Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie: Einschätzungen und Prognosen Juni 2020 - Kanton Zürich

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Kanton Zürich
Volkswirtschaftsdirektion
Amt für Wirtschaft und Arbeit

Zürcher
Wirtschaftsmonitoring
Volkswirtschaftliche Auswirkungen
der Corona-Pandemie:
Einschätzungen und Prognosen
Juni 2020
Inhaltsverzeichnis
                            3    Kanton Zürich    3    Corona-Pandemie belastet Zürcher Wirtschaft
                                                       Die Pandemiemassnahmen führten zu einem abrupten Ein-
                                                       bruch der Wertschöpfung im zweiten Quartal 2020. Praktisch
                                                       alle Branchen sind betroffen – nur das Baugewerbe und die
                                                       Banken zeigen weiterhin eine gute Geschäftslage.

                                                  9    Berufseinsteigende am stärksten von Zunahme der
                                                       Arbeitslosigkeit betroffen Junge Erwachsene sind häufig
                                                       in Branchen wie dem Gastgewerbe und dem Unterhaltungs-
                                                       sektor tätig, welche von der Corona-Krise stark betroffen sind.

                            13 Schweiz und        13 Die Weltwirtschaft in der Schockstarre Infolge der
                               Ausland               Corona-Pandemie steht die Weltwirtschaft 2020 vor einer
                                                     Rezession, die Ungewissheit über das Ausmass des wirt-
                                                     schaftlichen Einbruchs bleibt jedoch hoch.

                                                  20 Wirtschaftsdaten & Prognosen

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Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 3. Juni

                                                 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020   2
Kanton Zürich

                                                                                           Corona-Pandemie belastet
                                                                                           Zürcher Wirtschaft
                                                                                           Im zweiten Quartal kam es zu einem abrupten Einbruch der Wertschöpfung
                                                                                           im Kanton Zürich infolge der Pandemiemassnahmen. Fast alle Branchen
                                                                                           sind betroffen, nur das Baugewerbe und die Banken zeigen weiterhin eine
                                                                                           gute Geschäftslage. Auch die Erwartungen für die nächsten Monate sind
                                                                                           noch sehr durchzogen. Infolge der Lockerung der Lockdown-Massnahmen
                                                                                           dürfte es dennoch im zweiten Halbjahr 2020 zu einer starken Erholung
                                                                                           kommen und ein guter Teil des Einbruchs wettgemacht werden. Die Arbeits­
                                                                                           losigkeit steigt bis Ende 2020 weiter an.
Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie, der                                                                                                             «schlecht» erachtet wird. Dies ist der Fall in der Industrie, im
Mitte März vom Bund angeordnet wurde, hat in der Zürcher                                                                                                         Detail- und Grosshandel, in der Branche Verschiedene Dienst-
Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Alle Branchen vermelden                                                                                                    leistungen und wenig überraschend im Gastgewerbe. Das ist
starke Einbussen ihrer Geschäftstätigkeit im Frühjahr, erkennt-                                                                                                  ein sehr abrupter Wechsel, da die Unternehmen im ersten Quar-
lich an der abrupten Verschlechterung ihrer Geschäftslage im                                                                                                     tal für alle Branchen noch eine gute Lage rapportiert hatten.
zweiten Quartal. Dies ist in Grafik 1 daran ersichtlich, dass alle
Kreise unterhalb der waagrechten Mittellinie liegen. Die Ver-                                                                                                    Je weiter links der Kreis in der Grafik 1 liegt, umso schlechter
schlechterung war in den meisten Branchen so massiv, dass                                                                                                        beurteilen die Unternehmen ihre Geschäftslage. Das Gastge-
die Geschäftslage von der Mehrheit der Unternehmen als                                                                                                           werbe leidet demnach eindeutig am stärksten unter der Krise,
                                                                                                                                                                 deutlich stärker als der Grosshandel. Dieser wiederum leidet
                                                                                                                                                                 stärker als die Verschiedenen Dienstleistungen, der Detailhan-
                                                                                                                                                                 del oder die Industrie.
Komponenten der Verschiedenen Dienstleistungen
–– Wirtschaftliche Dienstleistungen: Dienstleistungen des Grund­-                                                                                                Im Baugewerbe und insbesondere bei den Banken läuft das
   stücks- und Wohnungswesens, eine Vielzahl von freiberuflichen,
   technischen und wissenschaftlichen Dienstleistungen, Vermittlung                                                                                              Geschäft dagegen trotz der jüngsten Verschlechterung noch
   von Temporärstellen.                                                                                                                                          recht gut, ersichtlich an der Position rechts von der senkrech-
–– Persönliche Dienstleistungen: Gesundheits- und Sozialwesen,
   Kunst, Unterhaltung und Erholung, sonstige Dienstleistungen.
                                                                                                                                                                 ten Achse. Mehr zu den Banken folgt auf Seite 6. Im Baugewer-
–– Verkehr, Transport, Information und Kommunikation: hier sind die                                                                                              be hat sich die Geschäftslage vor allem bei den kleinen und
   Teilkomponenten im Titel ersichtlich.

1                                                              Verschlechterung der Zürcher Geschäftslage im 2. Quartal
                                                               Wertschöpfungsanteile und Geschäftslage im Kanton Zürich

                                                                                                                              Verbesserung zur Vorperiode
Veränderung der Geschäftslage gegenüber der Vorperiode

                                                          0
                                                                       schlechte Geschäftslage                                                              gute Geschäftslage

                                                                                                                                                                      Banken
                                                         −20
                                                                                                                                                        Baugewerbe
                                                                                                                Industrie                                                              Die aktuellen Daten der Geschäftslage beziehen
                                                                                               Detailhandel                                                                            sich auf die verfügbaren Monate des aktuellen
                                                                                                                                                                                       Quartals. Der Vergleich erfolgt zum Mittelwert des
                                                         −40                                                                                                                           Vorquartals.
                                                                                                      Versch. Dienstleistungen
                                                                                                                                                                                       Die Grösse der Kreise steht proportional für den
                                                                                        Grosshandel                                                                                    jeweiligen Anteil der Wertschöpfung einer Bran-
                                                         −60
                                                                                                                                                                                       che an der gesamten Wertschöpfung im Kanton.
                                                                                                                                                                                       Die Industrie nimmt dabei einen höheren Anteil
                                                                                                                                                                                       als der Detailhandel ein, aber einen kleineren als
                                                                                                                                                                                       die verschiedenen Dienstleistungen. Die Banken
                                                                          Gastgewerbe                                                                                                  und der Grosshandel sind ebenfalls bedeutende
                                                         −80                                                                                                                           Branchen, gemessen am Anteil ihrer Wertschöp-
                                                                                                                             Verschlechterung zur Vorperiode                           fung, während das Gastgewerbe und auch das
                                                                                  −50                           −25                            0                 25                    Baugewerbe ein deutlich geringeres Gewicht
                                                                                                                      Aktuelle Geschäftslage                                           aufweisen.
                                                               Quellen: BAK Economics (Wertschöpfungsanteil), KOF, ETH Zürich (Geschäftslage im Kanton Zürich)

                                                                                                                                    Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020      3
Kanton Zürich

mittleren Firmen im Kanton Zürich verschlechtert, während die                      von 2009. Zudem hatte sich die Ertragslage seit Anfang Jahr
grossen Baufirmen nur eine geringe Trübung ihrer Geschäfts­                        erst wenig verschlechtert, nach einer Aufholphase bis Ende
lage vermelden. Das Ausbaugewerbe wurde zudem stärker ge-                          2019. Dies dürfte mit der Tatsache zusammenhängen, dass sich
troffen als das Bauhauptgewerbe. Offen bleibt, ob dies in einem                    die Verkaufspreise bis Ende 2019 spürbar erholt und sie seither
Zusammenhang mit unterschiedlichen Umsetzungsmöglichkei-                           erst wenig nachgelassen haben. Diese Verbesserung bei der Er-
ten der Hygienemassnahmen steht oder dem Umstand, dass                             tragslage der Industriebetriebe dürfte die Ausgangslage für die
Ausbautätigkeiten einfacher zeitlich verschoben werden konn-                       jetzige Krise stärken.
ten als die Tätigkeiten im Bauhauptgewerbe.
                                                                                   Ein genauerer Blick auf die Teilbranchen (Grafik 3, Seite 5) be-
              Bauhauptgewerbe
              Arbeiten von Hoch- und Tiefbau z.B. Bau von Gebäuden und             stätigt, dass sich die Auftragslage erst in recht beschränktem
              von Strassen                                                         Ausmass verschlechtert hat und die jüngsten Schwankungen
              Ausbaugewerbe
                                                                                   des Bestellungseingangs mehrheitlich im Rahmen der letzten
              Arbeiten im Bereich Bauinstallation und sonstiger Ausbau,            Quartale blieben. Die Teilbranchen Chemie und Pharma sowie
              z.B. Elektroinstallation, Dämmungsarbeiten, Fussboden- und           Papier und Druck zeigen zwar eine etwas getrübte Auftragsla-
              Plattenlegerei
                                                                                   ge im Vergleich zu Ende 2019. Die Lage bei Papier und Druck
                                                                                   dürfte allerdings nicht nur durch die Pandemie, sondern auch in-
                                                                                   folge des strukturellen Wandels durchzogen sein, wie schon seit
                                                                                   Längerem. In den Teilbranchen Elektrische Geräte, Metall so-
Die Industrie hält sich verhältnismässig gut                                       wie Maschinen und Fahrzeuge ist keine abrupte Verschlechte-
Infolge der Corona-Pandemie haben sich in der Industrie die                        rung der Lage erkennbar. Insgesamt wurde in der Industrie die
meisten Indikatoren etwas verschlechtert, allerdings bisher in                     Aufschwungs­   dynamik, welche sich um den Jahreswechsel
recht mässigem Ausmass im Vergleich zu früheren rezessiven                         2019/2020 angekündigt hatte, durch die Corona-Krise unter-
Phasen wie beispielsweise dem Ausbruch der Finanz- und Wirt-                       brochen. Die Auftragslage hat sich verschlechtert, ein dramati-
schaftskrise von Ende 2008. In Grafik 2 ist dies ersichtlich am                    scher Einbruch wie bei früheren Krisen kann sich allenfalls noch
leichten Rückgang des Bestellungseingangs. Der Indikator für                       zeigen, ist aber bisher nicht erkennbar. Dieses Bild wird durch
die in den Sommermonaten erwartete Produktion hat sich im                          die noch bescheidene Abrechnungsquote von Kurzarbeit in der
April stark verschlechtert und im Mai wieder etwas verbessert.                     Zürcher Industrie bestätigt. Siehe dazu Seiten 11 und folgende.
Auch dieser Indikator liegt bisher deutlich über dem Tiefpunkt                     Allerdings sind die Auftrags-, Produktions- und Lieferprozesse

2       Abnahme der Industrieproduktion in den kommenden Monaten erwartet
        Auftrags- und Ertragseinschätzung der Zürcher Industrie, saisonbereinigt

           Höher / Verbesserung
40

20

    0

–20

–40

–60        Niedriger / Verschlechterung

         2008                2010          2012           2014           2016          2018            2020
                                    Ertragslage (letzte 3 Monate)
                                    Erwartete Produktion (nächste 3 Monate)
                                    Verkaufspreise (letzte 3 Monate)
                                    Bestellungseingang (Vorjahresveränderung, geglättet)

        Quelle: KOF, ETH Zürich

                                                           Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020    4
Kanton Zürich

3        Auftragslage in der Industrie erst wenig verschlechtert
         Kanton Zürich: Bestellungseingänge nach Branchen, Vormonatsveränderung, saisonbereinigt

 100
                                                                             Papier und Druck
                                                                             Metall
                                                                             Chemie und Pharma
                                                                             Maschinen und Fahrzeuge
    50                                                                       Elektrische Geräte

    0

 –50

–100
                J          J        A        S        O        N        D        J        F        M        A   M
                                         2019                                                  2020
         Quelle: KOF, ETH Zürich

4        Abrupter Einbruch der Geschäftslage im Gastgewerbe
         Kanton Zürich: Branchenindikatoren im Gastgewerbe, saisonbereinigt
    60      Verbesserung

    40

    20

     0

 –20

 –40

 –60                                              Absatz (im Vergleich zum Vorjahresquartal)
                                                  Aktuelle Geschäftslage
 –80                                              Erwartete Geschäftslage (nächste 6 Monate)
             Verschlechterung
–100
                    10         11       12       13       14       15       16       17       18       19

         Quelle: KOF, ETH Zürich

in der Industrie naturgemäss langsamer als im Dienstleistungs-                                Wirtschaftskrise. Auch die Erwartungen für die kommenden
bereich. Die weitere Entwicklung hängt von der Stärke der Erho-                               sechs Monate sind auf einem Tiefpunkt. Dargestellt sind die
lung der Weltwirtschaft und dem Ausmass allfälliger Liefer-                                   Umfrageresultate von Mai 2020.
schwierigkeiten infolge der Lockdown-Phasen in den
verschiedenen Wirtschaftsregionen ab.                                                        Dieses trübe Bild im Gastgewerbe bestätigt sich durch die Ar-
                                                                                              beitsmarktindikatoren. So ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit in
Schwieriges Jahr für das Gastgewerbe                                                          dieser Branche am stärksten ausgeprägt und der Anteil der Be-
Der Einbruch der Geschäftsstimmung im Gastgewerbe ist in                                      triebe, die bisher Kurzarbeit angemeldet und abgerechnet ha-
den letzten Monaten sowohl abrupt als auch in bisher noch                                     ben, gehört in dieser Branche zu den höchsten, siehe dazu Sei-
kaum da gewesenem Ausmass ausgefallen. Der Absatz ist sehr                                    ten 9 und folgende. 2020 dürfte als eines der schwärzesten
stark rückläufig und der Indikator für die aktuelle Geschäftslage                             Jahre in die Annalen des Gastgewerbes eingehen.
ist auf ein tieferes Niveau gefallen als während der Finanz- und

                                                                   Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020    5
Kanton Zürich

5        Bessere Erfolgserwartungen im Zinsgeschäft
         Kanton Zürich, erwarteter Finanzerfolg im Bankengewerbe, saisonbereinigt

    60
           Zunahme

    40

    20

    0

–20

–40
                                            Zinsmargen nächste 3 Monate
–60                                         Kommissionssätze nächste 3 Monate
                                            Betriebseinkommen nächste 3 Monate
                                            Ertragslage nächste 3 Monate
           Abnahme
–80
         2013          2014        2015      2016        2017         2018          2019     2020

         Quelle: KOF, ETH Zürich

Banken halten sich noch gut                                                   stätigen, könnte dies allenfalls einen Nebeneffekt der staatlichen
Die Geschäftsstimmung hat sich im Bankensektor im Zuge                        Kreditunterstützungsprogramme darstellen.
der schwächer notierenden Aktienmärkte Anfang des Jahres
schon verschlechtert. In der gleichen Zeitspanne hatten sich                  Hoffnung auf baldige Erholung
ebenso die Erwartungen bezüglich der weiteren Entwicklung                     Die grosse Herausforderung der aktuellen Krise besteht für die
der Betriebseinkommen und der gesamten Ertragslage abrupt                     Weltwirtschaft darin, dass sie alle Wirtschaftsregionen fast
eingetrübt, wie in Grafik 5 dargestellt. Die Corona-Krise hat                 gleichzeitig trifft. Dies spricht an sich für sehr düstere Wirt-
dies noch akzentuiert. Insgesamt wird die Geschäftslage von                   schaftsaussichten in der Schweiz und im Kanton Zürich. Ein
der Mehrheit der Banken allerdings noch als gut erachtet, wie                 Vorteil dieser Krise liegt gleichzeitig aber darin, dass die Be-
in Grafik 1 schon gezeigt wurde.                                              schränkungen der wirtschaftlichen Aktivitäten aus gesundheit-
                                                                              lichen Gründen vom Staat «angeordnet» wurden und nicht das
Interessanterweise ist gemäss den Bankenumfragen der Finanz­                  Resultat einer wirtschaftlichen Schwäche sind. Entsprechend
erfolg bei den Kommissionssätzen durch die Krise unbeein-                     dürfte die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen mit
flusst. Hingegen haben sich die Erwartungen im Mai bezüglich                  dem Ende des Lockdowns von sich aus wieder zunehmen.
des Finanzerfolgs bei den Zinsmargen für die kommenden drei                   Damit das in genügend grossem Ausmass passiert und allfälli-
Monate deutlich verbessert. Da die wirtschaftlichen Aussichten                ge Einkommensverluste während des Lockdowns nicht zu
gegenwärtig noch sehr durchzogen sind und kaum mit höheren                    dämpfend wirken, haben die Regierungen fast aller betroffenen
Kurzfristzinsen zu rechnen ist, überrascht diese Erwartung.                   Länder in noch kaum erlebtem Umfang Unterstützungsleistun-
Sollte sich diese Entwicklung in den kommenden Monaten be-                    gen für die Privatwirtschaft gesprochen und so schnell wie

                                                       Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020    6
Kanton Zürich

      möglich auch den Betroffenen zukommen lassen. Dies ist der        Die schlechtesten Erwartungen für das dritte Quartal vermeldet
      zweite aktuelle Pluspunkt. In welchem Ausmass nun die erlitte-    der Grosshandel und dies noch vor dem Gastgewerbe. In ge-
      nen Einkommensverluste den Konsum in allen grossen Indust-        ringerem Ausmass erwarten das Baugewerbe, die Industrie
      rieländern und damit auch in der Schweiz und im Kanton Zürich     und die Verschiedenen Dienstleistungen eine weitere spürba-
      belasten werden oder ob die Konsumfreude sehr schnell wie-        re Verschlechterung ihrer Situation. Bei den Banken und im
      der überhandnehmen und vergangene Einbussen kompensie-            Detailhandel sind die Unternehmen etwas optimistischer. Im
      ren wird, ist schwer vorauszusagen.                               Detailhandel dürfte die Wiedereröffnung der Geschäfte die
                                                                        Stimmung schon gehoben haben. Die Banken scheinen insge-
      Vieles spricht dafür, dass eine grössere Vorsicht vorherrschen samt von der Corona-Krise weniger belastet zu sein.
      wird und die Geschäftstätigkeit in vielen Bereichen nicht wie
      vorher stattfindet, da noch kein Impfstoff gegen das Coronavi- Die weiteren Aussichten für den Kanton Zürich sind daher merk-
      rus gefunden wurde. Gleichzeitig ist es auch eine Situation, wo lich gedämpft in Einklang mit den weltweiten Prognosen. Es
      die Freude darüber, dass der gesundheitliche Schaden für viele ist allerdings zu erwarten, dass sich diese Umfrageresultate
      geringer als befürchtet ist, sowie eine Vorliebe für den heutigen im Sommer sehr stark erholen werden, im Zuge der Normali-
      Konsum in den Vordergrund treten und allfälligen Sparmotiven sierung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitä-
      den Rang ablaufen können. Zudem dürften sich viele Unterneh- ten. Die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung dürfte im Kan-
      men anpassen und neue Geschäftsmodelle entwickeln. In der ton im ersten Halbjahr 2020 stark eingebrochen sein. Mit der
      Vergangenheit gab es allerdings kaum vergleichbare Situatio- schrittweisen Aufhebung des Lockdowns ab Mai ist nun eine
      nen zur heutigen, die nun als Richtwert dienen könnten.           Erholung zu erwarten, die sich im Zuge der allmählichen Nor-

      Die letzten Umfragen der KOF Konjunkturforschungsstelle, die
      von Ende April bis Mitte Mai und damit noch vor den Locke-
      rungsschritten von Juni beantwortet wurden, zeigen noch sehr
      pessimistische Unternehmen. In allen Branchen erwartet die                                                                                                                   Mehrheitlich wird von Konjunkturexperten für das zweite Halbjahr
      Mehrheit der Unternehmen eine weitere Verschlechterung ihrer                                                                                                                 2020 eine kräftige Erholung des Bruttoinlandprodukts erwartet, die
      Geschäftslage und dies in einem stärkeren Ausmass als noch                                                                                                                   sich 2021 fortsetzt, siehe dazu die Ausführungen zu Ausland und
                                                                                                                                                                                   Schweiz ab Seite 13. Damit dürfte auch das Bruttoinlandprodukt im
      im Februar.                                                                                                                                                                  Kanton Zürich 2020 um 3–7 % einbrechen und 2021 in ähnlichem
                                                                                                                                                                                   Ausmass wieder zunehmen.

     6                                                                 Unternehmen sind wenig optimistisch für die Sommermonate
                                                                       Wertschöpfungsanteile und erwartete Geschäftslage im Kanton Zürich

                                                                                                                                                             Veränderung zur Vorperiode
Veränderung der erwarteten Geschäftslage gegenüber der Vorperiode

                                                                                  Verschlechterung                                                                           Verbesserung
                                                                                  der Geschäftslage                                                                          der Geschäftslage
                                                                       0

                                                                                                                                              Detailhandel

                                                                    −25

                                                                                                                   Versch. Dienstleistungen      Banken

                                                                    −50                     Baugewerbe

                                                                                                               Industrie

                                                                                             Gastgewerbe
                                                                    −75

                                                                                       Grosshandel

                                                                                                                                                             Veränderung zur Vorperiode
                                                                    −100
                                                                            −75                          −50                           −25                              0
                                                                                                                           Erwartete Geschäftslage
                                                                       Quellen: BAK Economics (Wertschöpfungsanteil), KOF, ETH Zürich (Geschäftslage im Kanton Zürich)

                                                                                                                                          Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020              7
Kanton Zürich

malisierung des Welthandels verstärken kann. Wie stark und
wie schnell diese Erholung ausfällt, hängt nicht nur von der
Ausbreitung des Virus ab, sondern auch von der Reaktion der
Konsumentinnen und Konsumenten auf die neue Situation.
Wenn die Zurückhaltung der Bevölkerung, im öffentlichen
Raum Einkäufe zu tätigen und sich zu verpflegen, stark ausfällt
und viele Wochen anhält, dürfte die Erholung im Detailhandel,
im Gastgewerbe und bei vielen mit dem Tourismus und der
Unterhaltungsindustrie verbundenen Unternehmen langsam
und mässig ausfallen. Die Entwicklung der Industrie sowie des
Grosshandels dürfte vor allem durch die Erholung im Ausland
bestimmt werden. Aufgrund der Prognosen für die Weltwirt-
schaft ist hier eine langsame Erholung ab dem zweiten Halb-
jahr 2020 das wahrscheinlichste Szenario.

Die Zahl der Arbeitslosen dürfte, bereinigt um saisonale Ein-
flüsse, weiter ansteigen, da sich die Unternehmen an die neue
Situation anpassen und die Belegschaft danach ausrichten
werden. Dies geht auch mit einer Anpassung des Bezugs von
Kurzarbeit einher, siehe dazu Seiten 11 und folgende. Dieses
Szenario beruht auf der Annahme, dass ein zweiter Ausbruch
der Pandemie verhindert wird. Ein solcher Ausbruch ist natür-
lich nicht ganz auszuschliessen und dürfte bei einer zweiten
Infektionswelle mit einer schweren Rezession, die bis 2021 an-
hält, einhergehen.

                    Dr. Aniela Wirz, Leiterin Fachstelle Volkswirtschaft

 KOF-Umfragen

 Die Umfragen der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich ba-        Die meisten Fragen sind qualitativer Natur (Antworten: höher, gleich,
 sieren auf monatlichen und vierteljährlichen Erhebungen bei leitenden     tiefer). Aus dem Saldo zwischen den Prozentanteilen der Plus- und
 Persönlichkeiten von Unternehmen in verschiedenen Branchen: Indust-       Minusantworten resultiert die überwiegende Tendenz der erfragten Grös-
 rie, Bau, Gastgewerbe, Projektierungssektor (Architektur- und Ingeni-     se, welche als Indikator in den Grafiken am häufigsten dargestellt wird.
 eurbüros), Detailhandel, Grosshandel, Finanz- und Versicherungs-
 dienstleistungen, Verschie­dene Dienstleistungen.                         Zur Abschwächung der Zufallsschwankungen werden in den Grafiken
                                                                           in der Regel saisonbereinigte Daten mit regressionsanalytisch ermittel-
 Die Branche Verschiedene Dienstleistungen besteht aus folgenden           ten Randwerten dargestellt. Die geglätteten Zeitreihen werden zusätz-
 Unterkategorien: Verkehr, Information, Kommunikation, persönliche und     lich noch um Extremwerte bereinigt.
 freiberufliche, technische und wissenschaftliche Dienstleistungen,
 Dienstleistungen des Grundstück- und Wohnungswesens, Gesund-              Für detaillierte Informationen zu den KOF-Umfragen siehe
 heits- und Sozialwesen, sonstige Dienstleistungen.                        www.kof.ethz.ch/surveys/bts

 Die Antworten aus einem Unternehmen werden mit dessen Beschäfti-
 gungszahl gewichtet. Die Antworten aller Unternehmen werden zu Pro-
 duktegruppen und Branchen zusammengefasst.

                                                  Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020    8
Kanton Zürich

Berufseinsteigende am stärksten von
Zunahme der Arbeitslosigkeit betroffen
Die Zahl der von Arbeitslosigkeit                    Die Art und Weise, wie sich die Einschrän-            ziehungsweise 1.9 Prozentpunkte ist für
betroffenen Personen im Kanton                       kung der Geschäftstätigkeit der Unterneh-             Zürich und die Schweiz seit der Jahr-
Zürich ist seit März abrupt an­                      men infolge der Corona-Pandemie am Ar-                hundertwende ziemlich einzigartig.
gestiegen. Am stärksten waren                        beitsmarkt auswirkt, ist nach Altersgruppen
bisher die jungen Personen zwi-                      und Branchen sehr unterschiedlich. Am                 Dieser in den letzten Monaten verzeich-
schen 20 und 30 Jahren sowie                         härtesten betroffen sind bisher Personen,             nete Stellenverlust fällt für die Alters-
Ange­stellte des Gastgewerbes,                       denen direkt gekündigt wurde und die                  gruppe zwischen 30 und 44 Jahren et-
des Bereichs Kunst, Unterhaltung                     schon arbeitslos oder noch erwerbstätig,              was geringer aus und bleibt bei den
und Sport, der Reise- und der                        aber stellensuchend sind.                             älteren Altersgruppen stabil. Der Anstieg
Temporärbranche betroffen. Die                                                                             der Stellensuchendenquote beträgt bei
Aus­weitung der Kurzarbeit betrifft                  Berufseinsteigende bisher stärker                     den Altersgruppen zwischen 45 und 64
einen noch viel grösseren Teil der                   betroffen als über 40-Jährige                         Jahren rund 0.6 Prozentpunkte. Dies
Erwerbstätigen, wobei auch hier                      Die höchsten Stellenverluste erfuhren
das Gastgewerbe Spitzenreiter ist.                   seit Februar 2020, dem Beginn der Co-
Die Aussicht auf eine wirtschaft­                    rona-Krise in Europa, Personen zwi-
                                                                                                           Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV)
liche Erholung im zweiten Halb-                      schen 20 und 29 Jahren, wie in Grafik 7               registrieren zwei Gruppen von Stellensuchenden:
jahr 2020 dürfte entscheidend                        ersichtlich. Deren Stellensuchenden-                  –– die Arbeitslosen, die sofort eine neue Stelle an-
sein, um weiteren Wellen von Ar-                     quoten nahmen im März und April im                       treten können, und
                                                                                                           –– die Stellensuchenden, die neben den Arbeits­
beitslosigkeit entgegenzuwirken.                     Vergleich zum Februar am stärksten zu.                   losen auch die Erwerbstätigen in gekündigter
                                                     Bei den 20- bis 24-Jährigen stieg die                    Stellung enthalten, sowie stellensuchende Per-
                                                                                                              sonen, die in einem Beschäftigungsprogramm,
                                                     Quote in dieser Zeit von 3.3 % auf 5.4 %                 einer Umschulung oder einem Zwischenver-
                                                     und bei den 25- bis 29-Jährigen von                      dienst sind.
                                                     3.5 % auf ebenfalls 5.4 % in nur zwei                 Um ein umfassendes Bild der Auswirkungen am
                                                                                                           Arbeitsmarkt zu zeigen und auch Personen, die
                                                     Monaten. Ein solcher Anstieg um 2.1 be-               sich in einem gekündigten Arbeitsverhältnis befin-
                                                                                                           den, mit zu berücksichtigen, ist hier die Entwick-
                                                                                                           lung der Stellensuchenden dargestellt.

                                                                                                           Entsprechend misst die Stellensuchendenquote
                                                                                                           den Anteil der Stellensuchenden in dieser Alters-
                                                                                                           gruppe an der Summe der erwerbsbereiten Per­
                                                                                                           sonen dieses Alters, ganz analog der Arbeits­
                                                                                                           losenquote.

7    Stärkste Zunahme der Arbeitslosigkeit bei den 20- bis 29-Jährigen
     Stellensuchendenquoten von Februar, März und April 2020 in %
 6
                                                                                            Februar 2020         März 2020        April 2020

 5

 4

 3

 2

 1

 0
     15–19 Jahre 20–24 Jahre 25–29 Jahre 30–34 Jahre 35–39 Jahre 40–44 Jahre 45–49 Jahre 50–54 Jahre 55–59 Jahre 60–64 Jahre      65 und       Gesamt
                                                                                                                                   mehr
     Quelle: SECO

                                                      Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020      9
Kanton Zürich

entspricht weniger als einem Drittel des                              stark von der Krise betroffen waren und        de Tätigkeiten, deren Zahl der Stellensu-
Anstiegs der 20- bis 29-Jährigen. Die                                 in denen wirtschaftliche Schwierigkeiten       chenden im Verlauf der Monate März
Stellensuchendenquote der 16- bis                                     generell schneller in Kündigungen um-          und April 2020 um mehr als das Doppel-
19-Jährigen erlitt keinen Anstieg, ge-                                gemünzt werden wie im Gastgewerbe,             te anstieg beziehungsweise genau um
schützt durch ihren Lehrvertrag und die                               sowie in diversen Branchen im Bereich          107.5 %. In der Beherbergung fiel die
Bestimmung des Bundesrates, auch den                                  Unterhaltung, Kunst und Sport oder Tou-        Zunahme mit 104 % ähnlich stark aus.
Arbeitsausfall von Personen in einem                                  rismus, wie nachfolgend gezeigt wird.
Lehrverhältnis durch die Kurzarbeitsent-                                                                             Nicht überraschend folgen auf den weite-
schädigung auszugleichen.                                             Gastgewerbe und Unterhaltungs­                 ren Rängen die Verleih- und Vermittlungs-
                                                                      branchen im Ausnahmezustand                    branchen, deren Tätigkeiten naturgemäss
Die höhere Betroffenheit der Berufsein-                               Am einschneidendsten haben die Mass-           schnell der Auftragslage angepasst wer-
steigenden zwischen 20 und 30 Jahren                                  nahmen zur Bekämpfung der Pandemie             den: die Vermittlung und Überlassung von
dürfte zu einem grossen Teil an ihrer                                 die Unternehmen im Bereich des Touris-         Arbeitskräften (+65.1 %) sowie die Ver-
noch weniger gefestigten Stellung im Ar-                              mus, des Gastgewerbes, der Unterhal-           mietung von beweglichen Sachen
beitsmarkt liegen, welche eine schnelle                               tung und des Sports getroffen. Entspre-        (+59.3 %).
Kündigung einfacher macht. Es ist üb-                                 chend war der Anstieg der Arbeits­
lich, zu Beginn des Arbeitslebens noch                                losigkeit in diesen Branchen im März           Sehr starke Zunahmen der Stellensu-
in einem gewissen Suchprozess zu sein                                 und April im Vergleich zu Februar sehr         chenden erfuhren die Branchen Dienst-
und bei verschiedenen Arbeitgebenden                                  stark, wie in Grafik 8 dargestellt. Die ho-    leistungen des Sports, der Unterhaltung
Erfahrungen zu sammeln. Entsprechend                                  hen und schnellen Anstiege der Stellen-        und der Erholung (+46.6 %), bei den ver-
kürzer fallen die Dienstjahre und die ge-                             suchenden verdeutlichen, wie hart der          schiedenen Dienstleistungen von Mes-
setzlichen Kündigungsfristen aus, und                                 Arbeitsmarkt in diesen Branchen spielt.        se-, Ausstellungs- und Kongressveran-
sie sind noch häufiger in Temporäran-                                                                                staltern (+37.9 %) sowie bei Bibliotheken,
stellungen beschäftigt. Tendenziell sind                              Am stärksten betroffen war die Branche         Archiven, Museen, botanischen und
sie zudem häufiger in Branchen tätig, die                             Kreative, künstlerische und unterhalten-       zoologischen Gärten (+36.1 %), deren

8    Am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffene Branchen
     Kanton Zürich, Zunahme der Stellensuchenden zwischen Februar und April 2020

                                                                           32.2
                                           Verkehr und Transport

                                                                           33.0
          Freiberufliche, technische und wissenschaftliche DL

                            Bibliotheken, Archive, Museen,                 36.1
                        botanische und zoologische Gärten
                                                                           36.7
                                 Information und Kommunikation
                                                                                                                      Zunahme in %
               Diverse wirtschaftliche Dienstleistungen                    37.9                                       Zunahme der Anzahl Personen
 (u.a. Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter)

               Erbringung von Dienstleistungen des Sports,                 46.6
                        der Unterhaltung und der Erholung
                                                                            57.5
                                                         Gastronomie

                                                                            59.3
                        Vermietung von beweglichen Sachen

                                                                             65.1
           Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften

         Reisebüros, Reiseveranstalter und Erbringung                        67.4
                                                                                                                     Die gesamte Zahl der Stellensuchenden stieg
              sonstiger Reservierungsdienstleistungen
                                                                                                                     im Kanton Zürich von Februar bis April 2020 um
                                                                                  104.0                              28.6 % oder 9008 Personen an. Insgesamt waren
                                                       Beherbergung
                                                                                                                     im April damit 40 504 Personen auf der Suche
                                                                                                                     nach einer Arbeit bei den Arbeitsvermittlungs­
                                   Kreative, künstlerische und                    107.5                              zentren (RAV) registriert.
                                    unterhaltende Tätigkeiten
                                                                       0              200     400         600          800           1000           1200    1400
     Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)

                                                                   Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020    10
Kanton Zürich

Geschäft per Regierungsbeschluss im                               fern zu Buche, als die Zunahme der Stel-                     Schritten weiter gelockert. Bis Ende Mai
März zum Erliegen kam.                                            lensuchenden die Anzahl Kündigungen                          2020 haben über 30 000 Unternehmen
                                                                  widerspiegelt.                                               eine Voranmeldung von Kurzarbeit beim
Die weiteren stark von Arbeitslosigkeit                                                                                        Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kan-
betroffenen Branchen litten vorwiegend                            Gastgewerbe und Nahrungsmittel-                              tons Zürich eingereicht, wovon potenzi-
unter den geringeren Geschäftsmöglich-                            industrie; Spitzenreiter bei der Kurz-                       ell rund 360 000 Arbeitnehmende betrof-
keiten während des Lockdowns und we-                              arbeit                                                       fen sind. Dies entspricht rund 35 % der
niger an direkten Einschränkungen. So                             Das wahre Ausmass der wirtschaftlichen                       Beschäftigten des Kantons Zürich, ge-
stieg die Arbeitslosigkeit bei Information                        Auswirkungen des Lockdowns zeigt sich                        messen am vierten Quartal 2019. Zwar
und Kommunikation (+36.7 %), im Ver-                              in der Verbreitung der Kurzarbeit in die-                    führen nicht alle Voranmeldungen zu ei-
kehr und Transport (+32.2 %) und bei                              sem Frühjahr. Umsatzeinbrüche infolge                        nem tatsächlichen Bezug von Kurzar-
den Freiberuflichen, technischen und                              der Auswirkungen des Coronavirus stel-                       beit, da häufig auch andere Lösungen
wissenschaftlichen Dienstleistungen                               len seit Februar 2020 einen berechtigten                     gefunden werden. Gemäss den Abrech-
(+33 %) ebenfalls stark an. Bei Letzteren                         Grund für den Bezug von Kurzarbeits-                         nungen bei der Arbeitslosenkasse Kan-
schlugen insbesondere Kündigungen in                              entschädigung dar und die Bezugsbe-                          ton Zürich (ALK), welche von ungefähr
der Werbung und Marktforschung inso-                              dingungen wurden seither in mehreren                         94 % der Antragstellenden als Kasse ge-

                                                                                                                               Gründe für eine Auszahlungsquote der Kurzarbeit
                                                                                                                               unter 100 %:
                                                                                                                               –– Die Unternehmen beziehen Kurzarbeit, haben
                                                                                                                                  aber den Bezug noch nicht bei einer Kasse ab-
                                                                                                                                  gerechnet. Sie haben dafür drei Monate Zeit.
                                                                                                                                  Abgerechnet haben die Unternehmen mit den
9   Voranmeldungen von Kurzarbeit seit 1. März                                                                                    dringendsten Liquiditätsbedürfnissen.
    Anteil der Unternehmen und Arbeitnehmenden mit bewilligter Voranmeldung in %                                               –– Unvollständige Angaben können den Abrech-
    des Branchentotals                                                                                                            nungsprozess verlangsamen. Die Abrechnung
                                                                                                                                  via Postweg verlangsamt zudem den Prozess
         Kunst, Unterhaltung und                                                                                                  im Vergleich zum Online-Formular.
                        Erholung                                                                                               –– Unternehmen melden Kurzarbeit an, um diese
                                                                                                                                  Möglichkeit nutzen zu können. Vielfach brau-
              Verkehr und Transport                                                                                               chen sie diese Massnahme dann aus wirtschaft-
                                                                                                                                  lichen Gründen doch nicht oder finden andere
                                                                                         Anteil Arbeitnehmende                    Lösungen.
                          Detailhandel
                                                                                         Anteil Unternehmen

             Holzwaren, Papier,
    Pappe und Druckerzeugnisse
      Gummi- und Kunststoffwaren,
                Glas und Keramik

                          Baugewerbe

                   Metallerzeugung,
                   Metallerzeugnisse

                           Grosshandel

             Chemische Industrie,
             Mineralölverarbeitung

                        Maschinenbau

         Elektrotechnik, Elektronik,
                      Uhren, Optik
       Nahrungsmittel, Getränke,
                          Tabak

                          Gastgewerbe

                                             0      10      20     30      40      50     60      70      80   90   100
    Quelle: (Kurzarbeit) Amt für Wirtschaft und Arbeit, (Unternehmens- und Beschäftigungsdaten) STATENT 2017

                                                                 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020                11
Kanton Zürich

                                                 Die Stärke der Erholung ist
                                                  entscheidend dafür, dass
wählt wird, wurden bisher für März knapp        das Horten der Arbeitskräfte                    Grosshandelsfirmen und 19 % der De-
68 % der bewilligten Voranmeldungen                wieder in reguläre Be­                       tailhändler Kurzarbeitsentschädigung für
von Kurzarbeit abgerechnet. Zwischen                                                            den März schon abgerechnet haben.
2013 und 2018 betrug die Auszahlungs-
                                                    schäftigung mündet                          Hier scheint die Betroffenheit oder die fi-
quote durchschnittlich 45 %.                                                                    nanzielle Notlage stärker zu sein als in
                                                                                                der Industrie oder im Baugewerbe, aber
Das Gastgewerbe, welches einen der                                                              geringer als im Gastgewerbe.
stärksten Anstiege der Arbeitslosigkeit        chen stark vertreten. In der Industrie ist
erfuhr, ist auch bei der Kurzarbeit Spit-      der Bezug von Kurzarbeitsentschädi-              Kurzarbeit: Segen oder Zeitbombe?
zenreiter. Gut 74 % der Zürcher Unter-         gung traditionell gut etabliert und das          Die Möglichkeit des Bezugs von Kurzar-
nehmen im Gastgewerbe haben einen              Horten von Arbeitskräften hat lange Tra-         beitsentschädigung entspricht in dieser
Antrag auf Kurzarbeit eingereicht und          dition, da gute Fachkräfte schwierig zu          wirtschaftlich schwierigen Situation
bewilligt erhalten, wovon potenziell 83 %      finden sind. Auch in der Finanzkrise und         einem grossen Bedürfnis der Unterneh-
der Beschäftigten dieser Branche be-           infolge der abrupten Aufwertung des              men und wurde während des Lockdowns
troffen wären (siehe Grafik 9, Seite 11).      Schweizer Frankens 2015 wurde dieses             als sehr willkommene Unterstützung
Gemäss Abrechnungen der ALK kam es             Instrument häufig eingesetzt. Die frühen         wahrgenommen. Der tatsächliche Bezug
etwa bei vier Fünftel der Voranmeldun-         Voranmeldungen in den Industriebran-             ist sehr umfangreich, auch wenn nicht
gen für den Monat März bisher zu einer         chen müssen in diesem Licht betrachtet           alle Voranmeldungen zu einer Umset-
Abrechnung von Kurzarbeit, dies betrifft       werden, vor allem da die Umsetzungs-             zung oder einer Abrechnung von Kurzar-
rund 60 % der Betriebe. Dieser Umset-          und Abrechnungsquote deutlich tiefer             beitsentschädigung geführt haben. In
zungs- und Auszahlungsgrad ist einer           liegt als im Gastgewerbe. So haben zwar          welchem Ausmass die bewilligten Voran-
der höchsten. Bei den ebenfalls stark          mehr als 72 % der Unternehmen im Be-             meldungen in den Industriebranchen tat-
von Arbeitslosigkeit betroffenen Bran-         reich Elektrotechnik, Elektronik, Uhren          sächlich noch ausgenutzt werden, hängt
chen wie Kunst, Unterhaltung und Sport         und Optik Kurzarbeit angemeldet. Da-             auch vom Grad der Erholung ab. Ebenso
meldeten bisher nur 18 % der Unterneh-         von wären 50 % der Arbeitnehmenden               ist die Stärke der Erholung entscheidend
men Kurzarbeit an, wovon aber 78 % der         der Branche potenziell betroffen, was            dafür, dass das Horten der Arbeitskräfte
Arbeitnehmenden dieser Branche po-             bedeutet, dass vorwiegend kleine und             wieder in reguläre Beschäftigungen und
tenziell betroffen sind. Dies weil hier vor-   mittlere Unternehmen Kurzarbeit bean-            nicht in Kündigungen mündet und so den
wiegend grosse Unternehmen Kurzar-             tragt haben. Bisher haben aber nur 13 %          Anstieg der Arbeitslosigkeit nicht zu
beit angemeldet haben.                         der Betriebe tatsächlich Kurzarbeitsent-         stark befeuert. Die Bezugsdauer der
                                               schädigung für den März abgerechnet.             Kurzarbeit beträgt gegenwärtig zwischen
Stark betroffen sind zudem die Unter-          Im Maschinenbau haben über 67 % der              vier und zwölf Monaten, abhängig von
nehmen der Branche Herstellung von             Unternehmen Kurzarbeit angemeldet                der Höhe des Arbeitsausfalls. Die diver-
Nahrungsmitteln, Getränken und Tabak,          und hier haben bisher ebenfalls nur 14 %         sen Lockerungen der Bezugsbedingun-
welche ebenfalls einen Branchenanteil          der Betriebe die Kurzarbeitsentschädi-           gen gelten noch bis Ende August 2020.
                                               gung abgerechnet. Im Baugewerbe ist              Der kritische Moment folgt danach, wenn
                                               es vergleichbar: 35 % der Unternehmen            die Kurzarbeit ausläuft und sich Unter-
                                               haben Kurzarbeit angemeldet und rund             nehmen auf ein längerfristiges Bestehen
    In der Industrie ist der
                                               9 % davon bisher Kurzarbeitsentschädi-           der Corona-Krise einstellen und so die
   Bezug von Kurzarbeits­                      gung für den März beantragt. Entweder            gesamte Belegschaft danach ausrich-
  entschädigung traditionell                   benötigten viele dieser Industriebetriebe        ten. Dann stellt sich heraus, ob die ge-
         gut etabliert                         die Kurzarbeit doch nicht oder der Finanz-       genwärtig segensreiche Kurzarbeitsent-
                                               druck ist nicht derart hoch, dass sie so-        schädigung zur Stabilisierung der
                                               fort abrechnen müssten.                          Beschäftigung diente oder vorwiegend
                                                                                                zu einer zeitlichen Verschiebung eines
von 74 % an Voranmeldungen vorwei-             Im Handel wurde ebenfalls recht gross-           Stellenabbaus führte und ihr daher auch
sen. Hier haben gemäss ALK für den             flächig Kurzarbeit angemeldet, Kurzar-           der Eindruck einer Zeitbombe anhaftet.
März bisher 32 % der Betriebe mit einer        beitsentschädigung aber bisher in be-            Der Stellenabbau dürfte dann in dieser
bewilligten Voranmeldung Kurzarbeits-          deutenderem Ausmass als in der                   späteren Phasen zudem alle Altersklas-
entschädigung abgerechnet, deutlich            Industrie abgerechnet. Der Voranmel-             sen gleichermassen treffen.
weniger als im Gastgewerbe.                    dungsanteil betrug bei den Unternehmen
                                               des Grosshandels rund 50 % und beim                         Dr. Aniela Wirz, Leiterin Fachstelle
Bei den Voranmeldungen von Kurzarbeit          Detailhandel 31%. Die Abrechnungen bei                                          Volkswirtschaft
sind die verschiedenen Industriebran-          der ALK zeigen, dass immerhin 23 % der

                                               Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020   12
Schweiz und Ausland

                                    Die Weltwirtschaft
                                    in der Schockstarre
                                    Die Weltwirtschaft steht 2020 infolge der Corona-Pandemie vor einer
                                    Rezession. Auch die Zürcher Handelspartner sind stark betroffen. Im ersten
                                    Halbjahr haben die wirtschaftlichen Einschränkungen zur Eindämmung
                                    der Pandemie sowohl die Nachfrage als auch das Angebot von Waren und
                                    Dienstleistungen sinken lassen. Die Ungewissheit über das Ausmass
                                    des wirtschaftlichen Einbruchs auf das Gesamtjahr 2020 bleibt hoch.
                                    Der Dienstleistungssektor – bislang ein Stabilitätsfaktor in wirtschaftlichen
                                    Schwächephasen – ist besonders stark von der Krise betroffen.
Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft fest im Griff.                                    schaftliche Entwicklung stark durch den epidemiologischen
Während sich zu Jahresbeginn noch Anzeichen einer konjunk-                                   Verlauf der Krise beeinflusst wird.
turellen Erholung für das Jahr 2020 angedeutet hatten, kehrte
sich die wirtschaftliche Lage ab Februar 2020 schrittweise ins                               Die erhöhte Unsicherheit spiegelt sich auch im World Econo-
Negative. Zunächst betraf der wirtschaftliche Einbruch vor al-                               mic Policy Uncertainty Index wider, dessen Verlauf in Grafik 1
lem China. Mit der Ausbreitung des Virus in anderen Teilen der                               dargestellt wird. Der Index basiert auf der Häufigkeit der medi-
Welt, allen voran in Europa, und den getroffenen Schutzmass-                                 alen Berichterstattung über wirtschaftspolitische Unsicherhei-
nahmen wurden zunehmend auch die fortgeschrittenen Volks-                                    ten in 21 Ländern. Der Index ist bereits im vergangenen Jahr
wirtschaften beeinträchtigt. Der Internationale Währungsfonds                                aufgrund des Handelsstreits zwischen den USA und China auf
geht in seiner Aprilprognose davon aus, dass die globale Wert-                               ein erhöhtes Niveau angestiegen, übertrifft in der Corona-Krise
schöpfung in diesem Jahr um 3.0 % niedriger ausfallen wird                                   jedoch alle bisher ausgewiesenen Indexwerte. Global betrach-
als 2019. Die Weltwirtschaft steht damit vor einer tieferen Re-                              tet dürfte der private Konsum auf diese gestiegene Unsicher-
zession als zuletzt während der Weltwirtschaftskrise 2009. Be-                               heit auch nach den Lockerungsmassnahmen noch mit Zurück-
reits für 2021 wird jedoch wieder mit einer starken Gegenbe-                                 haltung reagieren und die Nachfrage nach Konsumgütern,
wegung und hohen Wachstumsraten gerechnet. Es gilt zu                                        inklusive Dienstleistungen, gedrosselt bleiben. Auch Investiti-
beachten, dass aktuelle Konjunkturprognosen einer hohen                                      onsvorhaben dürften aufgrund fehlender Planungssicherheit
Unsicherheit unterliegen, unter anderem deshalb, weil die wirt-                              weiterhin zurückgehalten werden.

1        Unsicherheit erreicht neues Höchstmass
         World Economic Policy Uncertainty Index, Originaldaten und Trendlinie
 400                                                                                                                                  Corona-Lockdown
                                                                                                                                          in Europa

 350                                                                                                                       Weitere Erhöhung
                                                                                                                          der US-Zölle gegen
                                                                                                                                 China

 300                                                                                        Herabstufung
                                                                                             US-Bonität          Amtsantritt
                                                                                                                 D. Trump
                                                                        Weltwirtschafts-
 250                                                                         krise
                                  11. September
                                                                                                         Brexit-Referendum
                                       2001
 200         Finanzkrise in                    Irakkrieg
               Asien und                                                              Eurokrise
               Russland
 150

 100                                                                                                                                Beginn Handels-
                                                                                                                                    streit USA/China

                                                                                                  Führungswechsel
    50
                                                                                                      in China
                       Dotcom-Blase

     0
             1998          2000         2002          2004      2006    2008         2010         2012        2014           2016       2018           2020

         Quelle: Economic Policy Uncertainty, Thomson Reuters

                                                                Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020            13
Schweiz und Ausland

    Den grössten Herausforderungen steht der Dienstleistungs­                                                                                         annualisiert um 15.2 % ab. Es handelt sich dabei um den
    sektor gegenüber, dessen wirtschaftliche Aktivitäten zur Ein-                                                                                     stärksten Einbruch seit Beginn der Datenreihe vor 25 Jahren. In
    dämmung der Pandemie am stärksten eingeschränkt wurden.                                                                                           den von der Pandemie besonders betroffenen Ländern fiel der
    Gemäss globalem Einkaufsmanagerindex sind die Geschäfts-                                                                                          Rückgang noch deutlich stärker aus. Demnach sank das BIP in
    aktivitäten im Dienstleistungssektor seit Jahresbeginn zur Hälf-                                                                                  Italien annualisiert um 18.8 %, in Spanien um 20.8 % und in
    te eingebrochen. Die Konsumentendienstleistungen wurden                                                                                           Frankreich um 23.2 %.
    demnach am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Die Touris-
    mus- und Erholungsbranche kam fast vollständig zum Erliegen                                                                                       Zu Beginn des zweiten Quartals hat sich die wirtschaftliche
    und auch die Medienwirtschaft verzeichnet drastische Einbus-                                                                                      Situation in der Eurozone weiter verschlechtert. Zwischen Feb-
    sen. Einzig die Gesundheitsdienstleistungen nahmen zu. Der                                                                                        ruar und April 2020 ist der Einkaufsmanagerindex der Eurozo-
    Einkaufsmanagerindex für die globale Industrieproduktion ist                                                                                      ne im verarbeitenden Gewerbe um rund 30 % gesunken und im
    zwischen Februar und April 2020 hingegen um ein Viertel ge-                                                                                       Dienstleistungsbereich sogar um fast 80 %. Beide Werte liegen
    sunken. Zuletzt am stärksten betroffen zeigten sich neben der                                                                                     weit unter der Wachstumsschwelle. Die niedrigsten Werte er-
    Holz- und Papierindustrie auch Hersteller von Baumaterialien.                                                                                     zielten Frankreich, Italien und Spanien.
    Der Aussenhandel ist durch die geringere Nachfrage sowie Un-
    terbrechungen in den Lieferketten stark beeinträchtigt. Laut                                                                                      Eine Umfrage in elf europäischen Ländern zeigte im April, dass
    World Trade Monitor sank das weltweite Handelsvolumen im                                                                                          der stärkste Produktionsrückgang innerhalb des verarbeiten-
    ersten Quartal 2020 um 2.5 % gegenüber dem Vorquartal und                                                                                         den Gewerbes in der Fahrzeugindustrie registriert wurde. Bei
    liegt damit wieder auf dem Niveau von 2017.                                                                                                       den Dienstleistungen war ein besonders starker Einbruch im
                                                                                                                                                      Transportwesen festzustellen. Mit Abstand am stärksten be-
    Wirtschaft in der Eurozone im freien Fall                                                                                                         troffen war jedoch die Tourismus- und Erholungsbranche, in
    Die Corona-Pandemie hat in Europa seit Anfang März zu Aus-                                                                                        der die Leistungserstellung fast komplett ausfiel. Insgesamt
    gangssperren und Einschränkungen der wirtschaftlichen Akti-                                                                                       befanden sich im April 2020 alle Industrie- und Dienstleis-
    vitäten geführt. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) sackte im Euro­                                                                                    tungsbranchen in den befragten Ländern im abnehmenden
    raum im ersten Quartal 2020 nach ersten Schätzungen                                                                                               Bereich.

  2                                               Zürcher Handelspartner in der Rezession
                                                  Prognostiziertes BIP-Wachstum der Zürcher Handelspartner im Jahr 2020

                                                                                                                                                                               Blau = Europa
                                                                                                                                                                               Rot = USA, Kanada
                                                  0
                                                                                                                                                                               Türkis = Asien
                                                                                                                                                                               Orange = Lateinamerika
Veränderung der BIP-Wachstumsrate zum Vorjahr

                                                                                                                                                              Indien           Violett = Russland
                                                                                                                      Golfstaaten
                                                                                                                                                                               Grün = Türkei
                                                                                                                                                                               Rosa = Australien
                                                                                                                      Singapur
                                                                                                                                                           China               Gelb = Golfstaaten
                                                −5                                                   Japan
                                                                              Deutschland                                                                                      Hellblau = Israel
                                                                                                         Russland

                                                              Frankreich
                                                                                                              Polen

                                                                                                       USA
                                                −10
                                                              Italien             Niederlande
                                                                        Spanien

                                                                                            Irland
                                                                                                                                                                            Grafik 2 zeigt das erwartete Wirtschaftswachstum
                                                                                                                                                                            für die 31 wichtigsten Zürcher Handelspartner in
                                                                                                                                                                            diesem Jahr. Mit Ausnahme von China und Indien
                                                −15                                                                                                                         wird für alle aufgeführten Volkswirtschaften ein
                                                                                                                                                                            Negativwachstum in 2020 erwartet.
                                                       −10                                             −5                                0                             5
                                                                                                       Prognose der BIP-Wachstumsrate 2020
                                                  Quellen: Internationaler Währungsfonds (BIP, Prognose April 2020), Eidg. Zollverwaltung (Warenhandel),
                                                           Schweizerische Nationalbank (Dienstleistungshandel), BAK Economics (Branchenanteile ZH)

                                                                                                                        Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020      14
Schweiz und Ausland

Die Beschäftigung hat in der Eurozone im ersten Quartal 2020
                                                                                            Annualisierte Wachstumsraten
zum ersten Mal seit 2013 abgenommen. Nachdem die Arbeits-
                                                                                            verstärken Quartalsdaten
losenquote in der Eurozone zum Jahreswechsel stabil bei
7.3 % lag, ist sie im März marginal auf 7.4 % angestiegen. Dies                             Das Bruttoinlandprodukt (BIP) nach Quartalen wird in Europa und den
war jedoch noch zu Beginn der wirtschaftlichen Einschränkun-                                USA mit unterschiedlicher Systematik ausgewiesen. In den europäi-
gen. Gleichzeitig hat sich ein Teil der zuvor als arbeitssuchend                            schen Statistiken wird das prozentuale Quartalswachstum üblicher-
gemeldeten Personen ganz vom Arbeitsmarkt zurückgezogen.                                    weise im Vergleich zum Vorquartal berechnet und veröffentlicht. In den
                                                                                            USA wird das prozentuale Quartalswachstum vor der Veröffentlichung
Dies unter anderem deshalb, weil eine Teilnahme am Arbeits-
                                                                                            hingegen auf das Jahr hochgerechnet und damit eine sogenannte
markt aufgrund der Kinderbetreuungssituation im Zuge der                                    Annualisierung vorgenommen. Der Wert simuliert damit ein Jahres-
Corona-Einschränkungen nicht mehr möglich war. Dieser Ef-                                   wachstum unter der Annahme eines konstanten Quartalswachstums
fekt wirkt dem Anstieg der Arbeitslosenquote entgegen. Der-                                 über vier Quartale hinweg. Der Vorteil des amerikanischen Systems
weil zeigen Umfragewerte, dass im April weitere Entlassungen                                ist, dass die Wachstumsdynamik einfacher mit den Wachstumsraten
stattgefunden haben. Die Europäische Zentralbank schätzt,                                   der Vorjahre verglichen werden kann. Der Nachteil besteht jedoch
dass die Arbeitslosenquote in der Eurozone im zweiten Quartal                               darin, dass die einzelnen Quartalswerte um das Vierfache multipliziert
auf 9.4 % ansteigen wird.                                                                   werden und Schwankungen damit stärker ins Gewicht fallen.

Im Durchschnitt gehen die Wachstumsprognosen für die Euro-                                  Wenn der amerikanische Notenbankchef also von einem Rückgang
                                                                                            des US-BIP im zweiten Quartal 2020 um annualisierte 20 bis 30 %
zone von einer BIP-Abnahme um 5.5 % für das Gesamtjahr
                                                                                            ausgeht, heisst dies für die reine Quartalssicht, dass das BIP in die-
2020 aus. Für das zweite Halbjahr wird auch hier mit wieder                                 sem Quartal um 5 bis 7.5 % schrumpft. Um eine Vergleichbarkeit
zunehmenden wirtschaftlichen Aktivitäten gerechnet, die ei-                                 zwischen den Volkswirtschaften herzustellen, werden die Quartals-
nen Teil des wirtschaftlichen Einbruchs im ersten Halbjahr                                  wachstumsraten in dieser Publikation nach der amerikanischen
kompensieren. Mit einer Spannbreite der Schätzungen zwi-                                    Systematik annualisiert und fallen in der aktuellen Situation entspre-
schen –15 % und +0.4 % liegt die Prognoseunsicherheit je-                                   chend niedrig aus.
doch sehr hoch.

3     Wirtschaftsleistung in der EU ist unterschiedlich stark beeinträchtigt
      Jahreswachstum und annualisiertes BIP-Quartalswachstum in den grössten
      Volkswirtschaften der EU in %

Deutschland                                                                                                0.6
                                                                       –8.8
    Frankreich                                                                                              1.3
                         –23.2
         Italien                                                                                       0.3
                                         –18.8
     Spanien                                                                                                     2.0
                                 –20.8
Niederlande                                                                                                      1.8
                                                                              –6.8
        Polen                                                                                                           4.1
                                                                                            –2
      Belgien                                                                                                1.4              Die Wirtschaftsleistung ist in Deutschland
                                                 –15.6                                                                        im ersten Quartal 2020 um annualisierte, also
    Schweden                                                                                                1.2               auf das Jahr hochgerechnete 8.8 % gesunken.
                                                                                            –1.2                              Aus reiner Quartalssicht ist die Wirtschafts­
    Österreich                                                                                               1.6              leistung in Deutschland im ersten Quartal um
                                                                    –10                                                       2.2 % gegenüber dem Vorquartal gesunken.
                    –25.0                –20.0           –15.0        –10.0          –5.0            0.0                5.0
                                           Gesamtjahr 2019          1. Quartal 2020 (annualisiert)
      Quelle: Eurostat

                                                                 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020             15
Schweiz und Ausland

Internationales Umfeld:
Abwärtstrends sind deutlich sichtbar
Deutsche Wirtschaft ist stark getroffen                             Deutsche Warenexporte brechen im März 2020 ein
                                                                    Warenexporte in Mrd. EUR, saisonbereinigt
Obwohl die deutsche Wirtschaft erst im März 2020 spürbar von
den Auswirkungen der Corona-Pandemie erfasst wurde, ist              115

das deutsche Bruttoinlandprodukt (BIP) im ersten Quartal be-
reits um annualisierte 8.8 % gesunken. Neben den Staatsaus-
gaben konnten lediglich die Bauinvestitionen noch zulegen.           110

Die deutschen Warenexporte sind innerhalb eines Monats um
12 % eingebrochen. Den stärksten Rückgang verzeichnete die           105

Kraftfahrzeugbranche, deren Ausfuhren um fast ein Viertel ab-
fielen. Aufgrund geringerer Transportkapazitäten im Luft- und
Seeverkehr sind die Preise für den Gütertransport im Export          100

stark angestiegen.

Auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt macht sich die Krise              95
                                                                                  2015               2016             2017                  2018                  2019                 2020

bemerkbar. Rund 25 % der Beschäftigten in Deutschland                                                                        Deutsche Warenexporte

waren Ende April von Kurzarbeit betroffen.                                 Quelle: Deutsche Bundesbank

US-Konsumenten sind geschwächt                                      Gesunkener privater Konsum lässt US-BIP schrumpfen
                                                                    Annualisiertes BIP-Wachstum in Prozent und Wachstumsbeiträge
Im März 2020 verhängten 30 US-Bundesstaaten Ausgangs-
sperren und schränkten damit auch die wirtschaftlichen Aktivi-        6

täten stark ein. Dies trug dazu bei, dass das US-amerikanische
                                                                      4
Bruttoinlandprodukt ersten Schätzungen zufolge im ersten
Quartal annualisiert um 4.8 % gesunken ist.                           2

Die privaten Konsumausgaben machen 70 % des US-ameri-                 0

kanischen BIP aus. Der private Konsum sank im ersten Quartal         –2

um knapp 2 % gegenüber dem vierten Quartal 2019 und zog
das BIP-Wachstum ins Negative. Lediglich die Ausgaben                –4

für Lebensmittel nahmen zu. Der Negativtrend dürfte sich im          –6
zweiten Quartal weiter verstärken. Die Arbeitslosigkeit ver­
dreifachte sich im April 2020 auf eine Arbeitslosenquote von         –8
                                                                                              2018                                 2019                                      2020
                                                                                                                      BIP                        privater Konsum
14.7 %. Die Kaufkraft der amerikanischen Konsumenten                                                                  Investitionen              staatlicher Konsum
wird dadurch weiter geschwächt.                                                                                       Lageraufbau                Nettohandel
                                                                          Quelle: US Bureau of Economic Analysis

China kehrt allmählich zurück zur Normalität                        V-förmiger Einbruch der chinesischen Wirtschaft
                                                                    im Februar 2020
Die chinesische Volkswirtschaft war im Januar 2020 als erste
                                                                    Einkaufsmanagerindex, 50 = keine Veränderung
von der Corona-Pandemie betroffen. Entsprechend negativ fiel
das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal aus. Das chinesi-         70

sche Bruttoinlandprodukt sank im ersten Quartal annualisiert
um 6.8 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Im Vergleich zum           60
vierten Quartal 2019 brach die Wirtschaftsleistung sogar um
9.8 % ein.
                                                                    50

Gegen Ende des ersten Quartals setzte bereits wieder die
Gegenbewegung ein. Die Industrie erholte sich dabei schneller       40

als die Dienstleistungsbranche. So lag der Containerumschlag
in chinesischen Häfen im März nur noch um rund 1 % unter            30

dem Vorjahreswert. Der Erholungskurs dürfte durch die gesun-
kenen wirtschaftlichen Aktivitäten der chinesischen Handels-
                                                                    20
partner im zweiten Quartal 2020 aber noch gedämpft werden.                 2008    2009       2010     2011    2012   2013      2014      2015     2016    2017       2018          2019

                                                                                         Industrieproduktion                                Dienstleistungen

                                                                          Quelle: National Bureau of Statistics of China, IHS Markit

                                            Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020                   16
Schweiz und Ausland

Schweiz: Wirtschaftsleistung auf Rekordtief                                                70 % eingebrochen. Der KOF-Indikator für den Absatz der Be-
Das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs im Gesamt-                                   herbergungsbetriebe ist im zweiten Quartal weiter gesunken,
jahr 2019 um 1.0 % nach 2.8 % im Vorjahr 2018. Wie für alle                                sodass sich die Lage im Verlauf des zweiten Quartals noch-
fortgeschrittenen Volkswirtschaften wird auch für die Schweiz                              mals verschlechtert haben dürfte. Für das Gesamtjahr wird
infolge der Corona-Krise 2020 ein Negativwachstum erwartet.                                von einem Einbruch der Logiernächte um über 30 % ausge-
Auch hier unterliegen die Prognosen einer starken Unsicher-                                gangen. Bei den Verschiedenen Dienstleistungen verzeichnete
heit und entsprechend grossen Spannbreiten der Basisszena-                                 die Teilbranche Verkehr, Information und Kommunikation den
rien zwischen –5.3 % (BAK Economics) und –6.7 % (SECO).                                    stärksten Einbruch der Geschäftslage, gefolgt von den Wirt-
Ersten Berechnungen zufolge sank das annualisierte BIP im                                  schaftlichen Dienstleistungen und den Persönlichen Dienst-
ersten Quartal bereits um 10.4 % (zur Systematik der annuali-                              leistungen. Auch im Grosshandel sind die Bestellungen einge-
sierten Quartalswachstumsraten siehe Infokasten auf Seite 15).                             brochen und die Geschäftslage ist entsprechend schlecht. Die
Den mit Abstand grössten Wertschöpfungsrückgang verzeich-                                  grössten Nachfrageeinbussen erlitten kleinere und mittlere Un-
net das Gastgewerbe, das gegenüber dem Vorquartal um                                       ternehmen der Branche. Die Lagerbestände haben derweil zu-
23.4 % schrumpfte. Neben der öffentlichen Verwaltung ver-                                  genommen und die Unternehmen sehen noch keine Verbesse-
buchten lediglich die Finanz- und Versicherungsdienstleistung                              rung ihrer Geschäftslage in naher Zukunft.
eine Wertschöpfungssteigerung um immerhin 1.5 %. Die
Dienstleistungsexporte, zu denen auch der Tourismus zählt,                                 Die Geschäftslage im Detailhandel ist gespalten. Während die
gingen um 4.4 % zurück. Die Warenexporte konnten, getragen                                 realen Umsätze im Food-Segment im März und April 2020 im
von den chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen,                                      Vergleich zum Vorjahresmonat um stattliche 9 % respektive
noch zulegen. Das Bruttoinlandprodukt dürfte im zweiten Quar-                              3 % wachsen konnten, fielen die Umsätze im Non-Food-Seg-
tal noch einmal stärker zurückgehen, weil die wirtschaftlichen                             ment im März um 15 % und im April um 40 % ab. Auch die er-
Einschränkungen grösstenteils in diesen Zeitraum fielen. Diese                             wartete Geschäftslage für die Sommermonate läuft in entge-
Erwartung wird durch die Umfrageresultate bestätigt.                                       gengesetztem Trend. Hier ist der Non-Food-Sektor jedoch
                                                                                           optimistischer und erwartet wieder stark steigende Umsätze.
So vermelden die einzelnen Schweizer Branchen mit Beginn                                   Die Schweizer Industrieproduktion konnte im ersten Quartal
des zweiten Quartals 2020 allesamt eine Verschlechterung ih-                               2020 noch leicht um 0.4 % gegenüber dem Vorjahresquartal
rer Geschäftslage. Das Gastgewerbe, die Verschiedenen                                      zulegen, bereits im März zeichnete sich jedoch schon ein Rück-
Dienstleistungen und der Grosshandel sind insgesamt am                                     gang der Produktion ab. Im April ist der Bestellungseingang zu-
schwersten getroffen. In der Gastronomie ist der Absatz auf                                dem drastisch eingebrochen. Die Investitionsgüterindustrie hat
Rekordniveau gefallen. Bei den Beherbergungen ist die Anzahl                               die Produktion daraufhin am stärksten eingeschränkt und
Logiernächte inländischer Gäste im März innerhalb eines Mo-                                gleichzeitig die Lagerbestände der Fertigprodukte stark erhöht.
nats um fast 60 % und bei den ausländischen Gästen um fast                                 Hier zeigt sich, dass die Nachfrage nach Investitionsgütern in

Geschäftslage entwickelt sich nach Einbruch in unterschiedliche Richtungen
Schweiz: Einschätzung der Geschäftslage nach Branchen
20

                                                                                           40
 0

                                                                                           20
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                                                                                            0
–40

–60                                                                                        –20

–80                                                                                        –40
         2015              2016             2017           2018            2019     2020          2015             2016             2017      2018   2019   2020

          Aktuelle Geschäftslage Gastgewerbe                                                      Erwarteter Umsatz Detailhandel (Food)
          Erwartete Geschäftslage Gastgewerbe                                                     Erwarteter Umsatz Detailhandel (Non-Food)
      Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle, ETH Zürich

                                                                  Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Juni 2020     17
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