8/2011 Bayerischer Gemeindetag

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8/2011 Bayerischer Gemeindetag
BAYERISCHER GEMEINDETAG • Verband kreisangehöriger Städte,                                                             B 6015 E
   Märkte und Gemeinden • Körperschaft des öffentlichen Rechts

                                                                                                                       Bayerischer Gemeindetag
 8/2011

 Bayerischer Gemeindetag „auf Tour“: Personalausflug der Geschäftsstelle am 19. Juli 2011
                                                                                            BAYERISCHEN GEMEINDETAGS

 in Eichstätt
                                                                                            Die Zeitschrift des

  Der Bayerische Gemeindetag
                  im Internet:
           http://www.bay-
           gemeindetag.de

             Die Geschäftsstelle
   ist gleichzeitig über folgende
     e-mail-Adresse erreichbar:
baygt@bay-gemeindetag.de
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
Bayerischer Gemeindetag Inhaltsverzeichnis
                                                          QuintEssenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           297
                                                          Dr. Busse: Gemeindetag fordert 100 Mio.-Euro-
                                                          Programm für strukturschwache Räume . . . . . . . . . . .                                     299
                                                          Prof. Dr. Götzl: Gestaltung der Energiewende
                                                          nach genossenschaftlichen Prinzipien . . . . . . . . . . . .                                  301
                                                          Informationen des Bayerischen Gemeindetags im April 2011 . .                                  308
                                                          Fuchs: Energiepolitik neu aufgeladen . . . . . . . . . . . . .                                309
                                                          Prof. Dr. Prantl: Heimat Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         312
                                                          Dr. Leuninger: Nahversorgung in Bayern:
                                                          Die Renaissance von „Tante Emma“? . . . . . . . . . . . . .                                   315
                                                          (Fast) 100 Jahre Bayerischer Gemeindetag . . . . . . . . . . . . . . .                        317
                                                          Sommerempfang 2011 der Bayerischen
                                                          Verwaltungsschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 318
                                                          Impressionen der Geburtstagsfeier von
                                                          Ehrenpräsident Heribert Thallmair . . . . . . . . . . . . . . . .                             321
                                                          EUROPA Aktuelles aus Brüssel, Die EU-Seite . . . . . . . . . . . . .                          324
                                                          Seminarangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
                                                          in den Kommunalverwaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     326
                                                          PERSONAL Erteilung von nebenamtlichem Unterricht
                                                          an der Bayerischen Verwaltungsschule . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      332
                                                          KOMMUNALWIRTSCHAFT 12. RENEXPO zur Energie-
                                                          versorgung der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            332
                                                          „Bioenergie für Kommunen – auf der KOMMUNALE 2011 – . . .                                     333
                                                          PLANEN + BAUEN Bewältigung städtebaulicher Missstände . . .                                   333
                                                          UMWELTSCHUTZ 3. Bayerisches Flächenspar-Forum . . . . . .                                     334
                                                          STRASSEN + VERKEHR Suche nach Verkehrsübungs-
                                                          plätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   335
                                                          Workshop „Sicherer Radverkehr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    336
                                                          KAUF + VERKAUF Kommunalfahrzeuge gesucht, Kettenzug,
                                                          Feuerwehrauto, Feuerwehrfahrzeug, Physiksaalausstattung,
                                                          Drehleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    335
                                                          LITERATURHINWEISE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               336
                                                          Dokumentation
                                                          Neuer „Leitfaden Energienutzungsplan“ . . . . . . . . . . .                                   337
                                                          In letzter Minute
                                                          Gemeindetag und Genossenschaftsverband
                                                          kooperieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         339
                                                          Ländlichen Raum stärken                         .......................                       340

                                             Übersendung von Gerichtsentscheidungen an die Geschäftsstelle
                                             Die Auskunfts- und Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle hängt in einem hohen
                                             Maße davon ab, wie gut der Informationsfluss zwischen Mitgliedskörperschaften
                                             und der Geschäftsstelle ist. Wir bitten deshalb unsere Mitglieder dringend, uns
                                             gerichtliche Entscheidungen umgehend zu überlassen und uns über anhängige
                                             Verfahren bei den Verwaltungsgerichten oder bei den obersten Bundesgerichten
                                             zu informieren, damit andere Mitglieder schnell und zeitnah von diesen Erfah-
                                             rungen profitieren können.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz
                                                                                                    Wichtiges
                                                                                                     in Kürze 297
        Bayerischer Gemeindetag                                                           weit muss gerade die Dezentralität als
                                                                                          viertes energiewirtschaftliches Ziel von
100-Millionen-Euro-                                                                       der Bundesregierung aufgenommen wer-
Programm                                                                                  den. Energieregionen, durch intelligente
                                                                                          Energienetze mit zentralen Energienet-
Die demografische Entwicklung in Bay-                                                     zen und Energieproduzenten verknüpft,
ern schreitet voran. In einzelnen Regio-                                                  vervollständigen ein solides Energiekon-
nen des Freistaats findet eine Abwande-                                                   zept. Sie wirken sich positiv auf die an-
rung statt. Die betroffenen Kommunen                                                      deren energiewirtschaftlichen Ziele aus.
fühlen sich allein gelassen mit diesem                                                    Versorgungssicherheit und Grund- bzw.
Problem. Daher fordert der Bayerische                                                     Spitzenlastfähigkeit werden erst durch
Gemeindetag ein 100-Millionen-Euro-                                                       die Verteilung auf mehrere Standorte
Programm für strukturschwache Räume,                                                      und Kraftwerkstypen erreicht. Wirtschaft-
um diesen Kommunen zu helfen.                                                             lichkeit, und vor allem die Akzeptanz der
Auf den Seiten 299 und 300 begründet                                                      möglichen steigenden Energiekosten wird
Dr. Jürgen Busse, Geschäftsführendes                                                      durch dezentrale Beteiligungsmodelle
Präsidialmitglied des Bayerischen Ge-                                                     gefördert. So Prof. Dr. h.c. Stephan Götzl,
meindetags, diese Forderung: Die von                                                      Präsident des Genossenschaftsverbands
Abwanderung betroffenen Gemeinden                                                         Bayern, in seinem Beitrag auf den Seiten
                                               Für den Menschen ist Wasser die
und Städte müssen finanziell in die Lage                                                  301 bis 308. An Hand zahlreicher Gra-
                                               Ernährungsgrundlage Nummer eins.
versetzt werden, der Abwanderung ent-                                                     fiken wirbt er für eine Gestaltung der
                                               Gefährlich kann es werden, wenn
gegen zu steuern, indem sie z.B. ein                                                      Energiewende nach genossenschaftli-
                                               das Wasser durch Krankheitserreger
attraktives Angebot öffentlicher Dienst-       wie Viren oder Bakterien oder an-          chen Prinzipien. Ein hochaktueller Bei-
leistungen von der Geburt bis zum Alter        dere belastende Stoffe verschmutzt         trag, der gerade zur rechten Zeit kommt.
vorhalten. Attraktive Arbeitsplätze, Be-       wird. Um das zu vermeiden, gibt es
treuungsangebote für junge Familien            in Deutschland hohe Anforderun-                    Europa
und die Möglichkeit altersgerechten            gen an das Trinkwasser der öffent-
Wohnens könnten dazu beitragen, dass           lichen Wasserversorgung, von dem           Heimat Europa
Menschen ihre Heimat nicht verlassen,          fast zwei Drittel aus dem Grund-           Der Leiter des Ressorts Innenpolitik der
um in den Ballungsräumen ihr Heil zu           wasser stammen. Zwölf Prozent              Süddeutschen Zeitung, Prof. Dr. Heribert
suchen. Es bleibt zu hoffen, dass der kürz-    werden aus See- oder Talsperren            Prantl, nimmt auf den Seiten 312 bis
lich von Ministerpräsident Horst Seehofer      gewonnen. Der Rest ist Quellwas-           314 ausführlich Stellung zum Zustand
eingerichtete Kabinettsausschuss zur de-       ser, Flusswasser oder Wasser aus           Europas im Jahre 2011. Seinen Worten
mografischen Entwicklung die berech-           Uferfiltrat. Bei der Uferfiltration        ist eine gewisse Verzweiflung darüber zu
tigte Forderung des Gemeindetags auf-          und der Anreicherung des Grund-            entnehmen, dass die Agierenden auf
greift.                                        wassers wird der Boden als natür-          dem europäischen Parkett den Bürge-
                                               licher Filter genutzt. Der Unter-
                                                                                          rinnen und Bürgern in den Mitgliedstaa-
                                               schied zwischen dem z. B. in Super-
                                                                                          ten den Eindruck vermitteln, in erster
        Energieversorgung                      märkten verkauften Mineralwasser
                                               und dem aus dem Wasserhahn ge-
                                                                                          Linie nationale Interessenspolitik zu be-
                                                                                          treiben statt sich um das große Ganze –
Energiepolitik neu                             zapften Trinkwasser ist übrigens,
                                                                                          sprich: Europa – zu kümmern. Vor allem
                                               dass das eine ursprünglich aus un-
aufgeladen                                     terirdischen, vor Verunreinigungen         aber betreibe die Europäische Kommis-
Auf den Seiten 309 bis 311 findet sich         geschützten Wasservorkommen                sion eine gegen die Interessen der Bür-
ein Aufsatz von Timm Fuchs vom Deut-           und das andere dem Wasserkreis-            ger gerichtete Politik. Dies manifestiere
schen Städte- und Gemeindebund in              lauf entstammt.                            sich beispielsweise – und hier spricht der
Berlin, der unter dem provokanten Titel                                                   Autor dem Bayerischen Gemeindetag
„Energiepolitik neu aufgeladen“ die neuer-    sie spielen sollen geht dieser informa-     aus der Seele – bei der Privatisierung
liche Energiewende der Bundesregierung        tive Beitrag nach.                          öffentlicher Dienstleistungen. „Europa
referiert.                                                                                muss noch lernen, dass nicht alle öffent-
                                                                                          lichen Güter dem privaten Wettbewerb
Bekanntlich hat die Bundesregierung                  Energiewende                         zum Fraß gegeben werden dürfen“ meint
am 6. Juni Eckpunkte für ein energie-                                                     der Autor. Dem ist nichts mehr hinzuzu-
politisches Konzept vorgestellt. Dieses       Energiewende nach                           fügen.
war mit insgesamt 8 Gesetzesbeschlüs-         genossenschaftlichen
sen verbunden. Der spektakulärste da-
von ist natürlich die Änderung des Atom-      Prinzipien                                          Regionalplanung
gesetzes mit dem schrittweisen Ausstieg       Nach Fukushima ist alles anders: Die        Renaissance von
aus der Kernenergie bis 2022. Daran           Kernenergie wird zum Auslaufmodell er-
manifestiert sich ein noch spektakuläre-      klärt, regenerative Energien sind die Zu-   „Tante Emma“?
rer Vorgang: Die energiepolitische Wende      kunft. Die große Energiewende ist ein-      Die Sicherung und Entwicklung einer
der Bundesregierung innerhalb weniger         geläutet. Während sich die großen Ener-     qualitativen Nahversorgung der Bevöl-
Monate. Kommunen und Stadtwerke               giekonzerne, die bislang in erster Linie    kerung hat sich zu einem wichtigen
spielten im Energiekonzept der Bundes-        auf Kernkraft gesetzt hatten, noch sor-     Handlungsfeld der Kommunalentwick-
regierung vom September 2010 prak-            tieren, gilt: Das Gelingen der Energie-     lung herauskristallisiert. Dieses machen
tisch keine Rolle. Welche Rolle ihnen         wende ist nur möglich, wenn sie regio-      zum einen die zahlreichen Einzelhan-
jetzt zugedacht wird und welche Rolle         nal verankert und getragen wird. Inso-      delsentwicklungskonzepte auf der kom-
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz
                                          298

                                        munalen Ebene deutlich, andererseits
                                        steht diese Zielsetzung auch im Zusam-
                                        menhang mit einem aktuellen Erlass der
                                        Bayerischen Staatsregierung. Landes-
                                        planerisch ist es in Bayern nun möglich,
                                        auch in kleineren Kommunen ohne
                                        zentralörtliche Einstufung Supermärkte
                                        in einer Größenordnung von bis zu
                                        1.200 m² Verkaufsfläche anzusiedeln.
                                        Dr. Stefan Leuninger von der Gesell-
                                        schaft für Markt- und Absatzforschung
                                        in München trägt auf den Seiten 315
                                        und 316 seine Gedanken zur aktuellen
                                        Situation der Nahversorgung in Bayern
                                        vor. Sein Fazit: Ein leistungsfähiges Netz
                                        an sogenannten Systemanbietern (Super-
                                        märkte, Discounter) ist nach wie vor ein
                                        wichtiges Rückgrat der Nahversorgung
                                        der Bevölkerung. Allerdings ist es dane-
                                        ben sinnvoll, kleinere Konzepte über ein
                                        starkes bürgerschaftliches Engagement
                                        und kompetente Betreiberstrukturen in        Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) zeigt anhand von Daten
                                        den Kommunen zu konzipieren. Insofern        des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft die staatlichen För-
                                                                                     derungen (Subventionen) auf, die der aus erneuerbaren Energien produzier-
                                        steht „Tante Emma“ tatsächlich wieder
                                                                                     te Strom erfährt. Diese stiegen in den letzten Jahren kräftig, denn der ge-
                                        vor einer Renaissance.
                                                                                     wonnene Strom aus erneuerbaren Energien hat deutlich zugenommen. Das
                                                                                     preisorientierte Prinzip, auf dem die Stromsubventionen beruhen, funktio-
                                                                                     niert durch Einspeisevergütungen, d. h. es wird Anlagenbetreibern ein über
                                               Bayerischer Gemeindetag               dem Marktpreis liegender Festpreis gezahlt, so das IW.
                                        Landgemeinden
                                        huldigen Prinzregent
                                        Ludwig
                                        In unserer beliebten Rubrik „(Fast) 100
                                        Jahre Bayerischer Gemeindetag“ drucken
                                        wir diesmal auf Seite 317 eine Ergeben-
                                        heitsadresse der bayerischen Landge-
                                        meinden „zu Seiner Königlichen Hoheit
                                        des Prinzregenten Ludwig erste Geburts-
                                        tagsfestfeier als Verweser des König-
                                        reichs Bayern“ ab. Mit welch salbungs-
                                        vollen Worten das freudige Ereignis zur
                                        damaligen Zeit kommuniziert wurde,
                                        können Sie dem unterhaltsamen Beitrag
                                        entnehmen.

                                               KOMMUNALE 2011
                                        KOMMUNALE 2011
                                        Auf den Seiten 322 und 323 finden Sie
                                        das vorläufige Programm der KOMMU-
                                        NALE 2011 am 19. und 20. Oktober 2011
                                        in Nürnberg. Auch diesmal wieder gibt
                                        es interessante Vorträge und Diskussions-
                                        runden zu aktuellen Themen. Während
                                        am ersten Tag die Energiewende das
                                        beherrschende Thema sein wird, wird am       Weltweit genießen Feuerwehrleute weiterhin das größte Vertrauen der Bür-
                                        zweiten Messetag „Stuttgart 21“ oder         ger. Das geht aus der jüngsten GfK-Studie zum Vertrauen in Berufsgruppen
                                        „Neue Wege der Bürgerbeteiligung“ das        und Organisationen hervor. Auch in Deutschland stehen die Feuerwehrmän-
                                        Hauptinteresse finden. Die Geschäfts-        ner an oberster Stelle im Ranking: 98 Prozent der befragten Bundesbürger
                                        stelle hofft, auch diesmal wieder die Er-    vertrauen in deren Arbeit. An zweiter Stelle stehen mit 89 Prozent die Ärzte,
                                                                                     an dritter Stelle mit 86 Prozent die Postangestellten. Auf den untersten Plät-
                                        wartung der Teilnehmer erfüllen zu kön-
                                                                                     zen der 20 Berufe und Organisationen umfassenden Liste stehen Politiker
                                        nen und freut sich auf anregende Ge-
                                                                                     (neun Prozent), Manager (20 Prozent) und Werbefachleute (33 Prozent).
                                        spräche in Nürnberg.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
8/2011 Bayerischer Gemeindetag                           299

                                                           Gemeindetag fordert
                                                         100 Mio. Euro-Programm
                                                           für strukturschwache
Die Bayerische Staatsregierung                                                                                                           kosmetische Korrekturen. Der
zeigt sich gewillt, die demogra-                                   Räume                                                                 Bayerische Gemeindetag for-
fische Entwicklung in Bayern                                                                                                             dert deshalb, dass der Freistaat
und ihre Folgen nicht tatenlos                                                                                                           Bayern ein markantes Zeichen
hinzunehmen. Ein höchstrangig                                                                                                            setzt und zusätzliche staatliche
mit Ministerpräsident Seehofer,                                                                                                          Mittel von mindestens 100 Mio.
Wirtschaftsminister Zeil und In-                                     Dr. Jürgen Busse,                                                   Euro für die demografiegeplag-
nenminister Herrmann besetz-                                       Geschäftsführendes                                                    ten Gemeinden zur Verfügung
ter Kabinettsausschuss bemüht                                       Präsidialmitglied                                                    stellt.
sich um Strategien und Lösungs-                               des Bayerischen Gemeindetags                                               Die bisher aus dem Finanzminis-
wege, die nachteilig betroffe-                                                                                                           terium bekannt gewordenen
nen ländlichen Regionen zu un-                                                                                                           Ideen lassen eine entsprechen-
terstützen. Das ist ausdrücklich zu be-                        zu schaffen. Das erfordert eine zielge-                             de Entschlossenheit leider vermissen.
grüßen.                                                        richtete Wirtschaftspolitik, ein intelli-                           Sie kranken bereits daran, dass sie auf
Die möglichen Instrumente zur Steue-                           gentes Regionalmanagement und die                                   reinen Umschichtungen innerhalb
rung sind vielschichtig. Vordringlich                          Bereitstellung der notwendigen Infra-                               der kommunalen Finanzmasse auf-
erscheinen Anstrengungen, Arbeits-                             struktur, nicht nur im Bereich von                                  bauen, die noch dazu den Mut zu
plätze in den betroffenen Regionen                             Straße und Schiene, sondern auch der                                spürbaren Veränderungen vermissen
                                                               technischen Entwicklung, etwa der                                   lassen. Dabei begrüßen wir den Vor-
                                                               Kommunikation (Stichwort: Breitband-                                schlag, den sog. Demografiefaktor
                                                               kabel). Es müssen aber auch die be-                                 von aktuell fünf auf zehn Jahre auszu-
                                                               troffenen Gemeinden selbst in die                                   dehnen. Er bewirkt Veränderungen
                                                               Lage versetzt werden, der Abwande-                                  bei den Schlüsselzuweisungen für die
                                                               rung entgegenzusteuern, indem sie                                   kreisangehörigen Gemeinden von
                                                               zum Beispiel ein attraktives Angebot                                knapp 12 Mio. Euro. Auch wenn dies
                                                               öffentlicher Dienstleistungen von der                               in Relation zur gesamten Schlüsselzu-
                                                               Geburt bis zum Alter vorhalten. Die                                 weisungsmasse von 2.581 Mio. Euro
                                                               Schließung öffentlicher Einrichtun-                                 als gering erscheinen mag, wird es
                                                               gen, wie Kindergärten, Schulen usw.                                 sich im Einzelfall durchaus bemerkbar
                                                               verstärkt nur den Trend zur Abwande-                                machen. Diese geplante Änderung ist
                                                               rung. Da geringere Einwohnerzahlen                                  indessen bei weitem nicht ausrei-
                                                               aktuell auch sinkende Einnahmen be-                                 chend, die Demografieprobleme er-
                                                               wirken, besteht die Notwendigkeit,                                  folgreich zu bekämpfen.
                                                               diese Negativspirale zu durchbrechen                                Die Idee eines „vorausschauenden
                                                               und zielgerichtet auf die sachlichen                                Demografiefaktors“ bei der Investi-
                                                               Bedürfnisse Finanzmittel zur Verfü-                                 tionspauschale mag im Ansatz ver-
                                                               gung zu stellen. Die Dimension der zu                               nünftig klingen, in ihrer konkreten
                                                               bewältigenden Probleme erfordert                                    Auswirkung ist sie aber eher zu ver-
 Dr. Jürgen Busse
                                                               einen beherzten Schritt und nicht nur                               nachlässigen. Wenn etwa eine Ge-

              BAYERISCHER                   Geschäftsführendes Präsidialmitglied       Dreschstraße 8, 80805 München                        Marina Ottendorfer, Tel. 0 87 09 / 92 17-60
                                           Direktor Dr. Jürgen Busse                  Tel. 0 89 / 36 00 09-30, Fax 0 89 / 36 00 09-36      Margit Frey (BayGT), Tel. 0 89 / 36 00 09-13
              GEMEINDETAG                  Verantwortlich für Redaktion und          Erscheinungsweise monatlich; Bezugspreis             Druck, Herstellung und Versand:
   Herausgeber und Verlag:                Anzeigen:                                 EUR 33,– jährl.; bei Mitgliedern im Beitrag enth.    Druckerei Schmerbeck GmbH
  Bayerischer Gemeindetag,                Wilfried Schober, Direktor beim          Anzeigenverwaltung:                                   Gutenbergstr. 12, 84184 Tiefenbach b. Landshut
 Körperschaft des öffentlichen Rechts;   Bayerischen Gemeindetag                   Druckerei Schmerbeck GmbH                            Tel. 0 87 09 / 92 17-0, Fax 0 87 09 / 91 57 25
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
300 Bayerischer Gemeindetag 8/2011

meinde mit aktuell ca. 3.500 Einwoh-            dem werden in Regionen mit zurück-              Euro an Steuereinnahmen, gleich wel-
nern und einer Investitionspauschale            gehender Bevölkerung kaum noch                  cher Art, zur freien Verfügung zu be-
2011 von 30.673 Euro einen Einwoh-              neue Schulhäuser gebaut oder neue               lassen und aus der Steuerkraftbe-
nerverlust von 10% zu erwarten hat,             Straßen angelegt werden. Damit finanz-          rechnung auszunehmen. Nicht zu-
kann sie danach pro Jahr zusätzliche            schwache Gemeinden überhaupt ihren              letzt könnte der äußerst unterschied-
Mittel von 3.067,30 Euro erhalten. Das          Eigenanteil bei der Projektförderung            lichen Struktur der Gewerbesteuer-
ist ein Betrag, mit dem nicht wirklich          finanzieren können, müssen stattdes-            einnahmen Rechnung getragen wer-
erwähnenswerte Investitionen ange-              sen neue Wege eröffnet werden, z.B.             den, indem etwa gestaffelte Nivellie-
schoben werden können. Eine effek-              projektbezogene Bedarfszuweisungen              rungshebesätze eingeführt oder die
tive Verbesserung der Investitionsfä-           gewährt oder die Übernahme der Fi-              Gewerbesteuereinnahmen oberhalb
higkeit wäre dagegen mit der Forde-             nanzierung durch Dritte zugelassen              der Nivellierungshebesätze zu einem
rung des Bayerischen Gemeindetags               werden.                                         geringeren Prozentsatz in die Steuer-
verbunden, die Investitionspauschale            Im Rahmen der Bedarfszuweisungen                kraftberechnung einbezogen werden.
auf mindestens 100.000 Euro je Ge-              verdient ferner die Fortführung und
meinde anzuheben. Dadurch könnte                Erweiterung der „Struktur- und Kon-             Der ländliche Raum in Bayern ist sys-
gleichzeitig der Verwaltungsaufwand             solidierungshilfen“ Vorrang. Sie er-            temrelevant für die gesamte politi-
verringert werden, weil Bagatellförde-          möglichen gezielt in Einzelfällen Pro-          sche Landschaft. Zu seiner Bewah-
rungen entfallen könnten.                       blemlösungen. Darüber hinaus müs-               rung und Stärkung müssen daher,
                                                sen aber auch die Erkenntnisse aus              ähnlich wie bei den Banken in der
Eine Anhebung des Höchstförder-                 dem Pilotprojekt Eingang finden in              Zeit der weltweiten Finanz- und Wirt-
satzes im Hochbau und im Straßen-               eine einwohnerunabhängige finan-                schaftskrise nachhaltige Anstrengun-
bau von 80% auf 90% reicht im Er-               zielle Grundausstattung der Gemein-             gen im Ausmaß jenseits bloßer Kos-
gebnis über einen optischen Effekt              den. Jede Gemeinde hat ein Mindest-             metik unternommen werden. Das sollte
kaum hinaus. Schon heute erhalten               maß an kommunaler Infrastruktur vor-            die Maxime des Kabinettausschusses
nur ganz selten Gemeinden den Höchst-           zuhalten, für die der Gemeinde, gleich          zur Bewältigung des demografischen
fördersatz von 80%. Der durchschnitt-           welcher Größe, Finanzmittel zur freien          Wandels in Bayern sein. Insofern be-
liche Fördersatz liegt bei etwa 35%.            Verfügung zustehen müssen. Um dies              grüßen wir es, dass Ministerpräsident
Allenfalls eine einstellige Zahl von Ge-        zu erreichen, könnte z.B. die „Ein-             Horst Seehofer bei der Landesver-
meinden könnte künftig 90% Förde-               wohnerveredelung“ geändert und die              sammlung des Verbandes der Bayeri-
rung erhalten. Ein spürbarer Beitrag            Eingangsstufe spürbar angehoben wer-            schen Bezirke erklärt hat, dass er das
zur Bewältigung der Demografiepro-              den. Denkbar wäre auch, für alle Ge-            100 Mio. Euro-Programm durchaus als
bleme ist darin nicht zu erkennen. Zu-          meinden einen Sockel von z.B. 500.000           erwägenswert ansieht.

 Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl ist in seiner Heimatstadt Abensberg (Landkreis Kelheim) bei der Bürgermeisterwahl am 10. Juli 2011 mit
 76,5 Prozent als Erster Bürgermeister im Amt bestätigt worden. Seit 18 Jahren im Amt kann er nun für weitere sechs Jahre die Geschicke der
 12.732 Einwohner zählenden Spargelstadt Abensberg leiten. Seit knapp 9 Jahren vertritt er zudem als Präsident des Bayerischen Gemeindetags
 die Interessen der bayerischen Gemeinden, Märkte und Städte in allen Bereichen des politischen Lebens. Dr. Jürgen Busse, Geschäftsführendes
 Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, gratulierte Herrn Dr. Uwe Brandl im Namen der 2.022 Mitglieder des Bayerischen Gemeinde-
 tags: „Mit diesem Wahlergebnis haben die Abensberger Bürgerinnen und Bürger ihrem Rathauschef das Vertrauen ausgesprochen und ihm den
 Rücken für sein Bürgermeisteramt in Abensberg eindrucksvoll gestärkt.“
 Das Foto zeigt Dr. Brandl bei einer spontanen Wahlfeier am Abend des 10. Juli in Abensberg.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
8/2011 Bayerischer Gemeindetag      301

                                        Gestaltung der Energie-
                                             wende nach
1. Energiewende:
                                         genossenschaftlichen                                 Tiefengeothermie erreicht wer-
   Politisch gewollt – gesell-
   schaftlich notwendig
                                              Prinzipien                                      den sollen. Den Zielen entspre-
                                                                                              chend soll der Anteil der Strom-
Die Forderung der Politik nach                                                                erzeugung aus erneuerbaren
einer Energiewende führt dazu,                                                                Energien kontinuierlich erhöht
dass neue Wege bei der Gestal-                                                                werden und bis 2020 auf min-
tung der Energieerzeugung be-                                                                 destens 35% steigen.
schritten werden müssen. Eine           Professor Dr. h.c. Stephan Götzl,                     Auch auf bayerischer Landes-
flächendeckende Nutzung re-             Präsident des Genossenschafts-                        ebene wurden für die Umset-
generativer Energiequellen ist                                                                zung der Energieziele bis 2020
                                             verbands Bayern e.V.
nur über eine dezentrale Ener-                                                                seitens der Bayerischen Staats-
gieerzeugung und -versorgung                                                                  regierung konkrete Zahlen fest-
möglich, also über die Abkehr von        Dies gilt umso mehr, als fossile Ener-         gelegt. Dazu zählen u. a. die Deckung
großen zentralen Anlagen hin zu klei-    gieträger nur in begrenztem Umfang             des Stromverbrauchs durch Photovol-
neren dezentralen Erzeugungseinhei-      zur Verfügung stehen und bei ihrer             taik mit über 16%, durch Windenergie
ten. Nur eine dezentrale Energiever-     Verbrennung klimaschädliche CO2-               und Biomasse mit jeweils 10% (siehe
sorgung bietet die Möglichkeit einer     Emissionen – mit erheblichen Folge-            Abb. 1).
regionalen Stromerzeugung und so-        schäden und Folgekosten erzeugen.              Die ideale Unternehmensform zur
mit einer unmittelbaren Verteilung       Hinzu kommen schwer kalkulierbare              Organisation dezentraler Energiever-
an die Verbraucher. Ressourcen aus       und nicht absehbare Risiken bei der            sorgung ist die Genossenschaft. Sie
der Region können für die regionale      Nutzung der Kernenergie, die die Ener-         bietet Landwirten, Bürgern und Kom-
Energieproduktion und damit für ei-      gieversorgung zu einer wachsenden              munen eine bewährte, praktikable
ne nachhaltige Regionalentwicklung       zentralen Herausforderung machen.              und demokratische Rechtsform. Sie
genutzt werden. Diese dezentrale Ge-     Die Bundesregierung hat ihre ener-             schafft stabile Rahmenbedingungen,
staltung der Energieversorgung bietet    giepolitischen Ziele einer sicheren, be-       um regional eigenverantwortliche und
zudem den wirtschaftlichen Vorteil,      zahlbaren und umweltverträglichen              aktive Beiträge zur Energiesicherung
dass durch die Nutzung der regiona-      Energieversorgung festgelegt, die mit          und dem Erhalt von Lebensqualität
len Energiequellen die Wertschöp-        einem Ausbau von erneuerbaren Ener-            zu ermöglichen.
fung und die Wirtschaftskraft in der     gieformen insbesondere Wasserkraft,            Die Genossenschaft gewährleistet eine
Region bleiben.                          Wind-, Bio- und Solarenergie sowie             echte Beteiligung der Bürger an der Ge-

                                         Abb. 1: Vergleich Anteil regenerativer Energien in Bayern 2010 und 2020 (Plan)

                                            20 %                                                                 2010

                                                                  16 %                                           2020
                                            15 %

                                            10 %                                           10 %                   10 %

                                                                                                          6%
                                            5%
                                                          3%
                                                                                   0,6 %
                                            0%
                                                         Photovoltaik              Windenergie           Biomasse
 Prof. Dr. h.c. Stephan Götzl
                                         Quelle: Bayerische Staatsregierung 2011
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
302 Bayerischer Gemeindetag 8/2011

staltung der Energieversorgung, denn                 Entsprechend den leitenden Prinzi-        an. Die Zusammenarbeit der Kommu-
die Bürger sind in der Genossenschaft                pien der Selbsthilfe, Selbstverantwor-    ne mit der Genossenschaftsbank vor
nicht nur Mitglied, sondern auch                     tung und Selbstverwaltung haben           Ort hat sich dabei als eine schlagkräf-
gleichzeitig Eigentümer und Nutzer                   sich schon vor über 100 Jahren Bür-       tige Variante der Genossenschafts-
der Leistungen.                                      ger freiwillig zusammengeschlossen,       gründung herausgestellt. Hier verei-
                                                     um ihre Energieversorgung gemein-         nen sich somit die wichtigsten Säulen
2. Dezentrale Energieerzeugung:                      sam selbst in die Hand zu nehmen –        des örtlichen Zusammenlebens. Die
   Ein Thema mit langer Tradition                    ganz ohne die Unterstützung Dritter       Kommunen als Entscheidungsträger
   für Genossenschaften                              bzw. des Staates. Als Mitglied der Ge-    für die örtlichen Liegenschaften so-
„Was der Einzelne nicht schafft, das                 nossenschaft waren so auch einzelne       wie die Bebauungsregeln, die Kompe-
schaffen viele.“ Dieser historische Kern-            Bürger in der Lage, die Energieversor-    tenz und langjährige Erfahrung der
satz von Friedrich-Wilhelm Raiffeisen                gung in eigener Verantwortung mit-        genossenschaftlichen Finanzwirtschaft
beschreibt den gesellschaftlichen Um-                zugestalten und sicherzustellen.          und die Bürger, Landwirte und Ge-
bruch, der Anfang des letzten Jahr-                                                            werbetreibende der Region, mit de-
hunderts in der Energieerzeugung und                 Wichtigste Unterstützer waren seiner-     ren Unterstützung das Modell „Ge-
-versorgung in Bayern eingeläutet wur-               zeit neben den Landwirten auch kleine     nossenschaft“ erst zum Erfolgsmodell
de. Vorwiegend an den Wasserläufen                   Gewerbetreibende und Kommunen.            wird.
gründeten sich bereits zu dieser Zeit                Früher wie heute sehen insbesondere
                                                                                               100 Energiegenossenschaften gibt es
eine Vielzahl von Elektrizitätsgenossen-             die kommunalen Vertreter die Not-
                                                                                               heute in Bayern (Abb. 2), von denen
schaften. Genossenschaften waren                     wendigkeit, die Wertschöpfung in der
                                                                                               68 in den letzten fünf Jahren gegrün-
zentraler Bestandteil der Elektrifizie-              Region zu halten oder neu zu schaf-
                                                                                               det wurden (Abb. 3). Diese Zahl spie-
rung und somit Träger der Entwick-                   fen. Hierzu bietet sich in erster Linie
                                                                                               gelt das Engagement der Bürger und
lung des ländlichen Raums in Bayern.                 das Modell der Energiegenossenschaft
                                                                                               der regionalen Akteure wider, sich in
Abb. 2: Energiegenossenschaften in Bayern (Stand: 30.05.2011)                                  die Gestaltung und Sicherstellung der
                                                                                               regionalen Energieerzeugung mit ein-
                                                                       Photovoltaik            zubringen. Insbesondere bei den
                                                                                               Photovoltaik- und Wärmeversorgungs-
                                                                       Wärmeversorgung         genossenschaften ist ein deutlicher
                                                                       Biogas                  Anstieg zu verzeichnen.
                                                                       Energieversorgung       Ein Blick auf die Verteilung der Ener-
                                                                                               giegenossenschaften in Bayern zeigt,
                                                                                               dass sich die klassischen Elektrizitäts-
    Aschaffenburg
                    Schweinfurt                                                                genossenschaften (Energieversorgungs-
                                  Bamberg
                                              Bayreuth
                                                                                               unternehmen mit Strom-Verteilnetz)
            Würzburg
                                                                                               aufgrund der gut nutzbaren Wasser-
                                 Erlangen                                                      läufe vorwiegend in den allgäuer und
                                    Fürth Nürnberg                                             oberbayerischen Voralpenregionen be-
                                                                                               finden. Genossenschaften, die auf der
                                                                                               Grundlage des Erneuerbare-Energien-
                                                          Regensburg                           Gesetzes (EEG) Strom mittels Photo-
                                                                                               voltaik erzeugen, finden sich vor allem
                                            Ingolstadt                                         in den fränkischen Regierungsbezir-
                                                                                 Passau        ken wieder.
                                   Augsburg
                                                             Landshut                          Diese Photovoltaikgenossenschaften
                       Neu-Ulm                                                                 wurden in den meisten Fällen durch
                                                München                                        die Initiative der Raiffeisenbanken und
                                                                                               Volksbanken in Zusammenwirken mit
                                                      Rosenheim
                                                                                               den Gemeinden gegründet. Biogas-
                                                                                               genossenschaften finden sich vor allem
                                                                                               in den landwirtschaftlich geprägten
                                                                                               Regionen wieder.
                                                                                               Viele Genossenschaften haben es sich
                                                                                               zur Aufgabe gemacht, die Mitglieder
                                                                                               mit sauberer und sicherer Wärme zu
Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.                                                     versorgen. Diese Nahwärmegenossen-
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
8/2011 Bayerischer Gemeindetag         303

Abb. 3: Genossenschaftsgründungen             Karte 1: Globalstrahlung in Bayern              Karte 2: Windgeschwindigkeiten in Bayern
        in Bayern seit 2006                            (Mittlere Jahreswerte)                          (Mittlere Jahreswerte in 80 m über
                                                                                                       Grund)
                                     8

                            9
                                         30

   Photovoltaik-eGs
   Wärmeversorgungs-eGs         21
   Biogas-eGs
   Energieversorgungs-eGs

Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.

schaften gründen sich überwiegend
in Regionen, die über eine Vielzahl
von bereits bestehenden Biogasanla-
gen verfügen. Schwerpunktregionen
sind hier die Gebiete Mittelfranken
                                              Quelle: Bayerisches Staatsministerium für
und Nordschwaben. Aber auch in den            Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Tech-
waldreichen Regionen Ober- und Un-                                                            Quelle: Bayerisches Staatsministerium für
                                              nologie: Bayerischer Solaratlas 2009            Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Tech-
terfrankens nehmen die Bürger-Nah-                                                            nologie: Bayerischer Windatlas 2010
wärmegenossenschaften mit der Nut-
                                              Bereits heute ist Bayern bundesweit
zung von Biomasse (Hackschnitzel)
                                              führend beim Einsatz von Photovol-              aus. Andere Studien halten sogar 2.000
zu. Die Initiativen bei diesen Grün-
                                              taik: 40% (rd. 3.900 MW) der in                 Anlagen und einen Anteil von bis zu
dungen gehen überwiegend von ak-
                                              Deutschland installierten Solarstrom-           15% für möglich.
tiven Bürgern aus, die durch die Kom-
                                              gesamtleistung entfielen bis Ende
mune unterstützt werden.
                                              2009 auf Bayern. Mit einer neu installier-      3.3 Biomasse
Derzeit zeigen sich zunehmend Nach-           ten Photovoltaik-Leistung von 2.379             Ein bisher noch unzureichend ausge-
fragen im Bereich Windenergie zur             MW ist Bayern auch 2010 das Bundes-             schöpftes Potenzial stellt die Verwen-
Gründung von Bürgerwindgenossen-              land mit den größten Zubauzahlen.               dung von land- und forstwirtschaft-
schaften. Auch hier zeichnen sich die         Werden zukünftig die staatlichen und            lichen Reststoffen dar. Die Vorteile
fränkischen Regierungsbezirke als Vor-        kommunalen Dächer verstärkt für                 von Bioenergie sind zum einen die
reiter aus.                                   Solaranlagen – insbesondere Bürger-             Speicherfähigkeit und zum anderen
                                              solaranlagen – genutzt, wie es Ziel der         die dezentrale Erzeugung und Ener-
3. Energieland Bayern: Potenziale             Bayerischen Staatsregierung ist, ist bis        gieversorgung. Sie ist sowohl für die
   für dezentrale und regenerative            2021 eine installierte Gesamtleistung           Erzeugung von Wärme (Biomasseheiz-
   Energieerzeugung                           von rd. 14.000 MW möglich.                      werk), von Strom und Wärme in Kraft-
Bayern nimmt bereits heute bei der                                                            Wärme-Kopplung (Biomasseheizwerk,
Nutzung von Solarenergie und Bio-             3.2 Wind                                        Blockheizkraftwerk) als auch für die
masse im Bundesvergleich eine füh-                                                            Herstellung von Kraftstoffen (aus Pflan-
                                              Bayern ist aufgrund seiner Lage ein
rende Rolle ein. Dennoch sind die Po-                                                         zenölen oder biogenen Reststoffen)
                                              überwiegend windschwaches Gebiet
tenziale in diesen Bereichen wie auch                                                         nutzbar. Die erzeugte Bioenergie ist
                                              (siehe Karte 2). Es bietet aber zum
im Bereich der Windenergie groß und                                                           weitestgehend CO2-neutral und bie-
                                              einen durch seine Topographie und
bei weitem nicht ausgeschöpft.                                                                tet somit ein großes Einsparpotenzial
                                              Besiedlungsstruktur Potenzial für ein-
Die vorhandenen Potenziale von Son-           zelne Windanlagen bzw. kleinere Wind-           an diesem Klimagas. Das technisch
ne, Biomasse und Wind bieten sich             parks, zum anderen kann durch Re-               nutzbare Potenzial von Biomasse an
besonders für eine dezentrale Ener-           powering der Anteil der Windenergie             der Energieversorgung in Bayern wird
gieversorgung an, da die Energie in           an der Stromerzeugung erhöht wer-               auf rund 10% geschätzt.
Form von Strom oder Wärme direkt              den. Die Bayerische Staatsregierung             Die Genossenschaft ist der ideale Or-
dort erzeugt wird, wo sie benötigt            hält eine Verdreifachung der Wind-              ganisationsrahmen dafür, die beschrie-
bzw. verwertet wird.                          energieanlagen von derzeit 410 auf              benen Potenziale zu nutzen und aus-
                                              1.500 unter den Prämissen Umwelt-               zubauen und kann so die Energie-
3.1 Solarenergie                              verträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und         wende entscheidend mitgestalten.
Mit einer Sonnenscheindauer von 1.400         Bürgerakzeptanz bis zum Jahr 2021               Sie ermöglicht es, durch Bürgerbetei-
bis 1.700 Stunden pro Jahr ist Bayern         für realistisch. Das macht 10% an der           ligung Kräfte zu bündeln, Identifika-
von der Sonne verwöhnt (siehe Karte 1).       gesamten Stromerzeugung Bayerns                 tion zu schaffen und Hemmnisse ab-
8/2011 Bayerischer Gemeindetag
304 Bayerischer Gemeindetag 8/2011

zubauen. Diese Faktoren spielen ins-                        Abb. 5: Modell Photovoltaikgenossenschaft
besondere bei der Umsetzung von
größeren Projekten, wie z. B. Windan-                                                                                    Beitrag
lagen oder Windparks, eine bedeu-                                                                                        Energiewende
tende Rolle, da hier die Bürgerakzep-                                                       Photovoltaik-eG
tanz entscheidend ist.
4. Genossenschaftliche Konzepte                                   Mitglied/                                       Kapitalentlohnung
   zur bürgerbeteiligten Energie-                                 Beteiligung/                                    (›Dividende‹)
   erzeugung                                                      Kapital
4.1 Die Genossenschaft: Ein
     bewährtes Konzept mit vielen                               Kommune            Bürger         Banken         Unter-        Vereine,
     Potenzialen                                                                                                nehmen        Instituti-
                                                                                                                              onen, etc.
Die Rechtsform Genossenschaft ist ein
Zusammenschluss von natürlichen (z.B.
Bürgern) bzw. juristischen Personen                         Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.
(z.B. Kommunen oder Unternehmen),
die sich gemeinsam unternehmerisch                          Bürger in einem stärkeren Ausmaß             setzungen und Geschäftsgegenstän-
betätigen. Mit nur drei Mindestmit-                         bereit, sich für nachvollziehbare regio-     de umgesetzt werden, so auch die ge-
gliedern ist sie einfach zu gründen                         nale Projekte zu engagieren. Die Ge-         meinsame Erzeugung von regenerati-
und auch Ein- und Austritt sind pro-                        nossenschaft bietet jedoch nicht nur         ven Energien. Auch wenn individuelle
blemlos möglich; die Mitgliederzahl                         Bürgern, sondern allen Akteuren in           Gestaltungsmöglichkeiten bestehen,
ist nicht begrenzt. Entsprechend der                        einer Region, wie z.B. Kommunen, Ban-        sollen im Folgenden drei Grundmo-
demokratischen Struktur hat in der                          ken, Unternehmen oder Vereinen die           delle für den genossenschaftlichen
Genossenschaft jedes Mitglied eine                          Möglichkeit, sich zu beteiligen und in       Betrieb einer Photovoltaik-Anlage,
Stimme – ganz unabhängig von der                            den genossenschaftlichen Gremien,            eines Windparks und eines Wärme-
Kapitalbeteiligung. Die Haftung der                         Vorstand und Aufsichtsrat, Verantwor-        netzes vorgestellt werden.
Mitglieder ist lediglich auf die Ge-                        tung zu übernehmen und damit die
schäftsanteile begrenzt. Der einfache                       Entwicklung vor Ort aktiv selbst mit-        4.2.1 Photovoltaikgenossenschaft
Aufbau (Vorstand, Aufsichtsrat und Ge-                      zugestalten.                                       (Abb. 5)
neralversammlung) sowie die demo-
                                                            Nur in einer Energiegenossenschaft           Der Unternehmensgegenstand einer
kratischen Spielregeln machen die Ge-
                                                            sind die Mitglieder verantwortlich in        Photovoltaikgenossenschaft besteht
nossenschaft zu einer transparenten
                                                            die gemeinschaftliche Energieerzeu-          im gemeinsamen Betrieb einer oder
Unternehmensform, in der auch indi-
                                                            gung eingebunden. Die Verwendung             mehrerer Photovoltaik-Anlagen und
viduelle Gestaltungsmöglichkeiten
                                                            des Rohstoffs aus der Region gewähr-         dem Verkauf des erzeugten Stroms. In
umsetzbar sind.
                                                            leistet eine dauerhafte Versorgungs-         einer Photovoltaikgenossenschaft kön-
Aufgrund von politischen und gesell-                        sicherheit in der Region und fördert
schaftlichen Veränderungen sind viele                                                                    nen auch Photovoltaik-Anlagen auf
                                                            die regionale Wertschöpfung. Mit Ge-         unterschiedlichen Dächern zusammen-
                                                            nossenschaften wird zudem ein erfor-         gefasst, gemeinsam betrieben und ver-
Abb. 4: Aufbau einer Genossenschaft                         derlicher Konsens, z.B. zwischen Land-       waltet werden. So lassen sich auch
    Vorstand                                 Aufsichtsrat
                                                            wirten und Kraftwerksbetreibern dort         Anlagen unterschiedlicher Größe kom-
                          Kontrolle                         herbeigeführt, wo er entsteht, näm-          binieren und die Overheadkosten re-
                                                            lich vor Ort. Im Vordergrund steht in        duzieren.
                                                            der Genossenschaft die Nutzenmaxi-
                                                            mierung für die Mitglieder, nicht die        Mitglieder der Genossenschaft kön-
                                                            Gewinnmaximierung. Mit Vorstand              nen alle privaten und juristischen Per-
                     • Gemeinsamer                                                                       sonen einer Gemeinde oder einer Re-
                    Geschäftsbetrieb                        und Aufsichtsrat hat die Genossen-
  Wahl
                 • Leistungserbringung
                                                    Wahl
                                                            schaft eine professionelle Leitungs-         gion sein, also z.B. die Kommune, Bür-
                                                            struktur. Die genossenschaftliche Rechts-    ger, Unternehmen und Vereine.
                                                            form ist die mit weitem Abstand in-          Wie bei allen Genossenschaften er-
                                                            solvenzsicherste Rechtsform.                 werben die Mitglieder einer Photo-
                                                                                                         voltaikgenossenschaft Eigentum an
                                                            4.2 Genossenschaftliche Konzepte             dem Gemeinschaftsunternehmen, sie
         Mitglied = Eigentümer = Kapitalgeber = Kunde
                                                                im Bereich Energie                       haben ein echtes Mitspracherecht
                                                            In der Rechtsform der Genossenschaft         und sind nicht nur Kapitalgeber. Da-
Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.                  können die unterschiedlichsten Ziel-         bei sind Genossenschaften nach demo-
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kratischen Grundsätzen aufgebaut,          Abb. 6: Modell Windparkgenossenschaft
das Stimmrecht ist mitgliedsbezogen                                                                      Beitrag Energiewende
und orientiert sich nicht an der Höhe                                         Windpark-eG                Wirtschaftsförderung

der Kapitalbeteiligung. Einseitige Ein-                               (Betreiber des Windparks)
flussnahme oder eine Übernahme
durch einzelne Investoren sind bei                              Dividende                 Dividende             Dividende
Genossenschaften nicht möglich. Die           Mitglied/                Mitglied/                Mitglied/
unabhängige Prüfung der wirtschaft-        Beteiligung/             Beteiligung/             Beteiligung/
                                                Kapital                  Kapital                  Kapital
lichen Verhältnisse der Genossenschaft
durch den Genossenschaftsverband                  Energie eG                   Energie eG                  Energie eG
                                                 Gemeinde ›A‹                 Gemeinde ›B‹                Gemeinde ›C‹
Bayern e.V. sichert die Unternehmens-
führung im Interesse der Mitglieder.
Die Leistungen für die Mitglieder be-                                          Energie eG
stehen in der gemeinsamen Erzeugung                                            Gemeinde
regenerativen Stroms und der wirt-                                     Mitglied
schaftlichen Umsetzung der Energie-                                 Beteiligung            Dividende
wende in der Region, die in Form von                                    Kapital
Strombezug oder als Dividende aus
                                                  Kommune          Bürger          Banken        Unter-         Land-
der Gewinnverteilung gewährt wird.                                                              nehmen          eigner
Für die Investition stellen die Mitglie-
der das erforderliche Eigenkapital         Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.
durch die Zeichnung und Einzahlung
von Geschäftsanteilen zur Verfügung.
Die Höhe der Geschäftsanteile muss
für jede Genossenschaft einheitlich        Umgriffsflächen die Akzeptanz der             Heustreu, Oberstreu/Mittelstreu und
festgelegt werden und orientiert sich      Bevölkerung gesichert werden kann.            Hendungen, realisiert.
an der Beteiligungsbereitschaft der        Hierfür bietet eine mehrstufige ge-
zukünftigen Mitglieder. Die Finanzie-      nossenschaftliche Struktur ideale Um-         4.2.3 Genossenschaftliches
rung über Geschäftsguthaben kann           setzungsbedingungen.                                Nahwärmenetz (Abb. 7)
ergänzt werden durch Mitgliederdar-
lehen, für die von der Kündigungsfrist     Auf der ersten Ebene können örtliche          Besonders in den ländlichen Regio-
in der Genossenschaft abweichende          Energiegenossenschaften entstehen,            nen ist die Umstellung der Heizan-
Laufzeiten vereinbart werden können.       an denen jeweils die Kommune, eine            lagen auf den Anschluss an ein mit
Zur Absicherung des Investitionsvolu-      breite Bürgerschaft sowie die Land-           regernativer Energie betriebenes zen-
mens hat sich die Festlegung eines         eigentümer beteiligt sind.                    trales Heizwerk eine attraktive Lösung,
Mindesteigenkapitals bewährt. Gera-        Die örtlichen Energiegenossenschaf-           um den Verbrauch fossiler Rohstoffe
de die flexiblen Möglichkeiten bei der     ten schließen sich in einer weiteren          zu reduzieren. Der Anschluss an einem
Kapitalaufbringung ermöglichen bei         Genossenschaft zusammen, die den              zentralen Nahwärmenetz bietet die
Bedarf eine breite finanzielle Beteili-    Windpark projektiert, in diesen inves-        Möglichkeit, auch in Altbauten Hei-
gung der Bevölkerung in der Region.        tiert und ihn betreibt. Der Standort          zung und Brauchwassererwärmung
                                           des Windparks kann unter Berück-              auf erneuerbare Energieträger umzu-
4.2.2 Genossenschaftlicher Wind-           sichtigung des Ergebnisses der Wind-          stellen. Der Betrieb eines gemein-
       park (Abb. 6)                       messungen im Einvernehmen mit den             schaftlichen Nahwärmenetzes ist ins-
Bei der Umsetzung der Energiewende         Kommunen und Bürgern gewählt wer-             besondere dann sinnvoll, wenn regio-
wird ein besonderes Gewicht auf der        den. Dabei kann ein Ausgleich so-             nale Rohstoffe wie Holz oder Stroh
Nutzung von Windkraft liegen. Wind-        wohl bei den Pachtzahlungen zwi-              oder auch die Abwärme einer Biogas-
kraftanlagen erfordern jedoch nicht        schen den Standorten der einzelnen            anlage zur Verfügung stehen.
nur durch die deutlich höheren Inve-       Windkraftanlagen und den angren-              Gegenstand der Nahwärmenetzge-
stitionsvolumina, sondern auch durch       zenden Grundstücken, wie auch bei der         nossenschaft ist der Bau, Betrieb und
die Exponierung in der Landschaft so-      Gewerbesteuer zwischen den Kom-               Unterhalt des Nahwärmenetzes. Mit-
wie die großflächigen Anlagen höhe-        munen geschaffen werden. Das Un-              glieder können alle Haus- und Grund-
re Aufmerksamkeit. Bau und Betrieb         ternehmenskonzept wird derzeit mit            stückeigentümer werden, die an das
dieser Anlagen wird nur gelingen,          der Friedrich-Wilhelm Raiffeisen Wind-        Wärmenetz anschließen. Die Genossen-
wenn durch eine breite Bürgerbeteili-      park zwischen Streu und Saale eG              schaft bezieht die Wärme von einem
gung und ein ausgleichendes System         und den Ortsgenossenschaften in Uns-          Heizwerk oder einer Biogasanlage
für die Pachtzahlungen der Stand- und      leben, Mellrichstadt/Bahra, Hollstadt,        und leitet die Wärme an die Mitglie-
306 Bayerischer Gemeindetag 8/2011

Abb. 7: Modell Nahwärmegenossenschaft                                                                       idee sind insbesondere folgende
                                                                                                            Punkte zu berücksichtigen: Unterneh-
                                                                                                            mensgegenstand und Leistungen für
                        Wärme-                                                                              die Mitglieder, ein ausreichend großes
    Heizwerk/           lieferung                                                                           Marktpotenzial, die Machbarkeit/Um-
                                               Nahwärme-eG                                                  setzung der Geschäftsidee sowie der
   Biogasanlage
                                                                                                            wirtschaftliche Erfolg.
                        Mitglied/                                           Wärme-
                                                                                                            Die Umsetzung der Unternehmens-
                        Beteiligung/                                        lieferung
                                                                                                            idee in der Satzung ordnet die recht-
                                                                                                            lichen Verhältnisse zwischen Mitglie-
                        Kapital
                                                                                                            dern und dem gemeinsamen Unter-
                             Wärmeabnehmer, z. B.                                                           nehmen. Rechte und Pflichten der
                                                                                                            Mitglieder, Verantwortung von Vor-
           Kommune                     Bürger                  Unternehmen                                  stand und Aufsichtsrat, Höhe des Ge-
                                                                                                            schäftsanteils und Begrenzung der
                                                                                                            Haftung sind die Kernpunkte der Sat-
Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.                                                                  zung. Neben der Satzung sind weitere
                                                                                                            vertragliche Regelungen für die An-
der weiter. An einer Übergabestation         5. Gründung einer Energiegenossen-                             mietung der Dachflächen und ggf. für
wird die Wärme an den im Haus be-               schaft: Einfach in sechs Schritten                          die Übertragung der Geschäftsbesor-
stehenden Heizkreislauf bzw. Warm-           Die Gründung einer Genossenschaft                              gung erforderlich.
wasserboiler übergeben. Das Heiz-            vollzieht sich in mehreren Schritten                           In der Gründungsversammlung wer-
werk kann auch innerhalb der Genos-          (Abb. 8). Die Berater des Genossen-                            den das Geschäftsmodell und die ge-
senschaft betrieben werden. Dabei ist        schaftsverbandes unterstützen bei                              meinsame Zielsetzung diskutiert. Mit
dann besonders auf die Kongruenz             den einzelnen Schritten und begleiten                          der Beschlussfassung über die Satzung
zwischen erzeugter und verbrauchter          den Gründungsprozess. Von der Idee                             und deren Unterzeichnung durch die
Energiemenge zu achten und auch              zur Gründung einer Energiegenossen-                            Gründungsmitglieder ist die Genossen-
die Möglichkeit einer Notversorgung          schaft bis zur Inbetriebnahme der An-                          schaft gegründet. Im Anschluss wählen
mit einzubeziehen.                           lage und damit zur Aufnahme des Ge-                            die Gründungsmitglieder – nach den
Die Finanzierung der Nahwärmenetz-           schäftsbetriebes sind mehrere Schrit-                          Regularien der Satzung – die Mitglie-
                                             te zu beachten.                                                der von Vorstand und Aufsichtsrat.
genossenschaft erfolgt über das von
den Mitgliedern einzuzahlende Ge-            Für die individuelle Ausgestaltung                             Der Vorstand wird beauftragt, die not-
schäftsguthaben, das durch die Erhe-         und Unterstützung bei den einzelnen                            wendigen Schritte für die Eintragung
bung von Eintrittsgeldern oder Bau-          Prozessschritten stehen die Grün-                              vorzunehmen.
kostenzuschüssen der Mitglieder er-          dungsberater des GVB zur Verfügung.                            Im Interesse der Mitglieder und der
gänzt werden kann. Zusätzlich kann           Am Anfang steht die Idee zur Grün-                             zukünftigen Gläubiger des Unterneh-
die Genossenschaft KfW-Fördermittel          dung einer Energiegenossenschaft –                             mens sind nach dem Genossenschafts-
und Bankdarlehen in Anspruch neh-            die Umsetzung erfordert zunächst die                           gesetz die wirtschaftlichen und per-
men.                                         Entwicklung der Unternehmenskon-                               sönlichen Verhältnisse zu prüfen. Die
                                             zeption (technische Projektierung der                          Umsetzung des Förderauftrags, die
Als Mitglieder der Nahwärmenetz-             geplanten Anlagen und Projekte so-                             Finanz- und Ertragssituation stehen
genossenschaft sind die Hauseigen-           wie die Auswahl von geeigneten Stand-                          im Mittelpunkt der Gründungsprü-
tümer an ihrem Unternehmen mitbe-            orten), die Geschäftsplanung und die                           fung und sichern die Belange der Mit-
teiligt, üben ihr Stimmrecht in der          Gewinnung kompetenter Partner für                              glieder. Mit dem positiven Ergebnis
Mitgliederversammlung aus und ent-           eine professionelle Projektentwicklung                         der Gründungsprüfung wird die Ge-
scheiden mit über anstehende Inves-          (z.B. Ingenieur- oder Planungsbüro).                           nossenschaft zur Mitgliedschaft beim
titionen. Der Preis für die Wärmeener-       Bei der Konkretisierung der Geschäfts-                         Genossenschaftsverband Bayern e.V.
gie kann sich an den Selbstkosten orien-
tieren. Solche Gemeinschaftsanlagen          Abb. 8: Gründungsprozess einer Energiegenossenschaft
sind somit nicht nur besser für die
Umwelt, sondern i.d.R. auch kosten-            1. Konzeption        2. Satzung          3. Gründungs-      4. Gründungs-     5. Registergericht    6. Aufnahme
                                                                                           versammlung        prüfungs GVB                         Geschäftsbetrieb
günstiger. Die Erfahrung bei den Ge-
nossenschaftsgründungen zeigt: Die                                                                                               Notarielle
                                                Entwicklung            Festlegung des      Beschluss zur      Prüfung der                              Mitglieds-
individuelle Sanierung der Heizungs-            der Unternehmens-      Rechtsrahmens       Gründung           wirtschaftlichen
                                                                                                                                 Beurkundung/
                                                                                                                                                       aufnahme
                                                                                                                                 Eintragung beim
anlage ist für einen Hausbesitzer oft-          konzeption                                                    Verhältnisse
                                                                                                                                 Registergericht
                                                                                                                                                       beim GVB
mals teuerer, als die Investition in ein
genossenschaftliches Nahwärmenetz.           Quelle: Genossenschaftsverband Bayern e.V.
8/2011 Bayerischer Gemeindetag               307

als zuständigem Prüfungsverband zu-
gelassen.                                  Friedrich-Wilhelm Raiffeisen Energie eG Unsleben:
                                           „Das Genossenschaftsmodell ist für die soziale und gesellschaftspolitische Verantwortung
Zur Eintragung beim Registergericht        einer Gemeinde ein ideales Konzept. Die allumfassend faire Einbeziehung der Grundstücks-
reicht der Vorstand die Gründungs-         eigentümer, die auch die Besitzer von Flurstücken im Abstandsflächenbereich eines geplan-
unterlagen über einen Notar ein, da-       ten Windparks integriert, lässt Neid, Missgunst und Übervorteilung wenig Raum und fördert
bei müssen die Unterschriften aller        den Gemeinsinn. Dies ist gerade in unseren kleinstrukturierten Gebieten Frankens von enor-
Vorstandsmitglieder beglaubigt wer-        mer Wichtigkeit. Die Akquirierung möglichst lokaler Investoren mit überschaubaren Geld-
den. Über den Vollzug der Eintragung       beträgen und großer Anzahl von Anlegern lässt eine breite Akzeptanz eines Großprojektes
wird die Genossenschaft direkt vom         zu. Die Genossenschaft erzeugt Vertrauen, weil die Entscheidungsprozesse in unmittelbarer
Registergericht benachrichtigt. Mit der    Nachbarschaft ablaufen. „One man one vote“ das ist die Formel für einen möglichst breiten
Zuteilung der Registergerichtsnummer       Dialog und Konsens innerhalb der Bürgerschaft.
hat die Genossenschaft die Rechts-         Die Vorteile für meine Gemeinde sehe ich in der Förderung und Entwicklung regionaler
fähigkeit erreicht und kann die Ge-        regenerativer Energie- und Nachhaltigkeitsprojekte mit hoher Überzeugungskraft. Investo-
schäftstätigkeit beginnen.                 ren, Grundstücksbesitzer, Bevölkerung und politische Mandatsträger sitzen an einem Tisch
                                           und stehen für die Wertschöpfung vor Ort. Einnahmen aus Steuern und Abgaben kommen
Zum Gelingen der Gründung einer            meinem Ort direkt, als auch indirekt zugute. Damit können öffentliche Einrichtungen unter-
Genossenschaft bzw. deren dauerhaf-        stützt werden, die letztlich den Menschen zugute kommen, auch wenn diese nicht selbst
tem Erfolg trägt auch die langjährige      investieren können. Der nachvollziehbare geschlossene Kreislauf bürgerlichen Engage-
Erfahrung des Genossenschaftsver-          ments überzeugt mich außerordentlich.“
bandes Bayern e. V. im Bereich Genos-
senschaftsgründungen bei. Er bietet                                                                                      Michael Gottwald
fachkundige Beratung und Unter-                                                                       1. Bürgermeister Gemeinde Unsleben
stützung bei betriebswirtschaftlichen,
steuerlichen und rechtlichen Frage-
stellungen während des gesamten
                                           Bioenergiedorf Sommerach eG
                                           „Zielsetzung der Errichtung der Nahwärmeversorgung ist eine langfristige, umweltfreund-
Gründungsprozesses – von der Ent-          liche und wirtschaftliche Wärmeversorgung für Sommerach. Dabei sehen wir die Wärme-
wicklung der Unternehmensidee bis          versorgung als Gesamterschließungskonzept; Energie aus Biomasse, Aufbau eines Bürger-
hin zur Eintragung beim Genossen-          werkes für die eigenverantwortliche Energieversorgung, Beitrag zum Klimaschutz, langfris-
schaftsregister – sowie in der Nach-       tige Sicherung des Prädikats – „Sommerach im Landschafts- und Naturschutzgebiet“ – so-
gründungs-Phase.                           wie ein Beitrag zur Stärkung der Wohn- und Standortqualität. Die Unternehmensform
                                           Genossenschaft bietet die ideale Grundlage für die Realisierung der Nahwärmeversorgung.“
6. Energiewende konkret:
Das Gelingen der Energiewende ist nur                                                                                       Elmar Henke
                                                                                                   1. Bürgermeister Gemeinde Sommerach
möglich, wenn sie regional verankert
und getragen wird. Insoweit muss ge-
rade die Dezentralität als viertes ener-   Energiegenossenschaft Rothenburg eG
giewirtschaftliches Ziel von der Bun-      „Ziel war es, das Thema Energiegenossenschaft auf eine breite Basis zu stellen und eine ent-
desregierung aufgenommen werden.           sprechende Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu haben.
Energieregionen, die durch intelligen-     Wichtig hierbei ist für die Gründung einer Genossenschaft die Bürgermeister der umliegen-
te Energienetze mit zentralen Energie-     den Gemeinden ,mit im Boot‘ zu haben (Multiplikatoren in der öffentlichen Meinung).
netzen und -produzenten verknüpft          Diese haben entsprechend Zugang zu Dachflächen, die sie der Energiegenossenschaft zur
werden, vervollständigen ein solides       Verfügung stellen können (z.B. Bauhof, Feuerwehrhaus, Veranstaltungshalle, Schule).
Energiekonzept. Sie wirken sich posi-      Die Gemeinde schafft dadurch entsprechende Mieteinnahmen, wobei dennoch eine Ver-
tiv auf die anderen energiewirtschaft-     mietung an die Genossenschaft zu günstigen Konditionen möglich ist. Diese Vorgehens-
lichen Ziele aus. Versorgungssicher-       weise bietet Vorteile für die Kommune.
heit und Grund- bzw. Spitzenlast-          Bürgermeister können das Projekt öffentlichkeitswirksam vermarkten, da sie dadurch eine
fähigkeit werden erst durch die Ver-       Möglichkeit schaffen, dass sich Bürger an PV-Anlagen beteiligen können, auch wenn diese
teilung auf mehrere Standorte und          ansonsten über keine geeigneten Dachflächen verfügen. Darüber hinaus ist auch eine Be-
Kraftwerkstypen erreicht. Wirtschaft-      teiligungsmöglichkeit in Kleinbeträgen gegeben.
                                           Weiterhin vereinnahmt die Gemeinde Gewerbesteuer, da die Aufteilung der Gewerbesteuer
lichkeit, und vor allem die Akzeptanz
                                           aus der Genossenschaft anteilig auf die Gemeinden aufgeteilt wird, in denen sich das Dach
bei möglichen steigenden Energie-
                                           bzw. die Anlage befindet. Die Wertschöpfung bleibt in der Region und fördert somit auch
kosten, wird durch dezentrale Beteili-     den Wirtschaftskreislauf. Verschiedenste Leistungen, wie z.B. Dachsanierungen, Grabungs-
gungsmodelle gefördert.                    arbeiten etc. werden von örtlichen Unternehmen/Betrieben erbracht. Diese sichern dadurch
Der Genossenschaftsverband Bayern          Arbeitsplätze in der Region, was wiederum zu entsprechenden Steuereinnahmen führt.“
e.V. setzt sich dafür ein, verbesserte
Rahmenbedingungen für Energiege-                                                                                     Herr Gerhard Walther
                                                                                  Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Rothenburg o.d.Tbr. eG
nossenschaften zu schaffen. Dies gilt
insbesondere für die Berücksichtigung
308 Bayerischer Gemeindetag 8/2011

von Bürgerbeteiligungen bei der Auf-   • sorgfältige Prüfung lukrativ erschei-   sowie zu weiteren Referenzen errei-
stellung regionaler Energienutzungs-     nender Angebote auch in Hinblick        chen Sie die Gründungsberatung beim
pläne und in Genehmigungs- und Raum-     auf die Realisierung von Bürgerbe-      Genossenschaftsverband Bayern e.V.,
planungsverfahren sowie für eine ge-     teiligungen,                            Herr Wolfdieter v. Trotha, per Mail:
zielte Förderung von Modellprojek-     • keine überhasteten Entscheidungen       gruendungsberatung@gv-bayern.de
ten genossenschaftlich organisierter     oder Vorfestlegungen treffen,           oder Tel. 089/28 68-3571.
Energieregionen durch Bund und Land.                                             Das Konzept zur Gestaltung der Ener-
                                       • Ausweis von für Windkraftanlagen
                                         geeigneten Flächen – im Kontext         giewende nach genossenschaftlichen
Erfolgreiche Energiewende in Ihrer
Gemeinde:                                der Regionalplanung,                    Prinzipien unter Einbindung von Bür-
                                                                                 gern und Kommunen steht als Down-
Was ist zu tun?                        • Vorrang für Bürgeranlagen in den        load zur Verfügung unter: www.ener-
• Vorbereitung der Diskussion in den     Planungsverfahren.                      giewende-bayern.de.
  Gemeindegremien,                     Für Fragen zur Konzeption und Aus-
• Hinwirkung auf die verantwortliche   gestaltung der Energiegenossenschaft
  Einbindung der Bürger,               und zur Einbindung der Kommune

         Informationen des Bayerischen Gemeindetags im Juli 2011 …
                            … können Sie unter www.bay-gemeindetag.de
                                 im „Mitgliederservice“ nachlesen.

   • Schnellinfos für Rathaus-Chefs
      20/2011 Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl bleibt Rathauschef
      21/2011 Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer und an der Umsatzsteuer
              im 2. Quartal 2011
      22/2011 Leitfaden Energienutzungsplan

   • Pressemitteilungen
      28/2011 Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl bleibt Rathauschef
      29/2011 Energiewende: Gemeindetag setzt Beratergremium ein und fordert praxisnahe
              Energieagentur

   • Rundschreiben
      38/2011 Nichtöffentliche Gemeinderatssitzungen und Auskunftsanspruch der Presse
      39/2011 Modellprojekt „Infrastruktur-Folgekosten von Wohnbaugebieten“
      40/2011 Gesprächsergebnisse der kommunalen Spitzenverbände mit den Kartellanten des
              Feuerwehrbeschaffungskartells am 06.07.2011 sowie Hinweise für laufende und
              künftige Vergabeverfahren
      41/2011 Staatliche Förderung des kommunalen Feuerwehrwesens;
              Änderung der Richtlinien für Zuwendungen des Freistaats Bayern zur Förderung
              des kommunalen Feuerwehrwesens;
              Sonderförderprogramm für die Beschaffung von „Wärmebildkameras“;
              Sonderförderprogramm für die Beschaffung von „Hilfeleistungssätzen“
      42/2011 Mietrechtliche Umsetzung der Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude
      43/2011 Unlautere Methoden der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH
              („Gewerbeauskunft-Zentrale“)
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