Wie viel Kultur steckt in interkulturellen Konflikten? Erfahrungen aus supervisorischer Sicht - European Forum for Restorative Justice
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Wie viel ´Kultur´ steckt in interkulturellen Konflikten? Erfahrungen aus supervisorischer Sicht Vortrag von Susanne Bourgeois im Rahmen der Internationalen Fachkonferenz des European Forum for Restorative Justice zum Thema: Mediation in interkulturellen Konflikten Restorative justice in intercultural conflicts am 02.06.2017 in Berlin
4 Thesen 1. Kultur umfasst mehr als die Differenz zwischen christlichem Abendland und Burka 2. Zuschreibungen, Stereotypen und Kulturalisierung sind Versuche, Komplexität zu reduzieren 3. Migration ist konstitutiv ein kritisches Lebensereignis 4. Die Frage von Zugehörigkeit, des Zugangs zu Ressourcenund Partizipation ist eine der zentralen Einflussfaktoren bei Konflikten im interkulturellen Kontext. www.susanne-bourgeois.de
Kulturbegriff nach W. L. Bühl Kultur kann definiert werden : in W. L. Bühl: Kulturwandel. Für eine dynamische Kultursoziologie, Darmstadt 1987 Enger Kulturbegriff Ø politisch, begrenzt auf eine Nation Ø geografisch, begrenzt auf eine Region Ø sprachlich, begrenzt auf eine Sprachgemeinschaft Ø geisteswissenschaftlich/kulturanthropologisch, begrenzt auf ideen- und religionsgeschichtlich kompatible Gemeinschaften Erweiterter Kulturbegriff Ø soziologisch, begrenzt auf unterschiedliche Lebenswelten der Indiviuen (z.B. Hip-Hop-Kids aus der Frankfurter Nordweststadt) www.susanne-bourgeois.de
Kulturbegriff nach Wolfgang Nieke „die Gesamtheit der kollektiven Deutungsmuster einer Lebenswelt“ Ø Eine solche Definition von Kultur bindet das Gemeinte weder an eine Ethnie noch eine Nation noch eine Sprache. Ø Innerhalb eines Staates gibt es viele verschiedene Kulturen im Sinn dieser Definition (Teilkulturen, Subkultur, Milieu oder Lebenswelt). Ø Eine komplexe Gesellschaft besteht deshalb aus vielen Kulturen im Sinn dieser Definition.
Eisbergmodell der Kulturen Aussehen, Kleidung, Sprache, Essen, Musik, Verhalten, Geruch, etc... sichtbar Rollen in Bezug auf Geschlecht, Alter, Klasse/Status. Verständnis von Beziehungen; Leistung, unsichtbar Prägung durch Erziehung, Religion, Staatssystem, Geschichte; ... Werte Normen
Eisbergmodell der Kulturen Zusammenhang von Wahrnehmen - Vermuten - Bewerten - Handeln
These 2: Zuschreibungen, Stereotypen und Kulturalisierung sind Versuche, Komplexität zu reduzieren Ø Wahrnehmung und (Fehl-)Interpretation: Zuschreibungsprozesse Ø Vor-Urteile und Stereotypen Ø Kulturalisieren und Ethnisieren von Situationen und Menschen => erläutert anhand von Fallbeispielen aus der supervisorischne Praxis
These 3: Migration als kritisches Lebensereignis Migration stellt hohe Anforderungen an die Anpassungs- leistung aller Beteiligten: Ø Verlust der gewohnten räumlichen/klimatischen Umgebung Ø Verlust an familiärer Einbindung und freundschaftlichen Kontakten Ø Mögliche Entwurzelung, Vereinsamung und soziale Isolation Weitere belastende Faktoren können sein: Ø Innerfamiliäre Rollenverschiebungen und damit verbundene familiäre Neuorientierungen Ø Biographische Brüche durch berufliche Veränderung Ø Erwartungen an erfolgreiche „Karriere“ in Deutschland www.susanne-bourgeois.de
Möglicher Verlauf der Migration nach Sluzki www.susanne-bourgeois.de
These 4: Frage von Zugehörigkeit, Zugang zu Ressourcen und Partizipation
zu These 4: Frage von Zugehörigkeit, Zugang zu Ressourcen und Partizipation Verschiedene Fallbeispiele aus der supervisorischen Praxis => In vielen Fällen lösen äußere Rahmenbedingungen die Konflikte aus, nicht die kulturellen Unterschiede!
Fazit Ø Kulturelle Faktoren können, müssen aber nicht DER ENTSCHEIDENDE FAKTOR in konflikthaften Situationen sein. Und zu Kultur sollten immer auch die Fragen von Migration und des Zugangs zu Ressourcen und Partizipation mitgedacht werden. Ø In der Beschäftigung mit interkulturellen Themen liegt ein Stolperstein bereits in einer übermässigen Fokussierung auf Kultur und der Gefahr des Kulturalisierens. Ø Im Kontext interkultureller Konfliktbearbeitung sollte die Maxime also lauten: So wenig „Kultur“ wie möglich, so viel Individualität und andere Faktoren mit bedenken wie möglich
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! www.susanne-bourgeois.de
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