ZUKUNFTS MUSIK? Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche - service.elk-wue.de
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Lobpreis und Anbetung im Kontext der Landeskirche ZUKUNFTS HORIZONT ERWEITERN PRAXIS REFLEKTIEREN PERSPEKTIVEN GEWINNEN MUSIK? ZUKUNFTSMUSIK? GESANGBUCH POSAUNEN ENGLISCH WORSHIP CHORÄLE DEUTSCH GITARRE BEAMER KLASSIK ORGEL BAND CHOR SCHUTZGEBÜHR 9 EURO
4 Zukunftsmusik? Die vier Herausgeber WIE KLINGT DER 6 7 Grußwort Impressum LKMD Matthias Hanke MIX DER ZUKUNFTSMUSIK? 8 Eine kurze Zeitreise durch die Geschichte der Lobpreismusik Dr. Guido Baltes Neben den bekannten, vertrauten und lieb gewordenen „Kanälen“ Illustration: Corinna Schubert Orgel, Gesangbuch-Chorälen, Taizé, Chor- und Bläsermusik drängen 14 Freudeschenker, Heimatgeber, Glücklichmacher und Schuldvergeber – Dr. Tobias Faix die Lobpreismusik und Anbetungsbewegung mit Nachdruck Einblicke in die Generation Lobpreis ins Konzert der etablierten Player und wollen auch „mitspielen“. 18 Warum Lobpreis für Jugendliche so attraktiv ist und was das für die Ilse-Dore Seidel-Humburger Musik der Zukunft in der Kirche bedeutet Von manchen eher belächelt, von anderen heiß geliebt, von wieder anderen 20 Das Gotteslob – 20 angriffslustige und angreifbare Thesen zu einer Prof. Dr. Michael Herbst kritisch bis ablehnend beäugt – ein Dazwischen scheint es oftmals umstrittenen Frage – aus praktisch-theologischer Sicht kaum zu geben. Wie ist sie theologisch, musikalisch und besonders auch 24 „Praise and Worship-Musik“ im Gottesdienst Andreas Scheuermann ekklesiologisch einzuordnen? Elf Thesen, drei präzisierende Fragen und eine Beobachtung zu einem umstrittenen kirchenmusikalischen Phänomen Wie findet unsere Kirche – und noch viel wichtiger: wie finden die einzelnen 28 Lost in translation – wie wir beim Thema „Lobpreis und Anbetung“ Michl Krimmer Gemeinden, Ehrenamtliche wie Hauptamtliche – vor Ort ein möglichst immer wieder aneinander vorbeireden produktives und reflektiertes Verhältnis zum neuen Platzhirsch? 31 Ein Blick in die weltweite Worship-Landschaft Immanuel Mauz, Matthias Mergenthaler, Ilse-Dore Seidel-Humburger Um diese und andere Fragen soll es in der vorliegenden Broschüre gehen. 34 Playlist – ungefilterte erste Eindrücke Prof. Patrick Bebelaar Wir wünschen spannende Lektüre und freuen uns auf Deine und 37 Gesungene Gottesbilder – Eine Erkundung Prof. Bernhard Leube Ihre Rückmeldungen. 42 Ein kritischer Blick auf die Kommerzialisierung von „Lobpreis“ Hans-Joachim Eißler 44 Popmusik und Volkskirche – (wie) geht das zusammen? Dr. Klaus Douglass 52 Zwischen den Stühlen oder auf dem richtigen Platz? Hans-Joachim Eißler GESANGBUCH 54 Was ist guter Lobpreis? Gundula Rudloff POSAUNEN ENGLISCH WORSHIP Gundula Rudloff CHORÄLE DEUTSCH 58 Sehnsucht nach echter Gottesbegegnung – Lothar Kosse im Interview GITARRE BEAMER KLASSIK ORGEL 62 Alles im Fluss? Wie schön! Die „liquid ecclesiology“ der Fresh Expressions Michl Krimmer BAND CHOR of Church-Bewegung als Steilvorlage für die Kirchenmusik der Zukunft 66 Das gemeinsame Singen – besonders und schützenswert Hans-Joachim Eißler 68 Wie kann Anbetung verbinden? Albert Frey 70 Musikteamcoaching Michl Krimmer 72 Qualität durch Ausbildung Hans-Joachim Eißler, Michl Krimmer, Matthias Mergenthaler, Ilse-Dore Seidel-Humburger 78 Mehr Pop in der Kirche – Zehn Jahre nach den „Drei Forderungen zur Hans-Joachim Eißler, Michl Krimmer, entschlosseneren Förderung von Popularmusik-Qualität in der Matthias Mergenthaler, Evangelischen Landeskirche in Württemberg“ KMD Hans-Martin Sauter, Benny Steinhoff 82 Ein Wort an die Pfarrerinnen und Pfarrer Pfr. Michl Krimmer 83 Ein Wort an die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker LKMD Matthias Hanke 84 Ein Wort an die Veranstalter/innen von Events Matthias Mergenthaler 85 Ein Wort an die Jugendreferentinnen und Jugendreferenten Ilse-Dore Seidel-Humburger 86 Ein Wort an die Musikerinnen und Musiker Prof. Florian Sitzmann 88 Ein Wort an die Songwriterinnen und Songwriter Hans-Joachim Eißler 89 Weiterführende Literatur 90 Anzeigen / Werbung 2 3
„Lobpreis, Worship, Anbetung“ wirken wie Modebegriffe der kirchlichen Popmusik. Und zugleich sind es große und sehr ehrwürdige Worte, die viele Fragen mit sich bringen: Ist Anbetung eine Lebenshaltung? Ist „Worship“ ein Musikstil? Ist Anbetung die Begegnung mit dem lebendigen Gott? Ist Worship die „cash-cow“ christlicher Verlage? – Und „Lobpreis“, was ist das? Ein kleines Zeitfenster im Gottesdienst? Braucht man da im- mer einen Beamer? Ist das, was der Posaunenchor macht, kein „Lobpreis”? Dass wir mit diesen Begriffen durch- aus Unterschiedliches assoziieren und manche Missverständnisse dann auch zu unnötigen Abgrenzungen führen Mit dieser Broschüre geben wir vielen Ansichten zu diesen Fragen Raum. Uns war wichtig, dass dieses Thema können, merken wir in Begegnungen und Diskussionen. von verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. So ist eine Sammlung von sehr unterschiedlichen Texten entstanden mit dem Wunsch und Ziel, eine echte Hilfe für die Praxis zu bieten. Denn, so denken wir: Es geht Wie übernehmen wir, unabhängig von unserer persönlichen Vorliebe und Prägung, Verantwortung für die, die nicht nur um einen Musikstil, nicht nur um die Frage, welche Lieder wir singen. Es geht darum, wie wir einen zu unseren Gottesdiensten und Veranstaltungen kommen? Welche Entwicklungen fördern wir, welche sollten zentralen Aspekt unseres Glaubens mit Leben füllen. wir kritisch begleiten? Geht es nach jahrhundertelanger „Choral-/Kirchenmusik“-Monokultur jetzt etwa direkt in die nächste Monokultur „Lobpreis und Anbetung“? Ist das DIE ZUKUNFTSMUSIK? Vier Personen mit vier verschiedenen Perspektiven sind für diese Broschüre verantwortlich: ILSE-DORE SEIDEL-HUMBURGER HANS-JOACHIM EISSLER MATTHIAS MERGENTHALER MICHL KRIMMER EJW-LANDESREFERENTIN, LOBPREISLEITERIN EJW-LANDESREFERENT, KIRCHENMUSIKER, EJW-LANDESREFERENT, MITGLIED IM KIRCHEN- GEMEINDEPFARRER UND EJW-LANDESREFERENT, UND MUSIKTEAMCOACH CHORLEITER, ARRANGEUR GEMEINDERAT UND LOBPREISLEITER LEITET DAS PROJEKT MUSIKTEAMCOACHING Meine Perspektive: Die Entwicklungen der letz- Meine Perspektive: Musik in Gottesdienst und Ge- Meine Perspektive: Meine erste Begegnung mit Meine Perspektive: Als Verantwortlicher im Pro- ten 20 Jahre im Bereich „Lobpreis und Anbetung“ meinde, „Musik zu Gottes Ehre“ – das ist im Ideal- Lobpreis hatte ich als Jugendlicher beim Kirchen- jekt „Musikteamcoaching“ merke ich: es hat sich habe ich mit Freude, Interesse und doch auch fall etwas sehr Verbindendes und Bereicherndes. tag 1999 in Stuttgart. Der Besuch einer „Prai- viel getan an der Basis. Mehr als ein Drittel aller mit zunehmender Sorge verfolgt. Zwischen den Umso schmerzlicher empfinde ich es, wenn ich seNight“ hatte zur Folge, dass wir mit unserer landeskirchlichen Gemeinden in Württemberg hat Jahren 2000 und 2010 wurde ich häufig für Se- gerade in diesem kreativen, sensiblen und emo- Jugendband ab sofort nicht nur die eigenen Vor- Lobpreis- oder Singteams, die mit neuen Liedern minare zu diesem Thema angefragt. 2008 bot ich tionalen Bereich immer wieder Situationen erle- trags-Songs spielten, sondern auch Lobpreisaben- (oder liebevollen neuen Arrangements alter Lieder) beim CHRISTIVAL ein Seminar mit dem Titel be, die von Abgrenzung, Missverständnissen und de gestalteten. Über die Jahre kamen unterschied- das gottesdienstliche Singen begleiten und anlei- „Anbetung als Lebensstil“ an. Dass dieses Semi- gar Antipathie geprägt sind. Die Faustregel „Essen liche Lobpreis-Erfahrungen in Gemeinden und ten. Aber ich merke auch: da wird landauf-land- nar letztlich mit 400 Teilnehmenden stattfinden verbindet, Musik trennt“ bewahrheitet sich lei- Netzwerken dazu. Lobpreis und Anbetung sind in ab oftmals mehr kOpiert als kApiert. „Wir wollen würde, hätte ich nicht erwartet. Jedoch ist in den der zu oft, weil zwischen den verschiedenen Aus- meinem Leben quasi schon immer präsent – das klingen wie Hillsong!“, aber anderseits ein mehr letzten Jahren das Interesse an Seminaren für den drucksformen von geistlicher Musik manchmal Normale. Trotzdem bleibt die Anbetung Gottes oder weniger bewusstes: „Bitte erschüttert uns nicht Bereich „Lobpreis und Anbetung“ sehr stark zu- eben doch (gefühlte) Welten liegen. Deshalb ist es weiter bedeutsam und faszinierend für mich: es in unserer Kultur. Wir wollen eigentlich gar nicht rückgegangen. Häufig buchen Gemeinden jetzt so wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben, kommt mir oft so vor, als ob ich erst einen ganz reflektieren, unsere eigene musikalische Sprache einen Musikteamcoach, damit die Lobpreisband einander zuzuhören und voneinander zu lernen. kleinen Teil von der Größe Gottes verstanden und entwickeln.“ Als Gemeindepfarrer in einer um- noch besser spielt, was ich auch sehr begrüße! Was Nur so können unnötige Missverständnisse ver- erfahren habe und ich sehne mich danach, durch triebigen, pietistisch-frommen Kirchengemeinde „Worship“ ist, wissen scheinbar alle schon. Meine mieden werden. Und es kann sich ein fruchtbarer den Heiligen Geist tiefer in diese Gottesbeziehung am Rande der Schwäbischen Alb merke ich: es gibt große Sorge und Beobachtung ist, dass häufig die und inspirierender Austausch entwickeln, der eine hineinzukommen. In unserer Evang. Kirchenge- eine Sehnsucht nach persönlicher Gottesbegegnung Form übernommen, jedoch die Inhalte, die Theo- segensreiche Ausstrahlung haben wird auf unser meinde bin ich verantwortlich für den Lobpreis- durch und in der gottesdienstlichen Musik – nicht logie nicht mitgenommen wurde und damit der Musizieren. An dieser Broschüre gefällt mir gut, Gottesdienst am Sonntagmorgen. Da braucht es nur reden über Gott, sondern reden mit ihm. Viel Sinn von Anbetung und Lobpreis immer mehr in dass sie ein echter Beitrag sein kann zum gegen- natürlich die kritische Auseinandersetzung und mehr das „per Du mit Gott“, also Beziehungspflege, Vergessenheit gerät bzw. neu definiert wird. Umso seitigen Verständnis und Gelegenheit bieten wird, einen theologisch sorgfältigen Umgang mit diesem statt theologischer Richtigkeiten und deskriptiver wichtiger war mir die Erstellung dieser Broschüre. bei manchen Themen etwas tiefer zu blicken und Thema. Ich erlebe aber auch oft eine Distanz, die Liedtexte werden da gefordert. Aber warum im- Mein Wunsch ist, dass dadurch die inhaltliche und ins Gespräch zu kommen. stärker biografisch als theologisch begründet ist mer nur in Antithesen denken? Was uns in Fragen geistlich-theologische Auseinandersetzung mit und wünsche mir mehr Offenheit für diese Aus- der Frömmigkeitsstile oft nicht gut bekommt, hilft diesem Thema intensiviert wird und das Verständ- drucksform des Glaubens, denn sie führt letztlich uns auch für die ZUKUNFTSMUSIK nicht wirk- nis neu wächst. Weil die Anbetung – in welcher wieder zum Zentralen: der Gegenwart und Begeg- lich weiter. Wir brauchen eine neue Generation von Form auch immer – Herzstück unseres Glaubens nung Gottes. Brückenbauerinnen ohne Berührungsängste, An- ist und bleibt. wälte eines neuen Miteinanders. Fitte und verbin- dende Kräfte an Tasten und Saiten vor Ort und in den Ausbildungsstätten sowie angstfreie Kirchen- leitenden, die sie unterstützen und fördern. 4 5
IMPRESSUM Dieses Magazin wurde zusammengestellt von zwei Arbeitsbereichen des Evang. Jugendwerks in Württemberg: Perspektive entwickeln musikplus entwickelt Musikformate für die Jugendarbeit „Perspektive entwickeln“ (Kirche als Lernende Ge- und ist zugleich die zuständige Fachstelle für Popularmu- meinschaft) gestaltet und begleitet Vernetzungs- und sik innerhalb der Kirchenmusik der Evang. Landeskirche Veränderungsprozesse in der Arbeit mit Kindern und Württemberg. Der Fokus liegt dabei auf der Arbeit mit Jugendlichen im Kontext der Evangelischen Landes- Pop- und Gospelchören sowie Bands und Musikteams. kirche in Württemberg. Ziel ist die Weiterentwicklung Jugendliche finden Die Autoren bleiben dabei aber nicht und Vernetzung dieser vier Arbeitsfelder: Musikalische zum Glauben und er- stehen. Sie sind von einer Sehnsucht SEMINARE – mit einem breiten Seminarangebot für Mu- Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Konfirmanden- leben im Singen der Lob- und Hoffnung auf mehr Glaubensge- siker/innen, Sänger/innen und Techniker/innen bietet arbeit, (verbandliche) Jugendarbeit und die Arbeit im preislieder ihre Form der meinschaft motiviert und wissen um musikplus Fortbildungen für Nebenamtliche und Ehren- Bereich der Kinderkirche. Frömmigkeit und Anbetung. die Kraft der Musik als Ableitung gött- amtliche bis zum D- und C-Niveau. Etwa 400 Personen Darüber haben sie Kontakt zu Gott, lichen Willens auf dem Weg „ad fontes“ – nehmen jährlich diese Angebote wahr. LERNENDE GEMEINSCHAFTEN – Veränderungsprozesse für dessen Einflussnahme auf ihr Le- zurück zu den Quellen gemeinsamer sind komplex und benötigen Zeit. Lernende Gemein- ben sie sich bewusst entschieden haben. Wurzeln, aber auch gemeinsamen reli- COACHING – etwa 30 Coaches sind in Württemberg un- schaften (Learning Community) bieten den passenden Das verändert sie und damit indirekt ihre giösen Empfindens. terwegs, um Gemeinden vor Ort zu unterstützen. Die Rahmen, um sie erfolgreich zu gestalten. Die teilneh- Umgebung in allen Bereichen, der Arbeit und Inhalte reichen vom Bandcoaching über Vocal-Coaching menden Organisationen, Gemeinden, Träger und Wer- Freizeit, ihre Mitmenschen, das Zusammenleben, Das Buch ist ein engagiertes Plädoyer für das und Tontechnik-Coaching bis zu Themen wie Lobpreis- ke entwickeln dabei in einem strukturierten und beglei- die Gesellschaft und im weitesten Sinne auch die geistliche Singen in unserer Kirche, für eine essen- leitung, Teamdynamik und Zusammenspiel von unter- teten Prozess eigene Lösungsansätze. Der Prozess wird Zukunft dieses Planeten, dem Senfkorn im großen ziell liturgische Beteiligung am geistlichen Gesche- schiedlichen Musikstilen. (www.musikteamcoaching.de) als geistlicher Prozess verstanden, mit Raum für das galaktischen Verbund von Gottes Schöpfung. hen des Gottesdienstes. Das Singen ist eine Wirk- Hören auf Gott. Einzeln und auch gemeinsam entste- macht ständiger Erneuerung der Kirche und der EVENTS – zu den großen Events des Jahres gehören zwei hen neue Visionen, kreative Ideen und konkrete Hand- Viele dieser Jugendlichen sind gemeindlich sehr en- christlichen Gemeinschaft, die einladen und nicht Chortage mit insgesamt etwa 1.500 Sängerinnen und lungspläne für die Umsetzung. Coaching unterstützt gagiert und wachsen in einer musikalischen Sozia- ausschließen will. Was kann mehr Vertrauen in die Sängern, Konzerttouren (LAKI-PopChor, Go(o)d News) diese Umsetzung vor Ort kontinuierlich. lisation auf, die fester Bestandteil ihrer kirchlichen Zukunft wecken, als miteinander zur Ehre Gottes und die Beteiligung an großen Chormusicals wie „Martin Bindung wird. Nicht wenige streben sogar einen zu singen? Dieser Weg ist nur vorgezeichnet. Will Luther King“, „LUTHER“, „Amazing Grace“ u.a. geistlichen Beruf an. Auf diesem Weg und durch man zukünftig noch gemeinsam Gottesdienst fei- die Übernahme größerer Verantwortung für an- ern, müssen wir Diversität und Vielfalt als gemein- dere Menschen erweitert sich ihre Sprachfähigkeit samen Schatz verstehen. über den Glauben. Oftmals erst im Gemeindekon- text eröffnen sich Zugänge zur Vielfalt, Geschichte Es ist unsere Aufgabe, Generationen ver- und Breite aller kirchlichen Musik. Dabei erleben schiedener Prägungen zu einer Glaubens- DAS EVANGELISCHE JUGENDWERK IN WÜRTTEMBERG (EJW)… sie Abschottungsverhalten und Berührungsängste gemeinschaft zu motivieren, damit … koordiniert, gestaltet und fördert die evangelische Jugendarbeit in Württemberg – ausgehend von der zentralen zwischen den unterschiedlichen Musiktraditionen. ihre kirchenmusikalischen Erfah- Landesstelle in Stuttgart-Vaihingen. Unser Ziel ist es, junge Menschen zum Glauben an Jesus Christus einzuladen, Das erschwert die Zusammenarbeit. rungen sie nicht trennen, sondern ihren Glauben im Alltag zu stärken und sie bei ihrem Engagement für Jugendarbeit und Gesellschaft zu unterstützen: verbinden und bereichern. Ich Wir begegnen jungen Menschen in ihren Lebenswelten, begleiten sie im Glauben und befähigen sie, Verantwortung Mit der Herausgabe dieser „Zukunftsmusik-Bro- danke dem Herausgeberteam zu übernehmen. Dafür unterstützen wir zum einen Jugendwerke vor Ort sowie in den Bezirken. Zum anderen inves- schüre“ wird eine Möglichkeit zur ersten wie zur und allen Autoren, die hierzu tieren wir direkt in Kinder, Konfirmanden, Jugendliche, Familien und (junge) Erwachsene über unsere sinnstiftenden vertieften Wahrnehmung eines umfangreichen ihren Beitrag leisten. Arbeitsbereiche, Veranstaltungen, Bildungsangebote und Reisen. musikalisch-christlichen Sozialisierungsbereichs in unserer Zeit geboten. Es erwarten Sie theolo- Herzlich Evang. Jugendwerk in Württemberg gisch wie historisch fundierte Grundlagenartikel, Ihr Matthias Hanke musikplus – Popularmusik im EJW | www.musikplus.de selbstkritische Reflexionen und Beobachtungen. Perspektive entwickeln | www.perspektive-entwickeln.de Haeberlinstr. 1-3 | 70563 Stuttgart Telefon 0711 9781-450 | www.ejwue.de Redaktionsteam: Ilse-Dore Seidel-Humburger, Hans-Joachim Eißler, Michl Krimmer, Matthias Mergenthaler Weitere Mitarbeit: Immanuel Mauz, Melanie Decker, Jana Hinderer Grafik: Heidi Frank, www.visualwerk.de | Druck: Druckerei Memminger, Freiberg | Auflage: 5000 Bildnachweise: unsplash | jamieson-murphy (1), austin-neill (6), kenrick-mills (15), iStock, Visivasnc (18), tamas-tuzes- Matthias Hanke katai (22), freepik (31-33), mika-baumeister (35), rachel-lynette-french (36), sean-stratton (37), lians-jadan (39), iStock, Landeskirchenmusikdirektor der Garsya (42-43), Heidi Frank (47, 82), priscilla-du-preez (51), florian-klauer (52), spencer-imbrock (61), gaspar-manuel- Evangelischen Landeskirche in Württemberg zaldo (63, 65), Tim David Specht (67), Michael Krimmer (71), isaac-ibbott (73), william-iven (75), kelly-sikkema (77), john-moeses-bauan (83), jeremy-bishop (84), nicolas-lobos (85), austin-neill (86-87), ben-white (88) 6 Tim-David Michl 7
EINE KURZE ZEITREISE DURCH DIE GESCHICHTE DER LOBPREISMUSIK Lobpreismusik ist keine moderne Erfindung. Zwar verbinden wir heute mit dem Wort „Lobpreis“ häufig eine ganz bestimmte Art von Liedern und einen ganz speziellen, oft recht einheitlich klingenden musikalischen Sound. In Wirklichkeit aber gab es Lobpreismusik schon immer, in allen Kulturen, Religionen und Zeiten. Schon an dem Tag, als Gott den Grund der Welt legte, lange bevor es Menschen gab, sangen die Sterne Loblieder für Gott (Hiob 38,7). Gott hat Lobpreis in seine Schöpfung und in die Geschichte der Welt hineingewoben. Deshalb lohnt sich eine kurze Zeitreise durch die Geschichte der Lobpreismusik. 1 DIE ANFÄNGE DER LOBPREISMUSIK IM ALTEN TESTAMENT einmal die eigenen „Lieblingslieder“ daraufhin zu überprüfen, wie viel von dieser biblischen Vielfalt sie widerspiegeln und wo vielleicht die eigenen es prophetische Einblicke in die zukünftige himm- lische Welt, wo eine versammelte Menschheit aus allen Nationen und Sprachen vor dem Thron Gottes In der Reformationszeit rückten dann die Aspekte der Verständlichkeit und der Verkündigung deut- licher in den Vordergrund. Der Gottesdienst, der Die Anfänge unseres christlichen Gottesdienstes „blinden Flecken“ im Lobpreis sind. steht und das Lamm anbetet, das geopfert wurde bisher vor allem Anbetungsveranstaltung war, liegen im Alten Testament. Die ersten Christen (Offb. 5,1-14; 15,3-4; 19,1-7). Diese neutestament- wurde nun eher zu einer Lehrveranstaltung. Die waren tief verwurzelt in ihrem jüdischen Glau- lichen Bilder sind heute eine beliebte Angriffsfläche Predigt wurde in den Mittelpunkt des Gottes- ben, und um „Lobpreis zu machen“, gingen sie in den Tempel von Jerusalem (Lukas 24,52-53; Apg 2,46). Hier war zur Zeit des Alten Testaments 2 LOBPREIS UND ANBETUNG IM NEUEN TESTAMENT für Spott und Hohn über die christliche Lobpreis- liederkultur, die vermeintlich nur von Thronen und Lämmern handele, mit denen heute niemand dienstes gestellt. Während die Lieder des Mittel- alters hauptsächlich Lob- und Gebetslieder waren, entstanden nun viele Lieder, in denen Glaubensin- der zentrale Ort der Anbetung: 4000 Musiker taten Die ersten Christen haben an diese Wurzeln mehr etwas anfangen könne. Bei genauem Hin- halte verkündigt oder Glaube bezeugt wurde, und ihren Dienst im Tempel, 288 davon waren Sänger, jüdischer Lobpreiskultur angeknüpft. Auch für sie sehen entpuppt sich dieser Spott aber auch als ein zwar in deutscher Sprache. Und nicht, wie bisher, „allesamt Meister“ (1. Chr. 23,5; 25,7). König waren die Psalmen das Liederbuch, das sie prägte billiges Klischee: Erstens gibt es unter den aktuellen auf Latein. Diese Lieder wandten sich also stärker David, der selbst „des Saitenspiels kundig“ war, und der Tempel der erste Ort, an den sie gingen, Top-100-Liedern in Wirklichkeit nur sehr wenige, an die Gottesdienstbesucher als an Gott. Es blieb hatte spezielle Anbetungsleiter aus dem Stamm der um Gott zu loben. Aber da, wo der Jerusalemer in denen tatsächlich ein Lamm oder ein Thron vor- aber ein Grundgerüst an sogenannten „liturgi- Leviten ausgewählt, um die Gemeinde im Lobpreis Tempel weit entfernt war, wurde das eigene Haus kommt. Zweitens jedoch ist es weder verwunderlich schen Stücken“ bestehen, die Woche für Woche in anzuleiten (1. Sam 16,17; 1. Chronik 16,4-6). So zum Tempel. So schreibt Paulus der Gemeinde in noch falsch, dass wir als Christen in unseren Lie- gleicher Form wiederholt wurden. Diese Stücke, wurde der gemeinsame Lobpreis im Tempel eine Korinth: Ihr seid ein Tempel des Heiligen Geistes, dern auf Bilder aus dem Neuen Testament zurück- die häufig noch aus der Zeit vor der Reformation Erfahrung, die nicht nur musikalisch hochwertig und wenn ihr Gottesdienst feiert, dann ist Gott greifen. Diese waren schon für die ersten Christen stammen, sind in den meisten evangelischen Got- war, sondern auch Einheit zwischen ganz ver- selbst mitten unter euch, so wie im Tempel von nämlich nicht alltäglich, sondern alltagsfremd und tesdiensten bis heute erhalten geblieben. Sie sind schiedenen Menschen stiftete und zu einer Be- Jerusalem (2. Kor 6,16; 1. Kor 14,25). Jesus selbst deshalb symbolgeladen. Und im heutigen Zeitalter sozusagen der „Lobpreisteil“ des evangelischen gegnung mit der machtvollen Gegenwart Gottes hatte davon geredet, dass unsere Anbetung eines von „Game of Thrones“ haben weder Throne noch Gottesdienstes. führte. Die eindrückliche Beschreibung eines sol- Tages von äußeren Orten unabhängig ist: „Wer blutige Opfer ihre Symbolkraft verloren. Keine chen Lobpreismomentes im Tempel findet man in Gott anbeten will, der muss ihn im Geist und in Angst also vor symbolischer Sprache. Sie hat, gerade Die Bewegung des Pietismus und die Entstehung 2. Chronik 5,11-14. der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,23-24). Nicht auf weil sie fremd ist, die Kraft, unsere Alltagsgrenzen der Freikirchen im 18. und 19. Jahrhundert brach- die äußere Verpackung kommt es an, auch nicht zu sprengen und Vorstellungswelten zu erweitern. ten dann aber eine weitere Veränderung der Lob- Die 150 Psalmen, die im Alten Testament zusam- auf die musikalische, sondern auf das Herz und auf preiskultur mit sich: An vielen Orten bildeten sich mengestellt sind, aber auch viele andere Lieder, die die innere Haltung. außerhalb des regulären Sonntagsgottesdienstes sich verstreut durch die ganze Bibel finden, geben uns einen Eindruck davon, wie vielfältig in der Zeit der Bibel gesungen und gebetet wurde. Das Wort Für die Gottesdienste der ersten Christen war es außerdem prägend, dass Wort- und Musikbeiträge 3 LOBPREISMUSIK IM WANDEL DER ZEIT In den Jahrhunderten zwischen der biblischen Zeit „Bibelstunden“, später dann auch eigene Vereine und schließlich freikirchliche Gemeinden. In die- sen Gruppen gab es meist gar keine „Liturgie“ im „Lobpreis“ ist eigentlich viel zu klein, um diese von allen Teilnehmern beigesteuert werden konn- und unserer heutigen Zeit hat sich die Form des Got- klassischen Sinn mehr. Die Versammlungen wa- Vielfalt zusammenfassen: Natürlich, viele Lieder ten. Dabei ließ man sich vom Heiligen Geist leiten, tesdienstes immer wieder gewandelt. Eins aber ist ren im Prinzip Bibelauslegung mit musikalischem und Psalmen haben den Zweck, Gott zu ehren, zu was manchmal zwar zu etwas Unordnung, dafür gleichgeblieben: Lobpreismusik spielte immer eine Rahmenprogramm. Hinzu kamen frei bewegli- loben und zu preisen. Aber dann gibt es da noch aber auch zu lebensverändernden Gottesbegeg- entscheidende Rolle. Die Gottesdienste der alten Kir- che Programmpunkte wie Gebete, Ansagen und so viel mehr: Zum Beispiel Lieder der Dankbarkeit nungen führte (1. Kor 14,23-26). Besondere Ga- che etwa waren größtenteils von Gesängen geprägt, vielleicht eine Gebetsgemeinschaft. Einen festen für das, was Gott tut und was wir mit ihm erleben. ben des Geistes, wie etwa prophetische Rede oder Wortbeiträge oder Predigten waren eher die Ausnah- Ort für Lobpreis und Anbetung gab es in dieser Lieder des Vertrauens auf Gott in Zeiten der Angst das Sprachengebet, flossen in den Gottesdienst mit me. Es gab keinen „Lobpreisblock“ im Gottesdienst, Gottesdienstform nicht mehr. Es hing eher an und des Leidens. Lieder der Liebe und Hingabe an ein, um ihn zu bereichern. sondern der Gottesdienst „war“ vor allem Lobpreis. den individuellen Liedvorschlägen des jeweiligen Gott. Lieder der Klage über persönliches Leid oder Heute kann man diese alten, gesangs- und gebets- Gottesdienstleiters, ob der musikalische Schwer- den scheinbaren Sieg des Bösen in der Welt. Lie- Die ältesten christlichen Lobpreislieder finden geprägten Gottesdienstformen noch in den orthodo- punkt auf Anbetung, auf Verkündigung oder auf der der Ehrfurcht und des Staunens. Es lohnt sich, wir übrigens im Buch der Offenbarung: Hier gibt xen und orientalischen Kirchen des Ostens erleben. Glaubensbekenntnis lag. In vielen Freikirchen und 8 9
landeskirchlichen Gemeinschaften hat sich dieser Lobpreisstil, der international verbreitet war, jetzt ist auch, dass die Bandbreite der Lieder, die es Gottesdienststil eines moderierten thematischen auch in Deutschland Fuß fasste. In der Lieder- schon gibt, besser ausgenutzt wird. „Programms“ aus Predigt, Liedern, Gebeten und buchreihe „Du bist Herr“ wurden diese Lieder für x Wir sollten Lobpreis nicht nur auf Liedersingen anderen Elementen bis heute gehalten. Manchmal Musikalische Einflüsse kamen dabei vor allem aus viele zugänglich. reduzieren. Die oben beschriebene Entwicklung wird er auch einfach durch einen „Lobpreisblock“ der Gospelmusik, und ab den 70er Jahren dann Auf den „Christival“-Jugendkongressen, die im- in Deutschland hat dazu geführt, dass in der ergänzt – aber das Grundkonzept von Gottes- auch zunehmend aus der Rock- und Popmusik. mer auch Trendsetter und Gradmesser des geist- evangelischen Jugendarbeit oft zwar die Lieder dienst bleibt damit im Grund das gleiche: Der Lob- Viele Kirchen und Freikirchen waren zunächst lichen Lebens in Deutschland sind, fanden charis- der charismatischen Bewegungen übernommen preisblock wird lediglich zu einem weiteren Pro- skeptisch, ob solche „weltliche“ Musik zum hei- matische und nicht-charismatische Strömungen wurden, wichtige andere Elemente aber nicht, grammteil, der das „Rahmenprogramm“ ergänzt. ligen Ort des Gottesdienstes passt. Häufig sprach der Jugendarbeit mehr und mehr zusammen. 1996 wie etwa die Offenheit für Geistesgaben und man auch abschätzig von „Negermusik“ oder in Dresden gab es bereits verschiedene Lobpreis- neue Gottesdienstformen, die Raum für Spon- Die „neuere“, popmusikalisch geprägte Lobpreis- befürchtete, dass mit den afro-amerikanischen gottesdienste und „Gebetskonzerte“, 2002 waren taneität, Beteiligung und das Wirken des Heili- und Anbetungsmusik, wie wir sie heute kennen, hat Klängen auch eine „heidnische“ Spiritualität oder diese dann schon Normalität. Gleichzeitig startete gen Geistes lassen. Der allgegenwärtige „Lied- ihre Wurzeln in verschiedenen Bewegungen und fremde Geister Einzug in die Gemeinde halten 1995 die Liederbuchreihe „Feiert Jesus“ und die block“ ist nicht das, worauf es den Müttern und Aufbrüchen des 20. Jahrhunderts: Da ist einmal die könnten. Deshalb wurde vor Rockmusik, Popmu- regelmäßigen CD-Produktionen unter gleichem Vätern der „Lobpreisbewegung“ ursprünglich Pfingstbewegung mit ihrer Offenheit für das spon- sik und auch Gospelmusik zunächst gewarnt. Namen. Deutsche Lobpreislieder kamen dabei zu- einmal ankam. tane Wirken des Heiligen Geistes. Weil man Raum nächst noch aus dem katholischen Umfeld (Albert x Im Zeitalter der Globalisierung und der Viel- schaffen wollte für prophetisches Reden, für Spra- Hinzu kam in Deutschland eine breite Skepsis ge- Frey), aus Pfingstkirchen (Lothar Kosse, Martin falt sollte unser Lobpreis mehr Weltperspektive chengebet, für überraschende Heilungen und Wun- genüber der charismatischen Bewegung: Nicht nur Pepper) oder aus den charismatischen Flügeln haben. Weiße westliche Popmusik ist zwar auf der, passten die Korsette der traditionellen Gottes- in Freikirchen und pietistischen Gemeinschaften, der Landeskirche (Arne Kopfermann). Einen gro- dem Weltmarkt beherrschend und kommerziell dienstformen nicht mehr. Gottesdienste wurden sondern auch in der missionarischen Jugendarbeit ßen Einfluss hatten auch deutsche Übersetzungen erfolgreich. In der christlichen Kirche sollte aber hier nicht mehr von einem Pfarrer angeleitet oder von CVJM und EJW hatte man Sorge vor falschen von Liedern zunächst aus der amerikanischen auch die Musik unserer Geschwister aus Afrika, von einem Gottesdienstleiter am Schreibtisch ent- theologischen Einflüssen, vor zu viel Emotionali- Vineyard-Bewegung, dann zunehmend aus der Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt worfen, sondern sie folgten spontan der Leitung des tät und vor Scharlatanerie. In Liederbüchern der Hillsong-Gemeinde und der Bethel Church. Deut- viel mehr Gehör und Verbreitung finden. Ein Geistes. Einfache Lieder aus wenigen Zeilen, die oft 70er und 80er Jahre finden sich daher kaum Lieder sche Musikprojekte wie die Outbreakband, Köni- Blick in die frühen „Du bist Herr“-Liederbücher wiederholt wurden, konnten spontan angestimmt aus dem Bereich der charismatischen Bewegung. ge&Priester oder SoulDevotion prägten die weite- zeigt, dass es schon einmal anders war. werden. „Vorprogramm“ und „Hauptprogramm“ Liedermacher wie Jürgen Werth, Manfred Siebald, re Entwicklung in Deutschland ebenso wie neuere kehrten sich jetzt wieder um: Die Predigt wurde zur Arno & Andreas und Peter Strauch schrieben Gemeindegründungsbewegungen (ICF, Hillsong, Gottes lange Geschichte mit dem Lobpreis ist noch Vorbereitung auf das Eigentliche: nämlich die Be- und sangen vor allem verkündigende, erzählende Urban Life Church). lange nicht zu Ende. Der Blick in die Vergangen- gegnung mit dem Wirken Gottes in den anschlie- Lieder. Auch die an vielen Stellen entstehenden heit kann uns helfen, unsere Gegenwart kritisch ßenden Gebetszeiten, in Heilungsdienst, Anbetung Jugendchöre sangen vor allem „über Gott“, aber zu reflektieren und kreativ umzugestalten. Und und prophetischem Reden, oft begleitet und unter- malt von langen Phasen des spontanen Singens. wenig „zu Gott“. Die frühen christlichen Bands konzentrierten sich auf missionarische Konzerte, nicht auf die Gestaltung von Gottesdiensten oder 5 AUSBLICKE Der Ausblick nach vorn gehört zwar eigentlich der Blick in die Zukunft kann uns herausfordern, nicht da stehen zu bleiben, wo wir jetzt angekom- men sind. Sondern neue Wege und Räume zu ent- In der „charismatischen Bewegung“, die sich ab Lobpreis und Anbetung. nicht zum geschichtlichen Rückblick. Trotzdem decken, um diese Welt mit Lobpreis zu erfüllen etwa 1960 vor allem in den evangelischen und ka- stellt sich die Frage, wie die Geschichte weiter- und sie dadurch nachhaltig zu verändern. tholischen Landeskirchen ausbreitete, wurden diese geht. Ich nenne ganz knapp ein paar Bereiche, 4 Impulse aufgenommen. Es entstanden neben den LOBPREISMUSIK IN DER EVANGELISCHEN in denen ich mir in den nächsten Jahren weitere normalen Sonntagsgottesdiensten an vielen Orten JUGENDARBEIT HEUTE Fortschritte wünsche: besondere „Lobpreisgottesdienste“, in denen viel x Die Arbeit an immer mehr musikalischer Qua- Raum für Anbetung, Lobpreis und Gebet geschaffen Die Grenzen wurden fließender ab den 90er lität und Originalität gehört sicher zu den Auf- wurde. Aber auch in den normalen Gottesdiensten Jahren: Theologisch näherten sich Pfingstbe- gaben der Zukunft. Sie sollte aber nicht den ein- fand moderner Lobpreis Einzug: Dafür erweiterte wegung, charismatische Bewegung, Pietismus zigen Fokus bilden. man die noch vorhandenen liturgischen Reststücke und Freikirchen langsam einander an. Geist- x Mehr Weite, mehr Tiefe und mehr Ehrlichkeit zu ausführlicheren Lobpreiszeiten. An die Stelle der liche Gräben und Missverständnisse konn- in den Inhalten täte uns gut. Es gibt einige Lieb- kurzen „Halleluja“-, „Heilig“- oder „Lamm Gottes“- ten überwunden, theologische Fragen geklärt lingsthemen, die immer wieder auftauchen, Gesänge traten nun einfache Chorusse mit ähnli- und differenziert werden. Auch internationale andere wichtige Themen dagegen bleiben oft chen Texten und Inhalten, die spontan gelernt und Missionsbewegungen wie „Jugend mit einer noch unterbelichtet. Die glänzende Fassade ist mitgesungen werden konnten. Daher waren Lob- Mission“, „Operation Mobilisation“, „Campus manchmal noch wichtiger als die innere Ge- Guido Baltes preislieder in dieser Frühzeit oft textlich schlicht für Christus“, die jetzt auch in Europa aktiv wur- brochenheit des Lebens. Entsprechende Lie- ist evangelischer Pfarrer und Lobpreismusiker und arbeitet als Dozent am MBS Bibelseminar und musikalisch einfach gestrickt. den, trugen dazu bei, dass ein Liedgut und ein der müssen geschrieben werden. Aber wichtig in Marburg. 10 11
FREUDESCHENKER, GLÜCKLICHMACHER HEIMATGEBER, UND SCHULDVERGEBER – Durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre ist auch im Kontext von Kirchen und Freikirchen eine neue junge Generation herangewachsen, die ein ganz eigenes Profil entwickelt hat. Häufig herrscht das öffentliche Bild vor, dass EINBLICKE IN DIE GENERATION LOBPREIS es kaum noch Jugendliche in Deutschland gibt, in deren Lebenswelt der Glaube eine zentrale Rolle spielt. Doch unsere Untersuchung zeigt, dass es eine neue gläubige Generation gibt, die selbstbewusst glaubt. Aber was sind das für Jugendliche, die Kirche gut finden, gerne ehrenamtlich mitarbeiten und die Kirche von morgen prägen werden? Wie glauben sie? Und wie stellen sie sich Gott vor? Diesen Fragen sind wir als Forschungsinstitut empirica für Jugend, Kultur & Religion in unse- rer Studie „Generation Lobpreis“ nachgegangen und haben Spannendes herausgefunden. Einige interessante Ergebnisse sollen im Folgenden präsentiert werden. WARUM „GENERATION LOBPREIS“? heit, da man sich aufgrund des beschleunigten von der Kirche erwarten, dass sie sich sozial en- Jugendlichen für ihren eigenen Glauben besonders sozialen Wandels immer weniger an der Vergan- gagiert; so sagen 98,2 Prozent der hochreligiösen wichtig ist, welchen Einflüssen sie sich aussetzen Für uns bringt der Begriff „Generation Lobpreis“ genheit und den dort gemachten Erfahrungen ori- Befragten, dass es ihnen wichtig ist, dass Kirche und aus welchen Glaubensquellen sie in ihrem etwas zum Klingen, das sich durch fast alle Er- entieren kann. Zum anderen gibt es aber in einer »...sich um Probleme von Menschen in sozialen Alltag schöpfen. Die höchste Zustimmung auf die gebnisse hindurchzieht und stimmig ist mit dem postmodernen Gesellschaft auch einen eklatanten Notlagen kümmert«, gefolgt von »...für christliche Frage, was den eigenen Glauben stärkt, hat Lob- Gesamtbild, das wir aus der Vielzahl und Vielfalt Mangel an gesellschaftlich positiven Visionen für Werte und Normen eintritt« (98,8 Prozent) und preismusik/Worship mit 64 Prozent. Dieses Ergeb- der Ergebnisse gewonnen haben. Einerseits spielt die Zukunft. In diesem Sinne bleibt nichts anderes »...die christliche Botschaft verkündigt« (99,8 Pro- nis überrascht, da gerade Hochreligiöse traditionell ganz faktisch der Lobpreis als Musik eine wichti- als die Gegenwart und ein gewisser Pragmatismus zent), mit etwas Abstand folgt »...das Gespräch mit zuerst mit „Gebet“ (auf Platz zwei) und „Bibellesen“ ge Rolle. Uns war das vorher bewusst, jedoch hat sowie ein mindestens moderater Hedonismus, Vertretern anderer Religionen sucht« (77,3 Prozent). (auf Platz sechs) in Verbindung gebracht werden. uns überrascht, wie intensiv Lobpreis im Glauben welche sich als Kernwerte durch diese Generation Erwartet hoch bei der Frage nach der Stärkung des der evangelisch-hochreligiösen Jugendlichen ver- ziehen. So wurden die Ergebnisse der letzten Shell GENERATION LOBPREIS: eigenen Glaubens sind die „Gespräche mit Freun- ortet ist und welch tiefe und beispielhafte Bedeu- Jugendstudie (2015) gerne mit „die pragmatische WAS STÄRKT DEN GLAUBEN? den und Familie“ (mit 54 Prozent auf Platz drei) tung er für das eigene Glaubensleben hat. Dabei Generation“ zusammengefasst. Wenn es nun um und „christliche Freizeiten“ (mit 47 Prozent auf geht es nicht nur um Lobpreis als Musik, sondern die Frage geht, wie unsere befragten Jugendlichen Die Frage nach der Stärkung des eigenen Glaubens Platz vier). Dass „Predigen im Gottesdienst“ mit 44 es geht um das Lebens- und Glaubensgefühl, das ihren Glauben leben und erleben, wie sie ihr Glau- ist ein guter Einstieg in die persönliche Glaubens- Prozent auf Platz fünf noch vor „Bibellesen“ kommt, Lobpreis vermittelt. Hierin zeigt sich auch das, was bensleben gestalten und wie dies in ihrem Alltag praxis hochreligiöser Jugendlicher. Sie zeigt, was ist überraschend und interessant. man eine Individualisierung, Emotionalisierung verortetet ist, stellen wir fest, dass sich eben er- oder Subjektivierung des Glaubens nennen könn- wähnte Entwicklungen hier auch deutlich zeigen. te. Dies gilt für das Gottesbild (höchster Wert: Gott liebt mich bedingungslos) wie für die Glau- WAS MACHT DEN GLAUBEN AUS? benspraxis (Lobpreis ist eine wichtigere Quelle des ÜBER GOTT UND KIRCHE... Glaubens als Gebet und Bibellesen), für die Kirche (höchster Wert: Gemeinschaft) oder die Motiva- Hochreligiöse Jugendliche hingegen erleben ge- tion zum Ehrenamt (höchster Wert: weil es Spaß nau diese Identitätsmerkmale in ihrem Glauben, macht). Schauen wir uns nun einige Ergebnisse ge- wenn sie beispielsweise davon ausgehen, dass Gott nauer an. Dabei ist wichtig zu sehen, dass hochre- in ihr Leben und ihre Entscheidungen eingreift ligiöse Jugendliche ein Teil der gesamten Jugend- (82,1% der Hochreligiösen stimmen der Aussage bewegung in Deutschland sind und von denselben »Gott greift in mein Leben ein« ziemlich oder sehr gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt wurden. zu) und so ihr Leben führt oder dass Gott ihre Ge- bete hört (das glauben 87,9% der hochreligiösen GENERATION LOBPREIS ALS TEIL Jugendlichen). Ein weiteres wichtiges Themenfeld DER JUGENDKULTUR ist die religiöse Vergemeinschaftung und Verbun- denheit mit Menschen gleichen Glaubens. Rosie Wenn wir uns die Entwicklung der Jugendkultur stellt dazu im Interview fest: »Wenn man in die der letzten Jahrzehnte im Kontext der Jugend- Kirche kommt, da fühlt man sich schon gleich zu forschung anschauen, dann stellen wir fest, dass Hause, weil man da einen großen Teil auch seiner die großen Stichworte Erlebnisorientierung, Sub- Kindheit verbracht hat. Und das nicht irgendwie so jektorientierung und Konsumorientierung sind. ein fremder Ort ist oder so. Jetzt allein vom Ort her Bei der heutigen Jugendgeneration ist eine starke und auch die Menschen, die kennt man da schon so Gegenwartsorientierung festzustellen. Zum einen lange. Und ja, das ist dann wie eine große Familie.« gibt es einen Bedeutungsverlust der Vergangen- Dazu kommt, dass hochreligiöse Jugendliche 14 15
MEINE MEINUNG "Ich beobachte, dass Lobpreis Menschen oft berührt. Dabei muss es nicht immer ein extra Event sein. Im ganz „normalen“ Sonntagsgottesdienst einige Lieder hintereinander, verbunden durch ein Gebet mit leiser Instrumentalmusik. Mehr braucht es nicht." Johanna Vieira Machado WAS MOTIVIERT DIE GENERATION LOBPREIS? sich in seiner Gnade und Treue, beziehungsweise JUGENDLICHE WOLLEN ETWAS BEWEGEN leidenschaftliche Kantorin, Mitglied der Band BetaGrooves darin, dass er uns durch das Heilsgeschehen in UND ÜBERNEHMEN VERANTWORTUNG und Musikteamcoach beim EJW Dieser Frage sind wir auch nachgegangen und Jesus Christus von unserer Sünde erlöst. Gott ist haben herausgefunden, dass ihre höchste Motiva- Vater und Freund. Er ist uns und unseren Bedürf- Vielen Jugendlichen ist es wichtig, etwas zu bewegen. tion mit 92 Prozent „Spaß und Freude beim En- nissen sowie unseren Problemen zugewandt und Wie schon bei den quantitativen Ergebnissen festge- DIE HINTERGRÜNDE DER STUDIE: gagement“ ist, danach folgt „Anderen Menschen grundsätzlich positiv eingestellt. Eher im Hinter- stellt, suchen hochreligiöse Jugendliche verantwort- zu helfen“ (85 Prozent) und „Etwas mit anderen grund, wie ein schwacher Schatten dieses durch liche Aufgaben. Dies zeigt sich in den Interviews an Wer wurde untersucht? zusammen tun“ (84 Prozent). Erst an vierter Stelle und durch guten Wesens, lauert ein auch mal zor- vielen Stellen ganz praktisch, wie Juliane erzählt: „In In der empirica Jugendstudie wurden 3187 evan- steht dann „In meiner Verantwortung als Christ/in niger Gott, der straft und vor dem man auch mal letzter Zeit, also so die letzten zwei, drei Monate, war gelische Jugendliche und junge Erwachsene zwi- handeln“ (77 Prozent) als ein explizit christliches Angst haben kann. es halt so: ,Okay, es macht kein anderer‘. Aber jetzt war schen 14 und 29 Jahren durch einen umfassende Motiv. Lukas beschreibt das in seiner Motivation letztens so ein Lobpreis-Gottesdienst und da hab ich Onlinebefragung erforscht. Ziemlich genau drei des Ehrenamts so: „Also, wir machen auch viel mit GLAUBE & MISSION: gemerkt: ,Ey, was machst du hier eigentlich?‘ Und da Viertel (75 Prozent bzw. 2.386) der befragten evan- Asylbewerbern, das ist dann cool. Kann man auch WIE EXKLUSIV LEBEN HOCHRELIGIÖSE war so ein Lied von wegen, ich laufe, so weit ich kann. gelischen Jugendlichen konnten als hochreligiös viel seinen Glauben so zeigen und leben.“ Es zeigt JUGENDLICHEN IHREN GLAUBEN? Und ich wusste, wenn ich diese Motivation hab, dann identifiziert werden. Zusätzlich wurden 62 aus- sich also ein sehr vitales Bild von hochreligiösen kann ich nicht mehr weiterlaufen. Ich hab so gebetet, führliche qualitative Interviews durchgeführt, wo Jugendlichen in der ehrenamtlichen Arbeit. Und Wie exklusiv leben hochreligiöse Jugendliche so: ,Gott, wenn ich nicht laufen kann, dann trag mich’. die Jugendlichen selbst zu Wort kamen und über dies betrifft den Kontext von Kirche und Gemein- ihren Glauben, welche Rolle spielt Mission für Und seitdem ist so dieses furchtbare Stress-Gefühl ein- ihren Glauben erzählt haben. de und darüber hinaus. sie und wie reden diese Jugendlichen über ihren fach weg.“ Anhand dieser Aussage wird nochmals Glauben? Fangen wir mit der Frage nach der Ex- die hohe Verbindung zwischen Ehrenamt und Was sind hochreligiöse Jugendliche? DAS GOTTESBILD DER HOCHRELIGIÖSEN klusivität an, dann stellen wir fest, dass 72,9% eigenem Glauben deutlich, die viele hochreligiöse Der aktuelle Religionsmonitor der Bertelsmann davon ausgehen, dass »nur der christliche Glaube Jugendliche erleben und aus der dann ein verant- Stiftung zeigt, dass über 20 Prozent der Men- Eine wichtige Frage zur Einordnung hochreligiö- zum Heil führt« und 62,8% glauben, dass »ihre wortliches Handeln erwächst. schen im Alter von 16 bis 29 Jahren in Deutschland sen Glaubens stellt die Frage nach dem Gottesbild Religion eher Recht hat und andere eher un- „hochreligiös“ sind. Dies bedeutet, dass für diese dar. Hier zeigt sich zunächst ein eindeutiges Bild recht«. Dazu passt, dass nur 33,7% der Aussa- GENERATION LOBPREIS ALS Menschen religiöse Inhalte, Deutungsmuster und bei den befragten hochreligiösen Jugendlichen, ge zustimmen, »jede Religion hat einen wahren HOFFNUNGSTRÄGER FÜR DIE GEMEINDE Praktiken besonders relevant sind und „einen denn ihr Gottesbild ist sehr positiv besetzt, so sa- Kern«. Hier erkennen wir ein exklusives Glau- strukturierenden Einfluss auf das gesamte Erle- gen 93%, dass sie „Dankbarkeit gegenüber Gott“ bensverständnis bei hochreligiösen Jugendlichen. Insgesamt lässt sich sagen, dass wir eine neue Gene- ben und Verhalten“ haben, wie zum Beispiel durch empfinden und sich „von Gott geliebt wissen“, Fragt man nun, ob die Jugendlichen ihren Glau- ration an frommen Jugendlichen haben, die hoch- tägliches Gebet und die Erwartung, dass Gott ins 77% gehen davon aus, dass „Gott in ihr Leben ein- ben anderen gut erklären können, dann antwor- motiviert ist, Gott von Herzen liebt und Gemeinde eigene Leben eingreifen kann. Die Gruppe der greifen kann“ und 73% fühlen sich „von Gott ge- ten 74,1% mit „Ja“. Und 53,7% sagen, dass sie sich toll findet. Aber sie wollen was verändern, ernst ge- hochreligiösen Jugendlichen ist in sich sehr hete- borgen“. Diese Tendenz zeigt sich auch bezüglich mit ihren Freunden oft über den Glauben unter- nommen werden und in Gemeinde eingebunden rogen und umfasst muslimische, christlich-ortho- der Antworten, die die Jugendlichen auf die Frage halten. Hochreligiöse Jugendliche sehen ihren sein. Ihr Glaube ist dabei sehr erlebnisorientiert doxe, katholische sowie evangelische Jugendliche. gegeben haben, welche Gefühle sie Gott gegen- eigenen Glauben als richtig und exklusiv an und und emotional, Lobpreis spielt eine große Rolle, Auch die in der empirica Jugendstudie untersuchte über haben. Sie empfinden vor allem Dankbar- fühlen sich auch sicher darin. Bei der Sprachfä- weil man Gott fühlen will, während die Bibel zwar Untergruppe evangelisch-hochreligiöser Jugendli- keit, Liebe und Geborgenheit. Zwar gehört auch higkeit und Mission sind die Werte dann etwas wichtig ist, aber im Alltag keine so große Rolle mehr cher hat sehr unterschiedliche Ausprägungen. Sie Schuld zu den häufiger vorkommenden Gefühlen, niedriger, nur etwa jede oder jeder Zweite redet spielt. Gott ist der „große Daddy“, der immer da ist reichen vom Engagement in einer evangelischen jedoch wird die Vergebung der Sünden noch häu- mit Freunden über den eigenen Glauben und und einem hilft ein gutes Leben zu führen. Kirche über Freikirchen bis zu selbstorganisierten figer empfunden. Nur selten ist man enttäuscht sagt, dass sie/er sich »mindestens mit einer an- Hauskreisen. von Gott, gar zornig auf ihn oder hat Angst vor deren Religion noch auskennen würde«. Schauen ihm. Sehr spannend und wieder ins Bild passend wir nun etwas genauer auf die Ergebnisse, lässt Ausführliche Informationen zu Themen wie Kirche, ist es, dass die Jugendlichen häufiger zornig auf sich in einem Satz zusammenfassen: Je freikirch- Mission, Ethik oder Ehrenamt gibt es in dem Buch Gott sind, als dass sie Angst vor ihm haben. Die- licher, männlicher und älter die Jugendlichen „Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche“, se positiven Gottesbilder passen zu den Gesamt- sind, desto exklusivistischer ist ihr Glaube. Im Neukirchener Verlag ergebnissen der Studien und weichen deutlich ab Einzelnen kann man sagen, dass kirchliche Ju- von den Ergebnissen der Eltern und Großeltern gendliche eher glauben, dass jede Religion einen (Künkler/Faix 2017). Insgesamt ergibt sich so ein wahren Kern hat (45 Prozent) als freikirchlichli- sehr deutliches Ergebnis: Die hochreligiösen Ju- che Jugendliche (23 Prozent). Des Weiteren glau- Dr. Tobias Faix gendlichen haben ein Bild von Gott, das als liebe- ben kirchliche Jugendliche seltener, dass nur der ist Professor für Praktische Theologie an der CVJM-Hochschule Kassel und leitet voll-empathisch beschrieben werden kann. Gott christliche Glaube zum Heil führt (60 Prozent), dort das Forschungsinstitut empirica ist zuerst bedingungslose Liebe. Diese Liebe zeigt bei den Freikirchlern sind es 85 Prozent. für Jugend, Kultur & Religion. Mit seiner Familie lebt er in Marburg. 16 17
WARUM LOBPREIS FÜR JUGENDLICHE SO ATTRAKTIV IST UND WAS DAS FÜR DIE MUSIK DER ZUKUNFT IN DER KIRCHE BEDEUTET Für viele Jugendliche und junge Erwachsene haben ICH WERDE GEHÖRT! ICH WERDE BERÜHRT! Es gilt, in die geistliche Qualität im Lobpreis zu Worship und Lobpreis einen hohen Stellenwert für investieren, damit Lobpreis eben nicht auf der rein ihr Glaubensleben. Wenn vor 20 Jahren bei der Lobpreislieder sprechen Themen an, die diese jun- Popmusik ist ein Resonanzraum für Emotionen. emotionalen Ebene bleibt und zu „drei Liedern am Gottesdienstgestaltung die Musik noch eher als ge Generation bewegen. In vielen aktuellen Liedern Darin fühlen sich Jugendliche einfach wohl. Für Stück“ verarmt. Rahmenprogramm gesehen wurde und teilweise werden Gefühle von “Zweifeln, Kämpfen, Angst, sie ist Lobpreis eine ganz wesentliche Möglich- bis heute gesehen wird, dann wird bei der jetzigen Dunkelheit“ aufgegriffen oder auch die Sehnsucht keit, den Gefühlen ihres Glaubens Ausdruck zu Lobpreis- und Anbetungszeiten sind vielerorts auf Generation der 16-26jährigen sehr deutlich, dass nach Freiheit. Vergleichbar mit den Psalmen wen- verleihen. In ihrer Tendenz, einfach im „Hier und Liedblöcke im Programmablauf reduziert worden. Lobpreis für sie seinen Wert in sich hat. Lobpreis den sich die Lobpreisliederschreiber im Lied an Jetzt“ zu leben, wollen sie Gottes Nähe spüren, ihn Wir nehmen ihnen damit ihren Wert. Die Form ist ein wesentlicher Ausdruck für ihren Glauben Gott. Sie formulieren ihr Vertrauen Gott gegen- persönlich erfahren und holen sich dadurch auch wurde übernommen, aber nicht der „Inhalt“. Was mit allen Sinnen. Warum ist das so? Ich denke, Ju- über und singen die Lieder auch zur Vergewisse- Vergewisserung für ihren Glauben. Lobpreis ist ihr wir brauchen, sind junge Menschen, die wissen, gendliche sprechen deswegen auf Lobpreis so an, rung, dass dieser Gott durch alle Schwierigkeiten Resonanzraum für ihre lebendige Beziehung zu was es heißt, Lobpreis als Raum der Begegnung weil drei wesentliche Sehnsüchte der jungen Gene- durchträgt, ihre Lebens- und Glaubensfragen hört Gott und gleichzeitig auch das verbindende Ele- mit Gott zu sehen, geistliche Wege musikalisch zu ration hier einen Resonanzraum finden: und darauf antwortet. Zwei Zitate aus aktuellen ment mit vielen anderen Christinnen und Chris- gestalten und Lobpreis zu leiten. Lobpreisliedern von Rend Collective sollen das ten – weltweit! verdeutlichen: Investieren wir in junge Lobpreisleiterinnen und ICH WERDE GESEHEN! Konkret bedeutet das für die Musik der Zukunft -leiter und bieten zusätzlich zum Bandcoaching "In my wrestling and in my doubts. in der Kirche: auch inhaltliches Coaching zum Thema „Lobpreis- In unserer Überflussgesellschaft fragen sich die In my failures You won‘t walk out. leitung“, bzw. generell zum Thema „Lobpreis“ an. jungen Menschen zunehmend: „Bin ich vielleicht Your great love will lead me through. Die „Sehnsucht“ ist ein Schlüssel zur jungen Ge- auch Teil des Überflusses?“ – In Lobpreisliedern You are the peace in my troubled sea." (Lighthouse) neration. Und im Lobpreis findet die Sehnsucht Es gilt, in die theologische Qualität im Lobpreis finden sie die Bestätigung ihres Wertes, nach dem von Jugendlichen nach Glaubenserfahrungen und zu investieren. sie fragen. Denn sie sind auf der Suche nach Iden- In der deutschen Übersetzung des Liedes erlebter Gottesnähe einen Raum. Wer mit hochen- tität und Bedeutung. Sie wollen gesehen, wahrge- „Boldly I approach“ heißt es: gagierten Jugendlichen Jugendarbeit gestalten will, Machen wir Lobpreis und Anbetung zum Thema nommen und geliebt werden. In diese Sehnsucht tut gut daran, Lobpreis zu fördern und dafür Raum auch in der Verkündigung. Und bringen wir moti- hinein sprechen aktuelle Lobpreislieder, wie das „Wenn mich mein Herz erneut verdammt, zu lassen – ganz unabhängig von der eigenen Prä- vierte, jüngere Musikerinnen, Theologen und Wort- Lied „Reckless Love“ von Bethel Music beispielhaft Und Satan flößt mir Zweifel ein, ferenz oder Einstellung zu diesem Phänomen. künstler/Poeten zusammen, um gemeinsam Song- zeigt: „Oh, wie endlos, überwältigend, gewagt ist, Hör ich die Stimme meines Herrn. texte zu reflektieren, zu schreiben. Es ist dringend wie du liebst. Oh, du kämpfst für mich und spürst Die Furcht muss fliehen denn ich bin sein. Es gilt, in die musikalische Qualität zu investie- notwendig, dass neue, tiefgründige Lobpreislieder mich auf, lässt Neunundneunzig steh‘n.“ Lobpreis Oh, preist den Herrn, der für mich kämpft ren, damit der Lobpreis musikalisch attraktiv ist, in deutscher Sprache das Licht der Welt erblicken. bestärkt und bestätigt: Ich werde von Gott nicht und meine Seele ewig schützt. wird und bleibt. übersehen, sondern angesehen. Im Lobpreis fin- Mutig komm ich vor den Thron, Lobpreis ist ein ganz wesentlicher Schlüssel zum den Jugendliche möglicherweise die für ihre Ent- freigesprochen durch den Sohn.“ Die Worship-Akademie in Westfalen, das Musik- Herzen der Jugendlichen. Er ist für sie Ausdruck wicklung notwendige Bindung und Geborgenheit, teamcoaching in Württemberg und andere Ange- der Hoffnung und ihrem Vertrauen auf Gott. Sie die durch gesellschaftliche Entwicklungen mehr bote von musikplus wie auch die Zusatzausbildun- leben darin ihre Beziehung mit Gott aus. Das und mehr verloren geht. gen für Kirchenmusiker im Bereich Worship und macht ihn so attraktiv für sie. Popmusik – um nur ein paar Beispiele zu nennen – sind sehr gute Ansätze und Angebote, die unbe- dingt zu fördern und auszuweiten sind. Ilse-Dore Seidel-Humburger EJW-Landesreferentin, Lobpreisleiterin und Musikteamcoach 18 19
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