Elternbeteiligung im schulischen Kontext - Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern - TUM School of ...
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3 Wissenschaft macht Schule Delia Hillmayr, Janina Täschner, Lilo Brockmann, Doris Holzberger Elternbeteiligung im schulischen Kontext Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern
Delia Hillmayr, Janina Täschner, Lilo Brockmann, Doris Holzberger Elternbeteiligung im schulischen Kontext – Potenzial zur Förderung des schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern Waxmann 2021 Münster • New York
Das dieser Broschüre zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Förderkennzeichen ZIB2022 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen. Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Wissenschaft macht Schule, Band 3 herausgegeben von Doris Holzberger und Kristina Reiss ISSN 2701-6056 Print-ISBN 978-3-8309-4366-2 E-Book-ISBN 978-3-8309-9366-7 https://doi.org/10.31244/97830003 © Waxmann Verlag GmbH, 2021 Steinfurter Straße 555, 48159 Münster www.waxmann.com info@waxmann.com Umschlagfoto: © Potstock | shutterstock.com Satz, Umschlaggestaltung: Waxmann Verlag Grafiken: Grafikbüro Petra Hinterberger – www.das-grafikbuero.de Dieses Werk ist unter der Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 veröffentlicht: Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0)
Inhalt Über diese Broschüre............................................................................................................................................................ 4 1 Eltern als wichtiger Faktor für schulischen Erfolg............................................................................................. 5 1.1 Die Rolle des familiären Hintergrunds im Bildungssystem......................................................................... 5 1.2 Formen der Elternbeteiligung.........................................................................................................................10 2 Das zeigt die Forschung zu Elternbeteiligung: Eine Forschungssynthese................................................... 14 2.1 Ziele der Forschungssynthese.........................................................................................................................16 2.2 Methodisches Vorgehen...................................................................................................................................16 2.3 Ergebnisse der Forschungssynthese..............................................................................................................18 3 Maßnahmen zur Förderung von Elternbeteiligung – Programme aus der Praxis..................................... 34 4 Weiterführende Informationen zu bestehenden Programmen und Maßnahmen zur Förderung von Elternbeteiligung ................................................................................................................ 36 Referenzen........................................................................................................................................................................... 40 Bildnachweis........................................................................................................................................................................ 43 Anhang ................................................................................................................................................................................ 43 Das technische Zusatzmaterial zu dieser Broschüre finden Sie hier. Autorinnen: Delia Hillmayr 1, Janina Täschner1, Lilo Brockmann2, Doris Holzberger1 Herausgeberinnen: Doris Holzberger und Kristina Reiss 1 Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) 1 Technische Universität München (TUM) 2 Westfälische Wilhelms-Universität Münster Dank Unser Dank gilt allen Personen, die die Inhalte dieser deren Erkenntnisse aus den Bachelorarbeiten zum Broschüre mit ihrem Engagement und Wissen berei- Thema Elternbeteiligung in die Broschüre eingeflos- chert haben – darunter die Kolleginnen und Kollegen sen sind, möchten wir herzlich danken. Insbesonde- des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstu re bedanken wir uns auch für die gewinnbringende dien (ZIB) e. V., des Staatsinstituts für Schulqualität und Kooperation mit den Landesinstituten, die uns Infor- Bildungsforschung (ISB) München und eduvisory. Auch mationen zu bestehenden Programmen zum Thema unseren wissenschaftlichen Hilfskräften, die uns über Elternbeteiligung im schulischen Kontext zur Verfügung den gesamten Erstellungsprozess unterstützt haben, gestellt haben. sowie den Studierenden Hikmet Yanar und Felix Seibold,
Über diese Broschüre Mit dieser Publikation richten wir uns an Schulleitungen tigen Lagen zu unterstützen und damit spezifisch die und Lehrkräfte sowie an politische Entscheidungsträge- Bildungschancen von benachteiligten Schülerinnen und rinnen und Entscheidungsträger und an alle Personen, Schülern zu verbessern. die sich für den Themenbereich der Elternbeteiligung Ebenso wurde das Zentrum für internationale Bildungs- im schulischen Kontext interessieren. Ziel ist es, Eltern- vergleichsstudien ( Kurzporträt ZIB) beauftragt, poten- beteiligung als eine Möglichkeit zur Förderung des ziell geeignete Maßnahmen zur Reduzierung von Bil- schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern vor- dungsungleichheiten systematisch aufzubereiten, um zustellen und relevante Informationen zu diesem The- die wissenschaftlichen Erkenntnisse für Personen aus menbereich verfügbar zu machen. Bildungspolitik, Bildungsadministration und Bildungs- Schulschließungen und Distanzunterricht infolge der praxis verfügbar und nutzbar zu machen. Im Zuge des- Corona-Pandemie unterstreichen die maßgebliche Rolle sen hat sich gezeigt, dass auch die Elternbeteiligung im der Eltern für das schulische Lernen von Schülerinnen schulischen Kontext bei der Diskussion über mögliche und Schülern. Immer wieder zeigen Studien, dass schu- Wege zu mehr Bildungsgleichheit immer mehr Auf- lische Leistung oder der Besuch bestimmter Schularten merksamkeit erlangt. stark mit familiären Hintergrundmerkmalen verknüpft Im Rahmen einer Forschungssynthese haben wir da- sind und Schülerinnen und Schüler aus Familien mit her systematisch Wissen darüber zusammengetragen, niedrigem sozioökonomischen Status und/oder mit welche Rolle Eltern in Bezug auf die Förderung des Migrationshintergrund im Erreichen von schulischem schulischen Erfolgs ihrer Kinder einnehmen können. Da- Erfolg als benachteiligt angesehen werden können. bei werden alle Schülerinnen und Schüler in den Blick Ein Resultat der Diskussionen über Möglichkeiten zur genommen, d. h. sowohl benachteiligte als auch nicht Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler benachteiligte Kinder und Jugendliche. Zunächst wer- ist beispielsweise der Ausbau von Ganztagsschulen in den umfassende Hintergrundinformationen zur Rolle Deutschland, mit welchem hohe Erwartungen im Sin- des familiären Hintergrunds im Bildungssystem und zu ne einer Reduzierung von Ungleichheiten im Bildungs- Erklärungsansätzen von Bildungsungleichheiten gege- kontext verbunden sind. Darüber hinaus wurde 2019 ben sowie verschiedene Formen der Elternbeteiligung die Bund-Länder-Initiative Schule macht stark ins Leben erläutert (Kapitel 1). Anschließend wird der aktuelle in- gerufen, die primär darauf abzielt, Schulen in ungüns- ternationale Forschungsstand zur Frage, inwieweit El- ternbeteiligung ein Potenzial zur Förderung des schu- lischen Erfolgs von Schülerinnen und Schüler darstellt, systematisch aufbereitet (Kapitel 2). Dabei werden An- regungen in Form von Reflexionsfragen für Lehrkräfte und Schulleitungen angeboten. Abschließend stellen wir verschiedene Praxisbeispiele zur Förderung von Elternbeteiligung vor (Kapitel 3, Kapitel 4). 4
1 Eltern als wichtiger Faktor für schulischen Erfolg Um die Bedeutung des familiären Hintergrunds im de festgestellt, dass die Stärke des Zusammenhangs schulischen Kontext zu verdeutlichen, wird in diesem zwischen der Lesekompetenz und der sozialen Her- Kapitel zunächst auf die Auswirkungen familiärer kunft ( Soziale Herkunft und Migrationshintergrund) Hintergrundmerkmale im Bildungskontext sowie auf von Schülerinnen und Schülern in Deutschland über mögliche Gründe für die Entstehung und Manifestie- dem OECD-Durchschnitt liegt. Auch die Unterschiede rung von Bildungsbenachteiligung eingegangen. Im in der Lesekompetenz zwischen Schülerinnen und Anschluss werden verschiedene Formen elterlicher Schülern mit und ohne Migrationshintergrund sind in Beteiligung im schulischen Kontext dargestellt. Deutschland vergleichsweise groß, wobei Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund hinter den an- deren zurückliegen (Weis et al., 2019). Auch in anderen 1.1 Die Rolle des familiären Hintergrunds Studien zeigen sich Einflüsse der Herkunft – nicht nur im Bildungssystem bei der Lesekompetenz, sondern auch bei mathema- Zum wiederholten Male haben die Erhebungen im tischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen Rahmen der PISA-Studie gezeigt, dass die schulischen zuungunsten von Kindern und Jugendlichen aus sozial Leistungen von Schülerinnen und Schülern eng mit benachteiligten Familien (Stubbe et al., 2016). Merkmalen des familiären Hintergrunds verknüpft sind. In Bezug auf die Schwerpunktdomäne Lesen wur- 5
Soziale Herkunft und Migrationshintergrund Bei der Bestimmung sozialer Herkunft spielen ver- tionshintergrund sind dagegen Kinder und Jugendli- schiedene Merkmale eine Rolle wie beispielsweise che, deren Elternteile beide im Ausland geboren sind. der Beruf oder der Ausbildungsabschluss der Eltern, In Deutschland sind die Zusammenhänge zwischen die finanziellen Einkünfte, der Besitz von Kulturgütern sozialer Herkunft und Migrationshintergrund deutlich (z. B. Anzahl der Bücher im Haushalt) oder die kultu- sichtbar: Familien mit Migrationshintergrund weisen relle Praxis (z. B. Besuch von Museen). Häufig wird zur hierzulande häufig einen niedrigeren sozioökonomi- Messung der sozialen Herkunft der sogenannte sozio- schen Status auf (Weis et al., 2019), beispielsweise also ökonomische Status herangezogen, ein Maß, das die ein vergleichsweise geringes Einkommen oder niedri- oben genannten Merkmale berücksichtigt. ge Bildungsabschlüsse. Aufgrund der zuhause gespro- Mit Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshinter- chenen Sprache oder anderer kultureller Unterschiede grund sind in der vorliegenden Publikation – und bei- starten Kinder und Jugendliche mit Migrationshinter- spielsweise auch nach der internationalen Definition grund zudem häufig mit ungünstigeren Ausgangsbe- in der PISA-Studie – Kinder und Jugendliche gemeint, dingungen ins Schulleben als Kinder und Jugendliche die kein oder maximal ein im Ausland geborenes El- ohne Migrationshintergrund. ternteil haben. Schülerinnen und Schüler mit Migra Der Einfluss des familiären Hintergrunds wird auch dadurch unterstrichen, dass er teils stärkere Zusam- menhänge mit dem schulischen Erfolg aufweist als schulische Faktoren wie z. B. die Klassengröße oder die finanziellen Ausgaben pro Schülerin oder Schüler (z. B. Coleman et al., 1966; Hattie, 2011). Eine Übersicht über wichtige Merkmale des familiären Hintergrunds, ausgewählte schulische Faktoren sowie verschiedene Facetten des schulischen Erfolgs finden Sie in Abbildung 1. Unter dem Begriff schulischer Er- folg wird eine Bandbreite an Variablen zusammen- gefasst wie z. B. die Bildungsbeteiligung oder mehr- dimensionale Bildungsziele, die im Unterricht ange- strebt werden. In der vorliegenden Publikation legen wir den Fokus auf die mehrdimensionalen Bildungs- ziele und damit konkret auf zwei wichtige Facetten des schulischen Erfolgs: die Schulleistung und die Mo- tivation von Schülerinnen und Schülern. 6
Familiärer Hintergrund Schulische Faktoren Faktoren wie z. B.: wie z. B.: · sozioökonomischer Status · Klassengröße (z. B. Beruf der Eltern) · finanzielle Ausgaben pro Schülerin · Migrationshintergrund oder Schüler · zuhause gesprochene Sprache · Zusammensetzung der Schülerschaft · Elternbeteiligung im schulischen Kontext (z. B. Teilnahme an Elternabenden) Schulischer Erfolg Bildungsbeteiligung Mehrdimensionale Bildungsziele · Fehlzeiten im Unterricht Schulleistung (z. B. gemessen an Noten oder Leistungstests) · Schulabbruch · Lesekompetenz, naturwissenschaftliche Kompetenz, · besuchte Schulform mathematische Kompetenz, Sprachkompetenz · Mitwirken an schulischen Motivation (i. d. R. mittels standardisierter Fragebögen erfasst) Aktivitäten über den Unterricht hinaus · Interesse am Schulfach · Freizeitaktivitäten · Bildungserwartungen der Schülerinnen und Schüler (z. B. Spielen eines Instruments) · Selbstkonzept · schulisches Engagement der Schülerinnen und Schüler · Einstellung zum Lernen Abbildung 1: Übersicht über ausgewählte familiäre Hintergrundmerkmale und schulische Faktoren, die die ver schiedenen Facetten schulischen Erfolgs von Schülerinnen und Schülern beeinflussen können. Grafisch hervor gehoben ist das Hauptaugenmerk dieser Broschüre: die elterliche Beteiligung im schulischen Kontext und ihr Potenzial für die Schulleistung und die Motivation von Schülerinnen und Schülern. Auswirkungen des familiären Hintergrunds im Bildungskontext: Zeigen sich im Vergleich bestimmter Personengrup- Bildungsungleichheiten zeigen sich dabei in verschie- pen Unterschiede im schulischen Erfolg in Abhängig- denen Bereichen wie beispielsweise keit von konkreten Merkmalen dieser Gruppen wie beispielsweise der sozialen Herkunft, wird dies als • der schulischen Leistung, Bildungsungleichheit bezeichnet. Wenn im Vergleich • der besuchten Schulform oder entsprechender Personengruppen – in diesem Falle • den Ausbildungs- und Berufswegen. z. B. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshinter- Neben den bereits dargelegten Befunden zu Unter- grund und Schülerinnen und Schüler ohne Migrations- schieden in der schulischen Leistung von Schülerinnen hintergrund – regelmäßig Bildungsungleichheiten zu und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund zei- beobachten sind, spricht man von Bildungsbenachtei- gen sich auch Unterschiede in der Bildungsbeteiligung ligung. 7
wie z. B. der besuchten Schulform: Je höher der beruf liche Abschluss der Eltern ist, desto eher besuchen Ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 Jahren eine Das ökonomische Kapital bezieht sich auf Besitztümer allgemeinbildende Schule statt einer berufsbilden- wie beispielsweise Immobilien, Schmuck oder ande- den Schule (Autorengruppe Bildungsberichterstat- re Arten von Vermögen, die direkt in Geld umwan- tung, 2018). Darüber hinaus besuchen Jugendliche mit delbar sind. Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig eine Haupt- bzw. Mittelschule (SVR, 2020). Diese Ten- Das soziale Kapital beschreibt die menschlichen Be- denz zeigt sich auch später im Bildungsverlauf, denn ziehungen und sozialen Netzwerke, auf die man Studierende mit Migrationshintergrund sind an Uni- zurückgreifen kann. Das können beispielsweise Kon- versitäten weiterhin unterrepräsentiert. Die Wahr- takte sein, die bei der Wahl des Studienplatzes oder scheinlichkeit, ein Studium aufzunehmen, ist für die- bei der Jobsuche weiterhelfen können. jenigen, deren Eltern über einen Hochschulabschluss Das kulturelle Kapital bezieht sich unter anderem auf verfügen, um ein Vielfaches höher als für jene, deren kulturelle Güter wie beispielsweise Bücher, kann aber Eltern keinen Hochschulabschluss haben (Autoren- auch ganz allgemein die Bildung innerhalb einer Fa- gruppe Bildungsberichterstattung, 2018). milie beschreiben (Bourdieu, 1983). Angesichts dieser vielfältigen Auswirkungen von Bil- dungsbenachteiligung und der Tatsache, dass der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrations- hintergrund in Deutschland in den letzten 10 Jahren deutlich angestiegen ist – während in der PISA-Studie 2009 noch 26 % der Fünfzehnjährigen einen Migra- Zum anderen kann das Zustandekommen von Bil- tionshintergrund hatten, waren es 2018 bereits 36 % dungsbenachteiligung mit dem Entscheidungsver- (Hofer et al., 2019) – scheint die Gefahr einer systemati- halten der Eltern erklärt werden: Eltern wägen Kos- schen Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern ten und Nutzen der jeweiligen Bildungswege ab und mit entsprechendem familiären Hintergrund aktueller treffen Entscheidungen, die wiederum auch von ihrer denn je. Bevor wir mögliche Ansatzpunkte zur Redu- eigenen Herkunft bestimmt sein können – so z. B. be- zierung dieses Problems aufzeigen, werden im nächs- züglich des Übergangs in eine weiterführende Schule ten Abschnitt zunächst die Entstehung und Manifestie- oder der Aufnahme eines Studiums versus einer Ausbil- rung von Bildungsbenachteiligung thematisiert. dung. Diese Unterschiede im Bildungswahlverhalten von Eltern werden als sekundäre Herkunftseffekte bezeichnet. Entstehung und Manifestierung von Bildungsbenachteiligung: Da elterliche Verhaltensweisen wie das Bildungswahl- Die Entstehung von Bildungsbenachteiligung kann mit verhalten beispielsweise durch Lehrkräfte und andere zwei Theorien sozialer Ungleichheit erklärt werden: in diesem Kontext beteiligte Personen eher beeinfluss- Zum einen ist es entscheidend, auf wie viel ökonomi- bar sind als etwa der Bildungsgrad, der Wohnort oder sches, kulturelles und soziales Kapital eine Familie zu- das finanzielle Einkommen der Eltern, gewinnen die- rückgreifen kann ( Ökonomisches, soziales und kul- se Verhaltensweisen als Potenzial für die Förderung turelles Kapital). Beispielsweise kann die Möglichkeit schulischen Erfolgs zunehmend an Bedeutung. Die einer problemlosen Finanzierung und Nutzung von Autorinnen- und Autorengruppe um Gubbels (2019) Nachhilfe (ökonomisches Kapital) einen Vorteil beim findet in einer Metaanalyse über 75 Studien Hinwei- Schulbesuch bieten. Gleichzeitig kann sich das Fehlen se darauf, dass eine aktive elterliche Beteiligung im von persönlichen Kontakten (soziales Kapital) z. B. bei schulischen Kontext mit weniger Fehlzeiten und sogar der Suche einer Ausbildungsstelle nachteilig auf die geringeren Schulabbruchraten von Schülerinnen und Bildungskarriere auswirken. Ungleiche Startbedin- Schülern einhergehen kann. gungen, unterschiedliche Anregungen des Elternhau- ses oder auch die ungleiche Nutzung schulischer Lern- angebote werden primäre Herkunftseffekte genannt (Boudon, 1974). 8
Kurzporträt: Das Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) • Drei Standorte: München (Technische Universität • Förderung durch das Bundesministerium für Bildung München), Frankfurt am Main (Leibniz-Institut für und Forschung sowie durch das Sekretariat der Stän- Bildungsforschung und Bildungsinformation), Kiel digen Konferenz der Kultusminister der Länder in der (Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissen- Bundesrepublik Deutschland (Förderkennzeichen schaften und Mathematik) ZIB2022) • Zentrale Aufgaben: Forschungssynthesen, PISA-Stu- • Weitere Informationen zu den einzelnen Forschungs- die in Deutschland (Bildungsmonitoring), Schul- und projekten finden Sie auf der Homepage des ZIB hier. Unterrichtsforschung sowie Methodenforschung Außerdem finden Sie die Arbeitsgruppe Forschungs- synthesen auf Twitter (@edusyn_tum). • Vereint bundesweite Expertise zu zahlreichen The- menbereichen der empirischen Bildungsforschung • Forschungssynthesen fokussieren auf verschiedene bildungsrelevante Themen und legen ein Hauptau- genmerk auf die Anwendungsorientierung und den Austausch mit der Praxis Vor dem Hintergrund bestehender Bildungsungleich- heiten rücken somit neben der konkreten Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler auch die Fra- gen nach Einflussmöglichkeiten der elterlichen Unter- stützung und der gelingenden Zusammenarbeit von Schulen mit den Elternhäusern weiter in den Fokus. Inwiefern sich elterliche Verhaltensweisen, wie die Teilnahme an schulischen Aktivitäten oder die Unter- stützung bei Hausaufgaben, auch auf andere Facetten des schulischen Erfolgs wie die Schulleistung und die Motivation der Kinder und Jugendlichen auswirken können, wird in Kapitel 2 basierend auf aktuellen For- schungserkenntnissen dargestellt. Im nachfolgenden Abschnitt beschreiben wir konkrete Formen der Eltern- beteiligung und gehen auf Besonderheiten bei der Zu- sammenarbeit von Schule und Eltern mit Migrations- hintergrund und/oder niedrigem sozioökonomischen Status ein. 9
1.2 Formen der Elternbeteiligung Eltern können sich in vielfältiger Art und Weise am Schulleben ihrer Kinder beteiligen. Sie besuchen El- Eltern bzw. Erziehungsberechtigte (die im Folgenden ternabende und Schulveranstaltungen, unterstützen auch mit dem Begriff Eltern gemeint sind) können bei den Hausaufgaben, üben mit ihren Kindern vor durch verschiedene Verhaltensweisen auf den schuli- Klassenarbeiten oder besuchen gemeinsam mit den schen Erfolg ihrer Kinder einwirken. In diesem Kapitel Kindern ein Museum. Dabei können sich sowohl das werden zunächst Beispiele für diese Verhaltenswei- Ausmaß als auch die Art und Weise der elterlichen sen, die auch Formen der Elternbeteiligung genannt Beteiligung beispielsweise in Abhängigkeit davon werden, erläutert und in ein Modell der Elternbetei- unterscheiden, ob eine Ganztagsbeschulung erfolgt ligung eingeordnet. Anschließend gehen wir auf Be- oder nicht. Als ein „Extrembeispiel“ von Elternbeteili- sonderheiten bei der Elternbeteiligung von Eltern mit gung seien auch die Schulschließungen als Maßnah- Migrationshintergrund und/oder niedrigem sozioöko- me zur Bekämpfung der Corona-Pandemie genannt. nomischen Status ein. Die vielfältigen Formen von Elternbeteiligung werden in der bildungswissenschaftlichen Literatur häufig zu übergeordneten Dimensionen zusammengefasst, die Definition von Elternbeteiligung wiederum ein Gesamtmodell der Elternbeteiligung er- Elternbeteiligung meint „sämtliche Interaktionen geben (z. B. Epstein, 1987; Grolnick & Slowiaczek, 1994; von Eltern mit ihren Kindern sowie der Schule [in- Hill & Tyson, 2009). klusive schulischem Personal], die darauf abzielen, Wir verwenden zur Einordnung der Formen elterlicher den schulischen Erfolg ihrer Kinder zu fördern“ (Hill Beteiligung das Modell von Hill und Tyson (2009). Die et al., 2004, S. 1491). Autorinnen gehen darin von drei verschiedenen Di- Der Begriff der Elternbeteiligung umfasst damit mensionen der Elternbeteiligung aus: verschiedene Facetten vom aktiven Sichbeteiligen • home-based parental involvement und passivem Beteiligtwerden (Gomolla, 2009). In • school-based parental involvement der internationalen Literatur liest man häufig den • academic socialization Begriff parental involvement, den auch wir verwen- Eine beispielhafte Übersicht über diverse Formen von den, wenn wir uns auf Inhalte aus englischsprachi- Elternbeteiligung und ihre Zuordnung zu den drei ger Literatur beziehen. Dimensionen nach Hill und Tyson (2009) finden Sie in Abbildung 2. Elternbeteiligung academic home-based school-based socialization · Lernplatzgestaltung · Kommunikation mit Lehrkräften Kommunikation von: · Hausaufgabenunterstützung und Schulleitung · elterlichen Erwartungshaltungen · gemeinsame Museums- und · Teilnahme an Elternabenden und Büchereibesuche -sprechtagen Kommunikation über: · gemeinsames Lesen · Engagement im Elternbeirat · Lernstrategien · Üben vor Klassenarbeiten · Mithilfe bei Schulfesten und · Stellenwert von Bildung Klassenausflügen · Zukunftspläne · Hilfe bei Leistungsproblemen · Teilnahme an Schul- und Klassenveranstaltungen Abbildung 2: Verschiedene Formen der Elternbeteiligung im schulischen Kontext und ihre übergeordneten Dimensionen. 10
Unter home-based parental involvement werden erwartung sichtbar werden, indem sie ihr Lob- und Kri- sämtliche Verhaltensweisen verstanden, die die Ge tikverhalten möglichst differenziert an die schulischen staltung von Lerngelegenheiten zuhause bzw. im fami- Leistungen anpassen. Selbstverständlich findet diese liären Umfeld betreffen. Das sind beispielsweise die Kommunikation häufig im häuslichen Bereich statt. Einrichtung eines geeigneten Lernplatzes, die Unter- Diese Dimension wird jedoch separat betrachtet, da stützung bei den Hausaufgaben oder auch der ge- mit ihr Wirkungen verbunden sein können, die für die meinsame Besuch einer Bücherei. Dimension home-based parental involvement typische Verhaltensweisen wie die häusliche Gestaltung von Die Dimension school-based parental involvement Lerngelegenheiten nicht unbedingt erzielen (z. B. die umfasst sämtliche Verhaltensweisen von elterlicher Beeinflussung der Einstellung gegenüber bestimmten Beteiligung, die sich auf Aktivitäten oder Interaktionen Bildungswegen). der Eltern vor Ort in der Schule beziehen. Beispiele da- für reichen vom Besuch des Elternsprechtags über die Im folgenden Abschnitt werden Besonderheiten dar- Beteiligung als Begleitperson bei Ausflügen bis hin gestellt, die bei der Zusammenarbeit von Schule mit zum Engagement im Elternbeirat. benachteiligten Familien auftreten können und die mit spezifischen elterlichen Verhaltensweisen einher- Nicht an einen Ort gebunden sind Formen der dritten gehen können. Dimension academic socialization. Darunter fallen sämtliche Verhaltensweisen, die explizit die Kommu Elternbeteiligung bei Familien mit Migrations nikation bildungsrelevanter Inhalte umfassen. Beispie- hintergrund und/oder niedrigem sozio- le dafür finden sich im Alltag, wenn Eltern mit ihren ökonomischen Status: Kindern über geeignete Lernstrategien zum Vokabel- In der Forschungsliteratur wird häufig erwähnt, dass wiederholen diskutieren oder mögliche Berufswege Eltern mit Benachteiligungsmerkmalen – in diesem ausloten. Auch die Kommunikation elterlicher Erwar- Kontext sind darunter ein Migrationshintergrund und/ tungen bezüglich zukünftiger Leistungen wie etwa oder ein niedriger sozioökonomischer Status zu ver- Zeugnisnoten oder dem erwünschten Schulabschluss stehen – aus Sicht der Schule schwerer zu erreichen gehört zu dieser Dimension. Man spricht dann von el- sind (Hillesheim, 2009) und sich zudem weniger stark terlichen Bildungserwartungen. Neben der ausdrück- an schulischen Prozessen beteiligen als Eltern ohne lichen Kommunikation können sich höhere elterliche Benachteiligungsmerkmale. Dies kann unter anderem Bildungserwartungen auch im Verhalten manifestie- mit unzureichenden Fachkenntnissen oder fehlenden ren, indem Eltern beispielsweise mehr lern- und leis- Kenntnissen bezüglich des Schulsystems einhergehen tungsunterstützendes Verhalten zeigen, etwa ge- (Gomolla & Rotter, 2012). Aufgrund der Tatsache, dass meinsam mit dem Kind lernen oder Zusatzmaterial Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien zur Förderung bestellen. Alternativ kann ihre Bildungs- ohnehin in ihren schulischen Leistungen im Durch- 11
schnitt hinter anderen Kindern und Jugendlichen zu- unterstützen?“ fehlt es den Eltern häufig an Informati- rückliegen (z. B. Weis et al., 2019), besteht die Gefahr onen. Dass jedoch prinzipiell Interesse bei den Eltern einer doppelten Benachteiligung: Eltern mit Migra- besteht, wird in folgendem Zitat einer Mutter deutlich, tionshintergrund können beispielsweise aufgrund das in einer Interviewstudie zum Thema Elternbeteili sprachlicher Defizite ihre Kinder weder selbst in erfor- gung an Schulen mit Eltern mit Migrationshintergrund derlichem Ausmaß beim Lernen unterstützen noch in und/oder niedrigem sozioökonomischen Status im Form von professioneller Nachhilfe, da sie sich diese Rahmen einer Bachelorarbeit an der Technischen Uni- mit einem durchschnittlich geringen Einkommen in versität München erhoben wurde: der Regel nicht leisten können. So scheint es umso „Ich finde es sehr interessant, dass es diese Ange- wichtiger, das Potenzial elterlicher Beteiligung zur För- bote generell gibt. Man könnte vielleicht nachha- derung des schulischen Erfolgs zu nutzen. ken, aber rein aus den Briefen oder den Mitteilun- gen oder eben auch den Elternsprechtagen geht Ein geringeres Ausmaß an „sichtbarem“ Engagement das Ganze nicht hervor.“ der Eltern an der Schule ist jedoch keinesfalls mit feh- lender Bereitschaft seitens der Eltern gleichzusetzen. Somit ist es wichtig, sich mit möglichen Besonderhei- Hingegen sind Angebote der Schulen (z. B. Mitwirkung ten dieser Personengruppen auseinanderzusetzen, oder Teilnahme an Schulveranstaltungen) oftmals nur um diese in der Entwicklung und Umsetzung von An- unzureichend auf die Bedürfnisse von Familien mit Be- geboten und Maßnahmen adäquat berücksichtigen nachteiligungsmerkmalen ausgerichtet (z. B. geringe- zu können. Hillesheim (2009) beschreibt unter ande- re finanzielle oder zeitliche Ressourcen) oder sie wer- rem folgende Aspekte, die bei der Zusammenarbeit den nicht adressatengerecht kommuniziert. von Schule und Eltern mit Benachteiligungsmerkma- len eine Rolle spielen und teilweise als Gründe für die Über gezielte Beratungsangebote beispielsweise zur geringere Beteiligung im schulischen Kontext angese- Frage „Wie kann ich mein Kind zuhause bestmöglich hen werden können: 12
Kulturelle Werte und Regeln: häufig auch auf eine informelle Art und Weise statt- Familien unterscheiden sich je nach Herkunftsland in findet – so etwa in Form eines kurzen Gesprächs beim ihren Kulturen (Gomolla, 2009), weshalb sich die Er- Abholen der Kinder. Dadurch fühlen sich Eltern mit Mi- ziehungs- und Bildungsvorstellungen von Eltern mit grationshintergrund teilweise „nicht als pädagogisch Migrationshintergrund oftmals von denjenigen un- relevantes Umfeld der Kinder wahr- und ernstgenom- terscheiden, die im deutschen Schulsystem vermittelt men“ (Hillesheim, 2009, S. 35) und haben das Gefühl, werden: In Deutschland stehen Werte wie Selbstbe- von der Schule nicht ausreichend betreut zu werden. stimmung und Eigenverantwortung im Fokus, wäh- Als Lösungsansatz schlägt eine befragte Mutter vor: rend es in anderen Ländern beispielsweise Respekt und Gehorsam sind. Auch die unterschiedliche Vor- „Eventuell mehrsprachige Lehrer und mehrspra- chige Veranstaltungen, wo man dann sagen kann: stellung von geschlechtsspezifischer Rollenverteilung ‚Leute, ihr seid herzlich willkommen. Wir wollen kann problematisch sein. euch wirklich informieren‘. Also ‚wir wollen, dass diese Informationen bei Ihnen ankommen‘ […]“. Eine in der Interviewstudie befragte Mutter äußert sich ebenfalls zu kulturellen Differenzen: Diskriminierung und Vorurteile: „Wir haben […] so traditionelle Hintergründe, Diskriminierungserfahrungen, die Eltern mit Migrati- die wir nicht einfach […], ja nicht wegschieben onshintergrund häufig bereits vor der Beschulung ih- können. Es gibt natürlich auch gewisse kulturelle rer Kinder sammeln, können später zu einer verstärk- Sachen, die jetzt zum Beispiel einen Vater daran hindern, zum Elternabend zu gehen.“ ten Hemmschwelle bei der Kommunikation mit der Schule oder einzelnen Lehrkräften führen. Als Resultat Sprachkenntnisse: nehmen Lehrkräfte die Eltern teilweise als weniger in- Fehlende Sprachkenntnisse können nicht nur bei teressiert an den schulischen Prozessen ihrer Kinder der Unterstützung der Kinder zuhause ein Problem wahr und Kontaktanstrengungen aufseiten der Schule darstellen, sondern auch beim Verstehen von schul- nehmen ab (Boos-Nünning, 2008). spezifischen Informationen (z. B. im Rahmen von El- Bei einer befragten Mutter sprechen die Erfahrungen ternabenden oder der Wahl einer weiterführenden mit der Teilnahme an einem Eltern-Stammtisch für Schule). sich: Dies zeigt sich auch in der Aussage einer befragten „Ich habe da nie dran teilgenommen. […] Das lag Mutter: einfach daran, dass die Leute uns nicht akzeptie- „Ich war an Elternsprechtagen, da waren statt der ren wollten. Wir waren fremd in diesem Land und Eltern anderer Kinder tatsächlich die älteren Ge- man wollte nichts mit uns zu tun haben.“ schwister, die aber selber leider auch noch Kinder waren. Aber einfach, weil die Eltern das […] nicht Die hier genannten Aspekte sollen weniger die Her- verstehen würden.“ ausforderungen bei der Zusammenarbeit mit benach- teiligten Eltern betonen, sondern vielmehr das Ver- Gleichzeitig verfügt das schulische Personal – also ständnis für mögliche Hindernisse erhöhen, die mit Schulleitungen sowie Lehrkräfte – nicht immer über einer geringeren Beteiligung der Eltern im schulischen ausreichende Kenntnisse zum Umgang mit der sprach- Kontext zusammenhängen können. In der Zusam- lichen Heterogenität innerhalb der Elternschaft. menarbeit sollten gerade auch die Potenziale genutzt Betreuung durch Schulen: werden, die sich aus der Kommunikation zwischen In Deutschland findet die Kontaktaufnahme mit Eltern Beteiligten aus verschiedenen Ländern und Kulturen durch Schulen meist anlass- und problembezogen ergeben können. Mögliche Ansatzpunkte für die Zu- statt. Dies unterscheidet sich zu anderen Ländern, in sammenarbeit mit Eltern werden in Kapitel 3 näher denen der Kontakt zwischen Eltern und Lehrkräften behandelt. 13
2 Das zeigt die Forschung zu Elternbeteiligung: Eine Forschungssynthese Diverse Forschungsbefunde und theoretische Model- le aus der Bildungsforschung deuten auf grundsätz- Arten von Forschungssynthesen lich positive Effekte der Elternbeteiligung sowohl in Forschungssynthesen sind Übersichtsarbeiten, die Bezug auf die Leistung als auch auf die Motivation möglichst alle verfügbaren Studien zu einem be- der Schülerinnen und Schüler hin (z. B. Dearing et al., stimmten Thema systematisch zusammenfassen. 2006; Kloosterman et al., 2011; Myrberg & Rosen, 2009; Dabei gibt es verschiedene Formen: Varghese & Wachen, 2016; Walper & Grgic, 2013). Elter- liche Beteiligung scheint somit ein wichtiger Faktor • Metaanalysen fassen die Ergebnisse von für den schulischen Erfolg aller Kinder und Jugendli- Primärstudien mit Hilfe statistischer Methoden chen zu sein. Da insbesondere Schülerinnen und Schü- zusammen. ler aus Familien mit Migrationshintergrund und/oder • Systematische Reviews fassen die Ergebnisse niedrigem sozioökonomischen Status im Bildungssys- von Primärstudien beschreibend zusammen. tem benachteiligt sind, gehen wir im Folgenden im- mer wieder gezielt auf diese Gruppe ein. • Second-Order Metaanalysen / Second- Order Reviews fassen die Ergebnisse von Im Rahmen einer Forschungssynthese ( Arten von Metaanalysen und/oder Systematischen Forschungssynthesen) am ZIB ( Kurzporträt ZIB) wur- Reviews zusammen. den verfügbare und relevante Studien zum Thema El ternbeteiligung im schulischen Kontext systematisch re- cherchiert, nach inhaltlichen Kategorien sortiert (z. B. Dimensionen von Elternbeteiligung oder Migrations- hintergrund der Schülerinnen und Schüler) und an- schließend für die vorliegende Broschüre zusammen- gefasst und aufbereitet. 14
Zu den Auswirkungen der verschiedenen Formen Zur Beantwortung der Frage, inwiefern Elternbetei- von Elternbeteiligung existiert eine umfassende For- ligung mit dem schulischen Erfolg der Kinder und Ju- schungslage. Neben der Entstehung einer Vielzahl von gendlichen zusammenhängt, wurde daher ein Second- Einzelstudien – sogenannten Primärstudien – ist in den Order Review erstellt, das bestehende Übersichtsar- letzten Jahren auch die Anzahl an Forschungssynthe- beiten zu diesem Thema systematisch zusammen- sen zu diesem Thema gestiegen, wie in Abbildung 3 fasst. Dabei wurden sowohl Schülerinnen und Schü- erkennbar ist. Bislang fehlte es allerdings an einer sys- ler mit Benachteiligungsmerkmalen berücksichtigt tematischen Auswertung der bereits existierenden als auch Schülerinnen und Schüler ohne Benachteili- Übersichtsarbeiten zum Thema Elternbeteiligung im gungsmerkmale. schulischen Kontext. Anzahl Forschungssynthesen zum Thema Elternbeteiligung 40 35 30 25 20 Abbildung 3. Anzahl 15 an Forschungssyn- thesen zum Thema 10 Elternbeteiligung, die im ersten Schritt der 5 Forschungssynthese mittels systematischer 0 Recherche als Treffer identifiziert wurden, vor 1980 1980-1984 1985-1989 1990-1994 1995-1999 2000-2004 2005-2009 2010-2014 2015-2019 sortiert nach dem Erscheinungsjahr. Potenziale und Grenzen von Forschungssynthesen: Grenzen: Das Zusammenführen mehrerer Studien im Rahmen ei- • Gesamteffekte können aufgrund des sogenann- ner Forschungssynthese birgt wertvolle Potenziale und ten Publikationsbias verzerrt sein (i. d. R. werden zugleich Grenzen, die bei der Interpretation der Ergeb- Studien bevorzugt publiziert, wenn sie statistisch nisse berücksichtigt werden müssen. Einen Überblick bedeutsame bzw. „positive“ Effekte nachweisen über die Potenziale und Grenzen von Forschungssynthe- im Vergleich zu Studien, die keine entsprechenden sen in der Bildungsforschung liefert Beelmann (2014): Effekte nachweisen) Potenziale: • Belastbarkeit der Ergebnisse hängt von Qualität der Studienlage ab • Überblick über den Forschungsstand gewinnen • Unterschiede in Einzelstudien aufdecken und mögliche Einflussfaktoren diskutieren • Generalisierbarkeit von Ergebnissen erhöhen 15
Im Folgenden werden die Ziele, das Vorgehen sowie die Ergebnisse der Forschungssynthese dargestellt. Ein Potenzial im Fokus: Unterschiede aufdecken und diskutieren 2.1 Ziele der Forschungssynthese Ziel einer Forschungssynthese ist es, die aktuelle Studienlage zu einem bestimmten Thema mög- Im Rahmen der vorliegenden Forschungssynthese lichst erschöpfend abzubilden und zu bewerten. zum Thema Elternbeteiligung stehen die folgenden Zwar werden in einer Forschungssynthese je- Forschungsfragen im Vordergrund: weils mehrere Studien zu einem bestimmten The- • Inwiefern hängen Elternbeteiligung und insbeson- ma aufgenommen, die eingeschlossenen Studien dere die Verhaltensweisen der drei Dimensionen können sich aber in ihren Rahmenbedingungen (home-based parental involvement, school-based unterscheiden. Während sich die Studien einer parental involvement und academic socialization) mit Forschungssynthese in ihrer Fragestellung also der schulischen Leistung und der Motivation von ähneln, unterscheiden sie sich beispielsweise in Schülerinnen und Schülern zusammen? der Stichprobengröße, im Land, in dem die Studie • Inwiefern unterscheiden sich die Zusammenhänge durchgeführt wurde oder auch im Alter der Studi- der Elternbeteiligung und dem schulischen Erfolg enteilnehmerinnen und -teilnehmer. Diese Unter- (d. h. der schulischen Leistung und der Motivation) schiede können auch zu unterschiedlichen und nach Merkmalen der Schülerinnen und Schüler zum Teil widersprüchlichen Befunden führen. Der (d. h. Alter, sozioökonomischer Status und Migra- Einfluss verschiedener Rahmenbedingungen in tionshintergrund)? Einzelstudien kann dann anhand von sogenannten Moderatoranalysen näher betrachtet werden. In der Bildungsforschung, in der Rahmenbedingungen 2.2 Methodisches Vorgehen in Einzelstudien häufig nur schwer experimentell Um das methodische Vorgehen zur Erstellung der vor- kontrollierbar sind, bieten Forschungssynthesen liegenden Forschungssynthese zu erläutern, stellen die Chance, konkrete Bedingungen, wie z. B. die Al- wir im folgenden Abschnitt die einzelnen Schritte kurz tersstufe oder ein bestimmtes Schulfach, als mög- dar. Detailliertere Informationen zum Vorgehen bei liche Erklärungen für widersprüchliche Befunde zu der Literaturrecherche finden sich im technischen Zu- untersuchen. satzmaterial hier. Die grundlegenden Schritte – wie sie auch in Abbil- dung 4 zu sehen sind – werden in allen Arten von For- schungssynthesen durchlaufen. LITERATUR- EIN- & AUSSCHLUSS- FEIN- ERGEBNIS- RECHERCHE KODIERUNG KODIERUNG GEWINNUNG Abbildung 4: Schritte einer Forschungssynthese, beginnend bei der Literaturrecherche. 16
Literaturrecherche Für die systematische Gewinnung potenziell rele- vanter Studien wurden zunächst sogenannte Schlag- wörter festgelegt, die die drei thematischen Aspekte schulischer Erfolg, Elternbeteiligung und Forschungssyn these abdeckten. Mithilfe von Schlagwörtern kann in fachspezifischen Datenbanken gezielt nach wissen- schaftlichen Studien zu bestimmten Themen gesucht werden. Da für die Recherche Datenbanken genutzt wurden, die größtenteils internationale Studien bereitstellen, wurden die Schlagwörter ins Englische übersetzt. Die Berücksichtigung internationaler Forschung ermög- licht nicht nur, über den Tellerrand hinauszublicken und sich damit Anregungen für die eigene Praxis zu holen, sondern auch verschiedene Schulsysteme vergleichend zu betrachten und somit Unterschie- de und Gemeinsamkeiten beschreib- und erklärbar zu machen. Um eine möglichst große Bandbreite an bestehenden Studien zu erlangen, wurden mehrere internationale Datenbanken genutzt, die jeweils un- terschiedliche Schwerpunkte im Bereich der Sozialwis- senschaften berücksichtigen. Ein- und Ausschlusskodierung Die Suche mittels der festgelegten Schlagwörter ergab schaftliche Mitarbeiterinnen des ZIB, um eine mög- insgesamt 1658 Treffer in den verwendeten Datenban- lichst objektive Einschätzung zu gewährleisten. Im ken. Bei der sogenannten Ein- und Ausschlusskodie- Rahmen der Feinkodierung wurden zur Einschätzung rung wurden die Titel sowie die Kurzzusammenfas- der Studien jeweils die vollständigen Artikel herange- sungen dieser Treffer gesichtet und auf thematische zogen, in denen die Studien veröffentlicht wurden. Passung geprüft, d. h. es mussten bestimmte Kriterien Da sich in der Regel nicht alle entscheidenden Infor- erfüllt sein, die für die vorliegende Forschungssynthe- mationen im Titel bzw. der Kurzzusammenfassung fin- se relevant sind. den, mussten in diesem Schritt nochmals zahlreiche Jedes der folgenden Einschlusskriterien musste erfüllt Studien ausgeschlossen werden, da beispielsweise sein (andernfalls wurde die entsprechende Studie von keine Informationen zur Definition von Elternbeteili- der Forschungssynthese ausgeschlossen): gung vorhanden waren oder weil es sich zwar um eine Forschungssynthese, nicht aber um eine Metaanaly- • Es handelt sich um eine Forschungssynthese se handelte. Somit bildet letztlich eine Auswahl von (konkret um eine Metaanalyse). 18 Metaanalysen die Grundlage für das vorliegende • Die Art der Elternbeteiligung bezieht sich auf den Second-Order Review. schulischen Kontext. • Es wird eine Form des schulischen Erfolgs, das heißt Ergebnisgewinnung schulische Leistung und/oder Motivation, in Abhän- Im Schritt der Ergebnisgewinnung wurden alle be- gigkeit von der elterlichen Beteiligung untersucht. rücksichtigten Studien hinsichtlich der für die vorlie- gende Forschungssynthese relevanten Merkmale wie Feinkodierung beispielsweise der Dimension der Elternbeteiligung Nach der Ein- und Ausschlusskodierung wurden die oder der Art des schulischen Erfolgs (schulische Leis- Studien feinkodiert, das heißt, es wurden die Informa- tung oder Motivation) zusammengeführt und ver- tionen aus den Studien extrahiert, die für die Erstel- gleichend analysiert. Welche Erkenntnisse sich in den lung der vorliegenden Forschungssynthese relevant gewonnenen Daten finden, stellen wir im folgenden waren. Die Feinkodierung erfolgte durch zwei wissen- Kapitel ausführlich dar. 17
2.3 Ergebnisse der Forschungssynthese Für die vorliegende Forschungssynthese wurden ins- finden Sie in einer Übersichtstabelle im technischen gesamt 18 Metaanalysen berücksichtigt, in denen Zusatzmaterial hier. Zusammenhänge zwischen elterlicher Beteiligung Im Folgenden wird differenziert dargestellt, zu wel- und schulischem Erfolg untersucht wurden. In diesen chen Ergebnissen die Metaanalysen in Bezug auf die Metaanalysen wurden zwischen 14 und 448 Primär- verschiedenen Dimensionen von Elternbeteiligung studien berücksichtigt. Alle Metaanalysen wurden in (school-based parental involvement, home-based pa- wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht rental involvement und academic socialization) sowie in und mittels der bereits beschriebenen Recherche- Bezug auf die Benachteiligungsmerkmale sozioöko- strategie in internationalen Datenbanken ausfindig nomischer Status und Migrationshintergrund kom- gemacht. Schulischer Erfolg wird in der vorliegenden men. Die Art und die Intensität von Elternbeteiligung Forschungssynthese anhand der schulischen Leistung verändert sich in der Regel mit dem Alter der Schüle- oder der Motivation der Schülerinnen und Schüler rinnen und Schüler. Um auch Aussagen in Bezug auf gemessen. Die Zusammenhänge, die sich teils auf potenzielle altersbezogene Effekte treffen zu können, die Leistung und teils auf die Motivation der Schüle- wird das Schülermerkmal Alter in den vorliegenden rinnen und Schüler beziehen, sind durchweg positiv, Auswertungen ebenfalls berücksichtigt. fallen jedoch verschieden groß aus, was beispiels- weise mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen in Jeweils am Ende eines Abschnitts zu den einzelnen den einzelnen Metaanalysen zusammenhängen kann. Dimensionen und Schülermerkmalen fassen wir die Im Großteil der Studien wurde die Schulleistung der tralen Forschungserkenntnisse (Das Wichtigste in zen Schülerinnen und Schüler untersucht – in drei der Stu- Kürze) zusammen. Dort werden außerdem basierend dien wurde zusätzlich Motivation berücksichtigt. Eine auf den Ergebnissen Anregungen in Form von Refle Übersicht über die berücksichtigten Studien sowie die xionsfragen für Lehrkräfte und Schulleitungen ange- Art des schulischen Erfolgs und die Formen von Eltern- boten. beteiligung, die darin jeweils berücksichtigt wurden, Überblick über die Effekte pro Metaanalyse academic socialization school-based parental involvement home-based parental involvement 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 0 Fan Hil Tan Kim Pin Tan Ro Kim Tan Kim Ba se rge l& q (20 et a et a &C uar (20 &H &H nzw re Tys 17) hen l. ( l. ( 20) t& ill ill eig ta o n( 201 201 (20 (20 l. ( Ebe (20 (20 200 201 15) 15) 9b) 9a) lin 01) 01) 9) 9) g( Vä Mü 201 ter tte r 9) Abbildung 5: Überblick über die Effekte für Schulleistung pro Metaanalyse und Dimension der Elternbeteiligung. In der Abbildung sind aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit nur Studien dargestellt, die dieselbe Einheit für die Berechnung des Zusammenhangs verwenden (hier: Korrelationskoeffizient r; Korrelative und kausale Zusammenhänge). 18
Befunde zur Dimension school-based parental involvement: Die Ergebnisse innerhalb der Dimension school-based die Mitgliedschaft in Entscheidungsgremien (Barger parental involvement liegen über alle berücksichtigten et al., 2019; Rosenzweig, 2001). Nahezu keinen Zu- Studien hinweg im positiven Bereich und bewegen sich sammenhang mit der Schulleistung findet sich für die hauptsächlich zwischen kleinen und mittleren Zusam- Kommunikation zwischen Eltern und Lehrkräften (Ro- menhangseffekten ( Korrelative und kausale Zusam- senzweig, 2001; Tan et al., 2019a; Tan et al., 2019b). Aus menhänge). diesem Ergebnis lässt sich selbstverständlich nicht ableiten, dass Eltern weniger oft mit Lehrkräften kom- Der größte Unterschied in den Zusammenhangseffek- munizieren sollten, sondern nur, dass die Kommunika- ten zeigt sich zwischen Fan und Chen (2001) und Tan et tion keinen direkt nachweisbaren Zusammenhang mit al. (2019b). Die Unterschiede in den Effekten, die sich zwischen kleinen und mittelgroßen Zusammenhän- der schulischen Leistung der Schülerinnen und Schüler gen bewegen, lassen sich teilweise mit den im Ein- zeigt. Vielmehr könnte es sein, dass die Kommuni- zel-nen untersuchten Verhaltensweisen von school-ba kation zwischen Eltern und Lehrkräften zunächst die sed parental involvement erklären: Vergleichsweise Erwartungen der Lehrkräfte an die Schülerinnen und vielversprechend für die Leistung der Schülerinnen Schüler verändert und somit nicht unmittelbar ein Zu- und Schüler scheinen ehrenamtliche sowie mitbe- sammenhang mit der Schulleistung messbar ist. stimmende Tätigkeiten der Eltern zu sein, also z. B. school-based parental involvement Zusammenhang mit Schulleistung Motivation 0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 Fan & Chen (2001) Kim et al. (2020) Hill & Tyson (2009) Kim & Hill (2015) Mütter Barger et al. (2019) Barger et al. (2019) Tan et al. (2019a) Kim & Hill (2015) Väter Tan (2017) Kim (2020) Tan et al. (2019b) Verhaltensweisen, die unter diese Dimension fallen sind z. B.: Teilnahme am Elternsprechtag, Begleitperson bei Klassenausflügen oder Engagement im Elternbeirat. Abbildung 6: Zusammenhänge zwischen den Formen in der Dimension school-based parental involvement und schulischem Erfolg. In der Abbildung sind aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit nur Studien dargestellt, die dieselbe Einheit für die Berechnung des Zusammenhangs verwenden (hier: Korrelationskoeffizient r). 19
In Bezug auf Motivation – in diesem Fall das Engage- tiven Zusammenhang geschlossen werden kann und ment der Schülerinnen und Schüler im Schulleben – der Effekt theoretisch auch so zu erklären sein könnte, scheinen hingegen v. a. die elterliche Teilnahme an dass Eltern eher an schulischen Aktivitäten teilneh- schulischen Aktivitäten wie Schul- und Klassenveran- men, wenn sich ihre Kinder als motiviert zeigen und staltungen einen positiven Einfluss zu haben (Barger sich aktiv engagieren (z. B. bei Aufführungen der Thea- et al., 2019). Allerdings ist auch hier zu berücksichti- tergruppe oder Vorträgen an Klassenveranstaltun- gen, dass auf Basis der Daten nur auf einen korrela- gen). Das Wichtigste in Kürze: school-based parental involvement Richtung des Zusammenhangseffekts: positiv Statistische Interpretation des Zusammenhangs: klein bis mittelgroß Reflexionsfragen für Lehrkräfte und Schulleitungen • Welche Gelegenheiten bieten wir den Zentrale Forschungserkenntnisse Eltern an unserer Schule, um aktiv am • Für Leistungsförderung können v. a. Schulleben teilzuhaben? ehrenamtliche und mitbestimmende • Bieten wir Raum an unserer Schule, damit Tätigkeiten hilfreich sein. Eltern sich auf informelle Art untereinan- • Für Motivation scheint Teilnahme an der sowie mit den Lehrkräften austau- Schulaktivitäten förderlich. schen können? • Biete ich regelmäßig die Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch mit den Eltern an? Unterschiede zwischen mütterlicher und väterlicher Beteiligung Väterliche Beteiligung Kim und Hill (2015) gehen in ihrer Metaanalyse der Zwei Studien beschäftigen sich explizit mit der vä- Frage nach, ob sich die Zusammenhänge zwischen terlichen Beteiligung und dem Zusammenhang mit Elternbeteiligung und Schulleistung unterscheiden, verschiedenen Aspekten des Wohlbefindens ihrer je nachdem ob die Mutter oder der Vater involviert Kinder (Jeynes, 2015) – eine davon betrachtet hier ist. Mütter beteiligen sich im Durchschnitt häufiger konkret die Gruppe getrenntlebender Väter (Adam- als Väter. Interessant ist, dass sich das väterliche son & Johnson, 2013). Die väterliche Beteiligung Engagement an der Schule nicht gleichermaßen po- steht in einem kleinen, aber positiven Zusammen- sitiv auf die Leistung der Schülerinnen und Schüler hang mit dem allgemeinen Wohlbefinden der Kin- auszuwirken scheint wie das mütterliche Engage- der – und damit indirekt auch mit der schulischen ment an der Schule – der statistische Unterschied ist Leistung. Die reine finanzielle Unterstützung durch jedoch gering. Als Gründe nennen die Autorinnen, den Vater und das zeitliche Ausmaß des Kontakts dass Väter die Schule eher aufsuchen, wenn es Pro- hängen allerdings nicht mit dem Wohlbefinden bleme gibt, während Mütter den Kontakt zur Schule der Kinder zusammen (Adamson & Johnson, 2013). primär suchen, um Informationen zu erhalten. Dies Es scheint also eher auf die Qualität der väterlichen spiegelt möglicherweise auch eine unterschiedliche Beteiligung anzukommen als auf die Quantität. Rollenverteilung bei Müttern und Vätern wider. 20
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