ZUKUNFT DES SP RTS IN LÄNDLICHEN RÄUMEN - Dokumentation des 25. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports - Der ...

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ZUKUNFT DES SP RTS IN
LÄNDLICHEN RÄUMEN

Dokumentation des 25. Symposiums
zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
vom 6. –  7. Dezember 2018 in Bodenheim / Rhein
ZUKUNFT DES SP RTS IN LÄNDLICHEN RÄUMEN - Dokumentation des 25. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports - Der ...
Schriftenreihe „Sport und Umwelt“ des Deutschen Olympischen Sportbundes

Als Druckerzeugnis lieferbar:

Heft 19: 	Sport und Klimaschutz. Dokumentation des 8. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports
           vom 05. – 06. Oktober 2000 in Bodenheim/Rhein, 2001

Heft 20: 	Umweltkommunikation im Sport. Dokumentation des 9. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports
           vom 06. – 07. Dezember 2001 in Bodenheim/Rhein, 2002

Heft 21: 	Sport und Tourismus Dokumentation des 10. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 28. – 29. November 2002 in Bodenheim/Rhein, 2003

Heft 22: 	Großveranstaltungen im Sport. Dokumentation des 11. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 27. – 28. November 2003 in Bodenheim/Rhein, 2004

Heft 23: 	Sport findet Stadt. Dokumentation des 12. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 09. – 10. Dezember 2004 in Bodenheim/Rhein, 2005

Heft 24:	Umwelt-Qualitätsstandards im Sport. Dokumentation des 13. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
          vom 08. – 09. Dezember 2005 in Bodenheim/Rhein, 2006

Heft 25: 	Umweltbildung im Sport. Dokumentation des 14. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 07. – 08. Dezember 2006 in Bodenheim/Rhein, 2007

Heft 26:	Klima- und Ressourcenschutz im Sport. Dokumentation des 15. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
          vom 13. – 14. Dezember 2007 in Bodenheim/Rhein, 2008

Heft 27: 	Sport und Biodiversität. Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 11. – 12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein, 2009

Heft 29: 	Kooperation Sport und Umwelt. Projektdokumentation, 2010

Heft 30: 	Nachhaltige Sportgroßveranstaltungen. Dokumentation des 18. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 09. – 10. Dezember 2010 in Bodenheim/Rhein, 2011

Heft 31: 	Nachhaltigkeitsstrategien von Sportverbänden. Dokumentation des 19. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 24. – 25. November 2011 in Bodenheim/Rhein, 2012

Heft 32: 	Bodenheim +20 – Perspektiven nachhaltiger Sportentwicklung. Dokumentation des 20. Symposiums zur nachhaltigen
           Entwicklung des Sports vom 29. – 30. November 2012 in Bodenheim/Rhein, 2013

Heft 33: 	Nachhaltige Mobilität im Sport. Dokumentation des 21. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 12. – 13. Dezember 2013 in Bodenheim/Rhein, 2014

Heft 34: 	Stakeholder-Dialoge im Sport. Dokumentation des 22. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
           vom 10. – 11. Dezember 2015 in Bodenheim/Rhein, 2016

Heft 35:	Nachhaltigkeitskommunikation 2.0 im Sport. Dokumentation des 23. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
          vom 07. – 08. Dezember 2016 in Bodenheim/Rhein, 2017

Heft 36:	Kein Platz (mehr) für den Sport? – Perspektiven des Sports in der Stadt. Dokumentation des 24. Symposiums zur nachhaltigen
          ­Entwicklung des Sports vom 14. – 15. Dezember 2017 in Bodenheim/Rhein, 2018

Heft 37:	Zukunft des Sports in ländlichen Räumen. Dokumentation des 25. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
          vom 06. – 07. Dezember 2018 in Bodenheim/Rhein, 2019

               www.dosb.de                                                                                            Gefördert durch den
                                                                                                                    Deutschen Fußball-Bund
        www.sportdeutschland.de
              /sportdeutschland
            / TeamDeutschlandde
                @TrimmyDOSB
                    @DOSB
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INHALTS-
VERZEICHNIS

Zukunft des Sports in ländlichen Räumen
Hans-Joachim Neuerburg und Thomas Wilken .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4

Zwischen Wachstum und Schrumpfung – Ländliche Räume in Deutschland
Michael Zarth  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .    7

Situation des Sports in ländlichen Räumen: Beispiel Hessen
Jens Prüller .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15

Situation des Sports in ländlichen Räumen: Beispiel Sachsen-Anhalt
Robert Bothe .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18

Zukunft der Sportinfrastruktur in ländlichen Räumen
Uwe Lübking .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 19

Zukunft der Sportvereine in ländlichen Räumen
Lutz Thieme .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 23

Sportentwicklungsplanung in ländlichen Räumen
Jörg Wetterich  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 29

Perspektiven des Sports in ländlichen Räumen – Strategien und Handlungsansätze
Christian Siegel  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 40

Teilnehmer *innen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 42

                                                                                                                                                                                                           3
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ZUKUNFT DES SP RTS IN
    LÄNDLICHEN RÄUMEN
    Hans-Joachim Neuerburg und Thomas Wilken

    Einleitung                                                  dung des öffentlichen Nahverkehrs. Besonders betroffen
                                                                davon sei der ländliche Raum. Das IW kommt in einem
    Ländliche Räume sind Wohn- und Lebensumfeld für             20-Jahres-Vergleich zu dem Ergebnis, dass heute zahlrei-
    viele Menschen in Deutschland. Neben ihrem großen           che Ortschaften über keinerlei Infrastruktur zur Daseins-
    Beitrag zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion      vorsorge mehr verfügten (vgl. Hüther, M. et al, 2019).
    dienen sie als Standort vor allem kleiner und mittle-
    rer Unternehmen sowie als Freizeit- und Erholungsort        Diese Umstände haben dazu geführt, dass die Situa-
    auch für Menschen aus urbanen Räumen. Nicht zu-             tion und Perspektiven ländlicher Räume verstärkt in
    letzt erfüllen sie wichtige ökologische Ausgleichfunk-      das Bewusstsein von Öffentlichkeit und Politik gera-
    tionen für Agglomerationsräume.                             ten sind. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen
                                                                Entwicklungen hat sich die Bundesregierung zum Ziel
    Ländliche Räume lassen sich durch folgende Kriterien        gesetzt, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz
    abgrenzen (BMEL, 2016, 6):                                  Deutschland zu schaffen.

    • Geringere Bevölkerungs- und Siedlungsdichte               Attraktive ländliche Räume sollen als eigenständige
    • Eine durch hohe Anteile landwirtschaftlich genutzter      Lebens-, Wirtschafts-, Erholungs- und Naturräume
     Flächen, Wälder und Gewässer geprägte Landnutzung          gestärkt und die Versorgung und Lebensqualität der
    • Vorherrschend niedriggeschossige und aufgelockerte        Menschen gesichert werden. Dabei orientiert sie sich
     Bebauung                                                   am Konzept der Nachhaltigkeit: Es geht perspektivisch
    • Eine höhere Entfernung zu Oberzentren                     um zukunftsfähige Formen des Wirtschaftens und Zu-
                                                                sammenlebens und die Gleichwertigkeit der Lebens-
    Bei allen Gemeinsamkeiten weisen ländliche Räume            verhältnisse zwischen den Regionen unter besonderer
    auch beträchtliche Unterschiede auf. Neben Regionen         Berücksichtigung der ökonomischen, ökologischen und
    und Orten, die wirtschaftlich prosperieren, attraktive      sozialen Verantwortung gegenüber gegenwärtigen
    Arbeitsplätze sowie eine gute Grundversorgung und           und künftigen Generationen.
    akzeptable Anbindung an die Zentren bieten und des-
    halb von Zuzug oder weitgehend stabiler Bevölkerung         Unter Leitung des Bundesministeriums für Ernährung
    geprägt sind, gibt es Orte und Regionen, die durch Ab-      und Landwirtschaft hat ein – seit 2015 mit der Koordi-
    wanderung und Alterung der Bevölkerung, mangelnde           nation beauftragter – Arbeitsstab drei Schwerpunkte
    Arbeitsplätze, Leerstand, Defizite der Grundversorgung      zur Entwicklung der ländlichen Räume festgelegt. Da-
    und angespannte Kommunalfinanzen gekennzeichnet             bei sind erstens Fragen zur Nahversorgung und Innen-
    sind. Letzteres gilt insbesondere für zahlreiche ostdeut-   entwicklung unter Berücksichtigung der demografi-
    sche Regionen, aber auch für manche periphere Regio-        schen Entwicklung mit den sich daraus ergebenden
    nen in den alten Bundesländern.                             Herausforderungen für die Ausgestaltung von Maß-
                                                                nahmen der Gesundheit und Pflege zu berücksichti-
    Laut der Studie „Deutschlands Regionen im Vergleich“        gen. Zweitens stehen die Wirtschaftsentwicklung und
    des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) besteht in 19   Arbeitsbelange im Hinblick auf Infrastrukturen, Qua-
    (11 davon in Ostdeutschland) von insgesamt 96 Gebieten      lifizierungen und die darauf abgestimmten Förder-
    akuter Handlungsbedarf. Neben der mangelhaften ärzt-        instrumente sowie drittens die besondere Bedeutung
    lichen Versorgung fehle es vielerorts sowohl an Einkaufs-   ländlicher Räume bezüglich Umwelt(-qualität), Kultur-
    möglichkeiten als auch an einer ausreichenden Anbin-        landschaft, Freizeit und Erholung im Fokus.

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Erstmals wird im Rahmen dieser Zielsetzungen auch ein       Der Bund beteiligt sich insbesondere über die ausge-
umfassendes bundesweites Monitoring der Situation           weitete steuerliche Förderung des Ehrenamtes sowie
und Entwicklung der ländlichen Räume erarbeitet. ­Dabei     durch spezielle Förderprogramme an der Sicherung
sind drei Handlungsfelder von zentraler Bedeutung:          kultureller und sportlicher Initiativen und am Übungs-
                                                            betrieb des Breitensports. Beispielhaft sei an dieser
• Infrastruktur, Daseinsvorsorge, Digitalisierung und       Stelle das Bundesprogramm „Kultur macht stark“ des
 verstärkte interkommunale Zusammenarbeit                   Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
• Ausgestaltung der regionalen Wirtschaftsstrukturen        zur Förderung von Maßnahmen der kulturellen Bildung
  und die damit einhergehende Sicherung des Fach-           für benachteiligte Kinder und Jugendliche genannt. Mit
  kräftebedarfs, Angebote zur Aus- und Weiterbildung        rund 3.500 geförderten kulturellen Bildungs­angeboten
  sowie die Stärkung von Innovation                         ist gut ein Viertel in ländlichen Räumen verortet. Im
• Orientierung an den Zielen einer Politik der Nachhal-     Rahmen dieser Förderung hat unter anderem die
  tigkeit: Schutz von Freiflächen und natürlichen Res-      Deutsche Sportjugend (dsj) mit dem Programm „Sport:
  sourcen, der biologische Vielfalt und des Klimas sowie    Bündnisse! Bewegung – Bildung – Teilhabe“ außerschu-
  die Bewahrung der ländlichen Räume als Kultur- und        lische Projekte für bildungsbenachteiligte Kinder und
  Naturlandschaften mit ihrer besonderen Bedeutung          Jugendliche gefördert.
  für Freizeit und Erholung (vgl. ebd., 9).
                                                            Der organisierte Sport hat darüber hinaus zahlreiche
                                                            Maßnahmen ergriffen, um auf die (infra-)strukturellen
Sport im ländlichen Raum –                                  und personellen Herausforderungen in den ländlichen
Herausforderungen und Perspektiven                          Räumen zu reagieren. Dazu gehören u. a. die Sportent-
                                                            wicklungsplanung, die Kooperationen von Schulen und
Die oben genannten Aspekte berühren ­grundsätzlich          Sportvereinen sowie die Entwicklung von neuen For-
auch Fragen der künftigen Sportentwicklung in länd-         men ehrenamtlichen Engagements. Die nachfolgenden
lichen Räumen. Die Förderung des Sports ist eine Auf-       Beiträge liefern weitere Beispiele und zeigen mögliche
gabe der Daseinsvorsorge. Da das Engagement des             Perspektiven auf.
Bundes auf den Spitzensport und herausragende
gesamtstaatlich repräsentative Aktivitäten im Breiten-      Nach einer kurzen Einführung in das Tagungsthema
sport beschränkt ist, liegt die Zuständigkeit hierfür bei   verweist Michael Zarth in seinem Beitrag darauf,
den Bundesländern und Kommunen.                             dass ländliche Räume keinen homogenen Raumtyp
                                                            darstellen – sondern vielfältige Unterschiede offen-
Seinem Selbstverständnis als Anwalt des Sports folgend,     baren – und aus dem Zusammenspiel von demo-
ist der organisierte Sport gefordert, in enger Partner-     grafischer und wirtschaftlicher Entwicklung zahlreiche
schaft mit Ländern und Kommunen eigene Initiativen zu       Herausforderungen für den Sport resultieren. Seine
ergreifen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Sport-     Ausführungen geben einen Überblick über zentrale
und Bewegungsangeboten nachhaltig zu sichern.               Entwicklungstrends ländlicher Räume und thematisie-

                                                                                                                     © Thomas Wilken

                                                                                                                                   5
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Zukunft des Sports in ländlichen Räumen

    ren grundlegende Empfehlungen für die nachhaltige         Die Veranstalter bedanken sich bei allen Mitwirken-
    Förderung von Sport und Bewegung.                         den für die anregenden Beiträge und Diskussionen und
                                                              hoffen auf eine rege Nachfrage nach der vorliegenden
    Am Beispiel von Hessen und Sachsen-Anhalt geben           Dokumentation. Dem Deutschen Fußball-Bund (DFB)
    Jens Prüller und Robert Bothe jeweils einen kurzen Ein-   gilt der Dank für die konstruktive Zusammenarbeit so-
    blick in den Stand der aktuellen Entwicklung des Sports   wie die großzügige finanzielle Unterstützung der Ver-
    im ländlichen Raum. Prüller verweist in seiner Bilanz     anstaltung.
    insbesondere auf den bestehenden Sanierungsstau im
    Bereich der Sportinfrastruktur, der den ländlichen Raum
    in besonderem Maße (be)trifft. Bothe betont, dass es      Quellen
    in kleineren und strukturschwachen Regionen künftig
    vor allem darauf ankommen wird, den Sportstätten-         • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
    bestand weiterhin überhaupt zur Verfügung stellen zu       (BMEL) (Hrsg.) (2016): Bericht der Bundesregierung zur
    können, weil zahlreiche Kommunen bereits finanziell        Entwicklung ländlicher Räume aus dem Jahr 2016,
    überfordert sind. In diesem Zusammenhang stellt er         Berlin
    das Projekt „Sportatlas Sachsen-Anhalt“ vor.
                                                              • Hüther, M./Südekum, J./Voigtländer, M. (Hrsg.) (2019):
    Der Beitrag von Uwe Lübking thematisiert die ­Zukunft      Die Zukunft der Regionen in Deutschland. Zwischen
    der Infrastruktur des Sports im ländlichen Raum. Sei-      Vielfalt und Gleichwertigkeit. Hrsg vom Institut der
    ner Ansicht nach bedarf es in den Kommunen – je nach       deutschen Wirtschaft, Köln
    Größe – vor allem entsprechender Verwaltungsstruktu-
    ren in Form einer eigenen Sportfachverwaltung (Sport-
    amt) oder vergleichbaren Einheit, die sich gegebenen-
    falls auch mit anderen Aufgaben (z. B. Schule) befasst,
    um die Potenziale des Sports nutzen und der Sport-
    förderung gerecht werden zu können. Zumindest sollte
    es konkrete Ansprechpartner für den Sport in der Kom-
    mune geben.

    Die Zukunft der Sportvereine im ländlichen Raum ist
    das Thema von Lutz Thieme. Seinem Befund nach ge-
    ben empirische Untersuchungen zwar Hinweise darauf,
    mit welchen Problemen Sportvereine aktuell zu kämp-
    fen haben, aber seiner Einschätzung nach nimmt sich
    dabei keine den Sportvereinen im ländlichen Raum in
    besonderem Maße an. Dennoch versucht er in seinem
    Beitrag die aktuellen Herausforderungen entsprechend
    der regionalen Einbindung der Sportvereine in urbane
    bzw. ländliche Regionen zu differenzieren und mit Vor-
    behalt zu bewerten.

    Nach Ansicht von Jörg Wetterich stellen Kenntnisse
    über empirische Grundlagen, z. B. zum Sportverhalten
    der Bevölkerung, sowie über Ziele und Verfahrenswei-
    sen von Sportentwicklungsplanungen in ländlichen
    Räumen eine Forschungslücke dar. In seinem Beitrag
    versucht er daher, dieses Defizit anhand der Ergebnisse
    verschiedener Planungen abzubauen. Aufgrund der
    noch eher geringen Datenbasis – und der Unterschied-
    lichkeit ländlicher Räume – handelt es sich dabei eher
    um erste Überlegungen, Beobachtungen, Fragestellun-
    gen und Thesen über diesen bisher wenig untersuchten
    Themenbereich.

    Anknüpfend an die Diskussionen im Verlauf des Sym-
    posiums fasst Christian Siegel vom Deutschen Olympi-
    schen Sportbund (DOSB) zum Abschluss noch einmal
    die wichtigsten Strategien und Handlungsansätze einer
    künftigen Sportentwicklung im ländlichen Raum zu-
    sammen.

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ZWISCHEN WACHSTUM
UND SCHRUMPFUNG
Ländliche Räume in Deutschland
Michael Zarth

Ländliche Räume sind kein                                                                                                           Ausstattung und Lage im Raum, der großräumigen
homogener Raumtyp                                                                                                                   Erreichbarkeit bis hin zur Nähe zu Agglomerationen.
                                                                                                                                    Auch finden sich in den ländlichen Räumen zahlreiche
Eine niedrige Einwohnerdichte dient im Allgemeinen                                                                                  Mittel- und Kleinstädte, die wichtige Funktionen als
zwar als zentrales Kriterium für die Abgrenzung ländli-                                                                             zentrale Orte für die Daseinsvorsorge und als regionale
cher Räume. Diese weisen jedoch vielfältige strukturelle                                                                            Arbeitsmarktzentren besitzen. Ländliche Räume gel-
Unterschiede auf: Sie reichen von der naturräumlichen                                                                               ten nicht per se als strukturschwach, sondern einzelne

    Siedlungsstruktureller
        Siedlungsstruktureller
                           Regionstyp
                               Regionstyp                                                                              Siedlungsstruktureller
                                                                                                                           Siedlungsstruktureller
                                                                                                                                              Kreistyp
                                                                                                                                                  Kreistyp
                                            DK      DK                                                                                                          DK     DK

                                                      Kiel      Kiel                                                                                                      Kiel      Kiel

                                                   Hamburg
                                                        Hamburg                     Schwerin
                                                                              Schwerin                                                                                 Hamburg
                                                                                                                                                                            Hamburg               Schwerin
                                                                                                                                                                                                       Schwerin

                                           BremenBremen                                                                                                        BremenBremen

                                                                                                            PL   PL                                                                                                             PL   PL

                                                                                                 Berlin Berlin                                                                                                       Berlin Berlin
                                                           Hannover
                                                     Hannover                                                                                                            Hannover
                                                                                                                                                                              Hannover
                                                                                                                                                                                                                                           Geometrische Grundlage: Kreise/Raumordnungsregionen (generalisiert), 31.12.2014 © GeoBasis-DE/BKG

                                                                                                                                                                                                                                           Geometrische Grundlage: Kreise/Raumordnungsregionen (generalisiert), 31.12.2014 © GeoBasis-DE/BKG
           NL    NL                                                                    Potsdam
                                                                                             Potsdam                          NL     NL                                                                    Potsdam
                                                                                                                                                                                                                 Potsdam

                                                                              Magdeburg
                                                                         Magdeburg                                                                                                           Magdeburg
                                                                                                                                                                                                  Magdeburg

                      Düsseldorf
                Düsseldorf                                                                                                          Düsseldorf
                                                                                                                                          Düsseldorf
                                                                                                       Dresden
                                                                                                             Dresden                                                                                                       Dresden
                                                                                                                                                                                                                                 Dresden
                                                                       Erfurt Erfurt                                                                                                       Erfurt Erfurt

    BE    BE                                                                                                           BE    BE

                               Wiesbaden
                                     Wiesbaden                                            CZ    CZ                                                 Wiesbaden
                                                                                                                                                         Wiesbaden                                            CZ    CZ

                        Mainz Mainz                                                                                                         Mainz Mainz
     LU   LU                                                                                                            LU   LU

                      Saarbrücken
                Saarbrücken                                                                                                         Saarbrücken
                                                                                                                                          Saarbrücken
                                                                                                                                                                                                                                           Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR

                                                                                                                                                                                                                                           Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR

                   FR     FR                        Stuttgart
                                             Stuttgart                                                                                 FR     FR                 Stuttgart
                                                                                                                                                                        Stuttgart

                                                                                 München
                                                                                      München                                                                                                        München
                                                                                                                                                                                                          München
                                                                                                AT     AT                                                                                                           AT     AT

                                      CH     CH                                                                                                           CH     CH

                                                                                                                                                                                                                           100 km
                                                                                                                                                                                                                                100 km
           Städtische
               Städtische
                      Regionen
                          Regionen                                                                                                 Kreisfreie
                                                                                                                                        Kreisfreie
                                                                                                                                              Großstädte
                                                                                                                                                   Großstädte

           Regionen mit Verstädterungsansätzen
               Regionen  mit Verstädterungsansätzen                                                                                Städtische
                                                                                                                                       Städtische
                                                                                                                                              Kreise
                                                                                                                                                   Kreise
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               © BBSR Bonn 2017

           Ländliche Regionen
               Ländliche Regionen                                                                                                  Ländliche
                                                                                                                                       Ländliche
                                                                                                                                             Kreise
                                                                                                                                                  Kreise
                                                                                                                                                    mit Verdichtungsansätzen
                                                                                                                                                         mit Verdichtungsansätzen

                                                                                                                                   DünnDünn
                                                                                                                                        besiedelte
                                                                                                                                            besiedelte
                                                                                                                                                   ländliche
                                                                                                                                                        ländliche
                                                                                                                                                             Kreise
                                                                                                                                                                  Kreise

Karte 1: Siedlungsstrukturelle Regions- und Kreistypen des BBSR

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  7
Zwischen Wachstum und Schrumpfung – Ländliche Räume in Deutschland

    Räume weisen eine starke Resistenz gegenüber rezes-                                  render oder schrumpfender Bevölkerung. Die Spitze
    siven Schocks und einen über alle Konjunkturzyklen                                   liegt im Ruhrgebiet mit seinen Großstädten, welche
    günstige Beschäftigungsentwicklung auf.1                                             infolge ihrer Strukturprobleme allein seit Mitte der
                                                                                         2000er Jahre fast 140.000 Einwohner*innen verloren
    Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen                                 haben. Die Trennlinien zu den wachsenden Regio­
    Ländern durch eine polyzentrale Siedlungsstruktur ge-                                nen verlaufen im Norden über Ostwestfalen und Süd-
    prägt. Nach der siedlungsstrukturellen Typisierung des                               niedersachsen bis an die Grenzen von Mecklenburg;
    BBSR werden drei großräumige Regionstypen und vier                                   im Süden über Nordhessen und Franken parallel zur
    Kreistypen unterschieden.2 Hierfür sind Kriterien wie                                tschechischen Grenze bis zur Donau. Im Osten ­haben
    Einwohnerdichte sowie die Ausstattung mit zentralen                                  durch Großstädte geprägte Regionen wie Berlin,
    Orte und deren Größe zentral. Die ländlichen Kreise                                  ­Leipzig, Dresden und Rostock in der Summe weniger
    werden unterschieden in solche mit Verdichtungsansät-                                 Einwohner*innen verloren als ländliche Räume.
    zen und in dünn besiedelte Kreise. Nach dieser Typisie-
    rung lebte im Jahr 2016 bundesweit fast jeder Dritte in                              Die zunehmende Betroffenheit ländlicher Räume von
    einem ländlichen Kreis. Es bestehen jedoch deutliche                                 Schrumpfung lässt sich am Beispiel der Entwicklung
    und überwiegend historisch gewachsene Unterschiede                                   der Mittel- und Kleinstädte sowie der Landgemeinden
    zwischen West- und Ostdeutschland: Die die Übergänge                                 verdeutlichen.4 Sie werden je nach räumlicher Lage als
    von den Großstädten zu den ländlichen Kreisen sind in                                zentral oder peripher unterschieden.
    Ostdeutschland oft fließend, während in Westdeutsch-
    land noch die Raumkategorie der städtischen Kreise
                                                                                         4
    als suburbanes Umland zwischengestaltet ist. In der                                      Kleinstädte bestehen oft aus ehemals eigenständigen Gemeinden und
                                                                                             entsprechen insofern nicht dem klassischen Stadtbild einer historisch ge-
    Folge leben rund 56 Prozent der ostdeutschen Bevölke-
                                                                                             wachsenen europäischen Stadt. Unter Landgemeinden werden hier alle
    rung (9,0 Mio.) in ländlichen Kreisen, davon 4,7 Mio. in                                 Verbandsgemeinden verstanden, die weniger als 5.000 Einwohner *innen
    dünn besiedelten ländlichen Räumen. In Westdeutsch-                                      haben und kein Grundzentrum mit mittelzentralen Teilfunktionen sind.
    land liegt der Bevölkerungsanteil der ländlichen Kreise
    insgesamt bei rund 26 Prozent bzw. absolut 17,2 Mio.
    Von diesen ­leben 9,9 Mio. in ländlichen Kreisen mit                                                                                         DK

    Verdichtungsansät­zen und 7,3 Mio. in dünn besiedelten
    ländlichen Kreisen.                                                                                                                                          

                                                                                                                                                             Kiel

                                                                                                                                                       Hamburg                   Schwerin
                                                                                                                                                                             

    Bevölkerungsrückgang und Alterung
                                                                                                                                                             

    ländlicher Räume schreitet voran                                                                                                     
                                                                                                                                             Bremen

                                                                                                                                                                                                                        PL

                                                                                                                                                                                                             Berlin
    Der Schrumpfungs- und Alterungstendenzen der Bevöl-                                               NL                                               
                                                                                                                                                           Hannover                                  
                                                                                                                                                                                                         

                                                                                                                                                                                            Potsdam
    kerungsentwicklung Deutschlands sind bereits seit 1972                                                                                                                       

                                                                                                                                                                           Magdeburg
    angelegt.3 Sie wurden jedoch viele Jahre durch eine
    „importierte Dynamik“ infolge internationaler Wande-                                                       Düsseldorf
    rungsgewinne überdeckt. Diese Wanderungen hatten
                                                                                                           

                                                                                                                                                                                                                    Dresden
                                                                                                                                                                      Erfurt                                    

    vor allem die Großstädte und wirtschaftsstarken Regio-
                                                                                                                                                                       

    nen zum Ziel, und weniger die ländlichen Räume. In der                                      BE

    Vergangenheit gab es ein großräumiges Nebeneinan-                                                                           
                                                                                                                                
                                                                                                                                    Wiesbaden                                                   CZ

    der von Wachstum und Schrumpfung. Vereinfacht aus-                                          LU
                                                                                                                       Mainz

    gedrückt galt die Formel: Der Osten – mit Ausnahme
                                                                                                               Saarbrücken
    weniger Räume schrumpft – der Westen wächst.                                                           

                                                                                                                  FR                             Stuttgart
                                                                                                                                             

    Wird diese Ost-West-Betrachtung regional aufgebro-
    chen, zeigt sich auch in Westdeutschland seit der Mitte                                                                                                                       
                                                                                                                                                                                      München
                                                                                                                                                                                                         AT
    der 2000er Jahre ein keilförmiges Gebiet mit stagnie-
                                                                                                                                       CH
                                                                                                                                                                                                                      100 km

    1
        Vgl. Zarth, M. (2011): Zur Entwicklung der deutschen Regionen in den                    Entwicklung der Bevölkerungszahl 1990 bis 2015 in %
        langfristigen Konjunkturzyklen. In: Informationen zur Raumentwick-
                                                                                                           bis unter -20                              gemeindefreie Gebiete
        lung, Heft 2, S. 106, sowie die Ergebnisse einer clusteranalytischen
                                                                                                     -20 bis unter -10
        Raum­typisierung für Westdeutschland bei Jakubowski, P./Lackmann,
        G./Zarth, M. (2013): Zur Resilienz regionaler Arbeitsmärkte – theoretische                   -10 bis unter          0
                                                                                                                                                                                                                               © BBSR Bonn 2017

        Überlegungen und empirische Befunde. In: Informationen zur Raument-                            0 bis unter 10
        wicklung, Heft 4, S. 362
                                                                                                     10 bis unter 20                                       Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR
    2                                                                                                                                                      Geometrische Grundlage: Einheitsgemeinden und Gemeinde-
        Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg. 2012):                         20 und mehr                                           verbände (generalisiert), 31.12.2015 © BKG/GeoBasis-DE
        Raumabgrenzungen und Raumtypen des BBSR, Bonn.
    3   Vgl. Raumordnungsbericht 2017 – Daseinsvorsorge sichern, Bonn 2018, S. 11  ff.   Karte 2: Kleinräumige Bevölkerungsentwicklung 1990 – 2015

8
Anteil der Gemeinden mit einem Bevölkerungsverlust                        Neben der Fertilität und Mortalität ist die Dynamik der
Quelle: Bevölkerungsfortschreibung des Bundes und der Länder, Laufende Raumbeobachtung des BBSR

                                                                                                    von mehr als 10 Prozent in %                                              Außenwanderungen der zentrale Einflussfaktor auf die
                                                                                                                                              1995 bis 2005   2005 bis 2015   demografische Entwicklung. Die Außenwanderungen
                                                                                                                    Großstädte     zentral        1,5             0,0         sind jedoch mit einem hohen Prognoserisiko verbun-
                                                                                                                                   zentral        0,2             0,0         den. Erste Szenarien des BBSR lassen eine zeitliche Ver-
                                                                                                                    Mittelstädte
                                                                                                                                   peripher       2,8             0,0         zögerung und Abschwächung der regionalen Schrump-
                                                                                                                                   zentral        0,4             0,6         fungsprozesse infolge internationaler Zuwanderung
                                                                                                  Westdeutschland

                                                                                                                    größere
                                                                                                                    Kleinstädte    peripher       2,5              1,5        erkennen.5 Dabei würden die wirtschaftsstarken Regio-
                                                                                                                    kleine         zentral        0,2             0,6         nen als bevorzugtes Ziel der Außen- und Binnenwan-
                                                                                                                    Kleinstädte    peripher       0,9              3,7        derungen etwas stärker wachsen. Die westdeutschen
                                                                                                                                   zentral        4,1             4,9         Regionen, die nach der alten Raumordnungsprognose
                                                                                                                    Landgemeinde
                                                                                                                                   peripher       9,1             12,3        2035 schrumpfen sollten, würden ihre Bevölkerungszahl
                                                                                                                                   zentral        1,1              1,3        zeitweise stabilisieren. Die ostdeutschen Räume wür-
                                                                                                                    Insgesamt
                                                                                                                                   peripher       6,2             8,2         den mehrheitlich schrumpfen, mit Ausnahme einzelner
                                                                                                                    Großstädte     zentral        40,0             0,0        demografischer Stabilitätsinseln wie Berlin, Dresden
                                                                                                                                   zentral        36,4            12,1        oder Leipzig. Die Ländlichen Räume in West- und Ost-
                                                                                                                    Mittelstädte                                              deutschland werden, zumal sie nicht bevorzugtes Ziel
                                                                                                                                   peripher       75,4            29,5
                                                                                                                                   zentral        14,0            19,3        der Außen- und Binnenwanderungen sind, weiterhin
                                                                                                                    größere
                                                                                                  Ostdeutschland

                                                                                                                    Kleinstädte    peripher       49,4            46,0        stark vom Bevölkerungsrückgang betroffen.
                                                                                                                    kleine         zentral         17,1           27,1
                                                                                                                    Kleinstädte    peripher       37,9            51,4        Die Alterung der Bevölkerung wird auch künftig als
                                                                                                                                   zentral        10,3            25,6        zentraler demografischer Trend fortschreiten. Denn die
                                                                                                                    Landgemeinde
                                                                                                                                   peripher       24,2            53,6        Verjüngung der Bevölkerung durch internationale Zu-
                                                                                                                                   zentral        19,1            21,1        wanderung kompensiert nicht den Alterungsprozess.
                                                                                                                    Insgesamt
                                                                                                                                   peripher       35,0            50,2        Vor allem die absolute Zahl der alten Menschen würde
                                                                                                                                                                              nur sehr gering beeinflusst. Dabei werden die westdeut-
                                                                                                  Tab. 1: Entwicklung der Städte und Landgemeinden nach der Lage
                                                                                                                                                                              schen Großstädte noch eine weitgehend stabile Alters­
                                                                                                  Anmerkung: Daten sind zensuskorrigiert und statistische Erfassungsebene     struktur bewahren, während das durchschnittliche Alter
                                                                                                  sind Einheitsgemeinden und Gemeindeverbände.
                                                                                                                                                                              der ostdeutschen Bevölkerung nahezu flächendeckend
                                                                                                                                                                              bei über 50 Jahre liegen wird. Ausnahmen werden
                                                                                                  Sowohl in Ost- wie auch in Westdeutschland weisen                           ­Berlin und Städte mit Hochschuleinrichtungen bilden,
                                                                                                  die zentralen Mittel- und Kleinstädte sowie Landge-                          da diese u. a. bevorzugtes Ziel der Binnenwanderun-
                                                                                                  meinden eine günstigere Entwicklung als ihre Pen-                           gen junger Menschen sind. Die ländlichen und vor
                                                                                                  dants in peripherer Lage auf. In Ostdeutschland war                         allem peripheren Räume werden eine starken Rück-
                                                                                                  die Entwicklung nach der deutschen Einheit zwar durch                       gang der jüngeren Altersgruppen und einen Anstieg
                                                                                                  eine nachholende Suburbanisierung im Speckgürtel                            der Älteren aufweisen.
                                                                                                  von Berlin oder im Umfeld großer Zentren wie Dresden
                                                                                                  und Leipzig geprägt. Dennoch verlor bis 2005 fast jede                      Ein weiterer zentraler Trend ist die fortschreitende Inter-
                                                                                                  vierte periphere Landgemeinde mehr als 10 Prozent an                        nationalisierung der Bevölkerung. Im Jahr 2015 lebten
                                                                                                  Bevölkerung. Im Zeitraum 2005 bis 2015 verbucht be-                         in Deutschland etwa 17,1 Mio. Menschen mit Migrations-
                                                                                                  reits mehr als die Hälfte der peripheren Landgemein-                        hintergrund, dies entspricht 21 Prozent der Gesamt-
                                                                                                  den einen entsprechenden Bevölkerungsverlust. Von                           bevölkerung.6 Jeder Vierte der unter 35-Jährigen hat
                                                                                                  den zentralen Landgemeinden verlor immerhin jede                            ausländische Wurzeln, bei den unter 5-Jährigen ist es
                                                                                                  Vierte mehr als 10 Prozent ihrer Einwohner. Die kleine-                     sogar jeder Dritte. Vergleichsweise viele Menschen mit
                                                                                                  ren Kleinstädte in Ostdeutschland wurden schon früher                       ausländischen Wurzeln gehören aktuell und in abseh-
                                                                                                  vom demografischen Schrumpfungsprozess erfasst,                             barer Zukunft Altersgruppen an, in denen Familien
                                                                                                  wobei sich dieser nach 2005 nochmals verstärkte. Die                        gegründet und Kinder geboren werden. Dies wird dazu
                                                                                                  extremen Bevölkerungsverluste bei den Mittelstädten                         führen, dass der Anteil von Personen mit Migrations-
                                                                                                  und größeren Kleinstädten haben zwar nachgelassen,                          hintergrund in den deutschen Regionen künftig weiter
                                                                                                  ihre Auswirkungen stellen die regionalen Akteure den-                       steigen wird.
                                                                                                  noch vor größere Herausforderungen.
                                                                                                                                                                              Flächendeckende regionale Daten zu den Personen mit
                                                                                                  In Westdeutschland hat sich der Schrumpfungsprozess                         Migrationshintergrund liegen nur nach dem Zensus 2011
                                                                                                  der ländlichen Räume ab 2005 verstärkt: Während im                          vor. Die Ergebnisse sind in der Karte 3 dargestellt und
                                                                                                  Zeitraum 1995 bis 2005 jede zehnte periphere Landge-
                                                                                                  meinde einen Bevölkerungsverlust von mehr als 10 Pro-                       5   Vgl. Raumordnungsbericht 2017 – Daseinsvorsorge sichern, Bonn 2018,
                                                                                                  zent verbucht, traf dies im Zeitraum 2005 bis 2015 für                          S. 18 f.
                                                                                                  jede achte Landgemeinde zu. Außerdem werden die                             6   Statistisches Bundesamt (2016): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevöl­
                                                                                                  kleinen Kleinstädte in peripherer Lage tendenziell stär-                        kerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2015.
                                                                                                  ker von Schrumpfung erfasst.                                                    Fachserie 1 Reihe 2.2. Wiesbaden

                                                                                                                                                                                                                                                             9
Zwischen Wachstum und Schrumpfung – Ländliche Räume in Deutschland

                                                                                                                                                            dem hat sich die Beschäftigungsentwicklung Ost-
                                                                           DK
                                                                                                                                                            deutschlands stabilisiert, so dass der Beschäftigungs-
                                                                                                                                                            stand im Jahr 2017 fast wieder dem Niveau von 1996
                                                                                                                                                            entspricht.7 Gleichwohl ist erkennbar, wie lang das
                                                                                           

                                                                                       Kiel

                                                                                                                                                            Tal war, durch das die ostdeutsche Wirtschaft gehen
                                                                                                           Schwerin
                                                                                 Hamburg
                                                                                       
                                                                                                       
                                                                                                                                                            musste.
                                                                       Bremen

                                                                                                                                                            Seit 1996 stieg die Beschäftigung bundesweit bis zum
                                                                   

                                                                                                                                                     PL

                                                                                     Hannover
                                                                                                                                      
                                                                                                                                          Berlin            Jahr 2017 um rund 4,4 Mio. In Westdeutschland ist die
                                                                                                                                                            relative Bedeutung der kreisfreien Großstädte für das
                                                                                                                                  
                             NL                                                  
                                                                                                                        Potsdam
                                                                                                           

                                                                                                     Magdeburg                                              Beschäftigungswachstum relativ konstant. Vor allem
                                                                                                                                                            die städtischen Kreise – also das verdichtete Umland –
                                  
                                          Düsseldorf
                                                                                                                                                  Dresden
                                                                                                                                                            konnten ihre relative Bedeutung deutlich ausbauen.
                                                                                                Erfurt
                                                                                                                                                            Die dünn besiedelten ländlichen Kreise verzeichnen den
                                                                                                                                              
                                                                                                 

                        BE
                                                                                                                                                            gering­sten relativen Bedeutungsgewinn. Seit 2008 konn-
                                                              Wiesbaden
                                                                                                                                                            ten die ländlichen Kreise jedoch wieder etwas stärker
                                                                                                                             CZ

                                                  Mainz
                                                          
                                                                                                                                                           am gesamtwirtschaftlichen Arbeitsplatzwachstum par-
                        LU
                                                                                                                                                            tizipieren. In kurzfristiger Sicht fällt für Ostdeutschland
                                      
                                          Saarbrücken                                                                                                       der Bedeutungsgewinn der kreisfreien Großstädte auf.
                                                                                                                                                            Hierfür ist vor allem die Entwicklung von Berlin sowie
                                             FR                            Stuttgart
                                                                       
                                                                                                                                                            Dresden und Leipzig entscheidend. Die ländlichen Kreise
                                                                                                                                                            hingegen haben – ebenso wie die städtischen Kreise –
                                                                                                                   München
                                                                                                               
                                                                                                                                      AT                    an beschäftigungspolitischer Bedeutung verloren.

                                                                  CH
                                                                                                                                                   100 km   Insgesamt ist eine deutliche Verschiebung der Anteile
                                                                                                                                                            der Beschäftigung zu Lasten Ostdeutschlands erkenn-
                        Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund
                        an der Bevölkerung im Jahr 2011 in %                                                                                                bar. Sein Anteil an der gesamtdeutschen Beschäfti­
                                          bis unter 8
                                                                                                                                                            gung reduziert sich von 22,4 Prozent im Jahr 1996
                                                                                                                                                            auf 18,7 Prozent im Jahr 2017. Entsprechend steigt der
                              8 bis unter 15
 © BBSR Bonn 2017

                                                                                                                                                            westdeutsche Anteil von 77,6 auf 81,2 Prozent an. In
                             15 bis unter 22
                                                                                                                                                            Westdeutschland gehen Bevölkerungs- und Beschäfti-
                             22 bis unter 29                                                     Datenbasis: Zensus 2011
                                                                                                 Geometrische Grundlage: Kreise (generalisiert),            gungswachstum dabei Hand in Hand. Die Versorgung
                             29 und mehr                                                         31.12.2009 © BKG/GeoBasis-DE
                                                                                                                                                            mit Arbeitsplätzen ist über alle Raumtypen, d. h. auch
                                                                                                                                                            in den ländlichen Kreisen deutlich gestiegen. Für Ost-
                    Karte 3: Menschen mit Migrationshintergrund
                                                                                                                                                            deutschland ist diese Aussage zu relativieren, denn der
                                                                                                                                                            rechnerisch gestiegene Versorgungsgrad ist dem Bevöl-
                    verdeutlichen die regionale Struktur. Besonders hoch                                                                                    kerungsrückgang geschuldet, da dieser stärker ausfiel
                    sind die Anteile der Migranten danach in vielen Groß-                                                                                   als der Arbeitsplatzabbau.
                    städten wie München, Nürnberg, Stuttgart, Hannover,
                    Bremen, Hamburg und Berlin sowie im Rhein-Neckar-                                                                                       Die Verteilung der Arbeitsplätze im Raum korrespon-
                    und Rhein-Main-Gebiet und der Rhein-Ruhr-Region.                                                                                        diert mit einem groß- und kleinräumigen Gefälle bei
                    Aber auch einzelne ländliche Räume mit zum Teil indus-                                                                                  den Pendlerverflechtungen und -distanzen.8 Im Jahr
                    trieller Struktur verzeichnen hohe Anteile. Das betrifft                                                                                2016 betrug die durchschnittliche Pendeldistanz 17 km,
                    vor allem Baden-Württemberg, ­Hessen, Nordrhein-West-                                                                                   wobei besonders lange Pendeldistanzen in dünn besie-
                    falen und einzelne Regionen von Rheinland-Pfalz und                                                                                     delten und peripheren ländlichen Räumen festzustel-
                    Niedersachsen. Umgekehrt fällt auf, dass in den ost-                                                                                    len sind. Im bundesweiten Durchschnitt pendeln rund
                    deutschen Regionen der Anteil der Bevölkerung mit                                                                                       60 Prozent aller Beschäftigten von ihrem Wohnort zur
                    Migrationshintergrund sehr niedrig ist.                                                                                                 außerhalb gelegenen Arbeitsstätte. In kleinräumiger
                                                                                                                                                            Sicht besteht ein Land-Stadt-Gefälle. Während in den
                                                                                                                                                            Großstädten nur 32 Prozent aller Beschäftigten pen-
                    Wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen                                                                                              deln, sind es in den ländlichen Gemeinden 86 Prozent.
                    Räume regional unterschiedlich
                                                                                                                                                            Innerhalb der einzelnen Kreistypen bestehen deutliche
                    Die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume                                                                                    Unterschiede in der Beschäftigungsentwicklung. Denn
                    folgt den konjunkturellen Zyklen und lässt sich am Bei-                                                                                 die Zugehörigkeit zu einem Typ determiniert weder
                    spiel der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
                    verdeutlichen (siehe Tabelle 2). Bei den ostdeutschen                                                                                   7   1996 wurde als Ausgangsjahr gewählt, da ab diesem Jahr bundesweit
                    Räumen schlagen zusätzlich die Folgen der deutschen                                                                                         vergleichbare und regional differenzierte Daten nach dem Meldever­
                    Einheit zu Buche. So ging der Abbau der ostdeutschen                                                                                        fahren der Sozialversicherung vorliegen.

                    Beschäftigung bis Mitte der 2000er Jahre weiter. Seit-                                                                                  8   Vgl. Raumordnungsbericht 2017 – Daseinsvorsorge sichern, Bonn 2018, S. 23.

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Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte                                                                                                                                           Bevölkerung
                                                                                                                  Veränderung 2017/96            Anteil am Bund in %                                                          Beschäftigtenbesatz                                                     Veränderung 2016/96

                                                                 Kreistypen                                              in %            1996           2008                                2017                                1996                                      2017                                               in %

                                                                     Westdeutschland                                     21,5             77,6          81,0                                81,3                                 336                                      394                                                    3,6

                                                                     Kreisfreie Großstädte mit mind. 100.000 EW          19,4            28,0           29,0                                28,8                                 455                                       518                                                   5,0
Quelle: Laufende Raumbeobachtung des BBSR; eigene Berechnungen

                                                                     Städtische Kreise                                   21,9             32,4          34,0                                34,1                                 297                                      349                                                    3,5

                                                                     Ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen           25,3             10,1          10,6                                10,9                                 286                                      346                                                    3,5

                                                                     Dünn besiedelte ländliche Kreise                    22,2             7,2            7,4                                7,6                                  287                                      348                                                 0,8

                                                                     Ostdeutschland                                      – 3,2           22,4           19,0                                18,7                                   355                                     372                                               – 7,5

                                                                     Kreisfreie Großstädte mit mind. 100.000 EW           9,3             8,6            7,7                                8,1                                  406                                      426                                                    4,1

                                                                     Städtische Kreise                                   – 13,9           1,9            1,5                                 1,4                                   337                                     356                                           – 18,6

                                                                     Ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen           – 11,2           5,7            4,7                                4,3                                  334                                       345                                           – 13,9

                                                                     Dünn besiedelte ländliche Kreise                    – 9,9            6,2            5,1                                4,8                                    323                                    328                                            – 11,4

                                                                     Deutschland                                         15,9            100,0         100,0                           100,0                                     340                                      390                                                    1,2

                                                                 Tab. 2: Beschäftigungsentwicklung nach Kreistypen 1996 – 2017

                                                                 eine gute noch eine schlechte Entwicklung. Teilweise
                                                                 sind die Unterschiede zwischen den Typen größer als                                                                                                          DK

                                                                 innerhalb der Typen. Auch schneiden die siedlungs-
                                                                 strukturellen Kreistypen des BBSR räumlich-funktionale                                                                                                                            
                                                                                                                                                                                                                                                       Kiel

                                                                                                                                                                                                                                                                                                Rostock
                                                                 Verflechtungen. Im Folgenden nehmen wir eine Be-
                                                                                                                                                                                                                                                                                            

                                                                 trachtung auf Ebene der Arbeitsmarktregionen vor. Bei                                                                                                                       Hamburg
                                                                                                                                                                                                                                               
                                                                                                                                                                                                                                                                              Schwerin

                                                                 diesen werden die ländlichen Räume zusammen mit                                                                                                     Bremen

                                                                 ihren städtischen Arbeitsmarktzentren betrachtet, zu
                                                                                                                                                                                                                      

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       PL

                                                                 denen die Menschen pendeln.9 Die Karte 4 dokumen-                                                                                                                                                                                                  Berlin
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                 tiert, wie sich der Anteil der einzelnen Arbeitsmarkt-                                        NL
                                                                                                                                                                                                                                       Hannover
                                                                                                                                                                                                                                       

                                                                                                                                                                                                                                                                          Magdeburg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                

                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Potsdam

                                                                 regionen an der bundesweiten Beschäftigung im Zeit-                                                                                         
                                                                                                                                                                                                                 Bielefeld
                                                                                                                                                                                                                                                                                

                                                                 raum 2008 bis 2017 entwickelt hat.10                                                                                                                                                                                                                                  

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Cottbus
                                                                                                                                                                    Essen                  Dortmund                                                                           Halle/S.
                                                                                                                                                                                                                                                                                       

                                                                                                                                                                        Düsseldorf
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  
                                                                                                                                                                                                                                  

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Leipzig
                                                                 Bei der Veränderung des relativen Anteils streuen die                                                         Köln
                                                                                                                                                                                                                              Kassel
                                                                                                                                                                                                                                                              Erfurt
                                                                                                                                                                                                                                                                  
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Dresden
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Chemnitz
                                                                 Gewinne und Verluste quer über alle Regionen. Die                                                                 Bonn
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            

                                                                 Wertereihe reicht von – 15,3 Prozent für Dessau-Roßlau                                  BE

                                                                 bis zu + 15,8 Prozent für Vechta. Es folgen dann Clop-                                                                Wiesbaden
                                                                                                                                                                                                     

                                                                                                                                                                                                     
                                                                                                                                                                                                              Frankfurt/M.
                                                                                                                                                                                                                 
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      CZ

                                                                 penburg (+ 15,5 Prozent) und Ingolstadt (+ 14,0 Prozent).
                                                                                                                                                                                                 Mainz
                                                                                                                                                          LU

                                                                 Außerdem fallen drei Aspekte zunächst auf:                                                         Saarbrücken
                                                                                                                                                                                                         

                                                                                                                                                                                                             Mannheim                                                 
                                                                                                                                                                                                                                                                          Nürnberg
                                                                                                                                                                        

                                                                 • Die relativen Veränderungen der Anteile sind bei den                                                                FR
                                                                                                                                                                                                                          
                                                                                                                                                                                                                              Stuttgart

                                                                     kleinen und oftmals ländlich geprägten Regionen                                                                                                                   Ulm
                                                                                                                                                                                                                                           

                                                                     in der Regel größer als bei den großen städtischen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    AT
                                                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                     ­Regionen (Basiseffekt).
                                                                                                                                                                                                                                                                               München
                                                                                                                                                                                       Freiburg i.Br.

                                                                                                                                                                                                                     CH
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   100 km

                                                                 9   Die Analyseebene sind die aktuellen 257 Arbeitsmarktregionen der                    Veränderung des Anteils aller sozialver-
                                                                     Gemein­schaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruk-                sicherungspflichtig Beschäftigten in der
                                                                                                                                                         Arbeitsmarktregion am gesamtdeutschen
                                                                     tur“. Sie bilden räumlich-funktionale Verflechtungen ab und werden auf              Wert von 2008 bis 2017 (in %)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             © BBSR Bonn 2018

                                                                     Basis der Pendlerverflechtungen abgegrenzt. Für Ostdeutschland werden
                                                                                                                                                                        bis unter -10                                           0 bis unter                   5
                                                                     54 Regionen ausgewiesen, die keine Ländergrenzen zwischen West- und                                                                                                                                  Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR
                                                                                                                                                               -10 bis unter -5                                                 5 bis unter 10                            Geometrische Grundlage: Arbeitsmarktregionen 2016
                                                                     Ostdeutschland schneiden.                                                                                                                                                                            auf Basis Kreise (generalisiert),
                                                                                                                                                                -5 bis unter                        0                         10 und mehr                                 31.12.2016 © GeoBasis-DE/BKG
                                                                 10 Vgl. hierzu auch Maretzke, S./Ragnitz, J.,/Untiedt, J. (2018): Betrachtung
                                                                     und Analyse von Regionalindikatoren zur Vorbereitung des GRW-Förder-
                                                                     gebiets ab 2021, Gutachten im Auftrag des BMWi, Münster S. 17.                  Karte 4: Veränderung der regionalen Beschäftigungsanteile 2017/2008

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         11
Zwischen Wachstum und Schrumpfung – Ländliche Räume in Deutschland

                                                                                                            8,00
                                                                                                            7,50
                                                                                                                                                                                                        Berlin
                                                                                                            7,00
 Quelle: Laufende Raumbeobachtung des BBSR; eigene Berechnungen

                                                                                                            6,50
                                                                                                            6,00
                                                                       regionaler Anteil am bundesweiten

                                                                                                                                                                                                             München
                                                                                                            5,50
                                                                           Zuwachs 2017/18 in Prozent

                                                                                                            5,00
                                                                                                                                                                                                      Hamburg
                                                                                                            4,50
                                                                                                            4,00
                                                                                                                                                                                                Stuttgart
                                                                                                            3,50
                                                                                                                                                                                            Frankfurt am Main
                                                                                                            3,00
                                                                                                                                                                Köln
                                                                                                            2,50
                                                                                                            2,00
                                                                                                                               Leipzig        Hannover           Düsseldorf
                                                                                                            1,50
                                                                                                                                              Nürnberg
                                                                                                            1,00                       Dortmund
                                                                                                                                       Duisburg
                                                                                                            0,50
                                                                                                                                 Saarbrücken
                                                                                                            0,00
                                                                                                           – 0,50
                                                                                                                 0,00   0,50     1,00      1,50       2,00       2,50      3,00          3,50         4,00        4,50
                                                                                                                                         regionaler Anteil am Bund 2008 in Prozent

                                                                  Abb. 1: Regionale Konzentration des Beschäftigungswachstums

                                                                  • Es verbuchen etwas mehr Regionen relative Bedeu-                                                          Wie ist die Entwicklung der ­öffentlichen
                                                                    tungsverluste als Gewinne (147 zu 110).                                                                   Finanzen ländlicher Räume?
                                                                  • Relative Bedeutungsgewinne hat es vornehmlich in
                                                                    den westdeutschen Arbeitsmarktregionen gegeben.                                                           Bevölkerungsverluste bedeuten in der Regel Verluste
                                                                                                                                                                              bei den öffentlichen Einnahmen. Insbesondere für die
                                                                  In Westdeutschland konnten vor allem Arbeitsmarkt­                                                          kommunalen Gebietskörperschaften als wichtiger Trä-
                                                                  regionen in Süddeutschland (d. h. vornehmlich aus                                                           ger der Daseinsvorsorge sind diese finanziellen Verluste
                                                                  ­Bayern) aber auch einzelne Regionen aus Rheinland-­                                                        auf Dauer schwer verkraftbar.11 Die Kommunen besitzen
                                                                   Pfalz, Nordhessen, NRW, Niedersachsen und Schleswig-­                                                      nur geringe steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, um
                                                                   Holstein ihre relative Position verbessern. In Ostdeutsch­                                                 eigene Einnahmen zu generieren. Hierzu zählt neben
                                                                   land trifft dies nur für Berlin sowie Luckenwalde und                                                      der Grundsteuer A und B vor allem die Gewerbesteuer.
                                                                   Leipzig zu.                                                                                                Das Gewerbesteueraufkommen ist zwar seit 2002 von
                                                                                                                                                                              gut 23 Mrd. auf rund 50 Mrd. Euro im Jahr 2016 gestie-
                                                                  Umgekehrt haben auch viele Regionen (mehr als jede                                                          gen. Es unterliegt jedoch starken zeitlichen Schwankun-
                                                                  zweite – 60 Prozent) Anteile an der bundesdeutschen                                                         gen und ist regional extrem ungleich verteilt, da es vor
                                                                  Beschäftigung verloren. Dies trifft auf fast alle ost-                                                      allem von größeren Gewerbebetrieben getragen wird.
                                                                  deutschen Arbeitsmarktregionen zu. In Westdeutsch-                                                          Oft erfolgt die Besteuerung am Hauptsitz eines Unter-
                                                                  land sind es vor allem ländliche Regionen aus Bayern,                                                       nehmens, und gerade ländliche Räume sind nicht sel-
                                                                  das Ruhrgebiet und das Saarland, die in ihrer relativen                                                     ten bevorzugter Standort von Zweigbetrieben größerer
                                                                  Position verloren haben. Zu nennen sind außerdem                                                            Unternehmen. Entsprechend dem Gefälle in der wirt-
                                                                  einzelne Regionen aus Rheinland-Pfalz, Hessen und                                                           schaftlichen Leistungskraft sind beim Gewerbesteuer-
                                                                  Baden-Württemberg sowie aus dem westlichen und                                                              aufkommen ein großräumiges West-Ost- und ein klein-
                                                                  östlichen Niedersachsen.                                                                                    räumiges Stadt-Land-Gefälle prägend.

                                                                  Die Abbildung 1 lässt erkennen, wie stark das Beschäfti-                                                    Eine hohe gemeindliche Realsteuerkraft sagt zudem
                                                                  gungswachstum regional konzentriert ist. Je größer der                                                      wenig darüber aus, ob die finanziellen Möglichkeiten
                                                                  Anteil einer Region im Ausgangsjahr an der bundes­                                                          einer Kommune dem tatsächlichen Bedarf an Daseins­
                                                                  weiten Beschäftigung war, desto größer ist auch ihr                                                         vorsorge genügen. In vielen Städten und Gemein-
                                                                  Anteil am bundesweiten Zuwachs. Allein auf die zehn                                                         den mit hoher Realsteuerkraft übersteigt der Bedarf
                                                                  größten westdeutschen Arbeitsmarktregionen, die im                                                          infolge hoher Sozialleistungen und einer erhöhten
                                                                  Jahr 2008 infolge ihres Agglomerationsgrades zusam­                                                         Versorgungs­zentralität den finanziellen Rahmen bei
                                                                  men einen Beschäftigungsanteil von 25 Prozent haben,                                                        weitem. Ein gutes Spiegelbild der kommunalen Finanz-
                                                                  entfallen rund 27 Prozent des bundesweiten Zuwach-                                                          nöte bietet der Stand der Kassenkredite. Vorgesehen
                                                                  ses (1,3 Mio.). Berlin als größte ostdeutsche Region mit                                                    ist diese Form der kommunalen Kreditaufnahme zum
                                                                  einem Beschäftigtenanteil von 3,9 Prozent im Jahr 2008
                                                                  verbucht 7,3 Prozent des bundesweiten Zuwachses
                                                                  (­absolut: 345.000).                                                                                        11   Vgl. Raumordnungsbericht 2017 – Daseinsvorsorge sichern, Bonn S. 25 ff.

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Ausgleich kurzfristiger Liquiditätsschwankungen bei                                                                                                                         den Zuweisungen der Länder. Dabei stellt die kommu-
der Erfüllung laufender Verwaltungsaufgaben. In der                                                                                                                         nale Finanzsituation eine zentrale Stellgröße für eine
kommunalen Praxis dienen Kassenkredite jedoch oft                                                                                                                           aktive Entwicklung vor Ort dar. Denn diese erfordert
der langfristigen Finanzierung.                                                                                                                                             neben dem politischen und fachlichen Engagement
                                                                                                                                                                            ausreichende finanzielle Mittel. Dies gilt nicht nur für
Lagen die Kassenkredite im Jahr 1992 bei 1,2 Mrd. Euro,                                                                                                                     die Durchführung investiver oder personeller Maßnah-
so betrugen sie im Jahr 2016 bundesweit trotz der teil-                                                                                                                     men, sondern auch für die Erbringung des kommuna-
weisen Ablösung durch Entschuldungsprogramme rund                                                                                                                           len Eigenanteils bei Förderprogrammen. Je enger die
45 Mrd. Euro. Es bestehen deutliche regionale Unter-                                                                                                                        finan­ziellen Spielräume der kommunalen Gebietskör-
schiede zwischen und innerhalb der Länder. Insgesamt                                                                                                                        perschaften in den ländlichen Räume sind, desto weni-
fällt eine starke Konzentration der Kassenkredite auf                                                                                                                       ger sind sie in der Lage, eine aktive Entwicklung auch
Städte in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz                                                                                                                           unter Einbeziehung des Sports zu betreiben.
auf. Ähnlich angespannt stellt sich die Haushaltssitua-
tion der deutschen Landkreise dar, die neben der Kom-
munalaufsicht wichtige überörtliche Leistungen sowie                                                                                                                        Was kann man zur Sicherung des Sports
Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben bei der Daseins-                                                                                                                         in ländlichen Räumen tun?
vorsorge wahrnehmen. Der Kassenkreditbestand lag
Ende 2015 bei rund 6,6 Mrd. Euro. Besonders prekär ist                                                                                                                      Neben einer niedrigen Einwohnerdichte ist für ländliche
die finanzielle Lage der Landkreise in Hessen, Rhein-                                                                                                                       Räume prägend, dass die Vereine und damit Ehren-
land-Pfalz, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Meck-                                                                                                                         amt und bürgerschaftliches Engagement im Bereich
lenburg-Vorpommern.                                                                                                                                                         des Sportes wichtige Elemente des sozialen Lebens
                                                                                                                                                                            sind. Auch sind die ländlichen Räume in Deutschland
Die regionalen Unterschiede in der Realsteuerkraft                                                                                                                          kein homogener Raumtyp, sondern weisen vielfältige
und in der kommunalen Verschuldung erhöhen die                                                                                                                              Differenzierungen auf. Am gesamtwirtschaftlichen
Abhän­gigkeit der kommunalen Finanzwirtschaft von                                                                                                                           Beschäftigungs­wachstum haben sie je nach den regio-

    Gewerbesteuer
        Gewerbesteuer                                                                                                                                            Kassenkredite
                                                                                                                                                                     Kassenkredite
                                                       DK           DK                                                                                                                                               DK           DK

                                                                                                                                                                                                                                               

                                                                    Kiel        Kiel                                                                                                                                              Kiel        Kiel

                                                                HamburgHamburg                    SchwerinSchwerin                                                                                                            HamburgHamburg                    SchwerinSchwerin
                                                                                                                                                                                                                                                                       
                                                                                                                                                                                                                                           

                                                   Bremen Bremen                                                                                                                                                 Bremen Bremen
                                                                                                                                                                                                                       

                                                                                                                                                     PL     PL                                                                                                                                                     PL     PL

                                                                                                                                     Berlin        Berlin                                                                                                                                          Berlin        Berlin
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          
                                                                          Hannover
                                                                    Hannover                                                          
                                                                                                                                                                                                                                        Hannover
                                                                                                                                                                                                                                  Hannover                                                          
         NL             NL                                                 
                                                                                                                    PotsdamPotsdam                                     NL             NL                                                 
                                                                                                                                                                                                                                                                                  PotsdamPotsdam
                                                                                                                                                                                                                                                                           

                                                                                                  Magdeburg
                                                                                            Magdeburg                                                                                                                                                           Magdeburg
                                                                                                                                                                                                                                                          Magdeburg

                             Düsseldorf
                      Düsseldorf                                                                                                                                                        
                                                                                                                                                                                           Düsseldorf
                                                                                                                                                                                    Düsseldorf
                          

                                                                                                                                               DresdenDresden                                                                                                                                                DresdenDresden
                                                                                        Erfurt     Erfurt                                                                                                                                           Erfurt     Erfurt                                             

                                                                                                                                                                                                                                                                 

    BE   BE                                                                                                                                                      BE   BE

                                                 Wiesbaden
                                          Wiesbaden                                                                     CZ       CZ                                                                     Wiesbaden
                                                                                                                                                                                                               Wiesbaden                                                              CZ       CZ
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Geometrische Grundlage: Kreise (generalisiert), 31.12.2016 © GeoBasis-DE/BKG

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Geometrische Grundlage: Kreise (generalisiert), 31.12.2016 © GeoBasis-DE/BKG

                                                                                                                                                                                                          
                                                                                                                                                                                                          

                                 Mainz Mainz                                                                                                                                                   Mainz Mainz
    LU   LU                                                                                                                                                      LU    LU

                             Saarbrücken
                      Saarbrücken                                                                                                                                                          Saarbrücken
                                                                                                                                                                                    Saarbrücken
                                                                                                                                                                                        

                         FR         FR                 StuttgartStuttgart                                                                                                              FR         FR                 StuttgartStuttgart
                                                                                                                                                                                                                           
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR

                                                                                                          MünchenMünchen                                                                                                                                                MünchenMünchen
                                                                                                                                                                                                                                                                               

                                                                                                                                 AT            AT                                                                                                                                              AT            AT

                                              CH        CH                                                                                                                                                  CH        CH

                                                                                                                                                                                                                                                                                                              100 km100 km

    Gewerbesteueraufkommen
         Gewerbesteueraufkommenin in                                                                                                                                  Kassenkredite
                                                                                                                                                                 Kassenkredite       der kreisangehörigen
                                                                                                                                                                               der kreisangehörigen        Gemeinden
                                                                                                                                                                                                      Gemeinden          bzw. Gemeinde-
                                                                                                                                                                                                                   bzw. Gemeinde-
    Euro je Einwohner
         Euro          2016 2016
               je Einwohner                                                                                                                                           verbände
                                                                                                                                                                 verbände sowiesowie  der kreisfreien
                                                                                                                                                                                der kreisfreien StädteStädte in je
                                                                                                                                                                                                       in Euro  Euro  je Einwohner
                                                                                                                                                                                                                   Einwohner  2016 2016

                         bis unter
                               bis unter
                                    250                250                      1.000 1.000
                                                                                      bis unter
                                                                                            bis 1.250
                                                                                                unter 1.250                                                                            bis unter
                                                                                                                                                                                             bis unter
                                                                                                                                                                                                  100 100                                     2.000 2.000 bis 3.000
                                                                                                                                                                                                                                                    bis unter unter 3.000
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             © BBSR Bonn 2018

              250 bis
                    250
                      unter
                        bis unter
                             500 500                                            1.250 1.250
                                                                                      und mehr
                                                                                            und mehr                                                                              100
                                                                                                                                                                            100 bis   bis unter
                                                                                                                                                                                    unter  400 400                                            3.000 3.000 und mehr
                                                                                                                                                                                                                                                    und mehr

              500 bis unter
                    500      750 750
                        bis unter                                               gemeindefreie Gebiete
                                                                                     gemeindefreie Gebiete                                                                        400
                                                                                                                                                                            400 bis   bis 1.000
                                                                                                                                                                                    unter unter 1.000                                               Stadtstaaten
                                                                                                                                                                                                                                              Stadtstaaten

              750 bis unter
                    750 bis 1.000
                            unter 1.000                                                                                                                                1.000 1.000 bis 2.000
                                                                                                                                                                             bis unter unter 2.000

Karte 5: Gewerbesteuer und Kassenkredite 2016

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       13
Zwischen Wachstum und Schrumpfung – Ländliche Räume in Deutschland

     nalen Standortdeterminanten unterschiedlich partizi-                             in städtischen und ländlichen Räumen an Dynamik
     piert. Insgesamt ist eine Verschiebung der Beschäfti-                            und inhaltlicher Breite gewonnen. Im Rahmen des
     gungsanteile zu Lasten ostdeutscher Räume erkennbar                             ­MORO-Aktionsprogramms13 „Regionale Daseinsvor-
     ist, während die ländlichen Räume in Westdeutschland                             sorge“ wurden in zwei Modellregionen (Nordeifel,
     deutlich besser abschneiden.                                                     Ostwürttemberg) auch Kooperationen im Bereich des
                                                                                      Sportes gefördert und erprobt.
     Allerdings geht die demografische Entwicklung mit Be-
     völkerungsrückgang und Alterung vor allem zu Las-                               Bei interkommunaler Zusammenarbeit spielen Wirt-
     ten der ländlichen Räume. Diese Prozesse werden sich                            schaftlichkeitsüberlegungen oftmals eine große Rolle.
     künftig – auch in Westdeutschland – verstärken, da sie                          Aber im Kern dienen Kooperationen dazu, Synergien bei
     nicht durch Zuwanderung kompensiert werden. Denn                                der Leistungserstellung zu nutzen und somit ein be-
     die ländlichen Räume sind nicht bevorzugtes Ziel der                            darfsgerechtes Angebot unter veränderten Rahmenbe-
     Außen- und Binnenwanderungen, sondern Quellort bil-                             dingungen zu sichern. Es gibt zwar keine Patentlösung
     dungs- und arbeitsplatzmotivierter Zuzüge in die städ-                          für eine interkommunale Zusammenarbeit im Bereich
     tischen Zentren und wirtschaftsstarken Regionen. Ein                            des Sports, so dass je nach den örtlichen Gegebenhei-
     Rückzug der jungen Menschen in die ländliche Heimat-                            ten unterschiedliche Formen und Inhalte möglich sind.
     region findet nach der Ausbildung inzwischen nur noch                           Bestimmte Rahmenbedingungen haben sich jedoch
     selten statt und hängt vor allem von den Erwerbsmög-                            als zentral für den Erfolg erwiesen: Hierzu zählen vor
     lichkeiten vor Ort ab.                                                          allem ein gewisses Problembewusstsein vor Ort, eine
                                                                                     konkrete Aufgabe mit nachvollziehbaren Zielen sowie
     Der aktuelle Raumordnungsbericht „Daseinsvorsorge                               regional akzeptierte Promotoren und „Kümmerer“.
     sichern“ betont die Herausforderungen, die aus dem
     Zusammenspiel von wirtschaftlicher und demografi-                               Wichtig ist außerdem, dass alle relevanten Akteure
     scher Entwicklung für die regionale Daseinsvorsorge                             in der Zusammenarbeit einen Nutzen erkennen und
     resultieren. Zwar wird der Sport im Allgemeinen nicht                           Erfolgserlebnisse möglichst frühzeitig greifbar sind.
     als eine pflichtige Aufgabe der Kommunen betrachtet.                            Diese können im Vergleich zu anderen Projekten noch
     Dennoch ist er ein wichtiges Element der örtlichen Da-                          so unbedeutend erscheinen, aber nichts motiviert die
     seinsvorsorge, und im Falle der schulischen Sportinfra-                         Akteure vor Ort mehr als der Erfolg. Es kann daher
     struktur fällt er auch in die kommunale Zuständigkeit.                          sinnvoll sein, den Kooperationsprozess mit leicht lös-
                                                                                     baren Aufgaben zu beginnen und konfliktgeladenere
     Bevölkerungsrückgang und Alterung sowie die fort-                               Themen in einer späteren Phase der Zusammenarbeit
     schreitende Individualisierung erfordern angepasste                             anzugehen. Zudem fallen gerade im Bereich der Sport-
     Angebote an ein verändertes Sportverhalten. Dabei                               infrastruktur Vorteile und Kosten räumlich auseinander.
     werden eine regionale Zusammenarbeit bei der Sport-                             Dies erfordert entsprechende interkommunale Ausglei-
     entwicklungsplanung und eine Konzentration der Ange-                            che, die möglichst einfach gehalten und für alle Betei-
     bote an gut erreichbaren Standorten immer wichtiger.                            ligten nachvollziehbar sein sollten.
     Gleichzeitig schränken die fiskalischen Rahmenbedin-
     gungen viele Kommunen in ländlichen Räumen ein, ak-                             Bund und Länder sind gefordert, die Bemühungen in
     tiv die Entwicklung des Sports zu fördern. Auch werden                          den ländlichen Räumen durch die Anpassung zentraler
     Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement infolge                              Förderreglungen in den verschiedenen Programmen zu
     demografischer Entwicklung und wirtschaftlicher Ge-                             flankieren.14 Die auf die jeweiligen Ressortzuschnitte
     gebenheiten (Auspendeln und Wegzüge, Wegbrechen                                 ausgerichtete Förderlandschaft sollte im Sinne einer
     der lokalen Wirtschaft) zunehmend schwieriger leistbar.                         ressortübergreifenden Zusammenarbeit vereinfacht
     Notwendig sind daher eine Anerkennungskultur sowie                              werden. Auch sollten interkommunale Absprachen
     finanzielle Anreize für Ehrenamt und bürgerschaftliches                         und Planungen nicht nur finanziell gefördert werden,
     Engagement. Um eine Überforderung der Akteure zu                                sondern als Fördervoraussetzung gelten. Eine mögli-
     vermeiden, sind bürokratische Hemmnisse abzubauen                               che Alternative wären Förderboni für Projekte, die auf
     und rechtliche Standards bei der Leistungserbringung                            interkommunaler Zusammenarbeit beruhen.
     zu überprüfen. Auch empfiehlt es sich, Sportvereine
     nach Möglichkeit in den Prozess einer aktiven Regional-
     entwicklung einzubinden. Dies gilt insbesondere für die
     Sportentwicklungsplanung.

     Die Modellvorhabenforschung des BBSR liefert einen
                                                                                     13   Mit dem Aktionsprogramm „Modellvorhaben der Raumordnung“ (MORO)
     umfassenden Erfahrungsschatz über die Möglich-
                                                                                          unterstützt das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat
     keiten interkommunaler Kooperationen bei der Da-                                     (BMI) die praktische Erprobung und Umsetzung innovativer, raumordneri-
     seinsvorsorge.12 Diese haben in der Vergangenheit                                    scher Handlungsansätze und Instrumente in Zusammenarbeit zwischen
                                                                                          Wissenschaft und Praxis, d. h. mit Akteuren vor Ort, in den Regionen.
     12   Vgl. hierzu auch Furkert, M./Zarth, M. (2019): Sicherung der Daseinsvor-   14   Vgl. Zarth, M./Lackmann, G. (2015): Regionale Bedeutung der Landwirtschaft
          sorge im ländlichen Raum durch Kooperation? In: vhw FW6, S. 295 – 298.          und Förderung ländlicher Räume, BBSR-Analysen KOMPAKT 17, S. 21  f f.

14
SITUATION DES SP RTS IN
LÄNDLICHEN RÄUMEN
Beispiel Hessen
Jens Prüller

Sportvereine in Zahlen                                       Statistik des Jahres 2000 ein erheblicher Sanierungs-
                                                             bedarf (36 Prozent der Sportanlagen in Hessen weisen
Der Landessportbund Hessen (lsb h) ist die Vereini-          einen hohen Sanierungsbedarf auf) vorhanden, der
gung aller hessischen Sportvereine und -verbände             nicht signifikant behoben werden konnte und geschätzt
mit ca. 2,1 Mio. Mitgliedern. Als Dachorganisation           noch angewachsen ist.
der rund 7.600 Sportvereine, die ein flächendecken-
des Sportangebot garantieren, vertritt er die Inter­
essen des organisierten Sports in Hessen. Mit ins-           Bevölkerungsentwicklung
gesamt mehr als zwei Dritteln (69 Prozent) stellen
die 5.275 Einsparten­vereine die größte Gruppe dar.          In Hessen gibt es derzeitig konträre demografische Ent-
1.982 Vereine (26 Prozent) ­bieten zwischen zwei und         wicklungen je nach Region:
fünf Sportarten an, 301 Vereine (4 Prozent) zwischen
sechs und neun Sportarten und 72 Vereine haben ein           • Rhein-Main-Gebiet/Stadt Kassel: Die Stadt Frankfurt
weit gefächertes Angebot mit zehn oder mehr Sport-             wie auch die umliegenden Kommunen im Rhein-Main-
arten. Der überwiegende Teil dieser Großvereine be-            Gebiet wachsen derzeitig stark an – diese „Zentren“
findet sich in urbaner Lage des Rhein-Main Gebietes            boomen und haben einen hohen Zuzug.
oder der Stadt Kassel.                                       • Gürtel um die Ballungsräume: In einem größeren
                                                               ­Radius um die Ballungsräume bleiben die Zahlen
Rund 40 Prozent aller hessischen Sportvereine (3.102)           rela­tiv stabil bzw. steigen je näher sie am Zentrum
zählen jeweils weniger als 101 Mitglieder. Sie stellen          des Ballungsraums sind an. In den Einzugsgebieten
7,5 Prozent aller Mitgliedschaften. 23 Prozent (1.758 Ver-      gibt es teilweise stark unterschiedliche Entwick­
eine) haben zwischen 101 und 200 Mitglieder, 11,6 Pro-          lungen.
zent (875 Vereine) zwischen 201 und 300 Mitglieder und       • Ländliche Regionen: Insbesondere in den ländlichen
11,6 Prozent (883 Vereine) zwischen 301 und 500 Mit-            Räumen werden die Veränderungen in der Bevölke-
glieder. 8,9 Prozent (679 Vereine) kommen auf 501 bis           rungsentwicklung deutlich erkennbar. Die ländlichen
1.000 Mitglieder und 332 Vereine (4,4 Prozent) gehö-            Räume verlieren zum Teil – zwar sehr unterschiedlich –
ren zu den Großvereinen mit mehr als 1.000 Mitglie-             in der Gänze jedoch erheblich an Bevölkerung.
dern. Sie repräsentieren mit 665.143 Mitgliedschaften
31,3 Prozent aller Mitglieder im LSBH. In ländlichen
Räumen überwiegen Einspartenvereine mit niedrigen            Demografischer Wandel, Finanzen und Sport
Mitgliederzahlen.
                                                             An dieser Stelle sollen die weitgehend bekannten
                                                             Auswirkungen des demografischen Wandels nicht in
Zur Lage der Sportstätten                                    den Fokus gerückt werden. Gleichwohl müssen einige
                                                             wenige benannt werden. Insbesondere in der Wech-
Leider liegen dem Landessportbund Hessen e. V. aktuell       selwirkung demografischer Wandel und der Entwick-
keine aussagekräftigen Zahlen zur Sportstättensituation      lung der öffentlichen Finanzen – „­Demo-Economics“1 –
in Hessen vor. Die Datenbasis beruht auf der im Jahr         sind grundlegende Probleme zu erwarten. Bei einer
2000 erhobenen Sportstättenstatistik. Diese weist eine
gute Versorgung mit gedeckten und ungedeckten Sport-         1   Mit dem Begriff Demoökonomie wird die Erforschung des Wechselver-
anlagen für ganz Hessen aus. Jedoch war bereits in der           hältnisses von Bevölkerung und Wirtschaft bezeichnet.

                                                                                                                                     15
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