Strategischer Rahmen zur Entwicklung des - SÜD ALPEN RAUMS
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Strategischer Rahmen zur Entwicklung des SÜD ALPEN RAUMS Gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020
„Zum Aufblühen von Kulturen kommt es, wenn auf eine Frage von heute eine Antwort von Morgen gegeben wird. Zum Niedergang von Kulturen kommt es, wenn auf eine Frage von heute eine Antwort von gestern gegeben wird.“ — Arnold Toynbee — 3
ABSTRACT Was verstehen wir unter dem SÜD ALPEN RAUM und Es liegt also nahe, dass sich diese warum haben sich die Regionen des SÜD ALPEN RAUMs Regionen zusammenschließen und zusammengeschlossen, um grenzübergreifend zu ko- operieren? Diese Fragen sollen im folgenden Strate- das bereits vorhandene Potential giepapier des SÜD ALPEN RAUMs beantwortet und die nutzen, um den gesamten SÜD Geschichte sowie Vorteile der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beleuchtet werden. ALPEN RAUM aufzuwerten und zukunftsfähig zu gestalten. Mehr als ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, das sind ca. 150 Millionen Men- schen, leben in Grenzregionen. Diese machen rund 40% Im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen ist der gesamten Fläche der EU aus und gelten zumeist als es außerdem unerlässlich, sich mit den aktuellen Mega- strukturell benachteiligt, was sich unter anderem in ei- trends auseinanderzusetzen und die Aktivitäten dahin- nem niedrigeren BIP pro Kopf und in höheren Arbeits- gehend anzupassen. Die sechs relevanten Megatrends, losenquoten zeigt. Man wundert sich also nicht, dass die bei der Strategieentwicklung des SÜD ALPEN RAUMs die EU in ihrer Struktur- und Investitionspolitik einen herangezogen wurden, sind die Bevölkerungsentwick- besonderen Fokus auf die Entwicklung der Grenzre- lung, Wertewandel und gesellschaftliches Engage- gionen legt. Dafür gibt es einerseits den Europäischen ment, wissensbasierte Ökonomie, Globalisierung und Fonds für regionale Zusammenarbeit (EFRE) mit dem Regionalisierung, Digitalisierung sowie Klima und Res- darin enthaltenen Ziel der Europäischen Territorialen sourcen. Zu jedem dieser Megatrends wurden Themen Zusammenarbeit (ETZ). Um dieses Ziel zu erreichen, definiert, die zukünftig durch Kooperationen gemein- wurde vor rund 30 Jahren mit INTERREG ein finanzieller sam verfolgt werden. Im folgenden Strategiepapier Rahmen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit werden die Auswirkungen der Megatrends auf den SÜD geschaffen. ALPEN RAUM genauer beschrieben sowie die Themen im Detail präsentiert. Der SÜD ALPEN RAUM umfasst die Regionen Ober- kärnten, Osttirol und das Südtiroler Pustertal mit Es zeigt sich, dass trotz der Herausforderungen, mit de- den Städten Hermagor-Pressegger See, Spittal an der nen ländliche Grenzregionen wie der SÜD ALPEN RAUM Drau, Lienz und Bruneck. Er besteht somit aus sehr konfrontiert sind, die aktuellen Megatrends auch viele lebenswerten, aber zum Teil strukturell benachteilig- Chancen bringen. Die „Gründer“ des SÜD ALPEN RAUMs ten Grenzregionen, die sich derzeit bereits im Koope- sind davon überzeugt, dass durch die Bereitschaft zur rationsprogramm INTERREG Italien-Österreich 2014- Kooperation diese Möglichkeiten und vorhandenen Po- 2020 befinden. Dieses Programm unterstützt konkrete tentiale besser genutzt werden können und somit ein grenzübergreifende Projekte auf lokaler Ebene. Will attraktiver Lebens- und Schaffensraum etabliert wer- man wettbewerbsfähig bleiben, muss man sich als den kann. Auch im Hinblick auf den Wettbewerb der Re- Region jedoch zusätzlich strategisch ausrichten. Die gionen ist es unumgänglich, seine vorhandenen, aber Europaregionen „Tirol-Südtirol-Trentino“ und „Senza räumlich verteilten Potentiale zu bündeln und somit Confini“ sind solche strategischen Zusammenschlüsse mehr Größe und Sichtbarkeit zu erlangen. mit dem Ziel der Stärkung der grenzüberschreitenden Kooperationen auf regionaler Ebene. Der SÜD ALPEN RAUM wird damit Nun kann man sich die Frage stellen, warum durch den zur innovativen und nachhaltigen SÜD ALPEN RAUM eine zusätzliche Struktur zur Stär- kung der grenzüberschreitenden Kooperation entwi- Zukunftsregion in Europa mit ckelt wird. Dies lässt sich durch den funktionalen Raum Vorbildwirkung für andere begründen. Die Bürger des Südtiroler Pustertals, Ost- tirols und Oberkärntens sind nicht nur aufgrund ihrer Grenzregionen und schafft durch die gemeinsamen Geschichte, sondern vor allem auch im Zusammenarbeit auf Augenhöhe ein täglichen Leben stark miteinander verbunden. Die Pendlerströme oder die Nutzung gemeinsamer Infra- neues regionales, europäisches und struktur zeigen sehr klar diese funktionalen Verflech- weltoffenes Bewusstsein. tungen. 4
I N H A LT E 01 Grenzübergreifende Kooperation – warum?............................................. 6 02 Der SÜD ALPEN RAUM.......................................................................... 9 Die Geschichte des SÜD ALPEN RAUMs................................................................12 Der SÜD ALPEN RAUM als funktionaler Raum........................................................14 Das Potential Erweiterungsraum Belluno und Friaul..............................................15 Das Leitbild – Inhalt und systemische Herangehensweise.......................................16 03 Governance......................................................................................18 Governance im SÜD ALPEN RAUM.......................................................................19 04 Megatrends und ihre Auswirkungen auf den SÜD ALPEN RAUM.................... 23 Bevölkerungsentwicklung................................................................................25 Klima und Ressourcen.....................................................................................28 Wertewandel und gesellschaftliches Engagement.................................................30 Wissensbasierte Ökonomie...............................................................................31 Globalisierung und Regionalisierung.................................................................33 Digitalisierung..............................................................................................34 05 Themen der grenzübergreifenden Kooperation.......................................36 Methodik und Herangehensweise der Themenauswahl...........................................37 Vorstellung der Themen..................................................................................38 Weiterentwicklung der Inhalte..........................................................................41 06 Zukunftsbild SÜD ALPEN RAUM 2040.....................................................42 07 Literaturverzeichnis..........................................................................48 5
Grundsätzlich versteht man unter einer Kooperation Die Europäische Kommission hat zudem die wirtschaft- eine strategische oder operative Zusammenarbeit lichen Auswirkungen der grenzbezogenen Barrieren verschiedener Personen, Unternehmen oder Institu- und Hemmnisse analysiert. Dabei hat sich gezeigt, tionen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Diese dass bei einem Abbau von 20% der bestehenden Hin- Zusammenarbeit ist nicht immer einfach, da unter- dernisse das BIP in den EU-Grenzregionen um 2% stei- schiedliche Interessen, Fähigkeiten und Situationen gen würde (das entspräche rund 115 Mrd. Euro) und berücksichtigt und oft Kompromisse eingegangen so europaweit rund 1 Million neue Stellen geschaffen werden müssen. Eine grenzübergreifende Kooperation werden könnten 3. ist zumeist aufgrund von Kultur- und Strukturunter- schieden sowie Sprachbarrieren nochmals komplexer. Warum also entscheiden sich Regionen dazu, auf euro- DIE EUROPÄISCHE REGIONALPOLITIK päischer Ebene und im Speziellen im SÜD ALPEN RAUM Es wundert also nicht, dass die EU in ihrer Struktur- grenzübergreifend zu kooperieren? und Investitionspolitik einen besonderen Fokus auf die Entwicklung der Grenzregionen legt. Dafür gibt es auf Europäischer Ebene eine gemeinsame Re- Grenzregionen machen rund 40% der gionalpolitik, die bereits auf eine knapp 30-jährige gesamten Fläche der Europäischen Geschichte zurückblicken kann. Als Teil dieser Re- gionalpolitik hat es die Europäische Territoriale Zu- Union aus und produzieren 30% sammenarbeit (ETZ) zum Ziel, grenzüberschreiten- des BIP der EU. Mehr als ein de Probleme zu lösen und gemeinsam das Potenzial unterschiedlicher Regionen zu erschließen. Drittel der Bürger, das sind ca. 150 Millionen Menschen, leben in Eingebettet in die ETZ ist mit „Interreg“ ein Förder- programm, das grenzübergreifende Kooperationen solchen Grenzregionen. Zumindest und konkrete Aktivitäten daraus unterstützt. Dafür einmal wöchentlich pendeln davon wurden für den Zeitraum von 2014 bis 2020 Mittel in Höhe von 10,1 Milliarden Euro aus dem Europäi- rund zwei Millionen EU-Bürger schen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur zum Arbeiten oder Studieren in ein Verfügung gestellt. Interreg hat grundsätzlich drei Ausrichtungen: Interreg A beinhaltet die grenz- Nachbarland 1. überschreitende Zusammenarbeit. Unter Interreg B wird die transnationale Zusammenarbeit und in Dies zeigt, dass Grenzräume zumeist eng miteinander Interreg C die interregionale Zusammenarbeit ge- verflochten sind. Es sind also in Grenzgebieten oft fördert 4. funktionale Räume entstanden, in denen Interaktion und Beziehungen vorherrschen. Administrative, recht- Ein weiteres Instrument der Kooperation auf euro- liche, sprachliche und kulturelle Barrieren erschweren päischer Ebene wurde im Jahr 2007 geschaffen: die jedoch oft eine grenzübergreifende Zusammenarbeit, Europäischen Verbünde für territoriale Zusammen- sodass funktionale Räume unterschiedlich ausgeprägt arbeit (kurz EVTZ). Diese haben zum Ziel, „die grenz- sind. Zudem sind Grenzregionen meist strukturell be- überschreitende, transnationale und interregiona- nachteiligt, was aus einer Analyse der Europäischen le Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten Kommission aus dem Jahr 2009 hervorgeht: oder deren regionalen und lokalen Behörden zu erleichtern“. Derzeit gibt es 68 solcher EVTZ (Stand • Das BIP pro Kopf in Grenzregionen betrug im Dez. 2020) 5. Dass die grenzübergreifende Zusam- Durchschnitt nur 88,3% des EU-Durchschnitts. menarbeit von Mitgliedsstaaten im Rahmen eines • Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäusern, EVTZ einen Mehrwert bringt, hat die Europäische Universitäten oder Flughäfen sind nur erschwert Kommission in ihrem Bericht aus dem Jahr 2018 zugänglich, da sie sich nicht in der unmittelbaren bestätigt. Demnach werden die Entscheidungsfin- Umgebung befinden 2. dung der Grenzregionen bei grenzüberschreitenden Anliegen dadurch erleichtert und die gemeinsame Entwicklung von Zielen und Strategien verbessert 6. 1 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament (2017): Stärkung von Wachstum und Zusammenhalt in den EU-Grenzregionen. 2 European Commission, DG REGIO (2009): Territories with specific geographical features. 3 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament (2017): Stärkung von Wachstum und Zusammenhalt in den EU-Grenzregionen. 4 Europäische Kommission: Interreg : European Territorial Co-operation. 5 Europäisches Parlament (12-2020): Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ). 6 Europäische Kommission (2018): Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Ausschuss der Regionen über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1302/2013 im Hinblick auf Präzisierungen, Vereinfachungen und Verbesserungen im Zusammenhang mit der Gründung und Arbeitsweise solcher Verbünde. 7
EINLEITUNG Das Projekt „ULYSSES“ der Association of European SOZIOKULTURELLER MEHRWERT 0 Border Regions (AEBR) zeigt, dass grenzübergreifende Grenzüberschreitende Kooperation bringt auch auf Kooperation einen Mehrwert („added values“) in fol- soziokultureller Ebene einen Mehrwert: Durch die Ver- genden Bereichen bringt: breitung von Informationen über die Grenzregion über Medien, Lehrmaterial oder Publikationen sowie Multi- EUROPÄISCHER MEHRWERT plikatoren wie Schulen, Büchereien oder Museen wird Grenzüberschreitende Kooperation leistet einen wert- die besondere Situation von Grenzregionen in den Köp- vollen Beitrag zu den europäischen Werten Frieden, fen der Menschen verankert. Sprachen und Dialekte der Freiheit, Sicherheit und die Wahrung der Menschen- Nachbarländer werden geschätzt und gelernt und die- rechte. nen damit als Basis zur Kommunikation. Somit wird die kulturelle grenzüberschreitende Kooperation zu einem MEHRWERT HINSICHTLICH DER IMPLEMENTIERUNG wesentlichen Bestandteil der regionalen Entwicklung DER EUROPA 2020 STRATEGIE und bedingt eine erfolgreiche grenzüberschreitende Grenzüberschreitende Kooperation bringt immer einen Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Mehrwert für nationale Maßnahmen durch die Nutzung Bildung etc. 7 von Synergien, gemeinsamer Forschung und Innovati- on, dem Austausch von Know-How, grenzübergreifen- AUSBLICK de Netzwerke, effizientes Ressourcenmanagement und Grenzüberschreitende Kooperation bringt also auf den Spin-off Effekte. verschiedensten Ebenen einen Mehrwert. Aber nicht nur deshalb haben sich die Regionen des SÜD ALPEN POLITISCHER MEHRWERT RAUMs zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Grenzüberschreitende Kooperation leistet einen wich- Strategie zu verfolgen. tigen Beitrag zur Entwicklung Europas und der euro- päischen Integration sowie zur Implementierung von Wie aus dem nächsten Kapitel hervorgehen wird, sind Partnerschaften und Subsidiarität. Außerdem führt sie die Regionen des SÜD ALPEN RAUMs einerseits durch zu erhöhter wirtschaftlicher und sozialer Kohäsion und ihre gemeinsame Geschichte eng verbunden. Anderer- fördert das gegenseitige Kennenlernen, Vertrauen und seits sind sie aber heute noch funktional eng verfloch- Verständnis. ten, was anhand von Pendlerströmen oder der gemein- samen Nutzung von Infrastruktur exemplarisch gezeigt INSTITUTIONELLER MEHRWERT wird. Es wundert also nicht, dass man im SÜD ALPEN Grenzüberschreitende Kooperation fördert die aktive RAUM auf Kooperation setzt, vorhandene, aber räum- Beteiligung und das Engagement der Bürger, Behör- lich verteilte Potentiale bündelt und somit mehr Grö- den, politischen Parteien und Sozialpartner. Zudem ße, Funktionalität und Sichtbarkeit erlangt. werden Wissen über die Strukturen in der Nachbarregi- on und sowohl vertikale als auch horizontale Partner- Ziel dieses Strategiepapiers ist es, nicht nur den SÜD schaften aufgebaut. ALPEN RAUM zu präsentieren und vorzustellen, sondern auch Handlungsfelder der grenzüberschreitenden Ko- Die Erfahrung hat gezeigt, dass langfristige Koopera- operation aufzuzeigen. Im Hinblick auf die zukünftigen tion zu gemeinsam entwickelten Konzepten und Stra- Herausforderungen ist es unerlässlich für Regionen, tegien führt. Programme und Projekte daraus werden sich mit den aktuellen Megatrends auseinanderzuset- effektiver umgesetzt, da sich regionale und lokale Part- zen und ihre Aktivitäten dahingehend anzupassen. Da- ner beteiligen und eine wesentliche Rolle in der Aus- her werden diese Megatrends genauer beleuchtet sowie arbeitung spielen. deren Auswirkungen und Chancen für den SÜD ALPEN RAUM aufgezeigt. Zu jedem dieser Megatrends wurden SOZIOÖKONOMISCHER MEHRWERT zudem Themen definiert, die zukünftig durch Koopera- Der sozioökonomische Mehrwert grenzüberschreiten- tionen gemeinsam verfolgt werden. Drei dieser Themen der Kooperation zeigt sich unter anderem durch die werden näher beschrieben. Öffnung des Arbeitsmarktes, die Harmonisierung von beruflichen Qualifikationen sowie Entwicklungen in den Bereichen Infrastruktur, Tourismus, Umwelt, Bil- dung, Forschung etc. Außerdem werden neue Arbeits- plätze durch die Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen in den Grenzregionen geschaffen. Man kann zudem anhaltende Verbesserungen in der Raum- planung und Regionalentwicklung beobachten. 7 Association of European Border Regions. (2012): Practical Guide for the elaboration of cross-border territorial development strategies. 8
Anfangs stellt sich die Frage, welche Regionen nun ge- In diesem Zusammenhang ist aber bereits zu erwähnen, nau den SÜD ALPEN RAUM ausmachen, sprich wo be- dass man sich nicht an Bezirksgrenzen stößt und der ginnt und endet er. Betrachtet man die geographische SÜD ALPEN RAUM auch nicht eine Zusammenfassung und geologische Definition der Südalpen, die den süd- von administrativ isolierten Container-Räumen 9 ist. lichen Teil der Ostalpen bezeichnen, zieht sich der Süd- alpenraum von den Ortler Alpen im Norden bzw. den Gardasee-Bergen im Süden über die Dolomiten bis zu Stattdessen ist der SÜD ALPEN den Karawanken und Julischen Alpen 8. Das entspricht RAUM ein seit Jahrhunderten einer West-Ost Ausdehnung von rund 200 Kilometern. eng miteinander verflochtener Der SÜD ALPEN RAUM – als räumliche Raum, in dem Interaktion und Einheit in der Regionalentwicklung Beziehungen vorherrschen, der verstanden – wurde von den dadurch in sich nicht abgeschlossen Regionen Oberkärnten, Osttirol ist. Verflechtungen und somit und dem Südtiroler Pustertal mit Erweiterungspotential besteht den Städten Spittal an der Drau, daher auch nach Süden mit den Hermagor, Lienz und Bruneck italienischen Regionen Alto Belluno gegründet, die den Kernraum des und Friaul-Julisch Venetien sowie Gebiets ausmachen. nach Ost und West. INNSBRUCK SALZBURG MÜNCHEN Felbertauern Großglockner Matrei BOZEN Spittal Innichen Lienz VILLACH Bruneck Sillian Hermagor KLAGENFURT Cortina Pontebba VENEDIG Tolmezzo UDINE TRIEST Abbildung 1: Schematische Darstellung des Kernraums 8 Franz Grassler (1984): Alpenvereinseinteilung der Ostalpen (AVE). 9 Freytag (2014): Raum und Gesellschaft. 10
DER SÜD ALPEN RAUM Die folgenden Daten beziehen sich auf die administrativen Bezirke Spittal a. d. Drau, Hermagor und Lienz sowie die Bezirksgemeinschaft Pustertal (im Folgenden als „Südtiroler Pustertal betitelt). 230.000 18 Millionen 7.667 km2 1.738 km2 Einwohner Nächtigungen Fläche Natur- und im Jahr Nationalpark Mit Jahresbeginn 2020 lebten rund 230.000 Personen tung sowie die Nutzung zur Wärmeerzeugung stellen auf einer Fläche von knapp 7.667 km2 im SÜD ALPEN im SÜD ALPEN RAUM bedeutende Wirtschaftszweige RAUM. Das ergibt eine Bevölkerungsdichte von rund dar. Der sekundäre Sektor ist ebenfalls von großer Be- 30 Einwohner pro Quadratkilometer 10. Der SÜD ALPEN deutung: Im Bezirk Lienz und im Südtiroler Pustertal RAUM ist somit deutlich weniger dicht besiedelt als die spielt die Industrie sogar im Vergleich zum jeweiligen jeweiligen Bundesländer. Grund dafür dürfte die gebir- Bundesland/der jeweiligen Provinz eine wichtigere gige Geografie der Region sein, die die periphere Situa- Rolle. tion und die damit einhergehende strukturelle Benach- teiligung begünstigt. Dabei machen einige internationale Konzerne, aber vor allem klein- und mittelständische Unternehmen den Die alpine Lage ist grundsätzlich prägend für den SÜD Produktionsstandort aus und schaffen eine große Un- ALPEN RAUM und bringt nicht nur Vorteile. Eng verbun- ternehmens- und Branchenvielfalt. Die Schwerpunkte den mit der Natur sind Einwohner und naturbewusste bilden neben der Holzverarbeitung die Papierindust- Touristen. Zentral sind dabei die relative Unberührt- rie sowie Metall und Maschinenbau. Etwa zwei Drittel heit und der Erholungswert inmitten vielfältiger Na- der Wirtschaftsleistung im SÜD ALPEN RAUM kommen turschätze. Diese werden auch in wesentlichen Teilen jedoch aus dem tertiären Sektor. Der Dienstleistungs- geschützt: Im Südtiroler Pustertal erstrecken sich mit bereich ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen den drei Naturparks Drei Zinnen, Rieserferner-Ahrn und auch hier findet man zahlreiche Unternehmen in und Fanes-Sennes-Prags 11 weltweit bekannte und be- den verschiedensten Branchen 13. liebte Landschaften, während sich in Osttirol und Ober- kärnten über 1.000 km2 des größten Nationalparks der Im tertiären Sektor bildet der Tourismus mit 4 Millio- Alpen – dem Nationalpark Hohe Tauern – befinden 12. nen Besuchern und mehr als 18 Millionen Nächtigun- Darüber hinaus finden sich zahlreiche kleinere Schutz- gen in der Sommersaison 2019 und der Wintersaison und Ruhegebiete verschiedenster Landschaften. 2018/19 einen wesentlichen Baustein der Wirtschafts- leistung 14. Zwischen 7.500 (Wintersaison) und 8.400 Betrachtet man die Wirtschaftstätigkeit im SÜD ALPEN (Sommersaison) touristische Betriebe bieten dabei bis RAUM, erkennt man auch den Einfluss der Geografie auf zu 165.000 Betten an 15. Im Vergleich dazu konnte das die Region: Einerseits ist der primäre Sektor, die Land- Bundesland Tirol (ohne Osttirol) in diesem Zeitraum und Forstwirtschaft, stärker ausgeprägt als auf Ebene rund 48 Millionen Nächtigungen vorweisen 16. der Nationalstaaten. Einen Schwerpunkt bildet hierbei die Ressource Holz. Die Holzveredelung und -verarbei- 10 ASTAT (2021): Gemeindedatenblatt; ASTAT (2021): Südtirol in Zahlen; Statistik Austria (2021): STATatlas. 11 Autonome Provinz Bozen – Südtirol (2020): Naturparks in Südtirol. 12 Landesstatistik Tirol (2021): Regionsprofil Bezirk Lienz. 13 ISTAT (2011): 15O Censimento della Popolazione e delle Abitazioni 2011; Statistik Austria (2020): STATcube – Statistische Datenbank. 14 ASTAT (2020): Gemeindedatenblatt; Statistik Austria (2020): STATatlas. 15 ASTAT (2020): Gemeindedatenblatt; Land Tirol (2020): Betriebe und Betten nach Saison. Bezirk Lienz, Land Kärnten (2020): Betriebe und Betten nach Saison. Bezirke Spittal und Hermagor. 16 Landesstatistik Tirol (2021): Ankünfte und Nächtigungen. 11
Die für eine periphere Region gute Erreichbarkeit des • den Aufbau einer regionalen Entwicklungs- SÜD ALPEN RAUMs spielt dabei eine wichtige Rolle: zusammenarbeit im Sinne der EU-Alpenstrategie Die seit 1871 im Betrieb befindliche Pustertalbahn EUSALP erstreckt sich von Franzensfeste, wo sie von der Bren- • die Schaffung eines lokalen Beitrags zur nerbahn abzweigt, über Bruneck bis nach Vierschach Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit (Grenze Österreich-Italien) 17 und auf österreichischem • das Erzielen von Größeneffekten und Gebiet als Drautalbahn weiter über Lienz, Spittal an einer besseren Wahrnehmung der Drau bis nach Maribor (Slowenien). Damit stellt • das Mobilisieren von Potentialen sie eine wichtige Verbindung zwischen Italien und Ös- für regionalräumlich wirksame Entwicklungen terreich sowie im Speziellen zwischen Ost und West im • die Erarbeitung eines Governance-Modells zur südlichen Alpenraum dar. Eine Verbindung bis nach besseren Koordinierung der Entwicklung mit den Slowenien sowie nach Wien und München (Knoten- relevanten Institutionen und Stakeholdern 18. punkt Klagenfurt / Spittal a.d. Drau) ist somit ver- fügbar. Mit der Brennerautobahn im Westen des SÜD ALPEN RAUMs sowie der Tauernautobahn im Osten be- steht auch für den Individualverkehr eine Anbindung an wichtige Hauptverkehrsadern. Die Geschichte des Inmitten der Natur und entlang SÜD ALPEN RAUMs dieser bedeutenden Verkehrsadern Nicht nur aufgrund der aktuellen Verflechtungen sind die Regionen des SÜD ALPEN RAUMs eng miteinander findet man innovative und moderne verbunden, sondern auch die gemeinsame Geschichte Kleinstädte, die als wichtige stärkt die Beziehungen und die Zusammenarbeit. Auf Ausschnitte dieser Historie wird im Folgenden kurz ein- Treiber und Impulsgeber der Region gegangen. fungieren. Bruneck, Lienz, Spittal an Die gemeinsame Geschichte des SÜD ALPEN RAUMs der Drau und Hermagor-Pressegger hat ihre bedeutenden Anfänge im Mittelalter. Unter See sind Teil des strategischen der Herrschaft der Görzer Grafen wurde der SÜD ALPEN RAUM, wie wir ihn heute kennen, im 13. Jahrhundert Städtenetzwerks im SÜD ALPEN territorial miteinander vereint und war Teil der Graf- RAUM. schaft Görz. Die Stadt Lienz mit Schloss Bruck wurde im 14. Jahrhundert Herrschaftssitz der Görzer. Da- Eine entsprechende Charta wurde von allen Städten durch erlebte Lienz eine wirtschaftliche und kulturelle im Jahr 2019 beschlossen, die die Grundsätze und Blütezeit und wurde zu einem wichtigen Handels- und Ziele der Zusammenarbeit enthalten sowie den orga- Umschlagplatz. Die Görzer stärkten den Warenverkehr nisatorischen und administrativen Rahmen für diese im SÜD ALPEN RAUM durch den Ausbau der Straße in Kooperation schaffen. Die definierten Ziele, die durch das Pustertal und der Route von Friaul über den Plö- die interkommunale Zusammenarbeit sowie durch den ckenpass und den Gailbergsattel nach Lienz. Die Herr- Austausch von Erfahrungen erreicht werden sollen, schaft der Görzer war jedoch nur von kurzer Dauer; im umfassen folgende Punkte: Jahr 1500 starb der letzte seines Geschlechts, Leon- hard von Görz, ohne Erben. Dadurch trat Maximilian I. das Erbe an, die Görzer Besitztümer wurden aufge- teilt und die Herrschaft Lienz mit dem Pustertal kam zu Tirol 19. Oberkärnten ging an die Grafschaft Orten- burg20. 17 Michael Forcher (2012): Kleine Geschichte Tirols 18 ARGE strategisches Städtenetzwerk Bruneck, Hermagor-Pressegger-See, Lienz, Spittal an der Drau (2019): Charta zum strategischen Städtenetzwerk im SÜD ALPEN RAUM 19 Michael Forcher (2012): Kleine Geschichte Tirols 20 Martin Marktl (2014): Zeitreise Kärnten. Ein Lesebuch zur Geschichte des Landes. 12
DER SÜD ALPEN RAUM Ein weiterer wichtiger Punkt in der Geschichte des SÜD 86% davon entschieden sich für die Annahme der deut- ALPEN RAUMs ist die Zeit der Napoleonkriege Ende des schen Staatsbürgerschaft, Dableibende wurden oft 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts. Der französische drangsaliert und ihrer Selbstbestimmung als Volk be- General Napoleon Bonaparte nahm dabei große Teile raubt. Während der ersten Auswanderungswelle 1940 Tirols und Österreichs, darunter auch den SÜD ALPEN verließen etwa 70.000 Menschen Südtirol, die Hälfte RAUM, ein. Im Zuge dessen teilte Napoleon Tirol im davon kam in eigens für sie errichteten Siedlungen in Jahr 1810 auf seine Satellitenstaaten auf: Welschtirol Ost- und Nordtirol unter. Danach kam die Umsiedlung bis Toblach kam zum Königreich Italien, das östliche ins Stocken und mit dem Sturz Mussolinis im Jahr 1943 Pustertal mit Lienz und dem Iseltal zu den illyrischen wurde sie beendet. Provinzen Frankreichs und das restliche Tirol blieb bei Bayern. Auch Kärnten wurde gespalten: Oberkärnten Osttirol wurde 1938 durch eine Verwaltungsänderung mit der Stadt Villach wurde ebenso Teil der illyrischen dem Gau Kärnten zugeteilt, was in der Bevölkerung zu Provinzen. Napoleon wurde 1813/1814 niedergeschla- großer Ablehnung führte. Nach dem Ende des 2. Welt- gen, wodurch Tirol wieder zu Österreich kam 21. Ober- kriegs war Nordtirol von den Franzosen besetzt, wäh- kärnten blieb beim Königreich Illyrien mit der Haupt- rend Osttirol und Kärnten zur Besatzungszone der Bri- stadt Laibach und wurde erst 1849 mit dem Kronland ten gehörten. 1947 wurde der Bezirk Lienz dann wieder Kärnten wieder Teil der Habsburgermonarchie 22. mit Tirol vereinigt. Auch über eine Zuteilung Südtirols zum restlichen Tirol wurde diskutiert, doch bereits bei Die Zeit bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs war von einer Außenministerkonferenz in London im Jahr 1945 der Industrialisierung geprägt. Bedeutend in diesem fiel die Entscheidung zugunsten der Brennergrenze. Zusammenhang ist die Erwähnung des Baus der Pus- Gegen die „Pustertaler Lösung“, eine Eingliederung des tertalbahn, die 1871 fertiggestellt werden konnte und Pustertals samt Brixen an Österreich, wurde ebenso somit eine innerösterreichische Verbindung zwischen entschieden. Südtirol kämpfte danach jahrzehntelang Wien und Tirol begründete 23. um Autonomie, die ihr 1972 zugesprochen wurde 26. Das Königreich Italien war 1914 beim Ausbruch des 1. Weltkriegs noch neutral, doch aufgrund von Ex- Seither bestehen die Landes- und pansionszielen – konkret wurde Italien im „Londoner Staatsgrenzen so, wie wir sie heute Vertrag“ von der Entente 24 die Brennergrenze ver- sprochen – erklärte Italien 1915 Österreich-Ungarn kennen. Der SÜD ALPEN RAUM blickt den Krieg. Tirol war dabei drei Jahre lang hart um- also auf eine jahrhundertelange kämpft, die Schlachten trugen sich vor allem an den Gebirgsgrenzen zu, darunter auch im Pustertal und gemeinsame Geschichte zurück, am Karnischen Kamm. Der Ausgang des Krieges ist be- wodurch man auch von einer Raum- kannt; durch den Vertrag von Saint-Germain wurde Ti- rol geteilt und Südtirol Italien zugesprochen. Rekonstruktion sprechen kann. Enge gesellschaftliche Verflechtungen Der darauffolgende Faschismus führte in Südtirol un- ter Mussolini zu Italianisierungsprogrammen. Im Jahr begründen sich in dieser Historie 1939 wurde den 240.000 deutsch- und ladinischspra- und stärken die Verbindungen chigen Südtirolern angeboten, nach Deutschland (dem Österreich ein Jahr davor angeschlossen wurde) abzu- und Beziehungen, vor allem wandern 25. grenzüberschreitend. 21 Michael Forcher (2012): Kleine Geschichte Tirols 22 Martin Marktl (2014): Zeitreise Kärnten. Ein Lesebuch zur Geschichte des Landes. 23 Michael Forcher (2012): Kleine Geschichte Tirols 24 Bündnis Großbritanniens, Frankreichs und Russlands 25 Diese Möglichkeit ist als „die Option“ bekannt geworden. 26 Michael Forcher (2012): Kleine Geschichte Tirols 13
Der SÜD ALPEN ÖFFENTLICHES GESUNDHEITS- UND RETTUNGSWESEN Zu Beginn ist hier zu erwähnen, dass sich dieser Be- RAUM als reich auf die österreichischen Bezirke des SÜD ALPEN RAUMs beschränkt. Grund dafür ist, dass Leistungen der unterschiedlichen Sozialversicherungsträger nur funktionaler Raum bedingt länderübergreifend anerkannt werden. Betrachtet man die Reichweite des ÖAMTC Notarzthub- Grundsätzlich handelt es sich beim Begriff des funktio- schraubers Christophorus 7, der in Nikolsdorf (Bezirk nalen Raums um einen relationalen Raumbegriff, das Lienz) stationiert ist, zeigt sich, dass Einsätze nicht an heißt, es stehen die Verflechtungen und Beziehungen administrativen Grenzen enden. Im Gegenteil: Der Ein- der Menschen im Vordergrund. Vor allem in der Regio- satzradius umfasst neben dem Standort im Bezirk Lienz nalpolitik kommt dem Denken in funktionalen Räumen auch die Bezirke Spittal a. d. Drau und Hermagor. Dies immer größere Bedeutung zu: In ländlichen Regionen zeigen auch konkrete Einsatzzahlen: Der Notarzthub- finden Arbeiten, Ausbildung, Wohnen, Einkaufen und schrauber Christophorus 7 tätigte von 2008 bis 2013 Freizeit meist nicht in derselben Gemeinde statt – rund 54% seiner Einsätze in den Oberkärntner Bezir- oft nicht einmal im selben Bezirk oder Staat. Der Le- ken. Eine intensive Verflechtung im Bereich Flugret- bensraum der Bevölkerung stimmt daher nicht mit den tungswesen zwischen den österreichischen Gebieten administrativen Grenzen überein, sondern bedingt den des SÜD ALPEN RAUMs kann somit nachgewiesen wer- funktionalen Raum. Um diesen erfassen zu können, den. können unter anderem Mobilitätsverhalten, Konsum, Kooperationen und die gemeinsame Nutzung von Inf- Wie bereits erwähnt, zeigt auch die gemeinsame Nut- rastruktur analysiert werden. Dies wurde für den SÜD zung von Infrastruktur, dass der Lebensraum der Be- ALPEN RAUM exemplarisch vorgenommen: völkerung nicht an territorialen Grenzen endet. Zieht man das Beispiel der Patientenstrukturen des BKH PENDLERVERFLECHTUNGEN Lienz heran, „zeigt sich, dass von den 19.381 Patien- Im SÜD ALPEN RAUM steht das Pendeln in eine ande- ten, die im Schnitt der letzten sechs Jahre p.a. das A.ö. re Gemeinde, ein anderes Bundesland oder sogar in BKH-Lienz für eine medizinische Leistung aufgesucht einen anderen Staat für viele Bürger an der Tagesord- haben, 3.744 Personen aus dem Bezirk Spittal an der nung. Ein Beispiel: Betrachtet man nur die Stadt Lienz, Drau, 888 Personen aus dem Bezirk Hermagor und wei- arbeiten rund 5% der Auspendler im Bezirk Spittal a. tere 91 Patienten aus anderen Kärntner Bezirken stam- d. Drau. Gleichzeitig kommen rund 16% aller Einpend- men.“ 30 Oberkärntner Patienten stellen somit rund ein ler aus den Kärntner Bezirken Hermagor und Spittal a. Viertel aller Patienten im Lienzer Bezirkskrankenhaus d. Drau 27. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den dar, wodurch ein weiterer Beleg für die engen Verflech- Schulpendlern: Rund 14% der Schüler im Raum Lienz tungen im SÜD ALPEN RAUM entsteht 31. kommen aus den Oberkärntner Bezirken Spittal a. d. Drau und Hermagor 28. SPORT- UND FREIZEITWIRTSCHAFT Im Bereich der Sport- und Freizeitwirtschaft lassen sich EINZELHANDEL ebenfalls bereits enge Verflechtungen im SÜD ALPEN Analysen des Einzelhandels und der Kaufkraft können RAUM feststellen, vor allem in Bezug auf gemeinsame auch Rückschlüsse auf funktionale Verflechtungen in Infrastruktur. Beispiele dafür sind das Langlaufnetz Regionen liefern. Die Ergebnisse aus der im Jahr 2008 Dolomiti NordicSki, der Drauradweg oder der Höhen- von der Stadt Lienz durchgeführten Handelsstruktur- weg Dolomiten ohne Grenzen. Gäste und Einheimische analyse zeigen: Der Einkaufsstandort Lienz (dieser bewegen sich verstärkt zwischen den Regionen des SÜD umfasst neben der Stadtgemeinde Lienz auch die Um- ALPEN RAUMs, um solche Sport- und Freizeitangebote landgemeinden) zieht im Bereich der mittelfristigen grenzübergreifend zu nutzen. Bedarfsgüter 29 nicht nur Kunden aus dem Bezirk Ost- tirol an, sondern auch aus dem Möll-, Drau- und Gailtal (Kärnten) sowie aus großen Teilen des Südtiroler Pus- tertals. 27 Statistik Austria (2020): Abgestimmte Erwerbsstatistik 2018 - Erwerbspendler/-innen nach Pendelziel, Gemeinde Lienz. 28 Oskar Januschke (2014): Agglomerationspolitik im ländlichen Raum. Widerspruch oder tragfähige Zukunftskonzeption. 29 Zu den mittelfristigen Bedarfsgütern zählen unter anderem Elektronikgeräte, Spielwaren, Sportartikel, Bücher, Bekleidung, Schuhe und Kosmetikartikel. 30 Oskar Januschke (2014): Agglomerationspolitik im ländlichen Raum. Widerspruch oder tragfähige Zukunftskonzeption. S. 58. 31 Oskar Januschke (2014): Agglomerationspolitik im ländlichen Raum. Widerspruch oder tragfähige Zukunftskonzeption. 14
DER SÜD ALPEN RAUM Das Potential Gleichzeitig liegen in diesen Regionen aber auch ähnliche Potentiale wie im Kernraum des SÜD AL- Erweiterungsraum PEN RAUMs: • eine kleinstrukturierte Wirtschaft, die eine Belluno und Friaul große Unternehmens- und Branchenvielfalt bietet, • kostbare Naturschätze, die sowohl wegen ihrer Wie oben bereits erwähnt, ist der SÜD ALPEN RAUM touristischen Bedeutung als auch aufgrund der keine in sich abgeschlossene Region. Aufgrund der dort vorhandenen Biodiversität schützenswert gemeinsamen Geschichte, der daraus resultieren- sind, den engen Verflechtungen sowie der bestehenden • ein breites kulturelles und historisches Erbe, Kooperationsstrukturen (Euregio Senza Confini und • ein umfangreiches Gesundheits- und CLLD-Regionen Dolomiti Live und HEurOpen) liegt Sozialsystem sowie es nahe, dass der SÜD ALPEN RAUM formell noch um • ein breites Bildungsangebot. die italienische Region Belluno und Teile Friaul-Ju- lisch Venetiens erweitert werden kann. Zudem ste- Grenzüberschreitende Kooperationen zur Förde- hen diese beiden Grenzräume ähnlichen Heraus- rung dieser vorhandenen Potentiale im SÜD ALPEN forderungen gegenüber wie der Großteil des SÜD RAUM sowie Belluno und Friaul-Julisch Venetien ALPEN RAUM Kernraums: werden daher zukünftig entwickelt und gefestigt. • einem Bevölkerungsrückgang gepaart mit einer voranschreitenden Alterung der Einwohner, • einer alpinen Lage und den damit einhergehenden infrastrukturellen Herausforderungen sowie • den Auswirkungen des Klimawandels, die durch zunehmende extreme Wetterereignisse sichtbar und spürbar werden. 15
Das Leitbild – Diese Zusammenhänge berücksichtigend wurde von einer Steuerungsgruppe, zusammengesetzt aus Ver- Inhalt und tretern der LEADER- und Regionalmanagements des Südtiroler Pustertals, Osttirols und Oberkärntens sowie Vertretern der Städte Bruneck und Lienz, ein Leitbild systemische erarbeitet, das nachstehend in Auszügen abgebildet wird: Herangehensweise BEDARF IN EUROPA: EIN WIR-BEWUSSTSEIN ENTWICKELN – GELEBTE KOOPERATIONEN! Regionen als Entwicklungseinheiten neu zu definie- Die europäische und globale Entwicklung hat sich in ren, ist eine herausfordernde und langfristige Auf- den letzten Jahren durch eine gelungene wirtschaft- gabe. Dabei zeigen geschichtliche Beispiele, dass ein liche Vernetzung ausgezeichnet. Gleichzeitig bestehen Zusammenfügen von bestehenden Regionen oder Län- noch Herausforderungen: Das Bewusstsein für den dern zu einem neuen Ganzen schwierig ist. Der Grund regionalen Beitrag zu einem starken Europa muss ge- für das Versagen von „Regionskonstruktionen“ liegt stärkt werden, in vielen Bereichen herrscht Konkur- meist in der Nichtbeachtung systemischer Zusam- renzdenken vor. Gleichzeitig ziehen „Metropolräume“ menhänge. Denn ein offenes System (z.B. SÜD ALPEN Human- und Finanzkapital aus dem „ländlichen Raum“ RAUM) leitet seine Identität nicht aus den zusammen- ab. Es fehlen gut funktionierende regionale und grenz- hängenden Subelementen (z.B. Teilregionen) und de- übergreifende „Governance-Systeme“, die die Idee des ren Beziehungsstrukturen ab, sondern aus seiner be- Miteinander fördern und für echte Kooperation über darfsorientierten Funktion, welches es als Bestandteil politisch-administrative Grenzen hinaus sorgen. einer größeren Systementität (z.B. Alpenraum, EU…) einnimmt32. Vereinfacht formuliert bedeutet das: Das Wollen wir gemeinsam Erfolge generieren, brauchen Erarbeiten von Kooperationspotentialen zwischen den wir ein starkes Wir-Bewusstsein: Wir erkennen die Regionen sowie das Heben von Synergieeffekten formt eigenständige Kraft einzelner Regionen und ihre Mit- nicht die Identität einer Region aus. verantwortung für Europa über die eigenen Grenzen hinaus. Eine stabile „Daseinsberechtigung“ für den SÜD ALPEN RAUM lässt Gelungene Kooperationen sollen sich nur aus einem größeren interessante Planungsräume Zusammenhang ableiten. entstehen lassen, die nicht an administrativen Grenzen haltmachen, sondern die Realität – das alltägliche Leben – abbilden. 32 Kambiz Poostchi (2013): Der Sinn für das Ganze. 16
DER SÜD ALPEN RAUM MISSION: SÜD ALPEN RAUM – EINE INNOVATIVE, UNSERE WERTE: MENSCHLICH. STARKE ZUKUNFTSREGION! AUTHENTISCH. WELTOFFEN. Mit gebündelten Ressourcen und Fähigkeiten, ge- Unsere gelebten Werte prägen unsere innere Haltung, meinsamen Zielen und belebenden Unterschieden unser Denken und unsere Beziehungen. Sie gelten als schaffen wir einen selbstbewussten, zukunftsstif- kraftvolle Motivationsquelle und dienen als allgegen- tenden SÜD ALPEN RAUM. Wir etablieren ihn als wärtige Richtschnur unseres eigenständigen und ge- attraktiven Lebens- und Schaffensraum, in dem meinsamen Handelns. In der Zusammenarbeit im SÜD die Vergangenheit geschätzt, Selbstständigkeit ALPEN RAUM sind uns folgende Werte besonders wich- bewahrt und die Zukunft zum Wohl aller gestaltet tig: wird. • Menschliches Maß „human sized“ – realistische, verantwortungsvolle Orientierung für Qualität und SINN & ZWECK: VORBILDRAUM – Wohlgefühl MIT NACHHALTIGER ZUSAMMENARBEIT PUNKTEN! • Authentizität – mit Bewusstsein für unsere Wurzeln Wir leisten als selbstbewusste, mutige und starke Zu- • Weltoffenheit – als zukunftsorientierte Grundlage, kunftsregion eine wertvolle Arbeit. Durch die Realisie- um Vielfalt zu fördern und zu (er-)leben rung unserer visionären Mission „SÜD ALPEN RAUM“ • Tatkraft & Fleiß – als Voraussetzung für stiften wir Nutzen weit über unsere Einzelregionen hin- wettbewerbsfähige Leistungen aus. Unsere nachhaltige Zusammenarbeit leistet einen • Gemeinschaftssinn – als Basis für wertschätzende, wichtigen Beitrag im europäischen Kohäsionsprozess gelingende Kooperation und Zusammenarbeit zu einem ökonomisch, ökologisch und sozial resilien- ten Europa. Diese Werte sollen in all unseren eigenständigen und gemeinsamen Entscheidungen und Handlungen – nach CORPORATE IDENTITY (CI): „LIVING COOPERATION innen und nach außen – wahrnehmbar sein. LAB“ - STÄRKEN BÜNDELN, LERNCHANCEN NÜTZEN! Im Einsatz für den SÜD ALPEN RAUM begreifen wir uns Aufbauend auf diesem Leitbild werden u.a. die unter- als „lernende Modellregion“ europäischen Formats - schiedlichen Kommunikationsprodukte entwickelt, als „living cooperation lab“ - also als eine Region auf sowie Governancestrukturen im SÜD ALPEN RAUM auf- einem wichtigen gemeinsamen Entwicklungsweg mit gebaut. ihren Akteuren und Individuen. In diesem Prozess etablieren wir uns als innovative Zukunftsregion und agieren als lernender Lebens- und Schaffensraum, der sich als selbstbewusste, nachhaltige Vorbildregion für Kooperation in und für Europa zeigt. We lt Euro pa ol Tir Ker nr au m Sü dA lpen Raum ol dtir Sü Kä r nt en Vom Rand Abbildung 2: Vom Rand ins Zentrum ins Zentrum 17
03 Governance 18
Der Begriff Governance beschreibt, wie in einem Sys- Die europäische Regional- und tem regiert wird, also wer Entscheidungen trifft und Strukturpolitik ist geprägt von nach welchem Prinzip diese gefällt werden. Hier soll aber sofort eine Differenzierung zu klassischen hierar- wechselseitigen Abhängigkeiten chischen Strukturen und Top-Down Ansätzen gezogen und der Zusammenarbeit der werden: Governance sagt auch aus, dass verschiedene Interessen im System Gehör finden, mit den jeweiligen verschiedenen Ebenen EU, Akteuren ausverhandelt und umgesetzt werden. Damit Nationalstaaten, Bundesländer und soll die Führungsrolle nicht untergraben, sondern neu definiert werden 33. In der Europäischen Union kommt Gemeinden. Hier spricht man daher dem Governance-Ansatz eine große Bedeutung zu. von einem Multilevel Governance Dazu wurde 2001 das Weißbuch „Europäisches Regie- ren“ veröffentlicht, wodurch die Europäische Kommis- System, also dem Regieren in einem sion eine tiefgreifende Reform des Regierens in der EU Mehrebenensystem. eingeleitet hat. Folgende fünf Grundsätze werden da- bei als Bausteine guten Regierens definiert: Um Transparenz in solch einem Mehrebenensystem zu OFFENHEIT schaffen, wurden die Bausteine guten Regierens von Für ein gutes Regieren soll offen und transparent ge- der Europäischen Kommission definiert. arbeitet und kommuniziert werden. Dafür ist es wichtig zu erklären, wie Aufgaben verteilt sind und Entschei- dungen zustande kommen. Damit kann das Vertrauen in die regierenden Institutionen sowie Stakeholder ge- stärkt werden. Governance im PARTIZIPATION Um gut regieren zu können, ist es unumgänglich, Ak- SÜD ALPEN RAUM teure in den Gestaltungsprozess – also von der Kon- In den Regionen des SÜD ALPEN RAUMs bestehen be- zeptionierung bis hin zur Durchführung – miteinzu- reits verschiedene Instrumente der europäischen beziehen. Dadurch wird sowohl das Vertrauen in die Regionalpolitik, auf die in der Einleitung allgemein Entscheidungsträger erhöht als auch Maßnahmen ver- eingegangen und die im Folgenden näher beleuchtet stärkt mitgetragen. werden. Zudem wird die für den SÜD ALPEN RAUM ent- wickelte Governance präsentiert und erläutert, wie VERANTWORTLICHKEIT sich der SÜD ALPEN RAUM in die bestehenden Systeme Eine klare Rollenverteilung, die auch nach außen kom- eingliedert. muniziert wird, führt dazu, dass Verantwortung für Entscheidungen übernommen werden muss. INTERREG ITALIEN-ÖSTERREICH Der Kernraum des SÜD ALPEN RAUMS befindet sich im EFFEKTIVITÄT Fördergebiet des Kooperationsprogramms Interreg V-A Entscheidungen müssen wirksam sein, zur richtigen Italien-Österreich 2014-2020. Dieses Programm ist Zeit kommen und auf definierten Zielen und Folgeab- eingebettet in die Europäische territoriale Zusammen- schätzungen basieren. Entscheidungsgewalt muss zu- arbeit (ETZ) und wird durch den Europäischen Fonds dem auf der richtigen Ebene angesiedelt sein, damit für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Ziel von ein gutes Regieren gelingt. Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020 ist es, „die ausgewogene, nachhaltige Entwicklung sowie harmo- KOHÄRENZ nische Integration im Grenzraum zwischen Italien und Strategien und konkrete Handlungen müssen aufein- Österreich“ 35 zu fördern. Dabei werden Projekte aus ander abgestimmt und leicht nachvollziehbar sein 34. den thematischen Achsen Forschung und Innovation, Natur und Kultur sowie der Ausbau institutioneller Kompetenz und die Regionalentwicklung auf lokaler Ebene (CLLD) unterstützt 36. 33 ÖGUT (o.D.): Partizipation & Nachhaltige Entwicklung in Europa. 34 Europäische Kommission (2001): Europäisches Regieren – Ein Weißbuch. 35 Autonome Provinz Bozen – Südtirol (2019): Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020. 36 Autonome Provinz Bozen – Südtirol (2019): Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020. 19
In der neuen Programmperiode 2021-2027 wird der Fo- Ziel der EVTZ ist es, die grenzüberschreitende Zusam- kus auf folgende Themen der Kohäsionspolitik gelegt: menarbeit zu fördern und somit die Entwicklung der jeweiligen Grenzregionen voranzutreiben sowie die be- • Innovation, Digitalisierung, wirtschaftlicher stehenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wandel und Förderung von kleinen und mittleren Verbindungen zu stärken. Außerdem sollen grenzbezo- Unternehmen tragen zu einem intelligenteren gene Hindernisse für die Einwohner der EVTZ beseitigt Europa bei. werden. Durch die Umsetzung gemeinsamer Program- • Die Umsetzung des Pariser Abkommens, me und Projekte, die von der Stärkung der institutio- Investitionen in erneuerbare Energien sowie der nellen Zusammenarbeit über den Schutz des Natur- und Kampf gegen den Klimawandel schaffen ein Kulturerbes bis hin zur Verbesserung des nachhaltigen grüneres und CO2-freies Europa. Mobilitätsangebots reichen, soll dieses Ziel erreicht • Durch die Schaffung von hochwertigen werden. Es handelt sich also hierbei um ein operatives Arbeitsplätzen sowie der Förderung von Bildung, Instrument auf regionaler Ebene 39. Kompetenzen, sozialer Inklusion und Gleichheit beim Zugang zu medizinischer Versorgung entsteht CLLD-REGIONEN „DOLOMITI LIVE“ UND „HEUROPEN“ ein sozialeres Europa, das die Europäische Der Achse „Regionalentwicklung auf lokaler Ebene“ im Säule sozialer Rechte umgesetzt. Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020 kommt be- • Die Unterstützung lokaler Entwicklungsstrategien sondere Bedeutung zu: und nachhaltiger Stadtentwicklung führt zu einem bürgernäheren Europa 37. Der CLLD-Ansatz (Community Led Die Prioritätsachsen des Programms Interreg VI-A Ita- Local Development) ist eine neue lien-Österreich 2021-2027 umfassen darauf basierend die Themen Initiativen zur Unterstützung von Innova- Governance-Struktur, die darauf tion und Unternehmen, Klimawandel und Biodiversi- setzt, dass die lokale Bevölkerung tät, Initiativen zur Lokalen Entwicklung (CLLD) sowie Initiativen zur Unterstützung von Governance-Maß- die Regionalentwicklung nahmen. vorantreibt. Erreicht werden soll das Ziel von Interreg durch den Es wird davon ausgegangen, dass die Einheimischen Abbau grenzbezogener Hemmnisse, den Aufbau grenz- sowie die örtlichen Organisationen und Institutionen überschreitender Kooperationen, die Steigerung der am besten wissen, was die Region braucht, um ein at- Wettbewerbsfähigkeit sowie die Erhöhung von Lebens- traktiver Lebensraum und wettbewerbsfähig zu sein. qualität und Attraktivität der Grenzregionen38. Es handelt sich somit um einen Bottom-Up-Ansatz, der auf Partizipation und Inklusion verschiedenster lokaler EUROPAREGION TIROL-SÜDTIROL-TRENTINO UND Interessensträger setzt. Im SÜD ALPEN RAUM gibt es EUREGIO SENZA CONFINI zwei CLLD-Gebiete, Dolomiti Live und HEurOpen. Die Europäischen Verbünde für territoriale Zusammen- arbeit (kurz EVTZ) stellen ein weiteres Instrument der Dolomiti Live, getragen vom Regionsmanagement Ost- Kooperation auf europäischer Ebene dar. Im SÜD ALPEN tirol, umfasst neben ebendiesem das Regional Manage- RAUM befinden sich zwei dieser EVTZ: die Europaregion ment LAG Pustertal sowie GAL Alto Bellunese. Die drei Tirol-Südtirol-Trentino und die Euroegio Senza Confi- Regionen arbeiten bereits seit dem Jahr 2000 grenz- ni, die Regionen Kärnten, Friaul-Julisch Venetien und überschreitend zusammen. Die CLLD-Region HEurOpen Venetien umfasst. Somit sind die Verwaltungen der wurde im Jahr 2014 ins Leben gerufen und besteht aus jeweiligen Bundesländer (Österreich) bzw. Regionen der LAG Region Hermagor sowie GAL Open Leader (Ge- (Italien) zuständige Vertreter in diesen EVTZ. Beide monese, Canal del Ferro e Val Canale) und GAL Euro- Zusammenschlüsse basieren auf der gemeinsamen leader (Carnia) 40. Geschichte und der daraus resultierenden engen Ver- flechtungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. 37 Autonome Provinz Bozen – Südtirol (2019): Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Förderperiode 2021-2027. 38 Autonome Provinz Bozen – Südtirol (2019): Interreg V-A Italien-Österreich 2014-2020. 39 GECT Euregio Senza Confini (o.D.): EVTZ Euregio Senza Confini. 40 GAL und LAG stehen für die Lokalen Aktionsgruppen, die in der jeweiligen Leader-Region für die Umsetzung der lokalen Entwicklungsstrategien zuständig sind. 20
GOVERNANCE Beide CLLD-Regionen haben ihre eigene Entwicklungs- SÜD ALPEN RAUM strategie erarbeitet, die die Ziele für eine nachhaltige Wie auch bei der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino Entwicklung sowie die darauf basierenden Maßnahmen und der Euroegio Senza Confini basiert der SÜD ALPEN enthalten. In den beiden CLLD-Gebieten im SÜD ALPEN RAUM auf der gemeinsamen Geschichte und der dar- RAUM sind die Rahmenbedingungen und die damit aus resultierenden gesellschaftlichen, kulturellen und verbundenen Herausforderungen sehr ähnlich. Das wirtschaftlichen Verflechtungen. Hauptziel ist daher in beiden Regionen die Förderung des innovativen, nachhaltigen und inklusiven Wachs- Ziel des SÜD ALPEN RAUMs ist es, diese engen Beziehungen tums. Dolomit Live und HEurOpen setzen dafür in der durch grenzüberschreitende Kooperation zu stärken und Periode 2014-2020 ähnliche Schwerpunkte: gemeinsam einen attraktiven Lebens- und Schaffensraum zu etablieren. Dafür wurde ein erster Vorschlag für ein eige- • Steigerung der wirtschaftlichen Innovation und nes Governance-System entwickelt, das in Abbildung 2 bild- des Wirtschaftspotentials lich dargestellt wird. • Erhalt und Inwertsetzung des naturräumlichen und kulturellen Potentials Mit diesem Governance-Modell sollen die beschriebenen • Stärkung im Bereich neuer sozialer Bedürfnisse und Grundsätze des guten Regierens erfüllt werden. Auf der SÜD soziale Inklusion ALPEN RAUM Konferenz, die einmal pro Jahr stattfindet und • Institutionelle Kooperation und integrierte an der Stakeholder wie z.B. Gemeinden, Tourismusorganisa- Strategien 41. tionen, Interessensvertreter und die Regional- und LEADER- Managements aus dem SÜD ALPEN RAUM teilnehmen, wird CLLD-Gebiete stellen somit die lokale Ebene im Mehr- die strategische Richtung festgelegt. Zudem bestellen die ebenensystem und ein operatives Instrument der Teilnehmer der Konferenz den SÜD ALPEN RAUM Rat. Dieser grenzüberschreitenden Zusammenarbeit dar. stellt das Steuerungsgremium dar und kommt vier Mal pro Jahr zusammen. Der Rat setzt sich z.B. aus einem Vertreter pro EVTZ, je einem Vertreter pro Region und je einem Vertre- Der SÜD ALPEN RAUM sieht ter aus den beiden CLLD-Regionen zusammen. Während die sich als regionales Instrument Konferenz als strategisches Instrument dient, stellt der Rat, der eng mit dem SÜD ALPEN RAUM Management zusammen- der grenzüberschreitenden arbeitet, die operative Ebene dar. Im Rat werden Aktivitäten Zusammenarbeit ähnlich eines und Ressourcen festgelegt, um das oben genannte Ziel der verstärkten grenzübergreifenden Kooperation zu erreichen. Europäischen Verbunds für Die Aufgabe des SÜD ALPEN RAUM Managements ist es territoriale Zusammenarbeit (EVTZ). dann, diese Maßnahmen umzusetzen und zu begleiten. Süd Alpen Raum RAT E b e n e Treffen 4x pro Jahr Süd Alpen Raum KONFERENZ Treffen 1x pro Jahr 1 Vertreter pro EVTZ 1 Vertreter pro Region plus Städte Mitglieder: Tourismusorganisationen 1 Vertreter pro CLLD Region Kommunen, LAGs/RMOs, Verbände Steuerungsgremium bestellt Rat bestimmt Instrumente + Ressourcen bestimmt strategische Richtung F o r m e l l e enge Zusammenarbeit mit Mangement Süd Alpen Raum MANAGEMENT 1 Person plus Unterstützung von Mitgliedern Kommunikation/Koordination/Umsetzung von Maßnahmen koordiniert + bereitet für Rat vor Informelle Thematische Arbeitsgruppen Süd Alpen Raum TAG Ebene Klausuren Veranstaltung 1x pro Jahr Entwicklung von Projekten Information + Kommunikation Abbildung 3: Governance im SÜD ALPEN RAUM (Entwurf Stand April 2021) 41 CLLD-Region Dolomiti Live: CLLD-Strategie Dolomiti Live; CLLD-Region HEurOpen: CLLD-Strategie HEurOpen 21
Sie können auch lesen