MUSIKSTADT HAMBURG STANDPUNKTE - Handelskammer Hamburg
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Herausgeber: Handelskammer Hamburg | Adolphsplatz 1 | 20457 Hamburg Postfach 11 14 49 | 20414 Hamburg | Telefon 040 36138-138 Fax 040 36138-401 | service@hk24.de | www.hk24.de Bearbeitung: Geschäftsbereich Innovation und Umwelt Nadja Zimmermann, Adrian Ulrich Titelbilder: Malzkorn (großes Foto), www.mediaserver.hamburg.de/C. Spahrbier (links oben), HfMT (links unten) Grafiken: Michael Holfelder Alle Grafiken © Handelskammer Hamburg Herstellung: Wertdruck GmbH & Co. KG, Hamburg Weitere Publikationen dieser Reihe finden Sie auf den Seiten 74/75 August 2014
Vorwort Musik gibt es, seit es Menschen gibt – sie ist seit jeher mus sowie für die eigene Bevölkerung als Deutsch- Bestandteil des Menschseins. Rhythmus, Harmonie lands Musikstadt Nummer eins erlebbar zu machen. und Melodie lösen Emotionen aus und können Men- Die Musikstadt Hamburg zum Klingen zu bringen und schen in ihren Bann ziehen. Was Worte alleine nicht die kreativ-wirtschaftliche Identität der Stadt zu stär- sagen können, bringt die Musik zum Ausdruck. Bedeu- ken, ist daher ein zentraler Aspekt des Gesamtkonzepts tende Momente und große Gefühle in unserem Leben für die Musikstadt Hamburg, das wir mit diesem werden häufig von Musik begleitet. Ob Schlagermove Standpunkt vorlegen. Der Standpunkt fokussiert dabei oder Reeperbahn Festival, ob Opernabend oder Sin- bewusst auf die Musikwirtschaft und weniger auf foniekonzert – Musik bewegt viele Bürger Hamburgs. soziokulturelle Themen im Bereich der Musik. Die Mit einem breiten Angebot aus Pop- und Rockmusik, insgesamt 13 Empfehlungen und Maßnahmen, die wir Musicals und klassischer Musik bildet Hamburg heute den Akteuren der Musikstadt Hamburg vorschlagen, schon die musikalischen Interessen aller Generationen, sollen dazu beitragen, die vorhandenen Stärken zu Bevölkerungsschichten und Kulturen hervorragend ab. stärken und neue Potenziale zu erschließen, damit Gleichzeitig bietet eine große Vielzahl unterschied- weltweit klar wird: Hamburg ist Musikstadt! lichster Musikspielstätten die Möglichkeit, Musik in dieser Stadt zu erleben. Hamburg ist Musikstadt! Handelskammer Hamburg Musik ist aber gleichzeitig Wirtschaftsfaktor für die Stadt, die neben dem direkten Wertschöpfungseffekt auch Ausstrahlungswirkung in andere Branchen wie zum Beispiel den Tourismus hat. Rund 17 000 Men- schen arbeiten in der Musikwirtschaft, die einschließ- Fritz Horst Melsheimer Prof. Dr. Hans-Jörg Schmidt-Trenz lich der Multiplikatoreffekte rund eine Milliarde Euro Präses Hauptgeschäftsführer zu Hamburgs Wertschöpfung beiträgt und damit auch zu einem signifikanten Steueraufkommen in der Stadt. Die Förderung der Musik ist deshalb auch unmittelbar Wirtschaftsförderung. Darüber hinaus trägt Musik wesentlich zum positiven Image Hamburgs bei. Eine lebendige und aktive Musikszene schafft Identität, bin- det Talente und wirkt anziehend auf junge Menschen aus Deutschland und der gesamten Welt; Menschen, auf die auch die Hamburger Wirtschaft dringend ange- wiesen ist. Mit der Elbphilharmonie erhält Hamburg nun die einmalige Chance, in der gerade auch für Touristen wichtigen Außenwahrnehmung mit dem Image als Hafenstadt zumindest gleichzuziehen und zur rele- vanten Musikstadt zu avancieren. Unsere Vision für Hamburg im Jahr 2025 ist daher, unsere Stadt für Fachleute, den internationalen wie nationalen Touris-
5 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 7 2 Analyse 10 2.1 Wirtschaftsdaten des Musiksektors 14 2.1.1 Unternehmen der Musikwirtschaft 14 2.1.2 Beschäftigte der Musikwirtschaft 18 2.1.3 Bruttowertschöpfung der Musikwirtschaft 20 2.1.4 Neue Wertschöpfungszusammenhänge in der Musikwirtschaft 22 2.2 Wirtschaftliche Effekte des Musiktourismus 25 2.2.2 Elbphilharmonie 28 2.2.3 Musicals 33 2.2.4 Reeperbahn/Clubs/Festivals 35 2.2.5 Zusammenfassung 36 2.3 Musik als Standortfaktor für Lebensqualität in der Stadt 36 2.4 Musikförderung/Ausbildung 37 2.4.1 Unternehmerische Musikförderung 37 2.4.2 Musikstiftungen/Musikinstitutionen 38 2.4.3 Staatliche Musikförderung 39 2.4.4 Musikalische Ausbildung in Hamburg 41 2.5 Stärken und Schwächen der Musikstadt Hamburg 43 3 Zielsetzung für die Musikstadt Hamburg 45 4 Maßnahmenkatalog 47 4.1 Maßnahmen im Bereich der Musikwirtschaft 47 4.1.1 Hamburgs Festivallandschaft stärken 47 4.1.2 Bau einer Musikhalle mittleren Formats und Weiterentwicklung bestehender Musikimmobilien vorantreiben 48 4.1.3 Ordnungsrechtlichen Rahmen für mehr Livemusik schaffen 49 4.1.4 Digitale Geschäftsmodelle der Musikindustrie fördern und mit akademischen Aus- und Weiterbildungsangeboten flankieren 51 4.1.5 Willkommensatmosphäre für junge Musiker schaffen und Subkulturen Raum geben 52 4.1.6 Standortrelevante Musikpreise in Hamburg verankern und neue Formate entwickeln 52 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
4.2 Maßnahmen im Bereich des Musiktourismus 53 4.2.1 Zentrale Internetseite Musikstadt Hamburg aufbauen 53 4.2.2 Internationales Vermarktungskonzept für die Musikstadt Hamburg und die Elbphilharmonie entwickeln 54 4.2.3 Erstklassige Orchesterlandschaft in Hamburg sicherstellen 56 4.2.4 In Hamburg tätige Musikerpersönlichkeit stärker würdigen 58 4.3 Maßnahmen im kulturell-gesellschaftlichen Bereich 59 4.3.1 Stärkung des musikalischen Angebots von Jugendlichen und für Jugendliche 59 4.3.2 Hamburgs „Lange Nacht der Musik“ als niedrigschwelliges Massenangebot initiieren 61 4.3.3 One-Stop-Shop für Musikfeste installieren 62 5 Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse 63 6 Methodik 64 7 Anhang 66
7 1 Einleitung Für Hamburg hat Musik seit Jahrhunderten große kul- turelle und wirtschaftliche Bedeutung. Oper und klas- sische Musik bereichern und begleiten genauso wie die Pop-, Rock- und Jazzmusik in unserer Hansestadt das Leben vieler Menschen aller Altersgruppen und verbin- det sie. Die musikalische Vielfalt zeichnet den Standort Hamburg dabei besonders aus. Klassische Musik auf Foto: picture alliance/dpa/Warmuth internationalem Niveau wird unter anderem in der Laeiszhalle oder der Staatsoper geboten. Dabei blickt Hamburg auf eine lange Musikhistorie. Das erste bür- gerliche Opernhaus Deutschlands wurde 1678 am Gänsemarkt errichtet, Hamburg war Wirkungsstätte, Die Laeiszhalle: das traditionsreichste Konzerthaus Hamburgs Geburtsort und Heimat weltberühmter Komponisten wie Brahms, Telemann, Mendelssohn Bartholdy, Carl Jahren zu einem der wichtigsten europäischen Festi- Philipp Emanuel Bach oder Mahler. Diese Aspekte vals für junge Popmusik geworden. Neben dem Dock- schlagen sich auch in den vielfältigen musikalischen ville Festival, das die Kunst- und Musikszene vereint, Ausbildungsangeboten nieder, die das Image der Stadt bieten viele kleinere Genrefestivals Musikfans gerade Hamburg über ihre Grenzen hinaus prägen, wie zum in den Sommermonaten auch abseits des Mainstreams Beispiel die Hochschule für Musik und Theater, das ein vielfältiges Angebot. Zudem ist die Popmusikszene Hamburger Konservatorium, die Hamburg School of in Hamburg institutionell erfolgreich vernetzt. Institu- Music, die Stage School oder die Joop van den Ende tionen wie Rockcity, das Clubkombinat oder das Karo- Academy. Neben Stärken in der Kirchenmusik gibt es star Musikhaus sind Vorbild für Projekte an anderen in der Hansestadt eine lebendige und dynamische Pop- Standorten. Nicht zufällig hat daher der Branchenver- musikszene. Hamburg hat die Beatles groß gemacht, band der Musikspielstätten „LiveKomm“ Hamburg zu ist Heimat deutscher Musikgrößen wie Udo Linden- seinem Standort gemacht. berg, Nena, Fettes Brot oder Jan Delay und brachte mit Bands wie Tocotronic oder Die Sterne sogar ein eigenes Hamburg ist nach New York und London der drittgrößte Popgenre, die „Hamburger Schule“ hervor. Musicalmarkt weltweit, was mit dazu beiträgt, dass die Musik in Hamburg eine enorme touristische Wirkung Hamburgs Jazzszene hat mit dem Elbjazz-Festival ihr entfaltet. Mit dem Musical „Rocky“ feiert 2014 erstmals eigenes erfolgreiches Großevent entwickelt. Livemu- ein in Hamburg entwickeltes und hier zur Welturauf- sikclubs wie der Cotton Club oder der Nochtspeicher führung gebrachtes Musical seinen internationalen und der Jazzschwerpunkt an der Hochschule für Musik Durchbruch am Broadway. Und mit der Elbphilharmo- und Theater zeigen die gelebte Tradition des Jazz in nie entsteht nun ein einzigartiges Bauwerk mit einem Hamburg. Die zahlreichen Musikverlage Hamburgs, der besten Konzertsäle der Welt. Sie eröffnet vielfältige darunter die Sikorski Musikverlage, Warner/Chappell positive Wirkungen für den gesamten Standort und oder EMI, machen Hamburg zu einem Zentrum für wird ein besonderes Kraftwerk für die Musikstadt Songwriter und Urheber. Die Reeperbahn zieht mit Hamburg. ihrer attraktiven Clubszene jedes Jahr 30 Millionen Menschen an. Das 2006 gegründete Reeperbahn Fes- Musik wirkt dabei auf ganz unterschiedliche Weise auf tival nutzt dieses Potenzial und ist in den vergangenen und für eine Stadt und seine Bürger. Die Wirkungs- Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
8 dass in Hamburg insbesondere die privaten Musik- theater für die hohen Besucherzahlen der Stadt verantwortlich sind. 3. Musik als Bildungs- und Innovationsfaktor: Eine musikalisch lebendige Stadt ist ein gutes Klima für Experimentierfreude und das Beschreiten neuer Wege. Sie regt die Kreativität ihrer Bewohner im Privatleben sowie im Beruf an und erzeugt ein in- novatives Klima, in dem eine zukunftsorientierte Wirtschaft gedeihen kann. Hamburg zieht durch seine zahlreichen musikalischen Ausbildungsstätten kreative und begabte Menschen an, die musikalische Botschafter der Stadt sind. Foto: Elbjazz/C. Spahrbier 4. Musik als ideeller Faktor: Kultur im Speziellen und Musik im Besonderen werden als Teil des Mensch- Jazz-Liebhaber treffen sich beim Elbjazz Festival seins und damit lebensnotwendig verstanden. Daher muss sie sich auch jenseits der Zweckrationalität weise von Kultur hat die Handelskammer Hamburg im bewegen dürfen. Für die Bewohner der Metropol- Jahr 2004 bereits in ihrem Positionspapier „Kultur in region wirken musikalische Ereignisse und Instituti- Hamburg unternehmen“1 anhand von vier Faktoren onen sinn- und identitätsstiftend und sind zugleich beschrieben. Diese können auf die Wirkung der Musik Anregungen und Bildungsangebote, die untrennbar in Hamburg übertragen werden. mit dem Leben in Hamburg verbunden sind. Dies gilt sowohl für professionelle wie auch für die zahl- 1. Musik als Wirtschaftsfaktor: In Hamburg gibt es eine reichen semiprofessionellen oder Laien-Ensembles. Vielzahl privatwirtschaftlicher Unternehmen sowie öffentlicher Kulturinstitutionen, die dem Musiksektor Vor dem Hintergrund dieser Wirkungsweise der Musik unmittelbar oder mittelbar zuzuordnen sind und auf die Hamburger Wirtschaft und das Zusammen- wertschöpfend tätig sind. Zusätzlich sind die indirek- leben in der Metropole hat sich unsere Handelskammer ten wirtschaftlichen Wirkungen des musikalischen dazu entschlossen, den bekannten Fakten über die Lebens auf andere Branchen zu spüren. So profitieren von der Musik in Hamburg insbesondere die Touris- musbranche, die Gastronomie und der Handel. 2. Musik als Standortfaktor: Das musikalische Angebot Foto: www.mediaserver.hamburg.de/Stage Entertainment einer Stadt spielt bei Standortentscheidungen von Unternehmern, für Führungskräfte, Arbeitnehmer und für Studierende eine wichtige Rolle. Auch beim Städtetourismus hat das Musikangebot eine ent- scheidende Bedeutung. Standortvergleiche zeigen, 1 Kultur in Hamburg unternehmen!, Handelskammer Hamburg (Hrsg.), Hamburg 2004 Das Musical „Phantom der Oper“ ist seit 2013 wieder in Hamburg Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
9 Abbildung 1: Musikwirtschaft als Teil der Musikstadt MUSIKWIRTSCHAFT ZIVILGESELLSCHAFTLICHER en, Tonträger, z. B. Musikveranstaltungen, TEIL DER MUSIK Instrumentenbau- undd -handel, Kulturzentren, Musikvereine, z. B. Kulturz Lizensierungg Stiftungen KREATIVE DER MUSIK z. B. Musiker, Komponisten, Textdichter, Arrangeure, Interpreten ÖFFENTLICH GEFÖRDERTE EINRIC HTUNGE N z. B. Orchester, Konzerthäuser, Opernhäuser, Musikhochschulen ammer Hamburg Quelle: STADTart, Herborn, Ramme, 2011; Handelskammer © Handelskammer Hamburg 2014 Musik am Standort eine verlässliche Datenbasis zu vergangenen Jahren eine Vielzahl an Studien, Gutach- verschaffen, an der gemessen werden kann, was ten sowie Senatsdrucksachen verfasst worden (unter Hamburg heute schon zur Musikstadt macht und anderem: Haspa Musikstudie, Der Takt der Zukunft – durch welche Maßnahmen es das vorhandene Poten- Hamburg setzt auf Musik, 2009; Birnkraut und Partner, zial weiter ausschöpfen kann. Gutachten zum Musikstandort St. Pauli, 2006; Gutach- ten Live-Musik-Clubs auf St. Pauli, 2010; Machbar- Dabei erscheint für die Ausfüllung des Labels „Musik- keitsstudie zum Konzept einer „HfMT Academy of Jazz, stadt“ entscheidend, dass in einer Stadt Musik gelebt Pop, & Contemporary Music“ der FHH, 2011; Senats- wird und ein musikalisches Selbstbewusstsein existiert. drucksache 19/3697 „Musikstadt Hamburg“, Senats- Ein Ort, an dem, unabhängig vom Musikstil oder auch drucksache 20/9056 „Musikwirtschaft in Hamburg“ ihrer Qualität, Musik gemacht, unterstützt und toleriert Bürgerschaftliche Ersuchen „Hamburg als europäische wird. Eine pulsierende Musikstadt braucht darüber hin- Musikmetropole stärken!“ Drucksachen 20/4981, 20/7366 aus vor allem kreative Musikerinnen und Musiker sowie und 20/10109). Dieser Standpunkt greift verschiedene Veranstalter, Journalisten und musikbegeisterte Konzert- Erkenntnisse und Vorschläge dieser Studien auf. besucher, deren Herz spürbar auch für die lokale Musik Gleichzeitig basiert die folgende Analyse sowie einige schlägt. Das Gleiche gilt für Studios, Label, Agenturen der daraus abgeleiteten Maßnahmen auf Ergebnissen und nicht zuletzt für Politik, Verwaltung, Vereine und eines moderierten Workshops2, der in unserer Handels- Initiativen, die gemeinsam eine Struktur schaffen, in kammer mit vielfältigen Vertretern der E- und U-Musik der Musik entstehen und sich öffentlich machen kann. durchgeführt worden ist.3 2 Details siehe Kapitel 6 „Methodik“. Zur Musikstadt Hamburg im Ganzen sowie zu einzel- 3 Details zur personellen Zusammensetzung dieses Workshops sind im nen Teilaspekten der Musikstadt sind bereits in den Kapitel „Methodik“ zu finden. Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
10 2 Analyse Die Musikwirtschaft trägt als Teil der Kreativwirtschaft über die geleistete Erwerbsarbeit definiert werden. Hin- gegenüber anderen Wirtschaftszweigen ganz beson- zukommend gilt Musik als meritorisches, also soziales, dere Eigenschaften, die in der vorliegenden Analyse bei vom Staat erwünschtes Gut, wodurch zahlreiche der Ermittlung der Wirtschaftszahlen Berücksichtigung Produkte und Leistungen der Musikwirtschaft, beson- finden müssen. Der Musiksektor besteht aus zahlrei- ders im Sektor der E-Musik (ernste Musik),4 gemein- chen, sehr unterschiedlich strukturierten Wirtschafts- nützig oder aus öffentlicher Hand gefördert werden. zweigen und Akteuren, die zum Teil verschiedene Inte- Sie gehören damit nicht ausschließlich der Privatwirt- ressen verfolgen. Die Produktion und Darbietung von schaft an und müssen gesondert betrachtet werden. Musik als Kern der Musikwirtschaft ist beispielsweise häufig neben ökonomischen Interessen auch von krea- Die Vitalität der Musikbranche lässt sich daher nicht tiven und künstlerischen Motiven geleitet. Die Leistun- allein an ihrer wirtschaftlichen Produktivität messen. gen der Musikwirtschaft können daher nur zum Teil In die Beurteilung müssten Kriterien einfließen, die den Abbildung 2: Beitrag der Kultur- und Kreativwirtschaft zur Bruttowertschöpfung in Deutschland im Branchenvergleich 2009 bis 2010 Milliarden Euro 90 81,0 80 73,1 73,8 70 64,1 63,5 61,5 61,4 60 54,6 53,4 53,9 50 38,5 40 32,3 30 20 10 0 Chemieindustrie Energieversorgung Kultur- und Finanzgewerbe Maschinenbau Automobilindustrie Kreativwirtschaft1 1) Die Schätzungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft basieren auf den Angaben der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung 2009 2010 Quelle: Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur- und Kreativwirtschaft 2011; Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Destatis, September 2012 © Handelskammer Hamburg 2014 4 E-Musik gilt aus historischer Perspektive als ernsthafte Kunstmusik. aus popularmusikalischen Bereichen dazugerechnet. Der Mut zum Darunter werden heute im deutschen Urheberrechtswahrnehmungs- Experiment ohne den Blick auf die wirtschaftliche Machbarkeit gilt gesetz jedoch immer mehr „kulturell bedeutende Werke und Leistungen“ dabei als zentrales Kriterium der E-Musik. Die meisten Werke der verstanden, die durch die Verteilungspraxis der Verwertungsgesell- Bereiche Pop, Rock oder Jazz werden jedoch der unterhaltenden Musik schaften zu fördern sind. Dabei handelt es sich häufig um Musik, (U-Musik) zugerechnet. Zusätzlich wird Musik, die rein außermusika- die sich wirtschaftlich nicht selbst trägt, aber im Urteil vieler Hörer lischen Zwecken dient (Werbung, Film, Militär etc.) als funktionale interessant und erhaltenswert ist. So wird heute teilweise auch Musik Musik (F-Musik) definiert. Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
11 Abbildung 3: Wertschöpfung der Musikwirtschaft Vorproduktion Produktion Distribution Vorprodukte für Musikalischer Inhalt Livemusik Inhaltsproduktion • Komposition z. B. z. B. • Arrangement • Instrumentalisten • Tontechniker • Konzerthallen • Musikinstrumente • Texte • Sänger • Veranstalter • Musikclubs • Musikzubehör • Agenturen • Festivals • Noten • EDV-Produktionsprogramme Rechteverwertung Mediale Wiedergabe Vorprodukte für Distribution • Verlage • Social Media z. B. • Label • Internet • Ton-, Lichttechnik • Verwertungsgesellschaften • Hörfunk • Bühnentechnik • Musiker • TV/Film • Aufnahmetechnik • Textdichter • Werbung • Online-Distributionstechnik • Software • Internetbezogene Handel Dienstleistungen • Stationärer Handel (Tonträger) • Onlinehandel (Tonträger und Audio-Files) • Streaming • Noten • Printprodukte • Merchandising Quelle: Arbeitsgemeinschaft Kulturwirtschaft Nordrhein-Westfalen 2007 © Handelskammer Hamburg 2014 kreativ-kulturellen und sozialen Wert der Musik wür- Energie- und der Finanzwirtschaft. Die Musikwirt- digen. Da sich diese Faktoren jedoch nur schwer quan- schaft als Teil der Kreativwirtschaft hat ferner Anteil tifizieren lassen, sollen bei der Analyse der Musikstadt an der Wertschöpfung vieler weiterer Branchen (zum Hamburg zunächst die volkswirtschaftlichen Basis- Beispiel Film, Games, Rundfunk, Werbung) und weist daten eine Grundlage für eine qualifizierte Näherung als wirtschaftliches Gut besondere Eigenschaften auf: bieten. Sie helfen, wirtschaftliche Schwerpunkte sowie Eine Besonderheit liegt in den verhältnismäßig hohen Stärken und Schwächen des Standorts unabhängig Fixkosten und den dagegen geringeren variablen vom Wert der kulturell-gesellschaftlichen Bereiche des Kosten.5 Die Produktion von Musik ist insgesamt ein musikalischen Angebots in der Stadt zu identifizieren. vielschichtiger und langwieriger Prozess, der mit viel Know-how, Technik und Personaleinsatz verbunden ist. Da die erhobenen Wirtschaftsdaten kreativer Branchen Er ist daher sehr kostenintensiv. Das fertige Musikstück allgemein aus genannten Gründen von zahlreichen hingehen kann über physische Tonträger oder sogar weichen Faktoren bestimmt sind, wird in der öffent- als Datei zu sehr geringen Kosten vervielfältigt und lichen Diskussion oft nicht deutlich, welches große vertrieben werden. Hierdurch ergeben sich für den wirtschaftliche Gewicht sie dennoch im Vergleich zu Bereich der Musikproduktion sowie der Tonträger- anderen Branchen haben. Dies zeigt sich besonders bei industrie Skaleneffekte, die Produktionen in hoher der touristischen Betrachtung (siehe Kapitel 2.2) der Stückzahl begünstigen. Die Marktsituation spiegelt Musikangebote. dies deutlich wider. Etwa zwei Drittel des Gesamt- umsatzes im Tonträgermarkt werden von den soge- So rangiert die Kultur- und Kreativwirtschaft gemes- sen an der Bruttowertschöpfung selbst ohne deren 5 Schnabel, Alexander et al.: Ökonomische Effekte der Musikwirtschaft touristischen Effekte in Deutschland zwischen der in Wien und Österreich, Institut für höhere Studien, Wien 2012 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
12 nannten Majors beherrscht, den großen internationa- Wirtschaftszweige des Musikmarkts nach der len Plattenfirmen. Aus wirtschaftlicher Perspektive Söndermann-Definition 2012 (Neufassung) liegt der Gebrauchswert von Musik in der Befriedigung von spezifischen Bedürfnissen der Käufer beziehungs- 90.03.1 Selbstständige Komponisten/-innen, weise Hörer durch die Musik. Er besteht beispielsweise Musikbearbeiter in der Möglichkeit zur Unterhaltung, Entspannung 90.01.2 Musikensembles oder Repräsentation. Gerade die emotionale Ansprache durch die Musik hat identitätsstiftende Wirkung. Die 59.20.1 Tonstudios etc. Nachfrage ist demnach stark von subjektiven Faktoren 59.20.2 Tonträgerverlage und Modeeffekten geprägt und die wirtschaftliche Lebensdauer eines Musikstücks sehr unterschiedlich 59.20.3 Musikverlage und kaum planbar. Diese mangelnde Planbarkeit der 90.04.1 Theater- und Konzertveranstalter Nachfrage stellt ein hohes Risiko für die Musikprodu- zenten dar, das nur zum Teil durch die Bündelung von 90.04.2 Private Musical-/Theaterhäuser, Titel und Interpreten im Portfolio der Plattenfirmen Konzerthallen und Ähnliches aufzufangen ist. Da der Bekanntheitsgrad eines Titels 90.02 Erbringung von Dienstleistungen oder Künstlers einen großen Einfluss auf die Nachfrage für die darstellende Kunst des Produkts hat, kommt dem Marketing eine zentrale Rolle beim Vertrieb der Produkte und Produktionen zu. 47.59.3 Einzelhandel mit Musikinstrumenten etc. 47.63 Einzelhandel mit bespielten Die der Musikwirtschaft zugehörigen Wirtschafts- Ton-/Bildträgern zweige lassen sich aus der Definition der Teilbranchen der Kreativwirtschaft ableiten, wie sie 2009 von der 32.2 Herstellung von Musikinstrumenten deutschen Wirtschaftsministerkonferenz empfohlen wurden. Diese Definition wird seitdem als Grundlage für wirtschaftliche Erhebungen der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung verwendet Die Söndermann-Definition schafft durch ihre Ver- und hat sich auch bei anderen Erhebungen als Leit- bindlichkeit eine deutschlandweite Vergleichbarkeit faden durchgesetzt. Sie wird häufig nach ihrem Autor von Wirtschaftsdaten. Der Nachteil bei der Ver- Michael Söndermann benannt und erfasst primär wendung dieser Klassifikation besteht jedoch darin, erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen, die sich mit dass sie verschiedene Wirtschaftszweige ausgeklam- der Schaffung, Produktion, Verteilung oder medialen mert, die zumindest teilweise der Musikwirtschaft Verbreitung von kreativen Gütern und Dienstleistun- zuzurechnen sind. Dazu gehören zum Beispiel der gen befassen. Die öffentlich geförderten Kultureinrich- Hörfunk oder die Vervielfältigung von Tonträgern. Um tungen zählen nicht dazu. Die Wirtschaftszweig- diese Bereiche der Musikwirtschaft in der Analyse der zuordnung weist dem Teilmarkt „Musikmarkt“ in der Musikstadt Hamburg nicht zu vernachlässigen und überarbeiteten Version von 2012 somit folgende gleichzeitig die Vergleichbarkeit mit anderen Erhebun- Wirtschaftszweige zu: gen aus Deutschland zu ermöglichen, wurden die Mit- gliedsdaten unserer Handelskammer in der vorliegen- den Analyse nach zwei verschiedenen Definitionen der Musikwirtschaftszweige ausgewertet: einmal nach dem bundesweit gültigen Söndermann-Leitfaden und zusätzlich nach einer erweiterten Definition unserer Handelskammer, die alle Wirtschaftszweige berück- Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
13 Die Definition der Musikwirtschaft nach Söndermann lässt diese Mischbranchen aus, da deren Anteil an der Wertschöpfung der Musikwirtschaft nur durch Einzel- fallprüfung der Unternehmensdaten zu ermitteln ist. Die Mitgliederdatenbank unserer Handelskammer ermöglicht es jedoch sehr spezifisch, die Unternehmen dieser Mischbranchen herauszufiltern und im Einzel- nen zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Unter- nehmen im Musikbereich tätig sind. Anhand der Ergeb- nisse der Einzelfallprüfung wurden für die Mischbran- chen in der vorliegenden Analyse prozentuale Anteile an der Musikwirtschaft veranschlagt. Somit fließt die Anzahl dieser Unternehmen, deren Beschäftigte sowie Foto: Malzkorn deren Bruttowertschöpfung erstmalig in die Berech- nung der Wirtschaftsdaten der Musikwirtschaft am Tontechniker im Clouds Hill Recordings Tonstudio in Rothenburgsort Standort Hamburg ein. Die Gesamtliste der betrachte- ten Wirtschaftszweige sowie deren anteilige Berech- sichtigt, die ganz oder zumindest zum Teil an der Wert- nung sind im Anhang aufgeführt. Beide Systematiken, schöpfungskette der Musikwirtschaft beteiligt sind. die engere und die weitere Definition der Wirtschafts- Hierzu gehört eine Vielzahl von Mischbranchen, wie zweige der Musikbranche, sollen in der Analyse parallel zum Beispiel Künstleragenturen, Herstellung von Bild- Ergebnisse liefern und dazu dienen, die Branche mög- und Tonträgern, selbständige Künstler und viele mehr. lichst genau zu beurteilen. Abbildung 4: Musikmarkt allgemeine Wirtschaft (Nachfrageeffekte) Gastronomie Hotellerie Musikmarkt nach Handelskammer-Definition Tonträgerhersteller Musikmarkt Diskotheken nach Söndermann Herstellung von Musikinstrumenten Theater- und Konzertveranstalter Tonstudios PR Verlage Design Handel mit Künstleragenturen Unterhaltungselektronik Reiseveranstalter allgemeine Wirtschaft (Nachfrageeffekte) Musiksektor Branchen, die in besonderem Maß vom Musiksektor profitieren allgemeine Wirtschaft © Handelskammer Hamburg 2014 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
14 Abbildung 5: Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft in Hamburg 2013 Anzahl der Unternehmen Musikmarkt 2 011 1 553 Buchmarkt 985 nicht bereinigt 34 648 985 Kunstmarkt 515 bereinigt 21 515 515 Filmwirtschaft 1 423 1 093 Rundfunkwirtschaft 210 100 Markt für darstellende Künste 1 105 570 Designwirtschaft 12 499 6 683 Architekturmarkt 239 222 Pressemarkt 1 945 1 877 Werbemarkt 11 806 6 007 Games-/Software-Industrie 1 833 1 833 Sonstiges 77 77 0 2 000 4 000 6 000 8 000 10 000 12 000 14 000 Quelle: Handelskammer Hamburg, Zählung nach der statistischen Datengrundlage für die Kreativwirtschaft 2012, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie © Handelskammer Hamburg 2014 2.1 Wirtschaftsdaten des Musiksektors 2.1.1 Unternehmen der Musikwirtschaft Die Musikwirtschaft in Hamburg wird zunächst an- In Hamburg sind insgesamt etwa 166 000 Unterneh- hand der Faktoren „Anzahl der Unternehmen“, „Be- men verschiedenster Branchen ansässig. Davon sind schäftigte“ und „Bruttowertschöpfung“ analysiert, um etwa 70 000 ins Handelsregister eingetragen (Januar deren wirtschaftliches Gewicht für Hamburg zu er- 2014). Von den 21 515 Unternehmen der Kultur- und mitteln. Diese Daten fließen neben einer Experten- Kreativwirtschaft (nach Söndermann, bereinigt)6 gehö- befragung in die Stärken-Schwächen-Analyse des ren wiederum 2 011 Unternehmen der Musikwirtschaft Standorts ein, die Hinweise auf tragfähige Maßnah- in Hamburg an. men zur Förderung des Musiksektors liefert. Über 30 Prozent der 2 011 Unternehmen sind in Teil- Darüber hinaus wird die Musikwirtschaft insbesondere branchen tätig, die dem Bereich der Dienstleistungen durch eine Betrachtung des Musiktourismus in Ham- für Livedarbietungen angehören, wie zum Beispiel burg in ihr wirtschaftliches Umfeld eingeordnet. Die Spielstätten, Bühnenbau und Technikdienstleistungen vorliegende Analyse bezieht daher neben dem Kern der oder Konzertdirektionen. Zusammen mit den Teilbran- Musikwirtschaft auch Teile der Wirtschaftszweige mit chen, die sich mit dem Verlegen von Musikalien ein, die in besonderem Maße von der Musikwirtschaft beschäftigen – weitere 30 Prozent – sind sie die unter- geprägt und beeinflusst werden. 6 Die sogenannte bereinigte Anzahl der Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft eliminiert Doppelzählungen der Branchen, die mehreren Teilmärkten der Kultur- und Kreativwirtschaft zugerechnet werden können. Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
15 Abbildung 6: Die Unternehmen der Musikwirtschaft in Hamburg nach Söndermann 2013 Anzahl der Unternehmen: 2 011 (Angaben in Prozent in Klammern) 664 Dienstleistungen ngen 599 VVerlage (30 %) für Livedarbietungen (33 %) 160 künstlerische Musikproduktion (8 %) 376 technische techni Musikproduktion (18 %) 16 Instrumentenbau enbau (1 %) 196 Musikfachhandel (10 %) Quelle: Handelskammer Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014 Abbildung 7: Standortvergleich: Unternehmen der Musikwirtschaft nach Söndermann 2013 Anzahl der Unternehmen 5 000 4 579 4 000 3 000 2 011 1 976 2 000 1 674 1 000 0 Berlin Hamburg Köln München Quellen: Handelskammer Hamburg; Industrie- und Handelskammer Berlin; Industrie- und Handelskammer Köln; Industrie- und Handelskammer München © Handelskammer Hamburg 2014 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
16 Abbildung 8: Musikwirtschaft im Städtevergleich nach Teilbranchen Anzahl der Unternehmen 2 500 2 289 Dienstleistungen für Livedarbietungen technische Musikproduktion Musikverlage 2 000 Musikfachhandel künstlerische Musikproduktion Instrumentenbau und -reparatur 1 500 1 093 1 000 873 796 664 684 599 474 500 376 412 347 273 233 196 160 174 208 212 76 28 26 16 11 20 0 Berlin Hamburg Köln München Quellen: Handelskammer Hamburg; Industrie- und Handelskammer Berlin; Industrie- und Handelskammer Köln; Industrie- und Handelskammer München © Handelskammer Hamburg 2014 nehmensstärksten Teilbranchen der Musikwirtschaft in Sparten machen. Einen Hinweis auf die Bedeutung Hamburg.7 Hamburgs als Pop-musikalisches Zentrum gibt die Auswahl der wichtigsten deutschen Musiker und Betrachtet man diese Zahlen im Vergleich mit anderen Bands des „Rolling Stone Magazins“ von 2013. 34 der deutschen Kreativmetropolen wie Berlin, Köln und darin erwähnten 100 ausgewählten Musiker kamen München, zeigt sich, dass Hamburg der Anzahl der aus Berlin, 26 aus Hamburg. Die Städte München und Musikunternehmen nach an zweiter Stelle hinter Berlin Köln kamen mit jeweils nur vier Nennungen vor. liegt und Köln fast gleichauf ist. Bei der Betrachtung der einzelnen Teilbranchen der Berlin weist als Hauptstadt bei Weitem die meisten Musikwirtschaft nach Anzahl der Unternehmen zeigt Unternehmen der Musikbranche auf. Gerade Hamburg sich, dass Hamburgs Stärken im Bereich der Dienstleis- war in den vergangenen zehn Jahren wiederholt von tungen für Livedarbietungen, der technischen Musik- der Abwanderung großer Musikunternehmen, wie zum produktion sowie im Bereich der Musikverlage liegen, Beispiel Universal, nach Berlin betroffen. Mittlerweile die Hansestadt im Allgemeinen jedoch deutlich hinter jedoch hat sich die Lage für Hamburg stabilisiert. Dazu Berlin verortet ist. haben auch das seit dem Jahr 2006 stattfindende Ree- perbahn Festival und die einzigartige Clubkultur bei- Berücksichtigt man bei der Anzahl der Musikunter- getragen, die Hamburg zu einem attraktiven Umfeld nehmen zusätzlich zu der Söndermann-Zählweise die für junge Musiker und innovative Unternehmen aller Unternehmen, die durch die durchgeführte Einzelfall- prüfung in Mischbranchen als der Musikwirtschaft 7 Die Einteilung der Wirtschaftszweige zu den Teilbranchen ist dem zugehörig identifiziert wurden, kommen zu den 2 011 Anhang zu entnehmen. Unternehmen der Söndermann-Zählung weitere 1 478 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
17 Abbildung 9: Die Unternehmen der Hamburger Musikwirtschaft nach Zählung der Handelskammer Hamburg Anzahl der Unternehmen: 3 491 31 Musikausbildung (1 %) (Angaben in Prozent in Klammern) 599 Musikverlage kverlage (17 %) Musikfachha 407 Musikfachhandel (12 %) Instru 19 Instrumentenbau (1 %) 7 künstlerische Musikproduktion (21 %) 729 465 technische Musikproduktion (13 %) 40 Hörfunk (1 %) 1 201 Dienstleistungen für Livedarbietungen (34 %) Quellen: Handelskammer Hamburg; Destatis © Handelskammer Hamburg 2014 Abbildung 10: Anzahl der Unternehmen in den vergleichenden Zählweisen Anzahl der Unternehmen 1 400 1 201 erweiterte Definition 1 200 der Handelskammer Hamburg Definition nach Söndermann 1 000 800 729 664 599 599 600 465 407 376 400 196 200 160 31 19 16 40 0 0 0 Musik- Musikfachhandel Instrumentenbau künstlerische Dienstleistungen Hörfunk technische Musikverlage ausbildung Musikproduktion für Live- Musikproduktion darbietungen Quelle: Handelskammer Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
18 Unternehmen hinzu. Die schon genannten sechs Teil- men in den Teilbranchen durch die übliche Sönder- branchen der Musikwirtschaft erweitern sich dadurch mann-Zählweise deutlich zu niedrig bewertet wird und um die Teilbranchen „Ausbildung“ und „Hörfunk“. Bis das wirtschaftliche Potenzial insgesamt höher bewer- auf die Verlagswirtschaft erhöht sich in allen übrigen tet werden muss. Teilbranchen die Anzahl der zugeordneten Unterneh- men auf insgesamt 3 491. 2.1.2 Beschäftigte der Musikwirtschaft In der vergleichenden Darstellung der Zählweisen (Söndermann/Handelskammer) zeigt sich, dass sich die Nach den Maßgaben der Söndermann-Definition Anzahl der Unternehmen besonders in den Teilberei- gehören etwa 9 700 Beschäftigte der Musikwirtschaft chen „Musikfachhandel“ (+ 211 Unternehmen), „künst- in Hamburg an. Darin sind je nach Teilbranche circa lerische Musikproduktion“ (+ 569 Unternehmen) und 25 Prozent Teilzeitbeschäftigte8 und bis zu 40 Prozent „Dienstleistungen für die Livedarbietung“ (+ 537) geringfügig Beschäftigte9 eingerechnet. Die freien erhöht. Dies zeigt, dass die Anzahl der Musikunterneh- Berufe sind in der Zählung der Beschäftigten unserer Abbildung 11: Die Beschäftigten der Musikwirtschaft in Hamburg nach Söndermann 2013 Anzahl der Beschäftigten: 12 172 (Angaben in Prozent in Klammern) 1 213 Musikverlage (10 %) tech 505 technische Musikproduktion (4 %) 417 Musikfachhandel (3 %) 6 891 Dienstleistungen für Livedarbietungen (57 %) 2 947 künstlerische M Musikproduktion (24 %) (H 348 + 2.478 KSK) (HK: Instrumente 199 Instrumentenbau (2 %) Quelle: Handelskammer Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014 8 Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Teilzeit- beschäftigte und geringfügig entlohnte Beschäftigte am Arbeitsort (AO), Stand Juni 2013. 9 Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Teilzeit- beschäftigte und geringfügig entlohnte Beschäftigte am Arbeitsort (AO), Stand Juni 2013. Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
19 Handelskammer grundsätzlich nicht erfasst, da sie Neben der starken Live- und Verlagsbranche gibt es in keine Mitgliedsunternehmen der Handelskammer sind Hamburg eine große Anzahl (2 947 Personen, laut Han- und als solche nicht in der Datenbank geführt werden. delskammer-Datenbank zuzüglich Mitglieder der Daher wurden die etwa 2 500 Selbstständigen, die im Künstlersozialkasse) von freien Musikern und Künst- Bereich der künstlerischen Musikproduktion über ihre lern und damit eine starke Musikszene, die die Branche Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK) ermit- lebendig hält und Waren und Dienstleistungen der telbar sind, der Gesamtzählung der Beschäftigten hin- anderen Teilbereiche nachfragt. In Berlin sind verglei- zugerechnet, sodass sich eine Summe von 12 172 chend dazu 7 013 Personen im Musikbereich bei der Beschäftigten für die Musikwirtschaft ergibt. Eine Künstlersozialkasse eingetragen, also 4 535 mehr als Besonderheit der Musikbranche ist dabei die hohe in Hamburg. Anzahl an Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten. Dadurch, dass viele Kleinstunternehmer parallel als Mit der erweiterten Zählung unserer Handelskammer freie Mitarbeiter oder auf Minijob-Basis in der Branche erhöht sich die Anzahl der Beschäftigten um 5 062 auf arbeiten, ist die Anzahl der in der Musikwirtschaft täti- insgesamt 17 234 Beschäftigte (14 756 Handelskam- gen Personen nur näherungsweise ermittelbar. Sie mer zuzüglich 2 478 KSK). Auch hier entfallen viele der werden in den unterschiedlichen Statistiken der Sta- zusätzlich gezählten Beschäftigten auf den Bereich der tistikämter in ihrer Tätigkeit als Inhaber von Kleinst- künstlerischen Musikproduktion und die Livebranche. unternehmen häufig nicht aufgeführt, in ihrer Rolle Gut 1 500 Personen werden im Bereich Musikfachhan- als freie Mitarbeiter wiederum von den Industrie- und del hinzugezählt und 300 Beschäftigte im Bereich des Handelskammer nicht ermittelt. Hierdurch kommt es Hörfunks. Die Dominanz des Teilbereichs „Dienstleis- zu einer lückenhaften Erfassung sowie möglicherweise tungen für Livedarbietungen“ bleibt mit fast 8 500 zu Doppelzählungen. Beschäftigten auch hier erhalten. Abbildung 12: Die Beschäftigten der Hamburger Musikwirtschaft nach Teilbranchen Anzahl der Beschäftigten: 17 234 (Angaben in Prozent in Klammern) 3 976 künstlerische Musikproduktion (23 %) (HK: 1.498 + 2.478 KSK) bau (3 %) 472 Instrumentenbau 2 006 Musikfachhandel (12 %) 63 Musikausbildung ( 1 % ) 1 212 Musikverlage (7 %)) 746 technische Musikproduktion (44 %) 8 472 Dienstleistungen 287 Hörfunk nk (2 %) für Livedarbietungen Live (49 %) Quelle: Handelskammer Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
20 2.1.3 Bruttowertschöpfung deren Basis zusammen mit der von den Statistikämtern der Musikwirtschaft erhobenen Bruttowertschöpfungsindizes pro Beschäf- tigtem die primäre Bruttowertschöpfung der Branche Auf Basis der Anzahl der Beschäftigten in den einzel- errechnet werden kann. nen Unternehmen der Musikwirtschaft zusammen mit der Anzahl der KSK-Mitglieder lässt sich die Brutto- So ergibt sich für die Musikwirtschaft nach Sönder- wertschöpfung der Musikwirtschaft berechnen (Anzahl mann eine Bruttowertschöpfung von 385 Millionen Beschäftigte x durchschnittliche Bruttowertschöpfung Euro jährlich (alle Branchen insgesamt 2012: 85,7 Mil- pro Beschäftigtem). Mangels differenzierter Unter- liarden Euro). Daraus wird deutlich, dass Hamburgs suchungen zur Musikwirtschaft werden hierbei ver- Musikbranche nicht nur ein kulturelles Gewicht hat, schiedene Durchschnittswerte der Bruttowertschöp- sondern auch wirtschaftlich eine wichtige Rolle in der fung pro Arbeitnehmer angenommen, die aus ver- Medienstadt spielt. Vergleichend dazu beläuft sich die gleichbaren Wirtschaftsbereichen (Produktion, Dienst- Bruttowertschöpfung des Gastgewerbes (2010) in leistungen, Kultur etc.) abgeleitet wurden.10 Dabei Hamburg auf 339 Millionen Euro. Die Livebranche mit werden die Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten mit 47 Prozent Anteil an der Bruttowertschöpfung der deren verminderter Wochenarbeitszeit berücksichtigt.11 Musikwirtschaft liegt auch hier deutlich vor allen wei- Die ermittelbaren Beschäftigten der Musikbranche teren Teilbranchen. werden so in Mitarbeiteräquivalente umgerechnet, auf Abbildung 13: Primäre Bruttowertschöpfung der Musikwirtschaft in Hamburg nach Söndermann Gesamtsumme: 385 Millionen Euro (Anteile in Klammern) 49,29 Musikverla Musikverlage (13 %) 23,52 technische Musikproduktion (6 %) 178,74 Dienstleistungenn für Livedarbietungen (48 %)) 116,83 Musikfachhandel (5 %) 111,71 künstlerische Musikproduktion (29 %) 4,85 Instrumentenbau (1 %) Quelle: Handelskammer Hamburg; Destatis © Handelskammer Hamburg 2014 10 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder, 2013 11 Diese liegt bei den Teilzeitbeschäftigten bei 18 Stunden, bei den gering- fügig Beschäftigten bei 10 Stunden pro Woche (Vollzeit 38,5 Stunden), Quelle: Statistikamt Nord Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
21 Abbildung 14: Primäre Bruttowertschöpfung der Hamburger Musikwirtschaft (gesamt 638 Millionen Euro) Gesamtsumme: 638 Millionen Euro (Anteile in Klammern) tion (20 %) 129,55 künstlerische Musikproduktion 23,18 Instrumentenbau und -reparatur (4 %) 302,98 Dienstleistungen für Livedarbietungen (47 %) 81,60 Musikfachhandel (13 %) 1,55 Musikausbildung (‹1 %) 49,61 Musikverlage erlage (8 %) 35,57 technische Musikproduktion (6 %) 14,37 Hörfunk (2 %) Quelle: Handelskammer Hamburg; Destatis © Handelskammer Hamburg 2014 Abbildung 15: Datengrundlage – Übersicht Teilbranche Unternehmen Beschäftigte Bruttowertschöpfung Nachfrageeffekte Bruttowert- auf die allgemeine Wirtschaft schöpfung Söndermann Handelskammer Söndermann Handelskammer Söndermann Handelskammer Söndermann Handelskammer (inkl. KSK) (inkl. KSK) Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl in Tausend Euro in Tausend Euro in Tausend Euro in Tausend Euro Index Ausbildung -* 31 -* 63 -* 1 547 -* 727 42 786 Musikfachhandel 196 407 417 2 006 16 829 81 604 7 910 38 354 70 888 Instrumente 16 19 199 472 4 853 23177 2 281 10 893 85 547 künstlerische Musikproduktion (inklusive KSK) 160 729 2 947 3 976 98 447 129 546 46 270 60 887 42 786 Dienstleistungen für die Livedarbietung 664 1 201 6 891 8 472 178 738 302975 84 007 142 398 42 786 Hörfunk -* 40 -* 287 -* 14 367 -* 6 753 87 216 technische Musikproduktion 376 465 505 746 23 521 35 565 11 055 16 716 71 317 Verlage 599 599 1 213 1 212 49 289 49 614 23 166 23 319 71 317 Summe 2 011 3 491 12 172 17 234 371 678 638 398 174 689 300 047 *nicht Bestandteil der Definition „Musikbranche“ © Handelskammer Hamburg 2014 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
22 Bei der Ermittlung der Bruttowertschöpfung des dem Wirtschaftsstandort Hamburg einen zusätzlichen Musiksektors nach der Definition unserer Handels- Impuls von 299,9 Millionen Euro. kammer fallen die gut 5 000 zusätzlichen Beschäftig- ten dieser erweiterten Zählung deutlich ins Gewicht. Schätzungen zu den fiskalischen Effekten von Beschäf- Insgesamt liegt die Bruttowertschöpfung um 253 Mil- tigung und deren Bruttowertschöpfung besagen, dass lionen Euro höher als nach der Söndermann-Zählung – unter konservativen Annahmen – zwischen 22 und und summiert sich damit auf 638 Millionen Euro. Allein 30 Prozent der Bruttowertschöpfung einer Branche als im Bereich der Livebranchen fallen 124 Millionen Euro Steueraufkommen anfallen. Demnach erwirtschaftet mehr an. Auch der Musikfachhandel trägt mit 64 Mil- die Hamburger Musikwirtschaft insgesamt ein Steuer- lionen Euro maßgeblich zu dieser Erhöhung bei. Ver- aufkommen von 140 bis 191 Millionen Euro jährlich. gleichend zu diesen 638 Millionen Euro beläuft sich In Hamburg verbleibt von der Bruttowertschöpfung die Bruttowertschöpfung des Sportsektors (2010) in eine Steuerquote von mehr als 10 Prozent. Hamburg auf 820 Millionen Euro. Über die Musikwirtschaft hinaus stimuliert deren Wertschöpfung die gesamte allgemeine Wirtschaft am Bruttowertschöpfung des Musiksektors Standort durch erhöhte wirtschaftliche Aktivität in (638 Millionen Euro) Form von Multiplikator-12 und Akzeleratoreffekten.13 + Hierunter ist die Nachfrage von Unternehmen des Multiplikatoreffekt Faktor 1,47 Musiksektors nach Gütern und Dienstleistungen zu (300 Millionen Euro) verstehen, die für sich genommen keinen Musikbezug = haben. Sie reichen beispielsweise von der Büroausstat- Wirtschaftskraft der Musikbranche tung der Musikunternehmen bis hin zu den Getränken, am Standort Hamburg die während eines Konzerts vom Publikum konsumiert (938 Millionen Euro) werden. Die Prognos AG hat für Hamburg im Zusam- menhang mit der Berechnung der Wirkungen des Hamburger Konjunkturpakets einen effektiven Multi- plikator (unter Berücksichtigung möglicher Abgänge durch Importe und Steuern) in Höhe von 1,47 ermit- 2.1.4 Neue Wertschöpfungszusammen- telt, der die Multiplikatoreffekte abdeckt.14 Unter hänge in der Musikwirtschaft Berücksichtigung dieses Multiplikators gibt der Musik- sektor nach der Definition unserer Handelskammer Die vorangegangene Analyse der Unternehmensan- zahl, der Beschäftigten sowie der Bruttowertschöp- fung des Musiksektors hat deutlich gemacht, dass die 12 Multiplikatoreffekt: Der Multiplikator ist eine Messzahl, die angibt, Teilbranchen der Hamburger Musikwirtschaft zum um wie viel Einheiten sich das Volkseinkommen erhöht, wenn die einen sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und zum Wertschöpfung (Investitionsausgaben, Staatsausgaben, autonome Konsumausgaben) um eine Einheit steigt. Der ökonomische Effekt einer anderen unterschiedlich intensiv zur Bruttowertschöp- Wertschöpfung ist nicht nur der produzierte Wert, sondern dieses Geld fung der Branche beitragen. Dies erklärt sich aus der stimuliert die Aktivität an einem Standort zusätzlich. 13 Akzeleratoreffekt: Die Nachfrage der Unternehmen nach Investitions- großen Spanne der Tätigkeiten im Musiksektor, die von gütern entwickelt sich proportional zu der von den Unternehmen traditioneller handwerklicher Arbeit im Instrumenten- geplanten Produktionsausweitung, die von der erwarteten Nachfrage nach den produzierten Gütern bestimmt wird. Weil diese Proportion bau bis hin zu Internet- und Softwareunternehmen auch als Koeffizient bezeichnet wird, spricht man auch vom Akzelera- mit ganz neuen Geschäftsmodellen reicht sowie von tionskoeffizienten. 14 Prognos AG: Ökonomische Wirkungseffekte der „Konjunkturoffensive einer Vielzahl kleiner lokaler Unternehmen bis zu global Hamburg“, 2009 agierenden Konzernen. Insbesondere durch die immer Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
23 Abbildung 16: Umsatzanteile am deutschen Musikverkauf Millionen Euro 1 800 1 600 1400 1 200 1 000 800 600 400 200 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Umsatz Streaming Umsatz Download Umsatz physisch Quelle: Bundesverband der Musikwirtschaft e. V.; media control, GfK Panel Services © Handelskammer Hamburg 2014 Abbildung 17: Umsatzanteile aus dem deutschen Musikverkauf 1 Umsatzanteile in Prozent Download à la carte (inklusive Mobile2): 18,0 % ddigital: 20,5 % SStreaming (Aboservices und werbefinanziert): 2,5 % Musik-DVD: 6,2 % Vinyl-Alben: 1,4 % p physisch Sonstiges3: 1,2 % CD-Alben: 70,8 % physisch: 79,5 % physis 1) Umsatz bewertet zu Endverbraucherpreisen inklusive Mehrwertsteuer; werbefinaziertes Streaming und Ringback Tunes wie angefallen 2) Download-Tracks, -Bundles, -Musikvideos, Realtunes, Ringback Tunes 3) Singles, MC, Audio-DVD, SACD Quellen: Bundesverband Musikindustrie e. V.; media control/GfK Panel Services © Handelskammer Hamburg 2014 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
24 bote, bei denen Musik von einem Medienserver über das Internet an die einzelnen Nutzer übertragen wird, haben in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, die illegale Nutzung von Musik im Internet einzudäm- men. Zurzeit erleben Streaming-Angebote wie zum Beispiel Spotify einen regelrechten Boom. Bisher ste- Foto: picture alliance/dpa/Heimken hen viele Künstler den Streaming-Angeboten jedoch skeptisch gegenüber, da die Erlöse vor allem für die Urheber extrem niedrig sind. Ob sich der Trend zu Musikabonnements in Zukunft weiter verstärkt und Fertigung des Hammerwerks für einen Konzertflügel bei Steinway den Kauf von Musik überflüssig macht, bleibt abzu- warten. Es ist jedoch allzu deutlich, dass es für die stärkere Nutzung von Musiksoftware, aber auch durch Musikwirtschaft heute darauf ankommt, neue trag- die flächendeckende Digitalisierung der Medien und fähige Erlösmodelle für alle Beteiligten zu etablieren. die Nutzung des Internets hat sich das Gefüge der Marktsegmente der Musikwirtschaft erheblich verän- dert – teils mit dramatischen Folgen. Das MP3-Format, Download- und Streaming-Angebote haben den mu- sikalischen Inhalt, der bislang immer mit einem phy- sikalischen Trägermedium verbunden war, mehr und mehr zu einem rein digitalen Produkt werden lassen. Dessen Produkteigenschaft hat sich dadurch entschei- dend verändert, denn in Dateiform ist Musik über das Internet sowohl bestellbar, lieferbar, konsumierbar als Foto: Malzkorn auch kopierbar. Traditionelle Vertriebswege und Dienst- leistungen der Musikwirtschaft, die bisher sichere Ein- nahmequellen für die Musikindustrie waren, werden Jan Delay: lebt und arbeitet in Hamburg übersprungen, umgangen oder gänzlich überflüssig. Besonders die Tonträgerindustrie und die Musiklabels Der Bereich des Live-Entertainments hat sich an dieser haben dadurch weltweit einen bedeutenden Umsatz- Stelle in den vergangenen Jahren zum bedeutendsten rückgang erlebt. Erst seit 2012 beginnt der Umsatz der Wirtschaftsfaktor der Musikwirtschaft entwickelt. Tonträgerindustrie (Recorded Music) nach einer langen Obwohl sich die Bereitschaft, Geld für Tonträger aus- Rezession wieder langsam zu wachsen. zugeben, verringert hat, geben Musikliebhaber mehr Geld denn je für Konzerte aus. So ist Musik an vielen Grund dafür sind die steigenden Erlöse aus dem digi- Stellen zum Kaufanlass für Events oder Lifestyle-Pro- talen Geschäft, das sich den gewandelten Bedürfnissen dukte in Form von Merchandising-Artikeln geworden der Käufer stellt, Tonprodukte individuell, ubiquitär und und die Konzerttätigkeit hat sich zur maßgeblichen interaktiv nutzbar anzubieten. Gut 20 Prozent aller Einnahmequelle für die Branche entwickelt. Musikprodukte werden heute bereits in digitaler Form verkauft – Tendenz deutlich steigend. Berücksichtigt man diese massiven Umbrüche in der Wertschöpfungskette der Musikwirtschaft, ergeben Für Künstler, Urheber, Produzenten oder Labels sind die sich bei der Beurteilung der Wirtschaftsdaten des Erlöse aus der Musiknutzung im Internet jedoch ver- Musikmarkts am Standort Hamburg folgende zentrale gleichsweise gering. Kostenpflichtige Streaming-Ange- Annahmen: Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
25 Abbildung 18: Umsätze im Musikveranstaltungsmarkt und Tonträgermarkt 1 im Vergleich Prozent 100 40 % 36 % 80 48 % (1,61) 52 % (1,78) (2,47) (2,65) 60 40 60 % 64 % 52 % (2,88) 48 % (2,70) (2,66) 20 (2,45) 0 1995 1999 2003 2007 Basis in Milliarden Euro 5,10 5,13 4,48 4,49 1) CD, MC, DVD, Download; 2) Prognose, basierend auf den Ergebnissen des ersten Halbjahrs 2007 Tonträgermarkt Livemusikmarkt Quelle: GfK-Studie zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland, herausgegeben vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e. V. (idkv) und „Musikmarkt“, München 2007. © Handelskammer Hamburg 2014 • Die Tonträgerindustrie sowie die Musiklabels leiden Musiksektor jedoch noch einmal an wirtschaftlicher unter den aktuellen wirtschaftlichen Umbrüchen Bedeutung für die Stadt hinzu. Musik ist der Anlass für und müssen ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten. zahlreiche weitere Ausgaben, die in Hamburg während eines Aufenthalts getätigt werden und so positiv auf • Jungen Musikern aus dem semiprofessionellen Hamburgs gesamte Wirtschaft wirken. Bereich bieten sich zunächst gute Einstiegschancen in den Markt. Sobald ein professionelles Niveau Für 77 Prozent der Deutschen gehört Kultur zum erreicht wird, ist es jedoch schwer, wirtschaftlich Urlaub.15 Im Jahr 2012 haben 18 Prozent aller deut- erfolgreich zu arbeiten. schen Kurzurlaubreisenden (Reisedauer von zwei bis vier Tagen) Kultur als Grund für ihren Hamburg- • Die Livebranche und das Merchandising sind Wirt- Besuch angegeben. Im gesamtdeutschen Vergleich schaftssegmente, die das Minus aus dem Tonträger- (13,1 Prozent Kulturreisende) schneidet Hamburg mit geschäft ausgleichen müssen. diesem Wert überdurchschnittlich ab.16 Der Anteil an Touristen, der dabei primär aus musikalischen Gründen die Stadt besucht hat, lag 2008 bei etwa 8,2 Prozent17 2.2 Wirtschaftliche Effekte und war damit bereits damals viermal höher als im des Musiktourismus Bundesdurchschnitt. In den vorherigen Kapiteln wurde die Wertschöpfung der Unternehmen des Musiksektors untersucht. Über 15 Haspa-Musikstudie: Der Takt der Zukunft – Hamburg setzt auf Musik, 2009 16 Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V.: Reiseanalyse RA 2013, den Tourismus, der unmittelbar von den musikalischen Hamburg Tourismus GmbH, 2013 Angeboten in Hamburg beeinflusst wird, gewinnt der 17 Tourismus GmbH Hamburg 2008 Musikstadt Hamburg © Handelskammer Hamburg 2014
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