082884/EU XXVII.GP Eingelangt am 03/12/21 - Parlament

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082884/EU XXVII.GP
                                                                 Eingelangt am 03/12/21

                        EUROPÄISCHE
                        KOMMISSION

                                                  Brüssel, den 1.12.2021
                                                  COM(2021) 764 final

     MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN
      RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND
                      DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

        Gemeinsam gegen fortbestehende und neue COVID-19-Herausforderungen

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AKTUELLEN UND NEUEN HERAUSFORDERUNGEN DURCH COVID-19
                     GEMEINSAM BEGEGNEN

I      EINLEITUNG
In vielen Mitgliedstaaten war in diesem Herbst ein Wiederaufflammen von COVID-19 mit
rapide steigenden Fallzahlen zu beobachten, wodurch Krankenhäuser und Mitarbeiter im
Gesundheitswesen erneut stark belastet werden. Regierungen sind erneut gezwungen, die
Notwendigkeit von Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus gegen deren
soziale und wirtschaftliche Auswirkungen abzuwägen. Die Rückkehr zu einer Krisensituation
nach einer Atempause hat bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Frustration und Ermüdung
ausgelöst. Die neue Bedrohung durch die Omikron-Variante hat die Bedenken weiter verstärkt.
Schnelles und entschlossenes Handeln ist nötig. Die gemeinsamen Anstrengungen der EU, der
Mitgliedstaaten und der Bürgerinnen und Bürger sorgen dafür, dass wir jetzt viel besser
aufgestellt sind als zu Beginn der Pandemie. Wir wissen inzwischen viel mehr darüber, wie die
Ausbreitung von COVID-19 mit Hygienemaßnahmen und gezielten Einschränkungen
eingedämmt werden kann. Auch stehen immer mehr Therapeutika zur Behandlung von
COVID-19 zur Verfügung. Doch mehr als alles andere reduzieren die Impfungen das Risiko
für die meisten Europäer erheblich. Dank der Impfungen kann ein Großteil des Alltags wieder
stattfinden und die Volkswirtschaften können beginnen, sich zu erholen; außerdem haben die
Impfungen den Weg für Initiativen zur Wiederherstellung der Freiheiten geebnet,
beispielsweise für das digitale COVID-Zertifikat der EU. Gemeinsame Anstrengungen der EU
zum Aufbau der Produktion von und Versorgung mit Impfstoffen haben den Zugang zu
Impfungen erheblich verbessert und die Verfügbarkeit von Impfstoffen steht nun außer Frage:
ein deutliches Beispiel für den Mehrwert eines Vorgehens auf EU-Ebene. Die Impfung
bedeutet, dass die Reaktionen auf die Pandemie besser an die Situation des Individuums
angepasst werden können.
Doch die erneute Gefahr durch neue Varianten dient als Erinnerung, dass wir auch weiterhin
schnell und entschlossen handeln müssen. Wir haben jetzt eine viel größere Bandbreite an
Werkzeugen und die Erfahrung dazu, wie diese am wirksamsten eingesetzt werden; der
Impferfolg bedeutet aber auch, dass neue Maßnahmen, mit denen man der derzeitigen
Pandemiephase hätte zuvorkommen können, nicht immer rechtzeitig ergriffen wurden. Erneut
machen wir die Erfahrung, dass je länger wir damit warten, diese Werkzeuge einzusetzen, wir
umso drastischere Maßnahmen ergreifen müssen.
Diese Dringlichkeit gilt auch für das globale Handeln. Nur wenn wir zusammenarbeiten,
können wir die Pandemie wirksam bewältigen und Fortschritte in Richtung langfristiger
Gesundheitssicherheit machen. Die Omikron-Variante zeigt uns erneut, wie wichtig
Transparenz in Echtzeit und weltweite Koordination sind und dass es entscheidend ist, die
Werkzeuge zur Bekämpfung der Pandemie gemeinsam zu nutzen und miteinander zu teilen.
Sie führt uns auch vor Augen, dass die internationalen Bemühungen zur Unterstützung aller
Länder bei der Bewältigung der Pandemie nicht weit genug gingen. Der Beschleunigung dieser
Anstrengungen muss hohe Priorität eingeräumt werden.
Die Erfahrung der vergangenen 18 Monate zeigt, dass eine koordinierte Reaktion der EU die
wirksamste und überzeugendste Vorgehensweise in Bezug auf die Pandemie ist. Sie optimiert
den Umfang und die Wirkung unserer Maßnahmen, gewährleistet Vorhersehbarkeit für die
Bürgerinnen und Bürger und bietet einen Rahmen, in dem Mitgliedstaaten ihre Reaktionen
anpassen können. Sie zeigt unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass die Politik weiterhin von

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einem starken wissenschaftlichen Konsens gelenkt wird. Es ist jetzt dringend notwendig,
erneut so vorzugehen. Die EU muss zeigen, dass sie weiterhin zu entschlossenem Handeln
gewillt ist, indem sie rasch deutliche und koordinierte Schritte unternimmt, um das
Wiederaufflammen des Virus zu bekämpfen.

II      DIE NEUE WELLE DER COVID-19-INFEKTIONEN
Die EU steht derzeit vor einer doppelten Herausforderung. Die Mitgliedstaaten finden sich
bereits inmitten rasch steigender Fallzahlen, wobei die Lage so ernst ist, dass sie die
Gesundheitssysteme erneut vor massive Herausforderungen stellt. Hinzu kommt nun die
Bedrohung durch die Omikron-Variante und obwohl die genauen Auswirkungen dieser
Variante noch untersucht werden, machen die Geschwindigkeit, mit der sie sich verbreitet, und
das Ausmaß der Mutation sie zu einer eindeutig besorgniserregenden Variante. Ihr Auftreten
zu einem Zeitpunkt, an dem die Impfquote noch immer zu niedrig ist, mit
Auffrischungsimpfungen gerade erst begonnen wird und die Gesundheitssysteme seit zwei
Jahren extrem unter Druck stehen, bedeutet, dass zügiges Handeln gefragt ist.
Die jüngste Ausbreitung des Virus
Seit Oktober ist die Zahl der COVID-19-Fälle stark angestiegen.1 Dies führte Woche für
Woche zu einem Anstieg von schweren Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfällen,
insbesondere in Mitgliedstaaten mit niedriger Impfquote. Nichtsdestotrotz hat die Einführung
der Impfstoffe dazu geführt, dass der Anteil der Menschen, die schwerwiegend erkranken oder
sterben, signifikant geringer ist als in den ersten Wellen der Pandemie.
Eine Ursache für diesen erneuten Anstieg ist das Vorherrschen der Delta-Variante, die doppelt
so ansteckend ist wie das ursprüngliche Virus, auch wenn die Impfstoffe gegen die von dieser
Variante verursachte Erkrankung weiterhin wirksam sind. Darüber hinaus lässt die Immunität
derer, die die Impfung als erste erhalten haben (im Allgemeinen die am meisten gefährdeten
sowie ältere Personen), möglicherweise bereits nach. Die jahreszeitlichen Änderungen haben
außerdem dazu geführt, dass sich ein Großteil des sozialen und wirtschaftlichen Lebens in
Innenräume verlagert hat, wo das Virus leichter übertragen werden kann. Auch die
Geschwindigkeit, mit der Regierungen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen erlassen
oder lockern, hat deutliche Auswirkungen auf die Fähigkeit des Virus, sich zu verbreiten.
Von entscheidender Bedeutung für die derzeitige Lage ist jedoch, dass ein erheblicher Teil der
Europäerinnen und Europäer noch immer ungeimpft ist. Insgesamt sind 23,5 % der
Erwachsenen in der EU noch nicht vollständig geimpft,2 in einigen Mitgliedstaaten sind es
sogar 70,8 %. Am besorgniserregendsten ist wohl die Tatsache, dass in einigen Mitgliedstaaten
bis zu 65 % der über 65-Jährigen noch nicht vollständig geimpft sind.
Es ist offenkundig, dass die Impfung die Wahrscheinlichkeit einer Infektion verringert und das
Risiko, schwer zu erkranken oder zu sterben, erheblich reduziert. Die Impfung bietet jedoch
keinen vollständigen Schutz vor einer Infektion und geimpfte Personen können, wenn sie
infiziert sind, die Krankheit auch weiterhin übertragen. Allerdings führt eine Infektion bei
geimpften Personen viel wahrscheinlicher zu einem relativ milden Verlauf von COVID-19.
Eine erste Analyse von Daten aus drei Mitgliedstaaten bestätigt, dass die Hospitalisierungsrate

1
     Die Gesamtmelderate für COVID-19-Fälle in Woche 45 (8. bis 14. November 2021) für die EU/EWR betrug
     485,5 je 100 000 Einwohner vom 8. bis 14. November und 612,2 vom 15 bis 21. November (ECDC,
     17. aktualisierte schnelle Risikobewertung).
2
     Dies entspricht 34,3 % der Gesamtbevölkerung.

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bei ungeimpften Personen deutlich höher ist als bei geimpften. Anders ausgedrückt: Die
Impfung reduziert die Wahrscheinlichkeit, schwer an COVID-19 zu erkranken, ganz erheblich.
Abbildung: Hospitalisierungsrate von COVID-19-Patienten nach Impfstatus in drei Mitgliedstaaten

Obwohl Impfungen zuverlässigen Schutz bieten, nimmt ihre Wirksamkeit im Laufe der Zeit
natürlich ab. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten
(ECDC) veröffentlichte am 24. November eine schnelle Risikobewertung, in der es darauf
hinwies, dass für Menschen ab 40 dringend eine Auffrischungsdosis in Betracht gezogen
werden muss, wobei mit den am meisten gefährdeten und älteren Personen angefangen werden
sollte. Das ECDC wies außerdem darauf hin, dass die Länder für alle Erwachsenen eine
Auffrischungsdosis sechs Monate nach Abschluss der Erstimpfung in Betracht ziehen könnten.
Dies würde den Schutz vor einer Infektion angesichts einer nachlassenden Immunität erhöhen.3
Alle Mitgliedstaaten haben bereits damit begonnen, die am meisten gefährdeten
Bevölkerungsgruppen mit Auffrischungsimpfungen zu versorgen, und eine Reihe von
Mitgliedstaaten bietet bereits Auffrischungsimpfungen für die gesamte Bevölkerung an.
Zusätzlich zur Impfung Erwachsener hat die Zulassung zweier Impfstoffe für die Altersgruppe
12+ es den Mitgliedstaaten ermöglicht, die Impfkampagne noch weiter auszuweiten. Des
Weiteren wurde nun ein Impfstoff für Kinder von 5 bis 11 Jahren zugelassen.
Die Wirksamkeit der Impfungen hat die Wiederaufnahme eines Großteils des sozialen und
wirtschaftlichen Lebens über den Sommer ermöglicht. Allerdings hat die Lockerung von
Einschränkungen zu einer erneuten Ausbreitung des Virus beigetragen, sodass grundlegende
Hygienemaßnahmen wie das Tragen einer Maske nicht mehr ausreichten. Als die Fallzahlen
zu steigen begannen, sahen sich die Behörden mit der Herausforderung konfrontiert, die
wirksamsten zielgerichteten Maßnahmen zu bestimmen.
Der enorme Anstieg schwerer Krankheitsfälle, insbesondere unter den Ungeimpften, hat zu
einer enormen Belastung für die Krankenhäuser und das Pflegepersonal geführt, die bereits
von den Ereignissen der vergangenen 18 Monate gezeichnet sind. Diese Überlastung des
Gesundheitssystems hat auch direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von Nicht-COVID-
Patienten, da der Zugang zur Gesundheitsversorgung bei anderen Erkrankungen durch die
Notwendigkeit, COVID-19-Patienten zu versorgen, erneut unter Druck gerät. Somit ist die
Belastung der Gesundheitssysteme ähnlich stark oder sogar stärker als im vergangenen Winter.

3
     https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/rapid-risk-assessment-sars-cov-2-situation-november-
     2021

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Die Einführung neuer Maßnahmen ist also unvermeidbar, und die Regierungen stehen vor der
schwierigen Entscheidung, wann welche Maßnahmen zu ergreifen sind.
Maßnahmen zu Bekämpfung der Omikron-Variante
Die Identifizierung der Omikron-Variante (B.1.1.529) durch Südafrika zeigt deutlich, wie
wichtig es ist, schnell und entschlossenen zu handeln, um die Ausbreitung des Virus
einzuschränken und zu verlangsamen und das Risiko möglicher weiterer Mutationen zu
beherrschen. Die Arbeit Südafrikas bei der Durchführung von Analysen und die Transparenz
beim Austausch von Ergebnissen war unverzichtbar für eine schnelle weltweite Reaktion und
ist ein Vorbild dafür, wie internationale Zusammenarbeit aussehen sollte.
Wie die Weltgesundheitsorganisation4 am 26. November 2021 schlussfolgerte, ist eine globale
Anstrengung erforderlich, um sicherzustellen, dass Varianten erkannt und verfolgt werden.
Dies bedeutet:
    x   verstärkte Überwachung und zügiger Ausbau der globalen Bemühungen bei der
        Genomsequenzierung,
    x   Übermittlung vollständiger Genomsequenzen an eine öffentlich zugängliche
        Datenbank,
    x   Meldung erster Fälle und Infektionsbrennpunkte, die mit besorgniserregenden
        Varianten zusammenhängen, an die WHO und das ECDC,
    x   Durchführung von Felduntersuchungen und Laborauswertungen zur Verbesserung des
        Verständnisses möglicher Auswirkungen der besorgniserregenden Varianten.

Ganz abgesehen von diesen globalen Anstrengungen müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten
jetzt handeln. Während bereits schnelle Schritte zum Sammeln von Schlüsseldaten zur
Omikron-Variante unternommen werden, sind Vorsichtsmaßnahmen von entscheidender
Bedeutung. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Notfallpläne in die Tat umsetzen, sobald erste
Fälle auftreten. Eine Steigerung der Impfquoten, auch durch die rasche Durchführung von
Kampagnen für Auffrischungsimpfungen, sowie die zügige Einführung von
Vorsichtsmaßnahmen und Beschränkungen der sozialen Kontakte sollten die Ausbreitung der
Omikron-Variante und anderer Varianten verlangsamen. Die Mitgliedstaaten müssen schnell
und entschlossen handeln, sobald ein Fallcluster festgestellt wird.
In dieser Hinsicht kann die EU auf wichtige Initiativen zurückgreifen, die im Laufe des letzten
Jahres ins Leben gerufen wurden: Erstens hat die Kommission mit dem im Februar 2021 an
den Start gegangenen HERA-Inkubator die notwendigen Vorbereitungen für die Entdeckung
von Varianten sowie für die Entwicklung, gesetzliche Zulassung und Produktion von
angepassten Impfstoffen getroffen. Die EU hat erhebliche Anstrengungen unternommen, um
ihre Kapazitäten für die schnelle Entdeckung und Charakterisierung von besorgniserregenden
Varianten zu steigern. Im Februar 2021 wurden 200 Mio. EUR bereitgestellt, um die
Sequenzierungskapazitäten der Mitgliedstaaten zu stärken. Ein Dienstleistungsvertrag zur
Sequenzierung von Gesamtgenomen hat es 11 Mitgliedstaaten und drei Ländern des westlichen
Balkans ermöglicht, mehr als 100 000 Proben analysieren zu lassen. Mit einem neuen
Programm im Umfang von 77 Mio. EUR soll langfristig eine Infrastruktur zur
Genomsequenzierung und -untersuchung in 24 EU/EWR-Ländern aufgebaut werden und für
2022 ist eine Verlängerung des Programms geplant. Dies ermöglicht nicht nur eine bessere
Reaktion auf die aktuelle Pandemie, sondern auch eine dauerhafte Erhöhung der Kapazitäten.
Die EU hat außerdem ihre Kapazitäten für die Untersuchung von Abwasser weiterentwickelt,

4
    https://www.who.int/news/item/26-11-2021-classification-of-omicron-(b.1.1.529)-sars-cov-2-variant-of-
    concern

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um so die Orte mit neuen Fällen zu erkennen. Somit ist die EU nun besser auf Varianten
vorbereitet: die Investitionen in höhere Kapazitäten für die genetische Sequenzierung und ein
effektiver Datenaustausch werden eine Identifizierung weiterer Mutantenstämme in Echtzeit
ermöglichen, sodass sofortige Maßnahmen ergriffen werden können. Die gegebenenfalls
erforderliche Anpassung von Impfstoffen an neue Stämme wird nunmehr in Verträge mit
Impfstoffherstellern miteinbezogen.
Zweitens hat die Kommission im September 2021 die Europäische Behörde für die
Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (Health Emergency Preparedness
and Response Authority – HERA) ins Leben gerufen und so dafür gesorgt, dass strategische
Orientierung und Fachwissen auf nationaler und EU-Ebene im HERA-Board
zusammengebracht werden und ein gemeinsames Tätigwerden sichergestellt ist. Die neue
Behörde baut bereits die Kapazitäten für Modellierung und Vorausschau auf und vernetzt diese,
sodass geeignete Krisenreaktionen zügig bestimmt und in die Tat umgesetzt werden können.
Ihre starke Ausrichtung auf den privatwirtschaftlichen Sektor nutzt Partnerschaften mit
Unternehmen und sorgt für den Ausbau unternehmerischer Kapazitäten für Impfstoffe und
Therapeutika.
Drittens kann durch Reisebeschränkungen das weitere Eindringen der neuen Variante von
außerhalb der EU verlangsamt werden. Der gemeinsame Rahmen zur Koordinierung von
Maßnahmen zur Beschränkung von Einreisen in die EU (siehe unten) machte es möglich, dass
innerhalb von Stunden nach Anerkennung der Omikron-Variante durch die WHO eine
„Notbremse“ gezogen werden konnte. Das Ergebnis war die Vereinbarung vom 26. November,
in der für die am stärksten von der Omikron-Variante betroffenen Länder gezielte
Reisebeschränkungen festgelegt wurden. Diese Regelungen ermöglichen auch eine konstante
Überwachung der Situation, damit entsprechend reagiert werden kann, entweder mit einer
Erweiterung der Liste der betroffenen Drittländer, der Einführung möglicher Maßnahmen
innerhalb der EU oder der Aufhebung von Vorsichtsmaßnahmen, sobald weitere
wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.
Die EU und die Mitgliedstaaten müssen umgehend handeln:
   x   Die Mitgliedstaaten müssen Notfallpläne parat haben, um Ausbrüche der Variante, wo
       immer sie festgestellt werden, rasch und entschlossen kontrollieren zu können.
   x   Die Mitgliedstaaten müssen – als einen unentbehrlichen Schritt in Richtung höherer
       Schutz    gegen Varianten         –    umgehend      startbereite Kampagnen für
       Auffrischungsimpfungen parat haben.
   x   Die Mitgliedstaaten sollten sich, unterstützt von der Kommission, eng untereinander
       absprechen,     um      Echtzeit-Änderungen      bezüglich      Grenzübertritts- und
       Reisebeschränkungen, einschließlich Test- und Quarantänemaßnahmen, in
       Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Rates zu Reisen in die EU und
       Freizügigkeit innerhalb der EU vorzunehmen. Basierend auf den neuesten verfügbaren
       wissenschaftlichen Erkenntnissen und um dem Vorsorgeprinzip Rechnung zu tragen,
       können die Mitgliedstaaten als geeignete Maßnahme im Rahmen einer Notbremse in
       Betracht ziehen, vor der Einreise einen PCR-Test zu verlangen, um dem derzeitigen
       Risiko durch die Omikron-Variante zu begegnen, insbesondere was Einreisen in die
       EU, aber auch was Reisen innerhalb der EU betrifft. Derartige Maßnahmen sollten von
       möglichst kurzer Dauer, verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sein und regelmäßig
       überprüft werden.
   x   Die Mitgliedstaaten sollten die Kapazitäten für die Genomsequenzierung und
       Überwachung der Omikron-Variante und anderer besorgniserregender Varianten

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erhöhen, auch durch breit angelegte Abwasseruntersuchungen. Die Kommission wird
          helfen, einen zügigen Austausch von Proben und Ergebnissen sicherzustellen.
      x   Die Kommission wird Länder mit wenigen Sequenzierungsdaten bei der Probenahme
          und der Durchführung von Antigen-Tests unterstützen.
      x   Sowohl auf EU- als auch auf mitgliedstaatlicher Ebene sollte Ländern im südlichen
          Afrika sowie allen anderen betreffenden Ländern Unterstützung bei der Erhebung und
          Untersuchung klinischer Daten zu Infektionen mit dieser neuen Variante gewährt
          werden.
      x   HERA wird weiterhin ihr Potenzial für die Bekämpfung der Omikron-Variante
          vollumfänglich einsetzen:
          x Die HERA-Expertengruppe für Varianten agiert als Kontaktstelle für
              Situationsanalysen.
          x HERA arbeitet mit den Impfstoffherstellern zusammen, um gegebenenfalls die
              rasche Anpassung der Impfstoffe an die neue Variante und eine ausreichende
              Produktionskapazität für Impfstoffe zu gewährleisten;
          x Das HERA-Board führt – auch in Abstimmung mit der WHO – die strategische
              Orientierung der EU und nationale Maßnahmen zusammen.

III       DEN KURS HALTEN: ABGESTIMMTE MAẞNAHMEN ZUR BEKÄMPFUNG
          VON COVID-19
Das Virus hat sich sowohl als langlebig als auch anpassungsfähig herausgestellt, wobei die
Delta-Variante in der EU derzeit vorherrscht und die Omikron-Variante eine neue Bedrohung
darstellt. Nur mit nachhaltigem und entschlossenem Handeln wird es möglich sein, die
Pandemie unter Kontrolle zu bringen und zu halten. Daher ist es besonders wichtig,
Maßnahmen auch dann zu ergreifen, wenn die Infektionsraten niedrig sind und nicht nur als
Reaktion auf steigende Infektionszahlen oder das Auftreten neuer Varianten. Dies war der
Grundsatz der EU-Maßnahmen gegen die Pandemie: die Verfügbarkeit, Bereitstellung und
Verabreichung von Impfstoffen zu gewährleisten, die Behandlung Infizierter zu verbessern und
gemeinsam zu handeln, um sicherzustellen, dass die Einschränkungen wirksam sind, aber auch
angemessen und fair bleiben.
Eine der wichtigsten Lektionen der vergangenen 18 Monate ist, dass es besonders wichtig war,
sich auf eine gemeinsame und koordinierte Herangehensweise der EU zu einigen und diese
Herangehensweise so deutlich wie möglich zu kommunizieren. Nicht eindeutig erklärte
Unstimmigkeiten zwischen nationalen Impfstrategien haben die Bemühungen, die Impfskepsis
zu bekämpfen, untergraben. Enorme Unterschiede in den angewandten Maßnahmen im
Bereich der öffentlichen Gesundheit, die wiederum nicht durch vergleichbar große
Unterschiede in der epidemiologischen Lage erklärt werden konnten, haben das Vertrauen der
Öffentlichkeit gestört.
Weiterer Aufbau wirksamer Impfungen
Die Impfbemühungen müssen fortgesetzt werden. Bereitstellung und Produktionskapazitäten
werden nun durch die EU-Impfstrategie gewährleistet. Bis Ende des Jahres wird die EU eine
Produktionskapazität von über 300 Mio. Dosen pro Monat aufgebaut haben. Die Verträge im
Rahmen der Impfstrategie der EU ermöglichen den Mitgliedstaaten Zugang zu der Menge an
Impfdosen (einschließlich modifizierter Impfstoffe, sollten diese erforderlich werden), die sie
in den Jahren 2022 und 2023 benötigen. Die EU wird auch weiterhin in die Entwicklung und
Herstellung besserer und fortschrittlicherer Impfstoffe gegen COVID-19 und seine Varianten
investieren müssen. HERA wird die Entwicklung einer wirksamen Strategie ermöglichen, um

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genau diese Aufgabe auszufüllen und so sowohl aktuelle als auch zukünftige Bedrohungen
durch die Weiterentwicklung, Herstellung, Beschaffung und Verteilung von Impfstoffen zu
bekämpfen. Dazu gehört auch, die Schwachstellen bei den für die Impfstoffherstellung
unerlässlichen Vorräten und Materialien zu bestimmen und zu beheben, wobei auf der Arbeit
der Task Force der Kommission für den Ausbau der industriellen Produktion aufgebaut wird.
Die bestehende Möglichkeit der gemeinsamen Beschaffung von Spritzen sollte von den
Mitgliedstaaten aufgegriffen werden, um eventuellen Engpässen zu begegnen. Entscheidend
ist auch die Verbesserung des Zugangs zu Impfungen, sodass die Verabreichung von
Impfungen durch Gesundheitsdienste direkt in den Gemeinschaften auf lokaler Ebene und mit
einfachem Zugang für die Bürgerinnen und Bürger stattfinden kann.
Eine zentrale Herausforderung besteht aktuell darin, diejenigen, die noch nicht geimpft sind,
davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen. Die Mitgliedstaaten nutzen jetzt eine Vielzahl von
Maßnahmen, mit denen gezeigt werden soll, dass Ungeimpfte eine größere Gefahr für die
Gesundheit der Gesellschaft insgesamt und die Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme
darstellen als Geimpfte. Impfskepsis hat viele verschiedene Ursachen. Es bedarf häufig
maßgeschneiderter lokaler Lösungsansätze, bei denen das Vertrauen in die vor Ort tätigen
Fachkräfte im Gesundheitswesen eine Schlüsselrolle spielt. Dennoch gibt es bestimmte
gemeinsame Faktoren, an denen die EU und ihre Mitgliedstaaten – sowie globale Partner wie
etwa die NATO – weiter zusammen arbeiten könnten, vor allem die enorme Menge an
Falschinformationen und Desinformationen, die in der Öffentlichkeit in Bezug auf die
Impfstoffe verbreitet werden. Die Kommission hat einen spezifischen Prozess erarbeitet, um
eine zügige Reaktion auf Desinformation zu fördern. Ein Frühwarnsystem ermöglicht eine
wirksame Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, wobei ein spezifischer COVID-19-
Kooperationsraum Analysen von und Reaktionen auf pandemiebezogene Desinformation
zusammenführt. Darüber hinaus hat die Kommission den Mitgliedstaaten mit den niedrigsten
Durchimpfungsraten bilaterale Unterstützung angeboten und sich auch an die Fachkräfte im
Gesundheitswesen dieser Länder gewandt.5 Dies könnte nun auch auf die Mobilisierung
anderer Führungspersönlichkeiten (zum Beispiel aus Unternehmen, Gewerkschaften,
religiösen Gemeinschaften und dem Sport) ausgeweitet werden. Die Kommission befindet sich
außerdem in Gesprächen mit Online-Plattformen, um diese zu motivieren, Raum für
Kommunikationskampagnen und die Verbreitung von Expertenmeinungen bereitzustellen
sowie Desinformation zu beobachten und Daten zu teilen.
Auch hinsichtlich des Tempos, mit dem die Immunität nachlässt, gibt es zunehmend Daten.
Auffrischungsimpfungen sind die zentrale Antwort darauf. Sie sind außerdem ein
entscheidendes Werkzeug im Kampf gegen Varianten. Derzeit bieten alle Mitgliedstaaten
Auffrischungsdosen oder zusätzliche Dosen für die am stärksten gefährdeten Gruppen wie
ältere, immungeschwächte und immunsupprimierte Menschen, Bewohner von
Langzeitpflegeeinrichtungen und Angehörige der Gesundheitsberufe an. In Anbetracht der
obigen ECDC-Leitlinien müssen alle Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die am stärksten
gefährdeten Menschen vorrangig eine Auffrischungsimpfung erhalten, und sich darauf
vorbereiten, passende Ausrüstung und Ressourcen für groß angelegte Kampagnen für
Auffrischungsimpfungen bereitzustellen. Das Auftreten der Omikron-Variante verleiht der
Notwendigkeit von groß angelegten Kampagnen für Auffrischungsimpfungen in allen
Mitgliedstaaten eine noch größere Dringlichkeit.
Behandlung von Menschen mit COVID-19

5
    Die EU-Impfkoalition bringt europäische Verbände von medizinischen Fachkräften sowie von Schülern und
    Studenten der Gesundheitsberufe zusammen, damit diese in ihrer täglichen Arbeit mit Patienten und anderen
    Fachkräften im Gesundheitswesen für die Impfung werben.

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Eine weitere wichtige Entwicklung im Kampf gegen das Virus sind bessere
Behandlungsmöglichkeiten für diejenigen, die sich mit COVID-19 infiziert haben. Dies ist ein
Ergebnis besserer Diagnostik, mit der Erkenntnisse zur Prävalenz des Virus gewonnen und
dieser begegnet werden kann. Die Mitgliedstaaten werden immer häufiger in der Lage sein, im
Kampf gegen COVID auch Therapeutika einzusetzen. Die EU-Strategie für COVID-19-
Therapeutika ist nun funktionsfähig und umfasst ein Portfolio der zehn aussichtsreichsten
Therapeutika, wobei einige gemeinsame Beschaffungsvereinbarungen mit Mitgliedstaaten
abgeschlossen wurden, um einen gleichberechtigten Zugang zu ihnen zu gewährleisten. Drei
Behandlungen sind nun genehmigt worden. Sie werden bei der Reduzierung der Risiken von
COVID-19 für die am stärksten gefährdeten Menschen eine besonders wichtige Rolle spielen
und könnten auch dazu beitragen, die Herausforderungen der Post-COVID-Komplikationen
bei genesenen Patienten zu bewältigen. Kommunikation ist der Schlüssel, um über die Vorteile
zugelassener Behandlungen und auch die Risiken von Fehlinformation aufzuklären. Diese
Therapeutika werden es möglich machen, sich schneller zu erholen und so die Auswirkungen
des Virus auf den Einzelnen und auf die Gesundheitssysteme mindern. Sie sind jedoch eine
Ergänzung zu den Impfungen, kein Ersatz dafür. Dies wird mittel- und langfristig auch ein
wichtiger Bestandteil der Arbeit von HERA sein.
Gleichzeitig besteht aufgrund der steigenden Fallzahlen in einigen Mitgliedstaaten das Risiko,
dass deren Gesundheitssysteme wieder in eine Krise versetzt werden. Das
Katastrophenschutzverfahren der Union steht auch weiterhin zur Verfügung, um die
Unterstützung der weniger betroffenen Mitgliedstaaten für die am stärksten unter Druck
stehenden Mitgliedstaaten zu mobilisieren. Seit Anfang Oktober hat das Zentrum für die
Koordination von Notfallmaßnahmen die Bereitstellung sofortiger, lebensrettender
Unterstützung aus einigen Mitgliedstaaten6 an Rumänien und Lettland ermöglicht.
Präventionsmaßnahmen
Alltägliche Verhaltensregeln bilden ein wichtiges Element im Kampf gegen das Virus und
sollten die Norm bleiben. Dazu gehören ganz offensichtlich das Tragen eines Mund-Nasen-
Schutzes in geschlossenen Räumen und in Situationen mit hohem Risiko, die Vermeidung von
hochriskanten Menschenansammlungen, physische Distanzierung und die gute Belüftung
geschlossener Räume.
Angesichts einer verstärkten Ausbreitung des Virus und des Risikos, dass sich dies mit der
Omikron-Variante noch verstärkt, werden jedoch weitere Präventionsmaßnahmen
erforderlich sein, um die Kontakte und damit das Infektionsrisiko zu verringern. Impfungen
allein reichen nicht aus, um das Virus einzudämmen. Wie die Erfahrungen seit dem Beginn der
Pandemie zeigen, sind derartige Maßnahmen wichtige Bausteine im Kampf gegen die
Ausbreitung des Virus. Zu den Erfolgsfaktoren gehören klare Entscheidungsprozesse, gute
Kommunikation und die Beteiligung gesellschaftlicher Akteure. Wie immer seit Beginn der
Pandemie müssen die Behörden das richtige Gleichgewicht finden, sodass die Beschränkungen
rechtzeitig, wirksam, aber auch verhältnismäßig sind: Die Freiheit des Einzelnen sollte nicht
beschränkt werden, wenn diese Beschränkung keinen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die
Schäden durch das Virus zu reduzieren. Außerdem müssen Lehren aus früheren Erfahrungen
mit solchen Beschränkungen gezogen werden, zum Beispiel, dass die Schließung von Schulen
und Hochschulen die psychische Gesundheit und Lernleistung von Kindern und Jugendlichen

6
    11 Mitgliedstaaten (Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Österreich, Polen,
    Schweden, die Slowakei und die Tschechische Republik) sowie Serbien stellten Medikamente, medizinische
    Ausrüstung, persönliche Schutzausrüstung und Impfstoff zur Verfügung. Polen und Dänemark schickten
    medizinische Teams nach Rumänien. Unterstützung wurde aus dem von den Niederlanden, Schweden und
    Ungarn vorgehaltenen strategischen Vorrat rescEU geleistet.

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stark beeinträchtigt hat. Andererseits werden noch radikalere Maßnahmen notwendig, wenn zu
lange gewartet wird, bevor wichtige Schritte eingeleitet werden. Eine verbesserte Hygiene, das
Zuhausebleiben beim Auftreten von Symptomen und ähnliche Maßnahmen werden womöglich
längerfristig zur gesellschaftlichen Norm.
Wenn ein immer größerer Teil der Bevölkerung geimpft ist und nun Auffrischungsimpfungen
erhält, sollte bei den Beschränkungen weniger auf Maßnahmen für die gesamte Bevölkerung
und stärker auf Maßnahmen gesetzt werden, die sowohl die individuellen Umstände als auch
das Risiko berücksichtigen, dass eine bestimmte Person die Lage verschlimmert. Maßnahmen
wie zum Beispiel eine Impfpflicht für Personen, die in Situationen mit besonders gefährdeten
Menschen arbeiten, sind eine logische Reaktion auf die aktuelle Lage.
Der Werkzeugkasten zur Überwachung und Bewältigung der Situation
Neben den genannten Anforderungen sollten die Mitgliedstaaten weiterhin alle ihnen zur
Verfügung stehenden Mittel nutzen, um das alltägliche Leben zu erleichtern. Ausreichende und
leicht zugängliche Testmöglichkeiten bleiben ein unverzichtbares Instrument zur Bewältigung
und Eindämmung der Pandemie und zur schnellen Reaktion auf Ausbrüche. Die
Mitgliedstaaten sollten vorausschauend planen, damit gewährleistet ist, dass genügend
Testangebote verfügbar sind, um stark steigende Infektionszahlen zu bewältigen. Die
Teststrategien sollten zielgerichtet sein, zum Beispiel auf Pflegeheime, Krankenhäuser und
andere Situationen mit Hochrisikogruppen sowie auf Bereiche mit hohen Übertragungsraten
wie Schulen. Dies könnte auch mit Tests auf andere zirkulierende Viren wie Grippeviren
kombiniert werden. Außerdem sollte weiterhin daran gearbeitet werden, die Genauigkeit der
Tests zu gewährleisten, und zum Beispiel zu untersuchen, ob sich eine Impfung auf die
Zuverlässigkeit der Tests auswirkt.
Die Kontaktnachverfolgung bleibt ein wichtiger Bestandteil des Werkzeugkastens, um die
neue Welle von COVID-19-Fällen einzudämmen, und die Mitgliedstaaten sollten dafür
ausreichende Kapazitäten bereitstellen. Als Ergänzung zur bestehenden manuellen
Kontaktnachverfolgung können Kontaktnachverfolgungs- und Warn-Apps auf nationaler
Ebene und grenzüberschreitend weiterhin eine wichtige Rolle dabei spielen, Infektionsketten
zu durchbrechen und damit Leben zu retten. Bis jetzt gibt es in 21 EU/EWR-Ländern eine
Kontaktnachverfolgungs- und Warn-App, von denen 18 über den European Federation
Gateway Service miteinander verbunden sind, sodass die Nutzer die App sogar verwenden
können, wenn sie Grenzen überqueren; alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, sich daran zu
beteiligen.
Das digitale COVID-Zertifikat der EU, das mit beispielloser Geschwindigkeit entwickelt,
beschlossen und umgesetzt wurde, ist ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Erholung und
hat sich als ungemein wertvolles Instrument für die Mitgliedstaaten und die Bürger erwiesen,
da es den EU-Bürgern eine grenzüberschreitende Mobilität ermöglicht und dazu beiträgt, das
gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben mit einen Minimum an Störungen fortzusetzen.
Inzwischen haben die Mitgliedstaaten annähernd 650 Mio. digitale COVID-Zertifikate der EU
ausgestellt.7
Die erfolgreiche und großflächige Umsetzung des digitalen COVID-Zertifikats der EU
ermöglicht auch eine neue Vorgehensweise in Bezug auf die Freizügigkeit innerhalb der EU.
Aus diesem Grund hat die Kommission einen Vorschlag für eine neue Empfehlung des Rates

7
    Siehe den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Ausstellung,
    Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen
    und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion mit der Zielsetzung der Erleichterung der
    Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie (COM(2021) 649).

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für eine koordinierte Vorgehensweise zur Ermöglichung einer sicheren Freizügigkeit während
der COVID-19-Pandemie vorgelegt.8 Die Empfehlung betrifft eine neue Vorgehensweise auf
der Grundlage des Zertifikats, nach der Reisende mit einem gültigen digitalen COVID-
Zertifikat der EU bei der Freizügigkeit grundsätzlich keinen zusätzlichen Beschränkungen wie
einer Quarantäne- oder Testpflicht mehr unterliegen sollten. Außerdem berücksichtigt sie
Situationen, in denen das Virus in bestimmten Gebieten der EU sehr stark zirkuliert und die
Mitgliedstaaten von allen vermeidbaren Reisen aus diesen Gebieten und in diese Gebiete
abraten sollten. Alle Reisende ohne Impf- oder Genesungszertifikat, die aus diesen
Hochrisikogebieten ankommen, sollten sich vor der Abreise testen lassen und nach der Ankunft
in Quarantäne bzw. Selbstisolierung begeben. Schließlich werden mit dem Vorschlag die
Methodologie und die Faktoren für die Impfquote in der Karte der Regionen angepasst, die
vom ECDC erstellt wird.
Bei hoher Prävalenz einer besorgniserregenden Variante wie Omikron sieht das
Notbremseverfahren der Empfehlung des Rates notwendige Maßnahmen zur Kontrolle des
Virus innerhalb der EU wie Tests und Quarantäne vor. Die Mitgliedstaaten sollten in Betracht
ziehen, vorsorgliche Schritte zu ergreifen, um die Risiken der Verbreitung der Variante
einzudämmen, solange die ersten Untersuchungen zu Omikron noch laufen. Solche Schritte
sollten verhältnismäßig, nichtdiskriminierend, transparent und vollumfänglich koordiniert
sein.
Eine wichtige Frage ist die angemessene Dauer der Gültigkeit der Impfzertifikate im Rahmen
des digitalen COVID-Zertifikats der EU, bei der berücksichtigt werden muss, dass die
Sicherheit, die die Zertifikate bieten, analog zur Wirkung der Impfung abnimmt. Darum muss
die Gültigkeitsdauer der Zertifikate sowohl an diese nachlassende Wirkung als auch daran
angepasst werden, dass ausreichend Zeit für die Umsetzung der Kampagnen für
Auffrischungsimpfungen eingeräumt werden muss, damit die Beschränkung der Freizügigkeit
nach Ablauf der Gültigkeit vollkommen verhältnismäßig ist. Nach Ansicht der Kommission
sollten ab dem 10. Januar 2022 Zertifikate, deren eingetragener Erstimpfungszyklus mehr als
neun Monate zurückliegt, von den Mitgliedstaaten nicht mehr akzeptiert werden. Dies spiegelt
sich im Vorschlag der Kommission wider, in dem die Leitlinien des ECDC hinsichtlich der
Verabreichung von Auffrischungsdosen nach sechs Monaten berücksichtigt werden, und ein
Zeitraum von weiteren drei Monaten vorgesehen ist, damit nationale Impfkampagnen
angepasst werden können und Auffrischungsimpfungen für die Bürgerinnen und Bürger auch
zugänglich sind. Die Kommission erwägt außerdem, diese Gültigkeit verbindlich festzulegen.9
Schließlich gilt die Verordnung derzeit bis zum 30. Juni 2022. Da es unwahrscheinlich ist, dass
die Pandemie bis dahin beendet ist, arbeitet die Kommission an einem
Gesetzgebungsvorschlag, um die Gültigkeit um einen begrenzen Zeitraum zu verlängern.
Das digitale COVID-Zertifikat der EU ist das einzige bestehende groß angelegte COVID-19-
Zertifikat-System; es mildert die Auswirkungen von COVID-19 auf den Alltag ab und
erleichtert auch das Reisen von Personen, die nicht in der EU ansässig sind, in die EU und aus
der EU. Die Verknüpfung des Zertifikats mit den Systemen in Drittländern hat bereits
Verbindungen mit 51 Ländern ermöglicht und wird noch erweitert, unter anderem auf Afrika.
Die Kommission hat ferner vorgeschlagen, die Regeln für Reisen in die EU zu überarbeiten
und mit dem digitalen COVID-Zertifikat und als gleichwertig eingestuften Zertifikaten von

8
    Vorschlag für eine Empfehlung des Rates für eine koordinierte Vorgehensweise zur Ermöglichung einer
    sicheren Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie (zur Ersetzung der Empfehlung (EU) 2020/1475,
    COM (2021) 749) und eine koordinierte Vorgehensweise zur Ermöglichung sicherer Reisen während der
    COVID-19-Pandemie im Schengen-Raum (zur Änderung der Empfehlung 2020/1632, COM (2021) 755).
9
    Durch einen delegierten Rechtsakt gemäß der Verordnung über das digitale COVID-Zertifikat.

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Drittländern zu verknüpfen. Im Rahmen dieser Überarbeitung könnte die Liste der Drittländer,
aus denen vermeidbare Einreisen erlaubt sind, auf der Grundlage der epidemiologischen
Situation vom 10. Januar bis März 2022 neu überprüft werden. Für die meisten anderen Länder
wären Reisen auf unvermeidbare Reisen sowie geimpfte und genesene Personen10 beschränkt,
wobei die Mitgliedstaaten auch Quarantäneregeln und zusätzliche Tests anwenden können. Die
Mitgliedstaaten würden nicht nur die in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffe
akzeptieren, sondern auch die Impfstoffe, die das Notfallzulassungsverfahren der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchlaufen haben, wenn Reisende zusätzlich einen
gültigen Nachweis für einen negativen PCR-Test vor der Abreise vorlegen. Ab März 2022 soll
nach dem Vorschlag der Kommission die bisherige hybride länder-/personenbezogene
Vorgehensweise durch eine rein personenbezogene Vorgehensweise ersetzt werden, die
geimpfte und genesene Reisende bevorzugt. Eine koordinierte Vorgehensweise bei
Reisebeschränkungen aus Gebieten mit besonders hohem Risiko bleibt wichtig, um das
Eindringen neuer Varianten und ihre Übertragung in der EU zu verlangsamen oder zu
begrenzen.
Die Mitgliedstaaten und assoziierten Schengen-Länder müssen dieser Empfehlung folgen und
ihre Beschränkungen für alle Arten von Reisen in die EU+ koordinieren. Wie angekündigt wird
die absolute Notwendigkeit dieser wirksamen koordinierten Vorgehensweise nun am Fall der
Omikron-Variante demonstriert. Die koordinierte Anwendung der Regeln des
Notbremseverfahrens hat gezeigt, dass der EU-Rahmen für eine koordinierte Vorgehensweise
funktioniert und dazu beitragen wird, die Verbreitung der neuen Variante einzudämmen. Im
Rahmen einer tagtäglichen Bewertung muss geprüft werden, ob die Maßnahmen auf weitere
Länder ausgeweitet werden sollten und welche Test- und Quarantäneregeln für Reisende
gelten, die aus nicht vermeidbaren Gründen reisen und weiterhin in die EU kommen dürfen.
Die Wirklichkeit sieht aber so aus, dass die Variante sich bereits verbreitet hat und Reisende
vor dem Ausgangspunkt ihrer Rückreise in die EU mit der Variante in Kontakt gekommen sein
können. Deshalb ist entscheidend, dass von allen Personen, die in die EU einreisen, die
Reisedaten der letzten 14 Tage vorliegen; außerdem muss es möglich sein, diejenigen Personen
zu identifizieren, die auf der Anreise in nahem Kontakt zu einem infizierten Passagier
gekommen sind, sodass eine wirksame Nachverfolgung möglich ist, auch über Grenzen
hinweg. Dies zeigt, wie notwendig es ist, dass alle Mitgliedstaaten wirksame Reiseformulare
einführen. Ohne klare Informationen über die Länder, die alle Reisende in den 14 Tagen vor
ihrer Ankunft in der EU besucht haben, wird sich die Situation verschlimmern und mit größerer
Wahrscheinlichkeit ein komplettes Einreiseverbot in die EU für Reisende ohne zwingenden
Reisegrund und strengere Quarantäneauflagen für Reisende mit zwingendem Reisegrund
notwendig machen. Die Kommission wird einen europäischen Rechtsrahmen für eine
koordinierte Vorgehensweise hinsichtlich der Reiseformulare vorschlagen, soweit dies
erforderlich ist, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen.11 Auch
Verkehrsunternehmen können eine Schlüsselrolle einnehmen und dazu beitragen, dass diese
kritischen Informationen verfügbar sind.
Strukturelle Resilienz und Koordination
Eine enge Koordination unter den Mitgliedstaaten ist besonders wichtig, damit die EU ihre
Instrumente im Kampf gegen die erneute starke Ausbreitung des Virus maximal nutzen kann.
Dies erfordert einen sehr guten Informationsfluss über die geplanten nationalen Maßnahmen,

10
     Personen, die in einem Zeitraum von 180 Tagen vor der Reise von COVID genesen sind und vor der Reise
     einen negativen PCR-Test gemacht haben.
11
     Bestehende Plattformen, über die nationale Systeme miteinander verknüpft werden, bieten diesbezüglich
     wertvolle Erfahrungen.

                                                   11

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die ständige Überwachung und die einheitliche Umsetzung der Leitlinie des ECDC und der
EMA. Wichtige Foren wie der Gesundheitssicherheitsausschuss und die Integrierte EU-
Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR)12 müssen voll ausgenutzt werden.
Um die Herausforderungen durch die Pandemie im Jahr 2022 anzugehen, müssen das gesamte
Paket an Vorschlägen für eine europäische Gesundheitsunion und der Notfallrahmen jetzt
schnell verabschiedet werden, damit die EU und ihre Mitgliedstaaten die neuen Möglichkeiten
der HERA nutzen und bei künftigen schwerwiegenden grenzüberschreitenden
Gesundheitsgefahren entschieden handeln können. Parallel dazu sollte die HERA wie
vorgesehen allen wichtigen Interessenträgern eine Stimme bei der Definition einer
funktionierenden Vorgehensweise der EU geben.

IV      GLOBALES HANDELN IST UNERLÄSSLICH
Die EU sollte sich weiterhin an die Spitze der Bemühungen stellen, mit denen dafür gesorgt
wird, dass die gesamte Welt vor COVID-19 geschützt ist. Keiner ist sicher, bis nicht alle sicher
sind.
Von Anfang an hat die EU bei der weltweiten Reaktion auf die Pandemie eine Führungsrolle
eingenommen, indem sie Nachbar- und Partnerländer dabei unterstützt hat, den
gesundheitlichen und sozioökonomischen Folgen zu begegnen. Sie war auch eine treibende
Kraft bei der Impfstoffforschung, der weltweit größte Exporteur von Impfstoffen und führend
bei der Spende von Impfstoffen. Auch bei der Unterstützung für Länder, die unter der
Kombination aus schwerwiegenden Auswirkungen auf die Gesundheit und einer
Wirtschaftskrise litten, nahm sie eine führende Rolle ein. Diese Arbeit muss nun weiter
intensiviert werden.
Offenheit und Fairness sind das Markenzeichen Europas. Über 1 Mrd. in der EU hergestellte
Impfstoffdosen wurden in mehr als 150 Länder auf allen Kontinenten geliefert. Die EU hat
ebenso viele Dosen exportiert, wie sie ihren Bürgern bereitgestellt hat. Mindestens jede zweite
in Europa produzierte Impfstoffdosis wird und wurde exportiert. Ein Vorschlag für einen neuen
Exporttransparenzmechanismus wird sicherstellen, dass die EU die Ausfuhren von Impfstoffen
und Wirkstoffen weiterhin verfolgen kann.
Die EU legt großen Wert darauf, den Zugang zu sicheren und erschwinglichen COVID-19-
Impfstoffen weltweit, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, zu
gewährleisten. Solange in Ländern mit niedrigem Einkommen nur 2 % der Bevölkerung und
in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen nur 19 % der Bevölkerung geimpft sind,
muss die dringendste Aufgabe darin bestehen, den Impfprozess weltweit zu beschleunigen,
wenn man die Pandemie wirksam bekämpfen will. Weil Afrika ein besonderer Schwerpunkt
ist13, wird vor dem EU-Afrika-Gipfel im Februar 2022 ein Unterstützungspaket aufgelegt.
Die Kommission arbeitet ständig mit den Herstellern zusammen, um eine regelmäßige und
verlässliche Versorgung mit Impfstoffen zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können darauf
vertrauen, dass sie über die erforderlichen Dosen verfügen, um ihren Impfbedarf zu decken,
auch für Auffrischungsimpfungen oder angepasste Impfstoffe. Die Mitgliedstaaten können
daher auch weiterhin unbesorgt eine beträchtliche Anzahl der geplanten Impfstofflieferungen
in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen umleiten.

12
     Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1993 des Rates vom 11. Dezember 2018 über die Integrierte EU-
     Regelung für die politische Reaktion auf Krisen.
13
     So unterstützt die EU derzeit die Einführung von Impfungen in sieben Ländern des südlichen Afrikas mit
     bis zu 13 Mio. EUR, um die nationalen Gesundheitssysteme und Impfkampagnen zu fördern.

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Neben den Exporten erfüllt die EU auch ihre Verpflichtungen in Bezug auf Impfstoffspenden.
Team Europa wird bis Ende 2021 250 Mio. Dosen und bis Mitte 2022 insgesamt 700 Mio.
Dosen zur Verfügung stellen, von denen 200 Mio. aus dem EU-Haushalt finanziert werden. Im
Rahmen eines EU-Mechanismus für Impfstoffspenden und mit Unterstützung einer von der
Kommission eingerichteten Task Force haben die Mitgliedstaaten bereits über 100 Mio.
Impfdosen in die ganze Welt geliefert: Spenden und die Weitergabe von Impfstoffen können
und müssen jetzt beschleunigt werden. Diese Arbeit wird auch in absehbarer Zukunft
aufrechterhalten werden müssen und wird umso wirksamer sein, je schneller die Impfdosen
geliefert werden.
Diese Zusagen ergänzen die bereits bestehende und führende Unterstützung des Teams Europa
für ACT-A und dessen Impfstoffsäule COVAX sowie die Lieferung an humanitäre
Einrichtungen durch den „humanitären Puffer“. Anknüpfend an die Zusicherungen der Partner
aus der Wirtschaft auf dem Weltgesundheitsgipfel in Rom wird die EU insgesamt 1,5 Mrd.
Impfdosen an Länder mit niedrigen Einkommen spenden sowie Ländern mit mittlerem
Einkommen zu geringeren Preisen zukommen lassen. Entscheidend ist auch, die weltweite
Produktion zu steigern: Das Team Europa investiert 1 Mrd. EUR in den Ausbau der
Produktionskapazitäten für mRNA-Impfstoffe in Afrika.
Die Lieferung von Impfdosen allein reicht aber nicht aus. Mitgliedstaaten, Hersteller und
COVAX müssen gemeinsam sicherstellen, dass Impfstoffe da, wo sie am meisten gebraucht
werden, zuverlässiger verteilt werden, und dass die entsprechende Logistik vorhanden ist,
damit das Risiko, dass Impfstoffe ungenutzt entsorgt werden müssen, minimiert wird. Damit
die Lieferung durch die Geberländer und die Abnahme der Lieferung durch die
Empfängerländer möglichst effizient ist, braucht es unbedingt genug Durchstechflaschen,
Spritzen und sonstige Ausrüstung und eine klare und effektive logistische Planung. Ebenfalls
wichtig ist die Unterstützung des Gesundheitswesens durch persönliche Schutzausrüstung,
Tests, Arzneimittel und wichtige Betriebsstoffe wie Sauerstoff. Die EU wird mit
Partnerländern und COVAX zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass diese Materialien
vorhanden sind.
Außerdem entwickelt das Team Europa derzeit Programme, mit denen in Südafrika, im
Senegal, in Ruanda und anderen Partnerländern, die als regionale Impfstoffzentren dienen
können, Kapazitäten zur Impfstoffherstellung aufgebaut und günstige rechtliche
Rahmenbedingungen geschaffen werden. Auch HERA wird der Arbeit der EU eine wichtige
neue Dimension verleihen.
Bis November 2021 hatten 44 Drittländer über das Katastrophenschutzverfahren der Union
Impfstoffe und Hilfsmaterial direkt von der EU angefordert. Dadurch wurde die Lieferung von
fast 24 Mio. Impfdosen in 37 Länder unterstützt und kofinanziert, sodass 22 Anfragen
inzwischen vollständig nachgekommen wurde. Seit Kurzem werden mit allen Impfstoffdosen
auch die Spritzen gespendet, die für ihre Verabreichung benötigt werden. Die Kommission
wird auch künftige Bedarfe operationell und finanziell unterstützen.
Außerdem setzt sich die EU in der Welthandelsorganisation aktiv für Abkommen ein, die
gewährleisten, dass durch offene Lieferketten und Handel und die bestehende Flexibilität im
System des geistigen Eigentums weiterhin alle benötigten Materialien verfügbar sind.
Die Zusammenarbeit mit den USA ist ein wichtiger Motor für globale Solidarität und
Gesundheitssicherheit. Die gemeinsame Agenda für den Sieg gegen die globale Pandemie der
EU und der USA vom September sieht unter anderem die Impfung von 70 % der
Weltbevölkerung bis Mitte 2022 und die Einrichtung einer europäisch-amerikanischen Task

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Force für die Herstellung und Verteilung von Impfstoffen gegen COVID-19 vor.14 Die
Partnerschaft der EU und der USA unterstützt die Anstrengungen der
Weltgesundheitsorganisation für eine bessere globale Gesundheitsarchitektur und Instrumente,
mit denen die Vorsorge und Reaktion in Bezug auf künftige Pandemien verbessert und die
Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) gestärkt werden können.
Es ist dringender denn je, die weltweite Pandemievorsorge und -reaktion zu verbessern und
den internationalen Rahmen für weltweite Gesundheit zu stärken. Die beim Welt-
Gesundheitsgipfel in Rom verabschiedete Erklärung der G20 bietet einen Kompass für die
Entwicklung der multilateralen Zusammenarbeit; die Grundsätze dieser Erklärung
unterstreichen den politischen Willen zum Handeln, entsprechen dem Konzept „Eine
Gesundheit“ und betonen die Notwendigkeit einer nachhaltigen Finanzierung. Die EU sollte
weiterhin in einer Vorreiterrolle dazu beitragen, diese Grundsätze praktisch umzusetzen,
Defizite zu identifizieren und Lösungen zu finden und sich insbesondere im Rahmen der G7
und G20 engagieren. Sie wird sich in der Gemeinsamen Task Force Finanzen-Gesundheit der
G20 für die Ausarbeitung von Koordinierungsvereinbarungen zwischen Finanz- und
Gesundheitsministern einsetzen und so die gemeinsame Handlungsfähigkeit und die effiziente
Verwaltung von Ressourcen für die Pandemievorsorge und -reaktion stärken. Damit folgt sie
den Empfehlungen unabhängiger Gremien zur Einrichtung einer globalen Gesundheits- und
Finanzstelle und eines Finanzvermittlungsfonds.
Auf der 74. Weltgesundheitsversammlung im Mai 20211 setzte sich die EU dafür ein, bei der
WHO einen Prozess für die Einführung eines Rahmenübereinkommens über
Pandemievorsorge und -reaktion einzuleiten.15 Einige Monate später, auf der
außerordentlichen Tagung der Weltgesundheitsversammlung vom 29. November bis
1. Dezember 2021, beschlossen WHO-Mitgliedstaaten einvernehmlich, im Jahr 2022 in
Verhandlungen über eine internationales Abkommen oder ein anderes internationales
Instrument für Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion zu treten. Dies ist äußerst wichtig,
damit wir aus der aktuellen Krise mit einer gestärkten globalen Gesundheitsarchitektur
hervorgehen, die in der Lage ist, für die nächste Pandemie vorzusorgen, sie zu bekämpfen und
ihre Auswirkungen zu minimieren. Die Mitwirkung der EU am Verhandlungsprozess ist
entscheidend. Ein Schlüsselelement in der Arbeit für diesen globalen zwischenstaatlichen
Prozess muss die Verbesserung der Transparenz sein.

V       SCHLUSSFOLGERUNG
Durch die Kombination von steigenden Fallzahlen und der Omikron-Variante stellt COVID-
19 erneut eine ernste Bedrohung für die EU dar. Erneut handelt es sich um eine globale
Bedrohung die globales Handeln erfordert. Bei der Bekämpfung dieser Bedrohungen sind die
Lehren der letzten zwei Jahre klar: In allen Politikbereichen hat eine koordinierte
Vorgehensweise der EU und ihrer Mitgliedstaaten besser funktioniert als ein unkoordiniertes
Vorgehen und verspätete Maßnahmen vergrößern die Risiken. Eine gemeinsame
Vorgehensweise bei der Herstellung, Entwicklung und Beschaffung von Impfstoffen hat dafür
gesorgt, dass zum frühestmöglichen Zeitpunkt und im benötigten Umfang sichere und
wirksame Impfstoffe bereitgestellt wurden. Jetzt sorgt diese gemeinsame Vorgehensweise
dafür, dass einer schnellen Verabreichung von Auffrischungsimpfungen nichts im Wege steht,
und sie wird inzwischen auch genutzt, um den zeitnahen und gleichberechtigten Zugang zu

14
     Erklärung vom 22. September 2021.
15
     Am 20. Mai 2021 verabschiedete der Rat einen Beschluss über den im Namen der Europäischen Union auf
     der Tagung der Weltgesundheitsorganisation zu vertretenden Standpunkt (ABl. L 238 vom 6.7.2021, S. 79).

                                                    14

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