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tacheles Das dbb Tarif-Magazin für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 1/2 Januar / Februar 2023 25. Jahrgang mensrunde 2023 u f tak t in der Einkom Verhandlungsa treik s und Demos s Seite 4 Erste Warn tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 1
Inhalt Editorial Editorial 2 xxx Meinung 3 Einkommensrunde 4 Tarifthemen 6 Mitgliederwerbeaktion der komba Sicherheitskräfte an Flughäfen Handwerkliche Tätigkeiten Schleswig-Holstein FraGround Autobahn GmbH Abwasserverband Saale Hintergrund 9 Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bundestarifkommission 10 Kaum ist das eine Problem gelöst, erscheint die nächste Herausforderung am Hori- Interview 12 zont. Die Veränderungen erscheinen uns immer schneller und fordernder gegen- überzutreten – im öffentlichen Dienst, in der Bundesrepublik, aber auch im Welt- maßstab. Und leider erscheint es fast so, als hätten sich die Megaprobleme zu einer Buchvorstellungen 13 Art Staffellauf verabredet. So hat die Explosion bei Gas- und Strompreisen Aus- maße angenommen, die wir uns vor einem Jahr noch nicht hätten vorstellen kön- Rechtsprechung 14 nen. Aber auch nahezu alle anderen Produkte oder Dienstleistungen sind spür- bar teurer geworden. Ein Restaurantbesuch mit der Familie beim „Italiener um die Zitat des Monats 16 Ecke“ kann so zu einem Luxusgut werden. Eine Rückkehr zu alten Preisen erscheint nahezu ausgeschlossen. Es stimmt, die Bundesregierung hat mit ihren Paketen „abgefedert“ und unter- Redaktionsschluss: stützt. Das war nicht immer zielgenau, aber es war trotzdem wichtig und richtig. 2. Februar 2023 Gleichwohl bleiben massive Reallohnverluste für viele Bundesbürgerinnen und -bür- ger spürbar, auch für viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Für uns ergeben sich daraus zwei Herausforderungen: 1. Wir müssen streitbar und aktionsfähig sein. Die aktuelle Einkommensrunde beweist das. Allerdings sehe ich auch in den anlaufenden Streikaktionen, dass wir den Kampf in vielen Bereichen schon angenommen haben. 2. Auch dürfen wir Bund und Kommunen – und im Herbst den Ländern – nicht durchgehen lassen, dass sie noch immer keinen Entwurf dafür haben, welchen Impressum öffentlichen Dienst das Land braucht, wenn immer mehr Menschen öffentliche Herausgeber: dbb beamtenbund und tarifunion, Dienstleistungen in Anspruch nehmen werden, entweder, weil die Armut steigt Bundesleitung, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin, Verantwortlich: Volker Geyer, Fachvorstand Tarifpolitik oder weil der oben erwähnte Krieg Menschen zu uns treibt, die wir zum Beispiel Redaktion: Ulrich Hohndorf, Andreas Schmalz, schulisch zu unterrichten haben. Arne Brandt Gestaltung und Satz: Jacqueline Behrendt Trotz mancher Kritik war es gut, dass die Routinen einer funktionierenden Demo- Bildnachweis: Titel: Friedhelm Windmüller, S.2: Fried- helm Windmüller, S.3: Friedhelm Windmüller, S.6: kratie gegriffen haben, wenn es darum ging und geht, Krisen zu bewältigen. Tarif- komba, S.7: dbb, S.9: Peggy Marco (Pixabay), S.10- verhandlungen sind übrigens ein Teil dieser Routine. Aber ich denke auch, wir wer- 11: Friedhelm Windmüller, S.12: DPVKOM, S.14: geralt (Pixabay) den neue Wege beschreiten müssen, als Land, als Gewerkschaft und als öffentlicher Telefon: 030. 40 81 - 54 00, Fax: 030. 40 81 - 43 99 E-Mail: tacheles@dbb.de, Internet: www.dbb.de Dienst. Verlag: DBB Verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Telefon 030. 726 19 17 - 0 Anzeigen: DBB Verlag GmbH, Mediacenter, Mit kollegialen Grüßen Dechenstraße 15 A, 40878 Ratingen, Telefon: 02102. 740 23 - 0, Fax: 02102. 740 23 - 99, mediacenter@dbbverlag.de Anzeigenleitung: Petra Opitz-Hannen, Telefon: 02102. 740 23 - 715 Anzeigenverkauf: Christiane Polk, Telefon: 02102. 740 23 - 714 Preisliste 18, gültig ab 1. Oktober 2018 Volker Geyer Seite 2 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
Zur Einkommensrunde mit Bund und Kommunen Handlungsfähiger öffentlicher Dienst Meinung oder Mangelverwaltung? Von Volker Geyer che Gebäude, eine unzureichende digitale hat mindestens in gleicher Weise mit aus- Infrastruktur oder einen veralteten Fuhr- reichendem Personal in den Stationen zu „Die Kommunen und kommunalen Unter- park. Diese Defizite sind sicht- und für die tun, damit die Pflege nicht physisch über- nehmen müssen handlungsfähig bleiben, Bürgerinnen und Bürger leider auch oft- fordert und die Pflegenden ihren hohen auch und gerade in der Krise.“ mals spürbar. Doch ist gerade der kom- ethischen Ansprüchen gerecht werden Karin Welge, Präsidentin der VKA munale öffentliche Dienst ein Dienst an können. Hier gibt es tatsächlich einen rie- Bürgerinnen und Bürgern und notwen- sigen Investitionsstau. Ähnliches lässt sich Dieses Zitat stammt aus dem Vorwort digerweise sehr personalintensiv. Wenn auch für viele andere Bereiche des öffent- einer aktuellen VKA-Broschüre, mit der die Kinder erzogen werden, Kranke zu pfle- lichen Dienstes darstellen, wo die Poli- kommunalen Arbeitgeber „Zahlen. Daten. gen sind oder jemand einen neuen Per- tik oftmals mit großen Versprechungen Fakten“ (so der Titel der Broschüre) zur sonalausweis braucht, dann braucht es und Ankündigungen startet, um sich dann Einkommensrunde liefern. Der dbb kann die entsprechenden Fachleute, die kom- rasch wieder abzuwenden und die Umset- sich der Aussage der VKA-Chefin leicht petent erziehen, pflegen und verwalten. zung den Beschäftigten vor Ort zu über- anschließen. Richtig ist auch die These der Davon gibt es schon heute zu wenige und lassen. VKA-Chefin: „Wir können in den Kommu- das Problem der Demografie schildert kein nen das Geld nur einmal ausgeben.“ Das Szenario für die ferne Zukunft, sondern Aufgaben klar voneinander trennen geht nicht nur den Kommunen so. Dieses macht dem gesamten öffentlichen Dienst unumstößliche Faktum beschäftigt auch schon heute schwer zu schaffen. Von daher lehnen wir es ab, die unter- die Beschäftigten des öffentlichen Diens- schiedlichen Probleme und Herausfor- tes sehr, wenn ihnen aktuell zum Beispiel Versprechen und Ankündigungen derungen gegeneinander auszuspielen. die Rechnungen für Gas und Strom ins Neben dem Investitionsstau erwähnt die Haus flattern. In der Pandemie haben die Beschäftigten VKA-Chefin auch die „ungelöste Proble- in den Krankenhäusern Großartiges geleis- matik der Altschuldenübernahme“. Mit Hoher Investitionsrückstand tet, aber manche haben ihren Einrichtun- diesem Problem sind die Erwartungen gen anschließend den Rücken gekehrt, der Bürgerinnen und Bürger – vor allem Und weil das so ist, können wir mit den weil die Belastung einfach zu groß gewor- dann, wenn ihnen Versprechungen (Stich- weiteren Aussagen der VKA-Chefin nur den ist. In der Folge haben wir in Deutsch- wort Ganztagsbetreuung) gemacht wer- recht wenig anfangen. Denn wenn die land eine große Zahl von Pflegerinnen den – und die berechtigten Forderungen VKA-Chefin im Weiteren „einen hohen und Pflegern, die nicht mehr pflegen. Sie der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Investitionsrückstand“ beklagt, meint sie zurückzugewinnen, hat sicherlich mit nicht in einen Topf zu werfen. Wer das damit wahrscheinlich marode öffentli- finanzieller Attraktivität zu tun. Aber es tut, muss sich direkt fragen lassen, wer die Verantwortung für diese Schulden trägt. „Doppel-Wumms“ für den öffentlichen Dienst Zum Auftakt der TVöD-Einkommens- runde war leider von der Handlungsfä- higkeit, die Karin Welge in oben zitier- tem Vorwort beschworen hat, nicht viel zu merken. „Nein“ als Kernaussage ist noch kein Konzept. Wir erwarten zur zweiten Verhandlungsrunde konstruk- tive Vorschläge von Bund und Kommu- nen. Immerhin beschließt der Bundestag viele der Aufgaben, die die Kommunen dann zu bewältigen haben. Deshalb ist der Bund auch bei der Lösung gefordert. Ein „Doppel-Wumms“, wie ihn die regie- rende Ampel derzeit gerne kommuniziert, würde auch dem öffentlichen Dienst gut- tun. Ansonsten wird recht bald schon aus unserem handlungsfähigen öffentlichen Dienst eine Mangelverwaltung. tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 3
lungsauftak t in Potsdam Verhand En t tä usch u ng – Erwartbare nd Demos Einkommensrunde s te W arn str eik s u er „Die vielzitierte Zeitenwende findet in der gung sind die Beschäftigten des öffent- Tarifpolitik nicht statt. Bund und Kommu- lichen Dienstes mit Lobreden über- nen wurschteln lieber weiter wie bisher“, schüttet worden. Jetzt, wo es gilt, echte machte dbb Verhandlungsführer Ulrich Wertschätzung zu zeigen, fehlen Bund Silberbach aus seiner Enttäuschung über und Kommunen die Worte und fehlen den Auftritt von Bundesinnenministerin vor allem echte Zusagen.“ Gegenüber der Faeser und VKA-Chefin Welge bei der Auf- Presse wies Silberbach darauf hin, dass taktrunde zur Einkommensrunde 2023 in auch die Beschäftigten im öffentlichen Potsdam kein Geheimnis. Silberbach kon- Dienst den stärksten Preisanstieg in der zeigewerkschaft und dbb Vize, vor den kret: „Vom Auftakt geht leider kein Signal Geschichte der Bundesrepublik zu ver- Demonstrierenden. „Recht hat er! Gerade für konstruktive Verhandlungen während kraften hätten. „Und die Experten weisen die Kolleginnen und Kollegen der Bundes- der nächsten Wochen aus. Weder haben darauf hin, dass die bereits seit einem Jahr polizei, die immer wieder, auch in gefähr- die Arbeitgeber ein Angebot gemacht, andauernde Inflation sich im Jahr 2023 lichen Einsätzen den Kopf für diesen Staat um den Beschäftigten zu zeigen, dass sie nicht in Luft auflösen wird. Genau des- hinhalten, erwarten von Nancy Faeser ihre Nöte verstanden haben, noch lassen halb sind 10,5 Prozent, mindestens jedoch im Gegenzug Respekt und Anerkennung sie erkennen, dass sie eine Vorstellung 500 Euro, eine realistische, eine notwen- – nicht nur in Worten, sondern auch in von den Aufgaben und Notwendigkei- dige Forderung. Die Zeit der Sonntagsre- barer Münze!“ ten eines modernen öffentlichen Diens- den ist vorbei. Zu mit Sicherheit in den nächsten Wochen tes haben. noch kommenden Warnstreiks sagte Vol- Die Verhandlungsführerinnen von Bund Bundespolizeigewerkschaft: Wir ker Geyer, dbb Fachvorstand Tarifpoli- und Kommunen sind von vielen Bundes- erwarten Respekt und Anerkennung tik: „Das ist der von den Arbeitgebern und Kommunalbeschäftigten lautstark erzwungene nächste Schritt. Für die von begrüßt worden. Damit haben Mitglie- Direkt einen Tag nach der Auftaktrunde, Warnstreiks betroffenen Bürgerinnen der der dbb Gewerkschaften einen Vorge- am 25. Januar 2023, haben sich über 50 und Bürger tut es uns leid. Aber wir müs- schmack auf die nächsten Wochen gege- Bundespolizistinnen und Bundespolizis- sen den Arbeitgebern jetzt klarmachen, ben. ten vor dem Bundesinnenministerium dass warme Worte nicht reichen, dass die (BMI) in Berlin zu einer Protestaktion Lebenshaltungskosten dramatisch stei- Zeit der Sonntagsreden ist vorbei! versammelt. „Unser Verhandlungsfüh- gen und dass die Einkommensentwick- rer Ulrich Silberbach hat gestern in Pots- lung damit Schritt halten muss. Das ist „Während unseres Gewerkschaftstags dam die ‚Rituale der Respektlosigkeit‘ eine Frage der Gerechtigkeit, des Res- im November 2022 und noch vor zwei kritisiert“, erklärte Heiko Teggatz, Bun- pekts und der Wettbewerbsfähigkeit des Wochen auf unserer Kölner Arbeitsta- desvorsitzender der DPolG Bundespoli- öffentlichen Dienstes.“ 24. Januar, Potsdam 24. Januar, Potsdam 24. Januar, Potsdam Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller 24. Januar, Potsdam 24. Januar, Potsdam 25. Januar, Berlin Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller Seite 4 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
komba: Kommunalbeschäftigte bis zu gewerkschaft und stellvertretender dbb werden auch auf die dortigen Beschäftig- zwei Tage im Warnstreik Bundesvorsitzender. ten übertragen. Bereits am 26. Januar 2023 haben meh- „Bei der BA und in den Jobcentern musste Einkommensrunde Über 500 Beschäftigte folgten dem Auf- rere hundert Beschäftigte in niedersäch- zuletzt im Hauruck-Verfahren die Bürger- ruf der komba gewerkschaft zum Warn- sischen Kommunen ihre Arbeit nieder- geld-Reform gestemmt werden. Aber in streik in Aachen und legten ihre Arbeit gelegt. In der Stadt und im Landkreis das Personal wird viel zu wenig inves- nieder. dbb Tarifchef Volker Geyer nahm Lüneburg, der Stadt und im Landkreis tiert“, kritisierte dbb Tarifchef Volker an der zentralen Kundgebung teil und Peine, der Stadt Salzgitter, im Landkreis Geyer bei der Kundgebung. Der Bundes- übte deutliche Kritik an Bundesinnenmi- Wesermarsch, der Stadt Göttingen mit vorsitzende der vbba - Gewerkschaft nisterin Nancy Faeser und der Präsiden- den Göttinger Entsorgungsbetrieben Arbeit und Soziales, Waldemar Dombrow- tin der kommunalen Arbeitgeber Karin sowie in der Stadt Buchholz (Baubetriebs- ski, rief den Demonstrierenden zu: „Klar Welge. „Die beiden loben die Beschäftig- hof) folgten die Beschäftigten dem Warn- ist, dass die Tarifverhandlungen nur der ten von Bund und Kommunen bei jeder streikaufruf der komba gewerkschaft und erste Schritt zu mehr Gerechtigkeit sein Gelegenheit. Aber sie bleiben stumm, legten ihre Arbeit nieder. können. In einem zweiten Schritt müssen wenn es um konkrete Angebote geht. Am 31. Januar 2023 demonstrierten rund die Ergebnisse dann ohne Abstriche auf Die Kolleginnen und Kollegen sind sol- 750 komba Mitglieder im Bonner Rathaus. die Besoldung und Versorgung des Bun- che Sonntagsreden leid. Sie wollen nicht des übertragen werden.“ nur warme Worte, sondern eine spürbare vbba: Bundesagentur für Arbeit Über die Einkommensrunde und anste- Erhöhung ihrer Einkommen. Denn es wird hende Aktionen unterrichtet der dbb auf alles teurer: im Supermarkt, an der Tank- Im Konflikt um eine bessere Bezahlung seinen Sonderseiten unter www.dbb.de/ stelle, bei den Heizkosten.“ haben die Beschäftigten der Bundesagen- einkommensrunde. „Der Druck auf die Arbeitgeber muss jetzt tur für Arbeit (BA) am 31. Januar 2023 vor wachsen. Daher stehen die Zeichen nicht der Zentrale in Nürnberg protestiert. Mit nur in Aachen auf Streik. Dass es ohne der Demonstration und einem ganztägi- die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gen Warnstreik haben über 700 Beschäf- nicht geht, werden wir gemeinsam in den tigte ihrem Ärger über den Start der Ein- kommenden Wochen weiter spürbar und kommensrunde zum Ausdruck gebracht. entschieden zeigen“, bekräftigte Andreas Für den Haustarifvertrag der BA ist der Hemsing, Bundesvorsitzender der komba TVöD richtungsweisend, die Ergebnisse 25. Januar, Berlin 26. Januar, Lüneburg 26. Januar, Göttingen Foto: Friedhelm Windmüller Foto: kombands Foto: kombands 26. Januar, Salzgitter 27. Januar, Aachen 27. Januar, Aachen Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller Foto: kombands 27. Januar, Aachen 31. Januar, Nürnberg 31. Januar, Nürnberg Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller Foto: Friedhelm Windmüller tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 5
komba gewerkschaft Orange, dem dortigen Abfallunterneh- nen Jahre – egal ob Pandemie, Hochwas- men, eine Mitgliederwerbeaktion statt. ser oder nun der Krieg in der Ukraine – Tag So geht Mobilisierung Um 04:45 Uhr zum Nikolaustag fanden für Tag abgeliefert und dafür gesorgt, dass sich Christian Dröttboom (Vorsitzender Bonn sauber ist. Da wollten wir mit einem Tarifthemen Ende Januar hat die TVöD-Einkommens- des Ortsverbandes Bonn / Rhein-Sieg und Nikolaus und einem Kaffee unsere Hoch- runde begonnen. Der Auftakt war wenig Mitglied der Bundestarifkommission des achtung zeigen!“ erfreulich. Leider war das zu erwarten. dbb) und sein Vorstandsteam auf dem Die Aktion ist gut gelaufen, der komba Deshalb hat der dbb schon seit Wochen Betriebshof ein und verteilten Nikoläuse Ortsverband hat dadurch bis zu 40 neue bei seinen Mitgliedsgewerkschaften dafür an die Mitarbeitenden. Dröttboom dazu: Mitglieder gewinnen können. Die komba geworben, die Mitglieder zu mobilisieren. „Wir wollten auch mal Dankeschön sagen. in Bonn ist seit Jahren eine Hochburg für Wie das geht, hat bereits Anfang Dezem- Die Kolleginnen und Kollegen aus dem dbb Aktionen. Kontinuierliche Mitglieder- ber die Bonner komba gezeigt. Am 6. De- Bereich der Müllabfuhr und zum Beispiel betreuung und -mobilisierung zahlen sich zember 2022 fand in Bonn bei Bonn- der Straßenreinigung haben die vergange- eben aus. Sicherheitskräfte an Flughäfen tracht der derzeitigen Situation mit immer - Zahlung von Mehrarbeits- / Überstun- weiter steigenden Kosten und der hohen denzuschlag ab Überschreiten der Keine Einigung in Sicht Inflation erwarten unsere Kolleginnen Regelarbeitszeit nach Arbeitsvertrag und Kollegen zu Recht eine deutliche Ver- - Erhöhung des Zuschlags für Sonntags- besserung bei den Zeitzuschlägen, damit arbeit auf 50 Prozent die belastende Arbeit zu ungünstigen Zei- - Erhöhung des Feiertagszuschlags auf ten angemessen honoriert wird. Darüber 125 Prozent hinaus erwarten wir auch konstruktive - Erhöhung des Feiertagszuschlags auf Verhandlungen zum Thema Zulagen für 150 Prozent am 1. Mai, 25. Dezember Führungskräfte und Ausbildende.“ und 26. Dezember - Zuschlag von 150 Prozent für Arbeit am Verhandlungen bereits 24. Dezember ab 14:00 Uhr und von 125 seit Anfang 2020 Prozent für Arbeit am 31. Dezember ab 14:00 Uhr Bereits Anfang 2020 hat der dbb seine For- - Oster- und Pfingstsonntag werden derungen zu Zeitzuschlägen in der Luft- bundesweit wie Feiertage behandelt sicherheit vorgestellt. Pandemiebedingt - Erhöhung des Zuschlags für Nachtar- mussten die Verhandlungen zum Entgelt- beit auf 25 Prozent Auch nach einer weiteren Verhandlungs- rahmen- sowie Manteltarifvertrag und - Ausweitung der Nachtarbeit auf den runde mit dem Arbeitgeberverband BDLS damit auch den Zeitzuschlägen mehrfach Zeitraum von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr über die Zeitzuschläge für die Sicherheits- verschoben worden. Doch auch nach meh- - Zuschläge kumulierbar; Ausnahme: kräfte an Flughäfen, die am 15. Dezember reren Verhandlungsrunden zu den Zeitzu- Sonn- und Feiertagszuschläge, bei 2022 in Berlin stattfand, ist kein Ergebnis schlägen im letzten Jahr ist die Arbeitge- deren Zusammentreffen jeweils der in Sicht. „Unsere Unzufriedenheit steigt“, berseite kaum zu Zugeständnissen bereit. höhere Zuschlag zu zahlen ist erklärte dbb Verhandlungsführer Vol- ker Geyer. „Die Arbeitgeberseite ist nach Forderungen des dbb Weiteres Vorgehen wie vor nicht bereit, bezüglich der Zeitzu- schläge ein Angebot vorzulegen. Das ist - Erhöhung des Zuschlags für Überstun- Die dbb Verhandlungskommission wird nicht mehr hinnehmbar, besonders nach den / Mehrarbeit auf 30 Prozent des über das weitere Vorgehen beraten und so vielen Verhandlungsrunden. In Anbe- Stundenentgelts die kommenden Schritte beschließen. Seite 6 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
Einkommensrunde 2023 Sitzung der Streikleitenden der dbb-Fachgewerkschaften Tarifthemen Zu einem Austausch über die recht- lichen Voraussetzungen, Öffentlich- keitsarbeit und zu geplanten Akti- onen bei der Einkommensrunde zum TVöD 2023 trafen sich die Streikleiterinnen und Streikleiter der dbb-Fachgewerkschaften am 14. Dezember 2022. Fachvorstand Tarifpolitik, Volker Geyer, gab einen Überblick über den tarifpolitischen Rahmen, bevor Mitarbeitende der Geschäftsstelle über Öffentlichkeits- arbeit, Aktionsformen und rechtliche Hintergründe mit den Teilnehmen- den diskutierten und berieten. Tarifverhandlungen mit KAV Schleswig-Holstein erfolgreich abgeschlossen Neue Entgeltordnung für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten Im Bereich des KAV Schleswig-Holstein dem KAV auf eine Ergänzung der Anlage trat ab Januar 2023 das neue Entgeltgrup- 1 zum TVöD (Entgeltordnung) für Schles- penverzeichnis für Beschäftigte mit hand- wig-Holstein geeinigt. In Verbindung mit werklichen Tätigkeiten in Kraft. Es hat eine dem zugleich in Kraft tretenden neuen Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Das alte Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäf- Lohngruppenverzeichnis aus dem Jahr tigten mit handwerklichen Tätigkeiten in 1991, das noch für den durch den TVöD das neue Entgeltgruppenverzeichnis wird längst verdrängten Bundesmanteltarif- damit für den Bereich des KAV ein zeit- vertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwal- gemäßes Regelwerk eingeführt, nach der ob sie in der Praxis noch vorkommen tungen und Betriebe geschaffen wurde, sich fortan die Eingruppierung der hand- oder inzwischen überholt und überflüs- hat damit auch in Schleswig-Holstein end- werklich tätigen Beschäftigten bei tarifge- sig geworden sind. Das neue Entgeltgrup- gültig ausgedient. bundenen Arbeitgebern richtet. penverzeichnis soll auch Klarheit bei den Nach mehr als 18 Sitzungen und länge- In den Tarifverhandlungen ging es vor Tätigkeitsmerkmalen schaffen. Besonders ren coronabedingten Unterbrechungen allem darum, die bestehenden Eingrup- intensiv haben die Tarifparteien bei der hat sich der dbb – handelnd für die komba pierungsmerkmale und Berufsgruppen Definition von Merkmalen in den Berei- gewerkschaft – am 7. Dezember 2022 mit danach zu aktualisieren und zu klären, chen Abwasser, Grünanlagen, Theater, Feuerwehr und Gartenbau geprüft, dis- kutiert und Begrifflichkeiten neugefasst. Das Abstellen auf Zusatztätigkeiten und -qualifikationen, die präzise Bezeichnung von Anlagen und Geräten, Fahrzeugen und die Kontrolle von Arbeitsvorgängen und -abläufen wurden penibel analysiert und mit den erfahrenen Fachleuten und Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen von dbb, komba und ver.di zur Einigungs- reife gebracht. Die komba bietet für ihre Mitglieder bei der Überprüfung von Eingruppierungsfra- gen und bei der gegebenenfalls erforderli- chen Antragsstellung auf eine Höhergrup- pierung Hilfe an. tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 7
FraGround - 15 Minuten bezahlte „Waschzeit“ pro Schicht Mantelforderungen beschlossen - Anspruch auf fünf zusätzliche bezahlte Tage für Fort- und Weiterbildung Tarifthemen Nachdem der Manteltarifvertrag zum - Regelung zur betrieblichen Altersvor- - Krankengeldzuschuss 31. Dezember 2022 gekündigt wurde, hat sorge - Vorteilsregelung für Gewerkschaftsmit- die dbb Verhandlungskommission die For- - Ausschluss sachgrundloser Befristungen glieder in Höhe von 350 Euro derungen zu den anstehenden Tarifver- - Erhöhung der durchschnittlichen regel- - Jahressonderzahlung in Höhe eines handlungen über den Manteltarifvertrag mäßigen monatlichen Arbeitszeit auf Bruttomonatsentgelts ab Bestehen des FraGround beschlossen. FraGround ist 161 Stunden auf Wunsch der / des Arbeitsverhältnisses eine Tochtergesellschaft von Fraport für Arbeitnehmenden - Zulagen: Wechselschichtzulage 150 Euro den Bereich der Bodenverkehrsdienste am - Erhöhung der Zeitzuschläge: Über- pro Monat; Qualifikationszulage (KTT- Flughafen Frankfurt. stundenzuschlag ab Überschreiten der Fahrer, Fracht-Checker) 0,50 Euro pro arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeits- Stunde Bessere Arbeitsbedingungen zeit (25 Prozent); Erhöhung Nachtzu- - Urlaub: 30 Tage Urlaub sowie zwei erforderlich schlag (40 Prozent); Zuschlag Samstags- zusätzliche Urlaubstage für Wechsel- arbeit (25 Prozent); Zeitzuschlag 24. und schicht Der dbb fordert deutlich verbesserte 31. Dezember ab 14 Uhr (125 Prozent); - Begrenzung Leiharbeitnehmende auf Arbeitsbedingungen ab dem 1. Januar Zeitzuschlag 25. und 26. Dezember / insgesamt fünf Prozent 2023 für die Beschäftigten der FraGround. 1. Mai (150 Prozent); Zuschlag übrige Fei- Die Verhandlungen beginnen im Februar Die Forderungen des dbb sind: ertage (125 Prozent) 2023. TV Digitalisierung für die Autobahn GmbH gefordert „Der Digitalisierungs-TV kann ein Chancen-TV sein!“ Modern und sicher Für den dbb wird Tarifchef Volker Geyer Sicherheit war, ist und wird immer ein Auftakttermin für einen die Verhandlungen führen. Geyer: „Unsere Schlüsselwort bei der Arbeit auf Deutsch- TV Digitalisierung vereinbart Gesellschaft wandelt sich rasant. Die lands Autobahnen sein. Der dbb steht Digitalisierung ist dabei ein wesentli- dafür, sich um die Sicherheit der Beschäf- Der dbb hat die Autobahn GmbH aufge- cher Wandlungsbeschleuniger. Damit die tigten während ihrer schwierigen Arbeit fordert, zeitnah über einen TV Digitalisie- Beschäftigten die Vorteile, die die Digitali- zu kümmern. rung zu verhandeln. Die erste Verhand- sierung mit sich bringt, für die Arbeit und Gleichzeitig macht er sich stark, wenn es lungsrunde ist am 13. Februar 2023. Die für sich nutzen können, ist es wichtig, dass darum geht, die Arbeitsplätze modern und Herausforderungen, die die Digitalisierung sie sich frei von Ängsten und Unklarhei- sicher zu gestalten. Dazu gehört unbe- auch im Bereich der Autobahn GmbH mit ten den neuen Herausforderungen stel- dingt, dass der dbb die Veränderungen, die sich bringt und zukünftig mit sich brin- len können. Und deshalb fordern wir einen die Digitalisierung auch bei den oftmals gen wird, müssen tarifvertraglich geregelt Digitalisierungs-TV. Von daher erwarten hochspezialisierten Arbeitsplätzen bei der werden. Es sollen einheitliche Regelungen wir auch, dass der Arbeitgeber sich nicht Autobahn GmbH mit sich bringt, tarifver- für die gesamte Autobahn GmbH geschaf- sperrt, sondern in diesem Digitalisierungs- traglich absichern will. fen werden. TV einen Chancen-TV sieht.“ Abwasserverband Saale - 6 bis 10 um 4 Prozent - 11 bis 15 um 2 Prozent Überleitung in den TV-V erhöht. Somit ergeben sich sofort Überlei- tungsgewinne für die Beschäftigten. Ab dem 1. Januar 2023 (Stichtag) gilt für mas. Die Entgeltgruppen im TVöD und die Arbeitnehmenden des Abwasserver- TV-V sind nicht vollständig kongruent, Individuelle Zwischenstufe bands Saale der TV-V. Die Überleitung ist sodass teilweise eine neue Zuweisung vom dbb, der Geschäftsführung und dem erfolgen muss. Die darauf erfolgende Die Arbeitnehmenden werden in den ers- Arbeitgeberverband offiziell bestätigt Zuordnung in den Erfahrungsstufen ist ten zwei Jahren nach der Überleitung einer worden. Der Tarifvertrag mit dem Kom- geld- und nicht zeitabhängig. Das für individuellen Zwischenstufe zugeordnet, munalen Arbeitgeberverband Bayern ist die Stufenzuordnung maßgebende Ver- die dem erhöhten Vergleichsentgelt ent- unterzeichnet. gleichsentgelt ist auf der Basis der am spricht. Der nächste Aufstieg erfolgt ab Stichtag erhaltenen Bezüge (nebst wei- dem Stichtag der Überleitung nach zwei Erhöhtes Vergleichsentgelt teren Entgeltbestandteilen) zu ermitteln. Jahren. Der darauffolgende nächste Erfah- Das Vergleichsentgelt wird bei Zuordnung rungsstufenaufstieg erfolgt spätestens Die Überleitung erfolgt anhand des übli- zu den Entgeltgruppen nach drei Jahren. Weitere Besitzstände chen in § 22a TV-V vorgesehenen Sche- - 2 bis 5 um 6 Prozent werden ebenfalls gesichert. Seite 8 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BAG-Urteile zum Arbeitsvorgang Hintergrund müssen umgesetzt werden Im lange schwelenden Streit zum Thema Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Es stoßen hat. Die Verfahren sollten an das „Arbeitsvorgang“ im Rahmen des Ein- könne die Grundrechte in ihr Gegenteil BAG zurückverwiesen werden. Dies hat gruppierungsrechts des öffentlichen verkehren, wenn der Grundrechtsschutz das Bundesverfassungsgericht nun abge- Dienstes der Länder hat das Bundes- zugunsten der öffentlichen Hand letzt- lehnt. Die beiden genannten Entschei- verfassungsgericht für mehr Klarheit lich gegen die Bürgerinnen und Bürger dungen des BAG sind daher nach wie vor gesorgt. Das Gericht hat entschieden, die gewendet wird. rechtskräftig und umzusetzen. diesbezügliche Verfassungsbeschwerde, Die TdL sei nicht beschwerdebefugt, Zur Erinnerung: Das BAG hatte in sei- die das Land Berlin und die Tarifgemein- da sie nicht Partei oder Beteiligte des nen Urteilen aus dem Jahr 2020 die Ein- schaft deutscher Länder (TdL) im Februar ursprünglichen fachgerichtlichen Ver- gruppierung von Beschäftigten in einer 2021 eingelegt hatten, nicht zur Entschei- fahrens war und daher durch die ange- Serviceeinheit bei Gerichten und Staats- dung anzunehmen (Beschluss vom 4. Ok- griffenen Entscheidungen des Bun- anwaltschaften in die Entgeltgruppe 9 tober 2022, Aktenzeichen 1 BvR 382/21). desarbeitsgerichts (BAG) nicht in ihren beziehungsweise 9a der Entgeltordnung grundrechtlich geschützten Rechtsposi- zum TV-L bestätigt. Das BAG führte aus, Verfassungsbeschwerde tionen beeinträchtigt sein könne. Die TdL dass die gesamte Tätigkeit der Beschäftig- unzulässig hätte außerdem zunächst fachgericht- ten aus einem einheitlichen Arbeitsvor- lich klären lassen müssen, wie die betrof- gang bestehen könne. Für Beschäftigte in Das Bundesverfassungsgericht hat die fenen tarifvertraglichen Regelungen zur Serviceeinheiten bei Gericht bestehe ein Verfassungsbeschwerde als insgesamt Eingruppierung auszulegen sind. tarifliches Arbeitsplatzkonzept zur ganz- unzulässig bewertet. Das Land Berlin sei heitlichen Aufgabenerledigung. Die Ent- nicht beschwerdeberechtigt, da es sich Urteile des Bundesarbeitsgerichts geltgruppe 9 beziehungsweise 9a liege weder auf die Tarifautonomie noch bleiben rechtskräftig vor, wenn der Arbeitsvorgang, der die auf andere in Betracht kommende dort geforderten „schwierigen Tätigkei- Grundrechte und grundrechtsglei- Die TdL und das Land Berlin wollten ten“ umfasst, mindestens 50 Prozent der che Rechte berufen könne. Das mit ihrer Verfassungsbeschwerde regelmäßigen Arbeitszeit ausmacht. Auf Bundesverfassungsgericht feststellen lassen, dass das BAG den zeitlichen Anteil der „schwierigen begründet dies damit, mit zwei Entscheidungen zum Tätigkeiten“ selbst komme es dabei nicht dass sich juristische Per- Thema „Arbeitsvorgang“ an, solange diese in rechtserheblichem sonen des öffentlichen vom 9. September 2020 Umfang anfallen. Der dbb hatte ausführ- Rechts nicht auf (Aktenzeichen 4 AZR lich über die Urteile des BAG berichtet. Grundrechte 195/20 und 4 AZR berufen können. 196/20) gegen dbb fordert Rückkehr zu Die Grundrechte Grundrechte der konstruktiver Tarifpolitik dienten viel- TdL und des mehr Landes Der dbb begrüßt die nun erfolgte Ent- dem Berlin scheidung des Bundesverfassungsge- ver- richts ausdrücklich. Aus Sicht des dbb sind die beiden BAG-Entscheidungen inhaltlich zutreffend und führen die bereits zuvor erfolgte Rechtsprechung zum Thema „Arbeitsvorgang“ konsequent fort. Die sich aus den Entscheidungen ergeben- den Höhergruppierungen, die bisher nicht erfolgt sind, müssen nun umgesetzt wer- den. Der dbb und seine betroffenen Mit- gliedsgewerkschaften werden darauf dringen, dass die notwendigen Korrektu- ren bei der Eingruppierung in jedem Ein- zelfall vorgenommen werden. Der dbb hat die TdL nach Veröffentlichung der Entscheidung aufgefordert, ihre tarif- liche Blockadehaltung mit Hinweis auf das Thema „Arbeitsvorgang“ nunmehr aufzugeben und zu einer konstruktiven Tarifpolitik zurückzukehren. tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 9
Neue und alte Mitglieder ner Heimatgewerkschaft komba betref- Geschäftsführung der fen. Bei der Vielfalt des kommunalen Bundestarifkommission öffentlichen Dienstes sind das so einige. Dazu zählen TVöD, TV-V, Sozial- und Erzie- dbb Bundestarifkommission hungsdienst, Gesundheit und Pflege, Feu- erwehr und Rettungsdienst und Nahver- kehr. Die Tarifpflege in diesen Bereichen gehört selbstverständlich auch dazu. Mein Auf dem dbb Gewerkschaftstag im November 2022 konstituierte sich eine neue dbb Ziel ist es, attraktive Rahmenbedingungen Bundestarifkommission. Bei der Auftaktsitzung wurde auch eine neue Geschäftsfüh- aktiv auch über die Tarifinhalte zu gestal- rung der Bundestarifkommission unter dem Vorsitz des Fachvorstands Tarifpolitik, Vol- ten. Damit es uns angesichts des demo- ker Geyer, gewählt. Die neuen und alten Mitglieder der Geschäftsführung stellen wir grafischen Wandels gelingt, neue Fach- hier kurz vor. kräfte zu gewinnen. Rita Mölders, VBE legen ein, eine deutliche Verbesserung der Thomas Zeth, VAB Arbeitsbedingungen und für eine spürbare Wertschätzung. Andreas Hemsing, komba gewerkschaft Aktuelle und bisherige gewerkschaftliche Aktuelle und bisherige gewerkschaftliche Stationen Stationen VBE: seit 1993 Mitglied im Verband Bil- VAB: seit 1995 Mitglied im Verband der dung und Erziehung NRW, seit 2011 VBE- Arbeitnehmer der Bundeswehr (VAB), seit Vorsitzende im Bezirk Arnsberg, seit 2021 2003 stellvertretender Bundesvorsitzen- Tarifreferentin im VBE NRW, seit 2022 Aktuelle und bisherige gewerkschaftliche der und Sprecher VAB Tarifkommission, stellvertretende VBE-Bundesvorsitzende, Stationen seit 2007 Landesvorsitzender VAB Bay- Bereich Tarifpolitik dbb: seit 11/2022 stellvertretender Bundes- ern, seit 1992 Personalrat in verschiede- DBB NRW: seit 2022 Leiterin der Koordinie- vorsitzender, seit 2012 stellvertretender nen Funktionen rungsgruppe Lehrkräfte Vorsitzender der Bundestarifkommission, dbb: seit 2022 stellvertretende Vorsit- seit 2012 Mitglied des dbb Bundesvorstan- Was sind Deine hauptsächlichen tarifpoli- zende der Bundestarifkommission des, seit 2009 Mitglied des dbb Bundes- tischen Themen? hauptvorstandes Wichtig sind verbesserte Entgelte für Was sind Deine hauptsächlichen tarifpoli- CESI: seit 2021 Vizepräsident der CESI- untere und mittlere Einkommensschich- tischen Themen? Expertenkommission „Öffentliche Ver- ten sowie Tarifpflege und Verbesserungen Ich setze mich ein für eine Verbesserung waltung“ im Bereich des TV EntgO sowie Sicherung der Entgeltordnung der Lehrkräfte. Die DBB NRW: seit 2014 Vorsitzender Tarif- und Verbesserung beim TV Altersver- Einführung einer vollständigen „Paral- kommission, seit 2009 Mitglied des DBB sorgung (VBL). Die Weiterentwicklung leltabelle“ zum schnellstmöglichen Zeit- NRW Vorstandes der Tarifverträge bei der Bundesagentur punkt ist längst überfällig. Gefordert komba gewerkschaft: seit 2017 Bundes- für Arbeit sowie für die Bundeswehr – werden müssen Verbesserungen bei der vorsitzender, 2014 - 2017 stellvertretender hier vor allem der TV UmBw (Tarifver- Eingruppierung und Einstufung der Tarif- Bundesvorsitzender trag über sozialverträgliche Begleitmaß- beschäftigten, bei der Befristungspraxis komba gewerkschaft nrw: seit 5/2016 nahmen Umgestaltung Bundeswehr), den und bei der Höhergruppierung. Es kann Landesvorsitzender komba gewerkschaft ich am Tariftisch mitverhandeln durfte – nicht sein, dass bei vielen „Beförderun- nrw, 2012 - 2016 politische Führung der sind weitere Schwerpunkte. Auch die Aus- gen“ die Tarifbeschäftigten Exspektanz- komba gewerkschaft nrw als stellvertre- gestaltung der modernen Arbeitsformen verluste hinnehmen sollen. tender Landesvorsitzender, Landesge- und Umsetzung des TV Digitalisierung, Um dem immer weiter um sich greifen- schäftsstelle Köln, 2007 - 2016 stellver- insbesondere unter Betrachtung der Aus- den Lehrkräftemangel entgegenzutreten, tretender Landesvorsitzender komba nrw, wirkungen bei den körperlich handwerk- müssen aus meiner Sicht Entwicklungs- 2001 - 2007 Landesvorstandsmitglied lichen Tätigkeiten, dürfen nicht verges- möglichkeiten für die tarifbeschäftigten komba gewerkschaft nrw sen werde. Kolleginnen und Kollegen im Schulbe- Für die Verhinderung der Durchsetzung reich durch Qualifizierungsmaßnahmen Was sind Deine hauptsächlichen tarifpoli- der Sichtweise des Arbeitgebers im Hin- geschaffen beziehungsweise forciert wer- tischen Themen? blick auf die Atomisierung des Arbeitsvor- den. Insgesamt setze ich mich für eine Meine tarifpolitischen Hauptthemen sind gangs und damit Beibehaltung der juris- echte Entlastung der Kolleginnen und Kol- all jene, die den Organisationsbereich mei- tisch bereits festgestellten Auslegung des Seite 10 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
Arbeitsvorgangs werde ich mich ebenfalls dass das Personal fehlt – Lösungen und keine Tarifverträge wie TVöD West und einsetzen. Es darf keine Herabgruppierun- Ansätze dafür zu suchen, wird eine der Ost mehr haben. Mein größter Wunsch ist, Bundestarifkommission gen durch die Hintertür geben! Hauptaufgaben der Zukunft sein. Nur so wieder einen Tarifvertrag für den gesam- werden wir auch zukünftig Staat machen. ten öffentlichen Dienst zu haben. Cornelia Deichert, DSTG Und auch innerhalb unserer Organisatio- nen selbst müssen wir weg vom Trittbrett- Thomas Gelling, GDL fahrertum. Die Beschäftigten müssen sehen, was wir Gewerkschaften leisten, wo sie ohne uns stehen würden und dass Solidarität sich bezahlt macht. Hermann-Josef Siebigteroth, VDStra. Aktuelle und bisherige gewerkschaftliche Stationen Aktuelle und bisherige gewerkschaftliche dbb: seit 2022 stellvertretende Vorsit- Stationen zende der Bundestarifkommission dbb: seit 2007 zunächst im Vorstand der DSTG: seit 2004 Mitglied der Bayerischen damaligen dbb tarifunion, anschließend Finanzgewerkschaft, die im Dachver- stellvertretender Vorsitzender der dbb band zur Deutschen Steuergewerkschaft Bundestarifkommission gehört, seit 2019 stellvertretende Lan- Aktuelle und bisherige gewerkschaftliche GDL: seit 1990 Mitglied der GDL, ab 1990 desvorsitzende der Bayerischen Finanz- Stationen Vorsitzender der Jugend- und Auszubil- gewerkschaft und hauptsächlich für die dbb: seit 2017 stellvertretender Vorsitzen- dendenvertretung, ab 1990 ehrenamtli- Bereiche Tarif, IT und Schlösserverwaltung der der Bundestarifkommission che Arbeit in der GDL-Jugend, ab 1993 zuständig, seit 2014 stellvertretende Vor- VDStra.: seit 2017 Bundesvorsitzender Bundesjugendleiter und Mitglied der sitzende des Tarifausschusses VDStra. NRW: seit 1980 verschiedene Tarifkommission der damaligen Tarif- BBB: seit 2014 stellvertretende Vorsit- Positionen in der VDStra. als Personalrat gemeinschaft GDL GDBA, ab 1993 Mit- zende des Tarifausschusses (beginnend als Jugendvertreter), Bezirks- glied zunächst des örtlichen Personalrats, vorsitzender und stellvertretender Lan- später dann, nach der Privatisierung der Was sind Deine hauptsächlichen tarifpoli- desvorsitzender deutschen Bahnen, des Betriebsrats beim tischen Themen? Bahnbetriebswerk Seddin, ab 2002 Refe- Mein Hauptaugenmerk liegt auf dem Was sind Deine hauptsächlichen tarifpoli- rent der GDL-Tarifabteilung, seit 2008 Lei- Tarifbereich der Länder. Über den Tel- tischen Themen? ter der GDL-Tarifabteilung lerrand zu schauen, ist für mich aber ein Ich halte nach wie vor Gewerkschaften für grundsätzliches Muss. Deshalb ist insbe- eine ganz wichtige Einrichtung in unserer Was sind Deine hauptsächlichen tarifpoli- sondere der Blick auf den früher verbunde- Gesellschaft. Mein größter Wunsch und tischen Themen? nen Bereich des Bundes und der Kommu- mein Ansporn sind es, wieder mehr Men- Mein vorrangiges Arbeitsgebiet war und ist nen absolut erforderlich. Nur so lassen sich schen für Gewerkschaften zu begeistern. der öffentliche Nahverkehr. Mein Thema Vergleiche ziehen und berechtigte Forde- Meine tarifpolitischen Ziele sind zum ist zum einen die Stärkung der Unabhän- rungen stellen. einen Anerkennung und Wertschätzung gigkeit des dbb als Tarifvertragspartei. Eine Herzensangelegenheit ist für mich die einer jeden Arbeit und dass bei allen Kol- Ich werde mich dafür einsetzen, dass der längst überfällige Neuausrichtung der Ent- leginnen und Kollegen das Einkommen dbb bei Aktionen und in den Medien viel geltordnung zum TV-L. Durch die Entschei- zum Auskommen ausreicht. Die Schaffung mehr präsent sein wird und seine Durch- dung des Bundesverfassungsgerichts, die größtmöglicher Gerechtigkeit bei Dienst- setzungskraft am Verhandlungstisch als Verfassungsbeschwerde der Tarifgemein- und Arbeitsverhältnissen sowie bei den selbstbestimmte Kraft gesteigert wird. schaft deutscher Länder und des Lan- sozialversicherungsrechtlichen Dingen Zum anderen ist mein Thema das Tarifein- des Berlin nicht anzunehmen, hoffe ich, wie Kranken- und Rentenversicherung, heitsgesetz (TEG), das zu bekämpfen nach dass wieder Bewegung in diesen Prozess aber auch den gesetzlichen Regelungen wie vor Programm des dbb ist. Als Mit- kommt. Es braucht faire und gerechte wie zum Beispiel im Bereich der Unfallkas- glied der GDL erlebe ich die tendenziöse Bezahlinstrumente und keine einmaligen sen, sind ebenso wichtig. Ich möchte mehr Anwendung des TEG durch die Deutsche Fangprämien oder Zulagen. öffentliche, aber auch politische Aner- Bahn AG, gegen die GDL, gegen ihre Mit- Dazu kommen noch die flexiblen Arbeits- kennung für die ehrenamtliche Arbeit in glieder. Die starke Loyalität der Mitglieder möglichkeiten und eine zukunftsfähige Gewerkschaften. Gewerkschaften sind für zu ihrer Gewerkschaft verhindert zwar, Altersabsicherung. Längst ist die Vergleich- unser soziales Zusammenleben, die soziale dass sich die Deutsche Bahn durchsetzt. barkeit der öffentlichen Dienste unterein- Sicherheit in unserem Land, aber auch für Damit kann sich aber niemand zufrieden- ander nicht mehr gegeben, von einer Kon- den wirtschaftlichen Erfolg unverzichtbar. geben. Das TEG ist abzuschaffen, denn kurrenzfähigkeit zur privaten Wirtschaft Ich möchte eine weitere Zersplitterung viele andere Sparten- und Berufsgewerk- ganz zu schweigen. Durchgehend durch der Tariflandschaft verhindern und nach schaften, auch im dbb, sind gefährdet. Das alle Verwaltungsbehörden ist zu sehen, über dreißig Jahren Wiedervereinigung ist und bleibt mein Ziel. tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 11
Interview mit DPVKOM-Chefin Christina Dahlhaus „Der Post kommen die Gewinne Interview fast zu den Ohren raus.“ Am 15. November 2022 hat die DPVKOM gruppiert sind hier beispielsweise die für die anstehende Einkommensrunde Beschäftigten, die mit den schwersten Job bei der Deutschen Post AG 12 Prozent machen. Das Be- und Entladen der LKW- mehr Einkommen bei einer Laufzeit von Brücken. Als Zusteller ist man in der Ent- 12 Monaten gefordert. DPVKOM-Chefin geltgruppe 3 und verdient als Einstiegs- Christina Dahlhaus weiß die Forderung zu gehalt rund 2.399,00 Euro brutto. Die begründen. Eingruppierungen spiegeln keinesfalls den Wert der Arbeit wider. Die Deutsche Post tacheles: Stattliche 12 Prozent fordert hat ein großes Personalproblem und zu die DPVKOM in der Einkommensrunde diesen Gehältern fängt kaum jemand bei bei der Post. Mit welchen Argumenten der Deutschen Post an. Der Arbeitsmarkt begründen Sie diese hohe Forderung und ist leergefegt und wir sind am Anfang des wie erklären Sie, dass die DPVKOM gleich- demografischen Wandels. Die Arbeitsbe- wohl noch drei Prozente unter der Forde- dingungen sind schwierig und körperlich rung von ver.di liegt? herausfordernd. Genügend neues Perso- nal wird es nur mit einer besseren Bezah- Dahlhaus: Tatsächlich liegt unsere lung geben. Außerdem verlassen zu den Gesamtforderung zumindest für die unte- aktuellen Bedingungen viele Beschäftigte ren Entgeltgruppen noch höher. Hier for- von sich aus die Deutsche Post. Eine bes- dern wir einen Sockelbetrag in Höhe von sere Bezahlung ist ein Baustein, um Perso- 500,00 Euro. Das entspricht einer Ent- nal halten zu können. geltssteigerung von circa 20 Prozent. Eine reine lineare Erhöhung treibt die Einkom- tacheles: Wie ist es um die Aktions- und mensschere weiter auseinander und ist Streikfähigkeit der DPVKOM bestellt; zie- typische Klientelpolitik von ver.di. Die hen die Kolleginnen und Kollegen mit? Delivery-GmbH‘s, die später wieder ein- Deutsche Post kann und muss die Löhne gestampft wurden, aber zunächst zwei deutlich erhöhen. Sie zählt eindeutig zu Dahlhaus: Die Mitglieder der DPVKOM Paketzustellnetze gleichzeitig liefen. den Gewinnern der Corona-Pandemie und sind hoch motiviert. Sie wollen eine wei- steht vor ihrem bislang besten Geschäfts- tere Entwertung ihrer Arbeit und die der tacheles: Schließlich weist die Deutsche jahr. Wir sprechen von einer Ergebnispro- Kolleginnen und Kollegen stoppen. Die Post auch noch auf den Umbau zu einem gnose für das laufende Geschäftsjahr von letzten Tarifverträge waren gut für den ökologisch-nachhaltigen Unternehmen rund 8,4 Milliarden Euro. Das ist ein erneu- Arbeitgeber, waren gut für ver.di, aber hin, der nicht möglich sei, wenn die Ein- ter Rekord und der Post kommen in den schlecht für die Mitarbeiter. Das bestä- kommensforderungen so hoch sind. Ist letzten Jahren die Gewinne fast zu den tigte unlängst der scheidende Postchef das bedenkenswert oder pures Greenwa- Ohren raus. Es geht der Deutschen Post Frank Appel auf einer Betriebsrätever- shing? in wirtschaftlicher Hinsicht blendend. sammlung. Darum ist es nur logisch und gerecht, dass Dahlhaus: Ein typisch vorgeschobenes die Beschäftigten durch eine Lohnsteige- tacheles: In den Medien ist zu lesen, dass „grünes“ Argument. Ich denke hier auch rung davon profitieren. ein Unternehmenssprecher der Deut- an die verbrannten Gelder für das eigene schen Post die gewerkschaftlichen Forde- Projekt StreetScooter – ein E-Fahrzeug für tacheles: In Ihrer Pressemitteilung ist zu rungen für „realitätsfern“ hält, auch, weil Zusteller und grundsätzlich eine gute Idee, lesen, dass neben den 12 Prozent noch die Post die Kostensteigerungen nicht ein- aber wie so oft nicht zu Ende gedacht. die Forderung nach einer „Höhergruppie- fach an den Kunden weitergeben könne. Die ersten Baureihen hatten keine Hei- rung bestimmter Beschäftigtengruppen“ Wie entgegnen Sie auf diese Feststellung? zung oder die Akkus reichten nicht für eine beschlossen wurde. Worum geht es kon- gesamte Zustelltour. Sieben Jahre Elektro- kret und was ist der Hintergrund für diese Dahlhaus: Realitätsfern ist die falsche Odyssee und dann wurde die Tochter ver- Forderung? Personalpolitik. Die Deutsche Post hat in lustreich verkauft. den letzten Jahren jede Portoerhöhung Dahlhaus: Die Höhergruppierung bezieht mit dem Argument der Kosten durchbe- sich auf die Beschäftigten in den Entgelt- kommen. Von den seit Jahren steigenden gruppen 1 bis 4. In der Entgeltgruppe 1 Gewinnen haben die Aktionäre profitiert, liegt der Stundenlohn für Einsteiger mit aber keinesfalls die Beschäftigten, die circa 12,74 Euro nur knapp über dem all- diese erwirtschaftet haben. Geld wurde gemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Ein- ebenso verbrannt bei den Gründungen der Seite 12 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
Die Flexibilisierung von Ruhezeit Eine Beleuchtung der Möglichkeiten nach geltendem Recht und eine Anregung zur normativen Wei- Buchvorstellungen terentwicklung Von Dr. Julia Meler, 325 Seiten, Paperback, Reihe Rechtswissenschaft, Band 194, Tectum, ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, 74 Euro, ISBN 978 3 8288 4821 4 Was ist Arbeitszeit, was Ruhezeit? In Zeiten von Homeoffice, Mobile Working und der zunehmenden Nutzung von Mobile Devices ist eine klare Abgrenzung unmöglich geworden. Der vorliegende Band ist interessant für alle, die Anhaltspunkte zum Umgang mit diesem Thema suchen. Er zeigt die Grenzen des geltenden Arbeitsrechts auf europäischer und nationaler Ebene auf, stellt Initiativen im Bereich der Flexibilisierung von Ruhezeit vor und gibt eigene Anregungen zum künftigen Umgang mit der starren Ruhezeit. Hierbei wird nicht nur die Rechtslage gewürdigt und auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eingegangen. Es werden auch gesellschaftspolitische Aspekte bedacht. Kommunales Personal- und Organisationsmanagement Handbuch Von Dr. Thomas Böhle (Herausgeber), 1.680 Seiten, 2. Auflage 2022, gebunden, Verlag C. H. Beck, 159 Euro, ISBN 978 3 406 78113 1 Das Handbuch zeigt, wie ein zukunftsorientiertes Personal- und Organisationsmanagement in kommu- nalen Gebietskörperschaften, Unternehmen und Betrieben gestaltet sein muss. Dabei werden sowohl grundsätzliche Fragestellungen zur Aufnahme und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, als auch The- men wie Employer-Branding, Personalcontrolling oder Kompetenzmanagement behandelt. Inhalt: - Personalplanung, -gewinnung und -bindung - Berufliche Entwicklung (zum Beispiel Kompetenzmanagement, Bildungsmanagement) - Arbeitsbedingungen - Erhalt / Förderung der Leistungsfähigkeit - Dienstaufsicht / Disziplinarrecht - Beendigung des Arbeits- / Dienstverhältnisses - Renteneintritt / Ruhestand Die Neuauflage setzt ihren Schwerpunkt auf die Digitalisierung mit einem neuen Kapitel zum Thema Homeoffice / Telearbeit sowie zu den Folgen der Pandemie auf die Rechte und Pflichten der Angestell- ten und der kommunalen Arbeitgeber. Das Werk wendet sich an die HR-Leitung und -Mitarbeitende in kommunalen Gebietskörperschaften, Unternehmen und Betrieben sowie Personalräte und beratende Anwaltschaft. Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung | Kommentar Herausgegeben von Dr. Karl Hauck und Prof. Dr. Wolfgang Noftz, Bandherausgeber Prof. Dr. Peter Udsching, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht a.D., Loseblatt-Kommentar in zwei Ordnern, inklusive Ergän- zungslieferung 4 / 22 (November 2022), 3.040 Seiten, Erich Schmidt Verlag, 216 Euro, ISBN 978 3 503 11063 6 Mit dem im Rahmen des Hauck / Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar erscheinenden Kommen- tar zum SGB IV wird eine umfassende und jederzeit aktuelle Kommentierung der gemeinsamen Vor- schriften für die Sozialversicherung geboten, die einerseits den Erfordernissen der Praxis, andererseits aber auch den Bedürfnissen der Wissenschaft voll gerecht wird. Das SGB IV bildet mit dem Allgemeinen Teil die Grundlage für die Einordnung des Rechts der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversiche- rung in das Sozialgesetzbuch. Mit der Lieferung wird die Aktualisierung der Kommentierungen von Vor- schriften des zweiten Titels des ersten Abschnitts des SGB IV mit § 7b fortgesetzt. Breiten Raum nimmt daneben die eingeführte Änderung des § 8 ein. Darüber hinaus sind aktuellen Fassungen der §§ 110a bis 110c samt Anhang 1 zu § 110c abgedruckt. tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023 · Seite 13
Rechtsprechung Anerkennung von Berufs- rem die Tätigkeit „Konzeption der Wei- schäftigungszeiten setze voraus, dass die erfahrung in einer niedrigeren terbildungsangebote und inhaltliche Vor- frühere Tätigkeit bezogen auf die Eingrup- gaben zu den zu vermittelnden Themen“ pierung gleichwertig gewesen sei und es Entgeltgruppe übertragen. Der Anteil dieser Tätigkeit an somit eine entgeltübergreifende Berufs- der Gesamtarbeitszeit belief sich hierbei erfahrung nicht geben könne. Die Beklagte Ergibt sich die höhere Bewertung der zunächst auf 35 Prozent. Zum 1. April 2017 unterlag in beiden Vorinstanzen und legte Tätigkeit nach einer Wiedereinstellung wurde die Klägerin unbefristet eingestellt daraufhin Revision beim BAG ein. aus der bloßen Erhöhung des Zeitanteils und erhält seitdem eine Vergütung nach eines Arbeitsvorgangs, kann bei Aufbau- EG 11 TV-L. Die Tätigkeitsbeschreibung Die Entscheidung fallgruppen eine einschlägige Berufser- wurde im Zuge der Wiedereinstellung hin- fahrung auch in einer niedrigeren Entgelt- sichtlich eines Tätigkeitsbereichs gering- Das BAG gab der Klägerin ebenfalls Recht. gruppe erlangt werden (BAG, Urteil vom fügig erweitert beziehungsweise die Zeit- Zunächst stellt das Gericht klar, dass es 29. Juni 2022, Aktenzeichen 6 AZR 475/21). anteile an der Gesamtarbeitszeit erhöht. sich bei der Wiederbegründung eines So betrug der Anteil der Tätigkeit „Kon- Arbeitsverhältnisses um eine Einstellung Der Fall zeption der Weiterbildungsangebote und handelt, da die Tarifvertragsparteien in inhaltliche Vorgaben zu den zu vermitteln- der Tarifnorm selbst nicht zwischen Neu- Im vorliegenden Fall stand zwischen den den Themen“ ab diesem Zeitpunkt 50 Pro- einstellung und Wiedereinstellung unter- Parteien im Streit, ob die während einer zent an der Gesamtarbeitszeit. Zwischen schieden haben. Des Weiteren ist die Klä- Vorbeschäftigung erlangte Berufserfah- den Parteien ist unstreitig, dass die Kläge- gerin zum 1. April 2017 der Stufe 3 der rung im Rahmen der Stufenzuordnung bei rin seit dem 1. April 2017 nach der EG 11 TV-L EG 11 TV-L zuzuordnen, da sie in den vor- einer erneuten Einstellung zu berücksich- zu vergüten ist. Streitig ist jedoch die Stu- herigen befristeten Arbeitsverhältnis- tigen ist. Die Klägerin ist seit dem 1. Juli fenzuordnung. Die Klägerin ist der Auffas- sen einschlägige Berufserfahrung sam- 2012 ununterbrochen als Sachbearbeite- sung, dass ihre Berufserfahrung in den vor- meln konnte, die anzurechnen ist. Denn rin im Bereich Weiterbildung an einer Uni- herigen befristeten Arbeitsverhältnissen einschlägige Berufserfahrung setzt maß- versität beschäftigt. Zunächst war sie dort nach § 16 Absatz 2 Satz 2 TV-L anzurechnen geblich voraus, dass die frühere Tätigkeit als befristete Teilzeitkraft mit 40 bezie- sei, so dass sie ab 1. April 2017 bereits der fachliche Anforderungen gestellt hat, die hungsweise später 62,5 Prozent der regel- Stufe 3 der EG 11 TV-L zuzuordnen wäre. erwarten lassen, dass eine Einarbeitungs- mäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, dass zeit entfallen kann. Ob sich dies im Nach- Vollzeitkraft tätig und wurde nach der Ent- die Klägerin zum 1. April 2017 nur der Stufe hinein tatsächlich bewahrheitet, ist für geltgruppe (EG) 10 des Tarifvertrags für 1 der EG 11 TV-L zuzuordnen sei, da sie keine die Stufenzuordnung ohne Belang. Ein- den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) einschlägige Berufserfahrung erworben schlägige Berufserfahrung liegt demnach vergütet. So war der Klägerin unter ande- habe. Denn die Anrechnung von Vorbe- vor, wenn die frühere Tätigkeit im Gro- Seite 14 · tacheles · 1 / 2 · Januar / Februar 2023
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