Ziel: Lebensqualität auf Dauer - Lebensstil und Schutzfaktoren - Deutsche Herzstiftung
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ONDERDRUCK Ziel: Lebensqualität auf Dauer Lebensstil und Schutzfaktoren Interview mit Prof. Dr. med. Bernhard Schwaab, Curschmann Klinik, Rehabilitationskrankenhaus für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, Timmendorfer Strand Herausgegeben von der Deutschen Herzstiftung Stand: 2013
Ziel: Lebensqualität auf Dauer Lebensstil und Schutzfaktoren Interview mit Prof. Dr. med. Bernhard Schwaab, Curschmann Klinik, Rehabilitations- krankenhaus für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, Timmendorfer Strand Wenn man Verwandte, Freunde, Bekannte den Augen oder die großen Arterien im oder auch Leute, die man zufällig trifft, fragt: Bauch und in den Beinen. Die koronare „Haben Sie schon einmal etwas von korona- Herzkrankheit ist die Form der Arterioskle- rer Herzkrankheit gehört?“, dann sieht man rose, die am häufigsten auftritt. Sie entsteht ratlose Gesichter. in einem schleichenden Prozess, der lange unbemerkt sich über Jahrzehnte hinweg Q Ja, mit koronarer Herzkrankheit wissen die entwickelt, bevor sich die ersten Beschwer- meisten nichts anzufangen. Das ist schwer zu den durch Brustschmerzen und/oder Atem- verstehen, denn die koronare Herzkrankheit not bei körperlicher oder seelischer Belas- ist weit verbreitet. In Deutschland leiden an tung zeigen. der koronaren Herzkrankheit nach Berech- nungen des Robert Koch-Instituts rund Was ist die Ursache dieses schleichenden 5,5 Mio. Menschen. Allein in 2009 mussten Prozesses? fast 665 000 Personen deswegen im Kran- kenhaus behandelt werden. 59 100 starben Q Alter, Vererbung, Umwelteinflüsse wie Luft- 2010 am Herzinfarkt. Dass der Herzinfarkt verschmutzung und starke Lärmbelastung eine Folge der koronaren Herzkrankheit ist, spielen eine Rolle. Aber die Hauptursa- ist offenbar wenig bekannt. che ist unser Lebensstil. Wissenschaftliche Studien haben ja schon vor Jahren gezeigt, Der Herzinfarkt wird als Schicksalsschlag dass in der Größenordnung von 80 bis empfunden – ein Ereignis, das plötzlich und 90 % Herz- und Gefäßerkrankungen durch unerwartet die Menschen aus heiterem einen falschen Lebensstil bedingt sind. Die Himmel trifft. Tatsächlich wird behauptet, INTERHEART-Studie 2004, die fast 30 000 dass ungefähr der Hälfte der Herzinfarkte Patienten in 52 Ländern untersuchte, kam zu keine Beschwerden vorausgegangen sind. dem Ergebnis, dass 90 % aller Infarkte durch einen ungesunden Lebensstil erklärt werden Q Wenn man die Patienten nach einem Herz- können, und zwar bei Männern und Frauen. infarkt genauer fragt, hatten die meisten Interessant ist, dass koronare Herzkrankheit bereits vorher Beschwerden, aber diese und Herzinfarkte sich in Schwellen- und verdrängt. Alle hatten eine koronare Herz- Entwicklungsländern rasant ausbreiten, krankheit. sobald der Lebensstil westlicher Industrie- Man muss das Gesamtbild sehen. Die koro- nationen übernommen wird. Neulich hat ein nare Herzkrankheit ist eine Erscheinungs- Kardiologe aus Nepal unsere Klinik aufge- form der Arteriosklerose, der Gefäßverkal- sucht, um Rat zu holen, wie man diesem kung, die alle Gefäße befallen kann, nicht Trend in Nepal entgegenwirken kann. nur die Herzkranzgefäße, sondern auch die Arterien im Gehirn, in den Nieren, in Was ist falsch an unserem Lebensstil? 3
Q Die Ernährung, der Mangel an Bewegung, Stress – und beson- ders schwerwiegend: Rauchen. Unsere Ernährung ist fleisch-, wurst-, fast-food-lastig, voller leerer Kohlehydrate in Weiß- mehlprodukten, Zucker, Soft- drinks, Süßigkeiten. Haupt- problem ist, dass viele mehr Kalorien aufnehmen, als der Körper braucht. Der belieb- te Slogan Esst nach Lust und Laune, der Körper weiß schon, Prof. Bernhard Schwaab was er braucht trifft nicht zu. Was er nicht braucht, wird als Fett- polster angesetzt. Das Übermaß an Kalorien führt zum bauchbetonten Über- lich betätigt, ist der Mangel an Bewegung in gewicht mit allen negativen Folgen: Blutzu- unserer Gesellschaft dramatisch. cker, Blutdruck, Blutfette steigen an, ebenso wie die Entzündungswerte im Körper. Vor Und was ist mit Stress? allem Kohlehydrate, die schnell in das Blut abgegeben werden, wie Zucker und Weiß- Q Stress gehört zum Leben. Aber Dauerstress mehlprodukte, sind eine wesentliche Ursa- macht krank, führt zu Bluthochdruck, zu che, warum das bauchbetonte Übergewicht zunehmender Erschöpfung, zum Verlust so zunimmt. In Deutschland sind 67 % der der Kommunikationsfähigkeit, zu Schlaflo- Männer, 53 % der Frauen übergewichtig. sigkeit mit schwerwiegenden Folgen. Stress Schweres Übergewicht findet sich bei 23 % ist ein Risikofaktor für die koronare Herz- der Männer und Frauen. Besorgniserregend krankheit, das ist heute unbestritten. Beson- ist, dass die Zahl übergewichtiger Kinder ders betroffen sind Menschen mit niederem und junger Erwachsener ständig zunimmt. Einkommen und schwieriger sozialer Stel- lung. Durch die schnellen gesellschaftlichen Dass Übergewicht immer mehr zunimmt, Umbrüche hat sich die Situation verschärft: hängt sicher mit dem Mangel an Bewegung Die Arbeit wird immer mehr verdichtet, der zusammen. Konkurrenzdruck ist groß, vielfach gibt es keine klare Trennung mehr zwischen Arbeit Q Ja, wir arbeiten heutzutage meist sitzend am und Freizeit. Die Globalisierung, die immer Schreibtisch und fahren mit dem Auto nach neuen Krisenszenarien lösen Unsicherheit Hause. Abends sitzen wir vor dem Fernseher aus: Angst vor Arbeitsplatzverlust, große oder beschäftigen uns mit Computerspielen, Zukunftsängste, die tief in die Familien lesen und surfen im Internet. Das heißt, im hineinwirken. normalen Tagesablauf kommt körperliche Aktivität kaum vor. Abgesehen von einer gar Was kann ein gesunder Lebensstil den heuti- nicht so geringen Minderheit, die sich sport- gen Lebensgewohnheiten entgegensetzen? 4
Q Mittelmeerküche, regelmäßige Bewegung, lange nicht wirklich körperlich aktiv waren, kluger Umgang mit Stress, Aus für das sollten sich vor Aufnahme einer intensiven Rauchen. Ausdauerbewegung ärztlich untersuchen lassen. Warum Mittelmeerküche? Wir sehen es bei unseren Patienten: Durch tägliche Ausdaueraktivitäten hat man einen Q Die Mittelmeerküche hat in vielen Studi- schnellen Zugewinn an Lebensqualität. Man en bewiesen, dass sie die Gefahr für einen wird leistungsfähiger und fühlt sich wohl. Herzinfarkt deutlich senken kann. Natürlich Übrigens ist Ausdauerbewegung ein ausge- handelt es sich nicht um die Pizza-Pasta- zeichnetes Mittel, um Stress abzuschütteln. Küche. Wenn einer klagt: „Ich habe immer Spaghetti mit Tomatensauce gegessen und Sie sprachen vom klugen Umgang mit Stress. bin trotzdem krank geworden“, so braucht Was meinen Sie damit? er sich nicht zu wundern. Die Mittelmeerkü- che, wie sie die Herzexperten empfehlen, ist Wichtig ist, sich selbst nicht als hilfloses eine Ernährung, die charakterisiert ist durch Opfer der Umstände zu sehen und zu resi- viel Gemüse, Salat, Obst, wenig Fleisch, gnieren. Öfter als man glaubt, kann man die eher Fisch, Oliven- und Rapsöl, Kräuter und Stresssituation entschärfen. Vielleicht ist es Gewürze. Sie stammt aus der traditionellen möglich, sich beruflich zu verändern, man Küche der Länder rund ums Mittelmeer, kann privat neue Weichen stellen, z. B. in wo sie sich seit Jahrhunderten bewährt dem man bei Dauerkonflikten in der Familie hat. Durch ihren Geschmacksreichtum, die sich psychotherapeutisch beraten lässt. Fülle der Aromen, lässt sie die heute übliche Ist die Stress auslösende Situation nicht Küche oder Fast Food weit hinter sich. Sie zu ändern, kann man lernen, mit Stress bringt Lebensfreude in den Alltag. umzugehen. Gefährlich wird Stress erst, wenn Entspannung nicht mehr möglich Gilt das Mehr an Lebensfreude auch für Bewe- ist. Auf den Wechsel zwischen Anspan- gung? nung und Entspannung ist der Mensch angewiesen. Bei Stress helfen nicht nur Q Allerdings, das ist so. Nur: Den Alltag zu körperliche Ausdaueraktivitäten, sondern ändern, anders zu kochen und täglich Zeit für Entspannungstechniken wie progressive mehr Bewegung zu finden ist nicht einfach. Muskelentspannung, autogenes Training, Aber die Anstrengung lohnt sich. Schon 30 Qigong, Tai-Chi, Yoga oder Ähnliches. Zur Minuten Ausdauerbewegung an den meis- Entspannung kommt man auch, wenn man ten Tagen der Woche (z. B. flottes Gehen, sich Aktivitäten widmet, die einen so erfül- Radfahren, Joggen, Schwimmen) bringen len, dass man die Stressbelastung verges- viel. Die körperliche Leistungsfähigkeit wird sen kann, zum Beispiel: musizieren, malen, verbessert, der Herzmuskel ist besser durch- singen, tanzen, sich mit Freunden treffen, blutet, das Gewicht wird günstig beeinflusst, mit ihnen ins Kino, zum Fußball, ins Theater erhöhte Blutdruckwerte werden gesenkt. oder in Konzerte gehen und danach darüber Leidet man schon an einer koronaren Herz- diskutieren. krankheit, wird ihr Fortschreiten gebremst. Wer herzkrank ist, muss allerdings seine Das alles klingt erfreulich. Bitter aber wird es, Belastbarkeit vorher vom Arzt bestimmen wenn man abnehmen oder vom Rauchen lassen. Auch Menschen mittleren Alters, die loskommen soll. 5
Q Beides ist sehr schwierig, verlangt Disziplin, Was raten Sie Patienten, die das Rauchen Durchhaltevermögen, auch Verzicht. aufgeben wollen? Abnehmen ist nur erfolgreich, wenn es mit Ausdauerbewegung verbunden wird und Q Es gibt kein Patentrezept. Wichtig ist eine es ganz langsam geschieht. Der Gewichts- hohe Motivation, d. h. Entschlossenheit. verlust sollte ein Kilo im Monat nicht über- Auch hier hat körperliche Aktivität unmittel- steigen, denn der Körper braucht Zeit, sich bar positive Wirkung. Es gibt zum Beispiel an die geringere Kalorienzufuhr zu gewöh- das Programm „Rauchfrei“ der Bundeszen- nen. Wie man die Kalorien verringert, ist trale für gesundheitliche Aufklärung, an unerheblich. Ob mit weniger Kohlehydraten dem viele Tausende erfolgreich teilgenom- oder weniger Fett, die Ergebnisse sind im men haben. Manchmal erleichtern Nikotin- Langzeitverlauf gleich. Die Mittelmeerküche pflaster vom Rauchen loszukommen. Nach ist auch beim Abnehmen vorteilhaft, weil sie einem Herzinfarkt, einer Bypassoperation durch die vielen Ballaststoffe länger sättigt. fällt das Nichtrauchen leichter, weil jetzt die Vor allem aber schützt sie das Herz und die Folgen des Rauchens unmittelbar spürbar Gefäße. sind. Wenn man es schafft, halbiert sich das 6
Das hängt von der spezi- ellen Situation jedes Einzel- nen ab. Sind Bluthochdruck, Diabetes in seiner Familie häufig aufgetreten? Haben Eltern, Großeltern früh einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten? Im Allgemeinen wird empfohlen: Ab 40 sollte der Blutdruck einmal jährlich, ab 50 einmal halbjährlich gemessen werden, weil der Blutdruck in diesem Alter plötzlich ansteigen kann. Cholesterin und Blutzucker Risiko für einen Herzinfarkt. Auch das Risiko sollten ab 40 durch Laboruntersuchungen für Lungenkrebs und andere Erkrankungen bestimmt werden. Bei Patienten mit geneti- wird deutlich reduziert. scher Belastung, auch bei übergewichtigen Kindern und Erwachsenen kann das zu spät Für ein gesundes Leben interessiert man sich sein, weil Diabetes und hoher Blutdruck allenfalls im mittleren Alter. sehr früh auftreten können. Die Devise Q Das ist spät, aber es ist immer sinnvoll, sich zu einem gesunden Lebensstil zu entschlie- ßen. Am besten sollte der gesunde Lebens- stil mit der Geburt, ja bereits im Mutterleib, beginnen. Unsere heutigen Lebensgewohn- heiten gefährden schon die Kinder. Eine niederländische Studie (van Emmerik et al. 2012) hat gezeigt, dass mehr als die Hälfte der untersuchten schwer übergewichtigen Kinder unter 12 Jahren einen oder mehr Risikofaktoren für koronare Herzkrankheit aufwiesen, am häufigsten hohen Blutdruck. Wer jahrelang ungesund lebt, rutscht in die Risikokrankheiten hinein, die zur koronaren Herzkrankheit und zum Herzinfarkt führen: Bluthochdruck, hohes Cholesterin, Diabe- tes. Dann reicht – so wichtig er ist – ein gesunder Lebensstil nicht mehr aus. Diese Risikokrankheiten müssen meist mit Medi- kamenten behandelt werden. Je früher sie entdeckt werden, desto besser. Wann sollte man anfangen, die Risikofakto- ren zu überwachen? 7
heißt: Jeder sollte möglichst früh seine Risi- ein erhöhtes Risiko hin, lässt sich aber nicht kofaktoren kennen. behandeln. Erhöhte Werte von Homocystein und Lipoprotein(a) sollten dazu führen, die Was nutzt die Früherkennung der Risikofak- Risikofaktoren – Rauchen, hoher Blutdruck, toren? Es ist bekannt, dass der Bluthochdruck Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte, Diabe- in der Hälfte der Fälle unbehandelt bleibt, tes, Bewegungsmangel, Stress – besonders obwohl die Patienten ihren hohen Blutdruck intensiv anzugehen. kennen. Wichtig zu wissen: Es gibt Krankheiten, die man als Vorläufer einer koronaren Herz- Q Aus Angst vor Nebenwirkungen werden krankheit verstehen kann. verordnete Medikamente nicht eingenom- men oder die Therapie abgebrochen. Damit Welche Krankheiten sind das? gehen Patienten ein hohes Risiko ein. Sie verzichten darauf, den Prozess zur koro- Q Die Einschränkung der Nierenfunktion und naren Herzkrankheit und zum Herzinfarkt die erektile Dysfunktion, d. h. eine unzu- aufzuhalten. reichende Versteifung des Penis, gehen Treten unangenehme Nebenwirkungen der oft der koronaren Herzkrankheit voraus – Medikamente auf, sollte man mit dem Arzt verständlicherweise, weil die feinen Gefäße sprechen, der eine Therapie wählen kann, in diesen Organen besonders empfindlich die besser verträglich ist. auf schädigende Einflüsse reagieren. Auch die Schlafapnoe, Schnarchen, Atempausen Kann man mit der Einnahme von ASS (Acetyl- im Schlaf und Tagesmüdigkeit, ist oft mit der salicylsäure) das Herz schützen? koronaren Herzkrankheit vergesellschaftet. Patienten, die unter rheumatoider Arthri- Q Da muss man unterscheiden. Solange eine tis, Schuppenflechte (Psoriasis) und Lupus koronare Herzkrankheit nicht festgestellt wurde und das Risiko für einen Herzinfarkt nicht hoch ist, wird wegen des Blutungs- risikos die Einnahme von ASS nicht empfohlen. Aber bei koronarer Herz- krankheit vermindert ASS 100 mg täglich das Risiko für einen Herz- infarkt so deutlich, dass auf eine Einnahme von ASS, oder bei Unverträglichkeit von Clopido- grel, nicht verzichtet werden kann. Immer wieder ist von neuen Risiko- faktoren die Rede, vor allem von erhöhtem Homocystein und erhöhtem Lipoprotein(a). Q Homocystein ist eher ein Risikomarker als ein Risikofaktor. Es lässt sich mit Folsäure behandeln, aber das hat keine Wirkung auf das Auftreten von Herzinfarkt und Schlag- anfall. Lipoprotein(a) weist ebenfalls auf 8 31
erythematodes leiden, sollten mit besonde- Calcium-Score kann Hochrisikopatienten rer Aufmerksamkeit auf die Risikofaktoren herausfinden. Aber eine hohe Kalkbelas- und das Entstehen einer koronaren Herz- tung bedeutet nicht, dass Engstellen in den krankheit achten, weil diese Erkrankungen Herzkranzgefäßen vorliegen. mit einem erhöhten Risiko für einen Herz- Für Patienten ist der Test der Deutschen infarkt einhergehen können. Herzstiftung Herzinfarkt – Wie gefähr- det sind Sie? geeignet. Er zeigt, wann man Gibt es Tests, mit denen bestimmt werden zum Arzt gehen sollte und wo die eigenen kann, wie hoch bei einem Patienten das Risiko Schwachstellen liegen. für einen Herzinfarkt ist? Auch wenn man das Risiko kennt, fällt es Ja, zu diesem Zweck sind drei Tests, soge- schwer, daraus Konsequenzen zu ziehen. Die nannte Scores, entwickelt worden: der meisten Menschen sagen sich: „Ich fühle mich Framingham-Score, der ESC-Score und der wohl. Warum soll ich meine Lebensgewohn- PROCAM-Score. Der Framingham-Score heiten ändern? Nur um etwas länger zu kommt hierzulande selten zur Anwendung, leben? Die Zukunft liegt sowieso im Dunkeln.“ weil er auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten ist. Der ESC-Score kalkuliert Q Wer so denkt, verpasst die Chance, sich aus Alter, Geschlecht, Bluthochdruck und vor Herzinfarkt, Herzschwäche, Schlagan- Gesamtcholesterin die Wahrscheinlichkeit, fall mit ihren fatalen Folgen zu schützen. in den nächsten 10 Jahren einen plötzlichen Die Gefahr ist dann groß, dass man sich Herztod zu erleiden. Der PROCAM-Score jahrelang mit Abgeschlagenheit, Müdig- betont besonders die Fettstoffwechselstö- keit, Atemnot und Schmerzen herumplagt rungen und berücksichtigt auch Diabetes. Er und ertragen muss, dass die Lebensqualität errechnet die Wahrscheinlichkeit für einen stark eingeschränkt ist. Es kommt nicht nur Infarkt. Aber er ist in erster Linie für Männer darauf an, durch einen gesunden Lebensstil entwickelt worden. Alle diese Tests und konsequente Behandlung der Risiko- erfassen das Risiko nur grob, faktoren lange zu leben, sondern lange aber sie können in unklaren gut zu leben. Das heißt: Lebensqualität Fällen eine Entscheidungs- auf Dauer ist das Ziel. Dabei sollte hilfe für den Arzt sein. nicht vergessen werden, dass ein Das gilt auch für den Calci- gesunder Lebensstil mit Mittel- um-Score, der mit Hilfe der meerküche, mehr Bewegung Computertomographie die und Entspannung durchaus Verkalkung der Herzgefäße in der Lage ist, nicht nur in der bestimmt. Liegt keine Verkal- fernen Zukunft, sondern jetzt in kung vor (Agatston- der Gegenwart Abwechslung Score 0) ist die Wahr- und Lebensfreude in den Alltag scheinlichkeit, dass zu bringen. eine koronare Herz- krankheit vorliegt, sehr Interview: gering. Ein sehr hoher Dr. Irene Oswalt 32 9
Gesunder Lebensstil zur Vermeidung von ,IV^ YRH +IJmIVOVEROYRKIR Faktoren Ziel Rauchen1 Aktives und passives Rauchen beenden Körperliche Aktivität 2,5 – 5 h / Woche im Ausdauerbereich Essen und Trinken Mittelmeerküche Stress2 für ausreichend Entspannung sorgen Körpergewicht Body-Mass-Index* 20-25 anstreben Taillenumfang Frauen unter 88 cm, Männer unter 102 cm unter 140 / 90 mmHg Blutdruck in Ruhe3 unter 150 / 90 mmHg im Alter über 80 Jahre Gesamtcholesterin um 190 mg/dl (4,9 mmol/l) LDL-Cholesterin4 um 115 mg/dl (3,0 mmol/l) Frauen über 45 mg/dl (1,2 mmol/l) HDL-Cholesterin Männer über 40 mg/dl (1,0 mmol/l) Triglyzeride (nüchtern) um 150 mg/dl Blutzucker (nüchtern, Plasma) unter 100 mg/dl W Weitere Informationen: 1 Sonderdruck Ausstieg aus der Sucht: Wie man vom Rauchen loskommen kann (SD 7) 2 Sonderdruck: Stress (SD 23) 3 Broschüre Bluthochdruck heute (BR 1) 4 Sonderdruck Wie gefährlich ist Cholesterin? (SD 10) Diese Publikationen können bei der Deutschen Herzstiftung angefordert werden. *Der Body-Mass-Index errechnet sich aus: Körpergewicht in kg geteilt durch Körperlänge2 in m. Z. B. Körpergewicht 80 (kg) : Körperlänge 1,80 (m)2 = BMI 24,7 10
Ziel: Lebensqualität auf Dauer Prof. Dr. med. Bernhard Schwaab, Curschmann Klinik, Rehabilitationskrankenhaus für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie, Timmendorfer Strand Wie alle Schriften der Deutschen Herzstiftung wird auch dieser Sonderdruck von namhaften Herzexperten erarbeitet und regelmäßig aktualisiert. SD0053 Herausgeber: Deutsche Herzstiftung e.V. Druck: Vogtstraße 50 · 60322 Frankfurt am Main Druckmedien Speyer GmbH, Speyer Telefon 069 955128-0 Bildnachweis: Fax 069 955128-313 Bogdan Kramliczek (S. 4) fotolia 21621512 (S. 6) www.herzstiftung.de Jan Neuffer (S. 7–9) info@herzstiftung.de Spendenkonto: Frankfurter Sparkasse, Kto. 903 000, BLZ 500 502 01 IBAN DE71 5005 0201 0000 9030 00, BIC HELADEF1822 Unser E-Mail-Newsletter ist für alle erhältlich, die regelmäßig wertvolle Informationen zu Herzerkrankungen zugesandt bekommen möchten. Tragen Sie sich dafür auf unserer Website ein: www.herzstiftung.de
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