Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband

 
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Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Pressefreiheit: Tägliche Gängeleien
                               Noch mehr Main-Post in Franken
                               Stipendiat war schon Chefredakteur
                               BJV hat eine Behindertenbeauftragte
Ausgabe 1/2018                  www.bjv.de / www.djv.de

  Kahlschlag beim BR
  Was die Reform und
  Sparzwänge für Mitarbeiter
  und Programm bedeuten
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Pressestellen A bis Z im BJVreport
       Ab Seite 18 finden Sie die Einträge von Pressestellen aus den Bereichen Bildung/Wissenschaft (BW),
      Messen/Ausstellungen (MA), Finanzen (F), Versicherungen (V), Energie (E), Verkehr (VK), Unternehmen (U),
                                Kammern (K), Verbände (VB), Soziales/Kirche (SK):

A                                       F                                      swa Stadtwerke Augsburg
AFAG Messen und                         Flughafen München (VK)                   Holding (E)
  Ausstellungen (MA)
AOK Bayern (V)                          G/H                                    T/U

AUDI (U)                                GVB Genossenschaftsverband             Thüga (E)
                                         Bayern (F)                            TÜV Rheinland (U)
B/C                                     Hanns-Seidel-Stiftung (BW)             TUM Technische Universität
Bauindustrie Bayern/                                                             München (BW)
 Bayerischer                            I/J/K
 Bauindustrieverband (VB)               Interhyp Gruppe (F)                    V
Bayerische                                                                     VAG Verkehrs-
 Landesärztekammer (K)                  L/M                                      Aktiengesellschaft (VK)
Bayerische                              LEONI (U)                              VdK Bayern Sozialverband (SK)
 Landeszahnärztekammer (K)              LEW Lechwerke (E)                      Versicherungskammer Bayern (V)
Bayerischer Gemeindetag (VB)            LMU Ludwig-Maximilians-                VGN Verkehrsverbund
Bayerischer Jagdverband (VB)             Universität München (BW)               Großraum Nürnberg (VK)
Bayerngas (E)
                                        N                                      W
Bayernhafen Gruppe (VK)
                                        N-ERGIE (E)                            wbg Nürnberg Immobilien (U)
Bayernwerk (E)
                                        NÜRNBERGER
BayWa (U)
                                         Versicherungsgruppe (V)
bbw Bildungswerk der Bayerischen
                                        NürnbergMesse (MA)
  Wirtschaft (BW)
Bischöfliche Aktion Adveniat (SK)       O/P/R                                  Dank auch den Sonderinserenten:
BMW Group (U)                           OMV Deutschland (U)                    • AFAG Messen und Ausstellungen
                                        Preh (U)
D                                                                              • Akademie der Bayerischen
                                                                                 Presse
DIEHL Diehl Stiftung (U)                S
DRÄXLMAIER Group (U)                    Sparkassenverband Bayern (F)           • bpb Bundeszentrale für politische
                                                                                 Bildung
                                        StWN Städtische Werke
E                                         Nürnberg (U)                         • GVB Genossenschaftsverband
Erdgas Schwaben (E)                     Süddeutscher Verband                     Bayern
E-T-A Elektrotechnische                   reisender Schausteller und           • Presse-Versorgung
  Apparate (U)                            Handelsleute (VB)                      (Versorgungswerk der Presse)

                                     Kontaktbörse „Pressestellen“
                                     Die Rubrik „Pressestellen“ im BJVreport ist ein gern genutzter „Treffpunkt“
                                     für Kammern, Verbände, Organisationen, Dienstleister und Unternehmen aus
                                     vielen Bereichen, die regelmäßige und fundierte Pressearbeit betreiben.
                                     Nutzen Sie diese Kontaktbörse, alle zwei Monate, ein ganzes Jahr lang für
                                     nur 1350,– EUR zzgl. MwSt.
                                     Das Medienmagazin BJVreport erscheint 6 x jährlich, jeweils zur Monatsmitte
                                     im Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember • Anzeigenschluss
                                     vier Wochen vorher • Mediadaten unter www.bjv.de • Planung/Abwicklung:
                                     Mediasüd, Robert Macher, Telefon 0 91 81 / 29 99-477, Fax 0 91 81 / 29 99-479,
                                     robert.macher@mediasued.de
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Inhalt

                        Sparzwänge und Reform                             Kaleidoskop
                                                                           4 Medienköpfe
                         Geld sparen, ohne dass es wehtut: Gäbe es         5 Social Media auf Papier
                         ­dafür ein Rezept, wäre man in der Füh­rungs­
                          etage des Bayerischen Rundfunks sicherlich      Verband
                          dankbar. Denn einerseits versucht man sich       6	Herr Mey möchte keine Fotografen vor Ort haben
                          dort mit der Reform „BR hoch drei“ für die          Die Pressefreiheit wird auch bei uns ständig eingeschränkt
                          Zukunft zu rüsten, andererseits steht die
                          Rundfunkanstalt unter massivem Spardruck.       Titel
                          Das spüren die Mitarbeiter und das wirkt sich    8	„Engere Daumenschrauben“
                          aufs Programm aus. In unserer Titelstrecke         Der BR reformiert sich und muss gleichzeitig sparen
Michaela Schneider        wollen wir wissen, welche Sorgen die Mit­       11	
                                                                             „Töne voller Atmo taugen nur mit Bildern“
Leitende Redakteurin arbei­ter des öffentlich-recht­lichen Rundfunks         Wie trimediales Arbeiten in der Praxis aussehen kann
Foto: Günter Schneider
                          plagen (ab Seite 8) – und fragen im Interview   12 	„Neue trimediale Aufstellung ist kein Sparmodell“
                                                                              Ein Gespräch mit der Führungsetage des BR
Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel, Informa­tions­direk­tor Thomas
                                                                          14 	Umstrittene Reviere
Hinrichs sowie Strategieleiter Roland Scheble nach den Hintergrün­
                                                                              Hintergründe zur Rundfunk-Strukturdebatte
den der Reform (ab Seite 12). Ein Reporter erzählt, was es bedeutet,
                                                                          16 	Veränderte Rahmenbedingungen
trimedial zu arbeiten (Seite 11). Es geht um die große Rundfunk-Struk­        Wie es mit dem Jugendradio PULS weitergeht
turdebatte (ab Seite 14) und wir schauen auf das junge Programm des
Bayerischen Rundfunks. Für Aufsehen hatte hier gesorgt, dass der BR       18 	Pressestellen
überraschend vom Umstieg von PULS auf die UKW-Frequenz von
BR Klassik abgesehen hatte (ab Seite 16). Ab Seite 8                      Medienszene
                                                                          24 	BSW-Seminare 2018
Alles rosig in Sachen Pressefreiheit in Deutschland? Nein! Redaktio­
                                                                          26 	Ohrensausen
nen und freie Mitarbeiter erleben täglich, wie Politiker, Pressestellen       Podcasts erleben in Deutschland ihren zweiten Frühling
von Unternehmen oder (vermeintliche) VIPs versuchen, auf Texte und        28 	Noch mehr Main-Post in Franken
Fotos Einfluss zu nehmen. Seite 6                                             Mediengruppe pachtet unter anderem die Rhön Medien GmbH
Die Podcast-Welle schwappt immer stärker nach Deutschland über.           30 	Künstliche Intelligenz kann Menschen nicht ersetzen
                                                                              Ein Gespräch mit dem Physiker Sharad Ghandi
Diesem Trend spürt Thomas Mrazek in seiner Rubrik „Netz-Szene“
nach – und Senta Krasser blickt auf die Podcast-Aktivitäten der klassi­   Verband
schen Verlagshäuser. Seite 5 und 26/27
                                                                          31	Bäßerwisser
Auch beim BJV gibt es Neuigkeiten zu berichten, zum Beispiel will             Auf ein Wort mit Michael Busch
sich Daniela Albrecht künftig als Behindertenbeauftragte dafür einset­    32 	Aus dem Verbandsleben
zen, dass Medienhäuser nicht nur über Inklusion und Diversität spre­      34 	„Gehört wird man als Gruppe“
chen, sondern selbst Taten folgen lassen. Seite 42                            DJS-Schüler Tarek Barkouni erhält Stipendium des BJV
                                                                          35	In Würzburg bricht die Zeit der Reformen an
                                                                              Vorschau auf den Bayerischen Journalistentag 2018
    Unser Titelbild                                                       36 	Täglicher Hürdenlauf
                                                                              Mit Daniela Albrecht hat der BJV jetzt eine Behindertenbeauftragte
Er hat sich bei den Mitarbeitern des Bayeri-
schen Rundfunks zum geflügelten Wort entwi­                               Service
ckelt: der Kahlschlag. 371 Bäume müssen wei­                              37 	Recht
                                                                              Ein Blick auf den Status der festen Freien beim BR
chen für das künftige Hauptquartier des BR.
Die wüste Waldlandschaft des Covers wie                                   38 Rezensionen
auch das Motiv auf Seite 8 als Auftakt zu un­                             39 Termine
serer Titelstrecke hat Fotograf Armin Weigel Armin Weigel                 40 	Technik
allerdings nicht in Freimann aufgenommen, Foto: Andrea Weigel                 Wie kleine Dienste den Berufsalltag deutlich erleichtern können
sondern nahe Passau, kurz nachdem Sturmtief „Burglinde“ über Bay­
                                                                          Zur Person
ern gefegt war. Auch dieses Bild passt, fanden wir, denn stürmische
                                                                          42 Jubilare
Zeiten erleben die BR-Mitarbeiter derzeit allemal. Der freie Fotograf
                                                                          44 Nachrufe, Impressum
Armin Weigel ist in Ostbayern unter anderem für die Deutsche Presse-­
Agen­tur tätig. Er bilde das ganze Leben ab – vom Fußballspiel über       Sagen Sie mal …
den Politiker bis hin zur Landschaft, erzählt er. Mit seinem Foto vom     45 	„Jesus würde uns den Vogel zeigen“
Hochwasser nahe Deggendorf gewann er 2013 den Wettbewerb                      Journalist und Theologe Jonas Bedford-Strohm will den
Presse­foto Bayern. www.armin-weigel.net                                      BR mit Sprachassistentin Alexa in die neue Audiowelt führen

BJVreport 1/2018                                                                                                                            3
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Me dien -Szene

                  Gregor Peter                                                                                  Magazin, ist zur Stellvertreterin
                  Schmitz (@GP­                                                                                 von Timm Klotzek (@TimmKlot­
                   Schmitz) hat                                                                                 zek) und Michael Ebert (@Mi­
                   bei der Augs­                                                                                chaelEbert) in die Chefredaktion
                   burger Allge­                                                                                aufgerückt. Die vielfach ausge­
                   meinen      die                                                                              zeichnete Journalistin, Jahrgang
                   Nachfolge von                                                                                1984, volontierte 2003 beim Köl­
Chefredakteur Walter Roller an­                                                                                 ner Stadt-Anzeiger und war da­
getreten. Der promovierte Jurist                                                                                nach Redakteurin bei Neon und
und Politikwissenschaftler, Jahr­                                                                               Zeit Magazin.
gang 1975, leitete zuvor das
Hauptstadtbüro der Wirtschafts­                                                                                 Klaus Meier, Journalistik-Profes­
woche. Für Spiegel und Spiegel                                                                                  sor an der Katholischen Universi­
Online arbeitete er unter ande­                                                                                 tät Eichstätt-Ingolstadt, hat den
rem als Korrespondent in Wa­                                                                                    mit 50.000 Euro dotierten Ars-le­
shing­ton und Brüssel. Schmitz                                                                                  gendi-Preis in der Kategorie Wis­
ist Arthur-F.-Burns- und Henri-­                                                                                senschaft erhalten. Der Stifter­
Nan­nen-­Preisträger.              Als „kultivierte Löwin“ kennt man sie, unerschrocken und mutig, in­          verband und die Hochschulrekto­
                                   telligent und wach: Nun hat die Kulmbacher Akademie für Neue Me­             renkonferenz würdigen Meiers
Alina Fichter (@fichtalina) ist dien Frauke Ancker mit dem Johann-Georg-August-Wirth-Medien­                    exzellente Hochschullehre. Er sei
nach einer Stippvisite in der preis für ihre Verdienste um die Medienlandschaft in Oberfranken                  Motor bei der Verzahnung von
Fernsehdirektion des Bayerischen ausgezeichnet. Die Juristin, die aus Oberbayern stammt, prägte nicht           kommunikationswissenschaftli­
Rundfunks zurück in Hamburg. nur über Jahrzehnte den Bayerischen Journalisten-Verband als Ge­                   cher Theorie und Forschung mit
Mit Sebastian Horn (@herrhorn) schäftsführerin. Generationen von Volontären und Redakteuren lern­               praktischer Ausbildung.
rückt die frühere Zeit-Medienre­ ten in Kulmbach von ihr, was Presserecht und Medien-Ethik bedeuten.
dakteurin und DJS-Absolventin                                                          Foto: Maria Goblirsch                     Karin Schrader
neu in das Leitungsteam von Zeit                                                                                                  und    Kristina
Online. Die 36-Jährige ist dort Nitschke (@CharlotNitschke). Lisa Torsten Geiling (@Torsten Gei­                                  Freymuth sind
für Audio- und Videoformate zu­ Nordholt ist Chefin vom Dienst.       ling), derzeit noch Vize-Chef­
ständig; Horn, 33, verantwortet                                       redakteur beim Konstanzer Süd­
die gesamte journalistische Pro­ Lutz Knappmann (@LKnapp­ kurier, übernimmt zum 1. März
duktentwicklung.                   mann) hat die Süddeutsche die Leitung des Nordbayerischen
                                   ­Zeitung verlassen, um bei der Kuriers in Bayreuth. Der 42-jäh­              von NBC Uni­
Iris Mayer (@imayer) verstärkt WirtschaftsWoche in Düsseldorf rige Familienvater stammt aus                     versal    (13th
bei SZ.de seit Januar das Füh­ ­    Online-Chef und Mitglied der Bamberg und war lange in leiten­               Street) zu Vi­
rungsteam um Chefredakteurin Chefredaktion zu werden. Der der Funktion beim Fränkischen                         ze-Präsidentinnen ihrer Bereiche
Julia Bönisch (@juliaboenisch) 40-jäh­rige Wirtschaftsjournalist Tag.                                           ernannt worden: Schrader ist für
und Stellvertreter Peter Lindner folgt auf Silke Fredrich. In Mün­                                              Programm-Einkauf und -Pla­
(@PeLindner). Die 42-Jährige ar­ chen war er als Leiter Editorial                      Ralph Fürther            nung zuständig, die Juristin Frey­
beitete zuletzt als Chefredakteu­ Innovation für digitale Innovati­                    (@RalphFuer­             muth für alle rechtlichen Angele­
rin bei der Blick-Gruppe in der onsprojekte zuständig.                                 ther) spricht            genheiten der Senderfamilie im
                                                                                                                                                        Fotos: Dennis Drenner, Lisa Hantke, Gert Krautbauer, Fabian Helmich

Schweiz. Bis 2010 war sie Vize-­                                                       seit Dezember            deutschsprachigen Raum.
Chefin von Focus Online.           ProSiebenSat.1 und Merline Koe-                     für das TV-
                                   ne (@merlin_ul), erst seit Okto­                    Un­t er­n ehmen          Wolfram Weimer, Verleger und
                   Julia    Bauer, ber Sprecher des Konzerns, ge­                      Sky. Der ausge­          Publizist, ist Preisträger des
                   bislang Head hen schon wieder getrennte bildete Verlagskaufmann und                          „Deutsche Mittelstand Media
                   of Content bei Wege – laut Sender auf Koenes Werbebetriebswirt, 53, war vor                  Awards 2017“. Der Bundesver­
                   Bunte.de, wur­ Wunsch. Seine Aufgaben über­ seinem Einstieg bei Sky im Jahr                  band mittelständische Wirtschaft
                   de nur fünf nimmt Vize-Sprecherin Stefanie 1999 (früher Premiere) unter an­                  hebt mit dieser Auszeichnung
                   Jahre nach ih­ Rupp-Menedetter (@SRuppMene­ derem als Redakteur und Kom­                     Weimers Erfolge als Unterneh­
                   rem Vo­lon­ta­ detter). Koenes Vorvorgänger Ju- mentator für Eurosport und Sat.1             mer heraus. Zur Weimer Media
riat bei Burdas People-Portal zur lian Geist (@JulianGeist) wird ab tätig.                                      Group mit Hauptsitz in Mün­
Chefredakteurin berufen. Die März Partner der PR-Beratung                                                       chen gehört unter anderem das
Rolle der stellvertretenden Chef­ CNC, für die auch BR-Veteran Lara Fritzsche (@larafritzsche),                 Debattenmagazin The European.
redakteurin übernimmt Charlot Sigmund Gottlieb arbeitet.              seit 2014 Reporterin beim SZ                                Senta Krasser

4                                                                                                                                    BJVreport 1/2018
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Net z-Szene

Wir hören uns                                                                                                             Der Medienjournalist Daniel
                                                                                                                          Bouhs (@daniel_bouhs) fragt in
„The Next Big Thing“ ist längst                                                                                           einem Beitrag für das WDR5-Me­
am Laufen, wenn Sie dieses Heft                                                                                           dienmagazin nach, wie gefährlich
lesen. Bedienen Sie also besser                                                                                           Audible den etablierten Sendern
gleich eines der einschlägigen                                                                                            werden kann und welche Strate­
„Devices“ (wer noch Geräte sagt,                                                                                          gie das Unternehmen verfolgt
ist irgendwie auf dem Holzweg),                                                                                           (Audio, zirka vier Minuten:
um über die neuesten Trends                                                                                               ­bjvlink.de/wdr5). Hörenswert ist
ausgiebig informiert zu werden.                                                                                            auch Bouhs’ Interview mit dem
Was ich nach 25 Jahren als Netz­                                                                                           Audible-Podcast-Chef Paul Hui­
nutzer immer noch und zuneh­                                                                                               zing: bjvlink.de/huizing.
mend vermisse, sind Kontinuität      Im BR-Fakecast hinterfragen die Autoren Ralf Bücheler und Lea Hampel                  Alles schön zu hören, aber wo
und Nachhaltigkeit (leider ist der   unter anderem, wie Falschmeldungen entstehen.         Grafik: Jonathan Offel         bleibt die Nachhaltigkeit? Viel­
Begriff mittlerweile zu einer                                                                                              leicht trägt ein Nachwuchskolle­
Marketingphrase verkommen,           mit unanstrengendem Infor­    ma­       callforpodcast.de. Einer der Ge­              ge dazu bei. Sandro Schroeder (@
jedes neue (Medien-)Produkt          tions­kon­sum zu füllen.“ Ihren         winner ist das „Fakecast. Nichts              SaSchroeder), seit 2017 Volontär
wirbt natürlich damit, nachhaltig    Artikel „Hört, hört!“ finden Sie        als die Wahrheit?“. Die Autoren               beim Deutschlandfunk, bietet seit
zu sein).                            unter bjvlink.de/hoert.                 Ralf Bücheler (@andromeda_lod­                August einen Newsletter über
                                     Die Signale gehört haben auch           ge) und Lea Hampel (@leaham­                  Audio und Podcasts an, er
Das Hohelied verstummte              einige Verlage: Im November             pel) forschen in sechs Folgen                 schreibt:     „Streaming-Dienste,
Ein Beispiel für dieses markt­       startete die Süddeutsche Zeitung        nach: „Gerüchte, Fake News, al­               Sprachassistenten, smarte Spea­
schreierische Getue: „Podcasting:    mit „Das Thema“ einen wöchent­          ternative Fakten: Woher kom­                  ker drängen in den Alltag. Ob
Die Wiedergeburt des Radios“,        lichen Podcast. In sechs, jeweils       men Falschmeldungen? Welche                   das Radio jetzt wirklich stirbt,
verkündete da im Oktober 2005        zirka 30 Minuten langen Folgen          Rolle spielt Technik? Was kön­                Podcasts doch nur ein kurzlebi­
einer. Ausgerechnet mit dem          beschäftigte sich die Redaktion         nen wir tun?“ Ausgestrahlt wird               ger Medien-Hype sind und ob
„Ende der Welt“ fing beim Baye­      zunächst mit den „Paradise Pa­          dieser Podcast auch im BR-                    DAS ‚Netflix für Audio‘ tatsäch­
rischen Rundfunk im Sommer           pers“, jetzt folgten auch Themen        Medien­maga­zin, mehr dazu un­                lich noch kommt? Keine Ah­
2005 die Zukunft an. Die werk­       wie „Der NSU-Prozess – eine             ter bjvlink.de/fakecast. Das Pod­             nung. Aber da entwickelt sich
tägliche Glosse von Bayern2 war      Bilanz“ mit Gerichtsreporterin
                                     ­                                       cast-Angebot des Senders hat                  was. Und Neues zum Hören
der erste Podcast auf der Website    Annette Ramelsberger (@ara­             inzwischen einen beachtlichen                 gibt’s sowieso immer!“: bjvlink.
des Senders. Das Hohelied auf        melsberger). Das ist durchaus           Umfang (siehe br.de/podcast).                 de/podcast-newsletter. In diesem
den Podcast verstummte indes         hörens­ wert, mehr unter: sz.de/        Darunter finden sich neben Un­                Sinne: Wir hören uns.
nahezu in den Folgejahren. Und       podcast. „Können Zeitungen              terhaltungs- und Nutzwertfor­
das Radio blieb, was es immer        Pod­cast?“, fragte im BR-Medien­        maten auch journalistische Per­
war. Der Verkünder der Wieder­       magazin Thomas Becht. In sei­           len wie „Aufgedeckt – der                    Gezwitschert
geburt des Hörfunks war übri­        nem knapp sechsminütigen Bei­           investigative Podcast“ (bjvlink.             Die Klammern hinter einigen
gens der Autor dieser Zeilen, sei­   trag resümiert er wohlwollend:          de/aufgedeckt).                                          ­Namen sind die Twit­
nen Artikel aus dem BJVreport        „Klingt irgendwie wie Radio –                                                                     ter-Adressen der Kol­
finden Sie bei Onlinejournalis­      und von uns Radiomachern ist            Amazon spielt auch mit                                    legen beziehungswei­
mus.de (@ojour_de): bjvlink.de/      das ja ein Lob.“ Mehr dazu unter        Freilich ist auch die Konkurrenz             se Medien. Bereits über 4750
wiedergeburt.                        bjvlink.de/podcast-check und in         im Netz aktiv: Die Ama­                      Nutzer folgen übrigens dem BJV
Zurück in die Zukunft – oder zu­     diesem BJVreport ab Seite 26.           zon-Tochter Audible startete zu­             bei Twitter: @bjvde.
mindest in die Jetztzeit. „Vom       Frühzeitig erkannt hat bekannt­         sammen mit Medienmarken im
Trend zum Must-Have: Ob Busi­        lich der Bayerische Rundfunk das        November mit 22 wöchentlichen                Der BJV ist zudem täglich
ness-Kasper oder Hobbyfunker,        Potenzial von Podcasts. 2016 ver­       Podcasts, die nur von zahlenden              für Sie im Netz: bjv.de,
die Podcast-Welle schwappt nach      anstaltete der Sender mit „Call         Audible-Abonnenten gehört wer­               facebook.com/bjvde und
Deutschland“, meldet da etwa im      for Podcast“ einen „Wettbewerb          den können: bjvlink.de/audible.              am Freitag bjv.de/newsletter.
Januar Lisa Geiger (@lisaggr) im     für gute Geschichten“. Aus 601
Magazin LEAD digital (@LEAD_         eingegangenen Konzepten wählte
                                                                                                   Der Autor
digital). Sie resümiert: „Podcasts   die Jury insgesamt drei Formate
                                                                                                   Thomas Mrazek (@tmrazek) arbeitet als freier Jour-
gehören längst fest zum digitalaf­   aus, die ausgezeichnet und                                    nalist und Dozent in München, er betreut die
finen Lifestyle der jungen Gene­     schließlich produziert wurden.                                Netzaktivitäten des BJV; thomas-mrazek.de.
ration. Weil es ihnen gelingt, die   Diese und weitere ausgewählte                                 Foto: Günter Distler

Lücke zwischen Text und Video        Angebote sind zu finden unter

BJVreport 1/2018                                                                                                                                          5
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Verband

Herr Mey möchte keine Fotografen vor Ort haben
Nicht nur Konzertfotografen erleben, wie die Pressefreiheit täglich beschnitten wird
Vo n M a r i a G o b l i r s c h

„Gerne hätten wir Ihnen an dieser Stelle ein          meintliche VIPs versuchen, auf Texte und              ten natürlich immer willkommen, versicherte
Foto von Matthias Richling gezeigt. Ein Foto-         Fotos Einfluss zu nehmen.                             der Manager der Redaktion. Seit Jahren gibt
graf war auch vor Ort, musste aber unver-                 So hat auch die Allgäuer Zeitung die Faxen        es immer wieder Ärger um die Bedingungen
richteter Dinge wieder abziehen. Es herrschte         langsam dicke. Als der Sänger Reinhard Mey            für Fotografen bei Popkonzerten oder ande-
Fotografierverbot. Was den so lustigen Herrn          (75) nach drei Jahren wieder zu einem Auf-            ren Starauftritten. In der Regel müssen die
Richling dazu bewogen hat, ist unklar, wir            tritt nach Kempten kam, beantragte der Lei-           Fotografen einen Vertrag mit dem Manage-
fanden es aber nicht sehr witzig“, war am 15.         ter der Bildredaktion, Ralf Lienert, bei dessen       ment der Künstler abschließen, der regelt,
Januar in den Schongauer Nachrichten neben            Agentur eine Akkreditierung. Die Antwort              wie lange sie von wo aus wie fotografieren
einer Kritik zum Auftritt des Kabarettisten zu        kam prompt: „Herr Mey möchte generell kei-            dürfen – und oft sogar auch, dass die Bilder
lesen. Wenn der das nächste Mal ins                   ne Fotografen vor Ort haben. Auch wenn es             in das Eigentum der Agentur übergehen. Das
Schongauer Land komme, werde das Blatt                schwerfällt, bitte ich Sie, dies zu respektieren      ist leider legal, hat aber mit Pressefreiheit
„sicher nicht mehr über ihn berichten“, kom-          und zu verstehen.“ Im Anhang sandte die               nichts mehr gemein.
mentierte Redaktionsleiter Boris Forstner.            Agentin zwei PR-Fotos, die der Fotograf Jim
Chapeau, Kollege.                                     Rakete für das Cover von Meys Album „Mr.              „Das möchten wir gegenlesen“
                                                      Lee“ aufgenommen hatte. Verständnis zeigte                Wer heute ein Interview führt, hört meist
Gängeleien längst Alltag                              die Redaktion keines und veröffentlichte ne-          den Satz: „Das möchten wir aber gegenlesen.“
    Ist die Rede von Einschränkungen der              ben dem Konzertbericht nur eine Umriss-               Kommt dann das fertige Manuskript zurück,
Pressefreiheit, denkt man zuerst an Länder            zeichnung.                                            enthält es oft, fein säuberlich in Farbe und
wie die Türkei, Nordkorea oder Eritrea. Doch              Auch die Passauer Neue Presse wurde bei           Markups gekennzeichnet, jede Menge Kor-
auch hierzulande steht es nicht immer zum             den Vorpremieren von Monika Grubers Auf-              rekturen und Ergänzungen, die das Gesagte
Besten. Redaktionen und freie Mitarbeiter er-         tritt in Deggendorf ausgesperrt, während              entschärfen oder ganze Antworten wieder aus
leben beinahe täglich, wie sie in ihrer Arbeit        Fans bereits Zutritt bekamen. Man möge sich           dem Interview tilgen. Die Würzburger Jour-
gegängelt werden und wie Politiker, Presse-           doch gedulden. Wenn das Programm erst                 nalistin Pat Christ, die jüngst mit dem Frie-
stellen von Unternehmen oder andere ver-              einmal eingespielt sei, dann seien Journalis-         denspreis der Stadt ausgezeichnet wurde, hat
                                                                                                            in den vergangenen Jahren „eine eklatante
                                                                                                            Erosion in Sachen Pressefreiheit“ festgestellt.
                                                                                                                So vergehe keine Woche, in der sie nicht
                                                                                                            einer Interviewpartnerin erklären müsse,
                                                                                                            „dass sie meinen Text natürlich nicht vorab
                                                                                                            zur Durchsicht erhält“ – was nicht selten auf
                                                                                                            völliges Unverständnis stoße und mitunter
                                                                                                            auch zu massiven Konflikten führe. In ihrer
                                                                                                            persönlichen Hitliste stehen Ärzte auf Platz 1,
                                                                                                            wenn es darum geht, über eine spätere Auto-
                                                                                                            risierung Einfluss auf den Inhalt zu neh-
                                                                                                            men – dicht gefolgt von den Universitäten.
                                                                                                            „Manchmal drängt sich mir der Eindruck
                                                                                                            auf, dass wir inzwischen als eine Art kosten-
                                                                                                            lose PR-Agentinnen angesehen werden“, hatte
                                                                                                            die freie Journalistin in ihrer Rede bei der
                                                                                                            Preisverleihung betont.
                                                                                                                Sie kritisiert, dass öffentliche Stellen und
                                                                                                            Einrichtungen ihr das Gespräch verweigern,
                                                                                                            wenn sie sich vorab nicht bereit erkläre, den
                                                                                                            Text zum Absegnen herauszugeben – was sie
„Wir haben keine Geheimnisse“ vor dem Bürger, der aus Sicht der Mächtigen am besten nichts
sieht, nichts hört und nichts sagt: Das ist die Botschaft der Großplakate, mit denen der BJV-               nicht tut. Eine Schule im Landkreis Main-­
Ortsverband Neumarkt/Oberpfalz für die Einführung der Informationsfreiheitssatzungen                        Spessart verweigert ihr jeden Besuch als Jour-
geworben hat.                                                                   Foto: Wolf-Dietrich Nahr   nalistin mit dem Verweis darauf, dass dazu in

6                                                                                                                                             BJVreport 1/2018
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Wettbewerb zum Tag der Pressefreiheit
      Der BJV schreibt 2018 zum vierten Mal einen Wettbewerb
      zum Tag der Pressefreiheit aus. Ausgezeichnet wird ein
      journalistisches Werk (Karikatur, Foto, Videoclip oder Text),
      das sich herausragend mit dem Wert der Pressefreiheit
      auseinandersetzt. Der Gewinner erhält ein Preisgeld von
                                                                                  2018
                                                                                  www.abp.de                     Programm
      1000 Euro, der zweite Preis ist mit 500 Euro, der dritte
      Preis mit 250 Euro dotiert. Einsendeschluss ist der 17. April
      2018. Weitere Infos unter www.bjv.de/pressefreiheit2018.

Kürze eine Pressemitteilung herausgegeben werde. Oder der
Heimleiter einer Pflegeinrichtung verhindert, dass eine Bewohne-
rin über die Zustände im Haus berichtet.

Rathäuser verweigern Auskünfte
   Warum fällt es so schwer, der Presse freien Zugang zu Infor-
mationen zu gewähren? Seit Jahren weigert sich die bayerische
Staatsregierung, einem Informationsfreiheitsgesetz zuzustimmen.
Während Journalisten fast in allen anderen Bundesländern über
ein solches Gesetz Einsicht in behördliche Dokumente nehmen
dürfen, ist das im Freistaat nicht drin. Rathäuser beschränken die
Pressefreiheit, indem sie Auskünfte verweigern, zu denen sie ei-
gentlich verpflichtet sind.
   Doch es gibt einen Ausweg: Bayerische Kommunen können
sich Satzungen zur Informationsfreiheit geben, das haben inzwi-
schen 80 Gemeinden getan. Auf Initiative des BJV-Ortsverbandes
Neumarkt/Oberpfalz gibt es solche Satzungen inzwischen in 13
                                                                                                                   Print . Auffrisch-Kurse
Gemeinden des Landkreises. Die Initiatoren schließen sich damit                                            Online . Multimedia . Digitales
den Aktivitäten des Bündnisses Informationsfreiheit für Bayern                                                                Foto . Layout
an, dem unter anderem auch der Bayerische Journalisten-Verband                                             PR . UK . Corporate Publishing
                                                                                                                    Rhetorik . Moderation
angehört (Infos unter www.informationsfreiheit.org).                                                                    Fernsehen . Radio
   Das Besondere daran: In vier der 13 Gemeinden im Landkreis                                                   Redaktions-Management
Neumarkt haben auch auswärtige Journalisten, die nicht in der je-                                               Spezialkurse Fachmedien
                                                                                                                       Inhouse-Seminare
weiligen Kommune wohnen, ein ortsrechtlich geregeltes Aus-
kunftsrecht, das sogar die Akteneinsicht umfasst – eine Variante
der Informationsbeschaffung, die das herkömmliche Presserecht
nicht vorsieht.

Wächterfunktion gerade im Lokalen
                                                                      Aktuelle Seminare
                                                                         Titel, Teaser,  BU – Online
                                                                         Der Anwenderbericht
                                                                      # Redigieren
                                                                      #             – Zeitschrift
    Dabei haben Journalisten gerade im Lokalen eine Wächter-
                                                                          (23. ––  24.6.)für Fachmedien)
                                                                          (05.–06.03.,
                                                                         (29.   31.8.)
funktion, wenn es etwa um Baugenehmigungen, die Verteilung
von Posten oder die Finanzierung umstrittener Projekte geht.          # Personalführung
                                                                      #   Der Duden als(29.8.Freund:und   Konflikt-
                                                                                                      Rechtschreibung
                                                                         Online-Videos             – 2.9.)
Doch da werden heiße Themen in den nicht öffentlichen Teil der            management
                                                                          reloaded (26.–27.03.)(4. – 6.7.)
Sitzung geschoben, was so nicht zulässig ist. Der Bundesgerichts-        Social  Media     für Fachzeitschriften
                                                                       Recherche mit Dr. M. Redelfs,
hof hat bereits im April 2015 entschieden, dass ein Verstoß gegen         Videos
                                                                      ## (7. – 8.9.)für mobile   Endgeräte (04.–06.04.)
das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung zur Rechts-          Greenpeace          (11. – 13.7.)
widrigkeit des Beschlusses führt. Das gilt auch, wenn der Be-         #   Change Management
                                                                      # Multimedia     StorytellingininRedaktionen
                                                                          Wirtschaftsjournalismus
schluss zwar in öffentlicher Sitzung gefasst wurde, die Sachdiskus-       (05.–06.04.)
                                                                          (18. – 22.7.)
                                                                         Kulmbach      (7. – 9.9.)
sion aber in einer nicht öffentlichen, vorangegangenen Sitzung
durchgeführt wurde.                                                       Social Media
                                                                          Videos
                                                                      # Snapchat
                                                                      #               mit   in Breaking-News-Situationen
                                                                                            dem    Smartphone
                                                                                      für Journalisten   (am 9.9.)
    Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit (3. Mai 2018) wer-         (05.–06.04.)
                                                                          (21. – 22.7.)
den Reporter ohne Grenzen wieder ihre Rangliste herausgeben.          Das Akademie-Programm 2016 2018 bietet in mehr als 280 Volontärs-Kursen und
Deutschland steht im aktuellen Ranking auf Platz 16, hinter Na­       Seminaren journalistische Aus- und Weiterbildung für Einsteiger
                                                                                                                           Einsteiger und
                                                                                                                                      und Redaktionsprofis.
                                                                                                                                          Redaktionsprofis.
tio­nen wie Costa Rica, Estland und Jamaika. Da ist viel Luft nach
oben.                                                                 Akademie der Bayerischen Presse
                                                                      Rosenheimer Str. 145c · 81671 München · Telefon 089 4999920
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                                                                                                                                                        19
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
„Engere Daumenschrauben“
            Titel

Der Bayerische Rundfunk rüstet sich mit der trimedialen Reform
für die Zukunft und steht gleichzeitig unter massivem Spardruck.
Das spüren die Mitarbeiter. Und das macht sich im Programm bemerkbar.
Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r

Nicht die echte Baustelle in Freimann: Aber das Bild, aufgenommen
nach einem Sturm nahe Passau, soll symbolisch für den „Kahlschlag“
stehen.                                                 Foto: Armin Weigel

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Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Titel

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                                     Bäume im Naturschutzgebiet müssen            Auch Wolfgang Stöckel, Mitglied des BR-Verwal-
                                     weichen, um Platz zu schaffen für das     tungsrates (und von 1993 bis 2013 Vorsitzender des BJV),
                                     künftige Hauptquartier des Bayerischen    kritisiert das KEF-Verfahren, das ein langfristiges Wirt-
                   Rundfunks im Münchner Stadtteil Freimann. Bis 2022          schaften und Planen in den Rundfunkanstalten schwierig
                   werden die Arbeiten auf dem 20 Hektar großen Gelände        macht. „In seiner jetzigen Form ist es überholt und müss-
                   wohl dauern. Auf dem „Mediencampus“ sollen dann im          te reformiert werden, um ein Denken in längeren Zeit-
                   Zuge der Strukturreform der öffentlich-rechtlichen Sen-     räumen zu ermöglichen“, sagt Stöckel. Als Beispiel nennt
                   der die Abteilungen für Fernsehen, Hörfunk und Online       er den Umbau in Freimann. Bei dem mehrjährigen Pro-
                   eine gemeinsame Heimat finden. Die Reformansätze an         jekt kann der BR nicht mit Rücklagen arbeiten, da größe-
                   sich werden vom Gros der Mitarbeiter durchaus be-           re Bauprojekte in die Gesamtplanung der KEF einflie-
                   grüßt – aus vielen kleinen Redaktionen und Sendungen        ßen – und dann von Haushalt zu Haushalt geschaut
                   bildet man Themenressorts, gearbeitet wird künftig tri-     werden muss, wie viel Geld zur Verfügung steht.
                   medial. „Eigentlich war niemand dagegen – bis die Um-
                   setzung kam“, erzählt eine BR-Mitarbeiterin. Denn inzwi-    Frust auf allen Seiten
                   schen machen sich einige „Nebenwirkungen“ bemerkbar.            Blick in die Redaktionen: Mit der Umstrukturierung
                       Und so redet manch einer längst nicht mehr nur mit      der Informationsdirektion und der Fernsehdirektion in
                   Blick auf die gefällten Bäume und den Neubau vom            den vergangenen zwei Jahren ging einher, dass einstige
                   „Kahlschlag“. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht mit        Redaktionsleiter inzwischen als Redakteure arbeiten, aber
                   Galgenhumor ein weiterer abgeholzter Baum oder abge-        weiter ihr früheres Gehalt beziehen. Zu Frust führt dies
                   rissenes Haus in die interne Facebook-Gruppe der BRler      auf allen Seiten, beobachten Mitarbeiter. Einstige Redak-
                   gepostet wird. Die Furcht vor Personalabbau, Honorar-       tionsleiter sind unzufrieden, weil sie weniger Verantwor-
                   kürzungen und der Einstellung einzelner Sendungen ist       tung tragen und häufig erst neue Aufgaben für sie gefun-
                   allgegenwärtig. Und letztlich treibt vom 12aler bis zur     den werden müssen. Gleichzeitig werden fast keine neuen
                   Geschäftsführung fast jeden auch die große Sorge um,        Redakteursstellen ausgeschrieben und feste Freie wie Re-
                   wie es generell um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen   dakteure eingesetzt. Wohl vor allem, weil sie billiger seien
                   Rundfunks steht (mehr zur Strukturdebatte ab Seite 14).     und man sie nach Belieben einsetzen oder von einer Auf-
                                                                               gabe wieder abziehen könne, wird Kritik laut. Jedoch erle-
                   Sparrunde von zehn Millionen Euro                           digen sie vergleichbare Aufgaben wie die Redakteure und
                       Weitgehend umstrukturiert ist beim BR inzwischen        die zu Redakteuren degradierten Ex-Redaktionsleiter. So
                   die Informationsdirektion, als Nächstes geht es in der      wird nach dreierlei Maßstab bezahlt – an der Spitze der
                   Fernsehdirektion ans Eingemachte. Mit den Reformen          einstige Redaktionsleiter, darunter der angestellte Redak-
                   gehen gleichzeitig massive Sparzwänge einher. Schon         teur und schließlich der sogenannte 12aler (fester freier
                   2014, 2016 und 2017 wurde der Jahresetat jeweils um         Mitarbeiter). Am Monatsende kann das heißen: Der feste
                   zweistellige Millionenbeträge gesenkt. Als am 8. Dezem-     Freie verdient für vergleichbare Arbeit bis zu 60 Prozent
                   ber der Rundfunkrat den Wirtschaftsplan 2018 geneh-         weniger als der ehemalige Redaktionsleiter.
                   migte, begründete dessen Vorsitzender Lorenz Wolf die           Der BR schreibe faktisch so gut wie keine Redakteurs-
                   neuerliche Sparrunde mit Einsparungen in Höhe von           stelle mehr aus. Für junge Kollegen eröffneten sich so
                   rund zehn Millionen Euro als Reaktion „auf die weiter-      nach dem Volontariat kaum Aufstiegschancen, wird wei-
                   hin gedeckelte Einnahmesituation bei steigenden Kosten“.    ter intern Kritik laut. Denn statt Redakteure anzustellen,
                       Und keine Frage: Die Bayern setzen lediglich um, was    werden immer mehr redakteursähnliche Konstrukte ge-
                   auf Bundesebene vorgegeben wird. Hintergrund: Die           schaffen, Stichwort 12a-Status. „Die Leute stehen auf
                   Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der             Dienstplänen, nehmen Sendungen ab, sind bei Redakti-
                   Rundfunkanstalten, kurz KEF, gibt einen Finanzrahmen        onskonferenzen dabei, tragen sich in Urlaubspläne ein
                   vor. Reicht dieser faktisch nicht aus, müssen die Rund-     und übernehmen Verantwortung für Mitarbeiter“, listet
                   funkanstalten eben an anderen Stellen sparen. Auch for-     Justiziarin und stellvertretende BJV-Geschäftsführerin
                   dert die KEF selbst einen Stellenabbau – und zwar zwi-      Bettina Kühnast. Aber sie erhielten weniger Honorar als
                   schen 2017 und 2020 von mindestens 98 Planstellen. Seit     angestellte Kollegen, könnten von heute auf morgen völ-
                   2015 ist die Zahl der Festangestellten beim BR um mehr      lig anderen Tätigkeiten zugewiesen werden, es fehle an
                   als 250 Mitarbeiter auf 3123 gesunken. 2018 ist der Ab-     Perspektiven. Derzeit entsteht bei manchem der Mit­
                   bau von 20 weiteren Stellen geplant. BJV-Justiziarin Inga   arbei­ter auch der Eindruck, dass feste Freie aus Sparzwän-
                   Hobrecker, vom BJV in den Rundfunkrat entsandt, erlebt      gen heraus weniger Aufträge als früher erhalten und
                   dort eine resignierte Stimmung. „Die Daumenschrauben        langsam „ausgehungert“ werden – und dass dies zum Teil
                   werden immer enger und man fragt sich: Wie soll noch        wohl gerade auch jene treffe, die noch ausreichend ver-
                   mehr gespart werden?“, sagt sie. Auswirkungen zeige der     dienten und keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen
                   Spardruck auf Mitarbeiter wie Programm.                     geltend machen könnten (siehe auch Infokasten).

BJVreport 1/2018                                                                                                                         9
Kahlschlag beim BR Was die Reform und Sparzwänge für Mitarbeiter und Programm bedeuten - Bayerischer Journalisten Verband
Titel

                Zudem belastet manchen festen Freien die Angst vor          rifvertrags gleich. Das aber darf nicht einseitig gesche-
             einer Teilbeendigungs- oder Beendigungsmitteilung. Für         hen“, sagt Hobrecker. „Wir wollen mit dem Verfahren vor
             Aufsehen sorgte hier der Fall dreier junger Mütter. Gear-      allem zeigen, dass sich der Bayerische Rundfunk nicht
             beitet hatten die Journalistinnen als 12aler für die Infor-    einseitig über tarifliche Regelungen hinwegsetzen darf,
             mationsdirektion der Rundfunkanstalt. Im Zuge der Um-          sondern Neuregelungen gemeinsam mit den Gewerk-
             strukturierung erhielten – neben weiteren Kollegen – zwei      schaften als Tarifpartner verhandeln muss.“ Der BJV will
             von ihnen eine Beendigungs- und die dritte eine Teilbe-        dies gerichtlich klären.
             endigungsmitteilung. Bei einer Veranstaltung der Ge-               Stellt sich schließlich die Frage: Bleibt bei den zahlrei-
             werkschaften unter dem Motto „Qualität auf der Kippe?          chen Einsparmaßnahmen am Ende nicht vor allem auch
             Feste Freie und der Umbau des BR“ im März 2017 schil-          die Qualität auf der Strecke? „Im Rundfunkrat sehen wir
             derten die Frauen Mitgliedern des Rundfunkrats ihren           dies sehr kritisch“, sagt Inga Hobrecker. Natürlich werde
             Fall. Die Journalistinnen verklagten den BR, eine der          darauf geschaut, dass das Programm wie die Mitarbeiter
             Frauen verlor vor Gericht, die anderen beiden zogen ihre       möglichst wenig leiden müssten. „Trotzdem laufen natür-
             Klagen wieder zurück.                                          lich immer mehr Wiederholungen, es werden verstärkt
                                                                            Sendungen von der ARD übernommen, es wird zuge-
             Keine einseitige Änderung des Tarifvertrags                    kauft und es wird weniger selbst produziert. Und das ge-
                Auch der BJV streitet sich mit dem Bayerischen Rund-        schieht häufig auf Kosten der 12aler“, beobachtet die
             funk, und zwar mit Blick auf die Honorierung der 12aler.       Rundfunkrätin. Aber: Keiner mache das gern.
             Die rechtliche Grundlage bildet hier der 12a-Tarifvertrag          Fakt ist zum Beispiel, dass mit Jahresbeginn die Sen-
             von 1992. Der Honorarrahmen wurde noch früher ver-             dereihen Alpha-Forum, alpha-Lógos und Denkzeit ein-
             einbart und in Zeiten verfasst, als „ein Spardruck, wie wir    gestellt wurden. Immerhin: Die betroffenen Kollegen
             ihn heute erleben, nicht vorstellbar war“, sagt BJV-Justi-     konnten wohl alle in neuen oder anderen Formaten wei-
             ziarin Inga Hobrecker. Und vor allem seien viele Tätig-        terbeschäftigt werden. Auch beim Radioprogramm wird
             keiten, die heute Arbeitsalltag für 12aler sind, darin nicht   gespart, wie es sich Ende 2017 ankündigte – unter ande-
             vorgesehen. Dabei geht es nicht allein um technische           rem durch eine Stunde weniger Moderation bei „Bay-
             Neuerungen, sondern schlicht auch um Arbeiten, die frü-        ern 1“ pro Tag zwischen 23 und 24 Uhr. „Irgendwann ist
             her von Festangestellten, heute aber eben (auch) von fes-      eine Schmerzgrenze erreicht, das ist jetzt eigentlich der
             ten Freien ausgeübt werden bis hin zu CvD-Diensten.            Fall“, sagt BR-Verwaltungsratsmitglied Wolfgang Stöckel.
             Zusammengefasst werden die Arbeiten allesamt unter             Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den verfassungs-
             dem Punkt „Redaktionelle Mitarbeit“. Dafür hat der BR          rechtlich vorgegebenen Auftrag, einen Beitrag zur indivi-
             entsprechende neue Kennziffern in den Honorarrahmen            duellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten.
             aufgenommen. Aber: „Neue Kennziffern im Honorarrah-            „Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem die Verantwortlichen in
             men kommen aus unserer Sicht einer Änderung des Ta-            der Politik Flagge zeigen müssen“, fordert Stöckel.

                 Ausgleichszahlungen für feste Freie beim BR
                 Bleibt ein 12aler – zum Beispiel im Zuge von Umstrukturierungen – mit seinem in einem Kalenderjahr vom BR be-
                 zogenen Entgelt gegenüber dem Durchschnittsentgelt der letzten fünf Jahre vor Geltendmachung des Anspruchs
                 zurück, kann er eine Ausgleichszahlung fordern. Bei Berechnung des Durchschnittseinkommens bleiben das
                 stärkste wie schwächste Jahr innerhalb dieses Fünf-Jahres-Zeitraums unberücksichtigt. Von dem so ermittelten
                 Durchschnittseinkommen kann dann in einem Zeitraum von acht Jahren zweimal noch ein Abschlag zwischen 2,5
                 und zehn Prozent (abhängig von der Höhe des bezogenen Entgelts) vorgenommen werden. Ferner ist Vorausset-
                 zung für den Ausgleichsanspruch, dass es zu dem in einem Jahr weniger bezogenen Entgelt ohne eigenes Verschul-
                 den kam und der Anspruch bis zum 31. März des Folgejahres schriftlich gegenüber der Hauptabteilung Personal
                 Honorare und Lizenzen geltend gemacht wird.
                 Ob insgesamt mehr BR-Kollegen Ausgleichszahlungen beantragen, ist beim BJV nicht bekannt. Justiziarin Bettina
                 Kühnast beobachtet aber, dass hier die Zahl entsprechender Beratungsgespräche gestiegen ist. „Ich empfehle
                 ­immer: Macht die Ausgleichszahlungen geltend, das macht einen Teil E    ­ ures Status als 12aler aus“, sagt sie. Ihr
                  ­Eindruck: Früher verzichtete mancher Mitarbeiter darauf lieber aus Furcht, auf die Beantragung der Ausgleichs­
                   zahlung könne im schlimmsten Fall eine Teilbeendigungsmitteilung folgen. Inzwischen überwiege indes wohl
                   ­einerseits die Unzufriedenheit, andererseits gehe es nicht selten schlicht um Existenzen.
                 In der Geschäftsstelle des BJV ist übrigens aus den letzten Jahren kein einziger Fall einer Teilbeendigungs- oder
                 Beendigungsmitteilung beim BR infolge einer Ausgleichszahlung bekannt. Zur Erklärung: Anders als ein „echter“
                 Freier, genießt der feste Freie einen gewissen Beschäftigungsschutz. Will sich der BR von einem 12aler trennen,
                 ist dies nicht von heute auf morgen, sondern nur per Frist möglich, die sich an der Zeit der Betriebszugehörigkeit
                 orientiert und bis zu 15 Monate umfassen kann. Ab 20 Jahren oder dem 55. Lebensjahr und zehn Jahren regelmäßi-
                 ger Tätigkeit als fester Freier für den BR muss ein wichtiger Grund vorliegen. Mehr zum 12a-Status auf Seite 37.

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Titel

„Töne voller Atmo taugen nur mit Bildern“
Ein BR-Mitarbeiter erzählt vom Reiz und den
Herausforderungen des trimedialen Arbeitens
Vo n Mi c h a e l a S c h n e i d e r

                       „M
                                                an kann zu dritt drei Zimmer an einem         Wie der aussehen wird, wisse er noch nicht, vielleicht
                                                Tag streichen oder allein an drei Tagen“,     eine Protagonistengeschichte.
                                                sagt Sascha Hack. Der feste Freie BR-Re-         Der gebürtige Frankfurter hatte in Würzburg Jura stu-
                                                porter aus Würzburg blickt doch recht ge-     diert und arbeitete zunächst neun Jahre im Funkhaus
                               lassen auf das große Projekt „BR hoch drei“. Unter dem         Würzburg, Dach der privaten Sender Radio Charivari
                               Begriff hatte der Sender vor einigen Jahren begonnen,          und Radio Gong. 2008 bewarb sich Hack bei „Bayern 3“
                               Hörfunk, Fernsehen und Online zusammenzulegen. Die             in München – und zeitgleich im BR Studio Mainfranken.
                               Gelassenheit des 48-Jährigen rührt wohl auch daher, dass       Beide Redaktionen signalisierten Interesse, die Würzbur-
                               er schon seit Jahren drei Gewerke bedient. Damals war          ger boten ihm zudem Fernsehschulungen bei der ARD.
                               beim Bayerischen Rundfunk noch nicht die Rede von Tri-         ZDF medienakademie in Hannover an. Und so pendelte
                               medialität.                                                    der Journalist zunächst zwischen Würzburg und Mün-
                                   Für Hack bringt das trimediale Arbeiten Vorteile, zum      chen hin und her – und arbeitete für Radio, Fernsehen
                               Beispiel, dass er dem BR ein viel breiteres Portfolio anbie-   und bald auch für Online. Als es an die trimediale Re-
                               ten kann. Gleichzeitig verschweigt der 48-Jährige aber         form ging, war in Würzburg außer ihm nur ein weiterer
                               nicht die Herausforderungen. Etwa, dass es schwieriger         Kollege multimedial tätig. Heute sind es 15.
                               wird, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. „Alle, die           Kritik an Kollegen, die sich in neue Gewerke einarbei-
                               neu auf den Markt kommen – Uniabsolventen, Volontäre           ten, hält der feste Freie für unangebracht: „Sie alle sind
                               & Co – sind heute trimedial aufgestellt.“                      erfahrene Journalisten und müssen eben nur erst lernen,
                                                                                              wie man im anderen Medium Geschichten erzählt“, sagt
                               Mit Kamera, Mikrofon und Foto                                  der Reporter. Vielleicht brauche die Reform hier einfach
                                  Geht Hack auf Termin wie heute zu den Basketballern         Geduld.
                               von s.Oliver in Würzburg, hat er Kamera, Mikrofon und
                               Fotoapparat dabei. „Move it“ heißt das Projekt, 14 Lauf-       „Ich kann die Zukunft nicht filmen“
                               teams werden im März in einer Schritt-Challenge gegen              Auch seine eigene multimediale Anfangszeit beschreibt
                               die Sportler antreten. Noch am Abend des Drehtags soll         er als Lernprozess. Aufträge erhielt der Reporter unabhän-
                               ein Fernsehbeitrag gesendet werden, Hack steht darin           gig für Radio und Fernsehen, doch zeigten sich bald
                               selbst vor der Kamera und ist mit Kameramann ausge-            Syner­gie­effekte. „Die Vorbereitungszeit bleibt ähnlich, ob
                               rückt. An anderen Tagen filmt er selbst. Mit dem Mikro-        ich nun für ein Gewerk oder drei berichte“, sagt Hack. Vor
                               fon führt er ein eigenes Interview für den Radiobeitrag        Ort dauere die Arbeit allerdings oft länger, weil es aufs
                               des folgenden Tages, denn „Töne voller Atmo“ wie bei           Medium abgestimmte Herangehensweisen ans Thema
                               den Filmaufnahmen taugten nur zusammen mit Bildern.            braucht: „Im Onlinetext kann ich die Zukunft, zum Bei-
                               Und auch Fotos schießt Hack für einen Onlineartikel.           spiel ein Bauprojekt, sehr anschaulich beschreiben. Ich
                                                                                              kann die Zukunft aber nicht filmen.“ Häufiger arbeite er
                                                                                              in Fernsehbeiträgen heute mit abstrakten Bildern.
                                                                                                  Auch Radiobeiträge ging Hack mit der Fernseherfah-
                                                                                              rung teils anders an: „Im Fernsehen gibt es immer schon
                                                                                              Protagonistengeschichten. Im Hörfunk war die emotio-
Erst steht Sascha                                                                             nale Schiene früher selten.“ Deutliche Grenzen des tri-
Hack selbst vor der                                                                           medialen Arbeitens tun sich für den 48-Jährigen bei sehr
Kamera. Dann wird er
die Protagonistin                                                                             stressigen, tagesaktuellen Terminen auf. Da habe es sich
seines Beitrags,                                                                              bewährt, im Team zu arbeiten.
Annett Heusinger,                                                                                 Hack schätzt die Abwechslung des trimedialen Arbei-
noch interviewen fürs                                                                         tens: Online begeistert ihn, sich viel tiefer in Themen ein-
Radio sowie Fotos                                                                             zuarbeiten. Podcasts machten es möglich, auch einmal
vom Lauftraining für
einen Internetbeitrag                                                                         ein Acht-Minuten-Gespräch zu veröffentlichen. Beim
machen.                                                                                       Fernsehen muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Foto: Michaela Schneider                                                                      sein. Beim Radio sieht Hack den Reiz in der Aktualität.

BJVreport 1/2018                                                                                                                                       11
Titel

„Neue trimediale Aufstellung ist kein Sparmodell“
Ein Gespräch mit Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel, Informationsdirektor
Thomas Hinrichs und Roland Scheble, Leiter Strategie und Innovationsmanagement
Vo n M a r i a G o b l i r s c h

                              D
                                               er Bayerische Rundfunk hat 2012 seine       noch 400 Einzelbefragungen und Onlinebefragungen mit
                                               trimediale Reform gestartet. Sie ist auf    4000 Beteiligten. Es war uns sehr wichtig, die Kollegen
                                               zehn Jahre angelegt. Das Ziel ist die Zu-   von Anfang an mitzunehmen.
                                               sammenführung der Redaktionen aus
                                               Hörfunk, Fernsehen und Online sowie         Die KEF fordert Einsparungen bei den Ausgaben, auch
                               eine enge journalistische Vernetzung der Mitarbeiter. Wo    beim Personal. Ist die neue trimediale Aufstellung also
                               steht der Sender zur Halbzeit? Welche Rolle spielt das      auch ein Sparmodell?
                               Spardiktat der KEF?                                             Albrecht Frenzel: Nein. Die trimediale Reform beant-
                                                                                           wortet eine zentrale Zukunftsfrage des öffentlich-recht­
                               Der BR hat 2012 seine Reform „BR hoch drei“ gestartet.      lichen Rundfunks: Wie erfüllen wir unseren Programm­
                               Damals hat Intendant Wilhelm das Ziel ausgegeben, die       auf­trag; wie kriegen wir unsere Inhalte angesichts
                               Menschen in Bayern auf allen Ausspielwegen zu erreichen.    veränderter Nutzungsgewohnheiten an die Frau oder an
                               Wenn Sie eine Zwischenbilanz ziehen, ist das Konzept auf-   den Mann? Diese „digitale Herausforderung“ müssen wir
                               gegangen?                                                   natürlich in den uns vorgegebenen finanziellen Rahmen-
                                  Thomas Hinrichs: Wenn ich das in einem Bild be-          bedingungen mit immer knapper werdenden Mitteln
„BR hoch drei“ ist die         schreiben soll, dann ist das Neuland erkundet und ver-      meistern. Aber knappe Mittel ändern nichts am Auftrag
trimediale Reform              messen, die Schienen sind gelegt. Wir haben Energie –       oder an den Erwartungen des Publikums. Die Ziele von
des Bayerischen                wenn auch immer nur für einen kurzen Zeitraum, was          „BR hoch drei“ wären deshalb bei einer auskömmlich bis
Rundfunks betitelt.            mit dem Rundfunkbeitrag zusammenhängt – und die             üppigen Finanzausstattung identisch. Allerdings wäre
Doch hoch hinaus ist           Züge rollen. Jetzt hängen wir während der laufenden         ihre Umsetzung leichter und damit schneller möglich.
schwierig, wenn
gleichzeitig gespart           Fahrt Waggons an, das ruckelt auch manchmal, was nor-
werden muss.                   mal bei einem so komplexen Prozess ist. Das Ziel haben      Welche Summen müssen wo eingespart werden, wo setzen
        Foto: Jim Albright    wir noch nicht erreicht, aber wir sind auf einem guten      Sie den Sparstift an?
                               Weg.                                                            Frenzel: Der Wirtschaftsplan 2018 sieht neuerliche
                                                                                           Einsparungen in Höhe von 9,7 Millionen Euro vor. Das
                                              Um in diesem Bild zu bleiben, sind die       ist nur ein weiterer Schritt nach den Sparhaushalten
                                              Mitarbeiter auch auf den Zug aufgesprun-     2014, 2016 und 2017 mit einer Größenordnung von jähr-
                                              gen?                                         lich 20 bis 30 Millionen Euro. Bis jetzt konnten wir uns
                                                 Roland Scheble: Ich kenne keine an-       bei unseren Einsparungen noch überproportional auf
                                              dere Reform dieser Größenordnung, bei        Produktion und Verwaltung beschränken. Aber da kom-
                                              der die Mitarbeiter auf unterschiedlichen    men wir allmählich an unsere Grenzen. Wir haben den
                                              Hierarchiestufen so viele Vorschläge mit     Personalabbau in der Fernsehproduktion, den müssen
                                              der Geschäftsleitung letztlich auch um-      wir zu einem Drittel intern wieder auffangen. Das heißt
                                              setzen konnten. Zahlreiche Projekte wie      konkret, ich brauche Stellen in der Verwaltung, die ich
                                              die Standortempfehlungen, Ressortzu-         für die Festangestellten der Fernsehproduktion freihalten
                                                   schnitte, die Bilddatenbank oder die    muss, die noch einige Zeit im BR vor sich haben. Denn
                                                    medienübergreifende Technik wur-       wir wollen diesen Prozess ja sozialverträglich und ohne
                                                    den von Mitarbeitern in mühevoller     betriebsbedingte Entlassungen gestalten. Also mussten
                                                    Kleinarbeit entwickelt. Der „BR        wir jetzt auch ans Programm gehen und so schmerzhafte
                                                     hoch drei“-Prozess ist mit extrem     Entscheidungen wie die Abgabe des „ARD-Mittagsmaga-
                                                     hoher Beteiligung entstanden, al-     zins“ an den RBB treffen.
                                                     lein in den ersten beiden Phasen
                                                     waren es 20 Projektgruppen mit        Wie setzen Sie den von der KEF geforderten Personalabbau
                                                     250 Mitarbeitenden, die wiederum      konkret um?
                                                      in 90 Workshops 1000 Kollegen           Frenzel: Der BR hat derzeit 3525 Festangestellte, da­
                                                      beteiligt haben. Dazu kommen         run­ter 290 Gagisten. Wir haben bereits einen Abbaupfad

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Titel

                                                                                                 Auch bei den festen Freien gibt es ungleiche Honorare …
                     Thomas Hinrichs studierte Geschichte und begann seine Arbeit                   Hinrichs: Natürlich gilt bei uns auch für die festen
                     beim BR 1995 als freier Mitarbeiter, war dann als Redakteur
                                                                                                 Freien der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
                     beim ARD-Magazin „Report aus München“ und als Korrespon-
                     dent in Bonn, später in Berlin im ARD-Hauptstadtstudio tätig,               Das kann konkret bedeuten, dass der eine oder andere
                     ehe er 2004 die Leitung der BR-Redaktion „ARD-Mittagsmaga-                  profitiert. Es gibt aber auch Fälle, wo weniger verdient
                     zin“ übernahm. Seit November 2006 ist Hinrichs zweiter Chef-                wird als vorher. Individuell mag man das als ungerecht
      redakteur bei „ARD aktuell“. Im Mai 2014 wurde er zum BR-Informations­                     empfinden. Aber wir haben eben nicht mehr die Mittel,
      direktor berufen und ist seither für die Programmbereiche „B5 aktuell –                    um zu sagen: Wir nehmen die oberste Honorarstufe und
      Politik und Wirtschaft“, „Politik“, „Sport und Freizeit“ und die Redaktion                 passen daran an.
      „Telemedien“ verantwortlich.

                    Albert Frenzel volontierte bei der Schwäbischen Zeitung und                  Wird der BR auch die Zahl der festen freien Mitarbeiter
                    arbeitete dort bis 1990 als Redakteur. Nach Studium und Pro-                 redu­zieren?
                    motion in den Verwaltungswissenschaften kam Frenzel zum                         Frenzel: Wir beschäftigen derzeit aktuell 1707 feste
                    SDR und arbeitete danach als Referent des SWR-Verwaltungs­                   Freie und beabsichtigen im Rahmen des Wirtschaftsplans
                    direktors, 1999 wechselte er für drei Jahre zu ARTE und war                  2018 keinen Abbau.
                    dort als Referent für Unternehmensplanung und als Leiter der
      Multimedia-Redaktion tätig. Von 2002 bis 2006 leitete er die Hauptabteilung
                                                                                                 Mit weniger Geld und weniger Personal ein gleich gutes
      Intendanz beim NDR, wurde dann zum Verwaltungsdirektor ernannt.
      Seit Januar 2015 hat Frenzel diese Position beim BR inne.                                  oder sogar ein besseres Programm machen – wie soll das
                                                                                                 funktionieren?
                     Roland Scheble arbeitete während seines Jurastudiums als                        Hinrichs: Wir haben mehr Programmangebote ge-
                     freier Mitarbeiter für den BR. Nach Referendarszeit und Promo-              schaffen. Das kostet in der Regel auch mehr Geld und
                     tion folgte die Festanstellung bei „Bayern 1“. Er gestaltete dort           mehr Personal. Das haben wir nicht bekommen. Vor dem
                     die Programmreform mit und wurde 2006 Leiter der Zentralre-                 Hintergrund des digitalen Wandels besteht aber beim
                     daktion „Bayern 2“. Seit 1999 ist Scheble in verschiedene
                                                                                                 Beitragszahler das berechtigte Bedürfnis, unsere Inhalte
                     Strategieprozesse involviert und steuert als Gesamtprojekt­
      leiter den Prozess „BR hoch drei“.                                                         auch digital und mobil nutzen zu können. Dem kommen
      Fotos: Markus Konvalin und Phillip Kimmelzwinger/BR                                        wir mit unserer trimedialen Reform nach. Deshalb haben
                                                                                                 wir an den Stellen, wo es möglich war, Luft aus dem Or-
                                                                                                 ganigramm genommen und Synergien genutzt. Aber wir
                                 hinter uns, aber auch noch vor uns. Der Entwurf des ak-         wollten auch in die Region investieren. Das ging nicht
                                 tuellen KEF-Berichts geht davon aus, dass wir in diesem         mehr allein über Synergien. Deshalb haben wir Sendun-
                                 Jahr 17 bis 20 Stellen netto abbauen müssen. Wenn wir           gen verkürzt und das „ARD-Mittagsmagazin“ abgegeben.
                                 zusätzliche strategisch wichtige Aufgaben in Angriff neh-       Natürlich tut mir das weh, ich war ja schließlich einmal
                                 men, dann geschieht das immer unter der Prämisse einer          Leiter dieser Sendung, es ist aber ohne Alternative, weil
                                 Austauschentwicklung. Das bedeutet, wir können dafür            wir künftig Schwerpunkte setzen müssen: Für den BR be-
                                 keine zusätzlichen Stellen einplanen, sondern müssen            deutet das vor allem, die Berichterstattung aus und für
                                 2018 für neue Aufgaben 13 solcher Stellen „umbauen“,            Bayern zu stärken. Wenn man klug und synergetisch zu-
                                 also neuen Aufgabenbereichen zuordnen.                          sammenarbeitet, dann wird aus eins plus eins auch
                                                                                                 manchmal drei. Aber irgendwann ist der Drops dann ge-
                                 Im Zuge der Strukturreform werden Redaktionsleiter wie-         lutscht. Und an diesem Punkt sind wir jetzt. Wenn es
                                 der zu normalen Programmredakteuren, behalten aber              nichts oben draufgibt, dann wird es extrem schwierig, die
                                 ihre Eingruppierung in die Besoldungsgruppen 16 oder 18.        Vielfalt der Angebote zu halten und gleichzeitig die Qua-
                                 Gleichzeitig nehmen immer mehr feste Freie redaktions-          lität noch zu steigern.
                                 ähnliche Aufgaben war. Es führt zu Frust, wenn unter-
                                 schiedlich bezahlte Mitarbeiter die gleichen Aufgaben erle-     Wo sehen Sie den Sender in der Zukunft, wenn sich die
                                 digen. Wie wollen Sie dieses Dilemma lösen?                     Refor­men abbilden?
                                     Frenzel: Wir haben gewachsene Strukturen, die wir              Hinrichs: Wir arbeiten nicht mehr in Silos, sondern
                                 aus den genannten Gründen umbauen müssen. Gleich-               ausschließlich danach, was der Beitragszahler will. Wenn
                                 zeitig sind wir ein fairer Arbeitgeber, der niemanden he­       das Publikum bei Facebook ist, dann stellt sich für mich
                                 run­ter­gruppiert, weil er oder sie nach langjähriger erfolg-   nicht die Frage, ob ich Facebook mag. Sondern dass wir
                                 reicher Tätigkeit eine neue Aufgabe mit einer anderen           mit unseren Inhalten auch dort präsent sein müssen. Und
                                 Richtposition übernimmt. Deshalb gilt hier Besitzstands-        wenn politische Parteien den Diskurs in die sozialen
                                 wahrung. Wir können aber beim besten Willen nicht               Netzwerke verlagern, dann können wir nicht außen vor
                                 auch noch für diese Übergangsphase schematisch nach             bleiben und riskieren, dass wir mit unserem Programm
                                 dem Grundsatz der Gleichbehandlung alle nach oben ni-           nur noch Teilgruppen erreichen, während Hasardeure im
                                 vellieren. Dafür fehlen uns schlicht die Mittel.                Netz Fake News verbreiten.

BJVreport 1/2018                                                                                                                                       13
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