Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg

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Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
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                               Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen

Gabriele Viecens:
Talente gesucht

Andreas (Andrej) Lampichler:
Das Bildungshaus war
meine Lebensschule
Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
Editorial

                              LUCIA GREINER
                              Leiterin des
                              Seelsorgeamtes der
                              Erzdiözese Salzburg
                                                           Inhalt
                                                                                              8          PFARRGEMEINDERÄT*INNEN SIND
                                                                                                         EIN GROSSER SCHATZ DER KIRCHE
                                                                                                         Klara Csiszar und Christian
                                                                                                         Friedrich Bauer: „Der Reich­
DIE PGR-WAHL KOMMT SEHR GELEGEN
                                                                                                         tum der Kirche sind ihre

D
   ie Corona-Pandemie hat unser Leben per­                                                               Menschen.“
   sönlich, in Kirche und Gesellschaft durch­
   einander gebracht. Die Wahlvorbereitung
   bietet die Möglichkeit, die Arbeit in den Pfar­
                                                                                              10         ALLE GETAUFTEN SIND BERUFEN
                                                                                                         Informationen rund um die
ren zu sichten und neu geordnet auf den Weg zu                                                           Pfarrgemeinderatswahl am
bringen. Was ist uns wichtig geworden, was war                                                           20. März 2022.
belastbar? Was können wir getrost weiter sein
lassen, nicht nur wegen Corona? Was ist in den
Blick gekommen? Über all das lohnt es sich
                                                                                              14         VIELFÄLTIG, OFFEN, ENGAGIERT …
                                                                                                         Von den Onlineforen gingen
nachzudenken, um mit den Menschen in eine                                                                starke Impulse aus. Neues
neue PGR-Periode aufzubrechen.                                                                           kann entdeckt werden, wenn
                                                                                                         der Blick sich von der Ver­
Die PGR-Wahl kommt auch deshalb sehr gele­
                                                                                                         gangenheit in die Zukunft
gen, weil Papst Franziskus mit einer Bischofs­
                                                                                                         richtet.
synode die Synodalität der Kirche selbst unter
dem Blickwinkel von „Communio – Partizipati­
on – Mission“ beraten will. Die Diözesen in                                                   16         JUGEND UND PGR –
                                                                                                         GEHT DAS Z’AM?
Österreich können mit dem „Pfarrgemeinde­
                                                                                                         Wer junge Menschen in der
rat“ eine lokale synodale Einrichtung vorweisen.
                                                                                                         Pfarre beteiligen will, muss
Der PGR birgt reiche Erfahrungen an Gelun­
                                                                                                         das aktiv betreiben.
genem und an Schwierigem mit dem „Kirche
Sein am Ort“.
Die Pfarre ist ein guter Raum, um den Glauben
                                                                                              18         GUTE GEMEINSCHAFT
                                                                                                         Neun Porträts spiegeln
konkret zu leben! Der Pfarrgemeinderat macht                                                             Vielfalt.
diesen Glauben lebendig, schafft Gemeinschaft
und verschenkt Kraft und Können für den Auf­
bau des Gottesreiches! Trotz aller Anstrengung             Medieninhaber, Herausgeber, Verleger und Sitz der Redaktion:
wünsche ich viel Freude beim Entdecken des                 Seelsorgeamt der Erzdiözese Salzburg, Gaisbergstraße 7, 5020 Salzburg. kontakt
Möglichen!                                                 dient der Information und dem Austausch zwischen Christinnen und Christen über
                                                           die pastorale Praxis. Redaktion: Klaudia Achleitner, Maria Herbst, Christina Repolust,
Lucia Greiner, Seelsorgeamtsleiterin                       Sebastian Schneider, Irene Unterkofler. Kontakt: christina.repolust@eds.at.
                                                           Samson Druck, St. Margarethen.

                                MITTEN AM RAND
                                So schnell heißt es, man müsse über den Tellerrand blicken. Man solle, so heißt es,
                                an die Ränder gehen. Dazu braucht es eine innere Landkarte: Wo genau ist die Mitte,
                                in welcher Mitte wollen bzw. sollen wir sein? Die Ausgabe, in der Sie gerade blättern,
                                wird auch der Wahlmappe zur Pfarrgemeinderatswahl beigelegt: Daher haben wir
                                Kolleginnen und Kollegen aus den Diözesen um ihre Beiträge gebeten, Vielstimmig­
                                keit und Vielfalt eingeholt. „Mir ist bewusst geworden, wie viele Menschen bereit
                                sind, Zeit und Energie einzusetzen für ‚ihre’ Kirche“, schrieb mir Gabriele Viecens
                                als Resümee ihres Onlineforums. Und das genau ist jene Sichtweise auf Kirche,
                                Leben und Gemeinschaft, die uns heiter und zuversichtlich macht, uns ein Lächeln
                                ins Gesicht zaubert.
                                Im Namen der Redaktion wünsche ich Ihnen einen erholsamen Urlaub,
                                einen schönen Sommer! Ihre Christina Repolust

2                                                                                                                           kontakt 94 | Juli 2021
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Galerie

                                                   GALERIE JULI 2021

           mittendrin – Vielfalt zeigen – mit Worten spielen
          Bald werden die Schaukästen in den Pfarren in Österreich zur Galerie. Fotos mit dem Pfarrgemeinde­
          rats-Logo, darauf der Schriftzug „mittendrin“ werden um die Aufmerksamkeit der Passantinnen und
         Passanten ringen. In diesem Kontakt stellen wir Ihnen, liebe Leser*innen, einige der Sujets vor, manche
         kennen Sie vermutlich bereits von diversen Websites: Spielen auch Sie mit diesem so vielfältigen Begriff
           „mittendrin“. Wenn ein Foto irritiert, ein Plakat zum Stopp vor dem Schaukasten provoziert, dann
                      haben Foto und Plakat ihr Ziel – und das heißt „Aufmerksamkeit“ – erreicht.

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                              3
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Pfarrgemeinderats-Wahl

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                                                                       JOHANNES PESL
                                                                       ist Theologe und Referent für
                                                                       Pfarrgemeinderäte in der Erz­
                                                                       diözese Wien. Er begleitet seit
                                                                       vielen Jahren Pfarren und unter­
                                                                       stützt sie in ihrer Entwicklung.
                                                                       Als erfahrener Supervisor und
                                                                       Gemeindeberater sind seine
                                                                       Kompetenzen hier sehr gefragt.
                                                                       Sein guter Blick für die Weiter­
                                                                       entwicklung von Strukturen,
                                                                       damit die Menschen darin
                                                                       arbeiten und sich entfalten
                                                                       können, hat schon Vielen neue
                                                                       Perspektiven eröffnet.

         Pfarrgemeinderat

        Der Kirche heute
        Gestalt geben
         Auf den ersten Blick geht es im PGR um die Organisation des
         Pfarrlebens. Darum, die Gruppen der Pfarre zu organisieren,
         auf die Bedürfnisse der Pfarrmitglieder durch entsprechende
         Angebote zu reagieren. Die Grundaufgaben der Pfarre, die
         Feier der Sakramente und die Feste der Pfarre sollen gut
         vorbereitet und beworben sein. Geht es um mehr? Welche
         Aufgabe habe ich als Pfarrgemeinderat eigentlich?

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DIE PFARRE IST DIE GEMEINSCHAFT DER      der Erfahrung auf ihrem Weg der
GLÄUBIGEN AN EINEM BESTIMMTEN ORT        Nachfolge Jesu. Für die Beratungen
und diese Gemeinschaft findet und        im Pfarrgemeinderat ist diese ihre
pflegt ihre Formen, die ihre Identität   wichtigste Quelle und Ressource, um
als christliche Kirche ausweisen.        den Weg der Pfarre in die Zukunft gut
Manche sind seit den Anfängen der        gestalten zu können. Nur wenn die
Kirche bestehend, manche entstehen       „Antwort“ der Kirche auf die seelisch-
weil es die Menschen, die zur Kirche     emotionale Situation der Menschen
gehören, erfordern oder nahelegen.       eingehen kann, vermag sie verstan­
Um den Glauben in das Leben zu           den zu werden. Dazu braucht es die
„übersetzen“, um in der jeweiligen       Erfahrung einer Glaubensperspekti­
Zeit „christlich leben“ zu können,       ve in konkreter Begegnung.
braucht es das Zusammenspiel von         Im Pfarrgemeinderat als Gremium
bewährten Vollzügen, in denen sich       und in den Ausschüssen geht es um
der Glaube von Generationen „ver­        „Pastoral“ – die Gestaltung der Pfarre
dichtet“ hat, aber auch Sprache und      als Ort, an dem Menschen von heute
Zugänge, die den Anforderungen der       jene Unterstützung finden, die sie für
                                                                                                            Foto: a.hofman
Gegenwart entsprechen. Der Pfarrge­      die Entfaltung ihres Glaubens erwar­
meinderat ist ein Kreis von Personen,    ten oder brauchen. Im Gremium soll       JOHANNES PESL
der zu beraten hat, wie das Bewährte     daher auch organisiert, geplant, um­
auf seine bleibende Bedeutung für        gesetzt und kreiert, ins Leben geru­     brauchten Wort von „Intimität“ spre­
ein christliches Leben „erschlossen“     fen werden, damit die Kirche ihren       chen: Pfarrgemeinderäte bekommen
werden kann und auf welchen (neu­        Auftrag auch heute erfüllen kann.        die Glaubenswirklichkeit „aus näch­
en) Wegen das Leben von Christinnen      Unterschiedliche Talente wird es da­     ster Nähe“ mit – Stärken und Schwä­
und Christen heute konkrete Gestalt      bei geben, die anpacken und nach­        chen, persönliche Lebens- und Glau­
annimmt bzw. auf der Grundlage des       denken, der Lebenswelt Junger oder       benswunden der Mitglieder im
Evangeliums annehmen müsste.             Älterer nahestehen, in der Wirtschaft    Gremium, die Freuden, Sorgen und
Dies ist gegenüber Planung und Or­       „ihre Frau“ stellen; ein gutes Gespür    Nöte des Pfarrers in der Ausübung
ganisation eine offene Aufgabe; es ist   für Gottesdienstgestaltung haben,        seines Amtes. Sie entwickeln einen
Teilhabe an der Seelsorge, am missio­    technische Probleme lösen, Gemein­       Blick „von innen“, wo die Wunden
narischen Auftrag der Kirche.            schaft stiften, organisieren. Mit den    und Nöte der Kirche liegen, wo sie
                                         eigenen Talenten die Kirche mitzuge­     versagt und an ihrem Auftrag „an­
                                         stalten, die in der Not anderer den      steht“. Denn in den Sitzungen, im ge­
Der PGR: eine Aufgabe                    Aufruf Jesu erkennt, die Wunden zu       meinsamen Arbeiten öffnen sich alle
in zwei Dimensionen                      verbinden; die sich für Gerechtigkeit,   mit ihrer Lebenswirklichkeit. Man ist
                                         Frieden und Schöpfungsverantwor­         eben „mittendrin“, nicht einfach be­
Zuerst also ist in unserer schnell­      tung in unserer Welt engagiert; die      obachtend. Doch nur aus dieser in­
lebigen Welt zu erkunden, was Men­       auch in Menschen ohne Kontakt zur        timen Kenntnis kann zum Tragen
schen heute bewegt, welche Erfah­        Kirche die Spuren des Evangeliums        kommen, dass es etwas Verbindendes
rungen und Zugänge zu den                sehen und in Beziehung treten kann.      gibt, das die volle menschliche Wirk­
we­­
   sentlichen Fragen des Mensch­         Bewährtes und Neues wird durch           lichkeit einschließt und zugleich
seins sie prägen. Welche Sorgen,         den Pfarrgemeinderat in das Leben        übersteigt. Dem Evangelium dürfen
Ängste und Hoffnungen für die            der Pfarre gefügt, um einen für die      wir entnehmen, dass Jesus stets diese
Menschengemeinschaft tragen sie in       Menschen von heute anziehenden           volle menschliche Wirklichkeit sucht
sich? Um diesen in ihrer Unterschied­    Rahmen zu schaffen, in dem sie ihren     und mit der Kraft Gottes in Berüh­
lichkeit nachkommen zu können, ist       Weg zu Gott finden und sich in ihrer     rung bringt. So geht es auch für die
jedes Mitglied im Pfarrgemeinderat       Lebenswelt christlich engagieren –       Kirche in unserer Zeit durch alle Leis­
ganz persönlich angefragt, „bei den      durch die gläubige Gemeinschaft der      tungen und Ergebnisse, durch effizi­
Menschen“ zu sein – im Gespräch, im      Pfarre gestärkt.                         entes Umsetzen von Projekten und
lebendigen Austausch, bestärkend,                                                 Reformen hindurch um die Erfah­
antwortend oder mit-fragend, mit-                                                 rung einer Verbundenheit, die aus
leidend, mit-engagiert. Pfarrgemein­
                                         Berufen, in Gemeinschaft                 der intimen Kenntnis des Anderen
deräte/innen sind zuerst Seelsorger/     mit Jesus zu sein                        das Wort zu sprechen vermag, das
innen in ihrer eigenen Lebenswelt                                                 heilt und aufrichtet; jenes Wort nach
von Familie, Beruf und sozialem Um­      Alles lässt sich zusammenfassen als      dem auch die Welt sich sehnt und das
feld. Diese Identität haben sie nicht    Ausfaltung, was es heißen kann, in       immer neu zu beraten ist, um in be­
aus einer „Fachkompetenz“, sehr          Beziehung zu Jesus zu leben. Man         währtem oder neuem Wirken der
wohl aber als Jünger/innen und Kraft     könnte mit einem einseitig ver­          Pfarre sich den Weg zu bahnen.

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                       5
Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
Pfarrgemeinderats-Wahl

    Zur Person

    GABRIELE VIECENS,
    Pädagogin und Diplom-
    Über­setzerin, ist Referentin
    für Lokale Kirchenent­
    wicklung. Sie ist überzeugt
    davon, dass Menschen
    gern entdecken, was in
    ihnen steckt: Charismen zu
    entdecken und zu entfalten
    sieht sie als persönlichen
    Reifungsweg – das ist die
    Chance für den Einzelnen
    und für die Weiterent­
    wicklung der Pfarren.

            Talente gesucht
            Kirchenentwicklung mit Visionen
             Menschen schenken „ihrer“ Kirche Zeit und Energie. Diese
             Erkenntnis greift Gabriele Viecens auf, wenn sie über den
             Paradigmenwechsel in der kirchlichen Landschaft spricht. Ihr
             geht es um die Charismen der Menschen, die, so die Expertin,
             „einfach entdecken wollen, was in ihnen steckt und was das
             in der Praxis für sie bedeuten könnte“.

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Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
Charisma, Begabung, Talent. Das alles        zu laufen, diese auszunutzen? Es sagt         Kirchenentwicklung nicht darum, die
bringen Menschen mit, die sich in den        sich ja auch immer leicht, man solle etwas    Pfarrgemeinde als einzige kirchliche
Pfarren engagieren. Wie differenzieren Sie   aufgeben, konkret ist das meist auch          Form am Leben zu halten, sondern es
diese Begriffe? Wenn sich Menschen auf       mit leichtem bis heftigem Schmerz             geht um das Entdecken und Entwickeln
die Suche nach ihren eigenen Talenten,       verbunden.                                    auch anderer kirchlicher Sozialformen,
ihren besonderen Begabungen und                                                            die aus den Gaben der Menschen
                                             VIECENS: Das ist in der Tat die entschei-
Charismen machen, suchen Sie da wirklich                                                   wachsen, die sie einbringen wollen,
                                             dende Frage – und man muss ehrlich
als erstes eine Pfarre auf, um sie hier zu                                                 und nicht aus den Aufgaben, die sie er-
                                             sein, das gelingt nicht immer. Da ist
entdecken? Wie begleiten Sie Menschen                                                      ledigen sollen.
                                             noch ein langer Weg zu gehen. Seit ei-
auf dieser Spurensuche?
                                             nigen Jahren mache ich Fortbildungen
                                                                                           Sie sind in Ihrem Online-Forum mit
GABRIELE VIECENS: Ich gehe da sehr           zu diesem Thema hauptsächlich im
                                                                                           zahlreichen Teilnehmer*innen aus sehr
pragmatisch vor, außer natürlich in          Bereich der Fortbildung von Hauptamt-
                                                                                           unterschiedlichen Pfarren bzw. Pfarr­
den Priesterfortbildungen. Aber ganz         lichen – Priester, Gemeinde­referent*innen,
                                                                                           verbänden ins Gespräch gekommen,
ehrlich: Menschen, die ihre Gaben            Seminaristen, usw. Denn genau auf
                                                                                           haben die Stimmung wahrgenommen.
entdecken wollen, die haben in der           diesen Personenkreis kommt es an:
                                                                                           Was veränderten diese Dialoge in Ihrer
Regel kein Interesse an mehr oder we­        was für ein Kirchenbild haben sie? Ver-
                                                                                           Sichtweise auf PfarrgemeinderätInnen,
niger spitzfindigen theologischen            stehen sie ihre Rolle als Ermöglichen-
                                                                                           Engagierte in der Kirche?
Differenzierungen, die wollen einfach        de, die Türöffner sind, damit Menschen
entdecken, was in ihnen steckt und           die ihnen geschenkten Gaben ent­              VIECENS: „Mir ist – wieder einmal – be-
was das in der Praxis für sie bedeuten       falten und ins Spiel bringen können?          wusst geworden, wie viele Menschen
könnte. Die Talente, die Potentiale,         Oder sehen sie sich eher als das              bereit sind, Zeit und Energie einzuset-
die hat Gott doch zunächst einmal in         „Zentrum des Sturms“, von wo aus Auf-         zen für „ihre“ Kirche.
jeden Menschen hineingelegt, so wie          gaben delegiert werden, weil man es           Geschärft hat sich mir aber wieder der
eine Verheißung für ein gelingendes          selber nicht mehr schafft? Das ist ein        Blick auf den Paradigmenwechsel in
Leben für sich selber und für andere.        veritabler Paradigmenwechsel und              unseren kirchlichen Landschaften. Wir
Die Gaben, bzw. die Charismen – die          einiges wird sterben, aber schon jetzt        stecken mittendrin! Das Engagement
bezeichne ich gerne als das „mehr“.          entsteht auch Neues. Doch ich denke,          von vielen ist – verständlicherweise –
                                             wir haben noch ein gutes Stück des            sehr geprägt von dem Bild von „mei-
Was bedeutet dieses „Mehr“? Wie gelingt
                                             Weges vor uns.                                ner“ Kirche, stößt aber immer wieder
es, Menschen dafür zu interessieren,
                                                                                           zusammen mit der Ahnung, dass ein
diesem „Mehr“ auf die Spur zu kommen,        Was bedeutet „lokale Kirchenent­
                                                                                           „Weiter so!“ nicht machbar ist. Wie
in einem Lifestyle der Selbstoptimierung     wicklung“ konkret? Wie lässt sie sich
                                                                                           aber kann es dann gehen? Wer beglei-
sind Begriffe wie „Gaben“ bzw. „Charis-      in der kirchlichen Landschaft – oder in
                                                                                           tet und unterstützt da? Das habe ich
men“ doch in Gefahr, bei all den Selbst­     unseren kirchlichen Landschaften –
                                                                                           als Frage, aber auch als Wunsch, deut-
optimierungsangeboten unterzugehen?          verorten?
                                                                                           lich wahrgenommen.“
VIECENS: Charismen, bzw. Gaben zu            VIECENS: Lokale Kirchenentwicklung –
entdecken und zu entfalten, das ist          ja, das ist bei uns in Hildesheim mittler-
                                                                                                                         Buchtipp
doch ein persönlicher Reifungsweg, der       weile die pastorale Linie des Bistums
auf dem, was in mich hineingelegt ist,       und ein bewusst gestalteter geistlicher
aufbaut. Das „mehr“ entsteht dann,           Prozess. Dieser Prozess hat einen lan-
wenn ich mich in den Dienst rufen, bzw.      gen Atem gebraucht und braucht ihn
nehmen lasse – zum Aufbau des Rei-           nach wie vor. Im Mittelpunkt steht, wie
ches Gottes. Also in einem sehr weiten       das Leben der Kirche an einem kon-
Sinn. Ja, und ich bevorzuge – und das        kreten Ort in Zukunft mit den Men-
tue ich auch – eher den Begriff „Gaben“      schen, die dort leben, gestaltet werden
zu nehmen als Charismen, weil, gerade        kann. Das ist das „lokale“. Aber damit
im katholischen Raum, sehr stark die         kein Missverständnis entsteht: es geht
Gefahr einer Engführung besteht. Dann        hier nicht um ein binnenkirchliches Ge-        Von Missverständnissen
sind wir oft ganz schnell bei Paulus und     schehen, sondern wir denken auch hier,         und Fallstricken
nur da, aber wir sind ins Heute gerufen      in der Perspektive des Reiches Gottes.         Kirchenentwicklungen –
und da ist der Begriff „Gaben“ einfach       So sind z.B. in unserem Bistum in vielen       Eine neue Sichtweise
aus meiner Sicht stärker andockbar. Im       Pfarreien „Teams gemeinsamer Ver-              von Christian Hennecke und
Grunde aber geht es bei diesen beiden        antwortung“ entstanden. Das sind               Gabriele Viecens
Begriffen um dasselbe.                       Menschen, die sich an einem konkreten          Buch kartoniert, Paperback
                                             Kirchort für die Belange genau dieses          146 Seiten, Deutsch
Schnell entsteht der Eindruck, „ein­         Ortes (und nicht der Gesamtpfarrei!)           Echter Verlag GmbH
kassiert“ zu werden. Wie gelingt es,         einsetzen und dort ihre Gaben einbrin-         erschienen am 25.2.2019
die Talente zu sehen, aber nicht Gefahr      gen. Es geht aber eben bei der lokalen

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                               7
Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
Dialogforum

Pfarrgemeinderät*innen sind
ein großer Schatz der Kirche
Die Linzer Pastoraltheo­login
Klara Csiszar und ihr Inns-
brucker Kollege Christian

                                                         H
Friedrich Bauer haben sich                               	err Professor Bauer, was machten         Wenn Sie auf Menschen zugehen, etwa
beim österreichweiten                                      Ihnen die Dialogforen mit den            in der „Kultur-Bäckerei“ in Innsbruck,
Pfarrgemeinderats-                                         Pfarrgemeinderät*innen bewusst           und mit ihnen ins Gespräch kommen, wie
Kongress, der online statt-                                bzw. bewusster?                          lange dauert es denn, bis Sie beim Thema
fand, mit Pfarrgemeinde­
                                                                                                    „Glauben“ ankommen?
rät*innen aus allen Diö­                                 CHRISTIAN BAUER: „Pastoraltheologie
zesen ausgetauscht. Beide                                ist keine Einbahnstraße. In der Begeg­     BAUER: Das geht meist sehr schnell.
bekräftigen nach diesen                                  nung mit den Pfarrgemeinderät*innen        Und ganz oft denke ich mir dann im
intensiven Dialogforen                                   ist mir wieder einmal bewusst gewor­       Gespräch, was Jesus im Markus­
ihre Meinung: „Der Reich-                                den, was für ein großer Schatz diese       evangelium sagt: Du bist nicht fern
tum der Kirche sind ihre                                 für unsere Kirche sind (auch wenn es       vom Reich Gottes.“ Wir sollten nach
Menschen.                                                überall ein paar rechtskatholische         draußen, an andere als kirchlich
                                                         Dia­logverweigerer gibt). Und dass es      dominierte Orte gehen – nicht, weil
                                                         sicher gut wäre, diese digitale Ver­       die „Anderen“ dort auf uns warten,
                                                         netzung über die Pandemie hinaus           sondern weil wir die Anderen brau­
                                                         beizubehalten – im Sinne des jesua­        chen: ihre anderen Geschichten vom
                                                         nischen Miteinander-auf-dem-Weg-           Leben und damit auch ihre anderen
                                                         Seins einer immer synodaler wer­           Geschichten von Gott.
                                                         denden Kirche.“
                                                                                                    Österreichweit gestalten 40.000
                                                         Der Titel Ihres Dialogforums lautete       Pfarrgemeinderät*innen Pfarrleben.
                                                         „Sehen wir die Kirche an anderen Orten?“   Welches Argument würden Sie anführen,
                         Foto: Diözese Linz, Fürlinger

                                                         An welchen Orten sehen Sie die Kirche?     wenn wir Sie auf die Suche nach Kandi­
                                                         Welche Orte übersieht die Kirche?          datInnen für die Wahl am 20. März 2022
                                                                                                    schicken?
                                                         BAUER: Vor einigen Tagen habe ich bei
                                                                                                    BAUER: Papst Franziskus ruft uns
                                                         meiner Tochter ein Arbeitsblatt aus
                                                                                                    dazu, eine synodale Kirche zu wer­
                                                         dem Religionsunterricht gesehen. Es
                                                                                                    den. Wir müssen den Klerikalismus
                                                         ging darum, woran man die Kirche
                                                                                                    hinter uns lassen und uns als eine
KLARA CSISZAR                                            erkennt: Kirchturm, Weihwasser­
                                                                                                    Weggemeinschaft (griech. syn-odos“)
                                                         becken, Glockengeläute. Ganz an­
                                                                                                    der Nachfolge Jesu verstehen. Pfarr­­
                                                         ders eine Zeichnung mit der Über­
                                                                                                    gemeinderät*innen müssen sich zu
                                                         schrift „Where the church is“, die
                                                                                                    pfarrlichen Synodalräten weiterent­
                                                         während des ersten Corona-Lock­
                                                                                                    wickeln, in denen man offen, frei und
                                                         down viral gegangen war. Darauf war
                                                                                                    kreativ an einem gemeinsamen Weg
                                                         eine ganz normale Straße zu sehen
                                                                                                    aller Christ*innen, ja, aller Menschen
                                                         und bei einzelnen Wohnungen, Ge­
                                                                                                    vor Ort arbeitet.
                                                         schäften und Arztpraxen stand zu le­
                                                         sen: „Here“. Genau darum geht es:          Frau Professor Csiszar, Sie haben die
                                                         Kirche ist überall dort, wo Menschen       Einladung zu einem der Onlineforen
                         Foto:
Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
noch viel mehr über die Pfarrgemeinde­     „Wozu Kirche?“ Die Antwort muss           sogar als Weltkirche die Kernbot­
rät*innen im Hier und Heute gewonnen?      meines Erachtens auch auf die Pfarre      schaft unseres Daseins zum Aus­
                                           übertragbar sein. Mich beschäftigt        druck zu bringen? Wir als Kirche ha­
KLARA CSISZAR: Der Reichtum der Kir­
                                           schon sehr intensiv diese kurze,          ben ein Alleinstellungsmerkmal: Wir
che sind ihre Menschen – ich habe
                                           knappe Frage und ich freue mich,          bringen die Liebe Gottes in der Welt
immer wieder daran denken müssen.
                                           diese Frage immer wieder mit Pfarr­       in Erfahrung. Drei Wege haben wir
Mir ist dieser Reichtum offensicht­
                                           ge­meinde­rät*innen zu diskutieren        dafür: martyria, diakonia und litur­
lich geworden. So viele Menschen
                                           bzw. auch darüber meditieren zu           gia. Sehr wohl erkenne ich den Willen
sind bemüht neue Wege zu finden,
                                           können.                                   in der Kirche, die rettende und
wie sie das Licht Christi der Welt wi­
                                                                                     schöpferische Liebe Gottes erfahrbar
derspiegeln können. Sie sind interes­
                                           Welche Alleinstellungsmerkmale            zu machen und sie darzustellen.
siert und wollen in der Kirche Zu­
                                           haben Pfarren? Oder geht es gar
kunft gestalten. Manche sind                                                         Wie motivieren Sie Menschen, sich als
                                           nicht um die unverwechselbare Marke
mutiger, manche eher ängstlich, es                                                   Kandidat*innen für die PGR-Wahl 2022
                                           „Pfarre“?
waren Laien und Priester dabei,                                                      aufstellen zu lassen?
hauptamtliche und ehrenamtliche            CSISZAR: Ich finde, heute müssen wir
                                                                                     CSISZAR: Ich rate den Menschen, sich
Laien und alle haben mitgedacht. Ich       in der Kirche lernen, ein wenig unter­
                                                                                     zwei banale Fragen zu stellen. Wenn
habe unsere Zusammenkunft als              nehmerisch zu denken. Nicht kapita­
                                                                                     beide bejaht werden können, sollte
eine intensive und bunte Werkstatt         listisch, aber unternehmerisch.
                                                                                     man sich zur Wahl zur Verfügung
erlebt, war für mich eine intensive        Sicher haben wir Allein­­    stellungs­
                                                                                     stellen. Diese zwei Fragen lauten:
Kirchen-Erfahrung, wo das Ringen           merk­­male, die sich in den „veritablen
                                                                                     n	Will ich mich für das Leben und
um die Zukunft der Kirche unter dem        Kundenvorteilen“ zeigen. Was erfah­
                                                                                        die Liebe einsetzen?
Label für andere da zu sein stand.         ren Menschen, wenn sie unter uns
                                                                                     n	Glaube ich daran, dass Gott in der
                                           sind, wenn sie mit Seelsorgerinnen
Das Thema Ihres Forums lautete ein wenig                                                Welt seine Liebe erfahrbar ma­
                                           und Seelsorgern sprechen, wenn sie
provokant: Wozu Pfarre? Fragen Sie sich                                                 chen will?
                                           Statements aus der Pfarre hören,
das als Pastoraltheologin häufig?                                                    Wenn Sie beide Fragen mit „Ja“ be­
                                           wenn Sie Einladungen von der Pfarre
                                                                                     antworten, bitte kandidieren Sie un­
CSISZAR: Klar, ich stelle sie mir fast     bekommen? Wie schaffen wir als
                                                                                     bedingt!
jeden Tag und zwar in der Form             Pfarre, aber auch als Ortskirche oder                   Interview: Christina Repolust

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                        9
Zeitschrift für engagierte Christinnen und Christen - Talente gesucht Gabriele Viecens: Erzdiözese Salzburg
Pfarrgemeinderats-Wahl

Alle Getauften sind berufen
Pfarrgemeinderatswahl 20. März 2022

Die Konferenz der Pfarrge­                Christus bekennen, in das neue Volk       meinschaft im Pfarrgemeinderat? Wie
                                          Gottes berufen. Alle Getauften sind       porträtieren Sie die neuen Kandi­
meinderats­referent*innen der
                                          berufen, an der Sendung der Kirche        dat*in­nen in Wort und Bild? Wie ge­
Diözesen Österreichs bietet               mitzuwirken und die Kirche mitzuge­       lingen Interviews, in der Rolle des
auf ihrer Website www.pfarr-              stalten. Der Pfarrgemeinderat ist eine    Interviewenden, in der Rolle als Inter­­
gemeinderat.at Informatio-                strukturell abgesicherte Form, in der     viewter? Wie kommen die Plakate, be­
nen rund um die Pfarrgemein-              sich diese Mitverantwortung aus­          sonders auch die Wahlplakate, in
deratswahl am 20. März 2022.              drückt.“ (www.pfarrgemeinderat.at)        Ihrem Schaukasten am besten zur
                                                                                    Geltung? Weniger ist meis­­tens mehr!

Zur Erinnerung                            Kandidat*innen gesucht                    https://www.facebook.com/Pfarrge-
                                                                                    meinderat
                                          Wer, welche Personengruppe fehlt in
Seit über 50 Jahren wählen Katho­                                                   https://www.instagram.com/pfarrge-
                                          Ihrem Pfarrgemeinderat? Wie könnten
lik*innen in Österreich Pfarrge­mein­                                               meinderat.at
                                          Sie wen ansprechen? Die Zeit von Juli
de­rät*innen: Es gelingt, in allen Diö­                                             https://www.twitter.com/PGROE2022
                                          2021 bis Ende 2021 steht im Zeichen
zesen und damit in bei­­    nahe allen
                                          der Kandidat*innensuche. Dabei stellt     Tipps für den Bereich Öffentlichkeits­
Pfarren am selben Sonntag – 20. März
                                          sich die Frage „Wer passt zu uns? Feh­    arbeit finden Sie unter
2022 – zur Wahl einzuladen. Über 4,5
                                          len uns junge Mitglieder? Wie finden      https://www.verkuendschafter.at
Millionen Katholik*innen sind nicht
                                          wir neue Kandidat*innen?“ Wer Men­        https://www.pfarrmedien.at
nur wahlberechtigt, sondern auch
                                          schen als Kandidat*innen ge­­winnen
eingeladen, als Pfarrgemeinderat/-
                                          will, muss Klartext über den Arbeits­
rätin in der jeweiligen Pfarre zu kan­                                               Kontaktadressen
                                          umfang und -abläufe in diesem Eh­
didieren.    „Im     Pfarrgemeinderat
                                          renamt sprechen. Jede Kandidatur           ERZDIÖZESE SALZBURG:
drückt sich ein Kirchenbild aus, das
                                          unterstützt die Bedeutung des Gremi­       www.kirchen.net/wahl2017
durch das Zweite Vatikanische Konzil
                                          ums. Egal, wie Pfarren, Pfarrverbände      DIÖZESE GURK-KLAGENFURT:
wieder ins Bewusstsein gerückt wur­
                                          bzw. Seelsorgeräume ihre individu­         www.kath-kirche-kaernten.at/
de“, heißt es auf der Website www.
                                          ellen Wege des Dankens finden: Dank        pfarrgemeinde
pfarrgemeinderat.at.
                                          und Anerkennung, Ermutigung und            ERZDIÖZESE WIEN SÜD:
                                          Bestärkung wirken in die nächste           www.erzdioezese-wien.at/
Meilensteine auf dem                      PGR-Periode weiter, bei den Einzel­        Pfarrgemeinderat
                                          nen, im Gremium, in den Pfarren.           ERZDIÖZESE WIEN NORD:
Weg zur Wahl im März                                                                 www.erzdioezese-wien.at/
Pfarrgemeinderat: eine strukturell                                                   Pfarrgemeinderat
abgesicherte Form der Mitverant­
                                          Sie haben die Wahl!                        ERZDIÖZESE WIEN STADT:
wortung                                   Ab Jänner 2022 steht die Organisation      www.erzdioezese-wien.at/
Österreichweit arbeiten ca. 45.000        der Wahl und damit auch die Mobili­        Pfarrgemeinderat
Katholik*innen in den Pfarrgemein­        sierung der Wähler*innen im Zen­           DIÖZESE LINZ:
deräten, 30.000 davon sind gewählte       trum. Wann kann wo in welcher Form         www.dioezese-linz.at/pgr-wahl
Mitglieder. Um die Wahl zum gemein­       gewählt werden? So lautet die zentra­      DIÖZESE FELDKIRCH:
samen Anliegen von Haupt- und Eh­         le Frage in diesem Zeitraum.               www.kath-kirche-vorarlberg.at/pgr
renamtlichen, von Priestern und                                                      DIÖZESE EISENSTADT: www.
Laien zu machen, braucht es immer                                                    martinus.at/pfarrgemeinderat
wieder Impulse, die die Ziele und die
                                          Tipps zur Öffentlichkeits-                 DIÖZESE ST. PÖLTEN:
Bedeutung der Pfarrgemeinderats­          arbeit                                     http://pgr.dsp.at/einrichtungen/
wahl in den Mittelpunkt stellen. Wie      Die nebenstehenden Websites unter­         pgr/pgr-wahl-2017
wichtig ist der PGR mit seinen kri­       stützen Sie, liebe Verantwortliche, bei    DIÖZESE INNSBRUCK:
tischen Stimmen, mit seinem Blick         der Ideenfindung, bieten Tipps zur         www.dibk.at/pgr
auf die Menschen, mit dem Engage­         gezielten Öffentlichkeitsarbeit in der     DIÖZESE GRAZ-SECKAU: www.
ment, Jung und Alt in der Pfarre will­    Pfarre, über die Pfarre hinaus, lokal,     katholische-kirche-steiermark.at/
kommen zu heißen. „Im neuen Bund          regional und überregional. Welche Fo­      pfarren/pfarrgemeinderat
sind alle, die sich durch die Taufe zu    tos sind aussagekräftig für die Ge­

10                                                                                                      kontakt 94 | Juli 2021
MENSCHENBILDER
                                ANDREAS (ANDREJ) LAMPICHLER
                                Leiter des Dušnopastirski urad und des Referat za župnijske svete

                                                                          Foto: Christina Repolust
Das Bildungs-
haus war meine
Lebensschule
Er ist in Radiše/Radsberg in der Nähe von Klagenfurt/
Celovec aufgewachsen. Jetzt leitet Andrej Lampichler
die Slowenische Abteilung des Bischöflichen Seel­
sorgeamtes und das Pfarrgemeinderatsreferat/Referat
za župnijske svete für die zweisprachigen Pfarren in
der Diözese Gurk-Klagenfurt/Krška škofija. Er ist
mittendrin und vermittelt nicht nur in seiner Arbeit
die Bedeutung eines guten Miteinanders.

                                                                                      Mit und in seiner Familie lebt Andrej Lampichler
                                                                                      die Zweisprachigkeit Slowenisch-Deutsch weiter.

ANDREJ LAMPICHLER HÄTTE MAN GERN           gen Abi-Lehrgang an der Handels­                          teuer und gekündigt wird, stellt er
ALS NACHBARN: Er strahlt Zufrieden­        akademie absolviert. Als Zivi habe ich                    sich intensiv den Fragen nach Sinn
heit und Wohlwollen aus. Er ist einer,     interessante Menschen in Tainach/                         und Wert von Arbeit.
der einen einlädt und gleich einen         Tinje getroffen, gern habe ich ja ge­                     „Freunde machten mich auf eine An­
Kaffee auf den Tisch stellt, einer, mit    sagt, als mich die dortige Leitung                        nonce aufmerksam: Der slowenische
dem man schnell ins Reden kommt.           fragte, ob ich nicht nach dem Zivil­                      Arbeitsausschuss der KA suchte eine
„Unser jetziger Bischof war 19 Jahre       dienst bleiben möchte.“ 13 Jahre blieb                    Ka­­renz­­vertretung. Ich bewarb mich
unser Pfarrer in Radiše, wir sind eine     er im katholischen Bildungshaus                           sofort und bekam, bevor ich 50 wurde,
offene Pfarre, eine offene Gemein­         Sodalitas, danach arbeitete er bei der                    die Zusage. Das war das allerschönste
schaft. Sprache schafft Identität, da­     Slowenischen Bank in Klagenfurt.                          Geschenk.“ Jetzt ist Andrej in der Diö­
her wächst unser Enkel zweisprachig                                                                  zese Gurk-Klagenfurt voll und ganz
– Slowenisch/Deutsch – in Wien auf.“                                                                 angekommen und arbeitet sich aktu­
»Jezik ustvarja identiteto, tudi moj
                                           Die Arbeit mit Menschen                                   ell in die Aufgaben als Pfarrgemein­
vnuk na Dunaju odrašča dvojezično«.      bereitete mir immer                                       deratsreferent ein. „Ja, ich bin jetzt
Kultur und Bildung haben Andreas           Freude                                                    mittendrin. Meine Erfahrungen im
Lampichler bereits als jungen Mann                                                                   Bankwesen, bei den Kulturvereinen
fasziniert, er, der so gut Zahlen zu le­   „Nach acht Jahren bei der Bank                            und meine jetzige Aufgabe ergänzen
sen und interpretieren versteht, hat       wechselte ich in den Kulturbereich.“                      einander wunderbar. Ich kenne bei­
seinen Zivildienst im Bildungshaus         Als er schließlich als Filialleiter in ei­                de Seiten: Von außen her etwas zu
in Tainach/Tinje absolviert. „Ich habe     ner kleinen Bank in Klagenfurt knapp                      wollen, von innen her etwas zu ent­
am Slowenischen Gymnasium matu­            vor seinem 50. Geburtstag zu hören                        wickeln und beides auf einen Nenner
riert und dann noch einen einjähri­        bekommt, er sei als Arbeitnehmer zu                       zu bringen.“

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                                   11
Galerie
Dialogforum

Vielfältig,
offen,
engagiert …
                                                                                             Stefanie Schwarzl-Ranz,
Von den Onlineforen gingen starke                                                            Leiterin des Fachbereichs
                                                                                             Pastoral & Theologie der
Impulse aus. Ein Rückblick.                                                                  Diözese Graz-Seckau

15, 30, 60, 95, 145, 250, 300 … Im Se­    den vielen einzelnen Berufungsge­       es darum geht miteinander in ein
kundentakt stiegen meist in den letz­     schichten wurde jene Buntheit sicht­    ehrliches Gespräch zu kommen. Die­
ten Augenblicken knapp vor 18:00          bar, die sich auch in den einzelnen     se Haltung ist wohl unverzichtbar,
Uhr die Zahlen am unteren Bild­           Pfarrgemeinderäten unserer Pfarren      wenn man gemeinsam an einem
schirmrand hunderter Laptops, Ta­         in ganz Österreich widerspiegelt. Im    Strang ziehen möchte. Offenheit ist
blets, Handys oder klassischen PCs.       Pfarrgemeinderat, so heißt es wohl in   eine Grundvoraussetzung für gelebte
So begannen die vier online Abende        vielen Handbüchern und Beschrei­        Synodalität. Im ehrlichen Hören auf­
im heurigen Frühjahr, bei denen sich      bungen, wird die Vielfalt der Lebens­   einander, im gemeinsamen Ausloten
zeigte, dass die Freude am öster­         realitäten in der Pfarre gebündelt.     dessen, was Gott uns im Hier und
reichweiten Austausch und am              Aber das allein macht den Pfarrge­      Jetzt sagen will, beginnt ein synoda­
Kennenlernen bzw. Vertiefen zeitge­       meinderat nicht aus. Eine gebündel­     ler Weg, den Papst Franziskus immer
mäßer pastoraler Wege kaum Gren­          te Vielfalt an engagierten Menschen     wieder von der Kirche einfordert. In
zen kennt. Vom Waldviertel bis zur        muss auch in die Welt, konkret über     dieser Offenheit gilt es auch auf die
Südsteiermark und vom Bodensee            den Tellerrand der Pfarre wirken. Sie   Menschen im jeweiligen Pfarrgebiet
bis zum Neusiedlersee ließen sich         muss gewissermaßen „draußen“ und        zuzugehen. Darauf verwies zum Bei­
Pfarrgemeinde­   rät*innen aus allen      antreffbar sein – also „mittendrin“     spiel die Linzer Pastoraltheologin
Ecken und Enden Österreichs auf die       sein. Der Innsbrucker Pastoraltheo­     Klara Csiszar.
Begegnung im virtuellen Raum ein.         loge Christian Bauer hat die dahin­
Vielfältig, offen und engagiert – das     terliegende Frage nach dem Ort der      Engagiert: Allein die Zahl der
wären drei Wörter, die kurz und           Kirche klar im Sinne dieses „mitten­    Teilnehmer*innen spricht für sich.
knapp die Onlineforen skizzieren          drins“ beantwortet: Die Kirche ist      Teilweise schalteten sich über 300
könnten.                                  „draußen zu Hause“. Sie ist überall     Personen zu den Onlineforen zu. Sie
                                          da, wo Menschen Im Geiste Jesu wir­     alle sind auf unterschiedliche Weise
                                          ken und auf ihre je individuelle Art    in der Kirche, in einer konkreten
Vielfalt der Lebensrealität               Zeugnis von der Liebe Gottes geben.     Pfarre, im Pfarrgemeinderat enga­
in den Pfarren gebündelt                                                          giert. Ein starkes Zeichen, das Kraft
                                          Offen: In den zahlreichen Kleingrup­    gibt und Freude schenkt. Das Enga­
Vielfältig: Nicht nur durch die unter­    pen, die zum Austausch gebildet         gement der Pfarrgemeinderät*innen
schiedlichen Regionen Österreichs         wurden, fanden teils sehr intensive     zeigt sich vielfach auch durch einen
zeigte sich eine große Vielfalt. In der   Gespräche statt. Es zeigte sich eine    mutigen und innovativen Blick in die
Sprache, in unterschiedlichen Men­        Offenheit, die es auch im Alltag des    Zukunft. Es muss nicht alles so blei­
talitäten, durch Generationen und in      Pfarrgemeinderates braucht, wenn        ben, wie es immer schon war. Neues

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Kontext

                                                                                                          Erzbischof
                                                                                                          Dr. Franz Lackner

                                                                                 MITTENDRIN UND GEMEINSAM
                                                                                 Mit der Taufe und Firmung sind wir zur Gemeinschaft mit
                                                                                 Jesus Christus gerufen und sollen daher lebendige Glieder
                                                                                 unserer Kirche sein. Unser Blick richtet sich also nicht von
                                                                                 außen auf ein Konstrukt, das wir „Kirche“ nennen. Viel­
                                             Foto: Gerd Neuhold, Sonntagsblatt

                                                                                 mehr stehen wir mittendrin in dieser Gemeinschaft; egal
                                                                                 wohin wir uns wenden – immer haben wir ein Gegenüber,
                                                                                 unseren Nächsten. Wir selbst und alle, die mit uns auf die­
                                                                                 sem gemeinsamen Glaubensweg gehen, sind Teil dieser
                                                                                 großen, von Menschen getragenen, Kirche. Wir sind im
                                                                                 wahrsten Sinne des Wortes „mittendrin“ statt „nur dabei“.
                                                                                 Das ist Gabe und Auftrag.
                                                                                 „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen
                                                                                 Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen
                                                                                 Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur
kann entdeckt werden, wenn der Blick sich von                                    den einen Gott: Er bewirkt alles in allen“, heißt es im Korin­
der Vergangenheit in die Zukunft richtet. Die                                    therbrief. Vor diesem Hintergrund ist der PGR nicht nur
Zukunft gehöre der „proaktiven Pfarre“, betonte                                  wichtiges Gremium der Pfarre. Er ist lebendiger Ort dieses
Klara Csiszar. Diese will nicht bewahren, son­                                   Mittendrins. Zum einen: Ein Ort des gemeinsamen Rin­
dern aufbrechen zu Neuem. Auf eine Spur, wie                                     gens, der Zusammenarbeit von Priestern und Laien, ein
das gelingen kann hat vielleicht der Wiener Pas­                                 Ort der Beratung und der Weichenlegung. Jeder und jede
toraltheologe Johann Pock geführt. Bestehende                                    bringt sich ein, einerseits durch die ihm oder ihr anver­
Traditionen sollten kritisch auf ihren Freiheits­                                traute Rolle, andererseits mit dem je eigenen Charisma,
grad hinterfragt werden. Wenn weniger darauf                                     mit den je eigenen Begabungen und Talenten. Zum ande­
Acht gegeben wird, dass bestimmte Aufgaben                                       ren: Im Zentrum dieses Miteinanders steht der gemein­
erfüllt werden und dafür mehr Energie in das                                     same Glaube – wir alle, die in Pfarre und Kirche mitwirken
Entdecken und Heben der Talente gelegt wird,                                     blicken in dieselbe Richtung; schauen gemeinsam auf un­
dann wird ein freierer Weg des Engagements                                       seren Herrn. Das eint und motiviert, den Weg des Glau­
beschritten. Ebenso hat Gabriele Viecens, Refe­                                  bens gemeinsam zu gehen.
rentin für Lokale Kirchenentwicklung aus dem                                     Aufgabe, Herausforderung und Freude ist es, uns gegen­
Bistum Hildesheim, den Blick für das Ent­decken                                  seitig immer wieder an den einenden Geist, den einen
und Fördern der Begabungen und Talente ge­                                       Herrn und Gott zu erinnern. Denn ER ist in unserer Mitte,
schärft. Auch wenn dies nicht von heute auf                                      mittendrin in unserem Mühen und Tun. Mitten in dieser
morgen so einfach, wie es vielleicht klingt, ge­                                 Welt, mitten unter uns Menschen. Dieser Zuspruch ver­
lingen mag, gilt es dran zu bleiben.                                             mag uns zu stärken für die Aufgaben, die uns anvertraut
Die Onlineforen haben letztendlich das Motto                                     sind. Er verneint nicht die Schwierigkeiten, Anstren­
der kommenden Pfarrgemeinderatswahl „mit­                                        gungen, Herausforderungen, die mit diesem „mittendrin“
tendrin“ mit Leben gefüllt. „Mittendrin“ heißt                                   auch mitschwingen. Vielmehr gibt er uns die Zusage, dass
hinausgehen, offen sein, hinhören und den                                        er bei uns sein will, alle Tage.
oder die Einzelne/n ernstnehmen in dem, was                                      Sich ehrenamtlich in den Dienst der Pfarre zu stellen, mit­
er oder sie braucht und was er oder sie einbrin­                                 tendrin mitzudenken und mitzuwirken, das verlangt Be­
gen möchte. „Mittendrin“ heißt auch Teil einer                                   reitschaft, Motivation und Wohlwollen. Ich möchte allen
Gemeinschaft zu sein. Die Onlineforen haben                                      danken, die als Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemein­
gezeigt, dass aus hunderten einzelnen Online                                     deräte das Pfarrleben wesentlich mitgetragen haben und
Zugriffen eine Verbindung entstehen kann – ein                                   auch in Zukunft bereit sind, unsere Kirche mitzugestalten.
Miteinander, bei dem sich jede und jeder ein­                                    Wir brauchen uns gegenseitig – für eine lebendige und
zelne „mittendrin“ wissen darf.                                                  zugleich tragende Kirche von morgen.

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                                      15
Jugend in der Pfarre

                                                             Jugend
                                                           und PGR –
                                                            geht das
                                                               z’am?

                                                                                                                           Adobe Stock, Jacob Lund
                                                                              So kommt ihr zu guten
                                                                 Beteiligungsmöglichkeiten für junge
                                                                     Menschen in der eigenen Pfarre.

                                          sehr wohl aber eine Reihe von Mög­         kann in der Gemeinde, am Arbeits­
                                          lichkeiten, die je nach pfarrlichen        platz, in Vereinen oder in der Pfarre
                                          Voraussetzungen eine gute Grund­           sein. Beteiligung ist damit mehr als
                                          lage für die Beteiligung junger Men­       nur „mitmachen“ oder „sich engagie­
                                          schen bieten können. Wir möchten           ren“. Sie schließt die echte und ehr­
                                          vor der PGR-Wahl Pfarrgemeinde­            liche Einbindung in Kommunika­
                                          rätInnen und andere engagierte Per­        tions- und Entscheidungsprozesse
                                          sonen in der Pfarre ermutigen, sich        mit ein. Damit verbunden sind das
                                          darüber Gedanken zu machen, wie            Teilen von Verantwortung und das
                                          sich junge Menschen in den nächs­          Abgeben von Macht. Das setzt eine
                                          ten 5 Jahren am besten in der eigenen      offene und mutige Haltung der Ver­
MATTHIAS ZAUNER, KOORDINATOR
                                          Pfarre am Pfarrleben, an Diskussi­         antwortlichen und die Bereitschaft,
NETZWERK JUGENDPASTORAL
                                          onen und Entscheidungen beteiligen         dass sich Dinge ändern dürfen, vor­
                                          können. Dazu haben wir ein Arbeits­        aus.
„JUGEND GEHT UNS AN“ – das habt ihr       plakat erstellt – eine Art „Selbsttest“,   Wer junge Menschen in der Pfarre
euch sicher schon im doppelten            um zum richtigen Beteiligungsmo­           beteiligen will, muss das aktiv betrei­
Wortsinn im Zuge eures Engage­            dell für die eigene Pfarre zu finden.      ben. Jugendbeteiligung passiert in
ments für eure Pfarre gedacht. Junge      Das Plakat wird mit den Wahl­mappen        den wenigsten Fällen von selbst oder
Menschen sind die Gegenwart und           an alle Pfarren zugestellt.                zufällig. Die „Etablierten“, also die
Zukunft unserer Kirche und Ge­                                                       wirkmächtigere Seite der Erwachse­
sellschaft. Deshalb soll für sie Platz                                               nen, ist gefordert, für jugendgerechte
mittendrin in unseren Pfarren sein.
                                          Beteiligung ist nicht das                  Rahmenbedingungen für Beteiligung
Das ist in der Praxis gar nicht einfach   Ziel, sondern der Stil                     zu sorgen. Wie die in der eigenen
– das wissen wir alle. Jede Pfarre ist                                               Pfarre aussehen können, erarbeitet
hinsichtlich ihrer Beteiligungskultur     Beteiligung (oder Partizipation) be­       ihr am besten mit dem Plakat.
und ihrer bisherigen Erfahrungen          deutet, dass Menschen an den Ent­
sehr unterschiedlich. Deshalb gibt es     scheidungen mitwirken, die ihr all­                         Team Jugend in der Pfarre
keine allgemein gültigen Rezepte –        tägliches Leben beeinflussen. Das                  der Katholischen Jugend Österreich

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Kirche ist kein
Selbstzweck
Christina Repolust, Erzdiözese Salzburg im Gespräch
mit Univ.-Prof. Dr. Johann Pock                                                          JOSEF – Stiller
                                           Erfahrung noch alles möglich, das Pfarren
                                                                                         Heiliger in der
Foto: privat

                                           noch nicht nutzen?                            zweiten Reihe
                                           POCK: Man müsste z. B. Jugendlichen
                                                                                         DAS RAMPENLICHT ÜBERLÄSST
                                           mehr Möglichkeiten geben, dass sie
                                                                                         JOSEF GERNE ANDEREN. In der Bi­
                                           ihre Ideen umsetzen können. Oder
                                                                                         bel gibt es kein einziges direkt
                                           Räume verstärkt teilen – mit anderen
                                                                                         von ihm überliefertes Wort.
                                           Konfessionen und Religionen, mit
                                           anderen Vereinen ... Kooperationen            Doch hat Papst Pius IX. ihn
                                           über die Pfarr- und andere Grenzen            1870 zum Patron der Kirche
                                           hinweg anzudenken. Natürlich auch             ernannt. Wie passt das zusam­
                                           die neuen digitalen Möglichkeiten –           men?
UNIV.-PROF. DR. JOHANN
                                           aber da braucht es eine gewisse Pro­
POCK, DEKAN DER KATHOLISCH-                                                              Josef wartet nicht auf das per­
                                           fessionalität. Wer hätte vor einem
THEOLOGISCHEN FAKULTÄT                                                                   fekte Leben. Er nimmt es so,
                                           Jahr gedacht, wie viel an Seelsorge
WIEN.                                                                                    wie es kommt. Dabei lässt er
                                           über das Internet möglich ist?
                                                                                         sich auf den Ruf Gottes ein,
                                           Man solle, so heißt es, über den Tellerrand   der von einem Engel Gottes
Sie sind Pastoraltheologe und kennen
                                           schauen. Wohin empfehlen Sie Pfarren          überbracht wird. Mit Mut und
Pfarrstrukturen aus Ihrer Praxis als
                                           zu blicken? Und was genau ist jeweils der     Kreativität übernimmt er die
Diakon, Kaplan, Pfarrmoderator. Sie
                                           Tellerrand?                                   Verantwortung für die unge­
waren insgesamt drei Jahre – in Tübingen
                                                                                         wöhnlich zusammengesetzte
und Graz – „Aushilfsseelsorger“. Ihr       POCK: Der Tellerrand ist an jedem Ort
                                                                                         Familie und beschützt sie
Vortrag trägt den Titel „Wie nutzen wir    ein etwas anderer: die andere Pfarre,
                                                                                         auch in gefährlichen Situati­
Freiräume?“ Wo sehen Sie Pfarren,          eine andere Konfession am selben
                                                                                         onen (die Umstände bei der
Ehren- wie Hauptamtliche, in einem         Ort. Das können aber auch Personen
                                                                                         Geburt Jesu, …). In Treue und
engen Korsett, wo orten Sie Freiräume?     und Institutionen sein, von denen
                                                                                         Bescheidenheit stellt er sich in
                                           man etwas lernen kann für Beglei­
JOHANN POCK: Vieles im Pfarralltag                                                       den Dienst des Heilsplanes
                                           tung, Jugendarbeit oder Altenseel­
hat Tradition: die intensiven Vorbe­                                                     Gottes.
                                           sorge. Es gibt heute viele digitale An­
reitungen für Erstkommunion und
                                           gebote und „best practice“-Modelle,           Josef war ein Mann der Tat,
Firmung, Pfarrfeste etc. Und das „Kil­
                                           wo man sich Ideen holen könnte. Es            nicht der vielen Worte. Er
lerwort“ für Veränderung lautet: „Das
                                           braucht ein Bewusstsein einer „Kir­           schaffte es, Probleme in Chan­
war schon immer so.“ Zugleich sind
                                           che an neuen Orten“, dass also Kir­           cen zu verwandeln.
Bereiche getrennt: Schule und Pfarre,
                                           che sich nicht primär und aus­
Pflegeseelsorge etc. Freiräume müs­                                                      Aus gutem Grund hat Papst
                                           schließlich in der Pfarre ereignet,
sen geschaffen werden, um sie nut­                                                       Franziskus dem hl. Josef ein
                                           sondern (ganz im Sinne des „Laiena­
zen zu können. Und das betrifft auch                                                     Gedenkjahr gewidmet, damit
                                           postolats“ vom II. Vatikanischen
die Zuordnung der Aufgaben: Auch                                                         wir uns von ihm inspirieren
                                           Konzil) an jenen Orten, wo Chris­
hier müsste man genauer schauen,                                                         lassen können.
                                           tinnen und Christen arbeiten und le­
was wer kann – und was wer machen
                                           ben.
möchte. Und nicht von traditionellen
                                           Es braucht ein Verständnis von Kir­
Zuordnungen ausgehen.                                                                    Mehr unter: www.eds.at/
                                           che, die mit zwei Lungen atmet: der
                                                                                         josefsjahr
Die Aussage „Sie werden sich noch          Versammlung – aber auch der Sen­
wundern, was alles möglich ist“ können     dung nach außen: Kirche ist kein              Birgit Esterbauer-Peiskammer,
wir also im Kontext von Pfarren durchaus   Selbstzweck – sie steht im Dienst der         Liturgiereferentin der
positiv besetzen. Was ist aus Ihrer        Verkündigung.                                 Erzdiözese Salzburg

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                17
Analog und digital

Gute Gemeinschaft
Sie wurden bunt zusammengewürfelt und waren doch „mittendrin“: Als
Pfarrgemeinderät*innen verbindet sie das Interesse an guter Gemeinschaft.
Neun Porträts, zusammengestellt von Anita Hofmann.

                     Viele Impulse erhalten                                        Stolz auf kreative Köpfe
                    Eigentlich bin ich kein „digitaler                             Als Obfrau war ich für den Kongress in
                    Typ“. Da das Pastoralamt die                                   Saalfelden angemeldet, daher nahm
                    Online-Foren mit Nachdruck                                     ich gern am „digitalen Kongress“ teil.
                    bewarb, meldete ich mich an und                                Obwohl ich niemanden in den
                    war überrascht, wie gut Vorträge und                           Klein­­gruppen persönlich kannte,
                    der Austausch in Kleingruppen                                  war der Austausch dort lebendig,
Brigitte                                                       Elisabeth
                    online funktionieren. Besonders                                persönlich und intensiv. Dabei wurde
Hofschwaiger,                                                  Rastbichler,
                    interessant waren für mich die                                 mir die Unterschiedlichkeit der
PGR-Vorstand,                                                  PGR-Obfrau
                    österreichweiten Ideen, konkret die                            Rahmenbedingungen der PGR-Arbeit
Dekanatsvertrete-                                              Sistrans, Diözese
                    Impulse zur Feiergestaltung im                                 österreichweit bewusst. Ich bin stolz
rin im Pastoralrat,                                            Innsbruck
                    Freien. Das bestärkt mich in unseren                           auf die kreativen Köpfe und deren
Biberbach, Nieder-
                    Bestrebungen, den Pfarrgarten noch                             Engagement in unserer Pfarrge­
österreich
                    stärker zu aktivieren.                                         meinde.

                     Interessante Kontakte                                         Leidenschaft war spürbar
                    Anders als bei Präsenzkongressen,                             Nach zwölf Jahren im PRG Mauthen,
                    wo man doch immer wieder eher                                 kombiniert mit meiner eigenen
                    mit bekannten Menschen sprach,                                Lebenserfahrung, habe ich meinen
                    hatte die zufällige Zuordnung in                              Blick für die Bedürfnisse der Pfarre
                    Kleingruppen den großen Vorteil,                              geschärft. Ich beteiligte mich an allen
                    Gedanken und Beweggründe von                                  vier Online-Foren, dabei sprach mich
Sandra Krammer,                                                Sissy Sonnleitner,
                    fremden Menschen zu erfahren.                                 der Ansatz der Charismen- und
Pastoralassistentin                                            PGR-Obfrau Pfarre
                    Wie groß das Engagement der                                   Talente-Orientierung sowohl bei Prof.
Pfarre Ollersdorf,                                             Mauthen, Kärnten
                    Teil­nehmerInnen und ihr Interesse                            Bauer als auch bei Gabriele Viecens
Burgenland
                    an den Themen war, zeigte der Chat,                           besonders an. Die Leidenschaft fürs
                    der der sich immer schnell füllte,                            Ehrenamt war deutlich spürbar.
                    „Jugend in den Pfarrgemeinden“ war                            Gefehlt hat mir das Hinschauen auf
                    dabei die brennende Frage.                                    die weibliche Spiritualität.

                     Kirche entwickeln                                             Kennenlernen ist wichtig
                     Die Online-Foren haben mich darin                             Mich hat vor allem der Aufruf Klara
                     bestärkt, als PGR auch zukünftig an                           Csiszars beeindruckt. „Sind Sie von
                     der Weiterentwicklung der Kirche                              der Erfahrbarkeit der Liebe Gottes in
                     mitzuarbeiten. Die Freiheit des                               der Welt überzeugt und wollen Sie
                     Ehrenamtes gestattet es mir,                                  sich für diese Liebe und das Leben
                     möglicherweise einfacher als                                  ein­setzen? Ja? Dann kandidieren Sie
Werner Vögel,                                                  Norbert Philippi
                     Hauptamtlichen, über meinen                                   unbedingt für den Pfarrgemeinde­-
Pfarre Thal,                                                   ist PGR-Obmann
                     Tellerrand zu schauen. Die PGR-                               rat!“ Das Kennenlernen von
Vorarlberg                                                     in Salzburg-
                     Arbeit ist spannend und bereichert                            Kolleg*innen aus Österreich war
                                                               Liefering und
                     mein Dasein. Organisatorisches lässt                          bereichernd, bitte als Ergänzung zu
                                                               Mitglied im
                     sich online gut klären, sodass Zeit für                       persönlichen Begegnungen auch in
                                                               Pastoralrat
                     die spirituelle Nahrung bleibt.                               Zukunft anbieten!

18                                                                                                    kontakt 94 | Juli 2021
Mein Seelennotruf.
                                                                   Zu jeder Tag- und Nachtzeit,
                                                                     vertraulich und kostenlos.

                                                              Sprich mit uns, schreib mit uns:
                                                                                  Telefon: 142
                         Aus sich herausgehen                    Chat und Mail: www.ts142.at
                   Ich habe am Online-Forum mit
                   Univ.-Prof. Csiszar teilgenommen.
                   Dabei blieb mir besonders ihre
                   Aussage zum Daseinsgrund der                                                   Wir sind für dich da.
                   Kirche in Erinnerung. Die Kirche                                               Wir nehmen dich ernst.
                   muss aus sich herausgehen, um das                                              Wir nehmen uns Zeit.
Christoph Krebs,                                                                                  Wir hören dir zu.
                   Evangelium zu verkünden und die
Pfarre Christus am
                   Menschen zu erreichen. Wenn sie
Wienerberg, Wien
                   nur um sich selbst kreist, wird sie
                   krank.                                    Telefonseelsorge und kids-line Salzburg
                   Ich glaube, zurzeit muss sich die
                   Kirche bemühen, wieder gesund zu          WIR SUCHEN NEUE MITARBEITER
                   werden, um für die Gläubigen da
                   zu sein.
                                                             UND MITARBEITERINNEN
                                                             Helfen Sie bitte mit!
                         Gelebte Vielfalt                    Bewerbung unter www.ts142.at
                         Es war für mich ein sehr interes­   n	Wenn Sie die Menschen, die sich bei der Telefon­
                         santer Blick über den Tellerrand       seelsorge oder kids-line melden, begleiten und
                         unserer Gemeinde und Diözese.          unterstützen wollen.
                         Besonders beim gemeinsamen          n	Wenn Sie sich auf einen zwei-jährigen Ausbildungs­
                         Austausch zeigte sich, wie unter­      prozess einlassen können, der Sie fachlich gut auf den
                         schiedlich Kirche in Österreich        Dienst vorbereitet und Ihnen auch persönlich etwas
Christina Pichler,
                         gelebt wird.                           gibt.
Seelsorgeteam
                         Der digitale Rahmen ermöglichte     n	Wenn Sie unser Team der ehrenamtlichen Telefon­
Hofkirchen/OÖ
                         ein unkompliziertes Kennenlernen       seelsorge und kids-line-BeraterInnen längerfristig
                         und punktete mit kurzen Impulsen       verstärken möchten.
                         zum persönlichen Nachdenken         n	Dann freuen wir uns über Ihr Interesse, auf Ihre
                         und hoffnungsvollen Zukunfts­          Bewerbung. Sie ist ab sofort möglich unter
                         aussagen.                              www.ts142.at
                                                             n	Melden Sie sich bitte, wenn Sie weitere Fragen zur
                                                                Ausbildung und Mitarbeit haben. Start der Ausbildung:
                         Über Grenzen hinweg                    Oktober 2021. Abschluss: Juni 2023.
                   Die Pandemie veränderte das Leben
                   in den Pfarren stark. Dabei eröffne­
                                                             Wir freuen uns auf Ihre persönliche Note!
                   ten sich auch vielfältige Möglich­
                   keiten, Neues zu erfahren: Menschen
                   rückten emotional näher zusam­
                   men, man brachte einander mehr
Martha Ortner,                                                                          Mag. Gerhard Darmann,
                   Verständnis entgegen und nahm
Vorsitzende des                                                                         Leiter der Telefonseelsorge &
                   einzelne Menschen in ihrer Realität
Pfarrverbandsrates                                                                      kids-line Salzburg,
                   wahr, bezog sie als wichtige Teile
St. Stefan/Stainz                                                                       Theologe und Psychotherapeut
                   unserer Glaubensgemeinschaft ein
– St. Josef
                   – in der eigenen Pfarre und über                                     gerhard.darmann@ts142.at
                   Bundesländergrenzen hinweg.                                          +43 676-8746 1420

kontakt 94 | Juli 2021                                                                                                     19
Herausforderungen

Gemeinsam wachsen
Pfarrgemeinderät*innen haben sich seit der Wahl 2017
ausgetauscht, mussten seit Ausbruch der Pandemie 2020
auf Abstand gehen und wollten dennoch Gemeinschaft
leben: Diese Herausforderungen bringen Menschen
einander näher, werfen existenzielle Fragen auf und
stärken das Miteinander. So soll es auch sein.

                         Chance für Gemeinde-Inventur
                         PETER HASLWANTER, PGR-REFERAT DIÖZESE ST. PÖLTEN
                         FRÜHER STAND ZUM JAHRESWECHSEL IN DER AUSLAGE VIELER GESCHÄFTE „WEGEN INVENTUR
                         HEUTE GESCHLOSSEN“. Die PGR-Wahl mit ihrem 5-Jahresrhythmus kann in über­
                         tragenem Sinn mit einer Inventur verglichen werden. Der Pfarrgemeinderat, dessen
                         Periode zu Ende geht, gibt sich und der Pfarrgemeinde Rechenschaft über das
                         Getane und Erreichte: Wie haben wir das uns anvertraute, „Gemeinde-Vermögen“
                         miteinander vermehrt? Mit dem Schwung, den die Neuen nach der Wahl mitbringen,
                         gibt es alle 5 Jahre die Chance eines Neuanfangs. Es ist der Auftrag, das „Gemeinde-
                         Vermögen“ zum Wohl einer lebendigen Gemeinde zu gestalten und im Sinne Jesu
                         die Saat des wachsenden Reiches Gottes mit vielen Früchten aufgehen zu lassen.

                         Gott ist da – mittendrin!
                         BARBARA BUCHINGER, PGR-REFERAT DIÖZESE EISENSTADT
                         „MITTENDRIN“ IST DAS MOTTO DER NÄCHSTEN PFARRGEMEINDERATSWAHL. Diese Informa­
                         tion hat mir mein Kollege vor ein paar Wochen gegeben. Ein kurzes „Aha!?“ und
                         dann ist mir die Zeile eines Songtextes von Christina Stürmer eingefallen: „Wir leben
                         den Moment – mittendrin im Leben“. Das ist die Sehnsucht von vielen Menschen.
                         Und es ist die Motivation von vielen, die sich für andere engagieren, und ihre Zeit
                         und Talente einbringen und darin Sinn finden. Kirche hat auch heute eine große
                         gemeinschaftsbildende Kraft. Im Gespräch, beim Organisieren im Team, beim
                         Feiern, Singen, Beten, Lachen und Weinen und in der Stille erfahren Menschen in
                         der Pfarre die Fülle des Lebens und entdecken miteinander: Gott ist da – mittendrin!

                         Mittendrin statt nur dabei
                         CHRISTIAN NUENER, PGR-REFERAT DIÖZESE INNSBRUCK
                         SCHRITT FÜR SCHRITT – viele kleine Schritte lassen uns weiterkommen. In den Evange­
                         lien findet sich das Bild eines Gottes, der mannigfaltig aussät. Das Reich Gottes wird
                         mit einem Senfkorn verglichen – aus ganz Kleinem kann sehr Großes werden.
                         Unsere Pfarrgemeinden bleiben durch viele kleine Beiträge lebendig. Und es
                         braucht Menschen, Frauen, Männer, Jugendliche und junge Erwachsene, die
                         mittendrin im Leben stehen und ihre Sichtweisen und Lebensrealitäten einbringen.
                         Menschen, die aufmerksam sind und darauf achten, wo etwas wächst, wo kleine
                         Triebe sichtbar werden und die gegebenenfalls auch die Früchte ernten. Dann
                         gelingt es hoffentlich, ein kleines Stück Reich Gottes sichtbar zu machen.

20                                                                                              kontakt 94 | Juli 2021
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