Die VERFÜGBARKEIT von INSEKTIZIDEN im Obstbau - Wohin geht die Reise? Wie sollen Schlüssel-Schaderreger zukünftig noch bekämpft werden?
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Die VERFÜGBARKEIT von INSEKTIZIDEN im Obstbau Wohin geht die Reise? Wie sollen Schlüssel-Schaderreger zukünftig noch bekämpft werden? Als vor knapp fünf Jahren die EU-Verordnung 1107/2009 die bis dahin dungsbestimmungen noch viel weiter von gültige Richtlinie 91/414/EWG ablöste, startete in Europa das Projekt diesem Ziel wegführen.“ „Harmonisierung der Pflanzenschutzmittelzulassung zwischen den Diese Befürchtungen und geäußerten einzelnen Mitgliedstaaten“. Auf europäischer Ebene sollte beim Einsatz Zweifel zur harmonisierten Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sind berechtigt. von Pflanzenschutzmitteln die hohen Schutzziele für die Gesundheit In dieser Publikation soll auf folgende von Mensch, Tier und für die Umwelt gewährleistet und gleichzeitig die Punkte, die im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft sichergestellt werden. Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln stehen, eingegangen werden: 1. Informationen zum Zulassungsverfah- Fünf Jahre danach macht sich Ernüchte- ten in Europa viele der Pflanzenschutzmit- ren auf europäischer und nationaler rung breit. Zum einen werden die Stell- tel nach und nach wegbrechen. Ebene. schrauben für die Zulassung von Pflanzen- 2. Neue Anforderungen und Hürden im schutzmitteln stetig angezogen. Immer EU-HARMONISIERUNG – Zulassungsverfahren. aufwändigere Studien, vor allem im Be- EIN TRAUM? 3. Probleme bei Insektizidzulassungen reich „Naturhaushalt“, werden gefordert. In den DLG-Mitteilungen 4/2015 stellt und Lösungsansätze für die Bekämp- Und zum anderen bewerten die Mitglied- sich der Industrieverband Agrar (IVA) die fung bedeutender tierischer Schaderre- staaten bei der Produktzulassung nach wie Frage, ob die EU-weit harmonisierte Zulas- ger . vor unterschiedlich. Wer geglaubt hat, dass sung von Pflanzenschutzmitteln nur noch 4. Einflussfaktoren auf die Verfügbarkeit die neue Verordnung über die harmoni- ein Traum sei. Es wird festgestellt: „Was von Pflanzenschutzmitteln. sierte Zulassung zu einem einheitlichen waren wir alle naiv. Nach der EU-Richt Dieser Artikel soll informieren, Lösungen Wettbewerb führt, hat sich getäuscht. Hin- linie zum Pflanzenschutz von 2009 und für die Bekämpfung wichtiger Schaderre- zu kommt, dass generell für alle Produzen- dem darauf aufbauenden deutschen Pflan- ger aufzeigen und alle im Zulassungsver- zenschutzgesetz von 2012 haben wir fahren Beteiligten zum Dialog aufrufen. Es doch tatsächlich geglaubt, die Zulassung geht um dauerhafte Lösungen und um die von Pflanzenschutzmitteln werde schnel- Sicherstellung der Verfügbarkeit von Pflan- ler, berechenbarer und einheitlicher. zenschutzmitteln. Denn warum soll ein deutscher Auch die Obstanbauer stehen in der Verant- Landwirt nicht die Mittel an- wortung. Zum einen müssen sie mit chemi- le wenden dürfen, die etwa schen Pflanzenschutzmitteln sorgfältig und Eag nt seinem niederländischen verantwortungsvoll umgehen und zum an- ia rill oder englischen Kollegen deren sollten sie gerade gegenüber der Öf- /B tolia zur Verfügung stehen und fentlichkeit den Nutzen des chemischen © Fo umgekehrt.“ Der IVA Pflanzenschutzes kommunizieren. kommt zu dem Fazit: „Fünf Jahre nach der Pflanzenschutz- 1. Informationen zum Zulassungs- verordnung der EU und drei Jah- verfahren auf europäischer und re nach dem deutschen Pflanzen- nationaler Ebene schutzgesetz ist die Harmonisie- Am 14. Juni 2011 ist die neue EU-Pflan- rung der Zulassung in Europa zenschutzverordnung (EG) Nr. 1107/2009 immer noch weit entfernt. Im in Kraft getreten. Sie regelt die Zulassung Gegenteil: National könnten zu- und das Inverkehrbringen von Wirkstof- sätzliche Auflagen und Anwen- fen und Pflanzenschutzmitteln. Die erklärten Ziele sind im Artikel 1, Ab- satz 3 formuliert: Wer geglaubt hat, dass die neue Ver- ordnung über die harmonisierte Zu- 1. die Gewährleistung eines hohen Schutz- lassung zu einem einheitlichen Wett- niveaus für die Gesundheit von Mensch bewerb führt, hat sich getäuscht. und Tier und für die Umwelt, 262 OBSTBAU 5/2016
Abb. 1: Verfahren der Wirkstoffzulassung in der EU 2. das bessere Funktionieren des Binnen- weitergeleitet. Die Kommentierungsphase markts durch die Harmonisierung der sollte max. 60 Tage dauern. Die Mitglied- Vorschriften für das Inverkehrbringen staaten (MS) senden ihre Kommentare an von Pflanzenschutzmitteln, die Europäische Behörde für Lebensmittel- 3. die Verbesserung der landwirtschaft- sicherheit (EFSA). Die EFSA hat 4–10 Mo- lichen Produktion. nate Zeit, den DAR und die Kommentare Das Zulassungsverfahren läuft hierbei auf der MS zu prüfen und einen sog. Peer Re- zwei Ebenen ab: Die Genehmigung des view (Begutachtung durch Fachkollegen) Wirkstoffs erfolgt auf EU-Ebene, die Pro- zu erstellen, d. h. eine Risikobewertung duktzulassung auf nationaler Ebene bzw. vorzunehmen. Dieser Peer Review dient innerhalb einer Zone. als Entscheidungsgrundlage für den Stän- Fasst man die wesentlichen Änderungen digen Ausschuss für die Lebensmittelkette im Zulassungsverfahren zusammen, so und Tiergesundheit der EU zur Genehmi- sind dies: gung oder zum Verbot des Wirkstoffs. 1. die gefahrenbasierte Bewertung der Wirkstoffe anstelle der risikobasierten PARADIGMENWECHSEL BEI DER Bewertung, WIRKSTOFF-GENEHMIGUNG 2. die Ausschlusskriterien bei der Wirk- Vor dem Inkrafttreten der Verordnung stoffzulassung, wurde das mögliche Risiko, das von einem 3. die vergleichende Bewertung, bestimmungsgemäßen Einsatz eines Pflan- 4. die zonale Zulassung von Pflanzen- zenschutzmittels in verdünnter Form aus- schutzmitteln. gehen kann, bewertet. Um das Risiko zu verringern, wurden Risikominderungs- DIE WIRKSTOFFZULASSUNG maßnahmen vorgeschrieben (z. B. Schutz- IN DER EU kleidung, Gewässerabstände etc.). Das Das Verfahren für die Wirkstoffzulassung in Pflanzenschutzmittel konnte dadurch mit der EU ist in Abb. 1 schematisch dargestellt. den entsprechenden Auflagen zugelassen Ein Pflanzenschutzmittelhersteller stellt werden. Am Beispiel Auto lässt sich dies einen Antrag zur Genehmigung eines sehr anschaulich erklären: Man verringert Wirkstoffs nach der VO (EG) 1007/2009. das Risiko durch Anschnallpflicht, Airbags, Aus den Mitgliedstaaten wird ein bericht- und Tempolimits. erstattender Mitgliedstaat (Rapporteur Nach dem Inkrafttreten der VO (EG) 1107/ Member State) festgelegt. Dieser prüft das 2009 verfährt man jetzt für bestimmte Prüf- von der Firma eingereichte Dossier und bereiche nach dem Vorsorgeprinzip. Das be- erstellt einen vorläufigen Bewertungsbe- deutet, dass man nun die mögliche Gefahr richt, den sog. Draft Assessment Report betrachtet, die von einem Wirkstoff in kon- (DAR). Der Berichterstatter (RMS) hat zentrierter Form für Mensch, Tier und Um- hierfür 13,5 bis 19,5 Monate Zeit. Der welt ausgehen kann. Geht von dem zu be- DAR wird im Anschluss an die Mitglied- wertenden Wirkstoff in dieser Form eine staaten zur Prüfung und Kommentierung mögliche Gefahr aus, führt dies unweigerlich
Für die Bewertung der endokrinen Effekte Abb. 2: Cut-off- und Substitutionseigenschaften als neue Bewertungskriterien von Wirkstoffen gibt es derzeit noch keine abschließende Definition bzw. Richtlinie. Deshalb gibt es vorerst eine regulatorische Definition: Wirkstoffe, die gleichzeitig als C2 (kanzerogen Kategorie 2) und R2 (re- produktionstoxisch Kategorie 2) und Wirk- stoffe, die als R2 mit vermuteten toxischen Effekten auf endokrine Organe eingestuft sind, gelten als endokrine Disruptoren. – Bewertungskriterien Umwelt- verhalten POP = langlebige organische Schadstoffe (persistent, bioanreichernd, sich über große Distanzen verlagernd) PBT = langlebig, bioanreichernd und toxisch vPvB = sehr langlebig und sehr bio- anreichernd zur Nichtzulassung. Bezogen auf das Beispiel Tab. 1: Vorläufige Liste der obstbaurelevanten Substitutionskandiaten Auto würde dies bedeuten, dass die mögli- (Stand: Ende Januar 2015) che Gefahr eines Verkehrsunfalls zum Ver- bot der Nutzung von Autos führen müsste. Wirkstoff Mittel Bemerkungen Neu ist ebenfalls, dass im Rahmen der Kupferhydroxid Cuprozin WP, Cuprozin progress, seit 2010 gibt es eine Kupfer- Wirkstoffzulassung zusätzliche Bewertungs- Funguran progress Minimierungsstrategie, die kriterien eingeführt wurden. Die Wirkstof- laufend angepasst wird fe durchlaufen nunmehr einen dreistufi- Kupferoxychlorid Funguran s.o. gen Bewertungsprozess: Cyprodinil Chorus, Switch – 1. der Wirkstoff wird zunächst hinsichtlich Difenoconazol Score mögliche Einstufung als der gefahrenbasierten Ausschlusskrite- endokriner Disruptor (cut off) rien (sog. Cut-off-Kriterien) überprüft, Dimethoat Perfekthion, Danadim Progress Frankreich bemüht sich aktuell 2. die Wirkstoffe, die die Stufe 1 passie- um Verbot des Wirkstoffes auf ren, werden einer Risikobewertung un- EU-Ebene terzogen, Fludioxinil Switch – 3. die Wirkstoffe werden dahingehend ge- Flumioxazine Vorox F mögliche Einstufung als prüft, ob sie als sog. candidates for subs reproduktionstoxisch Kat. 1b titution (Substitutionskandidaten) ein- gestuft werden. (cut off) Glufosinate Basta mögliche Einstufung als CUT-OFF-KRITERIEN endokriner Disruptor (cut off) Erfüllt ein Wirkstoff eine der sog. Cut-off- Halyxofop-P Gallant Super – Eigenschaften, gilt dies als Ausschlusskri- Lambda-Cyhalothrin Karate Zeon – terium. Das bedeutet, der Wirkstoff wird Myclobutanil Systhane 20 EW mögliche Einstufung als in der EU nicht oder nicht mehr zugelas- endokriner Disruptor (cut off) sen und verboten. Hier greift das bereits Pendimethalin Stomp Aqua mögliche Einstufung als PBT erwähnte Vorsorgeprinzip. (cut off) In Abb. 2 sind in den oberen beiden Fel- Pirimicarb Pirimor Granulat Freilandzulassungen kritisch dern die sog. Cut-off-Kriterien, die sich auf (grundwasserrelevante die Bewertungsbereiche Gesundheit und Metaboliten) Umwelt beziehen, aufgelistet. Quinoxyfen Fortress 250 – Tebuconazole Folicur, Luna Experience mögliche Einstufung als – Bewertungskriterien Gesundheit endokriner Disruptor (cut off) C1 = kanzerogen Stufe 1 Tebufenpyrad Masai – M1 = mutagen Stufe 1 Thiacloprid Calypso 480 SC mögliche Einstufung als R1 = reproduktionstoxisch Stufe 1 reproduktionstoxisch Kat. 1b ED* = Endokrine Disruptoren (toxisch für (cut off) hormonbildende Organe) 264 OBSTBAU 5/2016
Anmerkung: Wer geglaubt hat, dass die gefahrenbasierte Bewertung eines Wirkstoffs in konzentrierter Form nicht zu einem massiven Wirkstoffverlust in der EU führt, war naiv. Es schien die Ma- cher der Verordnung dabei nicht interessiert zu haben, dass man mit dem Wirkstoff in konzentrierter Form eigentlich nur in der Produktion und Formuliertechnik in Kontakt kommen könnte – und nicht bei der Anwendung in der Landwirtschaft. SUBSTITUTIONSKANDIDATEN: ZU ERSETZENDE WIRKSTOFFE Die Europäische Kommission hat mit der Ende Januar 2015 be- schlossenen Durchführungsverordnung, welche eine Liste mit 77 zu ersetzenden (Alt-)Wirkstoffen („Substitutionskandidaten“) festlegt, die Grundlagen für eine weitere Hürde bei der Zulassung Gegen problematische Pilzkrankheiten von Pflanzenschutzmitteln geschaffen: die sogenannte verglei- chende Bewertung. Die obstbaurelevanten Substitutionskandida- ten sind in Tab. 1 aufgeführt. Für die Zulassungsbehörden in den EU-Ländern bedeutet dies: Ab August 2015 müssen sie bei jedem an Erdbeeren, Salaten und Spargel neuen Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels schau- en, ob er einen der gelisteten Wirkstoffe enthält. Ist dies der Fall, müssen sie überprüfen, ob möglicherweise risikoärmere Lösun- gen für die beantragte Indikation, die deutlich sicherer für Mensch • Breites Wirkungsspektrum zur und Umwelt sind, zur Verfügung stehen. Bekämpfung zahlreicher Krankheiten Ein Wirkstoff wird als Substitutionskandidat eingestuft, wenn er eine der in Abb. 2 in den unteren beiden Kästchen aufgeführten • Neue Wirkstoffkombination für Eigenschaften erfüllt: das Resistenzmanagement Bewertungskriterien Gesundheit • Flüssige Formulierung, einfach Niedrige toxikologische Grenzwerte für die Anwendersi- l dosierbar und leicht in der cherheit: AOEL = Grenzwert für die wiederholte dermale und inha- Handhabung lative Exposition l Niedrige toxikologische Grenzwerte für Rückstände in Le- bensmitteln: ARfD = Akute Referenzdosis (kurzzeitige orale Exposition innerhalb von 24 h) ADI = Lebenslange orale Exposition l Neurotoxische/immunotoxische Effek te: Toxische Effekte auf das Nervensystem und/oder auf das Immunsystem des Menschen Bewertungskriterien Umweltverhalten l 2 von 3 PBT-Kriterien (persistent, bioanreichernd, toxisch) sind erfüllt DIE ZONALE PRODUKTZULASSUNG Mit der neuen Verordnung 1107/2009 wurde das sog. zonale Zulassungsverfahren eingeführt, das nationale Produktzulas- sungen ergänzen soll. Dazu wurde Europa in eine südliche, mittlere und nördliche Zone aufgeteilt (s. Abb. 3). Deutschland gehört zusammen mit 12 weiteren Mitgliedstaaten der sog. mittleren Zone an. Wird ein Wirkstoff genehmigt, können Produkte, die diesen Wirkstoff enthalten, innerhalb der Zulassungszonen über zonale Verfahren oder über die gegenseitige Anerkennung zugelassen
Deutschland noch ein großer Harmonisie- Abb. 3: Die Zulassungszonen im Überblick (Quelle: IVA) rungsbedarf. Zum einen werden abge- stimmte EU-Leitlinien nicht anerkannt. Zum anderen wird dort, wo es noch keine abgestimmten Leitlinien für die Bewer- tung gibt, die Messlatte so hoch angelegt, dass Zulassungen in Raumkulturen kaum noch möglich sind. Ein Beispiel hierfür ist die nationale Ab- senkung des Wasserendpunkts für Thia- cloprid. Sie basiert auf keiner wissen- schaftlichen Grundlage, da für diese Ab- senkung die Werte von Imidacloprid her- angezogen wurde (siehe unter Confidor WG 70, Seite 272). Bezüglich der gegenseitigen Anerkennung von Bewertungen innerhalb der mittleren Zone wird man sich schon jetzt – was Deutschland betrifft – mehrere spannende Fragen stellen müssen: 1. Gibt es im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung von Bewertungen einen deutschen Sonderweg? 2. Was passiert, wenn Deutschland die ge- genseitige Anerkennung einer Bewer- tung nicht ausspricht? Wie reagiert da- rauf die EU-Kommission? 3. Lassen die Pflanzenschutzmittelherstel- ler Deutschland bei ihren Zulassungs- anträgen insbesondere für Raumkultu ren außen vor? Anmerkung: Letztendlich muss man sich auch die Frage stellen, ob die negative Bewer- tung im Prüfbereich „Naturhaushalt“ die gegenseitige Anerkennung einer Bewertung verhindern soll? Oder ist in Deutschland die Umwelt noch schüt- zenswerter als in den anderen Mitglied- staaten der mittleren Zone? DIE VERGLEICHENDE BEWERTUNG werden. Vorab bedarf es, wenn der Zulas- cher Bedingungen berechtigten Grund zu Neben dem zonalen Zulassungsverfahren sungsantrag für mehrere Länder in einer der Annahme haben, dass das betreffende sieht die Verordnung auch die sog. verglei- Zone gestellt wird, einer Bewertung des Produkt trotz „nationaler Maßnahmen zur chende Bewertung gemäß Artikel 50 bzw. Pflanzenschutzmittels (Produkts) durch ei- Risikominderung“ noch immer ein unan- Anhang IV der VO (EG) Nr. 1107/2009 nen zonalen Berichterstatter (zonaler Rap- nehmbares Risiko für die Gesundheit von vor, die auf nationaler Ebene erfolgt. Pflan- porteur Member State). Er kann vom An- Mensch und Tier oder die Umwelt dar- zenschutzmittel, die einen Substitutions- tragsteller vorgeschlagen werden, wird stellt. kandidaten beinhalten, werden zukünftig gelegentlich aber auch von der EU be- im Rahmen des Zulassungsverfahrens ver- stimmt. Bewertet der zRMS positiv, sollte – Situation in Deutschland gleichend bewertet. Laut Pflanzenschutz- diese Entscheidung bindend sein für alle Es zeichnet sich ab, dass in Deutschland gesetz ist in Deutschland das Bundesamt Mitgliedstaaten der gleichen Zulassungs- die Bewertung anderer Mitgliedstaaten für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi- zone. nicht anerkannt wird. Insbesondere im cherheit (BVL) für die vergleichende Be- Abweichungen einzelner Mitgliedstaaten Prüfbereich „Naturhaushalt“ wolle man wertung zuständig. Die Bewertungsbehör- sind nur erlaubt, falls sie angesichts spezi- das eingereichte Dossier selbst nochmals den (JKI, BfR, UBA) können bei Bedarf da- fischer ökologischer oder landwirtschaftli- bewerten. In diesem Bereich besteht in zu angehört werden. Eine Zulassung kann 266 OBSTBAU 5/2016
untersagt werden, wenn in der beantrag- verkürzten Zeitraum von sieben Jahren ei- bundesamts ist es fachlich gerechtfertigt, ten Indikation bereits ein vergleichbares ne Zulassung erhalten. Wirkstoffe, die dass zukünftig der Nachweis einer „siche- Pflanzenschutzmittel mit günstigeren Ei- nicht einer Bewertung unterzogen wer- ren Verwendung von Pflanzenschutzmit- genschaften für die Bewertungsbereiche den, obwohl sie als Substitutionskandidat teln“ immer schwieriger werden wird „Gesundheit“ und „Naturhaushalt“ zuge- eingestuft sind, erhalten nur noch eine be- (Dr. Wogram, Vortrag DLG 2014). Die Fest- lassen ist. fristete Zulassung von maximal fünf Jah- stellung, dass die Anforderungen an die Die vergleichende Bewertung bezogen auf ren. Zulassung steigen werden, ist in der neuen die beantragte Indikation (gleiche Kultur, Verordnung 1107/2009 bereits indirekt gleicher Schadorganismus) erfolgt hin- verankert. Dort heißt es: „Unbeschadet Anmerkung: sichtlich: des Artikels 50 wird ein Pflanzenschutz- Jeder Mitgliedstaat kann für die verglei- l Wirksamkeit, mittel nur zugelassen, wenn es entspre- chende Bewertung seine eigene Leit l Abbauverhalten, chend den einheitlichen Grundsätzen ge- linie definieren. Dies ist ein weiteres l Toxizität auf Mensch und Umwelt, mäß Absatz 6 folgende Anforderungen er- Beispiel dafür, dass man sich von der l signifikante praktische oder wirtschaft- füllt: Es erfüllt unter Berücksichtigung des angestrebten Harmonisierung bei der liche Nachteile, neuesten Stands von Wissenschaft und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln l Resistenzrisiko und Technik die Anforderungen gemäß Artikel weiter entfernt. Es wird unweigerlich l Bedeutung für Lückenindikationen. 4 Absatz 3 (keine unannehmbaren Aus- zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen Nur falls eine bestimmte Anwendung des wirkungen auf die Gesundheit von Men- zwischen den Mitgliedstaaten führen. fraglichen Produkts (identische Indikation) schen und keine unannehmbaren Auswir- nicht substituiert, d. h. durch ein anderes kungen auf die Umwelt)“. Produkt ersetzt werden kann, beispiels- 2. Neue Anforderungen und Hürden Die Verordnung fordert demnach, dass die weise aufgrund der Resistenzsituation, im Zulassungsverfahren Risikobewertung nach dem neuesten dann wird die Zulassung erteilt, ansonsten Die Anforderungen an die Zulassungsfä- Stand der Wissenschaft und Technik nicht. Wirkstoffe, die vergleichend bewer- higkeit von Pflanzenschutzmitteln werden durchgeführt wird. Daraus folgt ein nicht tet werden, können nur noch für einen weiter steigen. Nach Aussage des Umwelt- endender und sich ständig fortentwi- Anzeige DuPont Pflanzenschutz | Insektizid Entlarvt! DuPont™ Coragen® Stärker, länger, besser in der Apfelwicklerbekämpfung. DuPont™ Steward® Bewährt & sicher & flexibel einsetzbar zur Bekämpfung von schädigenden Raupen. ■ Hochwirksam ■ Kernobst, Steinobst und Beerenobst ■ Schneller Fraßstopp ■ Sichere Wirkung ■ Hervorragende Wirkungsdauer ■ Kurze Wartezeit ■ Neue Wirkstoffgruppe ■ Nützlingsschonend Erfolg ist kein Zufall. ■ Nützlingsschonend Hotline unter 0800 – 700 60 60 oder agrar.dupont.de DuPont im Internet: agrar.dupont.de Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikett und Produktinformation lesen. Bitte beachten Sie die Warnhinweise und -symbole in der Gebrauchsanleitung. Alle mit ® oder ™ gekennzeichneten Produkte sind markenrechtlich geschützt für E. I. du Pont de Nemours and Company oder eine ihrer Konzerngesellschaften. Copyright © 2016
ckelnder Prozess. Er wird unweigerlich zu anteile von Blattoberflächen auf den Boden Das bedeutet, dass zukünftig nicht nur der einer weiteren Verschärfung im Zulas- abgeschwemmt werden. Diese gelangen Einzelwirkstoff oder das einzelne Pflanzen- sungsverfahren und damit zu Wirkstoff- entweder über Versickerung direkt ins schutzmittel im Zulassungsverfahren hin- verlusten in der EU und auf nationaler Grundwasser oder können über den Boden sichtlich seiner möglichen Risiken bewertet Ebene führen. durch Oberflächenabfluss in benachbarte werden soll. Auch praxisübliche Spritzfolgen Flächen (Biotope, Oberflächengewässer) und Tankmischungen sollen in die Bewer- verfrachtet werden (Run-Off). tung mit einbezogen werden. Das Umwelt- Anmerkung: In intensiven Erwerbsobstanlagen sind ca. bundesamt fördert ein neues Projekt mit Die steigenden Anforderungen an die 2/3 der Fläche (Fahrgassen) begrünt. Eine dem Titel: „Umweltrisiken von PSM zwi- Zulassungsfähigkeit von Pflanzen- Erhöhung des Bodenbedeckungsgrades in schen Prognose und Realität: Wie belastbar schutzmitteln lassen die Kosten für eine einer Obstanlage zur Minderung von Ver- sind Ergebnisse der ökotoxikologischen Risi- Produktzulassung steigen. Als Folge sickerung und Run-Off könnte nur in den kobewertung zum einzelnen Mittel vor dem werden für die Sonderkulturen kaum Baumstreifen erzielt werden. Ein Offen- Hintergrund der üblichen Anwendungspra- noch Produkte entwickelt und zur Zu- halten der Baumstreifen begünstigt aber xis (Tankmischungen, Spritzserien)?“. lassung gebracht. Die Zulassungsunsi- die Wasser- und Nährstoffversorgung der Dieses Projekt wird vom UFZ-Helmholtz- cherheit gerade in Raumkulturen mit Bäume, mindert die Mäuseproblematik Zentrum für Umweltforschung GmbH in Driftgefahr macht es nicht leichter. und verringert Spätfrostschäden. Von da- Leipzig in Kooperation mit dem Institut für her ist ein dauerhaftes Begrünen der Umweltforschung in Aachen bearbeitet. Baumstreifen in Obstanlagen nicht umsetz- Bereits jetzt gibt es Beispiele dafür, dass das Insbesondere im Bewertungsbereich „Na- bar und grundsätzlich abzulehnen. Umweltbundesamt Zulassungen verwei- turhaushalt“ werden derzeit sowohl von Niedrigere Aufwandmengen, die in die- gert, weil Spritzfolgen bzw. Tankmischun- der EFSA als auch auf nationaler Ebene sem Zusammenhang diskutiert werden, gen bisher keine Berücksichtigung finden. vom Umweltbundesamt (UBA) neue sind ebenfalls nicht zielführend. Sie wür- Die Neuregelung zu Tankmischungen in Richtlinien für weitere Prüfbereiche für die den das Resistenzrisiko erhöhen und un- den Richtlinien zur „Guten fachlichen Pra- Risikobewertung entwickelt bzw. bereits weigerlich zu Wirkungsverlusten und da- xis“ (GfP) gibt für Insektizide vor, dass die bestehende Richtlinien (guidance docu- mit zu häufigeren Einsätzen von Pflanzen- Mischung von mehr als zwei Mitteln als ments) angepasst. schutzmitteln führen. nicht GfP-konform angesehen wird. U. a. werden folgende Prüfkriterien in die Da der Oberflächenabfluss von vielen Fak- Risikobewertung mit einbezogen: toren beeinflusst wird, gibt es unterschied- Anmerkung: 1. Artengruppen wie Amphibien, Repti liche Strategien zur Vermeidung von Run- Mit der Einführung des integrierten lien, Bodenarthropoden, Eintagsfliegen off, über die man auch im Obstbau nach- Pflanzenschutzes im Obstbau Ende der 2. Hummeln und Solitärbienen (zusätz- denken sollte. Die EG-Wasserrahmenricht- 80er bzw. Anfang der 90er Jahre wurde lich zur Honigbiene) linie sieht u. a. dazu folgende Maßnahmen der Einsatz von selektiv wirkenden, 3. Berücksichtigung zusätzlicher Exposi vor (nicht vollständig): Pufferstreifen/Ge- nützlingsschonenden Pflanzenschutzmit- tionspfade (z.B. Staubabdrift, Run-off) wässerrandstreifen, breitere bewachsene teln forciert. Der Einsatz breitwirksamer 4. Bewertung von Spritzfolgen und Tank- Vorgewende, Dämme, bewachsene Abläu- Insektizide wie Phosphorsäureester und mischungen anstelle von Einzelwirk- fe, Rückhaltebecken, Terminplanung bei Pyrethroide wurde aufgrund ihrer brei- stoffen Pflanzenschutzmaßnahmen (nicht vor ten Nebenwirkung auf Nützlinge nach 5. Intensivere Prüfung von relevanten Starkregen), Wirkstoffmanagement etc. und nach verboten. Werden jetzt zuneh- Metaboliten mend Tankmischungen und Spritzfol- Anmerkung: gen in die Bewertung mit einbezogen, MODELLRECHNUNGEN ZU muss man feststellen, dass dies damals GRUNDWASSEREINTRÄGEN Es wäre wünschenswert, wenn der Be- rufsstand zusammen mit den Zulas- ein falscher Weg war, den man einge- Deutschland bewertet mögliche Grund- schlagen hat. Denn eines ist doch klar: sungsbehörden über weitere zusätz wassereinträge durch bestimmte Pflan- Eine ausschließliche Verwendung selek- liche Anwendungsbestimmungen zur zenschutzmittelanwendungen mit ande- tiv wirkender Pflanzenschutzmittel führt Vermeidung von Run-off in kritischen ren Modellrechnungen als übrige Mit- unweigerlich zu einem vermehrten Ein- Lagen (Hangneigung, unmittelbar an- gliedstaaten. Falls diese Berechnungen satz verschiedener Mittel. Dies gilt ins- grenzende Oberflächengewässer und/ zeigen, dass Grundwassereinträge nicht besondere im Apfelanbau, wo wir es mit oder Biotope) diskutieren könnte, bevor ausgeschlossen werden können, lehnt bis zu zehn wirtschaftlich bedeutenden mögliche Run-off-Effekte zu einem ge- Deutschland die Zulassung dieser Anwen- tierischen Schaderregern zu tun haben. nerellen Ausschlusskriterium für Zulas- dung ab. Wenn Spritzfolgen ebenfalls als kritisch sungen im deutschen Obstbau werden. Aufgrund solcher Modellrechnungen sind bewertet werden, stellt sich die Frage, Wiederzulassungen wichtiger Insektizide wie Schorf oder Mehltau, gegen die über in vielen Sonderkulturen derzeit aussichts- einen längeren Zeitraum je nach Infek los (z. B. Pirimor Granulat, Plenum WG). EINBEZIEHEN VON SPRITZFOLGEN tionsbedingungen Behandlungen durch- Das Problem: Nach der Applikation kön- UND TANKMISCHUNGEN geführt werden müssen, zukünftig be- nen bei sehr wasserlöslichen und was- Die EFSA erarbeitet derzeit eine Richtlinie kämpft werden sollen. sermobilen Wirkstoffen gelöste Wirkstoff- für die Bewertung von Tankmischungen. 268 OBSTBAU 5/2016
AKTUALISIERTE LEITLINIE FÜR DIE 3. Probleme bei Insektizidzulassungen EXPOSITIONSBEWERTUNG und Lösungsansätze für die Die EFSA hat eine neue aktualisierte Leit Bekämpfung bedeutender tierischer linie für die Expositionsbewertung von Schaderreger Anwendern, Arbeitern, Anwohnern und In diesem dritten Abschnitt wird der Nut- Umstehenden auf den Weg gebracht. Die- zen ausgewählter Insektizide im deut- se ist verbindlich für alle Zulassungsanträ- schen Obstbau erläutert. Darüber hinaus ge von Pflanzenschutzmitteln anzuwen- werden Risikominimierungsmaßnahmen den, die nach dem 1. 1. 2016 gestellt wer- vorgeschlagen, um deren Zulassung auch den. Die Leitlinie sieht als Neuerung eine im Hinblick auf die Vermeidung von Resis- akute Risikobewertung für Anwender, Ar- tenzen zu erhalten. beiter und Umstehende für akut toxische Pflanzenschutzmittel vor. Insegar (Fenoxycarb) Die nationale Zulassung von Insegar ende- Anmerkung: te bereits am 31. 12. 2013. Der Wirkstoff Es bleibt abzuwarten, welche Konse- Fenoxycarb wurde am 2. März 2011 in quenzen sich aus dieser verschärften den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG Risikobewertung für die Zulassungen aufgenommen, die EU-Wirkstoffzulassung von Pflanzenschutzmitteln ergeben. endet erst am 31. 5. 2021. Insbesondere bei Insektiziden und Die im Jahr 2011 erfolgte Aufnahme des eventuell auch Fungiziden mit längerer Wirkstoffs in den Anhang I war an be- Halbwertzeit auf dem Blatt könnte die stimmte Auflagen geknüpft, die im Teil B mögliche Exposition von Arbeitern, die des Aufnahmebescheids aufgeführt sind: nach der Anwendung in den Anlagen „Die Mitgliedstaaten achten insbesondere tätig sind, ein Problem darstellen. Es gilt auf den Schutz von Wasserorganismen. zu bedenken, dass man bei kritischen Die Zulassungsbedingungen müssen gege- Pflanzenschutzmitteln über weitere Ri- benenfalls Maßnahmen zur Risikobegren- sikominimierungsmaßnahmen nach- zung umfassen. Die Mitgliedstaaten unter- denken sollte, bevor man sie nicht ziehen jedes Pflanzenschutzmittel, das mehr zulässt (z. B. längere Mindestwie- Fenoxycarb enthält, einer Neubewertung dereintrittszeiten). Auch bezüglich der unter Berücksichtigung des Teil B des Ein- möglichen Exposition von Anwendern trags in Anhang I der Richtlinie“. und Umstehenden sollte man über wei- Derzeit erfolgt die zonale Bewertung von tere Maßnahmen zur Risikobegren- Insegar durch die Niederlande als zonaler zung nachdenken. Rapporteur Member State. Sollte die Nie- Cheminova Deutschland GmbH & Co. KG cheminova.de PEG-Weg-Folie zum Drift-Schutz. (Foto: Kubiak) STA 2370 Mospilan_Kanemite_Obstbau_58x270_RZ.indd 05.04.16 1 00:20 5/2016 OBSTBAU 269
2. zusätzliche abdriftmindernde Maßnah- ausreichend kontrollieren kann (s. Abb. 4 men über die derzeit bestehenden hi- und OBSTBAU 3/2016). naus für Oberflächengewässer expo- nierte Flächen (z.B. erweiterte Abstän- Calypso 480 SC (Thiacloprid) de zu Oberflächengewässern, Verwen- Das Insektizid Calypso 480 SC mit dem dung von PEG-Weg Folien etc.), Wirkstoff Thiacloprid gehört zur Gruppe 3. wenn nicht anders möglich nur noch der Neonicotinoide und ist in Deutschland eine Anwendung je Fläche und Jahr. in allen Obstkulturen zur Bekämpfung ver- Dies wäre in Kombination mit zwei An- schiedener saugender und beißender In- wendungen von Coragen (Chloranthra- sekten noch bis zum 31. 8. 2016 zugelas- Larven des Pflaumenwicklers. niliprole) eine mögliche Strategie. Die sen. (Foto: Dahlbender, Hensel) Firma Du Pont hat einen Antrag auf Der Wirkstoff Thiacloprid steht auf europä- Zulassung von Coragen in Pflaumen, ischer Ebene nach der Verordnung (EG) Zwetschen, Mirabellen für zwei An- 1107/2009 zur Neubewertung und Neu- derlande zu einer positiven Entscheidung wendungen nach Artikel 51 der VO zulassung an. Die EU-Wirkstoffzulassung kommen, können andere Mitgliedstaaten (EG) 1107/2009 in 2015 gestellt. endet am 30. 4. 2017. der mittleren Zone eine eben solche Zulas- Seit März 2015 ist der Wirkstoff von der sung nur verweigern, falls sie gemäß European Chemical Agency (ECHA) mit Anmerkung: VO (EG) 1107/2009 Artikel 36 (3) einen Sitz in Helsinki als reproduktionstoxisch Im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaa- berechtigten Grund zu der Annahme ha- der Kategorie 1B eingestuft worden. Damit ten erteilt Deutschland keine Zulassung ben, dass das Pflanzenschutzmittel trotz fällt Thiacloprid unter die sog. „Cut-off“- für Anwendungen, die einen Abstand nationaler Risikominimierungsmaßnah- Kriterien nach Artikel 4 der Verordnung zu Gewässern von über 20 m erfor- men noch immer ein unannehmbares Ri- (EG) 1107/2009. Eine erneute Aufnahme dern. Eine Lockerung dieser starren siko für die Gesundheit von Mensch, Tier des Wirkstoffs in den Anhang I der Verord- Grenze würde die Risikominderung in und Umwelt darstellt. nung ist aus heutiger Sicht also nicht gesi- Bezug auf Abdrift erleichtern. In Deutschland wird Insegar zwingend chert. Die neue Einstufung wird nach Aus- zur Bekämpfung des Pflaumenwicklers be- kunft der Firma für das 1. Quartal 2017 er- nötigt. Insegar zeichnet sich durch eine In einem Pflaumenwicklerversuch am wartet. hohe Wirkungssicherheit und eine lang DLR Rheinpfalz in Oppenheim in 2015 Aufgrund der besonderen Bedeutung von anhaltende Dauerwirkung aus. konnte mit zwei Behandlungen von Co- Thiacloprid zur Bekämpfung zahlreicher Zur Verbesserung des Schutzes von Was- ragen eine Wirkung von knapp 82 % er- verschiedener Schädlinge in allen Kultu- serorganismen beim Einsatz von Insegar zielt werden. Mit zwei Behandlungen ren des deutschen Obstbaus hat die Fach- sollten die folgenden zusätzlichen Risiko- von Insegar war eine Befallsreduktion gruppe Obstbau mit Datum vom 5. 2. 2016 begrenzungsmassnahmen diskutiert wer- gegenüber der unbehandelten Kontrolle eine 14 Seiten umfassende Stellungnahme den: um über 90 % möglich. Es ist davon aus- zum Nutzen von Calypso für den deutschen 1. Zulassung nur noch in Pflaumen, Zwet- zugehen, dass eine Strategie mit einer An- Obstbau abgegeben. Damit sollen die Be- schen, Mirabellen zur Bekämpfung des wendung von Insegar und zwei Anwen- mühungen der Firma Bayer CropScience Pflaumenwicklers (betrifft in Deutsch- dungen von Coragen die beiden Pflau- zum Erhalt des Wirkstoffs Thiacloprid auf land ca. 4.350 ha Anbaufläche), menwicklergenerationen nachhaltig und EU-Ebene unterstützt werden. Die Firma Abb. 4: Denkbare zukünftige Bekämpfungsstrategie gegen den Pflaumenwickler Gallmückenlarven in Birnenfrucht. (Foto: Harzer) 270 OBSTBAU 5/2016
stützt sich bei ihren Bemühungen auf den Passus der sog. „Dero- Die Kunst der gation“ im Artikel 4.7 der VO (EG) 1107/2009. Dieser Artikel besagt, dass ein Wirkstoff für weitere fünf Jahre zugelassen wer- den kann, wenn mittels dokumentierter Nachweise die Not- wendigkeit für den Erhalt des Wirkstoffs aus Sicht der Praxis Spitzenqualität unterstrichen wird. Wie aus der Stellungnahme der Fachgruppe hervorgeht, ist Calyp- so derzeit im Obstbau in 29 Indikationen zugelassen. Zusätzlich deckt das Mittel aufgrund seiner etwas breiteren Wirkung weite- re 55 Indikationen, in denen zum Teil kein Insektizid zugelassen ist, über die zwangsläufig eintretende Nebenwirkung ab. Calypso ist damit die tragende Insektizid-Säule im Bereich Lückenindikati- on Obstbau in Deutschland. Wie wichtig Calypso gerade für die kleineren Kulturen ist und welche Konsequenzen ein Verbot dieses Mittels nachsichzie- hen würde, soll an zwei Beispielen aufgezeigt werden: Beispiel Birnen Bei der Bekämpfung der aus den Wintereiern schlüpfenden Stam- mutterlarven der Mehligen Birnenblattlaus vor der Blüte ist von Calypso eine zwangsläufige Nebenwirkung auf die Birnengall- mücke zu erwarten. Gegen diesen Schaderreger, der in manchen Jahren lokal zu massiven Ertragsausfällen führen kann, ist in Deutschland kein Insektizid zugelassen. Werden die im Herbst zurückkehrenden Läuse ebenfalls mit Calypso bekämpft, kann die zwangsläufig einsetzende Nebenwirkung auf den Birnen- knospenstecher ausgenutzt werden. Der Rüsselkäfer kehrt im Herbst auf die Birnenbäume zurück, um in die fürs kommende Jahr angelegten noch geschlossenen Blütenknospen Eier abzule- gen. Befallene Knospen vertrocknen und treiben im Folgejahr nicht mehr aus. In extremen Jahren und Lagen kann der Birnen- knospenstecher nahezu die vollständige Ernte vernichten. Anmerkung: Ohne Calypso können zukünftig die beiden ertragsbeeinflus- senden Schaderreger Birnengallmücke und Birnenknospen- stecher im Birnenanbau in Deutschland nicht mehr be- kämpft werden. Beispiel Kirschen Calypso ist neben Pirimor Granulat das Standardpräparat zur Be- kämpfung der Schwarzen Kirschenblattlaus unmittelbar nach der Blüte. Sollten Calypso und Pirimor wegfallen (letzteres u. a. wegen Unsere bewährten Fungizide grundwasserrelevanter Metaboliten) ist eine nachhaltige Bekämp- fung der Schwarzen Kirschenblattlaus in Deutschland wahr- scheinlich nicht mehr möglich. Denn das zweite noch zugelasse- ne Neonicotinoid Mospilan SG (Acetamiprid) wird ausschließlich zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege im Sommer benötigt. Die Schwarze Kirschenblattlaus ist durch ihre enorme Honig- tauproduktion bekannt. Wenn sie im Frühjahr nicht mehr aus- reichend bekämpft werden kann, wird der Einsatz von Spintor zur Fruchtreifung gegen die Kirschessigfliege aus Sicht des Bie- nenschutzes problematisch, da der Honigtau Bienen anlockt. Bei der Bekämpfung der Schwarzen Kirschenblattlaus erfasst Calypso zudem den Kirschkernstecher und den Kirschfrucht- stecher. Beide Rüsselkäfer können lokal zu erheblichen Ertrags- einbußen führen. Ein wirksames Mittel ist gegen diese Schader- reger in Deutschland nicht zugelassen. Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikett und Produktinformationen lesen. Warnhinweise und -symbole beachten. Kostenloses AgrarTelefon: 0 800-220 220 9 www.agrar.bayer.de
Ohne Calypso wird die Insektizidstrategie Pirimor Granulat (Pirimicarb) im Frühjahr und Frühsommer bei Kir- Baumstreifen und vorangegangenem Die nationale Zulassung von Pirimor Gra- schen Lücken aufweisen. Kirschkernste- Mulchen der Fahrgassen appliziert, so nulat wurde nochmals bis zum 30. 11. cher und Kirschfruchtstecher können im dass Bienen anlockende Blütenpflan- 2016 verlängert. Die Wirkstoffgenehmi- Frühjahr unmittelbar nach der Blüte nicht zen nicht vorhanden sind. gung endet am 30. 4. 2018. mehr bekämpft werden, da Mospilan SG Im Rahmen des Wiederzulassungsverfah- als einzig mögliche Alternative zum Calyp- rens für Freilandanwendungen treten insbe- so zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege Im Oktober 2014 hat die EFSA zudem den sondere im Prüfbereich Naturhaushalt er- im Frühsommer (Juni, Juli) benötigt wird. Endpunkt für die Bewertung der Toxizität hebliche Probleme auf. Der Wirkstoff Pirimi- auf Wasserorganismen (RAC Wert, Regula- carb erfüllt zudem 2 von 3 PBT-Kriterien und tory Acceptable Concentration) für Imida- fällt somit unter die Substitutionskandidaten. Anmerkung: cloprid von ursprünglich 0,6 mg/l auf Das Insektizid Pirimor Granulat ist seit Jahr- Sollte für den Erhalt des Wirkstoffs auf 0,009 mg/l (66,7-fach niedriger) herabge- zehnten das Standardprodukt zur Blatt- europäischer und nationaler Ebene die setzt (EFSA Opinion 19. 9. 2014). Grund lausbekämpfung in vielen Obstkulturen. Reduzierung der Anzahl möglicher An- hierfür war eine Studie eines niederländi- Beim Apfel hat es zudem die zwangsläufig wendungen von 2 auf 1 Behandlung je schen Wasserlabors, welche mit Eintagsflie- eintretende Nebenwirkung auf die Apfel- Fläche und je Jahr hilfreich sein, sollte gen im Wasserglas und mit Imidacloprid als blutlaus. Diese wurde von den Apfelan- man von Seiten der Zulassungsbehör- Referenzmittel durchgeführt wurde. Auf- bauern gerne genutzt, denn gegen den ge- den diesen Schritt überdenken, bevor grund dieser Studie kam man zu dem fürchteten Schädling, der zu massiven Er- der Wirkstoff gänzlich verloren ist. Schluss, dass Eintagsfliegen noch empfindli- tragseinbußen führen kann, ist in Deutsch- cher auf Pflanzenschutzmittel reagieren als land schon seit Jahren kein Mittel mehr Confidor WG 70 (Imidacloprid) der Wasserfloh, der bisher in der Risikobe- zugelassen. Der Vorteil von Pirimor Gra Die nationale Zulassung von Confidor WG wertung als Referenztier für die Wirbello- nulat gegenüber den anderen derzeit in 70 endet am 31. 12. 2016. Die EU-Wirk- sen im Wasser herangezogen wird. Deutschland noch zugelassenen Blattlaus- stofflistung ist befristet bis zum 31. 7. 2019. Aufgrund der Absenkung des Wasserend- mitteln liegt eindeutig in der guten Neben- Confidor ist insbesondere im Apfelanbau punkts kamen die EFSA und die deutsche wirkung auf die Apfelblutlaus. Von daher ein sehr wichtiges Insektizid. Es wird in Zulassungsbehörde zu folgendem Schluss: sollte alles dafür getan werden, damit Frei- der Regel im Mai nach der Blüte bei Bedarf Ein hohes Risiko für Wasserorganismen ist landzulassungen wieder möglich sind. gegen die Mehlige Apfelblattlaus und ge- bei Anwendungen in Raumkulturen und gen schwer bekämpfbare Schildläuse wie im Freiland Gemüseanbau von Imidaclo Anmerkung: die San Josè-Schildlaus und die Komma- prid nicht auszuschließen! Spritzanwen- Falls Pirimor Granulat zukünftig im schildlaus einmal jährlich eingesetzt. dungen mit Driftgefahr sind von daher Obstbau nicht mehr eingesetzt werden Im Wiederzulassungsverfahren von Imida- nicht mehr möglich. darf, müssen die deutschen Zulassungs- cloprid stellen die Bienentoxizität und der behörden Sorge dafür tragen, dass Mo- Schutz von Wasserorganismen die größten vento 100 SC zur Bekämpfung von Probleme dar. Anmerkung: Blattläusen und der Apfelblutlaus zuge- Die EFSA hat zwischenzeitlich Spritzan- Der Wirkstoff Imidacloprid ist im Zu- lassen wird. Zudem ist zu bedenken, wendungen u. a. mit Imidacloprid auf Ba- sammenhang mit der Saatgutbeizung dass uns national – sollten Calypso, sis des bereits erwähnten noch nicht von und den daraus entstandenen Bienen- Confidor, Pirimor und Plenum zukünf- der EU-Kommission verabschiedeten „Bee schäden in die Kritik geraten. Im Apfel- tig wegfallen – so langsam die Blattlaus- Risk Assessment Guidance Document“ anbau wird Confidor nur einmal je Jahr mittel ausgehen. NeemAzal T/S und von 2013 bewertet. Sie kommt zu dem fol- und Fläche eingesetzt. Derzeit gibt es Spruzit Neu werden dies nicht kom- genden Ergebnis: „Nur die Verwendung keine zugelassenen Alternativen zum pensieren können, denn sie wirken von Imidacloprid bei Nutzpflanzen, die für Confidor, insbesondere bei der Be- nicht auf alle Blattlausarten und sind Bienen uninteressant sind, wurde als ak- kämpfung der Schildlläuse. zudem nicht in allen Kulturen verträg- zeptabel erachtet (Problem: Exposition Die erwähnte Studie mit Eintagsfliegen lich. durch Pollen u. Nektar). Damit dürfte im Wasserglas stellt ein absolutes worst wahrscheinlich auch eine Anwendung im case-Szenario dar. Deshalb sollten die Obstbau nicht mehr möglich sein. erarbeiteten Ergebnisse nochmals un- Vertimec Pro (Abamectin) ter Freilandbedingungen geprüft wer- Die nationale Zulassung von Vertimec en- den, bevor eine Entscheidung getroffen dete am 31. 12. 2013, das Ende der EU- Anmerkung: wird. Eine weitere im Freiland durchge- Wirkstoffzulassung von Abamectin ist auf Es wäre interessant zu wissen, wieviel führte Studie des gleichen Labors hat den 30. 4. 2019 datiert. Bienenschäden tatsächlich auf die ein- die reinen Laborergebnisse nicht bestä- Das Nachfolgeprodukt Vertimec Pro hat in malige Anwendung von Confidor im tigt. Wissen wir doch u. a. von Wirk- Deutschland nur noch eine Zulassung in Obstbau zurückzuführen sind. Das Mit- samkeitsversuchen nur zu gut, dass La- Erdbeeren, verschiedenen Gemüsekultu- tel wird im Obstbau ausschließlich im borergebnisse nicht auf das Freiland zu ren und im Zierpflanzenbau im Gewächs- Mai nach der Blüte bei unkrautfreien übertragen sind und umgekehrt. haus erhalten. Die von der Firma beantrag- ten Freilandanwendungen in Kernobst 272 OBSTBAU 5/2016
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und Hopfen wurden nicht mehr zugelas- Movento 100 SC (Spirotetramat) um empfindliche Raubmilbenarten in sen (kein Einvernehmen vom UBA). Der Wirkstoff Spirotetramat wurde mit der Saumstrukturen. Zur SC-Formulierung hat Anwendungen sind von daher in Deutsch- VO Nr. 1177/ 2013 am 20. 11. 2013 von das UBA bislang noch keine Bewertung land nur noch im Gewächshaus auf voll- der EU genehmigt (befristet bis 30. 4. abgegeben. Die Firma Bayer CropScience ständig versiegelten Flächen möglich, die 2024). Der nationale Antrag auf Zulassung geht derzeit davon aus, dass im Falle einer einen Eintrag des Mittels in den Boden von Movento 100 SC wurde im Juli 2013 positiven Bewertung von Österreich Mo- ausschließen (Auflage NZ 113). Die Firma gestellt und befindet sich seitdem in der vento 100 SC in allen Mitgliedstaaten der Syngenta hatte nach eigenen Angaben im Bewertung. Mittlerweile wurde das Mittel mittleren Zone mit Ausnahme von Mai 2014 gegen diesen Entscheid Wider- in folgenden Mitgliedstaaten der mittleren Deutschland längerfristig im Kernobst zu- spruch eingelegt. Zone im Obstbau u. a. gegen Blattläuse, gelassen wird. Mit dem Zulassungsende von Vertimec ist Apfelblutlaus und Birnenblattsauger zuge- Norwegen ist zonaler RMS von Movento in Deutschland eine Bekämpfung der drei lassen: Belgien, Niederlande, Polen, Öster- 100 SC für die nördliche Zone und hat mit Birnenblattsaugerarten Cacopsylla pyri, reich, Frankreich und Tschechien. Datum vom 3. 7. 2012 im Bereich „Natur- Cacopsylla pirisuga und Cacopsylla pirico- Der zonale Antrag für die Produktzulas- haushalt“ wie folgt bewertet: la nicht mehr möglich. Das einzige noch sung wurde am 1. 7. 2013 von Bayer l Das Risiko toxischer Effekte auf Fische, zugelassene Produkt Envidor (Spirodiclo CropScience gestellt, zonaler RMS ist Ös- Wasserpflanzen, Algen und Invertebra- fen) hat keine ausreichende Wirkung (s. terreich. In den kommenden Wochen wird ten ist als gering einzuschätzen. Abb. 5). Die genannten Blattsaugerarten mit einer Entscheidung gerechnet. l Das Risiko toxischer Effekte auf Säuge- sind potenzielle Überträger der Phytoplas- Die Firma Bayer CropScience geht nach tiere, Vögel, Ohrwürmer und Bodenmi- mose „Pear decline“ und führen zu erheb- aktuellem Kenntnisstand davon aus, dass kroorganismen ist als gering einzu- lichen Ertragseinbußen und Baumverlus- Österreich Movento 100 SC u. a. im Kern- schätzen. ten, so dass der Birnenanbau in Deutsch- obstanbau zulassen wird. Im Falle einer l Toxische Effekte auf empfindliche Raub- land ohne geeignetes chemisches Bekämp- Produktzulassung durch Österreich könn- milbenarten können nicht ausgeschlos- fungsmittel auf Dauer gefährdet ist. te auch in Deutschland eine Zulassung sen werden. ausgesprochen werden. Voraussetzung l Die akute Kontakt- und orale Toxizität hierfür ist eine positive Bewertung durch auf Bienen ist gering. Anmerkung: die deutschen Zulassungsbehörden. l Geringe Effekte auf die Bienenbrut wur- In einem Versuch am DLR Rheinpfalz Es ist nach aktuellem Stand jedoch davon den nur in „worst case“-Halbfreiland- in Neustadt in 2015 hatte das einzige auszugehen, dass Deutschland nicht zulas- versuchen festgestellt aber nicht im noch gegen Birnenblattsauger in sen wird. Der Grund hierfür: Das Umwelt- Freiland. Deutschland zugelassene Mittel Envi- bundesamt hat mittlerweile eine sehr de- Sollten Freilandzulassungen von Pirimor dor (Spirodiclofen) eine Wirkung von taillierte und realitätsnahe Studie der Fa. Granulat (Pirimicarb) und Vertimec Pro nur 30 % erzielt. Der Birnenblattsau- Bayer CropScience im Hopfen bewertet. (Abamectin) im Obstbau nicht mehr mög- ger muss nicht in jedem Jahr bekämpft Dabei ist das UBA zu der negativen Ein- lich sein, könnten drei daraus resultieren- werden, dies hängt vom frühen mas- schätzung gekommen, dass Movento OD de eklatante Indikationslücken mit der Zu- senhaften Auftreten von natürlichen 150 ein zu hohes Gefährdungspotenzial lassung von Movento 100 SC geschlossen Gegenspielern (Asiatischer Marienkä- für Nichtziel-Arthropoden in Nichtzielflä- werden: Apfelblutlaus, Birnenblattsauger fer, Ohrwurm, Blumenwanzen) ab. In chen besitzt. Bei dieser Bewertung geht es und Erbeerweichhautmilbe. Zusätzlich Jahren, in denen natürliche Gegen- spieler im Frühjahr in zu geringen Dichten vorkommen, ist in der Regel eine chemische Behandlung erforder- Abb. 5: Zugelassene Insektizide gegen den Birnenblattsauger in Deutschland lich. Hierfür wird ein sicher wirksa- mes Mittel benötigt (in der Regel wird in drei von fünf Jahren nur einmal be- handelt). Es stellt sich die Frage, inwieweit das Ein- beziehen weiterer Risikobegrenzungsmaß- nahmen wie z. B. erweiterte Abstände zu Saumstrukturen und Oberflächengewäs- sern, Verwendung von PEG-Weg Folien (s. Foto Seite 269) auf exponierten Risiko- flächen sowie weitere technische Verbes- serungen zur Abdriftminderung geeignet sind, um Vertimec Pro im Freiland wieder zur Zulassung zu bringen. Unter Umstän- den würde eine Anwendung je Jahr und Fläche im Freiland ausreichen. 274 OBSTBAU 5/2016
wären mit Movento 100 SC schwer be- Abb. 6: Unverzichtbare Wirkungen von Movento 100 SC kämpfbare im Obstbau immer stärker auf- kommende invasive Schildlausarten (Aus- ternschildläuse, Maulbeerschildlaus, Ahorn- schmierlaus) bekämpfbar (s. Abb 6). Anmerkung: Sollten im Prüfbereich „Naturhaushalt“ lediglich die möglichen toxischen Ef fekte auf Raubmilben in Saumstrukturen zu einer negativen Bewertung geführt haben (siehe auch Bewertung von Nor- wegen), wäre zu prüfen, inwieweit Risi- kominimierungsmaßnahmen wie z. B. erweiterte Abstände zu Saumstrukturen, Verwendung von PEG-Weg Folien auf exponierten Risikoflächen sowie weitere technische Verbesserungen zur Abdrift- minderung zu einer Zulassung von Mo- vento 100 SC im Obstbau führen können. Dimethoat zum 31. 12. 2016 verlängert. Die Annex I- Der Wirkstoff zeichnet sich durch eine Die nationale Zulassung von Dimethoat Listung von Dimethoat endet am 30. 7. sehr hohe Toxizität aus (sehr geringe ADI-, u. a. in verschiedenen Gemüsekulturen 2018. Rapporteur Member State ist Groß- ARfD- und AOEL- Werte) und ist von da- und in Zierpflanzen wurde nochmals bis britannien. her ein Substitutionskandidat. Zudem las- Anzeige Immer in der Pole Position! vorsichtig Bitte beachten Sie die Warnhinweise/-symbole in der Gebrauchsanleitung. Pflanzenschutzmittel Starten Sie rechtzeitig mit Syllit® zum Ascosporenflug. g verwenden. Vor Verwend Verwendung ung g stets Etikett und Produktinformationen lesen. Beratung unter Telefon: (0800) 8 300 301 Exzellente Wirkung gegen Schorf in Kernobst Ausgezeichnete Regenfestigkeit www.spiess-urania.com Mit vorbeugender (7 – 10 Tage) und kurativer Leistung (24 Stunden) Attraktiver Preis
tet man Dimethoat ein sehr hohes Gefähr- dungspotenzial für Nichtzielarthropoden Abb. 7: Einflussfaktoren auf die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln in Saumstrukturen an. Dimethoat ist nach wie vor ein wichtiger Baustein bei der Kirschfruchtfliegenbe- kämpfung. Das Mittel war in den letzten Jahren über Artikel 53 der VO (EG) 1107/2009 in Deutschland in Kirschen zu- gelassen. Der Wirkstoff verfügt über eine hervorragende adultizide Wirkung auf die Kirschfruchtfliege und kann in extremen Befallsjahren durch seine sichere Kontakt- wirkung den Befallsdruck mit nur einer Anwendung vier Wochen vor Erntebeginn derart senken, dass eine Doppelanwen- dung von Mospilan 14 bzw. 7 Tage vor Erntebeginn ausreicht, um madenfreie Kir- schen zu produzieren. Anmerkung: Die Fachgruppe Obstbau hat in ihrem Strategiepapier zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege und in ihrer Nutzen- bewertung von Perfekthion bereits auf bisherigen Standards hinausgehende Maß- europäischen und nationalen Zulassungs- die Vorteile von Dimethoat bei der Be- nahmen zusätzlich das Expositionsrisiko behörden beeinflusst, sondern auch von kämpfung der KFF hingewiesen. Aus für Anwender, Arbeiter und Umstehende vielen anderen Interessensverbänden und Sicht der deutschen Kirschenerzeuger minimiert werden. Die Fachgruppe Obst- -gruppen (s. Abb. 7). Der Druck von Seiten ist der Wirkstoff Dimethoat für die bau wird sich weiterhin in Gesprächen verschiedener NGOs (Nicht-Regierungs- Kirschfruchtfliegenbekämpfung unver- mit den Zulassungsbehörden um den Er- Organisationen) und Naturschutzverbän- zichtbar. Die zugelassene Dosierung halt des Wirkstoffs Dimethoat bemü- den sowie von den Imkerverbänden, dem von Spintor (Spinosad) zur Bekämpfung hen. Aktuell bemüht sich Frankreich je- Lebensmitteleinzelhandel, den Medien, der Kirschessigfliege reicht nicht aus, doch um ein EU-weites Verbot von Dime- der Öffentlichkeit und letztendlich von der um die Kirschfruchtfliege ausreichend thoat. Politik den Pflanzenschutzmitteleinsatz im- zu bekämpfen. Mospilan SG als einzig mer weiter einzuschränken, wird dazu wirksames und zugelassenes Mittel führen, dass immer mehr Obstanbauer wird alleine nicht ausreichen, um in ex- Anmerkung: ihre Produktion aufgeben. tremen Befallsjahren eine Vermadung Sollte Dimethoat kurz- bis mittelfristig Alternative Bekämpfungsverfahren, die zu verhindern. Das manuelle Aussortie- nicht mehr zur Verfügung stehen, müs- die vom Handel geforderte Qualität und ren von vermadeten Früchten am Sor- sen alternative Bekämpfungsstrategien Menge in der Obstproduktion gewährleis- tiertisch ist nicht umsetzbar (Mindest- gegen die Kirschfruchtfliege entwickelt ten, stehen nicht in ausreichendem Maße löhne, Preissituation). werden, z. B. Anwendungen von zur Verfügung und werden den Pflanzen- Mospilan SG im Wechsel mit Exirel schutzmittelverlust nicht kompensieren. (Cyanthraniliprole). Strategieversuche Der Wirkstoff Dimethoat ist nach wie vor Ein immer höherer Aufwand, der für die hierzu sollen in der Saison 2016 anlau- in einigen europäischen Ländern das Stan- Bekämpfung von Schaderregern im Obst- fen. Die Firma Du Pont hat einen An- dardprodukt zur Bekämpfung der Kirsch- bau geleistet werden muss, wird vom Han- trag auf Zulassung von Exirel nach Art. fruchtfliege. Im Prüfbereich „Naturhaus- del nicht honoriert. Es kommen ja auch 51 der VO (EG) 1007/2009 zur Be- halt“ sollte von daher überlegt werden, in- noch die steigenden Löhne und Betriebs- kämpfung der Kirschessigfliege in Kir- wieweit weitere Risikobegrenzungsmaß- kosten hinzu. schen gestellt. Die Nebenwirkung auf nahmen zum Schutz von Nichtzielarthro- die Kirschfruchtfliege könnte in Kombi- poden in Saumstrukturen wie z. B. er DIE ZULASSUNG VON PSM nation mit Mospilan SG genutzt wer- weiterte Abstände zu Saumstrukturen, Über das Zulassungsverfahren und die ge- den. Verwendung von PEG-Weg Folien auf ex- stiegenen Anforderungen wird in diesem ponierten Risikoflächen sowie weitere Artikel hinreichend informiert. Immer technische Verbesserungen zur Abdrift- 4. Einflussfaktoren auf die Verfüg- mehr Leitlinien zur Risikobewertung wer- minderung zu einer Wiederzulassung füh- barkeit von PSM den auf uns zu kommen. Am Beispiel der ren könnten. Die Verfügbarkeit von chemischen Pflan- neuen Leitlinie für die Risikobewertung Da der Wirkstoff als sehr toxisch einge- zenschutzmitteln und hier insbesondere von Bienen kann man erkennen, wo das stuft ist, muss durch geeignete über die der Insektizide, wird nicht nur durch die Problem dabei liegt. Diese Leitlinien sind 276 OBSTBAU 5/2016
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