ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de

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Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche

                                                 ZUKUNFTS
                                                                                                                                  HORIZONT ERWEITERN
                                                                                                                                  PRAXIS REFLEKTIEREN
                                                                                                                                  PERSPEKTIVEN GEWINNEN

                                                     MUSIK?

ZUKUNFTSMUSIK?

                                                                                                                         GESANGBUCH
                                                             POSAUNEN

                                                                                                                                                ENGLISCH
                                                                                                      WORSHIP
                                                                                            CHORÄLE

                                                                                                                                      DEUTSCH
                                                                                  GITARRE

                                                                                                                BEAMER
                                                                        KLASSIK
                                              ORGEL

                                                      BAND
                                       CHOR
                 SCHUTZGEBÜHR 9 EURO
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4    Zukunftsmusik?                                                               Die vier Herausgeber
                                                                                                                                WIE KLINGT DER
    6
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         Grußwort
         Impressum
                                                                                      LKMD Matthias Hanke
                                                                                                                                       MIX DER ZUKUNFTSMUSIK?
    8    Eine kurze Zeitreise durch die Geschichte der Lobpreismusik                  Dr. Guido Baltes                                 Neben den bekannten, vertrauten und lieb gewordenen „Kanälen“
                                                                                      Illustration: Corinna Schubert
                                                                                                                                       Orgel, Gesangbuch-Chorälen, Taizé, Chor- und Bläsermusik drängen
    14   Freudeschenker, Heimatgeber, Glücklichmacher und Schuldvergeber –            Dr. Tobias Faix
                                                                                                                                       die Lobpreismusik und Anbetungsbewegung mit Nachdruck
         Einblicke in die Generation Lobpreis
                                                                                                                                       ins Konzert der etablierten Player und wollen auch „mitspielen“.
    18   Warum Lobpreis für Jugendliche so attraktiv ist und was das für die          Ilse-Dore Seidel-Humburger
         Musik der Zukunft in der Kirche bedeutet
                                                                                                                                       Von manchen eher belächelt, von anderen heiß geliebt, von wieder anderen
    20   Das Gotteslob – 20 angriffslustige und angreifbare Thesen zu einer           Prof. Dr. Michael Herbst
                                                                                                                                       kritisch bis ablehnend beäugt – ein Dazwischen scheint es oftmals
         umstrittenen Frage – aus praktisch-theologischer Sicht
                                                                                                                                       kaum zu geben. Wie ist sie theologisch, musikalisch und besonders auch
    24   „Praise and Worship-Musik“ im Gottesdienst                                   Andreas Scheuermann
                                                                                                                                       ekklesiologisch einzuordnen?
         Elf Thesen, drei präzisierende Fragen und eine Beobachtung zu
         einem umstrittenen kirchenmusikalischen Phänomen
                                                                                                                                       Wie findet unsere Kirche – und noch viel wichtiger: wie finden die einzelnen
    28   Lost in translation – wie wir beim Thema „Lobpreis und Anbetung“             Michl Krimmer
                                                                                                                                       Gemeinden, Ehrenamtliche wie Hauptamtliche – vor Ort ein möglichst
         immer wieder aneinander vorbeireden
                                                                                                                                       produktives und reflektiertes Verhältnis zum neuen Platzhirsch?
    31   Ein Blick in die weltweite Worship-Landschaft                                Immanuel Mauz, Matthias Mergenthaler,
                                                                                      Ilse-Dore Seidel-Humburger                       Um diese und andere Fragen soll es in der vorliegenden Broschüre gehen.
    34   Playlist – ungefilterte erste Eindrücke                                      Prof. Patrick Bebelaar
                                                                                                                                       Wir wünschen spannende Lektüre und freuen uns auf Deine und
    37   Gesungene Gottesbilder – Eine Erkundung                                      Prof. Bernhard Leube
                                                                                                                                       Ihre Rückmeldungen.
    42   Ein kritischer Blick auf die Kommerzialisierung von „Lobpreis“               Hans-Joachim Eißler

    44   Popmusik und Volkskirche – (wie) geht das zusammen?                          Dr. Klaus Douglass

    52   Zwischen den Stühlen oder auf dem richtigen Platz?                           Hans-Joachim Eißler

                                                                                                                                                                                                                   GESANGBUCH
    54   Was ist guter Lobpreis?                                                      Gundula Rudloff

                                                                                                                                                       POSAUNEN

                                                                                                                                                                                                                                          ENGLISCH
                                                                                                                                                                                                WORSHIP
                                                                                      Gundula Rudloff

                                                                                                                                                                                      CHORÄLE

                                                                                                                                                                                                                                DEUTSCH
    58   Sehnsucht nach echter Gottesbegegnung – Lothar Kosse im Interview

                                                                                                                                                                            GITARRE

                                                                                                                                                                                                          BEAMER
                                                                                                                                                                  KLASSIK
                                                                                                                                       ORGEL
    62   Alles im Fluss? Wie schön! Die „liquid ecclesiology“ der Fresh Expressions   Michl Krimmer

                                                                                                                                               BAND
                                                                                                                                CHOR
         of Church-Bewegung als Steilvorlage für die Kirchenmusik der Zukunft
    66   Das gemeinsame Singen – besonders und schützenswert                          Hans-Joachim Eißler

    68   Wie kann Anbetung verbinden?                                                 Albert Frey

    70   Musikteamcoaching                                                            Michl Krimmer

    72   Qualität durch Ausbildung                                                    Hans-Joachim Eißler, Michl Krimmer,
                                                                                      Matthias Mergenthaler,
                                                                                      Ilse-Dore Seidel-Humburger
    78   Mehr Pop in der Kirche – Zehn Jahre nach den „Drei Forderungen zur           Hans-Joachim Eißler, Michl Krimmer,
         entschlosseneren Förderung von Popularmusik-Qualität in der                  Matthias Mergenthaler,
         Evangelischen Landeskirche in Württemberg“                                   KMD Hans-Martin Sauter, Benny Steinhoff

    82   Ein Wort an die Pfarrerinnen und Pfarrer                                     Pfr. Michl Krimmer

    83   Ein Wort an die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker                       LKMD Matthias Hanke

    84   Ein Wort an die Veranstalter/innen von Events                                Matthias Mergenthaler

    85   Ein Wort an die Jugendreferentinnen und Jugendreferenten                     Ilse-Dore Seidel-Humburger

    86   Ein Wort an die Musikerinnen und Musiker                                     Prof. Florian Sitzmann

    88   Ein Wort an die Songwriterinnen und Songwriter                               Hans-Joachim Eißler

    89   Weiterführende Literatur
    90   Anzeigen / Werbung
2                                                                                                                                                                                                                                                    3
ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
„Lobpreis, Worship, Anbetung“ wirken wie Modebegriffe der kirchlichen Popmusik. Und zugleich sind
    es große und sehr ehrwürdige Worte, die viele Fragen mit sich bringen: Ist Anbetung eine Lebenshaltung?
    Ist „Worship“ ein Musikstil? Ist Anbetung die Begegnung mit dem lebendigen Gott? Ist Worship die „cash-cow“
    christlicher Verlage? – Und „Lobpreis“, was ist das? Ein kleines Zeitfenster im Gottesdienst? Braucht man da im-
    mer einen Beamer? Ist das, was der Posaunenchor macht, kein „Lobpreis”? Dass wir mit diesen Begriffen durch-
    aus Unterschiedliches assoziieren und manche Missverständnisse dann auch zu unnötigen Abgrenzungen führen          Mit dieser Broschüre geben wir vielen Ansichten zu diesen Fragen Raum. Uns war wichtig, dass dieses Thema
    können, merken wir in Begegnungen und Diskussionen.                                                                von verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. So ist eine Sammlung von sehr unterschiedlichen Texten
                                                                                                                       entstanden mit dem Wunsch und Ziel, eine echte Hilfe für die Praxis zu bieten. Denn, so denken wir: Es geht
    Wie übernehmen wir, unabhängig von unserer persönlichen Vorliebe und Prägung, Verantwortung für die, die           nicht nur um einen Musikstil, nicht nur um die Frage, welche Lieder wir singen. Es geht darum, wie wir einen
    zu unseren Gottesdiensten und Veranstaltungen kommen? Welche Entwicklungen fördern wir, welche sollten             zentralen Aspekt unseres Glaubens mit Leben füllen.
    wir kritisch begleiten? Geht es nach jahrhundertelanger „Choral-/Kirchenmusik“-Monokultur jetzt etwa direkt
    in die nächste Monokultur „Lobpreis und Anbetung“? Ist das DIE ZUKUNFTSMUSIK?                                      Vier Personen mit vier verschiedenen Perspektiven sind für diese Broschüre verantwortlich:

    ILSE-DORE SEIDEL-HUMBURGER                               HANS-JOACHIM EISSLER                                      MATTHIAS MERGENTHALER                                   MICHL KRIMMER
    EJW-LANDESREFERENTIN, LOBPREISLEITERIN                   EJW-LANDESREFERENT, KIRCHENMUSIKER,                       EJW-LANDESREFERENT, MITGLIED IM KIRCHEN-                GEMEINDEPFARRER UND EJW-LANDESREFERENT,
    UND MUSIKTEAMCOACH                                       CHORLEITER, ARRANGEUR                                     GEMEINDERAT UND LOBPREISLEITER                          LEITET DAS PROJEKT MUSIKTEAMCOACHING

    Meine Perspektive: Die Entwicklungen der letz-           Meine Perspektive: Musik in Gottesdienst und Ge-          Meine Perspektive: Meine erste Begegnung mit            Meine Perspektive: Als Verantwortlicher im Pro-
    ten 20 Jahre im Bereich „Lobpreis und Anbetung“          meinde, „Musik zu Gottes Ehre“ – das ist im Ideal-        Lobpreis hatte ich als Jugendlicher beim Kirchen-       jekt „Musikteamcoaching“ merke ich: es hat sich
    habe ich mit Freude, Interesse und doch auch             fall etwas sehr Verbindendes und Bereicherndes.           tag 1999 in Stuttgart. Der Besuch einer „Prai-          viel getan an der Basis. Mehr als ein Drittel aller
    mit zunehmender Sorge verfolgt. Zwischen den             Umso schmerzlicher empfinde ich es, wenn ich              seNight“ hatte zur Folge, dass wir mit unserer          landeskirchlichen Gemeinden in Württemberg hat
    Jahren 2000 und 2010 wurde ich häufig für Se-            gerade in diesem kreativen, sensiblen und emo-            Jugendband ab sofort nicht nur die eigenen Vor-         Lobpreis- oder Singteams, die mit neuen Liedern
    minare zu diesem Thema angefragt. 2008 bot ich           tionalen Bereich immer wieder Situationen erle-           trags-Songs spielten, sondern auch Lobpreisaben-        (oder liebevollen neuen Arrangements alter Lieder)
    beim CHRISTIVAL ein Seminar mit dem Titel                be, die von Abgrenzung, Missverständnissen und            de gestalteten. Über die Jahre kamen unterschied-       das gottesdienstliche Singen begleiten und anlei-
    „Anbetung als Lebensstil“ an. Dass dieses Semi-          gar Antipathie geprägt sind. Die Faustregel „Essen        liche Lobpreis-Erfahrungen in Gemeinden und             ten. Aber ich merke auch: da wird landauf-land-
    nar letztlich mit 400 Teilnehmenden stattfinden          verbindet, Musik trennt“ bewahrheitet sich lei-           Netzwerken dazu. Lobpreis und Anbetung sind in          ab oftmals mehr kOpiert als kApiert. „Wir wollen
    würde, hätte ich nicht erwartet. Jedoch ist in den       der zu oft, weil zwischen den verschiedenen Aus-          meinem Leben quasi schon immer präsent – das            klingen wie Hillsong!“, aber anderseits ein mehr
    letzten Jahren das Interesse an Seminaren für den        drucksformen von geistlicher Musik manchmal               Normale. Trotzdem bleibt die Anbetung Gottes            oder weniger bewusstes: „Bitte erschüttert uns nicht
    Bereich „Lobpreis und Anbetung“ sehr stark zu-           eben doch (gefühlte) Welten liegen. Deshalb ist es        weiter bedeutsam und faszinierend für mich: es          in unserer Kultur. Wir wollen eigentlich gar nicht
    rückgegangen. Häufig buchen Gemeinden jetzt              so wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben,           kommt mir oft so vor, als ob ich erst einen ganz        reflektieren, unsere eigene musikalische Sprache
    einen Musikteamcoach, damit die Lobpreisband             einander zuzuhören und voneinander zu lernen.             kleinen Teil von der Größe Gottes verstanden und        entwickeln.“ Als Gemeindepfarrer in einer um-
    noch besser spielt, was ich auch sehr begrüße! Was       Nur so können unnötige Missverständnisse ver-             erfahren habe und ich sehne mich danach, durch          triebigen, pietistisch-frommen Kirchengemeinde
    „Worship“ ist, wissen scheinbar alle schon. Meine        mieden werden. Und es kann sich ein fruchtbarer           den Heiligen Geist tiefer in diese Gottesbeziehung      am Rande der Schwäbischen Alb merke ich: es gibt
    große Sorge und Beobachtung ist, dass häufig die         und inspirierender Austausch entwickeln, der eine         hineinzukommen. In unserer Evang. Kirchenge-            eine Sehnsucht nach persönlicher Gottesbegegnung
    Form übernommen, jedoch die Inhalte, die Theo-           segensreiche Ausstrahlung haben wird auf unser            meinde bin ich verantwortlich für den Lobpreis-         durch und in der gottesdienstlichen Musik – nicht
    logie nicht mitgenommen wurde und damit der              Musizieren. An dieser Broschüre gefällt mir gut,          Gottesdienst am Sonntagmorgen. Da braucht es            nur reden über Gott, sondern reden mit ihm. Viel
    Sinn von Anbetung und Lobpreis immer mehr in             dass sie ein echter Beitrag sein kann zum gegen-          natürlich die kritische Auseinandersetzung und          mehr das „per Du mit Gott“, also Beziehungspflege,
    Vergessenheit gerät bzw. neu definiert wird. Umso        seitigen Verständnis und Gelegenheit bieten wird,         einen theologisch sorgfältigen Umgang mit diesem        statt theologischer Richtigkeiten und deskriptiver
    wichtiger war mir die Erstellung dieser Broschüre.       bei manchen Themen etwas tiefer zu blicken und            Thema. Ich erlebe aber auch oft eine Distanz, die       Liedtexte werden da gefordert. Aber warum im-
    Mein Wunsch ist, dass dadurch die inhaltliche und        ins Gespräch zu kommen.                                   stärker biografisch als theologisch begründet ist       mer nur in Antithesen denken? Was uns in Fragen
    geistlich-theologische Auseinandersetzung mit                                                                      und wünsche mir mehr Offenheit für diese Aus-           der Frömmigkeitsstile oft nicht gut bekommt, hilft
    diesem Thema intensiviert wird und das Verständ-                                                                   drucksform des Glaubens, denn sie führt letztlich       uns auch für die ZUKUNFTSMUSIK nicht wirk-
    nis neu wächst. Weil die Anbetung – in welcher                                                                     wieder zum Zentralen: der Gegenwart und Begeg-          lich weiter. Wir brauchen eine neue Generation von
    Form auch immer – Herzstück unseres Glaubens                                                                       nung Gottes.                                            Brückenbauerinnen ohne Berührungsängste, An-
    ist und bleibt.                                                                                                                                                            wälte eines neuen Miteinanders. Fitte und verbin-
                                                                                                                                                                               dende Kräfte an Tasten und Saiten vor Ort und in
                                                                                                                                                                               den Ausbildungsstätten sowie angstfreie Kirchen-
                                                                                                                                                                               leitenden, die sie unterstützen und fördern.

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ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
IMPRESSUM
                                                                                                                            Dieses Magazin wurde zusammengestellt von zwei Arbeitsbereichen des Evang. Jugendwerks in Württemberg:

                                                                                                                                                                                             Perspektive entwickeln
                                                                                                                            musikplus entwickelt Musikformate für die Jugendarbeit           „Perspektive entwickeln“ (Kirche als Lernende Ge-
                                                                                                                            und ist zugleich die zuständige Fachstelle für Popularmu-        meinschaft) gestaltet und begleitet Vernetzungs- und
                                                                                                                            sik innerhalb der Kirchenmusik der Evang. Landeskirche           Veränderungsprozesse in der Arbeit mit Kindern und
                                                                                                                            Württemberg. Der Fokus liegt dabei auf der Arbeit mit            Jugendlichen im Kontext der Evangelischen Landes-
                                                                                                                            Pop- und Gospelchören sowie Bands und Musikteams.                kirche in Württemberg. Ziel ist die Weiterentwicklung
                                   Jugendliche finden        Die Autoren bleiben dabei aber nicht                                                                                            und Vernetzung dieser vier Arbeitsfelder: Musikalische
                                 zum Glauben und er-         stehen. Sie sind von einer Sehnsucht                           SEMINARE – mit einem breiten Seminarangebot für Mu-              Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Konfirmanden-
                             leben im Singen der Lob-        und Hoffnung auf mehr Glaubensge-                              siker/innen, Sänger/innen und Techniker/innen bietet             arbeit, (verbandliche) Jugendarbeit und die Arbeit im
                          preislieder ihre Form der          meinschaft motiviert und wissen um                             musikplus Fortbildungen für Nebenamtliche und Ehren-             Bereich der Kinderkirche.
                       Frömmigkeit und Anbetung.             die Kraft der Musik als Ableitung gött-                        amtliche bis zum D- und C-Niveau. Etwa 400 Personen
                    Darüber haben sie Kontakt zu Gott,       lichen Willens auf dem Weg „ad fontes“ –                       nehmen jährlich diese Angebote wahr.                             LERNENDE GEMEINSCHAFTEN – Veränderungsprozesse
                 für dessen Einflussnahme auf ihr Le-        zurück zu den Quellen gemeinsamer                                                                                               sind komplex und benötigen Zeit. Lernende Gemein-
              ben sie sich bewusst entschieden haben.        Wurzeln, aber auch gemeinsamen reli-                           COACHING – etwa 30 Coaches sind in Württemberg un-               schaften (Learning Community) bieten den passenden
           Das verändert sie und damit indirekt ihre         giösen Empfindens.                                             terwegs, um Gemeinden vor Ort zu unterstützen. Die               Rahmen, um sie erfolgreich zu gestalten. Die teilneh-
        Umgebung in allen Bereichen, der Arbeit und                                                                         Inhalte reichen vom Bandcoaching über Vocal-Coaching             menden Organisationen, Gemeinden, Träger und Wer-
     Freizeit, ihre Mitmenschen, das Zusammenleben,          Das Buch ist ein engagiertes Plädoyer für das                  und Tontechnik-Coaching bis zu Themen wie Lobpreis-              ke entwickeln dabei in einem strukturierten und beglei-
    die Gesellschaft und im weitesten Sinne auch die         geistliche Singen in unserer Kirche, für eine essen-           leitung, Teamdynamik und Zusammenspiel von unter-                teten Prozess eigene Lösungsansätze. Der Prozess wird
    Zukunft dieses Planeten, dem Senfkorn im großen          ziell liturgische Beteiligung am geistlichen Gesche-           schiedlichen Musikstilen. (www.musikteamcoaching.de)             als geistlicher Prozess verstanden, mit Raum für das
    galaktischen Verbund von Gottes Schöpfung.               hen des Gottesdienstes. Das Singen ist eine Wirk-                                                                               Hören auf Gott. Einzeln und auch gemeinsam entste-
                                                             macht ständiger Erneuerung der Kirche und der                  EVENTS – zu den großen Events des Jahres gehören zwei            hen neue Visionen, kreative Ideen und konkrete Hand-
    Viele dieser Jugendlichen sind gemeindlich sehr en-      christlichen Gemeinschaft, die einladen und nicht              Chortage mit insgesamt etwa 1.500 Sängerinnen und                lungspläne für die Umsetzung. Coaching unterstützt
    gagiert und wachsen in einer musikalischen Sozia-        ausschließen will. Was kann mehr Vertrauen in die              Sängern, Konzerttouren (LAKI-PopChor, Go(o)d News)               diese Umsetzung vor Ort kontinuierlich.
    lisation auf, die fester Bestandteil ihrer kirchlichen   Zukunft wecken, als miteinander zur Ehre Gottes                und die Beteiligung an großen Chormusicals wie „Martin
    Bindung wird. Nicht wenige streben sogar einen           zu singen? Dieser Weg ist nur vorgezeichnet. Will              Luther King“, „LUTHER“, „Amazing Grace“ u.a.
    geistlichen Beruf an. Auf diesem Weg und durch           man zukünftig noch gemeinsam Gottesdienst fei-
    die Übernahme größerer Verantwortung für an-             ern, müssen wir Diversität und Vielfalt als gemein-
    dere Menschen erweitert sich ihre Sprachfähigkeit        samen Schatz verstehen.
    über den Glauben. Oftmals erst im Gemeindekon-
    text eröffnen sich Zugänge zur Vielfalt, Geschichte      Es ist unsere Aufgabe, Generationen ver-
    und Breite aller kirchlichen Musik. Dabei erleben        schiedener Prägungen zu einer Glaubens-                        DAS EVANGELISCHE JUGENDWERK IN WÜRTTEMBERG (EJW)…
    sie Abschottungsverhalten und Berührungsängste           gemeinschaft zu motivieren, damit                              … koordiniert, gestaltet und fördert die evangelische Jugendarbeit in Württemberg – ausgehend von der zentralen
    zwischen den unterschiedlichen Musiktraditionen.         ihre kirchenmusikalischen Erfah-                               Landesstelle in Stuttgart-Vaihingen. Unser Ziel ist es, junge Menschen zum Glauben an Jesus Christus einzuladen,
    Das erschwert die Zusammenarbeit.                        rungen sie nicht trennen, sondern                              ihren Glauben im Alltag zu stärken und sie bei ihrem Engagement für Jugendarbeit und Gesellschaft zu unterstützen:
                                                             verbinden und bereichern. Ich                                  Wir begegnen jungen Menschen in ihren Lebenswelten, begleiten sie im Glauben und befähigen sie, Verantwortung
    Mit der Herausgabe dieser „Zukunftsmusik-Bro-            danke dem Herausgeberteam                                      zu übernehmen. Dafür unterstützen wir zum einen Jugendwerke vor Ort sowie in den Bezirken. Zum anderen inves-
    schüre“ wird eine Möglichkeit zur ersten wie zur         und allen Autoren, die hierzu                                  tieren wir direkt in Kinder, Konfirmanden, Jugendliche, Familien und (junge) Erwachsene über unsere sinnstiftenden
    vertieften Wahrnehmung eines umfangreichen               ihren Beitrag leisten.                                         Arbeitsbereiche, Veranstaltungen, Bildungsangebote und Reisen.
    musikalisch-christlichen Sozialisierungsbereichs
    in unserer Zeit geboten. Es erwarten Sie theolo-         Herzlich                                                       Evang. Jugendwerk in Württemberg
    gisch wie historisch fundierte Grundlagenartikel,        Ihr Matthias Hanke                                             musikplus – Popularmusik im EJW | www.musikplus.de
    selbstkritische Reflexionen und Beobachtungen.                                                                          Perspektive entwickeln | www.perspektive-entwickeln.de
                                                                                                                            Haeberlinstr. 1-3 | 70563 Stuttgart
                                                                                                                            Telefon 0711 9781-450 | www.ejwue.de

                                                                                                                            Redaktionsteam: Ilse-Dore Seidel-Humburger, Hans-Joachim Eißler, Michl Krimmer, Matthias Mergenthaler
                                                                                                                            Weitere Mitarbeit: Immanuel Mauz, Melanie Decker, Jana Hinderer
                                                                                                                            Grafik: Heidi Frank, www.visualwerk.de | Druck: Druckerei Memminger, Freiberg | Auflage: 5000
                                                                                                                            Bildnachweise: unsplash | jamieson-murphy (1), austin-neill (6), kenrick-mills (15), iStock, Visivasnc (18), tamas-tuzes-
                                                                                Matthias Hanke                              katai (22), freepik (31-33), mika-baumeister (35), rachel-lynette-french (36), sean-stratton (37), lians-jadan (39), iStock,
                                                                                Landeskirchenmusikdirektor der              Garsya (42-43), Heidi Frank (47, 82), priscilla-du-preez (51), florian-klauer (52), spencer-imbrock (61), gaspar-manuel-
                                                                                Evangelischen Landeskirche in Württemberg
                                                                                                                            zaldo (63, 65), Tim David Specht (67), Michael Krimmer (71), isaac-ibbott (73), william-iven (75), kelly-sikkema (77),
                                                                                                                            john-moeses-bauan (83), jeremy-bishop (84), nicolas-lobos (85), austin-neill (86-87), ben-white (88)
6                                                                                                                                         Tim-David                  Michl                                                                                 7
ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
EINE KURZE ZEITREISE DURCH DIE GESCHICHTE DER
                                                                                                                                   LOBPREISMUSIK
    Lobpreismusik ist keine moderne Erfindung. Zwar verbinden wir heute mit dem Wort „Lobpreis“ häufig eine ganz bestimmte
    Art von Liedern und einen ganz speziellen, oft recht einheitlich klingenden musikalischen Sound. In Wirklichkeit aber gab es
    Lobpreismusik schon immer, in allen Kulturen, Religionen und Zeiten. Schon an dem Tag, als Gott den Grund der Welt legte,
    lange bevor es Menschen gab, sangen die Sterne Loblieder für Gott (Hiob 38,7). Gott hat Lobpreis in seine Schöpfung und in
    die Geschichte der Welt hineingewoben. Deshalb lohnt sich eine kurze Zeitreise durch die Geschichte der Lobpreismusik.

            1     DIE ANFÄNGE DER LOBPREISMUSIK
                  IM ALTEN TESTAMENT
                                                                           einmal die eigenen „Lieblingslieder“ daraufhin zu
                                                                           überprüfen, wie viel von dieser biblischen Vielfalt
                                                                           sie widerspiegeln und wo vielleicht die eigenen
                                                                                                                                   es prophetische Einblicke in die zukünftige himm-
                                                                                                                                   lische Welt, wo eine versammelte Menschheit aus
                                                                                                                                   allen Nationen und Sprachen vor dem Thron Gottes
                                                                                                                                                                                            In der Reformationszeit rückten dann die Aspekte
                                                                                                                                                                                            der Verständlichkeit und der Verkündigung deut-
                                                                                                                                                                                            licher in den Vordergrund. Der Gottesdienst, der
                  Die Anfänge unseres christlichen Gottesdienstes          „blinden Flecken“ im Lobpreis sind.                     steht und das Lamm anbetet, das geopfert wurde           bisher vor allem Anbetungsveranstaltung war,
                  liegen im Alten Testament. Die ersten Christen                                                                   (Offb. 5,1-14; 15,3-4; 19,1-7). Diese neutestament-      wurde nun eher zu einer Lehrveranstaltung. Die
                  waren tief verwurzelt in ihrem jüdischen Glau-                                                                   lichen Bilder sind heute eine beliebte Angriffsfläche    Predigt wurde in den Mittelpunkt des Gottes-
                  ben, und um „Lobpreis zu machen“, gingen sie
                  in den Tempel von Jerusalem (Lukas 24,52-53;
                  Apg 2,46). Hier war zur Zeit des Alten Testaments
                                                                           2     LOBPREIS UND ANBETUNG IM
                                                                                 NEUEN TESTAMENT
                                                                                                                                   für Spott und Hohn über die christliche Lobpreis-
                                                                                                                                   liederkultur, die vermeintlich nur von Thronen
                                                                                                                                   und Lämmern handele, mit denen heute niemand
                                                                                                                                                                                            dienstes gestellt. Während die Lieder des Mittel-
                                                                                                                                                                                            alters hauptsächlich Lob- und Gebetslieder waren,
                                                                                                                                                                                            entstanden nun viele Lieder, in denen Glaubensin-
                  der zentrale Ort der Anbetung: 4000 Musiker taten        Die ersten Christen haben an diese Wurzeln              mehr etwas anfangen könne. Bei genauem Hin-              halte verkündigt oder Glaube bezeugt wurde, und
                  ihren Dienst im Tempel, 288 davon waren Sänger,          jüdischer Lobpreiskultur angeknüpft. Auch für sie       sehen entpuppt sich dieser Spott aber auch als ein       zwar in deutscher Sprache. Und nicht, wie bisher,
                  „allesamt Meister“ (1. Chr. 23,5; 25,7). König           waren die Psalmen das Liederbuch, das sie prägte        billiges Klischee: Erstens gibt es unter den aktuellen   auf Latein. Diese Lieder wandten sich also stärker
                  David, der selbst „des Saitenspiels kundig“ war,         und der Tempel der erste Ort, an den sie gingen,        Top-100-Liedern in Wirklichkeit nur sehr wenige,         an die Gottesdienstbesucher als an Gott. Es blieb
                  hatte spezielle Anbetungsleiter aus dem Stamm der        um Gott zu loben. Aber da, wo der Jerusalemer           in denen tatsächlich ein Lamm oder ein Thron vor-        aber ein Grundgerüst an sogenannten „liturgi-
                  Leviten ausgewählt, um die Gemeinde im Lobpreis          Tempel weit entfernt war, wurde das eigene Haus         kommt. Zweitens jedoch ist es weder verwunderlich        schen Stücken“ bestehen, die Woche für Woche in
                  anzuleiten (1. Sam 16,17; 1. Chronik 16,4-6). So         zum Tempel. So schreibt Paulus der Gemeinde in          noch falsch, dass wir als Christen in unseren Lie-       gleicher Form wiederholt wurden. Diese Stücke,
                  wurde der gemeinsame Lobpreis im Tempel eine             Korinth: Ihr seid ein Tempel des Heiligen Geistes,      dern auf Bilder aus dem Neuen Testament zurück-          die häufig noch aus der Zeit vor der Reformation
                  Erfahrung, die nicht nur musikalisch hochwertig          und wenn ihr Gottesdienst feiert, dann ist Gott         greifen. Diese waren schon für die ersten Christen       stammen, sind in den meisten evangelischen Got-
                  war, sondern auch Einheit zwischen ganz ver-             selbst mitten unter euch, so wie im Tempel von          nämlich nicht alltäglich, sondern alltagsfremd und       tesdiensten bis heute erhalten geblieben. Sie sind
                  schiedenen Menschen stiftete und zu einer Be-            Jerusalem (2. Kor 6,16; 1. Kor 14,25). Jesus selbst     deshalb symbolgeladen. Und im heutigen Zeitalter         sozusagen der „Lobpreisteil“ des evangelischen
                  gegnung mit der machtvollen Gegenwart Gottes             hatte davon geredet, dass unsere Anbetung eines         von „Game of Thrones“ haben weder Throne noch            Gottesdienstes.
                  führte. Die eindrückliche Beschreibung eines sol-        Tages von äußeren Orten unabhängig ist: „Wer            blutige Opfer ihre Symbolkraft verloren. Keine
                  chen Lobpreismomentes im Tempel findet man in            Gott anbeten will, der muss ihn im Geist und in         Angst also vor symbolischer Sprache. Sie hat, gerade     Die Bewegung des Pietismus und die Entstehung
                  2. Chronik 5,11-14.                                      der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,23-24). Nicht auf         weil sie fremd ist, die Kraft, unsere Alltagsgrenzen     der Freikirchen im 18. und 19. Jahrhundert brach-
                                                                           die äußere Verpackung kommt es an, auch nicht           zu sprengen und Vorstellungswelten zu erweitern.         ten dann aber eine weitere Veränderung der Lob-
                  Die 150 Psalmen, die im Alten Testament zusam-           auf die musikalische, sondern auf das Herz und auf                                                               preiskultur mit sich: An vielen Orten bildeten sich
                  mengestellt sind, aber auch viele andere Lieder, die     die innere Haltung.                                                                                              außerhalb des regulären Sonntagsgottesdienstes
                  sich verstreut durch die ganze Bibel finden, geben
                  uns einen Eindruck davon, wie vielfältig in der Zeit
                  der Bibel gesungen und gebetet wurde. Das Wort
                                                                           Für die Gottesdienste der ersten Christen war es
                                                                           außerdem prägend, dass Wort- und Musikbeiträge
                                                                                                                                   3    LOBPREISMUSIK IM WANDEL DER ZEIT

                                                                                                                                   In den Jahrhunderten zwischen der biblischen Zeit
                                                                                                                                                                                            „Bibelstunden“, später dann auch eigene Vereine
                                                                                                                                                                                            und schließlich freikirchliche Gemeinden. In die-
                                                                                                                                                                                            sen Gruppen gab es meist gar keine „Liturgie“ im
                  „Lobpreis“ ist eigentlich viel zu klein, um diese        von allen Teilnehmern beigesteuert werden konn-         und unserer heutigen Zeit hat sich die Form des Got-     klassischen Sinn mehr. Die Versammlungen wa-
                  Vielfalt zusammenfassen: Natürlich, viele Lieder         ten. Dabei ließ man sich vom Heiligen Geist leiten,     tesdienstes immer wieder gewandelt. Eins aber ist        ren im Prinzip Bibelauslegung mit musikalischem
                  und Psalmen haben den Zweck, Gott zu ehren, zu           was manchmal zwar zu etwas Unordnung, dafür             gleichgeblieben: Lobpreismusik spielte immer eine        Rahmenprogramm. Hinzu kamen frei bewegli-
                  loben und zu preisen. Aber dann gibt es da noch          aber auch zu lebensverändernden Gottesbegeg-            entscheidende Rolle. Die Gottesdienste der alten Kir-    che Programmpunkte wie Gebete, Ansagen und
                  so viel mehr: Zum Beispiel Lieder der Dankbarkeit        nungen führte (1. Kor 14,23-26). Besondere Ga-          che etwa waren größtenteils von Gesängen geprägt,        vielleicht eine Gebetsgemeinschaft. Einen festen
                  für das, was Gott tut und was wir mit ihm erleben.       ben des Geistes, wie etwa prophetische Rede oder        Wortbeiträge oder Predigten waren eher die Ausnah-       Ort für Lobpreis und Anbetung gab es in dieser
                  Lieder des Vertrauens auf Gott in Zeiten der Angst       das Sprachengebet, flossen in den Gottesdienst mit      me. Es gab keinen „Lobpreisblock“ im Gottesdienst,       Gottesdienstform nicht mehr. Es hing eher an
                  und des Leidens. Lieder der Liebe und Hingabe an         ein, um ihn zu bereichern.                              sondern der Gottesdienst „war“ vor allem Lobpreis.       den individuellen Liedvorschlägen des jeweiligen
                  Gott. Lieder der Klage über persönliches Leid oder                                                               Heute kann man diese alten, gesangs- und gebets-         Gottesdienstleiters, ob der musikalische Schwer-
                  den scheinbaren Sieg des Bösen in der Welt. Lie-         Die ältesten christlichen Lobpreislieder finden         geprägten Gottesdienstformen noch in den orthodo-        punkt auf Anbetung, auf Verkündigung oder auf
                  der der Ehrfurcht und des Staunens. Es lohnt sich,       wir übrigens im Buch der Offenbarung: Hier gibt         xen und orientalischen Kirchen des Ostens erleben.       Glaubensbekenntnis lag. In vielen Freikirchen und

8                                                                                                                                                                                                                                                 9
ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
landeskirchlichen Gemeinschaften hat sich dieser                                                            Lobpreisstil, der international verbreitet war, jetzt     ist auch, dass die Bandbreite der Lieder, die es
     Gottesdienststil eines moderierten thematischen                                                             auch in Deutschland Fuß fasste. In der Lieder-            schon gibt, besser ausgenutzt wird.
     „Programms“ aus Predigt, Liedern, Gebeten und                                                               buchreihe „Du bist Herr“ wurden diese Lieder für        x Wir sollten Lobpreis nicht nur auf Liedersingen
     anderen Elementen bis heute gehalten. Manchmal         Musikalische Einflüsse kamen dabei vor allem aus     viele zugänglich.                                         reduzieren. Die oben beschriebene Entwicklung
     wird er auch einfach durch einen „Lobpreisblock“       der Gospelmusik, und ab den 70er Jahren dann         Auf den „Christival“-Jugendkongressen, die im-            in Deutschland hat dazu geführt, dass in der
     ergänzt – aber das Grundkonzept von Gottes-            auch zunehmend aus der Rock- und Popmusik.           mer auch Trendsetter und Gradmesser des geist-            evangelischen Jugendarbeit oft zwar die Lieder
     dienst bleibt damit im Grund das gleiche: Der Lob-     Viele Kirchen und Freikirchen waren zunächst         lichen Lebens in Deutschland sind, fanden charis-         der charismatischen Bewegungen übernommen
     preisblock wird lediglich zu einem weiteren Pro-       skeptisch, ob solche „weltliche“ Musik zum hei-      matische und nicht-charismatische Strömungen              wurden, wichtige andere Elemente aber nicht,
     grammteil, der das „Rahmenprogramm“ ergänzt.           ligen Ort des Gottesdienstes passt. Häufig sprach    der Jugendarbeit mehr und mehr zusammen. 1996             wie etwa die Offenheit für Geistesgaben und
                                                            man auch abschätzig von „Negermusik“ oder            in Dresden gab es bereits verschiedene Lobpreis-          neue Gottesdienstformen, die Raum für Spon-
     Die „neuere“, popmusikalisch geprägte Lobpreis-        befürchtete, dass mit den afro-amerikanischen        gottesdienste und „Gebetskonzerte“, 2002 waren            taneität, Beteiligung und das Wirken des Heili-
     und Anbetungsmusik, wie wir sie heute kennen, hat      Klängen auch eine „heidnische“ Spiritualität oder    diese dann schon Normalität. Gleichzeitig startete        gen Geistes lassen. Der allgegenwärtige „Lied-
     ihre Wurzeln in verschiedenen Bewegungen und           fremde Geister Einzug in die Gemeinde halten         1995 die Liederbuchreihe „Feiert Jesus“ und die           block“ ist nicht das, worauf es den Müttern und
     Aufbrüchen des 20. Jahrhunderts: Da ist einmal die     könnten. Deshalb wurde vor Rockmusik, Popmu-         regelmäßigen CD-Produktionen unter gleichem               Vätern der „Lobpreisbewegung“ ursprünglich
     Pfingstbewegung mit ihrer Offenheit für das spon-      sik und auch Gospelmusik zunächst gewarnt.           Namen. Deutsche Lobpreislieder kamen dabei zu-            einmal ankam.
     tane Wirken des Heiligen Geistes. Weil man Raum                                                             nächst noch aus dem katholischen Umfeld (Albert         x Im Zeitalter der Globalisierung und der Viel-
     schaffen wollte für prophetisches Reden, für Spra-     Hinzu kam in Deutschland eine breite Skepsis ge-     Frey), aus Pfingstkirchen (Lothar Kosse, Martin           falt sollte unser Lobpreis mehr Weltperspektive
     chengebet, für überraschende Heilungen und Wun-        genüber der charismatischen Bewegung: Nicht nur      Pepper) oder aus den charismatischen Flügeln              haben. Weiße westliche Popmusik ist zwar auf
     der, passten die Korsette der traditionellen Gottes-   in Freikirchen und pietistischen Gemeinschaften,     der Landeskirche (Arne Kopfermann). Einen gro-            dem Weltmarkt beherrschend und kommerziell
     dienstformen nicht mehr. Gottesdienste wurden          sondern auch in der missionarischen Jugendarbeit     ßen Einfluss hatten auch deutsche Übersetzungen           erfolgreich. In der christlichen Kirche sollte aber
     hier nicht mehr von einem Pfarrer angeleitet oder      von CVJM und EJW hatte man Sorge vor falschen        von Liedern zunächst aus der amerikanischen               auch die Musik unserer Geschwister aus Afrika,
     von einem Gottesdienstleiter am Schreibtisch ent-      theologischen Einflüssen, vor zu viel Emotionali-    Vineyard-Bewegung, dann zunehmend aus der                 Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt
     worfen, sondern sie folgten spontan der Leitung des    tät und vor Scharlatanerie. In Liederbüchern der     Hillsong-Gemeinde und der Bethel Church. Deut-            viel mehr Gehör und Verbreitung finden. Ein
     Geistes. Einfache Lieder aus wenigen Zeilen, die oft   70er und 80er Jahre finden sich daher kaum Lieder    sche Musikprojekte wie die Outbreakband, Köni-            Blick in die frühen „Du bist Herr“-Liederbücher
     wiederholt wurden, konnten spontan angestimmt          aus dem Bereich der charismatischen Bewegung.        ge&Priester oder SoulDevotion prägten die weite-          zeigt, dass es schon einmal anders war.
     werden. „Vorprogramm“ und „Hauptprogramm“              Liedermacher wie Jürgen Werth, Manfred Siebald,      re Entwicklung in Deutschland ebenso wie neuere
     kehrten sich jetzt wieder um: Die Predigt wurde zur    Arno & Andreas und Peter Strauch schrieben           Gemeindegründungsbewegungen (ICF, Hillsong,             Gottes lange Geschichte mit dem Lobpreis ist noch
     Vorbereitung auf das Eigentliche: nämlich die Be-      und sangen vor allem verkündigende, erzählende       Urban Life Church).                                     lange nicht zu Ende. Der Blick in die Vergangen-
     gegnung mit dem Wirken Gottes in den anschlie-         Lieder. Auch die an vielen Stellen entstehenden                                                              heit kann uns helfen, unsere Gegenwart kritisch
     ßenden Gebetszeiten, in Heilungsdienst, Anbetung       Jugendchöre sangen vor allem „über Gott“, aber                                                               zu reflektieren und kreativ umzugestalten. Und
     und prophetischem Reden, oft begleitet und unter-
     malt von langen Phasen des spontanen Singens.
                                                            wenig „zu Gott“. Die frühen christlichen Bands
                                                            konzentrierten sich auf missionarische Konzerte,
                                                            nicht auf die Gestaltung von Gottesdiensten oder
                                                                                                                 5    AUSBLICKE

                                                                                                                 Der Ausblick nach vorn gehört zwar eigentlich
                                                                                                                                                                         der Blick in die Zukunft kann uns herausfordern,
                                                                                                                                                                         nicht da stehen zu bleiben, wo wir jetzt angekom-
                                                                                                                                                                         men sind. Sondern neue Wege und Räume zu ent-
     In der „charismatischen Bewegung“, die sich ab         Lobpreis und Anbetung.                               nicht zum geschichtlichen Rückblick. Trotzdem           decken, um diese Welt mit Lobpreis zu erfüllen
     etwa 1960 vor allem in den evangelischen und ka-                                                            stellt sich die Frage, wie die Geschichte weiter-       und sie dadurch nachhaltig zu verändern.
     tholischen Landeskirchen ausbreitete, wurden diese                                                          geht. Ich nenne ganz knapp ein paar Bereiche,

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     Impulse aufgenommen. Es entstanden neben den                LOBPREISMUSIK IN DER EVANGELISCHEN              in denen ich mir in den nächsten Jahren weitere
     normalen Sonntagsgottesdiensten an vielen Orten             JUGENDARBEIT HEUTE                              Fortschritte wünsche:
     besondere „Lobpreisgottesdienste“, in denen viel                                                            x Die Arbeit an immer mehr musikalischer Qua-
     Raum für Anbetung, Lobpreis und Gebet geschaffen       Die Grenzen wurden fließender ab den 90er              lität und Originalität gehört sicher zu den Auf-
     wurde. Aber auch in den normalen Gottesdiensten        Jahren: Theologisch näherten sich Pfingstbe-           gaben der Zukunft. Sie sollte aber nicht den ein-
     fand moderner Lobpreis Einzug: Dafür erweiterte        wegung, charismatische Bewegung, Pietismus             zigen Fokus bilden.
     man die noch vorhandenen liturgischen Reststücke       und Freikirchen langsam einander an. Geist-          x Mehr Weite, mehr Tiefe und mehr Ehrlichkeit
     zu ausführlicheren Lobpreiszeiten. An die Stelle der   liche Gräben und Missverständnisse konn-               in den Inhalten täte uns gut. Es gibt einige Lieb-
     kurzen „Halleluja“-, „Heilig“- oder „Lamm Gottes“-     ten überwunden, theologische Fragen geklärt            lingsthemen, die immer wieder auftauchen,
     Gesänge traten nun einfache Chorusse mit ähnli-        und differenziert werden. Auch internationale          andere wichtige Themen dagegen bleiben oft
     chen Texten und Inhalten, die spontan gelernt und      Missionsbewegungen wie „Jugend mit einer               noch unterbelichtet. Die glänzende Fassade ist
     mitgesungen werden konnten. Daher waren Lob-           Mission“, „Operation Mobilisation“, „Campus            manchmal noch wichtiger als die innere Ge-                               Guido Baltes
     preislieder in dieser Frühzeit oft textlich schlicht   für Christus“, die jetzt auch in Europa aktiv wur-     brochenheit des Lebens. Entsprechende Lie-                               ist evangelischer Pfarrer und Lobpreismusiker
                                                                                                                                                                                            und arbeitet als Dozent am MBS Bibelseminar
     und musikalisch einfach gestrickt.                     den, trugen dazu bei, dass ein Liedgut und ein         der müssen geschrieben werden. Aber wichtig                              in Marburg.

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ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
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FREUDESCHENKER,        GLÜCKLICHMACHER
                             HEIMATGEBER,      UND SCHULDVERGEBER –
     Durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre ist auch im Kontext von Kirchen und Freikirchen eine neue
     junge Generation herangewachsen, die ein ganz eigenes Profil entwickelt hat. Häufig herrscht das öffentliche Bild vor, dass    EINBLICKE IN DIE GENERATION LOBPREIS
     es kaum noch Jugendliche in Deutschland gibt, in deren Lebenswelt der Glaube eine zentrale Rolle spielt. Doch unsere
     Untersuchung zeigt, dass es eine neue gläubige Generation gibt, die selbstbewusst glaubt. Aber was sind das für Jugendliche,
     die Kirche gut finden, gerne ehrenamtlich mitarbeiten und die Kirche von morgen prägen werden? Wie glauben sie? Und
     wie stellen sie sich Gott vor? Diesen Fragen sind wir als Forschungsinstitut empirica für Jugend, Kultur & Religion in unse-
     rer Studie „Generation Lobpreis“ nachgegangen und haben Spannendes herausgefunden. Einige interessante Ergebnisse
     sollen im Folgenden präsentiert werden.

                   WARUM „GENERATION LOBPREIS“?                             heit, da man sich aufgrund des beschleunigten           von der Kirche erwarten, dass sie sich sozial en-      Jugendlichen für ihren eigenen Glauben besonders
                                                                            sozialen Wandels immer weniger an der Vergan-           gagiert; so sagen 98,2 Prozent der hochreligiösen      wichtig ist, welchen Einflüssen sie sich aussetzen
                   Für uns bringt der Begriff „Generation Lobpreis“         genheit und den dort gemachten Erfahrungen ori-         Befragten, dass es ihnen wichtig ist, dass Kirche      und aus welchen Glaubensquellen sie in ihrem
                   etwas zum Klingen, das sich durch fast alle Er-          entieren kann. Zum anderen gibt es aber in einer        »...sich um Probleme von Menschen in sozialen          Alltag schöpfen. Die höchste Zustimmung auf die
                   gebnisse hindurchzieht und stimmig ist mit dem           postmodernen Gesellschaft auch einen eklatanten         Notlagen kümmert«, gefolgt von »...für christliche     Frage, was den eigenen Glauben stärkt, hat Lob-
                   Gesamtbild, das wir aus der Vielzahl und Vielfalt        Mangel an gesellschaftlich positiven Visionen für       Werte und Normen eintritt« (98,8 Prozent) und          preismusik/Worship mit 64 Prozent. Dieses Ergeb-
                   der Ergebnisse gewonnen haben. Einerseits spielt         die Zukunft. In diesem Sinne bleibt nichts anderes      »...die christliche Botschaft verkündigt« (99,8 Pro-   nis überrascht, da gerade Hochreligiöse traditionell
                   ganz faktisch der Lobpreis als Musik eine wichti-        als die Gegenwart und ein gewisser Pragmatismus         zent), mit etwas Abstand folgt »...das Gespräch mit    zuerst mit „Gebet“ (auf Platz zwei) und „Bibellesen“
                   ge Rolle. Uns war das vorher bewusst, jedoch hat         sowie ein mindestens moderater Hedonismus,              Vertretern anderer Religionen sucht« (77,3 Prozent).   (auf Platz sechs) in Verbindung gebracht werden.
                   uns überrascht, wie intensiv Lobpreis im Glauben         welche sich als Kernwerte durch diese Generation                                                               Erwartet hoch bei der Frage nach der Stärkung des
                   der evangelisch-hochreligiösen Jugendlichen ver-         ziehen. So wurden die Ergebnisse der letzten Shell      GENERATION LOBPREIS:                                   eigenen Glaubens sind die „Gespräche mit Freun-
                   ortet ist und welch tiefe und beispielhafte Bedeu-       Jugendstudie (2015) gerne mit „die pragmatische         WAS STÄRKT DEN GLAUBEN?                                den und Familie“ (mit 54 Prozent auf Platz drei)
                   tung er für das eigene Glaubensleben hat. Dabei          Generation“ zusammengefasst. Wenn es nun um                                                                    und „christliche Freizeiten“ (mit 47 Prozent auf
                   geht es nicht nur um Lobpreis als Musik, sondern         die Frage geht, wie unsere befragten Jugendlichen       Die Frage nach der Stärkung des eigenen Glaubens       Platz vier). Dass „Predigen im Gottesdienst“ mit 44
                   es geht um das Lebens- und Glaubensgefühl, das           ihren Glauben leben und erleben, wie sie ihr Glau-      ist ein guter Einstieg in die persönliche Glaubens-    Prozent auf Platz fünf noch vor „Bibellesen“ kommt,
                   Lobpreis vermittelt. Hierin zeigt sich auch das, was     bensleben gestalten und wie dies in ihrem Alltag        praxis hochreligiöser Jugendlicher. Sie zeigt, was     ist überraschend und interessant.
                   man eine Individualisierung, Emotionalisierung           verortetet ist, stellen wir fest, dass sich eben er-
                   oder Subjektivierung des Glaubens nennen könn-           wähnte Entwicklungen hier auch deutlich zeigen.
                   te. Dies gilt für das Gottesbild (höchster Wert:
                   Gott liebt mich bedingungslos) wie für die Glau-         WAS MACHT DEN GLAUBEN AUS?
                   benspraxis (Lobpreis ist eine wichtigere Quelle des      ÜBER GOTT UND KIRCHE...
                   Glaubens als Gebet und Bibellesen), für die Kirche
                   (höchster Wert: Gemeinschaft) oder die Motiva-           Hochreligiöse Jugendliche hingegen erleben ge-
                   tion zum Ehrenamt (höchster Wert: weil es Spaß           nau diese Identitätsmerkmale in ihrem Glauben,
                   macht). Schauen wir uns nun einige Ergebnisse ge-        wenn sie beispielsweise davon ausgehen, dass Gott
                   nauer an. Dabei ist wichtig zu sehen, dass hochre-       in ihr Leben und ihre Entscheidungen eingreift
                   ligiöse Jugendliche ein Teil der gesamten Jugend-        (82,1% der Hochreligiösen stimmen der Aussage
                   bewegung in Deutschland sind und von denselben           »Gott greift in mein Leben ein« ziemlich oder sehr
                   gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt wurden.         zu) und so ihr Leben führt oder dass Gott ihre Ge-
                                                                            bete hört (das glauben 87,9% der hochreligiösen
                   GENERATION LOBPREIS ALS TEIL                             Jugendlichen). Ein weiteres wichtiges Themenfeld
                   DER JUGENDKULTUR                                         ist die religiöse Vergemeinschaftung und Verbun-
                                                                            denheit mit Menschen gleichen Glaubens. Rosie
                   Wenn wir uns die Entwicklung der Jugendkultur            stellt dazu im Interview fest: »Wenn man in die
                   der letzten Jahrzehnte im Kontext der Jugend-            Kirche kommt, da fühlt man sich schon gleich zu
                   forschung anschauen, dann stellen wir fest, dass         Hause, weil man da einen großen Teil auch seiner
                   die großen Stichworte Erlebnisorientierung, Sub-         Kindheit verbracht hat. Und das nicht irgendwie so
                   jektorientierung und Konsumorientierung sind.            ein fremder Ort ist oder so. Jetzt allein vom Ort her
                   Bei der heutigen Jugendgeneration ist eine starke        und auch die Menschen, die kennt man da schon so
                   Gegenwartsorientierung festzustellen. Zum einen          lange. Und ja, das ist dann wie eine große Familie.«
                   gibt es einen Bedeutungsverlust der Vergangen-           Dazu kommt, dass hochreligiöse Jugendliche

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ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
MEINE MEINUNG
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                                                                                                                                                                                                                             Dabei muss es nicht immer ein extra Event sein.
                                                                                                                                                                                                                             Im ganz „normalen“ Sonntagsgottesdienst einige
                                                                                                                                                                                                                             Lieder hintereinander, verbunden durch ein Gebet
                                                                                                                                                                                                                             mit leiser Instrumentalmusik. Mehr braucht es
                                                                                                                                                                                                                             nicht."
                                                                                                                                                                                                         Johanna Vieira Machado
     WAS MOTIVIERT DIE GENERATION LOBPREIS?                 sich in seiner Gnade und Treue, beziehungsweise      JUGENDLICHE WOLLEN ETWAS BEWEGEN                                                        leidenschaftliche Kantorin, Mitglied der Band BetaGrooves
                                                            darin, dass er uns durch das Heilsgeschehen in       UND ÜBERNEHMEN VERANTWORTUNG                                                            und Musikteamcoach beim EJW
     Dieser Frage sind wir auch nachgegangen und            Jesus Christus von unserer Sünde erlöst. Gott ist
     haben herausgefunden, dass ihre höchste Motiva-        Vater und Freund. Er ist uns und unseren Bedürf-     Vielen Jugendlichen ist es wichtig, etwas zu bewegen.
     tion mit 92 Prozent „Spaß und Freude beim En-          nissen sowie unseren Problemen zugewandt und         Wie schon bei den quantitativen Ergebnissen festge-              DIE HINTERGRÜNDE DER STUDIE:
     gagement“ ist, danach folgt „Anderen Menschen          grundsätzlich positiv eingestellt. Eher im Hinter-   stellt, suchen hochreligiöse Jugendliche verantwort-
     zu helfen“ (85 Prozent) und „Etwas mit anderen         grund, wie ein schwacher Schatten dieses durch       liche Aufgaben. Dies zeigt sich in den Interviews an             Wer wurde untersucht?
     zusammen tun“ (84 Prozent). Erst an vierter Stelle     und durch guten Wesens, lauert ein auch mal zor-     vielen Stellen ganz praktisch, wie Juliane erzählt: „In          In der empirica Jugendstudie wurden 3187 evan-
     steht dann „In meiner Verantwortung als Christ/in      niger Gott, der straft und vor dem man auch mal      letzter Zeit, also so die letzten zwei, drei Monate, war         gelische Jugendliche und junge Erwachsene zwi-
     handeln“ (77 Prozent) als ein explizit christliches    Angst haben kann.                                    es halt so: ,Okay, es macht kein anderer‘. Aber jetzt war        schen 14 und 29 Jahren durch einen umfassende
     Motiv. Lukas beschreibt das in seiner Motivation                                                            letztens so ein Lobpreis-Gottesdienst und da hab ich             Onlinebefragung erforscht. Ziemlich genau drei
     des Ehrenamts so: „Also, wir machen auch viel mit      GLAUBE & MISSION:                                    gemerkt: ,Ey, was machst du hier eigentlich?‘ Und da             Viertel (75 Prozent bzw. 2.386) der befragten evan-
     Asylbewerbern, das ist dann cool. Kann man auch        WIE EXKLUSIV LEBEN HOCHRELIGIÖSE                     war so ein Lied von wegen, ich laufe, so weit ich kann.          gelischen Jugendlichen konnten als hochreligiös
     viel seinen Glauben so zeigen und leben.“ Es zeigt     JUGENDLICHEN IHREN GLAUBEN?                          Und ich wusste, wenn ich diese Motivation hab, dann              identifiziert werden. Zusätzlich wurden 62 aus-
     sich also ein sehr vitales Bild von hochreligiösen                                                          kann ich nicht mehr weiterlaufen. Ich hab so gebetet,            führliche qualitative Interviews durchgeführt, wo
     Jugendlichen in der ehrenamtlichen Arbeit. Und         Wie exklusiv leben hochreligiöse Jugendliche         so: ,Gott, wenn ich nicht laufen kann, dann trag mich’.          die Jugendlichen selbst zu Wort kamen und über
     dies betrifft den Kontext von Kirche und Gemein-       ihren Glauben, welche Rolle spielt Mission für       Und seitdem ist so dieses furchtbare Stress-Gefühl ein-          ihren Glauben erzählt haben.
     de und darüber hinaus.                                 sie und wie reden diese Jugendlichen über ihren      fach weg.“ Anhand dieser Aussage wird nochmals
                                                            Glauben? Fangen wir mit der Frage nach der Ex-       die hohe Verbindung zwischen Ehrenamt und                        Was sind hochreligiöse Jugendliche?
     DAS GOTTESBILD DER HOCHRELIGIÖSEN                      klusivität an, dann stellen wir fest, dass 72,9%     eigenem Glauben deutlich, die viele hochreligiöse                Der aktuelle Religionsmonitor der Bertelsmann
                                                            davon ausgehen, dass »nur der christliche Glaube     Jugendliche erleben und aus der dann ein verant-                 Stiftung zeigt, dass über 20 Prozent der Men-
     Eine wichtige Frage zur Einordnung hochreligiö-        zum Heil führt« und 62,8% glauben, dass »ihre        wortliches Handeln erwächst.                                     schen im Alter von 16 bis 29 Jahren in Deutschland
     sen Glaubens stellt die Frage nach dem Gottesbild      Religion eher Recht hat und andere eher un-                                                                           „hochreligiös“ sind. Dies bedeutet, dass für diese
     dar. Hier zeigt sich zunächst ein eindeutiges Bild     recht«. Dazu passt, dass nur 33,7% der Aussa-        GENERATION LOBPREIS ALS                                          Menschen religiöse Inhalte, Deutungsmuster und
     bei den befragten hochreligiösen Jugendlichen,         ge zustimmen, »jede Religion hat einen wahren        HOFFNUNGSTRÄGER FÜR DIE GEMEINDE                                 Praktiken besonders relevant sind und „einen
     denn ihr Gottesbild ist sehr positiv besetzt, so sa-   Kern«. Hier erkennen wir ein exklusives Glau-                                                                         strukturierenden Einfluss auf das gesamte Erle-
     gen 93%, dass sie „Dankbarkeit gegenüber Gott“         bensverständnis bei hochreligiösen Jugendlichen.     Insgesamt lässt sich sagen, dass wir eine neue Gene-             ben und Verhalten“ haben, wie zum Beispiel durch
     empfinden und sich „von Gott geliebt wissen“,          Fragt man nun, ob die Jugendlichen ihren Glau-       ration an frommen Jugendlichen haben, die hoch-                  tägliches Gebet und die Erwartung, dass Gott ins
     77% gehen davon aus, dass „Gott in ihr Leben ein-      ben anderen gut erklären können, dann antwor-        motiviert ist, Gott von Herzen liebt und Gemeinde                eigene Leben eingreifen kann. Die Gruppe der
     greifen kann“ und 73% fühlen sich „von Gott ge-        ten 74,1% mit „Ja“. Und 53,7% sagen, dass sie sich   toll findet. Aber sie wollen was verändern, ernst ge-            hochreligiösen Jugendlichen ist in sich sehr hete-
     borgen“. Diese Tendenz zeigt sich auch bezüglich       mit ihren Freunden oft über den Glauben unter-       nommen werden und in Gemeinde eingebunden                        rogen und umfasst muslimische, christlich-ortho-
     der Antworten, die die Jugendlichen auf die Frage      halten. Hochreligiöse Jugendliche sehen ihren        sein. Ihr Glaube ist dabei sehr erlebnisorientiert               doxe, katholische sowie evangelische Jugendliche.
     gegeben haben, welche Gefühle sie Gott gegen-          eigenen Glauben als richtig und exklusiv an und      und emotional, Lobpreis spielt eine große Rolle,                 Auch die in der empirica Jugendstudie untersuchte
     über haben. Sie empfinden vor allem Dankbar-           fühlen sich auch sicher darin. Bei der Sprachfä-     weil man Gott fühlen will, während die Bibel zwar                Untergruppe evangelisch-hochreligiöser Jugendli-
     keit, Liebe und Geborgenheit. Zwar gehört auch         higkeit und Mission sind die Werte dann etwas        wichtig ist, aber im Alltag keine so große Rolle mehr            cher hat sehr unterschiedliche Ausprägungen. Sie
     Schuld zu den häufiger vorkommenden Gefühlen,          niedriger, nur etwa jede oder jeder Zweite redet     spielt. Gott ist der „große Daddy“, der immer da ist             reichen vom Engagement in einer evangelischen
     jedoch wird die Vergebung der Sünden noch häu-         mit Freunden über den eigenen Glauben und            und einem hilft ein gutes Leben zu führen.                       Kirche über Freikirchen bis zu selbstorganisierten
     figer empfunden. Nur selten ist man enttäuscht         sagt, dass sie/er sich »mindestens mit einer an-                                                                      Hauskreisen.
     von Gott, gar zornig auf ihn oder hat Angst vor        deren Religion noch auskennen würde«. Schauen
     ihm. Sehr spannend und wieder ins Bild passend         wir nun etwas genauer auf die Ergebnisse, lässt                                                                       Ausführliche Informationen zu Themen wie Kirche,
     ist es, dass die Jugendlichen häufiger zornig auf      sich in einem Satz zusammenfassen: Je freikirch-                                                                      Mission, Ethik oder Ehrenamt gibt es in dem Buch
     Gott sind, als dass sie Angst vor ihm haben. Die-      licher, männlicher und älter die Jugendlichen                                                                         „Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche“,
     se positiven Gottesbilder passen zu den Gesamt-        sind, desto exklusivistischer ist ihr Glaube. Im                                                                      Neukirchener Verlag
     ergebnissen der Studien und weichen deutlich ab        Einzelnen kann man sagen, dass kirchliche Ju-
     von den Ergebnissen der Eltern und Großeltern          gendliche eher glauben, dass jede Religion einen
     (Künkler/Faix 2017). Insgesamt ergibt sich so ein      wahren Kern hat (45 Prozent) als freikirchlichli-
     sehr deutliches Ergebnis: Die hochreligiösen Ju-       che Jugendliche (23 Prozent). Des Weiteren glau-                          Dr. Tobias Faix
     gendlichen haben ein Bild von Gott, das als liebe-     ben kirchliche Jugendliche seltener, dass nur der                         ist Professor für Praktische Theologie an
                                                                                                                                      der CVJM-Hochschule Kassel und leitet
     voll-empathisch beschrieben werden kann. Gott          christliche Glaube zum Heil führt (60 Prozent),                           dort das Forschungsinstitut empirica
     ist zuerst bedingungslose Liebe. Diese Liebe zeigt     bei den Freikirchlern sind es 85 Prozent.                                 für Jugend, Kultur & Religion. Mit seiner
                                                                                                                                      Familie lebt er in Marburg.

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ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
WARUM LOBPREIS FÜR JUGENDLICHE SO ATTRAKTIV IST UND
     WAS DAS FÜR DIE MUSIK DER ZUKUNFT IN DER KIRCHE BEDEUTET
     Für viele Jugendliche und junge Erwachsene haben     ICH WERDE GEHÖRT!                                     ICH WERDE BERÜHRT!                                    Es gilt, in die geistliche Qualität im Lobpreis zu
     Worship und Lobpreis einen hohen Stellenwert für                                                                                                                 investieren, damit Lobpreis eben nicht auf der rein
     ihr Glaubensleben. Wenn vor 20 Jahren bei der        Lobpreislieder sprechen Themen an, die diese jun-     Popmusik ist ein Resonanzraum für Emotionen.          emotionalen Ebene bleibt und zu „drei Liedern am
     Gottesdienstgestaltung die Musik noch eher als       ge Generation bewegen. In vielen aktuellen Liedern    Darin fühlen sich Jugendliche einfach wohl. Für       Stück“ verarmt.
     Rahmenprogramm gesehen wurde und teilweise           werden Gefühle von “Zweifeln, Kämpfen, Angst,         sie ist Lobpreis eine ganz wesentliche Möglich-
     bis heute gesehen wird, dann wird bei der jetzigen   Dunkelheit“ aufgegriffen oder auch die Sehnsucht      keit, den Gefühlen ihres Glaubens Ausdruck zu         Lobpreis- und Anbetungszeiten sind vielerorts auf
     Generation der 16-26jährigen sehr deutlich, dass     nach Freiheit. Vergleichbar mit den Psalmen wen-      verleihen. In ihrer Tendenz, einfach im „Hier und     Liedblöcke im Programmablauf reduziert worden.
     Lobpreis für sie seinen Wert in sich hat. Lobpreis   den sich die Lobpreisliederschreiber im Lied an       Jetzt“ zu leben, wollen sie Gottes Nähe spüren, ihn   Wir nehmen ihnen damit ihren Wert. Die Form
     ist ein wesentlicher Ausdruck für ihren Glauben      Gott. Sie formulieren ihr Vertrauen Gott gegen-       persönlich erfahren und holen sich dadurch auch       wurde übernommen, aber nicht der „Inhalt“. Was
     mit allen Sinnen. Warum ist das so? Ich denke, Ju-   über und singen die Lieder auch zur Vergewisse-       Vergewisserung für ihren Glauben. Lobpreis ist ihr    wir brauchen, sind junge Menschen, die wissen,
     gendliche sprechen deswegen auf Lobpreis so an,      rung, dass dieser Gott durch alle Schwierigkeiten     Resonanzraum für ihre lebendige Beziehung zu          was es heißt, Lobpreis als Raum der Begegnung
     weil drei wesentliche Sehnsüchte der jungen Gene-    durchträgt, ihre Lebens- und Glaubensfragen hört      Gott und gleichzeitig auch das verbindende Ele-       mit Gott zu sehen, geistliche Wege musikalisch zu
     ration hier einen Resonanzraum finden:               und darauf antwortet. Zwei Zitate aus aktuellen       ment mit vielen anderen Christinnen und Chris-        gestalten und Lobpreis zu leiten.
                                                          Lobpreisliedern von Rend Collective sollen das        ten – weltweit!
                                                          verdeutlichen:                                                                                              Investieren wir in junge Lobpreisleiterinnen und
     ICH WERDE GESEHEN!                                                                                         Konkret bedeutet das für die Musik der Zukunft        -leiter und bieten zusätzlich zum Bandcoaching
                                                          "In my wrestling and in my doubts.                    in der Kirche:                                        auch inhaltliches Coaching zum Thema „Lobpreis-
     In unserer Überflussgesellschaft fragen sich die     In my failures You won‘t walk out.                                                                          leitung“, bzw. generell zum Thema „Lobpreis“ an.
     jungen Menschen zunehmend: „Bin ich vielleicht       Your great love will lead me through.                 Die „Sehnsucht“ ist ein Schlüssel zur jungen Ge-
     auch Teil des Überflusses?“ – In Lobpreisliedern     You are the peace in my troubled sea." (Lighthouse)   neration. Und im Lobpreis findet die Sehnsucht        Es gilt, in die theologische Qualität im Lobpreis
     finden sie die Bestätigung ihres Wertes, nach dem                                                          von Jugendlichen nach Glaubenserfahrungen und         zu investieren.
     sie fragen. Denn sie sind auf der Suche nach Iden-   In der deutschen Übersetzung des Liedes               erlebter Gottesnähe einen Raum. Wer mit hochen-
     tität und Bedeutung. Sie wollen gesehen, wahrge-     „Boldly I approach“ heißt es:                         gagierten Jugendlichen Jugendarbeit gestalten will,   Machen wir Lobpreis und Anbetung zum Thema
     nommen und geliebt werden. In diese Sehnsucht                                                              tut gut daran, Lobpreis zu fördern und dafür Raum     auch in der Verkündigung. Und bringen wir moti-
     hinein sprechen aktuelle Lobpreislieder, wie das     „Wenn mich mein Herz erneut verdammt,                 zu lassen – ganz unabhängig von der eigenen Prä-      vierte, jüngere Musikerinnen, Theologen und Wort-
     Lied „Reckless Love“ von Bethel Music beispielhaft   Und Satan flößt mir Zweifel ein,                      ferenz oder Einstellung zu diesem Phänomen.           künstler/Poeten zusammen, um gemeinsam Song-
     zeigt: „Oh, wie endlos, überwältigend, gewagt ist,   Hör ich die Stimme meines Herrn.                                                                            texte zu reflektieren, zu schreiben. Es ist dringend
     wie du liebst. Oh, du kämpfst für mich und spürst    Die Furcht muss fliehen denn ich bin sein.            Es gilt, in die musikalische Qualität zu investie-    notwendig, dass neue, tiefgründige Lobpreislieder
     mich auf, lässt Neunundneunzig steh‘n.“ Lobpreis     Oh, preist den Herrn, der für mich kämpft             ren, damit der Lobpreis musikalisch attraktiv ist,    in deutscher Sprache das Licht der Welt erblicken.
     bestärkt und bestätigt: Ich werde von Gott nicht     und meine Seele ewig schützt.                         wird und bleibt.
     übersehen, sondern angesehen. Im Lobpreis fin-       Mutig komm ich vor den Thron,                                                                               Lobpreis ist ein ganz wesentlicher Schlüssel zum
     den Jugendliche möglicherweise die für ihre Ent-     freigesprochen durch den Sohn.“                       Die Worship-Akademie in Westfalen, das Musik-         Herzen der Jugendlichen. Er ist für sie Ausdruck
     wicklung notwendige Bindung und Geborgenheit,                                                              teamcoaching in Württemberg und andere Ange-          der Hoffnung und ihrem Vertrauen auf Gott. Sie
     die durch gesellschaftliche Entwicklungen mehr                                                             bote von musikplus wie auch die Zusatzausbildun-      leben darin ihre Beziehung mit Gott aus. Das
     und mehr verloren geht.                                                                                    gen für Kirchenmusiker im Bereich Worship und         macht ihn so attraktiv für sie.
                                                                                                                Popmusik – um nur ein paar Beispiele zu nennen –
                                                                                                                sind sehr gute Ansätze und Angebote, die unbe-
                                                                                                                dingt zu fördern und auszuweiten sind.

                                                                                                                                                                                         Ilse-Dore Seidel-Humburger
                                                                                                                                                                                         EJW-Landesreferentin, Lobpreisleiterin
                                                                                                                                                                                         und Musikteamcoach

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