8/2011 Bayerischer Gemeindetag
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BAYERISCHER GEMEINDETAG • Verband kreisangehöriger Städte, B 6015 E Märkte und Gemeinden • Körperschaft des öffentlichen Rechts Bayerischer Gemeindetag 8/2011 Bayerischer Gemeindetag „auf Tour“: Personalausflug der Geschäftsstelle am 19. Juli 2011 BAYERISCHEN GEMEINDETAGS in Eichstätt Die Zeitschrift des Der Bayerische Gemeindetag im Internet: http://www.bay- gemeindetag.de Die Geschäftsstelle ist gleichzeitig über folgende e-mail-Adresse erreichbar: baygt@bay-gemeindetag.de
Bayerischer Gemeindetag Inhaltsverzeichnis QuintEssenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Dr. Busse: Gemeindetag fordert 100 Mio.-Euro- Programm für strukturschwache Räume . . . . . . . . . . . 299 Prof. Dr. Götzl: Gestaltung der Energiewende nach genossenschaftlichen Prinzipien . . . . . . . . . . . . 301 Informationen des Bayerischen Gemeindetags im April 2011 . . 308 Fuchs: Energiepolitik neu aufgeladen . . . . . . . . . . . . . 309 Prof. Dr. Prantl: Heimat Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Dr. Leuninger: Nahversorgung in Bayern: Die Renaissance von „Tante Emma“? . . . . . . . . . . . . . 315 (Fast) 100 Jahre Bayerischer Gemeindetag . . . . . . . . . . . . . . . 317 Sommerempfang 2011 der Bayerischen Verwaltungsschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Impressionen der Geburtstagsfeier von Ehrenpräsident Heribert Thallmair . . . . . . . . . . . . . . . . 321 EUROPA Aktuelles aus Brüssel, Die EU-Seite . . . . . . . . . . . . . 324 Seminarangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kommunalverwaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 PERSONAL Erteilung von nebenamtlichem Unterricht an der Bayerischen Verwaltungsschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 KOMMUNALWIRTSCHAFT 12. RENEXPO zur Energie- versorgung der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 „Bioenergie für Kommunen – auf der KOMMUNALE 2011 – . . . 333 PLANEN + BAUEN Bewältigung städtebaulicher Missstände . . . 333 UMWELTSCHUTZ 3. Bayerisches Flächenspar-Forum . . . . . . 334 STRASSEN + VERKEHR Suche nach Verkehrsübungs- plätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Workshop „Sicherer Radverkehr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 KAUF + VERKAUF Kommunalfahrzeuge gesucht, Kettenzug, Feuerwehrauto, Feuerwehrfahrzeug, Physiksaalausstattung, Drehleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 LITERATURHINWEISE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Dokumentation Neuer „Leitfaden Energienutzungsplan“ . . . . . . . . . . . 337 In letzter Minute Gemeindetag und Genossenschaftsverband kooperieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Ländlichen Raum stärken ....................... 340 Übersendung von Gerichtsentscheidungen an die Geschäftsstelle Die Auskunfts- und Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle hängt in einem hohen Maße davon ab, wie gut der Informationsfluss zwischen Mitgliedskörperschaften und der Geschäftsstelle ist. Wir bitten deshalb unsere Mitglieder dringend, uns gerichtliche Entscheidungen umgehend zu überlassen und uns über anhängige Verfahren bei den Verwaltungsgerichten oder bei den obersten Bundesgerichten zu informieren, damit andere Mitglieder schnell und zeitnah von diesen Erfah- rungen profitieren können.
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz Wichtiges in Kürze 297 Bayerischer Gemeindetag weit muss gerade die Dezentralität als viertes energiewirtschaftliches Ziel von 100-Millionen-Euro- der Bundesregierung aufgenommen wer- Programm den. Energieregionen, durch intelligente Energienetze mit zentralen Energienet- Die demografische Entwicklung in Bay- zen und Energieproduzenten verknüpft, ern schreitet voran. In einzelnen Regio- vervollständigen ein solides Energiekon- nen des Freistaats findet eine Abwande- zept. Sie wirken sich positiv auf die an- rung statt. Die betroffenen Kommunen deren energiewirtschaftlichen Ziele aus. fühlen sich allein gelassen mit diesem Versorgungssicherheit und Grund- bzw. Problem. Daher fordert der Bayerische Spitzenlastfähigkeit werden erst durch Gemeindetag ein 100-Millionen-Euro- die Verteilung auf mehrere Standorte Programm für strukturschwache Räume, und Kraftwerkstypen erreicht. Wirtschaft- um diesen Kommunen zu helfen. lichkeit, und vor allem die Akzeptanz der Auf den Seiten 299 und 300 begründet möglichen steigenden Energiekosten wird Dr. Jürgen Busse, Geschäftsführendes durch dezentrale Beteiligungsmodelle Präsidialmitglied des Bayerischen Ge- gefördert. So Prof. Dr. h.c. Stephan Götzl, meindetags, diese Forderung: Die von Präsident des Genossenschaftsverbands Abwanderung betroffenen Gemeinden Bayern, in seinem Beitrag auf den Seiten Für den Menschen ist Wasser die und Städte müssen finanziell in die Lage 301 bis 308. An Hand zahlreicher Gra- Ernährungsgrundlage Nummer eins. versetzt werden, der Abwanderung ent- fiken wirbt er für eine Gestaltung der Gefährlich kann es werden, wenn gegen zu steuern, indem sie z.B. ein Energiewende nach genossenschaftli- das Wasser durch Krankheitserreger attraktives Angebot öffentlicher Dienst- wie Viren oder Bakterien oder an- chen Prinzipien. Ein hochaktueller Bei- leistungen von der Geburt bis zum Alter dere belastende Stoffe verschmutzt trag, der gerade zur rechten Zeit kommt. vorhalten. Attraktive Arbeitsplätze, Be- wird. Um das zu vermeiden, gibt es treuungsangebote für junge Familien in Deutschland hohe Anforderun- Europa und die Möglichkeit altersgerechten gen an das Trinkwasser der öffent- Wohnens könnten dazu beitragen, dass lichen Wasserversorgung, von dem Heimat Europa Menschen ihre Heimat nicht verlassen, fast zwei Drittel aus dem Grund- Der Leiter des Ressorts Innenpolitik der um in den Ballungsräumen ihr Heil zu wasser stammen. Zwölf Prozent Süddeutschen Zeitung, Prof. Dr. Heribert suchen. Es bleibt zu hoffen, dass der kürz- werden aus See- oder Talsperren Prantl, nimmt auf den Seiten 312 bis lich von Ministerpräsident Horst Seehofer gewonnen. Der Rest ist Quellwas- 314 ausführlich Stellung zum Zustand eingerichtete Kabinettsausschuss zur de- ser, Flusswasser oder Wasser aus Europas im Jahre 2011. Seinen Worten mografischen Entwicklung die berech- Uferfiltrat. Bei der Uferfiltration ist eine gewisse Verzweiflung darüber zu tigte Forderung des Gemeindetags auf- und der Anreicherung des Grund- entnehmen, dass die Agierenden auf greift. wassers wird der Boden als natür- dem europäischen Parkett den Bürge- licher Filter genutzt. Der Unter- rinnen und Bürgern in den Mitgliedstaa- schied zwischen dem z. B. in Super- ten den Eindruck vermitteln, in erster Energieversorgung märkten verkauften Mineralwasser und dem aus dem Wasserhahn ge- Linie nationale Interessenspolitik zu be- treiben statt sich um das große Ganze – Energiepolitik neu zapften Trinkwasser ist übrigens, sprich: Europa – zu kümmern. Vor allem dass das eine ursprünglich aus un- aufgeladen terirdischen, vor Verunreinigungen aber betreibe die Europäische Kommis- Auf den Seiten 309 bis 311 findet sich geschützten Wasservorkommen sion eine gegen die Interessen der Bür- ein Aufsatz von Timm Fuchs vom Deut- und das andere dem Wasserkreis- ger gerichtete Politik. Dies manifestiere schen Städte- und Gemeindebund in lauf entstammt. sich beispielsweise – und hier spricht der Berlin, der unter dem provokanten Titel Autor dem Bayerischen Gemeindetag „Energiepolitik neu aufgeladen“ die neuer- sie spielen sollen geht dieser informa- aus der Seele – bei der Privatisierung liche Energiewende der Bundesregierung tive Beitrag nach. öffentlicher Dienstleistungen. „Europa referiert. muss noch lernen, dass nicht alle öffent- lichen Güter dem privaten Wettbewerb Bekanntlich hat die Bundesregierung Energiewende zum Fraß gegeben werden dürfen“ meint am 6. Juni Eckpunkte für ein energie- der Autor. Dem ist nichts mehr hinzuzu- politisches Konzept vorgestellt. Dieses Energiewende nach fügen. war mit insgesamt 8 Gesetzesbeschlüs- genossenschaftlichen sen verbunden. Der spektakulärste da- von ist natürlich die Änderung des Atom- Prinzipien Regionalplanung gesetzes mit dem schrittweisen Ausstieg Nach Fukushima ist alles anders: Die Renaissance von aus der Kernenergie bis 2022. Daran Kernenergie wird zum Auslaufmodell er- manifestiert sich ein noch spektakuläre- klärt, regenerative Energien sind die Zu- „Tante Emma“? rer Vorgang: Die energiepolitische Wende kunft. Die große Energiewende ist ein- Die Sicherung und Entwicklung einer der Bundesregierung innerhalb weniger geläutet. Während sich die großen Ener- qualitativen Nahversorgung der Bevöl- Monate. Kommunen und Stadtwerke giekonzerne, die bislang in erster Linie kerung hat sich zu einem wichtigen spielten im Energiekonzept der Bundes- auf Kernkraft gesetzt hatten, noch sor- Handlungsfeld der Kommunalentwick- regierung vom September 2010 prak- tieren, gilt: Das Gelingen der Energie- lung herauskristallisiert. Dieses machen tisch keine Rolle. Welche Rolle ihnen wende ist nur möglich, wenn sie regio- zum einen die zahlreichen Einzelhan- jetzt zugedacht wird und welche Rolle nal verankert und getragen wird. Inso- delsentwicklungskonzepte auf der kom-
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz 298 munalen Ebene deutlich, andererseits steht diese Zielsetzung auch im Zusam- menhang mit einem aktuellen Erlass der Bayerischen Staatsregierung. Landes- planerisch ist es in Bayern nun möglich, auch in kleineren Kommunen ohne zentralörtliche Einstufung Supermärkte in einer Größenordnung von bis zu 1.200 m² Verkaufsfläche anzusiedeln. Dr. Stefan Leuninger von der Gesell- schaft für Markt- und Absatzforschung in München trägt auf den Seiten 315 und 316 seine Gedanken zur aktuellen Situation der Nahversorgung in Bayern vor. Sein Fazit: Ein leistungsfähiges Netz an sogenannten Systemanbietern (Super- märkte, Discounter) ist nach wie vor ein wichtiges Rückgrat der Nahversorgung der Bevölkerung. Allerdings ist es dane- ben sinnvoll, kleinere Konzepte über ein starkes bürgerschaftliches Engagement und kompetente Betreiberstrukturen in Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) zeigt anhand von Daten den Kommunen zu konzipieren. Insofern des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft die staatlichen För- derungen (Subventionen) auf, die der aus erneuerbaren Energien produzier- steht „Tante Emma“ tatsächlich wieder te Strom erfährt. Diese stiegen in den letzten Jahren kräftig, denn der ge- vor einer Renaissance. wonnene Strom aus erneuerbaren Energien hat deutlich zugenommen. Das preisorientierte Prinzip, auf dem die Stromsubventionen beruhen, funktio- niert durch Einspeisevergütungen, d. h. es wird Anlagenbetreibern ein über Bayerischer Gemeindetag dem Marktpreis liegender Festpreis gezahlt, so das IW. Landgemeinden huldigen Prinzregent Ludwig In unserer beliebten Rubrik „(Fast) 100 Jahre Bayerischer Gemeindetag“ drucken wir diesmal auf Seite 317 eine Ergeben- heitsadresse der bayerischen Landge- meinden „zu Seiner Königlichen Hoheit des Prinzregenten Ludwig erste Geburts- tagsfestfeier als Verweser des König- reichs Bayern“ ab. Mit welch salbungs- vollen Worten das freudige Ereignis zur damaligen Zeit kommuniziert wurde, können Sie dem unterhaltsamen Beitrag entnehmen. KOMMUNALE 2011 KOMMUNALE 2011 Auf den Seiten 322 und 323 finden Sie das vorläufige Programm der KOMMU- NALE 2011 am 19. und 20. Oktober 2011 in Nürnberg. Auch diesmal wieder gibt es interessante Vorträge und Diskussions- runden zu aktuellen Themen. Während am ersten Tag die Energiewende das beherrschende Thema sein wird, wird am Weltweit genießen Feuerwehrleute weiterhin das größte Vertrauen der Bür- zweiten Messetag „Stuttgart 21“ oder ger. Das geht aus der jüngsten GfK-Studie zum Vertrauen in Berufsgruppen „Neue Wege der Bürgerbeteiligung“ das und Organisationen hervor. Auch in Deutschland stehen die Feuerwehrmän- Hauptinteresse finden. Die Geschäfts- ner an oberster Stelle im Ranking: 98 Prozent der befragten Bundesbürger stelle hofft, auch diesmal wieder die Er- vertrauen in deren Arbeit. An zweiter Stelle stehen mit 89 Prozent die Ärzte, an dritter Stelle mit 86 Prozent die Postangestellten. Auf den untersten Plät- wartung der Teilnehmer erfüllen zu kön- zen der 20 Berufe und Organisationen umfassenden Liste stehen Politiker nen und freut sich auf anregende Ge- (neun Prozent), Manager (20 Prozent) und Werbefachleute (33 Prozent). spräche in Nürnberg.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag 299 Gemeindetag fordert 100 Mio. Euro-Programm für strukturschwache Die Bayerische Staatsregierung kosmetische Korrekturen. Der zeigt sich gewillt, die demogra- Räume Bayerische Gemeindetag for- fische Entwicklung in Bayern dert deshalb, dass der Freistaat und ihre Folgen nicht tatenlos Bayern ein markantes Zeichen hinzunehmen. Ein höchstrangig setzt und zusätzliche staatliche mit Ministerpräsident Seehofer, Mittel von mindestens 100 Mio. Wirtschaftsminister Zeil und In- Dr. Jürgen Busse, Euro für die demografiegeplag- nenminister Herrmann besetz- Geschäftsführendes ten Gemeinden zur Verfügung ter Kabinettsausschuss bemüht Präsidialmitglied stellt. sich um Strategien und Lösungs- des Bayerischen Gemeindetags Die bisher aus dem Finanzminis- wege, die nachteilig betroffe- terium bekannt gewordenen nen ländlichen Regionen zu un- Ideen lassen eine entsprechen- terstützen. Das ist ausdrücklich zu be- zu schaffen. Das erfordert eine zielge- de Entschlossenheit leider vermissen. grüßen. richtete Wirtschaftspolitik, ein intelli- Sie kranken bereits daran, dass sie auf Die möglichen Instrumente zur Steue- gentes Regionalmanagement und die reinen Umschichtungen innerhalb rung sind vielschichtig. Vordringlich Bereitstellung der notwendigen Infra- der kommunalen Finanzmasse auf- erscheinen Anstrengungen, Arbeits- struktur, nicht nur im Bereich von bauen, die noch dazu den Mut zu plätze in den betroffenen Regionen Straße und Schiene, sondern auch der spürbaren Veränderungen vermissen technischen Entwicklung, etwa der lassen. Dabei begrüßen wir den Vor- Kommunikation (Stichwort: Breitband- schlag, den sog. Demografiefaktor kabel). Es müssen aber auch die be- von aktuell fünf auf zehn Jahre auszu- troffenen Gemeinden selbst in die dehnen. Er bewirkt Veränderungen Lage versetzt werden, der Abwande- bei den Schlüsselzuweisungen für die rung entgegenzusteuern, indem sie kreisangehörigen Gemeinden von zum Beispiel ein attraktives Angebot knapp 12 Mio. Euro. Auch wenn dies öffentlicher Dienstleistungen von der in Relation zur gesamten Schlüsselzu- Geburt bis zum Alter vorhalten. Die weisungsmasse von 2.581 Mio. Euro Schließung öffentlicher Einrichtun- als gering erscheinen mag, wird es gen, wie Kindergärten, Schulen usw. sich im Einzelfall durchaus bemerkbar verstärkt nur den Trend zur Abwande- machen. Diese geplante Änderung ist rung. Da geringere Einwohnerzahlen indessen bei weitem nicht ausrei- aktuell auch sinkende Einnahmen be- chend, die Demografieprobleme er- wirken, besteht die Notwendigkeit, folgreich zu bekämpfen. diese Negativspirale zu durchbrechen Die Idee eines „vorausschauenden und zielgerichtet auf die sachlichen Demografiefaktors“ bei der Investi- Bedürfnisse Finanzmittel zur Verfü- tionspauschale mag im Ansatz ver- gung zu stellen. Die Dimension der zu nünftig klingen, in ihrer konkreten bewältigenden Probleme erfordert Auswirkung ist sie aber eher zu ver- Dr. Jürgen Busse einen beherzten Schritt und nicht nur nachlässigen. Wenn etwa eine Ge- BAYERISCHER Geschäftsführendes Präsidialmitglied Dreschstraße 8, 80805 München Marina Ottendorfer, Tel. 0 87 09 / 92 17-60 Direktor Dr. Jürgen Busse Tel. 0 89 / 36 00 09-30, Fax 0 89 / 36 00 09-36 Margit Frey (BayGT), Tel. 0 89 / 36 00 09-13 GEMEINDETAG Verantwortlich für Redaktion und Erscheinungsweise monatlich; Bezugspreis Druck, Herstellung und Versand: Herausgeber und Verlag: Anzeigen: EUR 33,– jährl.; bei Mitgliedern im Beitrag enth. Druckerei Schmerbeck GmbH Bayerischer Gemeindetag, Wilfried Schober, Direktor beim Anzeigenverwaltung: Gutenbergstr. 12, 84184 Tiefenbach b. Landshut Körperschaft des öffentlichen Rechts; Bayerischen Gemeindetag Druckerei Schmerbeck GmbH Tel. 0 87 09 / 92 17-0, Fax 0 87 09 / 91 57 25
300 Bayerischer Gemeindetag 8/2011 meinde mit aktuell ca. 3.500 Einwoh- dem werden in Regionen mit zurück- Euro an Steuereinnahmen, gleich wel- nern und einer Investitionspauschale gehender Bevölkerung kaum noch cher Art, zur freien Verfügung zu be- 2011 von 30.673 Euro einen Einwoh- neue Schulhäuser gebaut oder neue lassen und aus der Steuerkraftbe- nerverlust von 10% zu erwarten hat, Straßen angelegt werden. Damit finanz- rechnung auszunehmen. Nicht zu- kann sie danach pro Jahr zusätzliche schwache Gemeinden überhaupt ihren letzt könnte der äußerst unterschied- Mittel von 3.067,30 Euro erhalten. Das Eigenanteil bei der Projektförderung lichen Struktur der Gewerbesteuer- ist ein Betrag, mit dem nicht wirklich finanzieren können, müssen stattdes- einnahmen Rechnung getragen wer- erwähnenswerte Investitionen ange- sen neue Wege eröffnet werden, z.B. den, indem etwa gestaffelte Nivellie- schoben werden können. Eine effek- projektbezogene Bedarfszuweisungen rungshebesätze eingeführt oder die tive Verbesserung der Investitionsfä- gewährt oder die Übernahme der Fi- Gewerbesteuereinnahmen oberhalb higkeit wäre dagegen mit der Forde- nanzierung durch Dritte zugelassen der Nivellierungshebesätze zu einem rung des Bayerischen Gemeindetags werden. geringeren Prozentsatz in die Steuer- verbunden, die Investitionspauschale Im Rahmen der Bedarfszuweisungen kraftberechnung einbezogen werden. auf mindestens 100.000 Euro je Ge- verdient ferner die Fortführung und meinde anzuheben. Dadurch könnte Erweiterung der „Struktur- und Kon- Der ländliche Raum in Bayern ist sys- gleichzeitig der Verwaltungsaufwand solidierungshilfen“ Vorrang. Sie er- temrelevant für die gesamte politi- verringert werden, weil Bagatellförde- möglichen gezielt in Einzelfällen Pro- sche Landschaft. Zu seiner Bewah- rungen entfallen könnten. blemlösungen. Darüber hinaus müs- rung und Stärkung müssen daher, sen aber auch die Erkenntnisse aus ähnlich wie bei den Banken in der Eine Anhebung des Höchstförder- dem Pilotprojekt Eingang finden in Zeit der weltweiten Finanz- und Wirt- satzes im Hochbau und im Straßen- eine einwohnerunabhängige finan- schaftskrise nachhaltige Anstrengun- bau von 80% auf 90% reicht im Er- zielle Grundausstattung der Gemein- gen im Ausmaß jenseits bloßer Kos- gebnis über einen optischen Effekt den. Jede Gemeinde hat ein Mindest- metik unternommen werden. Das sollte kaum hinaus. Schon heute erhalten maß an kommunaler Infrastruktur vor- die Maxime des Kabinettausschusses nur ganz selten Gemeinden den Höchst- zuhalten, für die der Gemeinde, gleich zur Bewältigung des demografischen fördersatz von 80%. Der durchschnitt- welcher Größe, Finanzmittel zur freien Wandels in Bayern sein. Insofern be- liche Fördersatz liegt bei etwa 35%. Verfügung zustehen müssen. Um dies grüßen wir es, dass Ministerpräsident Allenfalls eine einstellige Zahl von Ge- zu erreichen, könnte z.B. die „Ein- Horst Seehofer bei der Landesver- meinden könnte künftig 90% Förde- wohnerveredelung“ geändert und die sammlung des Verbandes der Bayeri- rung erhalten. Ein spürbarer Beitrag Eingangsstufe spürbar angehoben wer- schen Bezirke erklärt hat, dass er das zur Bewältigung der Demografiepro- den. Denkbar wäre auch, für alle Ge- 100 Mio. Euro-Programm durchaus als bleme ist darin nicht zu erkennen. Zu- meinden einen Sockel von z.B. 500.000 erwägenswert ansieht. Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl ist in seiner Heimatstadt Abensberg (Landkreis Kelheim) bei der Bürgermeisterwahl am 10. Juli 2011 mit 76,5 Prozent als Erster Bürgermeister im Amt bestätigt worden. Seit 18 Jahren im Amt kann er nun für weitere sechs Jahre die Geschicke der 12.732 Einwohner zählenden Spargelstadt Abensberg leiten. Seit knapp 9 Jahren vertritt er zudem als Präsident des Bayerischen Gemeindetags die Interessen der bayerischen Gemeinden, Märkte und Städte in allen Bereichen des politischen Lebens. Dr. Jürgen Busse, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, gratulierte Herrn Dr. Uwe Brandl im Namen der 2.022 Mitglieder des Bayerischen Gemeinde- tags: „Mit diesem Wahlergebnis haben die Abensberger Bürgerinnen und Bürger ihrem Rathauschef das Vertrauen ausgesprochen und ihm den Rücken für sein Bürgermeisteramt in Abensberg eindrucksvoll gestärkt.“ Das Foto zeigt Dr. Brandl bei einer spontanen Wahlfeier am Abend des 10. Juli in Abensberg.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag 301 Gestaltung der Energie- wende nach 1. Energiewende: genossenschaftlichen Tiefengeothermie erreicht wer- Politisch gewollt – gesell- schaftlich notwendig Prinzipien den sollen. Den Zielen entspre- chend soll der Anteil der Strom- Die Forderung der Politik nach erzeugung aus erneuerbaren einer Energiewende führt dazu, Energien kontinuierlich erhöht dass neue Wege bei der Gestal- werden und bis 2020 auf min- tung der Energieerzeugung be- destens 35% steigen. schritten werden müssen. Eine Professor Dr. h.c. Stephan Götzl, Auch auf bayerischer Landes- flächendeckende Nutzung re- Präsident des Genossenschafts- ebene wurden für die Umset- generativer Energiequellen ist zung der Energieziele bis 2020 verbands Bayern e.V. nur über eine dezentrale Ener- seitens der Bayerischen Staats- gieerzeugung und -versorgung regierung konkrete Zahlen fest- möglich, also über die Abkehr von Dies gilt umso mehr, als fossile Ener- gelegt. Dazu zählen u. a. die Deckung großen zentralen Anlagen hin zu klei- gieträger nur in begrenztem Umfang des Stromverbrauchs durch Photovol- neren dezentralen Erzeugungseinhei- zur Verfügung stehen und bei ihrer taik mit über 16%, durch Windenergie ten. Nur eine dezentrale Energiever- Verbrennung klimaschädliche CO2- und Biomasse mit jeweils 10% (siehe sorgung bietet die Möglichkeit einer Emissionen – mit erheblichen Folge- Abb. 1). regionalen Stromerzeugung und so- schäden und Folgekosten erzeugen. Die ideale Unternehmensform zur mit einer unmittelbaren Verteilung Hinzu kommen schwer kalkulierbare Organisation dezentraler Energiever- an die Verbraucher. Ressourcen aus und nicht absehbare Risiken bei der sorgung ist die Genossenschaft. Sie der Region können für die regionale Nutzung der Kernenergie, die die Ener- bietet Landwirten, Bürgern und Kom- Energieproduktion und damit für ei- gieversorgung zu einer wachsenden munen eine bewährte, praktikable ne nachhaltige Regionalentwicklung zentralen Herausforderung machen. und demokratische Rechtsform. Sie genutzt werden. Diese dezentrale Ge- Die Bundesregierung hat ihre ener- schafft stabile Rahmenbedingungen, staltung der Energieversorgung bietet giepolitischen Ziele einer sicheren, be- um regional eigenverantwortliche und zudem den wirtschaftlichen Vorteil, zahlbaren und umweltverträglichen aktive Beiträge zur Energiesicherung dass durch die Nutzung der regiona- Energieversorgung festgelegt, die mit und dem Erhalt von Lebensqualität len Energiequellen die Wertschöp- einem Ausbau von erneuerbaren Ener- zu ermöglichen. fung und die Wirtschaftskraft in der gieformen insbesondere Wasserkraft, Die Genossenschaft gewährleistet eine Region bleiben. Wind-, Bio- und Solarenergie sowie echte Beteiligung der Bürger an der Ge- Abb. 1: Vergleich Anteil regenerativer Energien in Bayern 2010 und 2020 (Plan) 20 % 2010 16 % 2020 15 % 10 % 10 % 10 % 6% 5% 3% 0,6 % 0% Photovoltaik Windenergie Biomasse Prof. Dr. h.c. Stephan Götzl Quelle: Bayerische Staatsregierung 2011
302 Bayerischer Gemeindetag 8/2011 staltung der Energieversorgung, denn Entsprechend den leitenden Prinzi- an. Die Zusammenarbeit der Kommu- die Bürger sind in der Genossenschaft pien der Selbsthilfe, Selbstverantwor- ne mit der Genossenschaftsbank vor nicht nur Mitglied, sondern auch tung und Selbstverwaltung haben Ort hat sich dabei als eine schlagkräf- gleichzeitig Eigentümer und Nutzer sich schon vor über 100 Jahren Bür- tige Variante der Genossenschafts- der Leistungen. ger freiwillig zusammengeschlossen, gründung herausgestellt. Hier verei- um ihre Energieversorgung gemein- nen sich somit die wichtigsten Säulen 2. Dezentrale Energieerzeugung: sam selbst in die Hand zu nehmen – des örtlichen Zusammenlebens. Die Ein Thema mit langer Tradition ganz ohne die Unterstützung Dritter Kommunen als Entscheidungsträger für Genossenschaften bzw. des Staates. Als Mitglied der Ge- für die örtlichen Liegenschaften so- „Was der Einzelne nicht schafft, das nossenschaft waren so auch einzelne wie die Bebauungsregeln, die Kompe- schaffen viele.“ Dieser historische Kern- Bürger in der Lage, die Energieversor- tenz und langjährige Erfahrung der satz von Friedrich-Wilhelm Raiffeisen gung in eigener Verantwortung mit- genossenschaftlichen Finanzwirtschaft beschreibt den gesellschaftlichen Um- zugestalten und sicherzustellen. und die Bürger, Landwirte und Ge- bruch, der Anfang des letzten Jahr- werbetreibende der Region, mit de- hunderts in der Energieerzeugung und Wichtigste Unterstützer waren seiner- ren Unterstützung das Modell „Ge- -versorgung in Bayern eingeläutet wur- zeit neben den Landwirten auch kleine nossenschaft“ erst zum Erfolgsmodell de. Vorwiegend an den Wasserläufen Gewerbetreibende und Kommunen. wird. gründeten sich bereits zu dieser Zeit Früher wie heute sehen insbesondere 100 Energiegenossenschaften gibt es eine Vielzahl von Elektrizitätsgenossen- die kommunalen Vertreter die Not- heute in Bayern (Abb. 2), von denen schaften. Genossenschaften waren wendigkeit, die Wertschöpfung in der 68 in den letzten fünf Jahren gegrün- zentraler Bestandteil der Elektrifizie- Region zu halten oder neu zu schaf- det wurden (Abb. 3). Diese Zahl spie- rung und somit Träger der Entwick- fen. Hierzu bietet sich in erster Linie gelt das Engagement der Bürger und lung des ländlichen Raums in Bayern. das Modell der Energiegenossenschaft der regionalen Akteure wider, sich in Abb. 2: Energiegenossenschaften in Bayern (Stand: 30.05.2011) die Gestaltung und Sicherstellung der regionalen Energieerzeugung mit ein- Photovoltaik zubringen. Insbesondere bei den Photovoltaik- und Wärmeversorgungs- Wärmeversorgung genossenschaften ist ein deutlicher Biogas Anstieg zu verzeichnen. Energieversorgung Ein Blick auf die Verteilung der Ener- giegenossenschaften in Bayern zeigt, dass sich die klassischen Elektrizitäts- Aschaffenburg Schweinfurt genossenschaften (Energieversorgungs- Bamberg Bayreuth unternehmen mit Strom-Verteilnetz) Würzburg aufgrund der gut nutzbaren Wasser- Erlangen läufe vorwiegend in den allgäuer und Fürth Nürnberg oberbayerischen Voralpenregionen be- finden. Genossenschaften, die auf der Grundlage des Erneuerbare-Energien- Regensburg Gesetzes (EEG) Strom mittels Photo- voltaik erzeugen, finden sich vor allem Ingolstadt in den fränkischen Regierungsbezir- Passau ken wieder. Augsburg Landshut Diese Photovoltaikgenossenschaften Neu-Ulm wurden in den meisten Fällen durch München die Initiative der Raiffeisenbanken und Volksbanken in Zusammenwirken mit Rosenheim den Gemeinden gegründet. Biogas- genossenschaften finden sich vor allem in den landwirtschaftlich geprägten Regionen wieder. Viele Genossenschaften haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Mitglieder mit sauberer und sicherer Wärme zu Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V. versorgen. Diese Nahwärmegenossen-
8/2011 Bayerischer Gemeindetag 303 Abb. 3: Genossenschaftsgründungen Karte 1: Globalstrahlung in Bayern Karte 2: Windgeschwindigkeiten in Bayern in Bayern seit 2006 (Mittlere Jahreswerte) (Mittlere Jahreswerte in 80 m über Grund) 8 9 30 Photovoltaik-eGs Wärmeversorgungs-eGs 21 Biogas-eGs Energieversorgungs-eGs Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V. schaften gründen sich überwiegend in Regionen, die über eine Vielzahl von bereits bestehenden Biogasanla- gen verfügen. Schwerpunktregionen sind hier die Gebiete Mittelfranken Quelle: Bayerisches Staatsministerium für und Nordschwaben. Aber auch in den Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Tech- waldreichen Regionen Ober- und Un- Quelle: Bayerisches Staatsministerium für nologie: Bayerischer Solaratlas 2009 Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Tech- terfrankens nehmen die Bürger-Nah- nologie: Bayerischer Windatlas 2010 wärmegenossenschaften mit der Nut- Bereits heute ist Bayern bundesweit zung von Biomasse (Hackschnitzel) führend beim Einsatz von Photovol- aus. Andere Studien halten sogar 2.000 zu. Die Initiativen bei diesen Grün- taik: 40% (rd. 3.900 MW) der in Anlagen und einen Anteil von bis zu dungen gehen überwiegend von ak- Deutschland installierten Solarstrom- 15% für möglich. tiven Bürgern aus, die durch die Kom- gesamtleistung entfielen bis Ende mune unterstützt werden. 2009 auf Bayern. Mit einer neu installier- 3.3 Biomasse Derzeit zeigen sich zunehmend Nach- ten Photovoltaik-Leistung von 2.379 Ein bisher noch unzureichend ausge- fragen im Bereich Windenergie zur MW ist Bayern auch 2010 das Bundes- schöpftes Potenzial stellt die Verwen- Gründung von Bürgerwindgenossen- land mit den größten Zubauzahlen. dung von land- und forstwirtschaft- schaften. Auch hier zeichnen sich die Werden zukünftig die staatlichen und lichen Reststoffen dar. Die Vorteile fränkischen Regierungsbezirke als Vor- kommunalen Dächer verstärkt für von Bioenergie sind zum einen die reiter aus. Solaranlagen – insbesondere Bürger- Speicherfähigkeit und zum anderen solaranlagen – genutzt, wie es Ziel der die dezentrale Erzeugung und Ener- 3. Energieland Bayern: Potenziale Bayerischen Staatsregierung ist, ist bis gieversorgung. Sie ist sowohl für die für dezentrale und regenerative 2021 eine installierte Gesamtleistung Erzeugung von Wärme (Biomasseheiz- Energieerzeugung von rd. 14.000 MW möglich. werk), von Strom und Wärme in Kraft- Bayern nimmt bereits heute bei der Wärme-Kopplung (Biomasseheizwerk, Nutzung von Solarenergie und Bio- 3.2 Wind Blockheizkraftwerk) als auch für die masse im Bundesvergleich eine füh- Herstellung von Kraftstoffen (aus Pflan- Bayern ist aufgrund seiner Lage ein rende Rolle ein. Dennoch sind die Po- zenölen oder biogenen Reststoffen) überwiegend windschwaches Gebiet tenziale in diesen Bereichen wie auch nutzbar. Die erzeugte Bioenergie ist (siehe Karte 2). Es bietet aber zum im Bereich der Windenergie groß und weitestgehend CO2-neutral und bie- einen durch seine Topographie und bei weitem nicht ausgeschöpft. tet somit ein großes Einsparpotenzial Besiedlungsstruktur Potenzial für ein- Die vorhandenen Potenziale von Son- zelne Windanlagen bzw. kleinere Wind- an diesem Klimagas. Das technisch ne, Biomasse und Wind bieten sich parks, zum anderen kann durch Re- nutzbare Potenzial von Biomasse an besonders für eine dezentrale Ener- powering der Anteil der Windenergie der Energieversorgung in Bayern wird gieversorgung an, da die Energie in an der Stromerzeugung erhöht wer- auf rund 10% geschätzt. Form von Strom oder Wärme direkt den. Die Bayerische Staatsregierung Die Genossenschaft ist der ideale Or- dort erzeugt wird, wo sie benötigt hält eine Verdreifachung der Wind- ganisationsrahmen dafür, die beschrie- bzw. verwertet wird. energieanlagen von derzeit 410 auf benen Potenziale zu nutzen und aus- 1.500 unter den Prämissen Umwelt- zubauen und kann so die Energie- 3.1 Solarenergie verträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und wende entscheidend mitgestalten. Mit einer Sonnenscheindauer von 1.400 Bürgerakzeptanz bis zum Jahr 2021 Sie ermöglicht es, durch Bürgerbetei- bis 1.700 Stunden pro Jahr ist Bayern für realistisch. Das macht 10% an der ligung Kräfte zu bündeln, Identifika- von der Sonne verwöhnt (siehe Karte 1). gesamten Stromerzeugung Bayerns tion zu schaffen und Hemmnisse ab-
304 Bayerischer Gemeindetag 8/2011 zubauen. Diese Faktoren spielen ins- Abb. 5: Modell Photovoltaikgenossenschaft besondere bei der Umsetzung von größeren Projekten, wie z. B. Windan- Beitrag lagen oder Windparks, eine bedeu- Energiewende tende Rolle, da hier die Bürgerakzep- Photovoltaik-eG tanz entscheidend ist. 4. Genossenschaftliche Konzepte Mitglied/ Kapitalentlohnung zur bürgerbeteiligten Energie- Beteiligung/ (›Dividende‹) erzeugung Kapital 4.1 Die Genossenschaft: Ein bewährtes Konzept mit vielen Kommune Bürger Banken Unter- Vereine, Potenzialen nehmen Instituti- onen, etc. Die Rechtsform Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von natürlichen (z.B. Bürgern) bzw. juristischen Personen Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V. (z.B. Kommunen oder Unternehmen), die sich gemeinsam unternehmerisch Bürger in einem stärkeren Ausmaß setzungen und Geschäftsgegenstän- betätigen. Mit nur drei Mindestmit- bereit, sich für nachvollziehbare regio- de umgesetzt werden, so auch die ge- gliedern ist sie einfach zu gründen nale Projekte zu engagieren. Die Ge- meinsame Erzeugung von regenerati- und auch Ein- und Austritt sind pro- nossenschaft bietet jedoch nicht nur ven Energien. Auch wenn individuelle blemlos möglich; die Mitgliederzahl Bürgern, sondern allen Akteuren in Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, ist nicht begrenzt. Entsprechend der einer Region, wie z.B. Kommunen, Ban- sollen im Folgenden drei Grundmo- demokratischen Struktur hat in der ken, Unternehmen oder Vereinen die delle für den genossenschaftlichen Genossenschaft jedes Mitglied eine Möglichkeit, sich zu beteiligen und in Betrieb einer Photovoltaik-Anlage, Stimme – ganz unabhängig von der den genossenschaftlichen Gremien, eines Windparks und eines Wärme- Kapitalbeteiligung. Die Haftung der Vorstand und Aufsichtsrat, Verantwor- netzes vorgestellt werden. Mitglieder ist lediglich auf die Ge- tung zu übernehmen und damit die schäftsanteile begrenzt. Der einfache Entwicklung vor Ort aktiv selbst mit- 4.2.1 Photovoltaikgenossenschaft Aufbau (Vorstand, Aufsichtsrat und Ge- zugestalten. (Abb. 5) neralversammlung) sowie die demo- Nur in einer Energiegenossenschaft Der Unternehmensgegenstand einer kratischen Spielregeln machen die Ge- sind die Mitglieder verantwortlich in Photovoltaikgenossenschaft besteht nossenschaft zu einer transparenten die gemeinschaftliche Energieerzeu- im gemeinsamen Betrieb einer oder Unternehmensform, in der auch indi- gung eingebunden. Die Verwendung mehrerer Photovoltaik-Anlagen und viduelle Gestaltungsmöglichkeiten des Rohstoffs aus der Region gewähr- dem Verkauf des erzeugten Stroms. In umsetzbar sind. leistet eine dauerhafte Versorgungs- einer Photovoltaikgenossenschaft kön- Aufgrund von politischen und gesell- sicherheit in der Region und fördert schaftlichen Veränderungen sind viele nen auch Photovoltaik-Anlagen auf die regionale Wertschöpfung. Mit Ge- unterschiedlichen Dächern zusammen- nossenschaften wird zudem ein erfor- gefasst, gemeinsam betrieben und ver- Abb. 4: Aufbau einer Genossenschaft derlicher Konsens, z.B. zwischen Land- waltet werden. So lassen sich auch Vorstand Aufsichtsrat wirten und Kraftwerksbetreibern dort Anlagen unterschiedlicher Größe kom- Kontrolle herbeigeführt, wo er entsteht, näm- binieren und die Overheadkosten re- lich vor Ort. Im Vordergrund steht in duzieren. der Genossenschaft die Nutzenmaxi- mierung für die Mitglieder, nicht die Mitglieder der Genossenschaft kön- Gewinnmaximierung. Mit Vorstand nen alle privaten und juristischen Per- • Gemeinsamer sonen einer Gemeinde oder einer Re- Geschäftsbetrieb und Aufsichtsrat hat die Genossen- Wahl • Leistungserbringung Wahl schaft eine professionelle Leitungs- gion sein, also z.B. die Kommune, Bür- struktur. Die genossenschaftliche Rechts- ger, Unternehmen und Vereine. form ist die mit weitem Abstand in- Wie bei allen Genossenschaften er- solvenzsicherste Rechtsform. werben die Mitglieder einer Photo- voltaikgenossenschaft Eigentum an 4.2 Genossenschaftliche Konzepte dem Gemeinschaftsunternehmen, sie Mitglied = Eigentümer = Kapitalgeber = Kunde im Bereich Energie haben ein echtes Mitspracherecht In der Rechtsform der Genossenschaft und sind nicht nur Kapitalgeber. Da- Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V. können die unterschiedlichsten Ziel- bei sind Genossenschaften nach demo-
8/2011 Bayerischer Gemeindetag 305 kratischen Grundsätzen aufgebaut, Abb. 6: Modell Windparkgenossenschaft das Stimmrecht ist mitgliedsbezogen Beitrag Energiewende und orientiert sich nicht an der Höhe Windpark-eG Wirtschaftsförderung der Kapitalbeteiligung. Einseitige Ein- (Betreiber des Windparks) flussnahme oder eine Übernahme durch einzelne Investoren sind bei Dividende Dividende Dividende Genossenschaften nicht möglich. Die Mitglied/ Mitglied/ Mitglied/ unabhängige Prüfung der wirtschaft- Beteiligung/ Beteiligung/ Beteiligung/ Kapital Kapital Kapital lichen Verhältnisse der Genossenschaft durch den Genossenschaftsverband Energie eG Energie eG Energie eG Gemeinde ›A‹ Gemeinde ›B‹ Gemeinde ›C‹ Bayern e.V. sichert die Unternehmens- führung im Interesse der Mitglieder. Die Leistungen für die Mitglieder be- Energie eG stehen in der gemeinsamen Erzeugung Gemeinde regenerativen Stroms und der wirt- Mitglied schaftlichen Umsetzung der Energie- Beteiligung Dividende wende in der Region, die in Form von Kapital Strombezug oder als Dividende aus Kommune Bürger Banken Unter- Land- der Gewinnverteilung gewährt wird. nehmen eigner Für die Investition stellen die Mitglie- der das erforderliche Eigenkapital Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V. durch die Zeichnung und Einzahlung von Geschäftsanteilen zur Verfügung. Die Höhe der Geschäftsanteile muss für jede Genossenschaft einheitlich Umgriffsflächen die Akzeptanz der Heustreu, Oberstreu/Mittelstreu und festgelegt werden und orientiert sich Bevölkerung gesichert werden kann. Hendungen, realisiert. an der Beteiligungsbereitschaft der Hierfür bietet eine mehrstufige ge- zukünftigen Mitglieder. Die Finanzie- nossenschaftliche Struktur ideale Um- 4.2.3 Genossenschaftliches rung über Geschäftsguthaben kann setzungsbedingungen. Nahwärmenetz (Abb. 7) ergänzt werden durch Mitgliederdar- lehen, für die von der Kündigungsfrist Auf der ersten Ebene können örtliche Besonders in den ländlichen Regio- in der Genossenschaft abweichende Energiegenossenschaften entstehen, nen ist die Umstellung der Heizan- Laufzeiten vereinbart werden können. an denen jeweils die Kommune, eine lagen auf den Anschluss an ein mit Zur Absicherung des Investitionsvolu- breite Bürgerschaft sowie die Land- regernativer Energie betriebenes zen- mens hat sich die Festlegung eines eigentümer beteiligt sind. trales Heizwerk eine attraktive Lösung, Mindesteigenkapitals bewährt. Gera- Die örtlichen Energiegenossenschaf- um den Verbrauch fossiler Rohstoffe de die flexiblen Möglichkeiten bei der ten schließen sich in einer weiteren zu reduzieren. Der Anschluss an einem Kapitalaufbringung ermöglichen bei Genossenschaft zusammen, die den zentralen Nahwärmenetz bietet die Bedarf eine breite finanzielle Beteili- Windpark projektiert, in diesen inves- Möglichkeit, auch in Altbauten Hei- gung der Bevölkerung in der Region. tiert und ihn betreibt. Der Standort zung und Brauchwassererwärmung des Windparks kann unter Berück- auf erneuerbare Energieträger umzu- 4.2.2 Genossenschaftlicher Wind- sichtigung des Ergebnisses der Wind- stellen. Der Betrieb eines gemein- park (Abb. 6) messungen im Einvernehmen mit den schaftlichen Nahwärmenetzes ist ins- Bei der Umsetzung der Energiewende Kommunen und Bürgern gewählt wer- besondere dann sinnvoll, wenn regio- wird ein besonderes Gewicht auf der den. Dabei kann ein Ausgleich so- nale Rohstoffe wie Holz oder Stroh Nutzung von Windkraft liegen. Wind- wohl bei den Pachtzahlungen zwi- oder auch die Abwärme einer Biogas- kraftanlagen erfordern jedoch nicht schen den Standorten der einzelnen anlage zur Verfügung stehen. nur durch die deutlich höheren Inve- Windkraftanlagen und den angren- Gegenstand der Nahwärmenetzge- stitionsvolumina, sondern auch durch zenden Grundstücken, wie auch bei der nossenschaft ist der Bau, Betrieb und die Exponierung in der Landschaft so- Gewerbesteuer zwischen den Kom- Unterhalt des Nahwärmenetzes. Mit- wie die großflächigen Anlagen höhe- munen geschaffen werden. Das Un- glieder können alle Haus- und Grund- re Aufmerksamkeit. Bau und Betrieb ternehmenskonzept wird derzeit mit stückeigentümer werden, die an das dieser Anlagen wird nur gelingen, der Friedrich-Wilhelm Raiffeisen Wind- Wärmenetz anschließen. Die Genossen- wenn durch eine breite Bürgerbeteili- park zwischen Streu und Saale eG schaft bezieht die Wärme von einem gung und ein ausgleichendes System und den Ortsgenossenschaften in Uns- Heizwerk oder einer Biogasanlage für die Pachtzahlungen der Stand- und leben, Mellrichstadt/Bahra, Hollstadt, und leitet die Wärme an die Mitglie-
306 Bayerischer Gemeindetag 8/2011 Abb. 7: Modell Nahwärmegenossenschaft idee sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen: Unterneh- mensgegenstand und Leistungen für Wärme- die Mitglieder, ein ausreichend großes Heizwerk/ lieferung Marktpotenzial, die Machbarkeit/Um- Nahwärme-eG setzung der Geschäftsidee sowie der Biogasanlage wirtschaftliche Erfolg. Mitglied/ Wärme- Die Umsetzung der Unternehmens- Beteiligung/ lieferung idee in der Satzung ordnet die recht- lichen Verhältnisse zwischen Mitglie- Kapital dern und dem gemeinsamen Unter- Wärmeabnehmer, z. B. nehmen. Rechte und Pflichten der Mitglieder, Verantwortung von Vor- Kommune Bürger Unternehmen stand und Aufsichtsrat, Höhe des Ge- schäftsanteils und Begrenzung der Haftung sind die Kernpunkte der Sat- Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V. zung. Neben der Satzung sind weitere vertragliche Regelungen für die An- der weiter. An einer Übergabestation 5. Gründung einer Energiegenossen- mietung der Dachflächen und ggf. für wird die Wärme an den im Haus be- schaft: Einfach in sechs Schritten die Übertragung der Geschäftsbesor- stehenden Heizkreislauf bzw. Warm- Die Gründung einer Genossenschaft gung erforderlich. wasserboiler übergeben. Das Heiz- vollzieht sich in mehreren Schritten In der Gründungsversammlung wer- werk kann auch innerhalb der Genos- (Abb. 8). Die Berater des Genossen- den das Geschäftsmodell und die ge- senschaft betrieben werden. Dabei ist schaftsverbandes unterstützen bei meinsame Zielsetzung diskutiert. Mit dann besonders auf die Kongruenz den einzelnen Schritten und begleiten der Beschlussfassung über die Satzung zwischen erzeugter und verbrauchter den Gründungsprozess. Von der Idee und deren Unterzeichnung durch die Energiemenge zu achten und auch zur Gründung einer Energiegenossen- Gründungsmitglieder ist die Genossen- die Möglichkeit einer Notversorgung schaft bis zur Inbetriebnahme der An- schaft gegründet. Im Anschluss wählen mit einzubeziehen. lage und damit zur Aufnahme des Ge- die Gründungsmitglieder – nach den Die Finanzierung der Nahwärmenetz- schäftsbetriebes sind mehrere Schrit- Regularien der Satzung – die Mitglie- te zu beachten. der von Vorstand und Aufsichtsrat. genossenschaft erfolgt über das von den Mitgliedern einzuzahlende Ge- Für die individuelle Ausgestaltung Der Vorstand wird beauftragt, die not- schäftsguthaben, das durch die Erhe- und Unterstützung bei den einzelnen wendigen Schritte für die Eintragung bung von Eintrittsgeldern oder Bau- Prozessschritten stehen die Grün- vorzunehmen. kostenzuschüssen der Mitglieder er- dungsberater des GVB zur Verfügung. Im Interesse der Mitglieder und der gänzt werden kann. Zusätzlich kann Am Anfang steht die Idee zur Grün- zukünftigen Gläubiger des Unterneh- die Genossenschaft KfW-Fördermittel dung einer Energiegenossenschaft – mens sind nach dem Genossenschafts- und Bankdarlehen in Anspruch neh- die Umsetzung erfordert zunächst die gesetz die wirtschaftlichen und per- men. Entwicklung der Unternehmenskon- sönlichen Verhältnisse zu prüfen. Die zeption (technische Projektierung der Umsetzung des Förderauftrags, die Als Mitglieder der Nahwärmenetz- geplanten Anlagen und Projekte so- Finanz- und Ertragssituation stehen genossenschaft sind die Hauseigen- wie die Auswahl von geeigneten Stand- im Mittelpunkt der Gründungsprü- tümer an ihrem Unternehmen mitbe- orten), die Geschäftsplanung und die fung und sichern die Belange der Mit- teiligt, üben ihr Stimmrecht in der Gewinnung kompetenter Partner für glieder. Mit dem positiven Ergebnis Mitgliederversammlung aus und ent- eine professionelle Projektentwicklung der Gründungsprüfung wird die Ge- scheiden mit über anstehende Inves- (z.B. Ingenieur- oder Planungsbüro). nossenschaft zur Mitgliedschaft beim titionen. Der Preis für die Wärmeener- Bei der Konkretisierung der Geschäfts- Genossenschaftsverband Bayern e.V. gie kann sich an den Selbstkosten orien- tieren. Solche Gemeinschaftsanlagen Abb. 8: Gründungsprozess einer Energiegenossenschaft sind somit nicht nur besser für die Umwelt, sondern i.d.R. auch kosten- 1. Konzeption 2. Satzung 3. Gründungs- 4. Gründungs- 5. Registergericht 6. Aufnahme versammlung prüfungs GVB Geschäftsbetrieb günstiger. Die Erfahrung bei den Ge- nossenschaftsgründungen zeigt: Die Notarielle Entwicklung Festlegung des Beschluss zur Prüfung der Mitglieds- individuelle Sanierung der Heizungs- der Unternehmens- Rechtsrahmens Gründung wirtschaftlichen Beurkundung/ aufnahme Eintragung beim anlage ist für einen Hausbesitzer oft- konzeption Verhältnisse Registergericht beim GVB mals teuerer, als die Investition in ein genossenschaftliches Nahwärmenetz. Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag 307 als zuständigem Prüfungsverband zu- gelassen. Friedrich-Wilhelm Raiffeisen Energie eG Unsleben: „Das Genossenschaftsmodell ist für die soziale und gesellschaftspolitische Verantwortung Zur Eintragung beim Registergericht einer Gemeinde ein ideales Konzept. Die allumfassend faire Einbeziehung der Grundstücks- reicht der Vorstand die Gründungs- eigentümer, die auch die Besitzer von Flurstücken im Abstandsflächenbereich eines geplan- unterlagen über einen Notar ein, da- ten Windparks integriert, lässt Neid, Missgunst und Übervorteilung wenig Raum und fördert bei müssen die Unterschriften aller den Gemeinsinn. Dies ist gerade in unseren kleinstrukturierten Gebieten Frankens von enor- Vorstandsmitglieder beglaubigt wer- mer Wichtigkeit. Die Akquirierung möglichst lokaler Investoren mit überschaubaren Geld- den. Über den Vollzug der Eintragung beträgen und großer Anzahl von Anlegern lässt eine breite Akzeptanz eines Großprojektes wird die Genossenschaft direkt vom zu. Die Genossenschaft erzeugt Vertrauen, weil die Entscheidungsprozesse in unmittelbarer Registergericht benachrichtigt. Mit der Nachbarschaft ablaufen. „One man one vote“ das ist die Formel für einen möglichst breiten Zuteilung der Registergerichtsnummer Dialog und Konsens innerhalb der Bürgerschaft. hat die Genossenschaft die Rechts- Die Vorteile für meine Gemeinde sehe ich in der Förderung und Entwicklung regionaler fähigkeit erreicht und kann die Ge- regenerativer Energie- und Nachhaltigkeitsprojekte mit hoher Überzeugungskraft. Investo- schäftstätigkeit beginnen. ren, Grundstücksbesitzer, Bevölkerung und politische Mandatsträger sitzen an einem Tisch und stehen für die Wertschöpfung vor Ort. Einnahmen aus Steuern und Abgaben kommen Zum Gelingen der Gründung einer meinem Ort direkt, als auch indirekt zugute. Damit können öffentliche Einrichtungen unter- Genossenschaft bzw. deren dauerhaf- stützt werden, die letztlich den Menschen zugute kommen, auch wenn diese nicht selbst tem Erfolg trägt auch die langjährige investieren können. Der nachvollziehbare geschlossene Kreislauf bürgerlichen Engage- Erfahrung des Genossenschaftsver- ments überzeugt mich außerordentlich.“ bandes Bayern e. V. im Bereich Genos- senschaftsgründungen bei. Er bietet Michael Gottwald fachkundige Beratung und Unter- 1. Bürgermeister Gemeinde Unsleben stützung bei betriebswirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Frage- stellungen während des gesamten Bioenergiedorf Sommerach eG „Zielsetzung der Errichtung der Nahwärmeversorgung ist eine langfristige, umweltfreund- Gründungsprozesses – von der Ent- liche und wirtschaftliche Wärmeversorgung für Sommerach. Dabei sehen wir die Wärme- wicklung der Unternehmensidee bis versorgung als Gesamterschließungskonzept; Energie aus Biomasse, Aufbau eines Bürger- hin zur Eintragung beim Genossen- werkes für die eigenverantwortliche Energieversorgung, Beitrag zum Klimaschutz, langfris- schaftsregister – sowie in der Nach- tige Sicherung des Prädikats – „Sommerach im Landschafts- und Naturschutzgebiet“ – so- gründungs-Phase. wie ein Beitrag zur Stärkung der Wohn- und Standortqualität. Die Unternehmensform Genossenschaft bietet die ideale Grundlage für die Realisierung der Nahwärmeversorgung.“ 6. Energiewende konkret: Das Gelingen der Energiewende ist nur Elmar Henke 1. Bürgermeister Gemeinde Sommerach möglich, wenn sie regional verankert und getragen wird. Insoweit muss ge- rade die Dezentralität als viertes ener- Energiegenossenschaft Rothenburg eG giewirtschaftliches Ziel von der Bun- „Ziel war es, das Thema Energiegenossenschaft auf eine breite Basis zu stellen und eine ent- desregierung aufgenommen werden. sprechende Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu haben. Energieregionen, die durch intelligen- Wichtig hierbei ist für die Gründung einer Genossenschaft die Bürgermeister der umliegen- te Energienetze mit zentralen Energie- den Gemeinden ,mit im Boot‘ zu haben (Multiplikatoren in der öffentlichen Meinung). netzen und -produzenten verknüpft Diese haben entsprechend Zugang zu Dachflächen, die sie der Energiegenossenschaft zur werden, vervollständigen ein solides Verfügung stellen können (z.B. Bauhof, Feuerwehrhaus, Veranstaltungshalle, Schule). Energiekonzept. Sie wirken sich posi- Die Gemeinde schafft dadurch entsprechende Mieteinnahmen, wobei dennoch eine Ver- tiv auf die anderen energiewirtschaft- mietung an die Genossenschaft zu günstigen Konditionen möglich ist. Diese Vorgehens- lichen Ziele aus. Versorgungssicher- weise bietet Vorteile für die Kommune. heit und Grund- bzw. Spitzenlast- Bürgermeister können das Projekt öffentlichkeitswirksam vermarkten, da sie dadurch eine fähigkeit werden erst durch die Ver- Möglichkeit schaffen, dass sich Bürger an PV-Anlagen beteiligen können, auch wenn diese teilung auf mehrere Standorte und ansonsten über keine geeigneten Dachflächen verfügen. Darüber hinaus ist auch eine Be- Kraftwerkstypen erreicht. Wirtschaft- teiligungsmöglichkeit in Kleinbeträgen gegeben. Weiterhin vereinnahmt die Gemeinde Gewerbesteuer, da die Aufteilung der Gewerbesteuer lichkeit, und vor allem die Akzeptanz aus der Genossenschaft anteilig auf die Gemeinden aufgeteilt wird, in denen sich das Dach bei möglichen steigenden Energie- bzw. die Anlage befindet. Die Wertschöpfung bleibt in der Region und fördert somit auch kosten, wird durch dezentrale Beteili- den Wirtschaftskreislauf. Verschiedenste Leistungen, wie z.B. Dachsanierungen, Grabungs- gungsmodelle gefördert. arbeiten etc. werden von örtlichen Unternehmen/Betrieben erbracht. Diese sichern dadurch Der Genossenschaftsverband Bayern Arbeitsplätze in der Region, was wiederum zu entsprechenden Steuereinnahmen führt.“ e.V. setzt sich dafür ein, verbesserte Rahmenbedingungen für Energiege- Herr Gerhard Walther Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Rothenburg o.d.Tbr. eG nossenschaften zu schaffen. Dies gilt insbesondere für die Berücksichtigung
308 Bayerischer Gemeindetag 8/2011 von Bürgerbeteiligungen bei der Auf- • sorgfältige Prüfung lukrativ erschei- sowie zu weiteren Referenzen errei- stellung regionaler Energienutzungs- nender Angebote auch in Hinblick chen Sie die Gründungsberatung beim pläne und in Genehmigungs- und Raum- auf die Realisierung von Bürgerbe- Genossenschaftsverband Bayern e.V., planungsverfahren sowie für eine ge- teiligungen, Herr Wolfdieter v. Trotha, per Mail: zielte Förderung von Modellprojek- • keine überhasteten Entscheidungen gruendungsberatung@gv-bayern.de ten genossenschaftlich organisierter oder Vorfestlegungen treffen, oder Tel. 089/28 68-3571. Energieregionen durch Bund und Land. Das Konzept zur Gestaltung der Ener- • Ausweis von für Windkraftanlagen geeigneten Flächen – im Kontext giewende nach genossenschaftlichen Erfolgreiche Energiewende in Ihrer Gemeinde: der Regionalplanung, Prinzipien unter Einbindung von Bür- gern und Kommunen steht als Down- Was ist zu tun? • Vorrang für Bürgeranlagen in den load zur Verfügung unter: www.ener- • Vorbereitung der Diskussion in den Planungsverfahren. giewende-bayern.de. Gemeindegremien, Für Fragen zur Konzeption und Aus- • Hinwirkung auf die verantwortliche gestaltung der Energiegenossenschaft Einbindung der Bürger, und zur Einbindung der Kommune Informationen des Bayerischen Gemeindetags im Juli 2011 … … können Sie unter www.bay-gemeindetag.de im „Mitgliederservice“ nachlesen. • Schnellinfos für Rathaus-Chefs 20/2011 Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl bleibt Rathauschef 21/2011 Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer und an der Umsatzsteuer im 2. Quartal 2011 22/2011 Leitfaden Energienutzungsplan • Pressemitteilungen 28/2011 Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl bleibt Rathauschef 29/2011 Energiewende: Gemeindetag setzt Beratergremium ein und fordert praxisnahe Energieagentur • Rundschreiben 38/2011 Nichtöffentliche Gemeinderatssitzungen und Auskunftsanspruch der Presse 39/2011 Modellprojekt „Infrastruktur-Folgekosten von Wohnbaugebieten“ 40/2011 Gesprächsergebnisse der kommunalen Spitzenverbände mit den Kartellanten des Feuerwehrbeschaffungskartells am 06.07.2011 sowie Hinweise für laufende und künftige Vergabeverfahren 41/2011 Staatliche Förderung des kommunalen Feuerwehrwesens; Änderung der Richtlinien für Zuwendungen des Freistaats Bayern zur Förderung des kommunalen Feuerwehrwesens; Sonderförderprogramm für die Beschaffung von „Wärmebildkameras“; Sonderförderprogramm für die Beschaffung von „Hilfeleistungssätzen“ 42/2011 Mietrechtliche Umsetzung der Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude 43/2011 Unlautere Methoden der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH („Gewerbeauskunft-Zentrale“)
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