Wir sind international - Von Kuba Zwei - FH Münster
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WS 2020/2021 Wir sind international FORSCHUNG IM HOMEOFFICE E U - F O R S C H U N G S S T R AT E G I E I N T E R N AT I O N A L E L E H R E N D E Von Kuba Zwei Sie sind nach Schwerpunkte, ein Gewinn Steinfurt ein Ziel für uns
↖ Titelbild: Prof. Dr. Michael Wasserman gehört zu den internationalen Lehrenden an unserer Hochschule. Mehr dazu auf den Seiten 12 bis 15. Foto Susanne Lüdeling
Editorial Grenzen überwinden trotz Corona Es ist schon fast selbstverständlich, während des Studiums ins Ausland zu gehen: um interkulturelle Kompetenzen zu erwerben und andere Lebensweisen kennen und schätzen zu lernen. Aber auch für die Studierenden, die nicht ins Ausland können oder wollen, halten wir – Stichwort Internationalisation@home – Angebote bereit, mit denen wir sie auf die globale Lebens- und Arbeitswelt vorbereiten. Schon lange bieten wir Studiengänge in Eng- lisch und binationale Programme mit Doppel- Kontakt Prof. Dr. Ute von Lojewski abschluss an, kooperieren Wissenschaftle- rinnen und Wissenschaftler mit internationalen praesidentin@fh-muenster.de Foto Thorsten Arendt Partnern. Auch mit den Corona-Einschränkun- gen ist uns vieles gelungen – über alle Gren- zen hinweg. Trotz aller Schwierigkeiten haben wir gezeigt, dass wir international handeln und denken, so, wie es unser Entwicklungs- feld Internationalisierung im aktuellen Hoch- schulentwicklungsplan vorsieht. Beispiele dafür, wie Internationalität unsere Hoch- schule bereichert, lesen Sie in dieser Ausgabe. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen Prof. Dr. Ute von Lojewski Präsidentin der FH Münster 3
Inhaltsverzeichnis WS 2020/2021 Schwerpunkt Internationalisierung Internationalisierungsstrategie International Engineering Weiterbildung internationaler Hochschulen 06 Gut gerüstet für 18 Von Steinfurt Arbeitsmarkt und nach Lateinamerika 30 Allein vor dem Rechner, Gesellschaft aber verbunden mit der Welt Internationale Studierende Moving the City und xRegions EU-Forschungsstrategie 20 Stipendium sei Dank 08 Zwei Schwerpunkte, 32 Gemeinsam für die Zukunft Auslandssemester ein Ziel Berufungen 22 Ein abrupter Abschied Projektseminar per 34 Willkommen an der Videokonferenz Mit Erasmus+ im FH Münster Auslandspraktikum 10 Nichts für Eigenbrötler – Prof. Dr. Remi Stork Teamarbeit im 24 Als Person gewachsen Prof. Dr. Esther Held virtuellen Klassenraum Prof. Dr. Benjamin Matthies Forschung im Homeoffice Prof. Dr. Olaf Hagemeier Internationale Lehrende 26 Von Kuba nach Prof. Dr. Kathrin Ungru 12 Sie sind ein Gewinn Steinfurt Prof. Daniela Kirchlechner für uns Prof. Dr. André Nienaber Cross Border Talent Geflüchtete 28 Bremse auf der 37 FH Münster international 16 Flucht aus dem Zielgeraden Heimatland, 38 FH Münster im Profil Neubeginn bei uns Hinweis zur geschlechter- gerechten Sprache Impressum fhocus Ausgabe 37 Die Gleichberechtigung aller Ge- schlechter ist im Leitbild der FH www.fh-muenster.de Münster verankert. Nach Möglichkeit verwenden wir geschlechtsneutrale Herausgeber Die Präsidentin der FH Münster Formulierungen. Redaktion Pressestelle der FH Münster: Katharina Kipp (V. i . S. d. P.), Anne Holtkötter Gestaltung BOK + Gärtner GmbH, Münster, www.bokundgaertner.de Wo sich dies nicht umsetzen lässt, be- Korrektorat Kreativlektorat Daniela Vogel, Finnentrop nutzen wir aus Gründen der besseren Druck Blömeke Druck SRS GmbH, Herne Lesbarkeit das generische Masku- Papier Umschlag MultiOffset 190 g/m², Innenteil MultiOffset 100 g/m² linum. Selbstverständlich sind dabei Auflage 1.400 Stück alle Geschlechter eingeschlossen. ISSN 1610-2592 5
Gut gerüstet für Arbeitsmarkt und Gesellschaft Ein Auslandsaufenthalt bringt mehr als verbesserte Sprachkenntnisse. Wer ein halbes Jahr in einem anderen Land lebt, entwickelt sich weiter und ist vorbereitet auf den Arbeitsmarkt. Weshalb die Internationalisierungsstra- tegie der FH Münster bei Persönlichkeit und Employa- bility ansetzt und diese Kompetenzen auch in Zeiten von Corona stärkt, darüber sprachen wir mit Vizepräsident Prof. Dr. Frank Dellmann und International-Office-Leiterin Evelyn Stocker. Interview und Fotos Katharina Kipp ↗ Prof. Dr. Frank Dellmann ist Prof. Dellmann, die Weiterent- fhocus: Vizepräsident für Bildung und wicklung internationaler und interkultureller Internationales an Kompetenzen von Studierenden und Lehren- der FH Münster. den durch internationalen Austausch spielt an unserer Hochschule eine besondere Rolle. Dellmann:Das ist richtig, denn wir wollen Wie gelingt das? Info unsere Studierenden auf einen Arbeitsmarkt Durch Corona Dellmann: Zum einen sicherlich dadurch, vorbereiten, der immer mehr international agiert, sind auch viele indem wir die Internationalisierung als eines ausländische und sie gleichzeitig in ihrer Persönlichkeitsent- Studierende in von mehreren Entwicklungsfeldern in unserem wicklung voranbringen. Das gelingt uns zum Not geraten. Hochschulentwicklungsplan (HEP) definiert und Sie bekommen einen durch die Vermittlung von internationa- Unterstützung dadurch die wichtige strategische Ausrichtung len Kompetenzen, bei der es um ganz konkrete durch den verdeutlicht haben. Letzteres geschieht sicherlich DAAD-STIBET- Inhalte geht: Welche Normen gelten bei Ingeni- Fonds und den auch durch unsere AG Internationalisierung, euren in verschiedenen Ländern? Wie sieht die Notfallfonds bei der sich Vertreterinnen und Vertreter aller der FH Münster, Gesetzgebung in unterschiedlichen internatio- der sich mit Fachbereiche mit Frau Stocker und mir regel- nalen Gesundheitsbereichen aus? Uns sind aber Geld aus dem mäßig austauschen, etwa über Neuerungen und Deutschland- auch interkulturelle Kompetenzen wichtig. Wir stipendium unterschiedliche Bedarfe. Zum anderen aber wollen unsere Studierenden in die Lage verset- finanziert. natürlich auch durch eine Vielzahl von Maßnah- zen, sich in andere Normen- und Wertesysteme men, die wir konzipieren und anbieten – immer hineinzudenken, sie zu akzeptieren und sie bei mit dem Fokus auf die Kompetenzen, die unsere der Entwicklung einer eigenen Perspektive zu Studierenden benötigen, um in einer internatio- berücksichtigen. nal wirkenden Gesellschaft zurechtzukommen. 6 fhocus Ausgabe 37
Internationalisierungsstrategie Stocker: Dazu zählt unser Programm „Inter- Vieles davon ist wegen Corona kaum nationalisation@Home“. Dieses richtet sich vor noch oder anders möglich, zum Beispiel allem an Studierende, die aus finanziellen oder digital. Wie gut ist unsere Hochschule auf- persönlichen Gründen – weil sie zum Beispiel gestellt? Familie haben oder Angehörige pflegen müssen – Stocker: Ziemlich gut! Es stimmt zwar, dass keinen Auslandsaufenthalt durchführen können die physische Mobilität wegen der Grenzschlie- oder wollen. Ihnen bieten wir die Möglichkeit, ßungen und der dramatischen Entwicklungen trotzdem Fähigkeiten wie interkulturelle Kompe- in stark betroffenen Ländern eingeschränkt war tenzen, Weltoffenheit und Fremdsprachenkennt- oder noch ist. Wir hatten eine große Welle von nisse zu stärken, etwa durch die Teilnahme an Studierenden, die ihren Auslandsaufenthalt ab- Summer Schools oder Sprachkursen, Workshops gebrochen haben und nach Hause geflogen sind, und Veranstaltungen mit internationaler Aus- andere sind geblieben, wieder andere haben zum richtung oder gemeinsamen Lehrveranstaltun- Beispiel ihr Auslandspraktikum ins Homeof- gen von Gästen aus dem Ausland und regulären fice verlegt. Doch trotz all dieser Widrigkeiten Studierenden. erleben wir an der Hochschule einen enormen digitalen Push. Dellmann: Wir im Präsidium sind sehr stolz Kontakt darauf, wie schnell die Hochschule reagiert und Prof. Dr. Frank Dellmann dellmann@fh-muenster.de sich umgestellt hat. In rasend kurzer Zeit wurden jede Menge digitale Lehrformate geschaffen, von Evelyn Stocker evelyn.stocker@fh-muenster.de der auch unsere Gaststudierenden aus dem Aus- land profitieren. Denn wir ermöglichen es ihnen dadurch, trotz Rückreise in ihr Heimatland von dort aus an unseren Veranstaltungen teilzuneh- ↖ Evelyn Stocker leitet das men. Und unsere Studierenden besuchen online International Office unserer Hochschule. die Veranstaltungen der jeweiligen Partnerhoch- schule. Dass all das so gut klappt, haben wir auch unseren engen und guten Partnerschaften mit Hochschulen in der ganzen Welt zu verdanken. „Dass all das so Wenngleich es natürlich sehr schade ist, dass viele unserer Studierenden ihr Auslandssemester gut klappt, haben nicht vor Ort antreten konnten. wir auch unseren Wie geht es nach Corona weiter? Dellmann: Wir werden sicherlich digitale Lehr- engen und guten formate bewusst einsetzen, um Mobilitätsphasen vom Workload zu entlasten oder zu verkürzen. Partnerschaften Studierende könnten dann zum Beispiel im Aus- land 20 Credit Points erwerben und den Rest über ein Online-Format. Corona hat uns aber auch mit Hochschulen ganz deutlich gezeigt, dass wir alle, Studierende, Lehrende und Mitarbeitende, mit nicht planbaren in der ganzen Veränderungen schnell umgehen können und müssen und dass gemeinschaftliches, globales Welt zu verdanken.“ Handeln weiterhin einen hohen Stellenwert hat. Stocker: Und wir hoffen natürlich, dass es mit der Idee von Europa positiv weitergeht. Die jetzige Studierendengeneration kannte vor Co- Prof. Dr. Frank Dellmann rona nur das Europa ohne Grenzen, und diesen Zustand sollten wir schnell wieder erreichen! • 7
Zwei Schwerpunkte, ein Ziel Lebensmittelabfälle sind allgegen- wärtig, beispielsweise in der Außer-Haus-Gastronomie. Zahl- ↙ Dr. Christina reiche Studien zeigen, warum Strotmann forscht im europäischen sie entstehen. Es gibt verschiede- Projekt AVARE. ne Gründe dafür. Text Dzemila Muratovic Interview Anne Holtkötter Fotos Dzemila Muratovic (linke Seite), Anne Holtkötter Einer davon: Es mangelt an effizienten Instrumen- „Von den Praxispartnern wissen wir, auch schon Info Info ten, die auch den betrieblichen Alltag berücksich- aus früheren Projekten, dass die Betriebe Lebens- AVARE ist Teil In Deutschland tigen. Gleichzeitig weiß man aus der Praxis, dass mittelabfälle nicht restlos vermeiden können“, des interdiszip- wird das Pro- linären jekt gefördert Abfälle nicht restlos vermeidbar sind. Hier setzt sagt Strotmann. Auch dafür brauche es Konzepte. Forschungs- durch das das interdisziplinäre und europäische Forschungs- Wie diese Abfälle sinnvoll verwendet werden kön- netzwerks Bundesministeri- (ERA-Net um für Ernährung projekt AVARE an – es steht für Adding value in nen und wie sich aus ihnen ein wirtschaftlicher Cofund) und Landwirt- resource effective food systems. Mehrwert generieren lässt, ist der Schwerpunkt, SUSFOOD 2 mit schaft sowie fünf Partnern durch die Bundes- mit dem sich die AVARE-Forschungspartner in in vier anstalt für Ein Team vom Institut für Nachhaltige Ernährung Finnland und an der TU Berlin befassen. Sie ar- europäischen Landwirtschaft Ländern und und Ernährung. (iSuN) an unserer Hochschule hat sich zum Ziel beiten an Lösungen, Lebensmittelabfälle als Roh- läuft noch bis Eine Kofinanzie- gesetzt, die Umsetzung praxisnaher Maßnahmen stoff für biobasierte Produkte nutzbar zu machen. April 2021. rung erfolgt durch die EU- gegen Lebensmittelverschwendung in der Gas- Denkbar sei zum Beispiel, aus ihnen Fettsäuren Kommission im tronomie zu fördern. „Unser Part ist es zu ermit- für Fischfutter zu gewinnen, so Strotmann. Rahmen des Forschungs- und teln und zu bewerten, welche Maßnahmen unter Innovationspro- welchen Arbeitsbedingungen den größten Erfolg Die Wissenschaftlerin findet die Kooperation gramms Horizon 2020. versprechen. Daneben entwickeln wir gemeinsam bereichernd, man könne viel voneinander lernen. mit finnischen, norwegischen und schwedischen Corona mache da ausnahmsweise keine Probleme. Forschungspartnern praxisnahe Hilfen für die „Wir haben immer schon überwiegend online Betriebe“, erklärt die Lebensmitteltechnologin zusammengearbeitet. Natürlich ist es auch her- Kontakt Dr. Christina Strotmann. Unter der Leitung von ausfordernd, sich über Grenzen und Disziplinen Prof. Dr. Petra Teitscheid teitscheid@fh-muenster.de Prof. Dr. Petra Teitscheid arbeitet das Team dabei hinweg zu verständigen“, sagt Strotmann. Aber auch eng mit Partnern aus der Gastronomie zu- das gemeinsame europäische Nachhaltigkeits- Dr. Christina Strotmann christina.strotmann@ sammen. Allerdings habe die Corona-Schließung ziel, 50 Prozent weniger Lebensmittelabfälle bis fh-muenster.de der Betriebe diese Zusammenarbeit erheblich ein- 2050 zu erreichen, verbinde sie dann doch immer www.susfood-avare.com geschränkt. wieder. • 8 fhocus Ausgabe 37
EU-Forschungsstrategie Nachgefragt … … bei Rolf Laakmann, TAFH Münster GmbH Als eine der forschungsstärksten Fachhoch- schulen werben wir seit vielen Jahren sehr erfolgreich Förderprojekte ein – warum wir dabei jetzt strategisch noch mehr Europa in den Blick nehmen, das fragten wir Rolf Laakmann von der TAFH Münster GmbH. Warum ist es so wichtig für uns, bei EU-Pro- fhocus: grammen noch erfolgreicher zu sein? Laakmann: Die einfache und offensichtliche Antwort wäre eine monetäre. Ich finde aber: Die Arbeit in internationalen Teams ist unabhängig von Drittmitteln eine echte Bereicherung – nicht nur für die Forschung oder das eigene Arbeitsumfeld, sondern für die Hochschule insgesamt. Denn langfristig profi- tieren wir auf ganz vielen Ebenen massiv von vertrauensvollen Partnern in Europa und der Welt. Wie unterstützt die TAFH unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Antragstellung? In der „heißen Phase“ helfen wir vor allem bei der Kalkula- tion, formalen Fragen und der FH-internen Abstimmung. Aber natürlich recherchieren wir auch themenbezogen passende Ausschreibungen und unterstützen bei der Partnersuche. In Zukunft werden wir zudem eine Reihe von Informations- und Weiterbildungsangeboten auf den Weg bringen. Wir setzen ↖ Rolf Laakmann Info dabei auf ein belastbares Netzwerk mit EU-Spezialisten. kümmert sich in Die TAFH der TAFH Münster Wann sind die Aussichten auf Erfolg am größten? Münster GmbH GmbH um die startete im Erfolgreiche Anträge überzeugen neben der fachlichen internationale Juni das Angebot Forschungsför- Qualität durch ein stimmiges, gut organisiertes Konsortium „fhuture“, mit derung. dem es Unterneh- und den Nutzen für die Gesellschaft. men und War bei einer „Niederlage“ alles umsonst? Oder kön- Institutionen fit machen will nen unsere Professorinnen und Professoren die investierte für den Wandel Energie und Arbeit ganz leicht in einen anderen Antrag durch Corona: mit Beratungs- einbringen? gesprächen Absolut! Es ist durchaus üblich, einen Antrag erneut einzu- per Videokonfe- renz und einer reichen. In der Regel erhält man ein detailliertes Feedback der komplett digi- Gutachter. Auf dieser Basis lässt sich eine Idee dann sehr gut talen Veranstal- tungsreihe. nachjustieren. Und grundsätzlich ein etabliertes europäisches fhms.eu/fhuture Partnernetzwerk in petto zu haben, ist immer ein riesiger Vorteil – auch abseits zukünftiger Anträge. Welchen Stellenwert haben Förderprojekte in Zeiten von Corona? Ich bin davon überzeugt, dass Förderprojekte einen positi- ven Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Welt haben. Das gilt nicht nur für Krisenzeiten. Solche akuten Situationen machen die Chancen aber sichtbarer, weil der Nutzen klar er- Kontakt kennbar ist und viele Menschen unmittelbar betroffen sind. • Rolf Laakmann laakmann@ta.fh-muenster.de 9
Nichts für Eigenbrötler – ↖ Live zugeschaltet aus Brasilien: Die gemeinsam erarbeiteten Teamarbeit Konzepte werden per Videokonferenz geteilt. im virtuellen Klassenraum Eine zunehmend globalisierte und digitalisierte Arbeitswelt führt dazu, dass Gruppenarbeiten weniger persönlich vor Ort, sondern virtuell in Videokonferenzen stattfinden. Wenn dann noch verschiedene Sprachen und unterschied- liche Zeitzonen hinzukommen, wird es kom- pliziert – aber nicht für unsere Studierenden. Text Susanne Lüdeling Fotos privat (linke Seite), Wilfried Gerharz 10 fhocus Ausgabe 37
Projektseminar per Videokonferenz Die Idee des virtuellen Lehrkonzepts ist einfach Info erklärt: In international gemischten Gruppen Mehr zum Kon- zept der Ver- lösen Studierende logistische Probleme, wie anstaltung im beispielsweise die Planung eines Transportnetz- Jahrbuch Logistik 2020, S. 12-16: werks zwischen Deutschland und Brasilien. Die „Logistik-Studie- Herausforderung liegt darin, dass sich weder die rende fit für die digitale Zukunft deutsch-brasilianischen Teams noch die Dozenten machen: persönlich – also face-to-face – kennenlernen, die Kompetenzver- mittlung 4.0“ von Gruppenarbeit findet komplett virtuell statt. Und Prof. Dr. Michael das nicht erst seit Corona: Bereits zum sechsten Dircksen, Prof. Dr. Carsten Feldmann, Mal integriert Prof. Dr. Michael Dircksen von der Prof. Dr. Ralf Meiner Meinung nach haben die Teilnehmerinnen Münster School of Business (MSB) das virtuelle Ziegenbein und Teilnehmer so am ehesten Aha-Momente.“ Info Projektseminar in seine Vorlesungen. „Moderne Doch ganz ohne Betreuung geht es natürlich Das interkultu- Hochschulen müssen Studierende auf die digita- nicht: Die Dozenten bieten Coachingstunden per relle Seminar- lisierte und internationalisierte Arbeitswelt von Videotelefonie an, um den angehenden BWLern konzept wurde 2019 in der morgen vorbereiten. Dafür bilden diese Seminare Hilfestellungen zu geben. Kategorie „Boas eine wichtige Grundlage“, sagt der Experte für Práticas – Tecnologias Logistik. In diesen Coachings geht es dann manchmal auch Educacionais“ um Konflikte. „Die Ursache liegt oft in Missver- von Google in São Paulo Gemeinsam mit Prof. Gilson Souza von der bra- ständnissen, weil sich die Gruppen nicht in ihrer ausgezeichnet. silianischen Partnerhochschule FAE Centro Uni- Muttersprache verständigen. Kommunikation, versitário in Curitiba kombiniert Dircksen die Geduld und Verständnis füreinander sind hier Themen Digitalisierung und Internationalisierung der Schlüssel“, so Dircksen. Das sieht auch Logis- und bringt mit einem innovativen Seminarkon- tikstudentin Imke Lemke so: „Am Anfang gab zept Studierenden eine virtuelle Arbeitsform der es schon Probleme, aber gemeinsam haben wir Zukunft näher. „Im Kern des Seminars steht die nach Lösungen geguckt, und dann hat es richtig kreative Problemlösung. Die Studierenden lernen ↗ Der Spaß gemacht. Solche Erfahrungen in einem in- Logistikexperte über den Tellerrand hinauszudenken“, erklärt der Prof. Dr. Michael ternationalen Team zu sammeln, ist schon klasse.“ Hochschullehrer. Hier ist Teamgeist gefragt, denn Dircksen betreut das virtuelle die Gruppen haben nur einen Monat Zeit für die Projektseminar. Keine Ellenbogenmentalität Erarbeitung des Konzepts. Ganz nebenbei erlernen die Teilnehmer also noch zusätzlich Kompetenzen, um gemeinsam im Team Der Weg ist das Ziel Entscheidungen zu treffen. Eine offene Diskussi- Aber die Aufgabe an sich ist nicht die einzige onskultur ist die Basis, die manchmal aber noch Schwierigkeit: Sprachliche Barrieren, kulturelle austariert werden muss. „Oftmals preschen die Unterschiede, verschiedene Zeitzonen und techni- deutschen Studierenden vor und verteilen direkt sche Herausforderungen sind weitere Hürden auf Arbeitsaufgaben. Das lässt die brasilianischen dem Weg zum Ziel. „Ich lasse die Studierenden Studierenden zurückschrecken, und sie antworten bewusst auf sich gestellt nach Lösungen suchen. gar nicht darauf. Ich erkläre dann allen, dass es Ausprobieren und Fehler machen – das ist dabei wichtig ist, sich erst einmal kennenzulernen, bevor erlaubt und sogar erwünscht. man einen Arbeitsplan erstellt“, so der Professor. Das Projektseminar führte Dircksen in diesem „Moderne Hochschulen müssen Jahr erstmalig mit einem Praxispartner durch. Die Aufgabenstellung gab die Robert Bosch GmbH in Studierende auf die digitalisierte Curitiba vor. „Zukünftig wollen wir noch mehr und internationalisierte Arbeits- mit Unternehmenspartnern zusammenarbeiten. Studierende kommen somit schon früh mit der welt von morgen vorbereiten.“ internationalen Berufswelt in Kontakt.“ Die Ab- schlusspräsentation fand – natürlich – per Video- Prof. Dr. Michael Dircksen konferenz statt. „Ich bin immer wieder davon beeindruckt, in welch kurzer Zeit die Teams trotz Kontakt Prof. Dr. Michael Dircksen aller Herausforderungen so tolle Ergebnisse erar- mdircksen@fh-muenster.de beiten“, berichtet der Dozent. • 11
Sie sind ein Gewinn für uns 12 fhocus Ausgabe 37
Internationale Lehrende Interview und Foto Anne Holtkötter Denn sie bringen Biografien mit, „Meine interkulturellen die ihnen erlauben, aus anderen Lernerfahrungen empfinde Erfahrungen zu schöpfen. Wel- ich als Bereicherung.“ chen Blick haben internationale Prof. Dr. Kulkānti Barboza lehrt seit zehn Jahren am Fachbereich Sozialwesen Tanz- und Bewegungspä- Professorinnen und Professoren dagogik, Kreative Sprachbildung/-förderung und auf unsere Hochschulland- Internationale Perspektiven der Sozialen Arbeit. Sie schaft? Wie wirkt sich das aus selbst hatte in Indien klassischen Tanz und Yoga studiert, an der Universität Münster Sportwissen- in der Lehre, in der Zusammen- schaft, Ethnologie und Soziologie. arbeit mit Lehrenden, im Dialog Frau Barboza, Sie haben in Ihrem Leben viele Kultu- fhocus: mit Studierenden? ren kennengelernt. Wie beeinflussen sie Ihr Leben heute? Barboza: Ich habe als Migrantin in drei unterschiedlichen Ge- sellschaften gelebt, in Indien, den USA und in Deutschland, aber innerhalb dieser großen Kulturräume bin ich durch meine Bildungs- wege und Tätigkeitsfelder auch vielen Subkulturen nähergekommen. Meine inter- und intrakulturellen Lernerfahrungen – auch die leid- vollen – empfinde ich letztendlich als Bereicherung, sie haben mich zu der Persönlichkeit werden lassen, die ich jetzt bin: eine Frau, die in vielen kulturellen und sozialen Räumen zu Hause ist und nach wie vor mit viel Offenheit und Wertschätzung den symmetrischen Dialog sucht. Was davon integrieren Sie in die Lehre? Mir ist es ein großes Anliegen, mit unserem Lehrangebot kul- tursensible Räume der Begegnung und des Austausches zu schaffen, in denen Ordnungssysteme des Wahrnehmens, Deutens, Handelns sowie Kommunizierens gemeinsam erfahrbar, diskutiert und re- flektiert werden – um beispielsweise Vorurteile abzubauen oder eigene Wissensbestände zu erweitern. Hierzu biete ich Seminare an, etwa zu Themen wie Interkultureller Kompetenzerwerb, Yoga Darüber sprachen wir mit oder Gesundheit und Krankheit im Kulturvergleich. Die Studieren- Prof. Dr. Kulkānti Barboza, den können sich über die theoretischen und handlungsorientierten Bezüge der eigenen kulturellen Perspektive bewusster werden und Prof. Dr. Michael Wasserman, sind im Idealfall in der Lage, die Welt sowie die uns begegnenden Menschen multiperspektiv zu betrachten. So können Studierende zu Prof. Dikkie Scipio und Multiplikatoren, zu kulturellen „Übersetzerinnen“ und „Übersetzern“ werden. Dies ist ein Erfordernis, das gerade in den Tätigkeitsfeldern Prof. Dr. David Hochmann. der Sozialen Arbeit besonders wichtig ist! • ↖ Prof. Dr. Kulkānti Kontakt Barboza bei der „Inter- national Summer- barboza@fh-muenster.de school on Dance & Movement Science“ an unserer Hochschule im letzten Jahr. 13
Text Milana Mohr Foto Susanne Lüdeling „Amerikaner im Herzen, in Münster zu Hause.“ Prof. Dr. Michael Wasserman kommt aus den USA und unterrichtet seit Dezember 2017 an der Münster School of Business (MSB) Internationales Manage- ment. Er hat selbst Vorfahren aus Deutschland und ↖ Prof. Dr. Michael kehrte zurück, um sein Wissen in ein für ihn gerech- Wasserman in einem Seminar zum Thema tes Bildungssystem einzubringen. International Management im Wintersemester fhocus: Herr Wasserman, was schätzen Sie am deutschen 2018, welches aus- schließlich auf Bildungssystem? Englisch stattfand. Wasserman: Mir gefällt die Tatsache, dass die Studierenden keine Zehntausende von Euro an Semestergebühren zahlen müssen. Die- jenigen, die lernen wollen, müssen sich nur auf ihre Ausbildung konzentrieren. Sie können eine Hochschule und ein Studienpro- gramm wählen, das ihren Interessen entspricht, und die Finanzen fallen nicht so ins Gewicht wie in den USA. Es gibt auch Nachteile des deutschen Ansatzes: Man unterrichtet größere Gruppen, es gibt eine höhere Lehrbelastung für Professoren und weniger schicke Räumlichkeiten – aber darauf kommt es nicht an. Denn Bildung ist der Schlüssel zu einem besseren Leben. Studierende in Deutschland können daran teilhaben, egal welchen sozialen Status sie haben. Für mich ist das wirklich wichtig. Denn meine Verwandten, die in den 1800er Jahren aus Deutschland in die USA auswanderten, nutzten damals die universelle und preiswerte Bildung, die in den USA im 20. Jahrhundert existierte. Ich bin der erste in meiner Familie mit einem Doktortitel, und jetzt bin ich froh, zu einem Bildungssystem zurückzukehren, das alle aufnimmt und ausbildet. Unterscheiden sich die deutschen und amerikanischen Stu- dierenden in ihrer Mentalität? In gewisser Weise ja, und in gewisser Weise nein. Deutsche ↗ Prof. Dikkie Studierende sind etwas selbstmotivierter und strukturierter in ihrer Scipio in ihrem Architekturbüro Denkweise und Herangehensweise an Referate und Präsentationen als US-Studierende. Ich schätze auch den selbstkritischen Blick der Deutschen, er bedeutet, dass die Menschen wollen, dass die Dinge besser werden! Insgesamt gefällt mir die Herausforderung als Pro- fessor, Lernerfahrungen so zu gestalten, dass alle Studierenden die Möglichkeit haben, nicht nur Fakten und Theorien zu lernen, sondern auch, wie man sich der Welt nähert, Veränderungen annimmt und Probleme kreativ löst. Wenn Sie nach Ihrer Heimat gefragt werden – was ant- worten Sie darauf? ↗ Prof. Dr. David Ich bin Amerikaner im Herzen, in Münster zu Hause. • Hochmann vor seinem Lieblings- ort in Steinfurt: im Kreislehrgarten Kontakt wasserman@fh-muenster.de 14 fhocus Ausgabe 37
Internationale Lehrende Text Stefanie Gosejohann Foto Casper Rila Text und Foto Anne Holtkötter „Ich bin eine Nomadin.“ „Ich bin ich.“ Prof. Dikkie Scipio lehrt seit dem Sommersemester Seit 2014 lehrt Prof. Dr. David Hochmann am Fach- 2019 Architekturdesign an der Münster School of bereich Physikingenieurwesen und leitet das La- Architecture (MSA). Die gebürtige Niederländerin bor für Biomechatronik. Mit 20 Jahren ist er nach ist Mitinhaberin des internationalen Planungsbüros Deutschland gekommen. Kaan Architekten, das neben dem Rotterdamer Herr Hochmann, Sie sind in Moldawien, einem sehr fhocus: Hauptsitz auch Niederlassungen in Paris und São armen Sowjetstaat, geboren worden und leben seit fast drei Paulo hat. Jahrzehnten in Deutschland. In welcher Nationalität fühlen Sie sich zu Hause? Frau Scipio, Sie haben in vielen Ländern gearbeitet fhocus: Hochmann: Ich bin ich. Ich bin eine Legierung aus vielen Bestand- und in aller Welt Großprojekte realisiert. teilen, und Deutschland hat da seinen Anteil: Als Fachmann bin Scipio: Das stimmt, ich bin eine Nomadin. ich hier geprägt worden, manchmal bin ich deutscher als mancher Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie dabei ge- Deutsche, vielleicht auch durch die eher pragmatische Ausbildung macht haben? zum Ingenieur und meine Tätigkeit. Ich habe Deutschland viel zu Gerade in internationalen Projekten treffen völlig unterschiedli- verdanken, und ich fühle mich dem Land verbunden. che Blickwinkel aufeinander, und es gibt zahlreiche Meinungen, wie Ihr Weg vom Flüchtling zum Professor – war er sehr steinig? etwas zu designen ist. Das ist eine enorme Bereicherung! Letztlich Ja, das war er. Die Sicherung der Grundbedürfnisse eines Ein- entdeckt man jedoch überall auf der Welt, dass es in der Architektur wanderers funktioniert in Deutschland sehr schnell, der gesell- eigentlich immer darum geht: Welches Material nutzt die eingesetzte schaftliche Aufstieg ist ungleich schwieriger und geht nur über Handwerkskunst, welche Qualität hat sie – und was bewirkt dies Bildung. Ich kam mit nur einem Koffer, hatte kein Geld, keine klare bei den Menschen? Bei uns in Europa ist die Herangehensweise an Bleibeperspektive und konnte kein Deutsch. Aber nur dem Hunger Bauvorhaben überwiegend intellektuell akademisch geprägt, während und dem Elend entkommen zu sein, reichte mir nicht – ich wollte etwa in Afrika die praktische Sichtweise und die Frage, wie etwas meinen Lebensentwurf verwirklichen. Dazu gehörte das Studium gebaut werden kann, im Vordergrund stehen. In einigen Ländern an einer guten Universität, das mir in der UdSSR als Jude verwehrt sind schon alle einzelnen Bauelemente vorgefertigt, und in anderen blieb. Hier in Deutschland konnte ich nicht sofort durchstarten, weil muss man die Elemente erst selbst herstellen. Es ist Teil unserer Pro- meine Hochschulzugangsberechtigung nicht anerkannt wurde. Das fession, sich mit solchen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Flüchtlingswohnheim, der Kampf um einen Bleibestatus, Sozialamt, Die ganze Welt bietet einem Zugang zu so viel unterschiedlichem Sprachkurse, Jobs, all diese Hürden bis zum Studium – das war Wissen. Man muss allerdings immer berücksichtigen, wie dieses natürlich nicht einfach. Aber diese Erfahrungen haben mich auch Wissen in der jeweiligen Region verstanden wird. Manchmal ruft geprägt und mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Und vor allem: zum Beispiel ein und derselbe Begriff in verschiedenen Kulturen Ich war frei. Dieses Gefühl, frei zu denken und seine Meinung frei völlig unterschiedliche Reaktionen hervor. äußern zu können, das wissen hier viele nicht zu schätzen, weil es Halten Sie auch in der Lehre einen internationalen Blick- so selbstverständlich ist. winkel für wichtig? Dieser Abschnitt in Ihrem Leben ist ein Teil von Ihnen. Was Die deutschen Studierenden sind sehr höflich und freundlich davon geben Sie an Ihre Studierenden weiter? und nehmen Regeln und Hierarchien ernster als zum Beispiel nieder- Nehmt euch Zeit! Ihr seid nicht zu alt, um Erfahrungen zu ländische Studierende. Ich versuche manchmal, sie zu provozieren machen – die sind unschätzbar. Ich kann jedem nur empfehlen: und so aus ihrer Komfortzone herauszuholen. Viele Studierende Ergreift die Chancen, die beispielsweise in einem Auslandssemester sind sich ihrer enormen Freiheiten gar nicht bewusst. Ich ermutige stecken. • sie dazu, neugierig auf andere Kulturen und Einstellungen zu sein und einfach mal unterschiedliche Dinge auszuprobieren. Nur so können sie wachsen! Daher halte ich es für äußerst wichtig, auch Kontakt in Hochschulen internationale Sichtweisen zu vermitteln. Hierzu david.hochmann@fh-muenster.de können Lehrende aus anderen Ländern sicher ein großes Stück beitragen. • Kontakt dikkie.scipio@fh-muenster.de 15
Rita Shaheen hatte ein Ziel. Studieren, um sich eine berufliche Perspektive zu ermöglichen. Weil das in ihrer Heimat Syrien nicht möglich war, kam sie nach Münster zu uns an die Hochschule. Text und Foto Rena Ronge Flucht aus dem Heimatland, Neubeginn bei uns Kontakt International Office Samia Jalal-Tiede jalal@fh-muenster.de ↗ Rita Shaheen flüchtete aus ihrer Heimat und studiert bei uns Chemieingenieurwesen. Zum Lernen setzt sie sich gern an den Aasee, der sie an ihre Heimat Syrien erinnert. 16 fhocus Ausgabe 37
Geflüchtete „Das ist der Vorteil an der FH Münster und an Steinfurt: Es sind kleine Gruppen, und es Nominiert für ein Stipendium fühlt sich familiär an.“ Dank ihrer guten Leistungen hat sie das Inter- national Office für die Studienstiftung des Deut- Rita Shaheen schen Volkes vorgeschlagen. „Dass sie sich qua- lifizieren konnte und im Auswahlverfahren so weit gekommen ist, allein das ist schon großartig“, erzählt Samia Jalal-Tiede, Projektkoordinatorin für „NRWege ins Studium“ im International Office. Das Auf ihrer Flucht aus der Heimat hat Rita Shaheen Info Auswahlverfahren besteht aus drei Runden, eine viele Kilometer zurückgelegt. Syrien, Libanon, Die Vergabe der NRWege- Präsentation, Interviews und schriftliche Tests Türkei, Griechenland, Österreich, Deutschland – Sprachkurssti- gehören dazu. „Zum Glück war ein Prüfer auch ihr Ziel: nach Münster zu ihrer Mutter und ihrem pendien erfolgt nach den Chemiker. Ich musste viel zu meiner Motivation Bruder zu kommen. In ihrer Heimat Syrien hatte Richtlinien des erzählen. Thema im Auswahlverfahren war Nano- sie vier Semester Chemie studiert, daran möchte Deutschen Akademischen technologie“, erzählt Shaheen. sie an unserer Hochschule anknüpfen. Austauschdiens- tes (DAAD) aus Mitteln des Leider hat es am Ende nicht für ein Stipendium Hoffnung auf berufliche Perspektive Ministeriums für gereicht, aber die Erfahrung, die sie durch das „Mein Bruder hat mir von der FH Münster erzählt. Kultur und Wissenschaft Verfahren machen konnte, sei für sie unbezahlbar. Wir haben uns dann die Kurse angeschaut, und des Landes Neben ihrem Studium sammelt die junge Studentin die waren zum Glück ganz ähnlich wie meine Nordrhein-West- falen (MKW- Praxiserfahrungen in einem MTA-Labor, arbeitet in Module, die ich schon hatte“, erzählt die junge NRW). einer Backstube, nimmt als Erfahrungsreferentin Syrerin. Das Datum ihres ersten Tages in Müns- in Workshops zum Thema „Studieren in Deutsch- Sie sollen ter hat sie noch ganz genau im Kopf. Es war der Studieninteres- land“ an unserer Hochschule teil und lernt fleißig 18. August 2015, den sie mit Hoffnung auf eine sierte auf das Studium an der für ihr Studium. Wenn sie die Sehnsucht nach gute wissenschaftliche Ausbildung und beruf- FH Münster ihrer Heimatstadt Latakia packt, dann nimmt die liche Perspektive verbindet. Shaheen hat auch vorbereiten und sie langfristig 26-Jährige ihre Lernsachen und setzt sich an den sofort losgelegt und vor Studienstart einen stu- in die Studien- Aasee. „Der See erinnert mich an das Mittelmeer, dienvorbereitenden Sprachkurs absolviert. Dank und Arbeitswelt integrieren. hier fühle ich mich meiner Heimat ein Stück näher, des „NRWege – Sprachkursstipendiums“ wurde da lernt es sich am besten.“ • der sechsmonatige Kurs finanziert. „Das Inter- national Office hat mich dabei begleitet, und ich habe durch den Kurs schnell andere Studierende kennengelernt.“ Kontakte zu Studierenden vom Fachbereich Che- „Der See erinnert mich an das Mittelmeer, mieingenieurwesen hat die junge Studentin durch Praktika und Gruppenarbeiten bekommen. „Das ist der Vorteil an der FH Münster und an Steinfurt: Es sind kleine Gruppen, und es fühlt sich familiär an. hier fühle ich mich meiner Zwei Studentinnen aus Syrien waren auch dabei, das hat mich gefreut.“ Ein Grund für sie, nach Heimat ein Stück näher, einem Jahr von Münster nach Steinfurt zu ziehen. da lernt es sich am besten.“ Rita Shaheen 17
Von Steinfurt Ein internationales Ingenieurstudium mit Doppelabschluss? Dies wird bald für die Bachelor- Studierenden der Fachbereiche Energie ∙ Gebäude ∙ Umwelt (EGU), Elektrotechnik und Informatik (ETI) und Maschinenbau (MB) zur Realität. Text Lisa Feldkamp Fotos Jana Schiller (links), privat (rechts) „Die lokale Industrie lebt vom Export. Viele Unter- International Engineering in sieben nehmen sind weltweit aktiv. Es ist daher maßge- Semestern bend, junge Menschen für globales Agieren und Schon seit einigen Jahren besteht eine Doppelab- den internationalen Markt vorzubereiten – sowohl schlussvereinbarung zwischen den Hochschulen, hier als auch im Ausland“, sagt Prof. Dr. Reinhart leider aber noch ohne feste Curricula. Dies soll sich Job, Dekan des Fachbereichs ETI, der mit den nun ändern. Der Plan, einen siebensemestrigen Fachbereichen EGU und MB an einem Konzept Bachelorstudiengang mit 210 ECTS einzuführen, für internationale Studiengänge auf dem Campus nimmt Formen an. „Um weltweit agieren zu kön- Steinfurt arbeitet. Diese Studiengänge sollen zu nen, benötigt man natürlich auch entsprechende einem Doppelabschluss mit einer renommierten Sprachkenntnisse. Wichtig ist, dass alle Studie- ausländischen Hochschule führen – angefangen renden die lokale Sprache lernen und auch auf wird mit der Universidad de Santiago de Chile dieser Sprache studieren, denn nur so können (USACH) in Chile und der Universidad Pontificia sie sich richtig einleben, viele Kontakte knüpfen Bolivariana (UPB) in Medellín, Kolumbien. und diese später im Beruf weiter nutzen“, sagt Job. Schon vor dem Auslandsaufenthalt absolvieren die Studierenden Sprachkurse und Veranstaltungen, die interkulturelle Kompetenzen und Regional- studien vermitteln. Zum Team, das den Studiengang International Engineering entwickelt, gehören die Dekane der beteiligten Fachbereiche – die Professoren Bernd Boiting, Eckhard Finke und Reinhart Job – sowie Professorin Barbara Kaimann. Das International ↖ Das Office, die TAFH GmbH Münster und das Prä- International- Engineering- sidium unterstützen die Arbeitsgruppe. Zudem Team (v.l.n.r.): wurde eine eigene Stelle für die Projektkoordi- Prof. Dr. Eckhard Finke, nation geschaffen. Damit liegen der Aufbau des Lisa Feldkamp, Prof. Dr. Barbara Studiengangs, die Koordination mit den Partner- Kaimann und hochschulen und die Betreuung der Studierenden Prof. Dr. Reinhart Job gebündelt in einer Hand. 18 fhocus Ausgabe 37
International Engineering nach Lateinamerika Start für deutsche Studierende 2021 Beim Besuch der Partnerhochschulen im letzten ↘ Vertreter der drei Hochschulen Herbst lernten sich die Beteiligten persönlich ken- haben sich im August 2019 in Chile nen und besichtigten Labore und Vorlesungssäle. getroffen, um die Grundzüge der Studiengänge durchzusprechen. „Die Ausstattungen der Hochschulen sind hervor- ragend und laden zum Arbeiten dort ein“, lobt Finke, den auch die Kultur und die Lebensweise der Lateinamerikaner begeistert hat. Derzeit sind sogar schon kolumbianische Studie- rende der UPB auf dem Campus Steinfurt. Fredy Andres Mesa Rojo hat in Kolumbien an der UPB sein Maschinenbaustudium begonnen und kam vor einem Jahr nach Steinfurt, um es hier zu be- enden. „In Deutschland zu studieren war schon immer ein Traum von mir. Das Studium eröffnet mir viele Möglichkeiten, und ich kann mir gut vorstellen, in Zukunft weiter in Deutschland zu le- ben und zu arbeiten.“ Mit dem neuen Studiengang wird es ab dem Wintersemester 2021/2022 auch unseren deutschen Studierenden ermöglicht, den Doppelabschluss in International Engineering zu machen. Dafür läuft zurzeit – trotz Corona – alles auf Hochtouren: per Mail und Videokonferenz. • Kontakt Lisa Feldkamp Koordinatorin International Engineering lisa.feldkamp@fh-muenster.de 19
Stipendium sei Dank In einem fremden Land und in einer anderen Sprache zu studieren, birgt Chancen und Herausforderungen. Alina Prendes Roque hat diesen Spagat gewagt – und absolviert ihren Master als internationale Studierende dank Stipendium. Text Rena Ronge Fotos Alina Prendes Roque Kuba, Sonnenschein und zuckerweiße Strände, Auf Theorie folgt Praxis das ist die Heimat von Alina Prendes Roque. Dort Doch aller Anfang ist gar nicht so leicht in einer saß die 28-jährige Kubanerin im Deutschkurs, als fremden Stadt, in der es dann auch noch ständig eine Freundin ihr von Münster und der dortigen regnet. „Zuerst habe ich einen studienvorbereiten- Fachhochschule erzählte. Den Tipp hatte sie von den Sprachkurs gemacht, das International Office einem FH-Professor, den sie im Rahmen eines hat mir dabei geholfen. Bei den Pluspunkt-Veran- internationalen Kooperationsprojektes in Kuba staltungen habe ich wunderbare Kommilitonen kennengelernt hatte. Die beiden Freundinnen kennengelernt. Sie haben schon eine Art Schlüs- schmiedeten einen Plan: „Wir bewerben uns beide selrolle für mich gespielt.“ In ihrem Studiengang an der FH Münster!“ war Prendes Roque eine von vier nichtmutter- sprachlichen Studierenden, die im Wintersemester Von Kuba nach Münster 2018 mit dem Master gestartet sind. Sie ist die ↗ Die Kubanerin Alina Prendes „Die Bewerbung war relativ einfach, es hat alles einzige, die es bis jetzt geschafft hat. Um neben der Roque macht am ITB ihren Master. super geklappt. Dann kam auch schon die Zusage Theorie auch praktische Erfahrung zu sammeln, für uns beide“, erzählt Prendes Roque. Während absolviert die junge Wirtschaftsingenieurin der- Info sich ihre Freundin auf den Master International zeit ein Praktikum in Düsseldorf. „Ich arbeite bei Das Deutschlandsti- Marketing and Sales beworben hat, entschied sie Daimler im Lieferantenkapazitätenmanagement, pendium för- dert begabte und sich für das Masterstudium Wirtschaftsingenieur- wo ich meine Kenntnisse aus dem Master prima engagierte wesen. „In dem Bereich hatte ich auf Kuba meinen anwenden kann. Etwas schade ist, dass das Prak- Studierende an staatlichen und Bachelor gemacht, zwei Jahre lang an der Uni als tikum später als geplant starten konnte. Wegen staatlich an- wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet und Corona ging das aber leider nicht anders.“ Nach erkannten Hoch- schulen in angewandte Mathematik unterrichtet.“ Wichtig für dem Praktikum steht die Masterarbeit an. Wohin Deutschland. sie war insbesondere bei der Wahl ihres Masters, der Weg Prendes Roque danach führt, lässt sie Bei der Vergabe zählen gute wie die berufliche Perspektive danach aussieht: sich bewusst noch offen. Noten, gesell- Wirtschaftsingenieurwesen kombiniert techni- schaftliches Engagement und sche und wirtschaftliche Aspekte – die Kubanerin besondere per- sieht in dieser Kombination einen Vorteil, der ihr sönliche Leistungen. Flexibilität bietet und sie für den internationalen Arbeitsmarkt qualifiziert. 20 fhocus Ausgabe 37
Internationale Studierende ↗ Durch ihre Ohne Regenschirm geht es nicht Zeit als Tutorin im International Eines weiß sie aber schon jetzt: Viel für sich mit- Sie ist Tutorin an unserer Hochschule geworden, Office hat nehmen kann sie aus ihrer Zeit in Deutschland. um neuen internationalen Studierenden bei der Alina Prendes Roque viele Offener zu sein, auf Leute zugehen, alleine an Integration zu helfen und ihre Erfahrungen wei- deutsche und andere Veranstaltungen teilnehmen, all das habe sie ge- terzugeben. Ihr Rat: „Seid offen, redet miteinan- international lernt, und das habe sie stark gemacht. Besonders der, stellt Fragen, nehmt an den Ausflügen vom Studierende kennengelernt, gefreut hat die Studentin, dass die FH Münster sie International Office teil – und steckt immer einen die ihr beim Einleben von Anfang an mit dem Deutschlandstipendium Regenschirm ein.“ • geholfen haben. unterstützt hat. „Toll war bei der Bewerbung für das Stipendium, dass sowohl Noten als auch Soft Info Skills und persönliche Motivation gezählt haben. Kontakt Derzeit hat die FH Münster Studieren in einer Fremdsprache und dann noch International Office über 1.000 Nadine Pantel Fachvokabular lernen ist schon auch eine zeitliche nadine.pantel@fh-muenster.de internationale Studierende. Herausforderung, auch wegen des Pendelns nach Steinfurt. Ich war sehr froh, nebenbei nicht noch arbeiten gehen zu müssen. Das hätte ich alles zeitlich nicht geschafft.“ Einen Herzens-Job hat Prendes Roque dann aber doch nebenbei gemacht. 21
Ein abrupter Abschied Als Laura Noh Anfang Januar neugierig und aufgeregt ins Auslands- semester aufbrach, ahnte niemand, dass es so enden würde. „So spontan habe ich noch keinen Flug gebucht“, sagt die Oecotrophologie-Studentin. Text und Foto Dzemila Muratovic Kontakt Ute Krützmann ute.kruetzmann@fh-muenster.de 22 fhocus Ausgabe 37
Auslandssemester Ihre Wahl war auf die englischsprachige Laurea University of Applied Sciences in Finnland gefal- len. Ein Gefühl von Freiheit und Vorfreude stellte sich ein, als sie in Helsinki ankam. Corona – das war zu diesem Zeitpunkt für die meisten, auch Info für die Gaststudentin aus Deutschland, zunächst Der Fachbereich nur ein Thema von vielen aus den Nachrichten. Oecotropho- Ein Virus, das weit weg war. logie ∙ Facility Management hat insgesamt Laura Noh stellte sich sehr schnell auf das neue 29 internatio- nale Partner- Hochschulleben um. „Die Lehre war verschulter hochschulen in und interaktiver“, erzählt sie. Der dortige Studi- Europa, Afrika und Südamerika. engang Hospitality Management passte gut zu ihrem gewählten Schwerpunkt Dienstleistungs- und Verpflegungsmanagement. Sie fand schnell neue Kontakte unter einheimischen und inter- nationalen Studierenden. Im Februar machte sie Immer mehr Länder schlossen jetzt ihre Grenzen. noch den ersehnten Ausflug ins eisige Lappland, „Angst, in Finnland hängenzubleiben, hatte ich um die Polarlichter zu sehen. „Das war definitiv nicht.“ Sie vertraute darauf, dass sie als Bürgerin eines der Highlights“, sagt sie, „einfach großartig.“ des Landes früher oder später auch wieder nach Deutschland einreisen durfte. Ob sie Angst vor Dann ging alles sehr schnell. Die Nachrichten zur dem Virus hatte? „Ich glaube, ich hatte keine Zeit, Coronalage in Österreich und Italien erreichten darüber nachzudenken.“ Jetzt musste es schnell sie. Auch in ihre Hochschule schlich sich die Ner- gehen. Denn das Fliegen wurde immer kompli- „Dennoch bin vosität ein. Sie hörte, dass asiatische Studierende zierter. Gecancelt, ein Flug nach dem anderen. ich dankbar für mit dummen Kommentaren zu kämpfen hatten. Mitte März entschied ihre Gasthochschule, die Zwischenlandlungen stellten sich als Problem dar. Mit Twickeler und Westermann suchte sie nach die Erfahrun- Türen zu schließen. Alle Seminare fanden von da Flügen. Und tatsächlich: Am 18. März ging ein gen, die ich in an nur noch online statt. „Das hat bis auf ein paar kleine Pannen reibungslos geklappt“, berichtet Direktflug von Helsinki nach Berlin. „Ich glaube es erst, wenn wir im Flugzeug sitzen“, sagte sie zu den zweieinhalb die Münsteranerin. Allerdings schrumpfte die ihren zwei Begleitern. Es klappte. Monaten ge- Gruppe der Gaststudierenden immer mehr, weil sie entweder freiwillig abreisten oder nach Hause Kein verlorenes Semester macht habe.“ beordert wurden. Der DAAD brachte dann schließlich eine dritte Op- tion ins Spiel: Erasmus-Studierende, die ihre Gast- Laura Noh Lockdown dort oder hier? hochschule verlassen hatten, konnten zu Hause Noh musste abwägen: Helsinki verlassen oder das Semester online abschließen. Von Münster bleiben und online das Erasmus-Studium fortset- aus führte sie ihre Seminare zu Ende und legte die zen? Der Deutsche Akademische Austauschdienst Prüfungen online und per Videochat ab. Dieses (DAAD), der das Erasmus-Programm für Deutsch- abenteuerliche Semester endete am 31. Mai. land organisiert, machte keine Vorgaben. „Dann doch vielleicht nach Hause?“, überlegte sie. Die Was die Studienleistungen angeht, war es also kein damals 21-Jährige war sich genauso unschlüssig verlorenes Semester. „Es war aber schon schade, wie ihre zwei Kommilitonen aus Münster, Mat- dass ich mich so abrupt von meinen neuen Freun- thias Twickeler und Jana Westermann, die zur den verabschieden musste“, sagt Noh. Außerdem selben Zeit in Helsinki waren. Noh telefonierte mit wäre sie auf den Sommer in Skandinavien neu- ↖ Am Ute Krützmann, der Koordinatorin für Internati- gierig gewesen. Nach Semesterende wollte sie ei- Hauptbahnhof onales am Fachbereich Oecotrophologie ∙ Facility gentlich die Länder im Norden Europas bereisen. in Münster startete Laura Management. Sie riet ihr, in dieser unberechenba- „Dennoch bin ich dankbar für die Erfahrungen, die Noh in ihr Auslandssemes- ren Situation nach Hause zu kommen, je früher, ich in den zweieinhalb Monaten gemacht habe.“ ter, das sich desto besser. Mit einigen aus dem Semester bleibt sie in Kontakt. völlig unerwartet entwickelte. Corona habe dazu geführt, dass alle – emotional – etwas enger zusammengerückt seien. • 23
Weltweite Reisewarnun- gen, Ausgangsbe- schränkungen, Flugaus- fälle – José Ángel Mena Vargas ist mehr als 1800 Kilometer von zu Hause entfernt, als sich Mitte März die Er- eignisse rund um die Corona-Pandemie ↗ Nach überschlagen. Der Elek- Als mehreren Wochen Recherchearbeit im Homeoffice konnte José Ángel Mena Vargas kurz trotechnikstudent vor seiner Abreise im Labor an seinem Funktions- aus Córdoba hatte erst muster weiterarbeiten. zwei Wochen zuvor Person ein Praktikum an unse- rer Hochschule angetreten – und blieb. gewachsen Text und Fotos Jana Schiller Kontakt International Office Laura Paul laura.paul@fh-muenster.de 24 fhocus Ausgabe 37
Mit Erasmus+ im Auslandspraktikum „Am Anfang war alles noch nor- Da Mena Vargas das Labor nicht mal“, erinnert sich der 23-Jäh- mehr betreten durfte – Mitte rige an seinen Start in Steinfurt. März schloss die Hochschule ↗ Vom Für drei Monate wollte er im La- alle Gebäude –, richtete er sich mediterranen Andalusien bor für Halbleiter-Bauelemente seinen Arbeitsplatz in seinem ins grüne und Bussysteme von Prof. Dr. Pe- WG-Zimmer in Steinfurt ein. Münsterland – José Ángel ter Glösekötter an einem prak- Tagsüber recherchierte der Stu- Mena Vargas aus Córdoba tischen Projekt arbeiten. Sein dent zu seinem Projektthema absolvierte ein selbst gewähltes Thema: Design und entwickelte verschie- Auslandsprakti- kum an der und Herstellung einer Prothese dene Designs am Computer. FH Münster. für den rechten Zeigefinger. Abends besuchte er über die Den Kontakt zum Fachbereich Online-Sprachunterstützung Elektrotechnik und Informatik der Europäischen Kommission die Seminare und Vorlesungen, hatte ihm sein Professor an der einen virtuellen Englisch-Kurs. aber sie haben nichts von Müns- Universidad de Córdoba, einer „Die Situation war belastend“, ter, Steinfurt oder dem Rest von Partnerhochschule der FH gesteht er rückblickend. „Je- Deutschland gesehen – das ist Münster, vermittelt. Finanzielle der Tag war gleich. In so einer total schade!“ Der fehlende per- Förderung bekam er durch das Krisenzeit ist es nicht leicht, sönliche Austausch erschwerte Programm Erasmus+. „Ich habe so weit weg von zu Hause zu es zum Teil, im Studium mitzu- im vergangenen Jahr bereits ein sein.“ Unterstützung bekam kommen. „Im Hörsaal können Praktikum in Mexiko gemacht“, er von vielen Seiten. „Das sie mal zwischendurch ihren Info berichtet José Ángel Mena Var- International Office der FH Sitznachbarn fragen. Das ist Das EU-Pro- gramm Erasmus+ gas. „Jetzt hatte ich große Lust, Münster und Prof. Glösekötter in einer Videokonferenz nicht stärkt unter noch ein zweites Mal ins Aus- waren sehr hilfsbereit. Auch möglich“, erklärt Paul. anderem den Aus- tausch und die land zu gehen, um praktische mein Professor aus Córdoba Zusammenarbeit Erfahrungen zu sammeln.“ erkundigte sich regelmäßig, ob Mena Vargas fand über Álvaro zwischen Hoch- schulen in Eu- alles in Ordnung ist.“ Herrero Pérez, der im Labor ropa und unter- Abbrechen oder bleiben? von Glösekötter arbeitet und stützt damit die europäischen Die plötzlichen Maßnahmen zur Persönlicher Austausch fehlt ebenfalls aus Córdoba kommt, Bildungsziele. Eindämmung des Virus trafen So wie Mena Vargas erging es trotz Kontaktbeschränkungen den Studenten und Glösekötter auch 32 weiteren Gaststudieren- schnell Anschluss zu Studieren- unerwartet. „Das war schon den, die das Sommersemester den aus Kolumbien, Marokko eine befremdliche Situation“, an der FH Münster absolvierten, und Tunesien. Kurz vor seiner schildert der Hochschullehrer. weiß Laura Paul vom Internatio- Abreise konnte der Bachelor- „Ich fragte mich, wie ich mich nal Office. 20 von ihnen mussten student schließlich auch seine wohl in einer vergleichbaren oder wollten in ihr Heimatland Kollegen im Labor wiedersehen Situation damals bei meinem zurückkehren und nahmen von und an seinem Funktionsmus- Auslandsaufenthalt in Granada dort aus an Online-Kursen teil. ter weiterarbeiten. „Es war eine ↖ In seinem gefühlt hätte.“ Die Entscheidung, „Viele konnten das Auslandsse- gute Entscheidung, mein Prak- Projekt das Praktikum abzubrechen mester nicht einfach verschie- tikum fortzusetzen“, resümiert entwickelte der Bachelorstudent oder fortzuführen, überließ er ben, weil die Studienpläne Mena Vargas. „Dank dieser Er- eine Fingerpro- these. Mit einem dem Gaststudenten. „Ich habe zum Teil eng getaktet sind“, fahrung konnte ich für meine Microcontrol- ihm gesagt, dass ich seine Ent- beschreibt Paul die Situation. zukünftige Arbeit als Person ler-Board testete er dafür scheidung in jedem Fall mittra- „Über das E-Learning-Angebot wachsen. Ich bedanke mich zunächst unterschiedliche gen werde“, betont Glösekötter. besuchten sie zwar trotzdem bei allen Menschen, die mich Sensoren. „In unseren Gesprächen kamen in schwierigen Momenten un- wir zu dem Schluss, dass es terstützt haben. Studierenden, wahrscheinlich sicherer ist, die ein Praktikum im Ausland wenn er nicht heimreist, weil machen wollen, kann ich nur das mit viel mehr Personen- empfehlen, nach Deutschland kontakten verbunden gewesen zu kommen und dieses fantasti- wäre.“ sche Land zu erleben.“ • 25
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