben das Gefühl,
werden: In Deutschland stehen Werte wie Selbstbe-       von der Schule nicht ausreichend betreut zu werden.
stimmung und Eigenverantwortung im Fokus, wäh-
                                                        Als Lösungsansatz schlägt eine befragte Mutter vor:
rend es in anderen Ländern beispielsweise Respekt
und Gehorsam sind. Auch die unterschiedliche Vor-         „Eventuell mehrsprachige Lehrer und mehrspra-
                                                          chige Veranstaltungen, wo man dann sagen kann:
stellung von geschlechtsspezifischer Rollenverteilung
                                                          ‚Leute, ihr seid herzlich willkommen. Wir wollen
kann problematisch sein.                                  euch wirklich informieren‘. Also ‚wir wollen, dass
                                                          diese Informationen bei Ihnen ankommen‘ […]“.
Eine in der Interviewstudie befragte Mutter äußert
sich ebenfalls zu kulturellen Differenzen:              Diskriminierung und Vorurteile:
  „Wir haben […] so traditionelle Hintergründe,         Diskriminierungserfahrungen, die Eltern mit Migrati-
  die wir nicht einfach […], ja nicht wegschieben       onshintergrund häufig bereits vor der Beschulung ih-
  können. Es gibt natürlich auch gewisse kulturelle
                                                        rer Kinder sammeln, können später zu einer verstärk-
  Sachen, die jetzt zum Beispiel einen Vater daran
  hindern, zum Elternabend zu gehen.“
                                                        ten Hemmschwelle bei der Kommunikation mit der
                                                        Schule oder einzelnen Lehrkräften führen. Als Resultat
Sprachkenntnisse:                                       nehmen Lehrkräfte die Eltern teilweise als weniger in-
Fehlende Sprachkenntnisse können nicht nur bei          teressiert an den schulischen Prozessen ihrer Kinder
der Unterstützung der Kinder zuhause ein Problem        wahr und Kontaktanstrengungen aufseiten der Schule
darstellen, sondern auch beim Verstehen von schul-      nehmen ab (Boos-Nünning, 2008).
spezifischen Informationen (z. B. im Rahmen von El-
                                                        Bei einer befragten Mutter sprechen die Erfahrungen
ternabenden oder der Wahl einer weiterführenden
                                                        mit der Teilnahme an einem Eltern-Stammtisch für
Schule).
                                                        sich:
Dies zeigt sich auch in der Aussage einer befragten       „Ich habe da nie dran teilgenommen. […] Das lag
Mutter:                                                   einfach daran, dass die Leute uns nicht akzeptie-
  „Ich war an Elternsprechtagen, da waren statt der       ren wollten. Wir waren fremd in diesem Land und
  Eltern anderer Kinder tatsächlich die älteren Ge-       man wollte nichts mit uns zu tun haben.“
  schwister, die aber selber leider auch noch Kinder
  waren. Aber einfach, weil die Eltern das […] nicht
                                                        Die hier genannten Aspekte sollen weniger die Her-
  verstehen würden.“                                    ausforderungen bei der Zusammenarbeit mit benach-
                                                        teiligten Eltern betonen, sondern vielmehr das Ver-
Gleichzeitig verfügt das schulische Personal – also     ständnis für mögliche Hindernisse erhöhen, die mit
Schulleitungen sowie Lehrkräfte – nicht immer über      einer geringeren Beteiligung der Eltern im schulischen
ausreichende Kenntnisse zum Umgang mit der sprach-      Kontext zusammenhängen können. In der Zusam-
lichen Heterogenität innerhalb der Elternschaft.        menarbeit sollten gerade auch die Potenziale genutzt
Betreuung durch Schulen:                                werden, die sich aus der Kommunikation zwischen
In Deutschland findet die Kontaktaufnahme mit Eltern    Beteiligten aus verschiedenen Ländern und Kulturen
durch Schulen meist anlass- und problembezogen          ergeben können. Mögliche Ansatzpunkte für die Zu-
statt. Dies unterscheidet sich zu anderen Ländern, in   sammenarbeit mit Eltern werden in Kapitel 3 näher
denen der Kontakt zwischen Eltern und Lehrkräften       behandelt.

                                                                                                               13
2 Das zeigt die Forschung zu Elternbeteiligung:
  Eine Forschungssynthese

Diverse Forschungsbefunde und theoretische Model-
le aus der Bildungsforschung deuten auf grundsätz-           Arten von Forschungssynthesen
lich positive Effekte der Elternbeteiligung sowohl in
                                                           Forschungssynthesen sind Übersichtsarbeiten, die
Bezug auf die Leistung als auch auf die Motivation
                                                           möglichst alle verfügbaren Studien zu einem be-
der Schülerinnen und Schüler hin (z. B. Dearing et al.,
                                                           stimmten Thema systematisch zusammenfassen.
2006; Kloosterman et al., 2011; Myrberg & Rosen, 2009;
                                                           Dabei gibt es verschiedene Formen:
Varghese & Wachen, 2016; Walper & Grgic, 2013). Elter-
liche Beteiligung scheint somit ein wichtiger Faktor       • Metaanalysen fassen die Ergebnisse von
für den schulischen Erfolg aller Kinder und Jugendli-        Primärstudien mit Hilfe statistischer Methoden
chen zu sein. Da insbesondere Schülerinnen und Schü-         zusammen.
ler aus Familien mit Migrationshintergrund und/oder
                                                           • Systematische Reviews fassen die Ergebnisse
niedrigem sozioökonomischen Status im Bildungssys-
                                                             von Primärstudien beschreibend zusammen.
tem benachteiligt sind, gehen wir im Folgenden im-
mer wieder gezielt auf diese Gruppe ein.                   • Second-Order Metaanalysen / Second-
                                                             Order Reviews fassen die Ergebnisse von
Im Rahmen einer Forschungssynthese ( Arten von
                                                             Metaanalysen und/oder Systematischen
Forschungssynthesen) am ZIB ( Kurzporträt ZIB) wur-
                                                             Reviews zusammen.
den verfügbare und relevante Studien zum Thema El­
ternbeteiligung im schulischen Kontext systematisch re-
cherchiert, nach inhaltlichen Kategorien sortiert (z. B.
Dimensionen von Elternbeteiligung oder Migrations-
hintergrund der Schülerinnen und Schüler) und an-
schließend für die vorliegende Broschüre zusammen-
gefasst und aufbereitet.

14
Zu den Auswirkungen der verschiedenen Formen                                   Zur Beantwortung der Frage, inwiefern Elternbetei-
von Elternbeteiligung existiert eine umfassende For-                           ligung mit dem schulischen Erfolg der Kinder und Ju-
schungslage. Neben der Entstehung einer Vielzahl von                           gendlichen zusammenhängt, wurde daher ein Second-
Einzelstudien – sogenannten Primärstudien – ist in den                         Order Review erstellt, das bestehende Übersichtsar-
letzten Jahren auch die Anzahl an Forschungssynthe-                            beiten zu diesem Thema systematisch zusammen-
sen zu diesem Thema gestiegen, wie in Abbildung 3                              fasst. Dabei wurden sowohl Schülerinnen und Schü-
erkennbar ist. Bislang fehlte es allerdings an einer sys-                      ler mit Benachteiligungsmerkmalen berücksichtigt
tematischen Auswertung der bereits existierenden                               als auch Schülerinnen und Schüler ohne Benachteili-
Übersichtsarbeiten zum Thema Elternbeteiligung im                              gungsmerkmale.
schulischen Kontext.

                               Anzahl Forschungssynthesen
                               zum Thema Elternbeteiligung
  40

  35

  30

  25

  20
                                                                                                                     Abbildung 3. Anzahl
  15                                                                                                                 an Forschungssyn-
                                                                                                                     thesen zum Thema
  10                                                                                                                 Elternbeteiligung, die
                                                                                                                     im ersten Schritt der
  5                                                                                                                  Forschungssynthese
                                                                                                                     mittels systematischer
  0                                                                                                                  Recherche als Treffer
                                                                                                                     identifiziert wurden,
        vor 1980   1980-1984   1985-1989   1990-1994   1995-1999   2000-2004     2005-2009   2010-2014   2015-2019   sortiert nach dem
                                                                                                                     Erscheinungsjahr.

Potenziale und Grenzen von Forschungssynthesen:                                Grenzen:
Das Zusammenführen mehrerer Studien im Rahmen ei-                              • Gesamteffekte können aufgrund des sogenann-
ner Forschungssynthese birgt wertvolle Potenziale und                           ten Publikationsbias verzerrt sein (i. d. R. werden
zugleich Grenzen, die bei der Interpretation der Ergeb-                         Studien bevorzugt publiziert, wenn sie statistisch
nisse berücksichtigt werden müssen. Einen Überblick                             bedeutsame bzw. „positive“ Effekte nachweisen
über die Potenziale und Grenzen von Forschungssynthe-                           im Vergleich zu Studien, die keine entsprechenden
sen in der Bildungsforschung liefert Beelmann (2014):                           Effekte nachweisen)

Potenziale:                                                                    • Belastbarkeit der Ergebnisse hängt von Qualität der
                                                                                Studienlage ab
• Überblick über den Forschungsstand gewinnen
• Unterschiede in Einzelstudien aufdecken und
  mögliche Einflussfaktoren diskutieren
• Generalisierbarkeit von Ergebnissen erhöhen

                                                                                                                                         15
Im Folgenden werden die Ziele, das Vorgehen sowie
                                                                  die Ergebnisse der Forschungssynthese dargestellt.
          Ein Potenzial im Fokus:
          Unterschiede aufdecken und diskutieren
                                                                  2.1 Ziele der Forschungssynthese
Ziel einer Forschungssynthese ist es, die aktuelle
Studienlage zu einem bestimmten Thema mög-                        Im Rahmen der vorliegenden Forschungssynthese
lichst erschöpfend abzubilden und zu bewerten.                    zum Thema Elternbeteiligung stehen die folgenden
Zwar werden in einer Forschungssynthese je-                       Forschungsfragen im Vordergrund:
weils mehrere Studien zu einem bestimmten The-                    • Inwiefern hängen Elternbeteiligung und insbeson-
ma aufgenommen, die eingeschlossenen Studien                           dere die Verhaltensweisen der drei Dimensionen
können sich aber in ihren Rahmenbedingungen                            (home-based parental involvement, school-based
unterscheiden. Während sich die Studien einer                          parental involvement und academic socialization) mit
Forschungssynthese in ihrer Fragestellung also                         der schulischen Leistung und der Motivation von
ähneln, unterscheiden sie sich beispielsweise in                       Schülerinnen und Schülern zusammen?
der Stichprobengröße, im Land, in dem die Studie
                                                                  • Inwiefern unterscheiden sich die Zusammenhänge
durchgeführt wurde oder auch im Alter der Studi-                       der Elternbeteiligung und dem schulischen Erfolg
enteilnehmerinnen und -teilnehmer. Diese Unter-                        (d. h. der schulischen Leistung und der Motivation)
schiede können auch zu unterschiedlichen und                           nach Merkmalen der Schülerinnen und Schüler
zum Teil widersprüchlichen Befunden führen. Der                        (d. h. Alter, sozioökonomischer Status und Migra-
Einfluss verschiedener Rahmenbedingungen in                            tionshintergrund)?
Einzelstudien kann dann anhand von sogenannten
Moderatoranalysen näher betrachtet werden. In der
Bildungsforschung, in der Rahmenbedingungen                       2.2 Methodisches Vorgehen
in Einzelstudien häufig nur schwer experimentell                  Um das methodische Vorgehen zur Erstellung der vor-
kontrollierbar sind, bieten Forschungssynthesen                   liegenden Forschungssynthese zu erläutern, stellen
die Chance, konkrete Bedingungen, wie z. B. die Al-               wir im folgenden Abschnitt die einzelnen Schritte kurz
tersstufe oder ein bestimmtes Schulfach, als mög-                 dar. Detailliertere Informationen zum Vorgehen bei
liche Erklärungen für widersprüchliche Befunde zu                 der Literaturrecherche finden sich im technischen Zu-
untersuchen.                                                      satzmaterial hier.

                                                                  Die grundlegenden Schritte – wie sie auch in Abbil-
                                                                  dung 4 zu sehen sind – werden in allen Arten von For-
                                                                  schungssynthesen durchlaufen.

                         LITERATUR-               EIN- & AUSSCHLUSS-                  FEIN-                    ERGEBNIS-
                         RECHERCHE                    KODIERUNG                     KODIERUNG                 GEWINNUNG

                                      Abbildung 4: Schritte einer Forschungssynthese, beginnend bei der Literaturrecherche.

16
Literaturrecherche
Für die systematische Gewinnung potenziell rele-
vanter Studien wurden zunächst sogenannte Schlag-
wörter festgelegt, die die drei thematischen Aspekte
schulischer Erfolg, Elternbeteiligung und Forschungssyn­
these abdeckten. Mithilfe von Schlagwörtern kann in
fachspezifischen Datenbanken gezielt nach wissen-
schaftlichen Studien zu bestimmten Themen gesucht
werden.

Da für die Recherche Datenbanken genutzt wurden,
die größtenteils internationale Studien bereitstellen,
wurden die Schlagwörter ins Englische übersetzt. Die
Berücksichtigung internationaler Forschung ermög-
licht nicht nur, über den Tellerrand hinauszublicken
und sich damit Anregungen für die eigene Praxis zu
holen, sondern auch verschiedene Schulsysteme
vergleichend zu betrachten und somit Unterschie-
de und Gemeinsamkeiten beschreib- und erklärbar
zu machen. Um eine möglichst große Bandbreite an
bestehenden Studien zu erlangen, wurden mehrere
internationale Datenbanken genutzt, die jeweils un-
terschiedliche Schwerpunkte im Bereich der Sozialwis-
senschaften berücksichtigen.

Ein- und Ausschlusskodierung
Die Suche mittels der festgelegten Schlagwörter ergab      schaftliche Mitarbeiterinnen des ZIB, um eine mög-
insgesamt 1658 Treffer in den verwendeten Datenban-        lichst objektive Einschätzung zu gewährleisten. Im
ken. Bei der sogenannten Ein- und Ausschlusskodie-         Rahmen der Feinkodierung wurden zur Einschätzung
rung wurden die Titel sowie die Kurzzusammenfas-           der Studien jeweils die vollständigen Artikel herange-
sungen dieser Treffer gesichtet und auf thematische        zogen, in denen die Studien veröffentlicht wurden.
Passung geprüft, d. h. es mussten bestimmte Kriterien
                                                           Da sich in der Regel nicht alle entscheidenden Infor-
erfüllt sein, die für die vorliegende Forschungssynthe-
                                                           mationen im Titel bzw. der Kurzzusammenfassung fin-
se relevant sind.
                                                           den, mussten in diesem Schritt nochmals zahlreiche
Jedes der folgenden Einschlusskriterien musste erfüllt     Studien ausgeschlossen werden, da beispielsweise
sein (andernfalls wurde die entsprechende Studie von       keine Informationen zur Definition von Elternbeteili-
der Forschungssynthese ausgeschlossen):                    gung vorhanden waren oder weil es sich zwar um eine
                                                           Forschungssynthese, nicht aber um eine Metaanaly-
• Es handelt sich um eine Forschungssynthese
                                                           se handelte. Somit bildet letztlich eine Auswahl von
  (konkret um eine Metaanalyse).
                                                           18 Metaanalysen die Grundlage für das vorliegende
• Die Art der Elternbeteiligung bezieht sich auf den       Second-Order Review.
  schulischen Kontext.
• Es wird eine Form des schulischen Erfolgs, das heißt     Ergebnisgewinnung
  schulische Leistung und/oder Motivation, in Abhän-       Im Schritt der Ergebnisgewinnung wurden alle be-
  gigkeit von der elterlichen Beteiligung untersucht.      rücksichtigten Studien hinsichtlich der für die vorlie-
                                                           gende Forschungssynthese relevanten Merkmale wie
Feinkodierung
                                                           beispielsweise der Dimension der Elternbeteiligung
Nach der Ein- und Ausschlusskodierung wurden die
                                                           oder der Art des schulischen Erfolgs (schulische Leis-
Studien feinkodiert, das heißt, es wurden die Informa-
                                                           tung oder Motivation) zusammengeführt und ver-
tionen aus den Studien extrahiert, die für die Erstel-
                                                           gleichend analysiert. Welche Erkenntnisse sich in den
lung der vorliegenden Forschungssynthese relevant
                                                           gewonnenen Daten finden, stellen wir im folgenden
waren. Die Feinkodierung erfolgte durch zwei wissen-
                                                           Kapitel ausführlich dar.

                                                                                                                17
2.3 Ergebnisse der Forschungssynthese
Für die vorliegende Forschungssynthese wurden ins-                                        finden Sie in einer Übersichtstabelle im technischen
gesamt 18 Metaanalysen berücksichtigt, in denen                                           Zusatzmaterial hier.
Zusammenhänge zwischen elterlicher Beteiligung
                                                                                          Im Folgenden wird differenziert dargestellt, zu wel-
und schulischem Erfolg untersucht wurden. In diesen
                                                                                          chen Ergebnissen die Metaanalysen in Bezug auf die
Metaanalysen wurden zwischen 14 und 448 Primär-
                                                                                          verschiedenen Dimensionen von Elternbeteiligung
studien berücksichtigt. Alle Metaanalysen wurden in
                                                                                          (school-based parental involvement, home-based pa-
wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht
                                                                                          rental involvement und academic socialization) sowie in
und mittels der bereits beschriebenen Recherche-
                                                                                          Bezug auf die Benachteiligungsmerkmale sozioöko-
strategie in internationalen Datenbanken ausfindig
                                                                                          nomischer Status und Migrationshintergrund kom-
gemacht. Schulischer Erfolg wird in der vorliegenden
                                                                                          men. Die Art und die Intensität von Elternbeteiligung
Forschungssynthese anhand der schulischen Leistung
                                                                                          verändert sich in der Regel mit dem Alter der Schüle-
oder der Motivation der Schülerinnen und Schüler
                                                                                          rinnen und Schüler. Um auch Aussagen in Bezug auf
gemessen. Die Zusammenhänge, die sich teils auf
                                                                                          potenzielle altersbezogene Effekte treffen zu können,
die Leistung und teils auf die Motivation der Schüle-
                                                                                          wird das Schülermerkmal Alter in den vorliegenden
rinnen und Schüler beziehen, sind durchweg positiv,
                                                                                          Auswertungen ebenfalls berücksichtigt.
fallen jedoch verschieden groß aus, was beispiels-
weise mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen in                                          Jeweils am Ende eines Abschnitts zu den einzelnen
den einzelnen Metaanalysen zusammenhängen kann.                                           Dimensionen und Schülermerkmalen fassen wir die
Im Großteil der Studien wurde die Schulleistung der                                          tralen Forschungserkenntnisse (Das Wichtigste in
                                                                                          zen­
Schülerinnen und Schüler untersucht – in drei der Stu-                                    Kürze) zusammen. Dort werden außerdem basierend
dien wurde zusätzlich Motivation berücksichtigt. Eine                                     auf den Ergebnissen Anregungen in Form von Refle­
Übersicht über die berücksichtigten Studien sowie die                                     xions­fragen für Lehrkräfte und Schulleitungen ange-
Art des schulischen Erfolgs und die Formen von Eltern-                                    boten.
beteiligung, die darin jeweils berücksichtigt wurden,

 Überblick über die Effekte pro Metaanalyse
         academic socialization        school-based parental involvement          home-based parental involvement
0,7

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1
                                    0,0
  0
          Fan

                     Hil

                                  Tan

                                             Kim

                                                        Pin

                                                                    Tan

                                                                                  Ro

                                                                                             Kim

                                                                                                         Tan

                                                                                                                     Kim

                                                                                                                                 Ba
                                                                                     se

                                                                                                                                  rge
                       l&

                                                            q
                                    (20

                                                                        et a

                                                                                                            et a
            &C

                                                           uar
                                                (20

                                                                                                 &H

                                                                                                                      &H
                                                                                     nzw

                                                                                                                                   re
                         Tys

                                       17)
              hen

                                                                           l. (

                                                                                                              l. (
                                                  20)

                                                             t&

                                                                                                   ill

                                                                                                                           ill
                                                                                       eig

                                                                                                                                      ta
                             o
                            n(

                                                                            201

                                                                                                                201
                                                                                                    (20

                                                                                                                            (20

                                                                                                                                        l. (
                                                                Ebe
                 (20

                                                                                           (20
                              200

                                                                                                                                         201
                                                                                                      15)

                                                                                                                             15)
                                                                                9b)

                                                                                                                    9a)
                                                                  lin
                   01)

                                                                                            01)
                                  9)

                                                                                                                                           9)
                                                                   g(

                                                                                                         Vä

                                                                                                                                 Mü
                                                                      201

                                                                                                          ter

                                                                                                                                  tte
                                                                                                                                   r
                                                                           9)

Abbildung 5: Überblick über die Effekte für Schulleistung pro Metaanalyse und Dimension der Elternbeteiligung. In der
Abbildung sind aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit nur Studien dargestellt, die dieselbe Einheit für die Berechnung
des Zusammenhangs verwenden (hier: Korrelationskoeffizient r; Korrelative und kausale Zusammenhänge).

18
Befunde zur Dimension
school-based parental involvement:
Die Ergebnisse innerhalb der Dimension school-based                                             die Mitgliedschaft in Entscheidungsgremien (Barger
parental involvement liegen über alle berücksichtigten                                          et al., 2019; Rosenzweig, 2001). Nahezu keinen Zu-
Studien hinweg im positiven Bereich und bewegen sich                                            sammenhang mit der Schulleistung findet sich für die
hauptsächlich zwischen kleinen und mittleren Zusam-                                             Kommunikation zwischen Eltern und Lehrkräften (Ro-
menhangseffekten ( Korrelative und kausale Zusam-                                               senzweig, 2001; Tan et al., 2019a; Tan et al., 2019b). Aus
menhänge).                                                                                      diesem Ergebnis lässt sich selbstverständlich nicht
                                                                                                ableiten, dass Eltern weniger oft mit Lehrkräften kom-
Der größte Unterschied in den Zusammenhangseffek-
                                                                                                munizieren sollten, sondern nur, dass die Kommunika-
ten zeigt sich zwischen Fan und Chen (2001) und Tan et
                                                                                                tion keinen direkt nachweisbaren Zusammenhang mit
al. (2019b). Die Unterschiede in den Effekten, die sich
zwischen kleinen und mittelgroßen Zusammenhän-                                                  der schulischen Leistung der Schülerinnen und Schüler
gen bewegen, lassen sich teilweise mit den im Ein-                                              zeigt. Vielmehr könnte es sein, dass die Kommuni-
zel-nen untersuchten Verhaltensweisen von school-ba­                                            kation zwischen Eltern und Lehrkräften zunächst die
sed parental involvement erklären: Vergleichsweise                                              Erwartungen der Lehrkräfte an die Schülerinnen und
vielversprechend für die Leistung der Schülerinnen                                              Schüler verändert und somit nicht unmittelbar ein Zu-
und Schüler scheinen ehrenamtliche sowie mitbe-                                                 sammenhang mit der Schulleistung messbar ist.
stimmende Tätigkeiten der Eltern zu sein, also z. B.

 school-based parental involvement
 Zusammenhang mit           Schulleistung          Motivation

                            0,00            0,05           0,10             0,15            0,20            0,25             0,30            0,35             0,40              0,45

      Fan & Chen (2001)
        Kim et al. (2020)
      Hill & Tyson (2009)
 Kim & Hill (2015) Mütter
     Barger et al. (2019)
     Barger et al. (2019)
       Tan et al. (2019a)
  Kim & Hill (2015) Väter
              Tan (2017)
              Kim (2020)
       Tan et al. (2019b)
                              Verhaltensweisen, die unter diese Dimension fallen sind z. B.: Teilnahme am Elternsprechtag, Begleitperson bei Klassenausflügen oder Engagement
                              im Elternbeirat.

Abbildung 6: Zusammenhänge zwischen den Formen in der Dimension school-based parental involvement und schulischem
Erfolg. In der Abbildung sind aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit nur Studien dargestellt, die dieselbe Einheit für die
Berechnung des Zusammenhangs verwenden (hier: Korrelationskoeffizient r).

                                                                                                                                                                                       19
In Bezug auf Motivation – in diesem Fall das Engage-       tiven Zusammenhang geschlossen werden kann und
ment der Schülerinnen und Schüler im Schulleben –          der Effekt theoretisch auch so zu erklären sein könnte,
scheinen hingegen v. a. die elterliche Teilnahme an        dass Eltern eher an schulischen Aktivitäten teilneh-
schulischen Aktivitäten wie Schul- und Klassenveran-       men, wenn sich ihre Kinder als motiviert zeigen und
staltungen einen positiven Einfluss zu haben (Barger       sich aktiv engagieren (z. B. bei Aufführungen der Thea­-
et al., 2019). Allerdings ist auch hier zu berücksichti-   tergruppe oder Vorträgen an Klassenveranstaltun-
gen, dass auf Basis der Daten nur auf einen korrela-       gen).

                     Das Wichtigste in Kürze: school-based parental involvement

     Richtung des Zusammenhangseffekts: positiv
     Statistische Interpretation des Zusammenhangs: klein bis mittelgroß

                                                            Reflexionsfragen für Lehrkräfte
                                                            und Schulleitungen
                                                            • Welche Gelegenheiten bieten wir den
           Zentrale Forschungserkenntnisse
                                                              Eltern an unserer Schule, um aktiv am
           • Für Leistungsförderung können v. a.
                                                              Schulleben teilzuhaben?
             ehrenamtliche und mitbestimmende
                                                            • Bieten wir Raum an unserer Schule, damit
             Tätigkeiten hilfreich sein.
                                                              Eltern sich auf informelle Art untereinan-
           • Für Motivation scheint Teilnahme an
                                                              der sowie mit den Lehrkräften austau-
             Schulaktivitäten förderlich.
                                                              schen können?
                                                            • Biete ich regelmäßig die Gelegenheit zum
                                                              gegenseitigen Austausch mit den Eltern an?

            Unterschiede zwischen mütterlicher
            und väterlicher Beteiligung                                    Väterliche Beteiligung
Kim und Hill (2015) gehen in ihrer Metaanalyse der            Zwei Studien beschäftigen sich explizit mit der vä-
Frage nach, ob sich die Zusammenhänge zwischen                terlichen Beteiligung und dem Zusammenhang mit
Elternbeteiligung und Schulleistung unterscheiden,            verschiedenen Aspekten des Wohlbefindens ihrer
je nachdem ob die Mutter oder der Vater involviert            Kinder (Jeynes, 2015) – eine davon betrachtet hier
ist. Mütter beteiligen sich im Durchschnitt häufiger          konkret die Gruppe getrenntlebender Väter (Adam-
als Väter. Interessant ist, dass sich das väterliche          son & Johnson, 2013). Die väterliche Beteiligung
Engagement an der Schule nicht gleichermaßen po-              steht in einem kleinen, aber positiven Zusammen-
sitiv auf die Leistung der Schülerinnen und Schüler           hang mit dem allgemeinen Wohlbefinden der Kin-
auszuwirken scheint wie das mütterliche Engage-               der – und damit indirekt auch mit der schulischen
ment an der Schule – der statistische Unterschied ist         Leistung. Die reine finanzielle Unterstützung durch
jedoch gering. Als Gründe nennen die Autorinnen,              den Vater und das zeitliche Ausmaß des Kontakts
dass Väter die Schule eher aufsuchen, wenn es Pro-            hängen allerdings nicht mit dem Wohlbefinden
bleme gibt, während Mütter den Kontakt zur Schule             der Kinder zusammen (Adamson & Johnson, 2013).
primär suchen, um Informationen zu erhalten. Dies             Es scheint also eher auf die Qualität der väterlichen
spiegelt möglicherweise auch eine unterschiedliche            Beteiligung anzukommen als auf die Quantität.
Rollenverteilung bei Müttern und Vätern wider.

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