Wirtschaftsstrafrechtliche Nachrichten - April 2018 - kralaw.de

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Wirtschaftsstrafrechtliche Nachrichten – April 2018

Kurzübersicht zum Inhalt:
[1] Rechtsprechung
[2] Verwaltung
[3] Gesetzgebung
[4] Wirtschaftsstrafrecht à propos
[5] Internationales
[6] Impressum
[7] Hinweis zum Urheberrecht

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[1] Rechtsprechung
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LAG Düsseldorf: Außerdienstliche Straftat rechtfertigt nicht stets fristlose Kündi-
gung

Düsseldorf. Das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf entschied im April, dass eine –
auch schwere – außerdienstliche Straftat nicht in jedem Fall die fristlose Kündigung des
Arbeitnehmers rechtfertigt (LAG Düsseldorf Urteil vom 12.04.2018, Az.: 11 Sa 319/17).
Ein Mitarbeiter eines Chemieunternehmens, der dort im Labor mit der Qualitätssiche-
rung und im Wesentlichen mit der Herstellung und Prüfung von Silikonprüfplatten be-
fasst war, war wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt worden. In
seiner Wohnung wurden – neben erheblichen Mengen Drogen – 1,5 Kilogramm einer
gefährlichen chemischen Stoffmischung gefunden. Nachdem das Unternehmen aus
der Presse von dem Vorgang erfuhr und eine Anhörung durchführte, kündigte es das
seit 1991 bestehende Arbeitsverhältnis fristlos.
Die Kündigung wies das Landesarbeitsgericht zurück. Zwar könne auch bei außer-
dienstlichem Verhalten eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht
kommen, wenn dieses die Eignung beziehungsweise Zuverlässigkeit des Arbeitneh-
mers entfallen lässt. Dafür komme es an auf die Art und Schwere des Delikts, die konk-
ret nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit sowie die Stellung des Arbeitneh-
mers im Betrieb. Die Anwendung dieser Grundsätze führten allerdings nicht zur Zuläs-
sigkeit der Kündigung. Denn zwar habe der Arbeitnehmer im Unternehmen Zugang zu
gefährlichen Chemikalien. Allerdings seien diese bei seiner eigentlichen Arbeitsaufgabe
in der Qualitätsanalyse nicht verwendet worden. Es reiche auch nicht aus, dass es sich
bei dem Chemiepark allgemein um einen Sicherheitsbereich handele. Vor dem Hinter-
2

grund seiner langen Betriebszugehörigkeit könne die fristlose Kündigung deshalb nicht
auf das außerdienstliche Sprengstoffvergehen gestützt werden.

BGH hebt Urteil gegen „König von Deutschland” auf

Karlsruhe. Der BGH hat die landgerichtliche Verurteilung des selbsternannten "Königs
von Deutschland", Peter Fitzek, wegen Untreue und unerlaubten Betreibens von Bank-
geschäften aufgehoben (Beschluss vom 26.03.2018 - 4 StR 408/17).
Das LG hatte den Angeklagten wegen Untreue in Tateinheit mit unerlaubtem Betreiben
von Bankgeschäften zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verur-
teilt. Zur Finanzierung seines Ziels eines autarken Staates warb der Angeklagte über
eine "Kooperationskasse" von Unterstützern dieser Idee Darlehen ein. Gegenstand der
Verurteilung sind Einzahlungen von 38 Darlehensgebern in den Jahren 2011 und 2012
in Höhe von insgesamt etwa 1,47 Millionen Euro in die vom Angeklagten als "Vorstand"
eines "Vereins" geführte "Kooperationskasse". Die Darlehensgeber erhielten "Sparbü-
cher", in denen Ein- und Auszahlungen verbucht wurden; eine Verzinsung der Gutha-
ben war nicht vorgesehen. Mit dem Geld wollten die Unterstützer "gemeinnützige Pro-
jekte" der Gemeinschaft und diese selbst fördern.
Nach einer Intervention der Bundesbank und der BaFin beinhalteten die Darlehensver-
träge qualifizierte Nachrangabreden. In den 38 Fällen erhielten die Darlehensgeber von
der "Kooperationskasse" rund 500.000 Euro zurück. Aufzeichnungen über die Verwen-
dung der übrigen Gelder wurden nicht erstellt. Dass sie zweckwidrig und nicht für Pro-
jekte der Gemeinschaft eingesetzt wurden, stellte das LG nicht fest.
Der BGH hat das Urteil auf die Revision des Angeklagten in vollem Umfang aufgehoben
und die Sache an das LG zurückverwiesen. Die Verurteilung wegen Untreue zum Nach-
teil der 38 Darlehensgeber sei nicht hinreichend begründet. Aus den Urteilsgründen
ergebe sich schon nicht, dass der Angeklagte gegenüber den Darlehensnehmern auch
mit Blick auf die Zweckbestimmung der Einzahlungen eine für die Erfüllung des Tatbe-
stands erforderliche herausgehobene Vermögensbetreuungspflicht hatte.
Ein unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften im Sinne habe das LG ebenfalls nicht
rechtsfehlerfrei belegt. Das LG habe sich bei seiner Wertung, die mit den Darlehensge-
bern zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz vereinbarten for-
mularmäßigen Nachrangabreden seien für diese überraschend und deshalb unwirksam
gewesen, weder mit der Vertragsgestaltung, noch mit dem Gang der Vertragsverhand-
lungen, noch mit der besonderen Interessenlage der Darlehensgeber auseinanderge-
setzt.
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EuGH im Fall Pisciotti: Auslieferung in die USA war rechtmäßig

Luxemburg. Der EuGH hat am 10.04.2018 in der Rechtssache C-191/16 Romano
Pisciotti / Bundesrepublik Deutschland entschieden, dass ein Mitgliedstaat nicht ver-
pflichtet ist, das Verbot der Auslieferung in die Vereinigten Staaten, das seinen eigenen
Staatsangehörigen zugutekommt, allen Unionsbürgern, die sich in seinem Hoheitsge-
biet bewegt haben, zuteilwerden zu lassen.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der italienische Staatsangehörige Romano
Pisciotti wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika beschuldigt, an wettbewerbsbe-
schränkenden Absprachen beteiligt gewesen zu sein. Bei einer Zwischenlandung sei-
nes Fluges von Nigeria nach Italien wurde er in Deutschland festgenommen. Auf der
Grundlage des Auslieferungabkommens zwischen der EU und den USA wurde er an
die USA ausgeliefert, wo er anschließend zu einer Geldstrafe und einer zweijährigen
Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Gegen die Auslieferung hatte sich Pisciotti zuvor er-
folgslos gewährt, zuletzt vor dem BVerfG. Pisciotti hatte hernach vor dem Landgericht
Berlin Klage erhoben, mit der er beantragt, Deutschland zur Zahlung einer Entschädi-
gung zu verurteilen. Er vertrat die Ansicht, Deutschland habe mit seiner Ablehnung, ihm
das im deutschen Grundgesetz für alle deutschen Staatsangehörigen vorgesehene
Auslieferungsverbot zuteilwerden zu lassen, gegen das Unionsrecht und insbesondere
gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot verstoßen. Diese Frage legte das LG
Berlin dem EuGH vor.
Der Gerichtshof stellte in seiner Entscheidung zunächst fest, dass die Situation eines
Unionsbürgers wie Pisciotti (gegen den sich ein Ersuchen auf Auslieferung in die USA
richtete und der in einem anderen Mitgliedstaat [Deutschland] als demjenigen seiner
Staatsangehörigkeit [Italien] zum Zwecke des etwaigen Vollzugs dieses Ersuchens
festgenommen wurde) in den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts falle,
da dieser Bürger sein Recht auf Freizügigkeit in der Union ausgeübt habe und das Aus-
lieferungsersuchen im Rahmen des EU-USA Abkommens gestellt worden sei. Der Um-
stand, dass Pisciotti sich lediglich auf Durchreise in Deutschland befand, als er festge-
nommen wurde, sei insoweit ohne Bedeutung.
Der Gerichtshof stellt weiterhin fest, dass in einem solchen Fall das Unionsrecht dem
ersuchten Mitgliedstaat (in diesem Fall Deutschland) nicht grds. verwehre, auf der
Grundlage einer verfassungsrechtlichen Norm die eigenen Staatsangehörigen und die
Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten unterschiedlich zu behandeln und diese
Auslieferung zu gestatten, obwohl er die Auslieferung seiner eigenen Staatsangehöri-
gen verbietet.
Das EU-USA-Abkommen gestatte es einem Mitgliedstaat entweder auf der Grundlage
der Bestimmungen eines bilateralen Abkommens (wie der Auslieferungsvertrag
Deutschland - USA) oder auf der Grundlage seines Verfassungsrechts (wie das deut-
sche Grundgesetz) grundsätzlich, seinen eigenen Staatsangehörigen einen Sondersta-
tus einzuräumen, indem er ihre Auslieferung verbietet. Zwar bedeute die damit verbun-
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dene Ungleichbehandlung einer Beschränkung der Freizügigkeit. Es sei jedoch ein legi-
times Ziel, der Gefahr entgegenzuwirken, dass Personen, die eine Straftat begangen
haben, straflos blieben. Dieses Ziel könne eine solche Beschränkung grundsätzlich
rechtfertigen. Die Maßnahme sei zur Verwirklichung dieses Ziels auch verhältnismäßig,
soweit es nicht durch eine weniger einschränkende Maßnahme erreicht werden könne.
Dies sei etwa die Übergabe des Unionsbürgers an seinen Herkunftsmitgliedstaat, wenn
dieser im Rahmen eines Europäischen Haftbefehls, der dieselben Taten wie die, die
ihm im Auslieferungsersuchen angelastet werden, betrifft, für seine Verfolgung zustän-
dig ist. Im vorliegenden Fall seien die konsularischen Behörden Italiens aber über die
Situation vor dem Vollzug des in Rede stehenden Auslieferungsersuchens informiert
worden, ohne dass die italienischen Justizbehörden einen Europäischen Haftbefehl ge-
gen Pisciotti erlassen hätten.
Die Entscheidung ist hier im Volltext abrufbar.

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[2] Verwaltung
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Dunkelziffer von Schwarzarbeit

Berlin. Schwarzarbeit spielt sich nach Angaben der Bundesregierung als Teil der
Schattenwirtschaft im Verborgenen ab und entzieht sich der statistischen Erfassung. Es
sei kein methodischer Ansatz bekannt, der geeignet sei, Umfang und Entwicklung von
Schwarzarbeit zu berechnen und in absoluten Zahlen zu belegen, heißt es in einer Ant-
wort (BT-Drs. 19/1638) der Regierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion.
Die Antwort der Bundesregierung ist hier abrufbar.

Kontrolle des Mindestlohngesetzes

Berlin. Die Durchsetzung des Mindestlohns ist Thema einer Kleinen Anfrage der Frak-
tion die Linke. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, für wie viele
Betriebe und für wie viele Beschäftigte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Jahr 2017
in den einzelnen Bundesländern Kontrollkompetenzen hatte und wie viele Betriebe tat-
sächlich geprüft wurden. Außerdem wird nach den eingeleiteten Ordnungswidrigkeiten-
und Strafverfahren gefragt.
Die Kleine Anfrage ist hier abrufbar.
Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drs. 19/1660) auf eine Kleine Anfrage der
AfD-Fraktion (19/1453) mitteilt, sind im Bundesland Brandenburg im Jahr 2017 267
Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen Vorschriften des Mindestlohn-
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gesetzes eingeleitet worden. Dabei handelt es sich um Mindestlohn-, Aufzeichnungs-
und Meldeverstöße. Die meisten Verstöße (111) betrafen das Gaststätten- und Beher-
bergungsgewerbe.
Die Antwort der Bundesregierung ist hier abrufbar.

Gesetzentwurf zur Aufhebung der Ersatzfreiheitsstrafe

Berlin. Die Fraktion Die Linke hat den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Er-
satzfreiheitsstrafe (BT-Drs. 19/1689) vorgelegt. Die entsprechenden Regelungen zur
Ersatzfreiheitsstrafe im StGB sollen demnach ersatzlos gestrichen werden. Durch eine
neue bundesgesetzliche Regelung solle die gemeinnützige Arbeit zur Abwendung der
Pfändung gestärkt werden.
Die Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 43 StGB sei in ihrer aktuellen Konzeption und ihrer
praktischen Anwendung ein Instrument der Diskriminierung von einkommens- und ver-
mögensschwachen Menschen, die häufig am Existenzminimum leben, heißt es im Ent-
wurf. In der heutigen Rechtspraxis sei es anerkannt, dass Strafe kein Selbstzweck sein
darf. Daher seien sämtliche Strafzwecke wie Resozialisierung, Schuldausgleich und
Prävention in ein "ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen". In diesem Zu-
sammenhang habe der Staat die Voraussetzungen und Grenzen des Strafens stets zu
prüfen. Strafe, insbesondere die freiheitsentziehende Bestrafung für ein begangenes
Unrecht, komme nur dann in Betracht, wenn andere Mittel nicht hinreichend wirksam
sind. Das sei Ausfluss des Ultima-Ratio-Prinzips des deutschen Strafrechts.
Der Gesetzesentwurf ist hier abrufbar.

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[3] Gesetzgebung
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Digitaler Hausfriedensbruch: Bundesrat legt Gesetzentwurf vor

Berlin. Der Bundesrat hat am 18.04.2018 (erneut) den Entwurf eines Gesetzes vorge-
legt, mit dem die unbefugte Benutzung informationstechnischer Systeme unter Strafe
gestellt werden soll. Im September 2016 hatte der Bundestag schon einmal einen Ent-
wurf vorgelegt, der bereits als „erledigt“ galt. Der Text des neuen Entwurfes ist hier ab-
rufbar.
Ziel sei es, mit dem neu einzuführenden Tatbestand des § 202e StGB die Rechtsge-
danken der §§ 123 und 248b StGB in die digitale Welt zu übertragen und damit ein an-
gemessenes Schutzniveau für die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer
Systeme zu erreichen. IT-Systeme seien mindestens ebenso schutzwürdig wie bei-
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spielsweise das Hausrecht. Derzeit seien sogar Fahrräder besser geschützt als Compu-
ter mit höchstpersönlichen Daten. Die Gefahr für die Allgemeinheit, die von unbefugt
genutzten informationstechnischen Systemen ausgehe, sei hoch. Es sei daher die Auf-
gabe auch des Strafrechts, den lückenlosen Schutz des Grundrechts auf die Gewähr-
leistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme sicherzustel-
len.
Gegenwärtig gehe man davon aus, dass bis zu 40 Prozent aller internetfähigen informa-
tionstechnischen Systeme in Deutschland mit Schadsoftware verseucht sind und damit
potentielle Bots, also durch Dritte unerkannt fernsteuerbaren Computer, darstellen. Die
Gefahren von Botnetzen lägen nicht nur in ihrem möglichen Einsatz zur Durchführung
von Internet-Angriffen. Sie stellten gleichzeitig eine der wichtigsten Täterinfrastrukturen
im Bereich der Cyberkriminalität dar. Sie würden genutzt zum Versenden von Spam-E-
Mails, zur Begehung von Betrugstaten im Online-Banking oder zur Verschleierung des
Standortes von Servern mit kriminellen Inhalten.
Zudem fänden gezielte Cyberangriffe auf mit dem Internet verbundene Kritische Infra-
strukturen - also Einrichtungen wie große Industrieanlagen, Elektrizitätswerke, Stau-
dämme, Anlagen der Wasserversorgung oder Telekommunikationsanlagen - statt. Die
bekanntesten Fälle in jüngster Zeit waren die Internet-Angriffe auf den Deutschen Bun-
destag in 2015, auf ein deutsches Stahlwerk in 2014, bei dem ein Hochofen beschädigt
wurde, sowie die Attacken auf den französischen Sender TV5 und die belgische Zeitung
Le Soir in 2015.

„Pre-Crime“: (Noch) Kein Predictive Policing auf Bundesebene

Berlin. Die Bundesregierung teilte am 03.04.2018 in ihrer Antwort (hier abrufbar) auf
eine Kleine Anfrage mit, dass in den Sicherheitsbehörden des Bundes softwaregestütz-
te Prognosetechnologien in Gestalt des „Predictive Policing“ (wir berichteten in der
Ausgabe 03/18) derzeit nicht genutzt werden. Jedoch bestehe ein intensiver Informati-
onsaustausch zwischen Bund und Ländern zum Einsatz von Predictive Policing im Be-
reich der Polizeien. Das BKA beobachte „im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion“ die
nationalen und ausländischen polizeilichen Lösungen und biete eine „Plattform für den
Erfahrungsaustausch zwischen Bundes- und Länderpolizeien“.
Auch wenn „Predictive Policing“ derzeit noch nicht in den Sicherheitsbehörden des
Bundes genutzt werde, sieht die Bundesregierung bereits Rechtsgrundlagen für den
Einsatz softwaregestützter Prognosetechnologien: So könnte nach Auffassung der
Bundesregierung - „vorbehaltlich der technischen Ausgestaltung im Einzelnen“ - für den
Zuständigkeitsbereich des BKA § 2 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 3 BKAG n. F. (tritt am
25.05.2018 in Kraft) und soweit es bei dem Einsatz auch um Strafverfolgungsmaßnah-
men gehe § 4 BKAG n. F. als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Nach gegenwär-
tiger Rechtslage würden sich die Rechtsgrundlagen entsprechend nach § 2 Abs. 6 Nr. 1
7

BKAG (gültig bis 24.05.2018) bzw. § 1 Abs. 3 i. V. m. § 4 BKAG richten. Im Zuständig-
keitsbereich der Bundespolizei könne der Einsatz auf § 1 Abs. 5 i. V. m. § 12 BPolG
gestützt werden. Beim Zollkriminalamt (ZKA) könne der Einsatz auf Grundlage der Da-
tenverarbeitung und des Datenabgleichs nach den §§ 7 und 15 des Zollfahndungs-
dienstgesetzes erfolgen.

Betrug und Fälschung bei unbaren Zahlungsmitteln: DAV gegen Ausweitung von
Straftatbeständen

Berlin. Der DAV hat im April durch seinen Strafrechtsausschuss kritisch Stellung zur
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Betrug
und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des
Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates (COM (2017) 489 final) genommen.
Insgesamt warnt der Deutsche Anwaltverein vor der Schaffung von Tatbeständen, die
die Strafbarkeit weit in das Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung verlagern: Die hierdurch
bewirkte Erweiterung der Strafbarkeit stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu
dem hiervon erhofften Ertrag. Der Richtlinienvorschlag, der eine Definition und teilweise
Ausweitung von Straftaten im Zusammenhang mit der betrügerischen Verwendung von
Zahlungsinstrumenten und Informationssystemen (z.B. Phishing, Pharming und Ha-
cking) sowie deren Vorbereitungstaten vorsehe, sei kritisch zu sehen. So habe schon
der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 03.11.2017 (BR-Drs. 653/17, wir berichte-
ten in der Ausgabe 11/17) zu Recht darauf hingewiesen, dass die in Art. 3 bis 6 des
Richtlinienvorschlags geregelten Straftaten rechtsstaatliche Konturen vermissen ließen.
Insbesondere Art. 4 der Richtlinie, der die Straftaten zur Vorbereitung der betrügeri-
schen Verwendung von Zahlungsinstrumenten regle, erstrecke die Strafbarkeit teilweise
weit in das Vorfeld des Eintritts eines (Vermögens-)Schadens. Die Bedenken des DAV
richten sich auch gegen die pauschale Anordnung der Versuchsstrafbarkeit in Art. 7
Abs. 2 des Richtlinienvorschlags. Der DAV spricht sich dafür aus, keine Versuchsstraf-
barkeit für solche Tatbestandsalternativen vorzusehen, die allein das Vorfeld einer de-
liktischen Handlung betreffen.
Die vollständige Stellungnahme ist hier abrufbar.

Pflegebetrug in Bayern: Abgeordnete stellen Dringlichkeitsantrag

München. Abgeordnete der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag haben am
09.04.2018 einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Sie fordern einen schriftlichen und
mündlichen Bericht der Staatsregierung darüber, wie letztere den sog. „10-Punkte-Plan
zur Prävention und Bekämpfung von Abrechnungsbetrug in der Pflege“ der Arbeitsge-
meinschaft der Kranken- und Pflegekassenverbände in Bayern (ARGE) vom Februar
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2018 beurteile und wie sie die Umsetzung des Plans zu unterstützen gedenke. Der An-
trag ist hier abrufbar.
Ihren Antrag begründen die Abgeordneten unter anderem damit, dass das „kriminelle
Geschäft mit dem Pflegebetrug besonders lukrativ“ sei. Es werfe hohe Gewinne ab, das
Entdeckungsrisiko sei gering und es würden „deutlich geringere Strafen als in traditio-
nellen Kriminalitätsfeldern wie dem Drogen- oder Menschenhandel verhängt“. Ferner
wird in dem Antrag betont, dass die komplizierten gesetzlichen Regelungen für die Ab-
rechnung von Einzelleistungen der Pflege „es den Tätern leicht“ machen. Staatsanwalt-
schaftliche Ermittlungen würden oft eingestellt oder Anzeigen nur schleppend verfolgt.

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[4] Wirtschaftsstrafrecht à propos
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Filmen im Hühnerstall

Karlsruhe. Der VI. Zivilsenat des BGH hat am 10.04.2018 über die Zulässigkeit der
Verbreitung ungenehmigter Filmaufnahmen aus Bio-Hühnerställen entschieden (Urt. v.
10.04.2018 - VI ZR 396/16).
In zwei Nächten drang ein Tierschützer in die Hühnerställe von zwei der in der Klägerin
zusammengeschlossenen Betriebe ein und fertigte dort Filmaufnahmen. Die Aufnah-
men zeigen u.a. Hühner mit unvollständigem Federkleid und tote Hühner. Der Tier-
schützer überließ die Aufnahmen der Beklagten, die sie in der Reihe ARD Exklusiv un-
ter dem Titel "Wie billig kann Bio sein?" bzw. im Rahmen der Sendung "FAKT" unter
dem Titel "Biologische Tierhaltung und ihre Schattenseiten" ausstrahlte.
Der BGH hat der Revision stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Verbreitung der
Filmaufnahmen verletze weder das Unternehmerpersönlichkeitsrecht der Klägerin noch
ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zwar seien die Filmauf-
nahmen - die eine Massentierhaltung dokumentieren und tote oder nur mit unvollständi-
gem Federkleid versehene Hühner zeigen - geeignet, das Ansehen und den wirtschaft-
lichen Ruf der Klägerin in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Der Senat ist auch da-
von ausgegangen, dass die Ausstrahlung der nicht genehmigten Filmaufnahmen das
Interesse der Klägerin berührt, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit ge-
heim zu halten. Diese Beeinträchtigungen seien aber nicht rechtswidrig, da das von der
Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Mei-
nungs- und Medienfreiheit das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Gel-
tungsanspruchs und ihre unternehmensbezogenen Interessen überwiegen. Dies gelte
trotz des Umstands, dass die veröffentlichten Filmaufnahmen rechtswidrig hergestellt
worden waren. Die Beklagte habe sich an dem Hausfriedensbruch nicht beteiligt. Mit
den beanstandeten Aufnahmen seien keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der
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Klägerin offenbart. Die Aufnahmen dokumentierten vielmehr die Art der Hühnerhaltung
durch dem Erzeugerzusammenschluss angehörige Betriebe; an einer näheren Informa-
tion über diese Umstände hat die Öffentlichkeit grundsätzlich ein berechtigtes Interesse.
Die Filmaufnahmen informierten den Zuschauer zutreffend. Sie transportieren keine
unwahren Tatsachenbehauptungen, sondern geben die tatsächlichen Verhältnisse in
den beiden Ställen zutreffend wieder. Mit der Ausstrahlung der Filmaufnahmen hat die
Beklagte einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesent-
lich berührenden Frage geleistet.

Abschöpfen in Niedersachsen

Hannover. Die niedersächsische Landesregierung hat in einer Antwort auf eine kleine
Anfrage die praktische Seite der neuen strafrechtlichen Abschöpfungsregeln näher be-
leuchtet (Antwort vom 20.4.2018, Drs. 18/730 S. 26 f.). Demnach seien nach den vor-
liegenden Zahlen 2017 genau 4.790.860,93 Euro und Januar bis einschließlich März
2018 genau 1.341.792,63 Euro durch Vermögensabschöpfungsmaßnahmen eingezo-
gen worden. Zum Personal befragt, was dies erarbeitet hat, gab die Landesregierung
die Auskunft, dass mit dem Haushaltsplan 2017/2018 für die Staatsanwaltschaften in
Niedersachsen insgesamt 32 neue Stellen zur Minderung der bestehenden Belastung
geschaffen worden seien. Darüber hinaus seien mit dem Nachtragshaushaltsplan 2018
weitere 20 Staatsanwaltsstellen zur Verfügung gestellt worden. Die Entscheidung über
die personelle Besetzung im Bereich der Vermögensabschöpfung obliege aber den ein-
zelnen Staatsanwaltschaften. Die neuen Stellen könnten im Rahmen der Personalbe-
wirtschaftung auch für den Bereich der Vermögensabschöpfung genutzt werden, soweit
keine anderen Prioritäten entgegenstehen.

Abhören in Berlin

Berlin. Mit Schreiben vom 17.04.2018 hat der Senat von Berlin das Abgeordnetenhaus
gemäß einem dortigen Beschluss zur jährlichen Information über durchgeführte Maß-
nahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 StPO informiert (Drs. 18/1000). Demnach seien im
Jahr 2017 im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und
Antidiskriminierung weder Maßnahmen zur akustischen Wohnraumüberwachung ge-
mäß § 100c der StPO noch Online-Durchsuchungen von Computern (§ 100b StPO)
noch Quellen-Telekommunikationsüberwachungen (§ 100a Absatz 1 Satz 2 StPO)
durchgeführt worden.
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[5] Internationales
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Korruptionsverdacht im Europarat im Zusammenhang mit „Aserbaidschan-
Affäre“

Straßburg. Diverse aktive und ehemalige Mitglieder der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarats stehen unter Korruptionsverdacht, wie sich aus einem Ende April
veröffentlichen Untersuchungsbericht ergibt. Die Gruppe der beschuldigten Parlamenta-
rier, zu der auch eine deutsche Politikerin gehört, habe sich im Europarat für die Inte-
ressen Aserbaidschans eingesetzt und im Gegenzug aus dem autoritär geführten Land
Geld erhalten. Die Untersuchungskommission besteht aus drei hochrangigen ehemali-
gen Richtern. In dem im April veröffentlichen Bericht werden neben der deutschen Bun-
destagsabgeordneten auch zahlreiche andere Personen des Europarates verdächtigt,
so etwa der ehemalige Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Pedro Ag-
ramunt.
Der Europarat ist nicht zu verwechseln den EU-Institutionen des Europäischen Rates
(dem Organ der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU) und dem
Rat der Europäischen Union (dem EU-Ministerrat). Der Europarat ist mit der EU institu-
tionell nicht verbunden und stellt ein Forum für Debatten über allgemeine europäische
Fragen dar; zudem soll er die Einhaltung der Menschenrechte überwachen. Derzeit hat
der Europarat 47 Mitgliedsstaaten.

Bevorstehender Haftantritt für Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva

Brasilien. Der oberste brasilianische Gerichtshof hat im April einen Antrag des ehema-
ligen brasilianischen Regierungschefs Luiz Inácio Lula da Silva abgelehnt. Da Silva hat-
te nach seiner Verurteilung zu einer zwölfjährigen Haftstrafe wegen Korruption bean-
tragt, bis zum Abschluss der Berufungsverhandlung auf freiem Fuß zu bleiben. Da Sil-
va, der von seinen Anhängern stets Lula genannt wird, wird vorgeworfen, in eine
Schmiergeld-Affäre rund um Auftragsvergaben an den staatlichen Ölkonzern Petrobras
verwickelt zu sein. Von einem Bauunternehmen soll er die Renovierung eines Luxus-
Appartements als Bestechung angenommen zu haben.
Der jetzigen Entscheidung kommt eine Bedeutung für die im Herbst anstehende Präsi-
dentenwahl zu. Denn da Silva und seine linke Arbeiterpartei (PT) liegen in Umfragen mit
bis zu 36 Prozent deutlich an der Spitze der aussichtsreichen Bewerber. Würde die
Verurteilung auch in der Berufung bestätigt, könnte die Justiz Lulas Kandidatur verbie-
ten.
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Da Silva, gegen den unter anderem wegen Korruption, Geldwäsche und Behinderung
der Ermittlungen der Justiz noch sechs weitere Verfahren anhängig sind, kommentierte
die Entscheidung nicht. Es wird erwartet, dass die Staatsanwaltschaft in Kürze die In-
haftierung beantragt. Hiergegen verbliebe da Silva noch ein letztes Rechtsmittel.
Die jetzige Entscheidung führte auf den Straßen Brasiliens sowohl zu Demonstrationen
für als auch gegen da Silva.

Erste Verurteilung in der Untersuchung des US-Sonderermittlers Robert Mueller

Washington D.C. Ein Bundesgericht in Washington verurteilte im April erstmals einen
Beschuldigten infolge der Ermittlungen des US-Sonderermittlers Robert Mueller. Ein
niederländischer Rechtsanwalt wurde zu einer (nicht zur Bewährung ausgesetzten) Ge-
fängnisstrafe von 30 Tagen und der Zahlung einer Geldstrafe von 20.000 USD verur-
teilt. Dem 33-jährigen ehemaligen Associate des Londoner Büros einer internationalen
Großkanzlei wird vorgeworfen, im Rahmen der Mueller-Investigation mehrmals falsch
gegenüber dem FBI ausgesagt zu haben. Der Rechtsanwalt, der mit der Tochter eines
russischen Milliardärs verheiratet ist, hatte mit dem ebenfalls beschuldigten ehemaligen
Trump-Wahlkampfchef Paul Manafort zusammengearbeitet und – dazu bekannte er
sich schuldig – später bewusst falsche Angaben gegenüber dem FBI über Gespräche
mit Trump-berater Rick Gates gemacht. Die Zusammenarbeit mit Manafort bezog sich
auf dessen Tätigkeit für den ehemaligen Ukrainischen Präsidenten Janukowitsch und
steht nicht im Zusammenhang mit der im Zentrum der Mueller-Investigation stehenden
russischen Wahlbeeinflussung der amerikanischen Präsidentenwahl 2016.
Neben dem 33-jährigen Rechtsanwalt haben sich weitere Personen im Rahmen der
Mueller-Investigation schuldig bekannt, unter anderem Trumps ehemaliger nationaler
Sicherheitsberater Michael Flynn sowie Berater Rick Gates. Es wird daher in den kom-
menden Monaten mit weiteren Verurteilungen gerechnet.

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[6] Impressum
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