2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land

Die Seite wird erstellt Hortensia-Viktoria Philipp
 
WEITER LESEN
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
2.20

                          ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDLICHE ENTWICKLUNG

                                                                                         Interview mit
                                                                                         ­Bundesministerin
                                                                                          ­Elisabeth Köstinger
                                                                                         „Versorgungssicherheit
                                                                                         ist das zentrale Thema“

                                                                                         Ländliche Entwicklung
                                                                                         nach 2021
                                                                                         Acht Interventionskategorien
                                                                                         im neuen GAP-Strategieplan

                                                                                         Drohnen als moderne
                                                                                         Landmaschinen
                                                                                         Über den Einsatz von Drohnen
www.zukunftsraumland.at

                                                                                         in der Land- und Forstwirtschaft

                                                                                         Zukunftsorientierte
                                                                                         ­Regionalentwicklung
                                                                                         Die Bedeutung von Lernen,
                                                                                         Bildung und Qualifizierung

                          Österreichische Post AG / MZ 16Z040734 M
                          ARGE Vernetzungsstelle LE 14–20, Schauflergasse 6, 1025 Wien
                          Retouren an Postfach 100, 1350 Wien
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
02                      Inhalt // Intro // Abbildungsnachweis

                                                                                                                  Onlineplattform „Frisch zu mir“ bündelt
		INHALT                                                                                                          das Angebot von fast 900 Bauernhöfen
                                                                                                                  und Gastronomiebetrieben
    02 _       „Frisch zu mir“ erfolgreich //
		             Aus der Praxis der Netzwerkarbeit //
		             Abbildungsverzeichnis                                                                              Ob regionale Lebensmittel oder frisch zubereitete Mahlzeiten –
    03 _       LE konkret // Geleitwort // NETZWERK 		                                                            auf www.frischzumir.at kann rund um die Uhr und österreichweit
		             DIGITAL: Unsere Webinare zum                                                                       bei heimischen Bäuerinnen und Bauern und gastronomischen
		             Nachschauen                                                                                        ­Betrieben bestellt ­werden. Die Lieferung erfolgt auf Wunsch bis
04/05 _        Interview mit Bundesministerin                                                                      ­direkt vor die Haustüre. Fast 900 B
                                                                                                                                                      ­ etriebe in ganz Österreich ­bieten
		             Elisabeth Köstinger                                                                                  ihren Service auf der über das Programm für ländliche Entwicklung
06/07 _        Einbettung der ländlichen Entwicklung                                                                LE 14–20 geförderten Liefer­plattform an. Knapp 200.000 Menschen
		             in die GAP-Strategiepläne // Perioden-                                                               haben die Website bereits genutzt. Die Wirtshäuser ­kochen frisch
		             übergang // Mehrjähriger Finanzrahmen                                                                mit regionalen Lebens­mitteln auf und bieten meist eine Auswahl
    08 _       Einsatz von Drohnen in der Land- 		                                                                  an warmen Speisen an. Bestellt ­werden kann dann ­direkt über die
		             und Forstwirtschaft // Webinare auf 		                                                               Websites und Onlineshops der B  ­ etriebe. Weitere ­Betriebe können
		             NETZWERK DIGITAL                                                                                     unter kulinarik@amainfo.at eingemeldet werden.
    09 _       Einsatzbereiche von Drohnen:
		             Wald, Grünland, Ackerbau, Weinbau,

                                                                              Aus der Praxis der Netzwerkarbeit
		             Photovoltaik
    10 _       Blütendiversität und Ertrag:
		             Wie die Landwirtschaft von hoher
		             Vielfalt profitiert                                            Jede Krise birgt auch eine Chance. Die                             einen breiten Kreis von Interessierten er­
     11 _      Blühstreifenpflanzen: Mehr als Nahrung                         ­COVID-19-Pandemie hat das Netzwerk                                reichen. Bemerkenswert ist, dass die digita-
		             für Insekten                                                    ­Zukunftsraum Land dazu gezwungen, vor                           len Angebote andere Teilnehmerschichten
 12/ 13 _      Standpunkte: Was braucht es in Zukunft                           ­allem die Frühjahrsveranstaltungen neu                         ansprechen als Konferenzen; das Smart-
		             für lebendige ländliche Räume?                                    zu organisieren und digital anzubieten. Das                    Village-­Webinar etwa wurde von mehr
    14 _       Die Agrarwissens- und -innovations-                               Jahresschwerpunktthema „Digitalisierung                        ­Frauen als Männern besucht. Die Distanz­
		             systeme AKIS in der GAP 2021+                                     im ländlichen Raum“ wurde damit auch                            unabhängigkeit und der geringe Zeitauf-
    15 _       Die verstärkte Bedeutung der AKIS in 		                           zu einer persönlichen Herausforderung.                          wand haben aber auch Gäste aus dem
		             der neuen GAP // Innovationsökosystem 		                                In der Zwischenzeit wurden bereits                        ­Ausland, besonders aus Deutschland und
		             der ländlichen Räume // Die Rolle der 		                          die ersten Maßnahmen mit großem Erfolg                           Südtirol, angezogen.
		             Beratung in den AKIS                                              an­geboten. An der Online-Veranstaltung                               Neben der Umsetzung des Jahresarbeits-
    16 _       Lernen, Bildung und Qualifizierung 		                             „Drohnen in der Land- und Forstwirtschaft“                       programms ist die Vernetzungsstelle immer
		             für eine zukunftsorientierte Regional-                            und den sechs thematisch darauf aufbauen-                        wieder auch an anderer Stelle gefordert.
		             entwicklung                                                       den Spezialwebinaren haben rund 800 Per-                         War es 2018 die EU-Datenschutzgrundver-
     17 _      Weinviertel – Manhartsberg:                                       sonen teilgenommen. Über die neu geschaf-                        ordnung, ­welche die Überarbeitung großer
		             Eine wissbegierige Region // 			                                  fene Rubrik NETZWERK DIGITAL auf unserer                         Teile der Website erforderte, ist es heuer
		             Aus den LEADER-Regionen                                           Website stehen diese Angebote dauerhaft                          die Barrierefreiheit, die bis ­September her-
 18/ 19 _      Expertinnen- und Expertenforum:                                   online zur Verfügung.                                            zustellen ist.
		             Lebensmittelversorgung und mehr:                                        Auch das Webinar „Smart Villages –                         Ihr Netzwerkteam: Karl Bauer //
		             Was lernen wir aus der Coronakrise?                               ­Innovation und Digitalisierung als Chance                       Luis Fidlschuster // Michael Fischer //
    20 _       Europa // Demnächst // Impressum                                   für die ländlichen Räume“ konnte mit mehr                       Georg Keuschnigg // Gertraud Leimüller // ­
                                                                                  als 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern                         Gerald Pfiffinger // Johanna Rohrhofer

            ABBILDUNGSNACHWEIS Cover: Peter Meindl | Seite 2: Google Maps | Seite 3: Porträt: BMLRT/Paul Gruber, links: OEKL | Seite 4: Porträt: BMLRT/Paul Gruber | Seite 5: iStock/AlexRaths |
            Seite 6: Hintergrund: iStock/Sergey Fedoskin, Porträt: BMLRT/William Tadros | Seite 7: Hintergrund: iStock/Sergey Fedoskin | Seite 8: oben: Michael Treiblmeier, Porträt: LK NÖ/Franz Gleiß |
             Seite 9: Blickwinkel Pro | Seite 10: Hintergrund: Peter Meindl, Porträt links: privat, Porträt rechts: privat | Seite 11: Fotos: Peter Meindl, Illustrationen: 4D2A & Satoshi Sakagami | Seite 12:
             ­ intergrund: iStock/anyaberkut, iStock/pijama61, Porträt links oben: privat, Porträt links unten: LKÖ/APA/Ludwig Schedl | Seite 13: Hintergrund: iStock/anyaberkut, iStock/pijama61,
             H
              ­Porträt oben: Tiroler Wirtschafts­kammer/Victor Malyshev: Rosinak & Partner ZT GmbH, Porträt Mitte: privat, Porträt unten: ISK Dornbirn_Graz | Seite 14: Illustrationen: iStock/bsd555,
             ­Porträt links: BMLRT/Paul Gruber, Porträt rechts: privat | Seite 15: Illustrationen: iStock/bsd555, Porträt oben: privat, Porträt Mitte: Victoria Posch, Porträt unten: G. Pfabigan | Seite 16:
            ­Porträt: privat, oben: Tiroler B­ ildungsforum, Mitte: LAG Weinviertel – Manhartsberg | Seite 17: rechts oben: LAG Weinviertel – Manhartsberg, links unten: Stadt Bruck/Monika Mehlmauer |
             Seite 18: Hintergrund: i­ Stock/and-one, Porträt links: LKÖ/APA-Fotoservice/Schedl, Porträt rechts: SPAR AG | Seite 19: Hintergrund: ­iStock/and-one, Porträt links: Berglandmilch, Porträt
             rechts: Land Oberösterreich | Seite 20: iStock/republica
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
LE konkret // Aus dem Netzwerk // Geleitwort                                     03

LE konkret
Tirol: Bereits 1000 Kundinnen                      technik seit dem Jahr 2018 rund 35 Alm­
und Kunden bei Vermittlungs-                       betriebe mit mehr als 75 Versuchsflächen
plattform „­ Bauernkiste“                          in ganz Österreich an. Sie entwickeln
Der bäuerliche Zustelldienst „Bauernkiste“         ­standortangepasste Regulierungsmaß­
ist eine Tiroler Vermittlungsplattform mit          nahmen zur Zurückdrängung häufiger
mittlerweile bis zu 50 Erzeugerinnen und            ­Problemarten wie Ampfer oder Borstgras.

                                                                                                      Geleitwort
Erzeugern und mehr als 1000 Konsumentin-             Weitere Versuchsflächen sind willkommen.
nen und Konsumenten. Der ­Internetshop               Einen Projektbericht ­finden Sie auf
ist seit 2018 auch mobilfreundlich, sodass           www.almwirtschaft.com oder unter https://
bequem über Smartphone b    ­ estellt werden         oekl.at/projekte/futtervielfalt-auf-almen.
kann. Nach Bestellschluss ­holen sich die                                                             Herausfordernde Zeiten
Bäuerinnen und Bauern über einen Zugangs-          Steiermark: „Nahgenuss“
code die Aufträge aus dem Netz und belie-          mit 150 Betrieben                                  Die Eindämmung der Coronaviruspandemie
fern die Packstellen. Dort ­werden die Kisten      Vorwiegend Biomischpakete mit allen                ­verlangt uns in diesen Wochen und Monaten
individuell zusammen­gestellt und aus­             ­gängigen heimischen Fleischsorten ver­             viel ab. Im Zentrum standen umfangreiche
geliefert, bezahlt wird über Bankeinzug.            mittelt die digitale Plattform „Nahgenuss“,        ­Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit
www.bauernkiste.at                                  die von den Brüdern Beiglböck vor vier              der Bevölkerung sowie zur Unterstützung der
                                                    ­Jahren in Graz gestartet wurde. „Nahgenuss“        Land- und Forstwirtschaft. Auch in der länd­
Futtervielfalt auf Almen:                            versteht sich als Drehscheibe, die derzeit         lichen Entwicklung haben wir entsprechend
­Projektbetriebe gesucht                             rund 150 bäuerliche Betriebe und rund              ­reagiert und haben vielen Sicherheit in der
Die Zunahme von Problempflanzen und                  4000 Konsumentinnen und Konsumenten                 ­Umsetzung ihrer Projekte gegeben.
das Zuwachsen wertvoller Almflächen                  verbindet. Neu sind Weine im S  ­ ortiment.
­stellen die Almwirtschaft vor große Heraus-         Micha Beiglböck rechnet heuer mit ­einer         Die aktuelle Krise hat uns zudem einmal
 forderungen. Dieses Problems nehmen                 Verdoppelung des Umsatzes der B    ­ äuerinnen   mehr vor Augen geführt, wie wichtig die heimi-
 sich im Rahmen eines LE-Projekts des                und Bauern auf rund eine M ­ illion Euro.        sche Land- und Forstwirtschaft sowie die
 ­Österreichischen Kuratoriums für Land­             www.nahgenuss.at                                 ­ländlichen Räume für uns sind. An dieser Stelle
                                                                                                       möchte ich auch einmal ein großes Danke an
                                                                                                       unsere Bäuerinnen und Bauern aussprechen.
                                                                                                       Sie leisten einen wesentlichen Beitrag, damit
                                                                Versuchsfläche ohne Farn               wir jeden Tag frische Lebensmittel zur Ver­
                                                                und Vergleichsfläche                   fügung haben. Gerade jetzt zeigt die globale
                                                                (Vordergrund) mit Farn.
                                                                                                       ­Situation, wie wichtig eine nachhaltige
                                                                                                        und funktionierende Lebensmittelwirtschaft
                                                                                                        ist. Österreich ist hier sehr gut aufgestellt,
                                                                                                        und ich bin mir sicher, dass in den nächsten
                                                                                                        ­Monaten Regionalität und Herkunftssicherheit
                                                                                                         mehr denn je Gewicht haben werden.

                                                                                                      Die Landwirtschaft gehört zur system­relevanten
                                                                                                      Infrastruktur und muss dementsprechend
                                                                                                      ­unterstützt werden. Gerade jetzt haben wir
                                                                                                       die besten Argumente für die Unterstützung
                                                                                                       ­einer dezentralen, regional ausgerichteten
                                                                                                        und nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft.
Netzwerk digital: Unsere Webinare zum Nachschauen                                                       Diese Argumente werden wir in die Verhandlun-
 Die Coronapandemie hat auch die Arbeit des Netzwerks Zukunftsraum                                      gen rund um den Mehrjährigen Finanzrahmen
 Land verändert: Einige unserer Veranstaltungen wurden organisato-                                      einbringen und uns für eine dementsprechende
 risch neu aufgesetzt und in digitaler Form ­angeboten. Die Erfahrungen                                 Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik
 waren durchwegs positiv. Die ersten ­Angebote, ­„Einsatz von Drohnen                                   einsetzen.
 in der Land- und Forstwirtschaft“, die darauf aufgebaute Webinarreihe
 und die Onlineveranstaltung „Smart Villages“, stießen auf reges                                      Elisabeth Köstinger
­Interesse. Die Vorträge dieser ­Veranstaltungen wurden ­auf­gezeichnet                               Bundesministerin für Landwirtschaft,
 und können unter www.zukunftsraumland.at/video ­abgerufen werden.                                    Regionen und Tourismus
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
04                Schwerpunktthema: GAP-Strategiepläne

                       Bundesministerin Elisabeth Köstinger:

„Versorgungssicherheit ist oberstes Ziel“
                       Die COVID-Krise hat die Zeitpläne bei den Verhandlungen über die Gemeinsame
                       ­Agrarpolitik (GAP) durcheinandergebracht. Im Interview mit Netzwerk Zukunftsraum
                        Land rückt Bundesministerin ­Elisabeth Köstinger die Versorgungssicherheit
                       auf ­nationaler und europäischer Ebene in den Mittelpunkt ihrer Politik.

                                                                                                 ­ ebensmitteln hat für uns höchste Priorität.
                                                                                                 L
                                                                                                 Dafür bedarf es passender Rahmenbedingun-
                                                                                                 gen auf europäischer Ebene. Unsere klein­
                                                                                                 strukturierte und mit höchsten Standards
                                                                      Die regionale und          produzierende Landwirtschaft ist hier ein
                                                                      klein­strukturierte        Vorbild für viele andere europäische Staaten.
                                                                      Landwirtschaft hat sich
                                                                                                 Eine hohe Eigenversorgung ist nur dann
                                                                      als besonders krisen­
                                                                      resistent erwiesen.        möglich, wenn wir in Österreich eine flächen-
                                                                                                deckende und qualitätsvolle Landwirtschaft
                                                                                                haben. Die regionale und kleinstrukturierte
                                                                                                Versorgung durch unsere Bäuerinnen und
                                                                                                Bauern hat sich als besonders krisenresistent
                                                                                                erwiesen. Dank Innovationsgeist und rascher
                                                                                                Initiativen konnten auch sehr schnell Direkt-
                                                                                                zustellungen und Onlineplattformen, wie
                                                                                                ­frischzumir.at, einen wichtigen Teil der Ver-
                                                                                                 sorgung übernehmen.

                                                                                                Corona hat viele Wertigkeiten verändert.
                                                                                                Worin sehen Sie neue Chancen für Land- und
                                                                                                Forstwirtschaft und ländliche Räume?
                                                                                                Derzeit steht alles im Zeichen der Regionali-
                                                                                                tät. Das sehe ich für die Landwirtschaft
                                                                                                als große Chance. Regionaler Konsum von
                                                                                                ­Lebensmitteln, die in Österreich produziert
                                                                                                 werden, bedeutet mehr Wertschöpfung in
                                                                                                 den Regionen. Damit unterstützen wir die
                                                                                                 heimische Wirtschaft (Fleischer, Bäcker etc.)
                                                                                                 und stärken gleichzeitig unsere bäuerlichen
                                                                                                 Familienbetriebe. Mit dem Netzwerk Kulina-
                                                                                                 rik wollen wir diese regionalen Kreisläufe
                                                                                                 ­ankurbeln und gezielt fördern. Das wird
Frau Bundesministerin, wie haben               sorgung gesichert ist. Gerade jetzt erkennen       auch in Zukunft notwendig sein und einen
Sie die COVID-Krise erlebt? Kann man           immer mehr Menschen, wie wichtig heimi-            ­wich­tigen Teil der Eigenversorgung mit
schon Lehren aus der Krise ziehen?             sche und regionale Produktion ist. Die              ­Lebens­mitteln ausmachen. Diese Qualitäts-
Die Coronaviruskrise ist wohl die schwie-      ­Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln             produkte zu exportieren und damit einen
rigste Krise, die wir in den vergangenen        war im Kopf vieler Menschen bisher immer            Teil unseres Kulturgutes in andere Länder
­Jahrzehnten erlebt haben. Sie hat gezeigt,     selbstverständlich. Wir wissen, wem wir             zu bringen sehe ich auch als große Chance
 wie wichtig eine eigenständige und flächen-    sie zu verdanken haben: unseren Bäuerinnen          für den Tourismus.
 deckende Lebensmittelproduktion für unser      und Bauern, die diese Lebensmittel herstel-
 Land ist. Unsere Landwirtschaft ist system-    len und dafür jeden Tag in den Stall oder       Mitgliedsländer wie Europäische Union
 relevant, sie zählt zur wichtigsten Infra-     aufs Feld gehen.                                ­müssen für die Krisenbewältigung
 struktur, die wir haben. In diesem Zusam-                                                       enorme Beträge aufbringen. Sehen Sie
 menhang ein großes Danke an unsere            Sie sprechen die Versorgungssicherheit an.        ­Auswirkungen auf die Finanzierung
 Bäuerinnen und Bauern. Sie sorgen nicht       Welchen Stellenwert wird sie in Zukunft            der ­Gemeinsamen Agrarpolitik?
 nur in Krisenzeiten, sondern 365 Tage im      in Europa haben?                                   Die Coronakrise wird nicht spurlos an uns
 Jahr dafür, dass unsere Lebensmittelver­      Die Versorgung mit hochqualitativen                vorübergehen, aber sie verstärkt unsere
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
Schwerpunktthema: GAP-Strategiepläne                  05

                                        ­ rgumente und unsere Position. Gerade
                                        A
                                        die Krise hat noch einmal die Bedeutung
                                        und den Auftrag der GAP hinsichtlich
                                        ­Ver­sorgungssicherheit mit hochqualitativen
                                         Lebensmitteln unter­strichen. Wir zeigen
                                         in Österreich vor, wie das gehen kann. Regio-
                                         nalität und g ­ esunde, sichere L ­ ebensmittel
                                         stehen für uns an oberster Stelle. Österreich
                                         ist in vielerlei Hinsicht Vorbild für Europa.
                                         Das muss sich auch in e   ­ iner adäquaten
                                         ­Finanzierung der zukünftigen Gemeinsamen
                                          ­Agrarpolitik wider­spiegeln. Erhöhte Anfor-
                                           derungen an die ­europäische Lebens­mittel­
                                       produktion ­unter Einhaltung der weltweit
                                       höchsten Standards kann mit einem
                                       ­geringeren Agrarbudget s­ icherlich nicht
                                        funktionieren.

                                       Bis wann ist mit dem Abschluss der
                                       ­Verhandlungen über die neue GAP
                                        zu rechnen?
                                        Durch die Auswirkungen der Coronakrise
                                        verzögern sich auch die Verhandlungen und
                                        der Zeitplan für die neue GAP. Priorität hat
                                        jetzt der Abschluss der Verhandlungen zum
                                        Mehrjährigen Finanzrahmen. Erst wenn
                                        das Agrarbudget feststeht, können wir die
                                        Gemeinsame Agrarpolitik ­finalisieren.
                                        Auf nationaler Ebene arbeiten wir intensiv
                                        am nationalen GAP-Strategieplan weiter.

                                       Abschließend: Wo sehen Sie die wichtigsten
                                       Ziele der österreichischen ­Agrarpolitik
                                       in den nächsten Jahren?
                                       Mein oberstes Ziel ist Versorgungs­sicherheit.
                                       Es kann nicht sein, dass wir in E­ uropa durch
                                       hohe Auflagen weniger L   ­ ebensmittel selbst
                                       produzieren und ­dadurch von ­Drittstaaten
                                        import­abhän­giger werden. Beim letzten
                                        EU-Agrar­ministerrat habe ich eindringlich
                                        davor gewarnt, dass wir durch die Um­­set­
                                       zung der Farm-to-Fork- und der Biodiversi-
                                       tätsstrategie Gefahr ­laufen, niedrigere
                                       ­Produktionsstandards zu importieren und
                                        das Problem so nicht ­lösen. Priorität hat
                                        für mich auch die ­Sicherung der Einkommen
                                        unserer bäuer­lichen ­Familienbetriebe.
                                        Nur wer langfristig eine ökonomische Per­­
                                        spek­tive für seinen Hof sieht, wird die
                                        Bewirtschaftung ­fort­führen und den ­Betrieb
                                        an s­ eine ­Kinder übergeben. q

                                       Die Coronakrise unterstreicht die Bedeutung
                                       ­sicherer und qualitativ hochwertiger Lebens­
                                        mittel. Das muss sich auch in der Finanzierung
                                        der Agrarpolitik widerspiegeln.
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
06                 Schwerpunktthema: GAP-Strategiepläne

                                       Die Einbettung der ­ländlichen
                                       ­Entwicklung in
                                        die GAP-Strategiepläne

             Seit Juni 2018 werden die Verordnungsvorschläge der Europäischen Kommission
             zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in den Gremien des Rates
             und im Europäischen Parlament intensiv diskutiert. Sie sehen vor, dass es für
             die ­kommende Periode pro Mitgliedstaat einen gemeinsamen GAP-Strategieplan
             für die erste und zweite Säule geben soll. Doch was bedeutet dies konkret für
             die ländliche Entwicklung? Veronika Madner

Die zukünftigen GAP-Strategiepläne sind             keiten im Rahmen der GAP. Bei den               — Umwelt-, Klima- und andere Bewirt-
vom Aufbau her den Programmen für die               Instrumenten selbst ist eine weitgehende          schaftungsverpflichtungen: Über diese
ländliche Entwicklung sehr ähnlich. Auf             Kontinuität erkennbar: Im Rahmen der              Kategorie können Agrarumwelt- und
­Basis einer Analyse der aktuellen Situa­tion       ­ersten Säule werden Direktzahlungen und          ­Klimamaßnahmen auf der Fläche
 entlang von neun unionsweit einheitlich             Sektormaßnahmen unterstützt, die zweite           (ÖPUL-Maßnahmen), Biolandbau, Wald-
 ­geltenden GAP-Zielen sind Bedürfnisse zu           Säule umfasst die Fördermaßnahmen der             umwelt- sowie Tierwohlmaßnahmen
  identifizieren, auf die anschließend über          ländlichen Entwicklung.                           ­gefördert werden.
  eine schlüssige Interventionsstrategie mit-             Für die ländliche Entwicklung sind im     — Naturbedingte oder andere gebiets­
  tels spezifischer Maßnahmen (Interventio-          Verordnungsvorschlag acht Interventions­           spezifische Benachteiligungen: Diese
  nen) eingegangen werden soll. Auf Grund­           kategorien vorgesehen, in deren Rahmen             Kategorie ermöglicht die Förderung von
  lage eines gemeinsamen Leistungsrahmens            die Mitgliedstaaten Förderungsmaßnahmen            Betrieben in benachteiligten Gebieten
  sind quantitative Ziele zu setzen, deren           ­definieren können. Die einzelnen Kategorien       (Ausgleichszulage).
  ­Verfolgung und Erreichen über ein beglei-          sind sehr allgemein gehalten und ermögli-     — Gebietsspezifische Benachteiligungen,
   tendes Monitoring überprüft werden.                chen den Mitgliedstaaten ein sehr breites         die sich aus bestimmten verpflichten-
   ­Dadurch soll das Augenmerk stärker auf            Spektrum unterschiedlicher Maßnahmen.             den Anforderungen ergeben:
    ­Ergebnisse gelegt und die Wirkung der            Für Interventionen im Projektbereich wird         Im Rahmen dieser Kategorie können
     GAP besser dargestellt werden können.            es weiterhin verpflichtend Auswahlverfah-         ­Verpflichtungen im Zusammenhang
         Neu ist, dass dieser strategische Ansatz     ren geben.                                         mit Natura 2000 und der Wasserrahmen-
     für beide Säulen der GAP gilt. Dies ermög-           Hier die acht Interventionskategorien          richtlinie unterstützt werden.
     licht eine bessere Abstimmung und gezielte-      (Bezeichnungen der Kategorien im Original-    — Investitionen: Diese Interventions­
     re Ausrichtung der Unterstützungsmöglich-        wortlaut):                                         kategorie umfasst alle Arten von Investi-
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
Schwerpunktthema: GAP-Strategiepläne                                   07

                                                                         Periodenübergang

                                                                         Aufgrund von Verzögerungen im Rechtssetzungsprozess auf
                                                                         EU-Ebene ist es nicht möglich, die neue Periode wie geplant im Jahr
                                                                         2021 zu starten. Die Europäische Kommission hat deshalb einen
                                                                         ­Verordnungsvorschlag für eine Übergangsperiode vorgelegt. Dieser
                                                                          Vorschlag sieht derzeit ein Übergangsjahr vor, in dem die Maßnah-
                                                                          men der ersten und zweiten Säule mit neuen Mitteln (aber nach den
                                                                          derzeit geltenden Regeln) fortgeführt werden können. Abhängig
                                                                          von den Fortschritten bei den Verhandlungen zur GAP-Reform und
                                                                          zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) könnte im Rahmen der Tri­
                                                                          loge von Rat, Parlament und Kommission ein zweites Übergangsjahr
                                                                          festgelegt werden – was sich in der Tat immer mehr abzeichnet.

                                                                                                  Mehrjähriger ­Finanzrahmen (MFR)

                                                                                                     Es ist bislang noch nicht gelungen, unter den
  tionen beginnend von Investitionen           — Wissensaustausch und Information:                   Staats- und ­Regierungschefs eine Einigung
  in die Land- und Forstwirtschaft über          Diese Kategorie umfasst Bildungs-,                  über den EU-Haushalt für die ­Periode 2021–
  Investitionen in den Umwelt- und Natur-        ­Bewusstseins- und Beratungs­                       2027 zu erzielen. Sowohl bei den Beiträgen
  schutzbereich bis hin zu Basisdienstleis-       maßnahmen.                                       der einzelnen Mitgliedstaaten (und damit zu-
  tungen und Infrastrukturmaßnahmen                                                                sammenhängend der Größe des EU-Budgets)
  im ländlichen Raum.                          Die Erarbeitung der nationalen GAP-Strate-          als auch bei den Schwerpunktsetzungen
— Niederlassung von Junglandwirten und         giepläne erfolgt im Rahmen einer Partner-           ­liegen die Meinungen teils sehr weit auseinan-
  Existenzgründungen im ländlichen             schaft, wie dies in der ländlichen Entwick-          der. Aufgrund der COVID-Krise hat die Euro­
  Raum: Diese Kategorie zielt auf die          lung bereits bislang gehandhabt wurde.               päische Kommission nun am 27. Mai ­einen
  ­Förderung von Junglandwirtinnen und         Im Bundesministerium für Landwirtschaft,           ­angepassten MFR-Vorschlag in Kombination
   Junglandwirten (Existenzgründungs­          Regionen und Tourismus (BMLRT) wurde                 mit einem Aufbauinstrument(„Next Genera­
   beihilfe) sowie die Gründung von Unter-     ­dieser Prozess mit einer großen Auftaktver-         tion EU“) vorgelegt. Die finanzielle Schlagkraft
   nehmen im ländlichen Raum ab.                anstaltung im Mai 2019 gestartet. Auf Basis         des EU-Haushalts soll damit auf insgesamt
— Risikomanagementinstrumente:                  fundierter Analysen wird seither intensiv           über 2 Billionen Euro erhöht werden: einer-
     In dieser Kategorie können Finanzbei-      an den Inhalten des GAP-Strategieplans ge-          seits durch gezielte Verstärkungen des MFR
   träge für unterschiedliche Arten von         arbeitet. In insgesamt 14 Expertinnen- und          2021–2027 auf ein Gesamt­volumen von mehr
   ­Risikomanagementinstrumenten,               Expertengruppen mit rund 200 Mitgliedern            als 1,2 Billionen Euro, a­ ndererseits durch
    wie zum Beispiel Versicherungsprämien,      werden unter Federführung des BMLRT                 das neue Instrument „Next Generation EU“,
    unterstützt werden.                         die Entwürfe für Interventionen erarbeitet.         welches mit über 800 Milliarden Euro (zu
— Zusammenarbeit: Über diese Interven­          ­Zudem werden im Rahmen von öffentlichen            ­laufenden Preisen) ausgestattet werden soll.
    tionskategorie werden alle Arten von         Konsultationen Zwischenstände einzelner             Die Verhandlungen werden im Juni bzw. Juli
    ­Zusammenschlüssen einschließlich jener      Arbeitspakete des GAP-Strategieplans auf            mit dem Ziel einer möglichst baldigen Eini-
     im Rahmen der Europäischen Innovati-        der Website des BMLRT zur Diskussion ge-          gung intensiv weitergeführt werden, um wei-
     onspartnerschaft (EIP) und die Teilnah-     stellt und wichtige Meilensteine im Erarbei-      tere ­Verzögerungen für die EU-(ko)finanzierten
     me an Qualitätsregelungen gefördert.        tungsprozess beschrieben.                        ­Programme zu vermeiden.
     In dieser Kategorie wird auch der be-            Weitere Informationen zum Rechtsset-
     währte LEADER-Ansatz umgesetzt wer-         zungsprozess auf EU-Ebene sowie zur Erstel-
     den, wobei der Verordnungsvorschlag         lung des nationalen GAP-Strategieplans
     wie in der Vergangenheit den Einsatz        ­finden Sie auf der Website des BMLRT unter    Veronika Madner ist stellvertretende Leiterin
     von mindestens 5 Prozent der EU-Mittel       folgendem Link: www.bmlrt.gv.at/land/         der Abteilung II/2 – Koordination ländliche
     dafür vorsieht.                              eu-agrarpolitik-21-27.html. q                 ­Entwicklung und Fischereifonds im BMLRT.
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
08                 Landwirtschaft

                        Der Einsatz von Drohnen in
                        der Land- und Forstwirtschaft
                                                 Die Kombination von Drohneneinsatz und digitalen Anwendungen
                                                 ermöglicht eine Vielzahl neuer Einsatzmöglichkeiten in der
                                                 Land- und Forstwirtschaft und unterstützt die Entscheidungen
                                                 der Betriebsführerinnen und Betriebsführer. Stefan Polly

Die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in          oder Sturm kann dies sehr nützlich sein,          können. Neben Multicoptern werden auch
der Land- und Forstwirtschaft werden täg-        um das Schadensausmaß abzuschätzen.               Starrflügler angeboten. Diese sehen wie
lich mehr. Ein großer Vorteil von Drohnen ist    ­Vielfach werden Drohnen schon zur Rehkitz-       ­kleine Flächenflieger aus und verfügen über
es, Aufnahmen von Agrar- und Forstflächen         rettung im Grünland oder zur Früherken-           eine große Flächenleistung. Nachteilig ist
aus völlig neuen Perspektiven zu bieten.          nung bei Borkenkäferbefall verwendet.          bei Starrflüglern der relativ hohe Platzbedarf
Der Einsatz reicht von der Bekämpfung                 In Forschungsprojekten und Start-ups       beim Abheben und Landen. Eine dritte
­diverser Schädlinge, wie zum Beispiel des        werden derzeit spezielle Software- und         ­V­ariante ist eine Kombination der zwei
 Maiszünslers, bis hin zur Ermittlung des         Kamera­systeme zur Krankheits- oder             Modell­arten und wird Hybridsystem
 Vegetationsindexes von Kulturpflanzen.           Beikraut­erkennung entwickelt und getestet.     ­genannt. Es vereint die Vorteile von Multi­
 ­Verschiedene Kamera- und komplexe                   Drohnen werden je nach Anwendungs­           coptern und Starrflüglern.
  ­Softwaresysteme machen dies möglich.           gebiet in verschiedensten Formen gebaut                Schätzungen zufolge sind in Österreich
   Mit den Bildern können Schadflächen oder       und meist über Akkus mit Energie versorgt.       derzeit rund 100.000 Drohnen im Einsatz.
   ­Anbaufehler ermittelt werden.                 Drohnen mit vier, fallweise auch mit sechs       Als Reaktion auf die zunehmende Verwen-
        Weiters sind mit dem fliegenden Helfer    oder acht Rotoren fallen in die Kategorie         dung hat die Europäische Union europaweit
    Flüge zur Inspektion von Siloanlagen oder     der Multicopter. Sie haben den Vorteil, dass      einheit­liche Regelungen zur Drohnennut-
    landwirtschaftlichen Gebäuden möglich.        sie wenig Platz für das Abheben benötigen         zung g­ eschaffen. Diese werden am 1. Jänner
    ­Gerade nach Wetterereignissen wie Hagel      und die Position in der Luft optimal halten       2021 in Kraft treten. Bis dahin gelten für den
                                                                                                    Drohneneinsatz weiterhin die österreichi-
                                                                                                    schen Luftfahrtgesetze. In der EU-Verord-
                                                                                                    nung werden Drohnen künftig ­anhand des
  Webinare zum Thema „Drohnen in der Land- und Forstwirtschaft“                                     Risikos beim Flug in drei Betriebskategorien
                                                                                                    – „offen“, „speziell“, „zulassungspflichtig“ –
                                                                                                    unterteilt. Diese ­unterscheiden sich vor
  Das Netzwerk Zukunftsraum Land veranstaltete im Mai und Juni eine sehr e­ rfolgreiche             ­allem nach Einsatzzweck und G    ­ ewicht. Die
  ­Webinar- und Farminarreihe zum Thema Anwendung von Drohnen in der Land- und                       meisten Drohnen aus dem ­Privatbereich
   ­Forstwirtschaft. Es fanden eine halbtägige O
                                               ­ nlineveranstaltung sowie sechs ­Webinare/         werden in die K ­ ategorie „­ offen“ fallen. q
    Farminare zu spezifischen Anwendungen von Drohnen in diversen Bereichen statt. Alle
    ­Veranstaltungsaufzeichnungen können unter www.zukunftsraumland.at/video ­nachgehört          Stefan Polly ist Mitarbeiter der
  bzw. nachgesehen werden. Wir freuen uns über Ihren Besuch von NETZWERK DIGITAL.                ­Landwirtschaftskammer Niederösterreich
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
Landwirtschaft                          09

Drohnen im Wald                                       Drohnen im Grünland                                    Drohnen im Ackerbau

Im Wald zählen die Aufnahme von Bildern an            Unterschiedliche Nährstoffverfügbarkeit,               Für Drohnen bieten sich im Ackerbau eine Reihe
schwer erreichbaren Stellen und die Entdeckung        ­Wasserhaushalt und lokales Klima wirken               neuer Einsatzgebiete. Die in diesem Bereich
von Borkenkäferbefall zu den häufigsten                ­gemeinsam mit der Art der Bewirtschaftung            ­verwendeten Spezialdrohnen sind kleine,
­Anwendungsbereichen von Drohnen. Ihre Steue-           auf das Grünlandökosystem und haben zu einer          ­selbst­gesteuerte Satelliten, welche die gleichen
 rung im oder über dem Wald stellt eine echte           großen Vielfalt von Grünlandtypen geführt.             Technologien nutzen wie jene im All. Sie erfas-
 Heraus­forderung dar. Gute Start- und Lande-           ­Anhand von Standardluftbildern mit einer              sen Flächen, kartieren diese und können den
 plätze sind rar, der gesetzlich geforderte              ­Bodenauflösung von 0,25 bis 0,5 cm sind Grün-        ­aktuellen Versorgungszustand mit Nährstoffen
 ­Sichtkontakt des Piloten zur Drohne ist ein­            landbiotope nur sehr schwer zu klassifizieren.        oder Wasser feststellen. Solche Drohnen zeich-
  geschränkt, und das erforderliche GPS-Signal            Der Einsatz von Drohnen bringt hier wesentliche       nen sich im Vergleich zu üblichen Satelliten
  ist unter dem Blätterdach ­beeinträchtigt.              Vorteile: Durch die höhere Auflösung der Bilder       durch eine fast 10.000-fach höhere Genauigkeit
  Der ­rasche Fortschritt der Drohnentechnologie          von 1 bis 2 cm können Verunkrautungen ebenso          aus und vermögen so ­völlig neue ­Informationen
  ist ­allerdings vielversprechend. Es sind bereits       wie Verbrachungen gut erkannt werden. Da              zu liefern, die für das menschliche Auge nicht
  Drohnen auf dem Markt, die Hindernissen                 der Befliegungszeitpunkt sehr variabel gewählt        sichtbar sind. ­Mithilfe von Drohnen erstellte
  ­selbständig ausweichen können. Großes Poten-           werden kann, ist es möglich, die Erfassung an         Vegetationskarten, in denen Pflanzen­gesund­
   zial steckt in ­Laserscanning-Anwendungen              Blühzeitpunkte oder Nutzungsperioden anzu-            heit, Nährstoffversorgung, Verunkrautung,
   zur genauen Vermessung von Bäumen. ­Diese              passen. Damit können feuchtere und trockenere         Schädlinge oder Boden­unterschiede sichtbar
   Technologie ist ­aktuell noch teuer; für eine          Bereiche, die oft für den Naturschutz von beson-      werden, helfen Flächen in exakte Zonen zu
   ­einsatzbereite Drohne mit Laserscanning-­             derer Bedeutung sind, optimal lagegenau               unter­teilen, um die Bewirtschaftung zu optimie-
    Sensor muss man mit Kosten jenseits von               ­ab­gegrenzt werden, ohne das Grünland flächig        ren und Problem­unkräuter aufzuspüren. q
    100.000 Euro rechnen. q                                abgehen zu müssen.
                                                                Bereits am Echtfarbbild lassen sich Wild-    Michael Treiblmeier, Ingenieurbüro Blickwinkel
Günther Bronner, Umweltdata GmbH                           wechsel im Grünland sehr gut feststellen.
                                                           Sind Drohnen zusätzlich mit Wärmebildkameras
                                                           ausgestattet, kann man in den kühlen Morgen-
                                                           stunden Reh­kitze in Wiesen gut erkennen und
                                                           effizient vor Mähtod schützen. q                  Inspektion einer P
                                                                                                                              ­ hotovoltaikanlage
Drohnen im Weinbau
                                                      Hanns Kirchmeir, E.C.O. Institut für Ökologie
                                                                                                             Einzelne, auch sehr kleine Fehler in einer Photo-
Mit der Landwirtschaft 4.0 haben Flugdrohnen                                                                 voltaikanlage können für die Leistungsfähigkeit
auch im Weinbau Einzug gehalten, und das                                                                     der Gesamtanlage sehr große Auswirkungen
mit dem vorrangigen Ziel der Datenerfassung                                                                  haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch
(zum Beispiel um wachstumsschwache Berei-                                                                    kleine Fehler zu finden und zu beheben.
che zu erkennen). Lösungen für Arbeiten wie                                                                         Mithilfe einer Drohne mit Infrarotkamera
Düngung oder Pflanzenschutz, die gerade in                                                                   werden Bilder der Photovoltaikanlage gemacht,
Steilhängen oder auf Terrassen hilfreich wären,                                                              die im Anschluss mit einem Computerpro-
werden noch kaum angeboten. Dafür gibt es                                                                    gramm nachbearbeitet werden. Hierbei zeigen
mehrere Gründe: die fehlende Verfügbarkeit                                                                   sich mögliche Wärmeunterschiede in den ein-
von zugelassenen Spritzmitteln zur Ausbrin-                                                                  zelnen Zellen. Aufgrund dieser Wärmeunter-
gung aus der Luft, die schlechte Benetzung                                                                   schiede können nun Rückschlüsse auf mögliche
durch die Düsenanordnung und den abwärts                                                                     Schäden an einzelnen Zellen, einzelnen
­gerichteten Wind der Propeller sowie die                                                                    ­Substrings, am ganzen Modul oder an ganzen
 ­Wirtschaftlichkeit der Geräte und die komplexe                                                              Strängen gezogen werden. Oft sind es nur
  Rechtslage. Greenhive hat es sich zum Ziel                                                                  ­Kleinigkeiten, die sich rasch beheben lassen,
  ­gesetzt, diese Probleme mit Entwicklungen                                                                   wie zum Beispiel eine kaputte Bypassdiode
   wie einem vertikalen Sprühbalken für bessere                                                                in der Anschlussdose des Moduls. Auch schad-
   Benetzung sowie durch den Einsatz künstlicher                                                               hafte Kabel oder kaputte Siliziumzellen können
   Intelligenz für autonome Arbeitsabläufe und                                                                 Ursachen für unterschiedliche Erwärmungen
   das Arbeiten im Schwarm zu lösen. Was tech-                                                                 sein. Damit können Drohnen einen wichtigen
   nisch bereits möglich ist, ist gesetzlich noch                                                              Beitrag zur Aufrechterhaltung der einwand­
   nicht erlaubt. Daher sehen wir die unmittelbare                                                             freien Funktions- und Leistungsfähigkeit von
   Zukunft in kleinen, autonomen Bodendrohnen,                                                                 Photovoltaikanlagen leisten. q
   die Natur und Mensch entlasten. q
                                                                                                             Christoph Wolfesberger, Landwirtschafts­
Robert Kögl-Rettenbacher, Greenhive GmbH                                                                     kammer Niederösterreich
2.20 Netzwerk Zukunftsraum Land
10                Umwelt

                                    Blütendiversität und Ertrag:

                                    Wie die Landwirtschaft
                                    von hoher Vielfalt profitiert
                                    Insekten haben als Bestäuber und Nützlinge wesentliche                                   Blühstreifen sind wert­
                                                                                                                             volle ­Lebensräume
                                    ­Bedeutung in der Landwirtschaft, die Erträge wären                                      in der Agrar­landschaft.
                                     ohne sie deutlich geringer. Blühstreifen und Hecken sind
                                     ­Möglichkeiten, Insekten zu fördern. Thomas Drapela und Peter Meindl

Wer in letzter Zeit aufmerksam die verschie-       teil des P
                                                            ­ roduktionsvolumens ausmachen,        Blüten fördern Nützlinge
densten Medien konsumiert, stößt immer            aber Früchte und G  ­ emüse sind erstens         Wildbienen und andere Insekten können
wieder auf ein Thema: das Insektensterben.        für die E­ rnährung wichtig und weisen zwei-     in der Agrarlandschaft sehr gut durch die
In Printmedien und Fernsehdokus wird              tens ­einen vielfach höheren ökonomischen        An­lage von Blühstreifen, Brachen oder
vom Rückgang der Vielfalt, von Roten Listen        Wert pro Tonne auf. Durch die Förderung         ­Hecken gefördert werden. Wichtig ist dabei
und aussterbenden Arten sowie von den              von ­Bestäubern können also Erträge in           eine hohe Vielfalt, da die verschiedenen
­Folgen für uns Menschen berichtet. Nur            den verschiedensten Kulturen gesteigert          ­Insekten auf unterschiedliche Blüten als
 langsam wird der Öffentlichkeit bewusst,          werden. Bei manchen Früchten gibt es              Nahrung und auf Rückzugs- und Nistmög-
 dass das nicht nur ein Thema für Natur-          ohne Bestäubung praktisch keine Ernte.             lichkeiten angewiesen sind. Nur ein dichtes
 und Artenschützer ist, sondern dass viel               Fast 700 heimische Wildbienenarten,          Netz von Landschaftselementen und Aus-
 mehr auf dem Spiel steht.                        aber auch andere Insekten wie Schwebflie-          gleichsflächen ­ermöglicht Insekten und
      Die Vielfalt der Insektenwelt – von         gen, Schmetterlinge oder Käfer sorgen in der       ­anderen Tieren ein Überleben.
 ­Bestäubern über Bodenbewohner, die orga-        ­Natur und in der Obst- und Gemüseproduk-                 Wer die Bedeutung von Insekten für
  nisches Material abbauen, bis zu Gegen­         tion für die unverzichtbare Bestäubung.             ­unsere Lebensmittelproduktion einmal
  spielern von Schädlingen – steht in direktem    Auch im Ackerbau gibt es hierzulande                 ­erkannt hat, wird sie gerne schützen und
  Zusammenhang mit unserer Nahrungsmit-           einige Kulturen, die durch eine gute Bestäu-          fördern.
  telproduktion und damit mit unser aller         bung höhere Erträge liefern. Raps, Sonnen-                Umfangreiches Informationsmaterial
  ­Ernährung.                                     blumen oder Buchweizen zählen dazu.                   zum Thema Blühstreifen und Biodiversität
                                                        Eine hohe Artenvielfalt der Insektenwelt        finden Sie auf der Website von Bionet Öster-
Bestäubung und                                    wirkt sich auch positiv auf die Schädlings­           reich unter: www.bio-net.at/bn-biodiversitaet/
­Schädlingsregulation                            regulation aus. Viele gefräßige Räuber und             bn-b-infomaterial.html. q
Weltweit betrachtet sind von den 109             ihre Larven, wie Marienkäfer, Schwebfliegen
­wichtigsten Kulturpflanzen nicht weniger        oder Florfliegen, aber auch die zumeist
 als 87 auf die Bestäubung durch Insekten        ­winzigen Schlupfwespen können mithelfen,
 ­ange­wiesen. Das sind immerhin fast             das Schädlingsaufkommen zu bremsen               Thomas Drapela und Peter Meindl
  80 Prozent! Natürlich sind es die wind­         und damit den Pflanzenschutzmitteleinsatz        sind Mitarbeiter des Forschungsinstituts
  bestäubten Getreidearten, die einen Groß-       zu reduzieren.                                   für biologischen Landbau FiBL.
Umwelt              11

                                                         Von oben nach unten:
                                                         Färberkamille (Anthemis tinctoria)
                                                         Kornrade (Agrostema githago)
                                                         Ringelblume (Calendula officinalis)

                                                                                                             Blühstreifenpflanzen
                                                                                                             Mehr als Nahrung für Insekten

                                                                                                             In unserer vielfach intensiv bewirtschafteten
                                                                                                             Agrarlandschaft können Blühstreifen eine
                                                                                                             wichtige Rolle spielen. Für zahlreiche Tier­arten
                                                                                                             sind sie Nahrungsquelle, Rückzugs- und
                                                                                                             ­Überwinterungsort oder Kinderstube zur
                                                                                                              ­Aufzucht der Nachkommen. Aber Blühstreifen-
                                                                                                               pflanzen können noch mehr. Pflanzen wie
                                                                                                               der Steinklee oder die Sonnenblume ­haben
                                                                                                               mehrere Meter tiefe Wurzeln und lockern
                                                                                                               den Boden sehr gut auf. Auch die Ringel­blume
                                                                                                               hat ein gutes Durchwurzelungsver­mögen
                                                                                                               und hinterlässt einen guten Boden. Pflanzen
                                                                                                               aus der Familie der Leguminosen – wozu
                                                                                                               die Kleearten zählen – können mithilfe von
                                                                                                               Bakterien in ihren Wurzelknöllchen Luftstick-
                                                                                                               stoff binden und so den Boden mit Stickstoff
                                                                                                               für die Pflanzenernährung anreichern.

                                                                                                              Pflanzen in Blühflächen
Wiesensalbei (Salva pratensis) (o.),                                                                          Einjährige Pflanzen: Sie bieten eine schnelle
eine pollenbeladene Holzbiene                                                                                 Bodendeckung, das Blühangebot ist rasch
bei der Bestäubung (u.)
                                                                                                              ­vorhanden. Sie vertragen keine Mahd.
                                                                                                               Beispiele: Kornrade, Ringelblume, Phacelia,
                                                                                                               Kornblume
                                                                                                               Zweijährige Pflanzen: Sie bilden im ersten
                                                                                                               Jahr oft eine Blattrosette und blühen
                                                                                                               erst im zweiten Jahr. Im ersten Jahr sind
                                                                                                               sie ­mäh­tolerant.
                                                                                                               Beispiele: Karde, Königskerze, Natternkopf
Beispiele von Kulturen und ihres Ertragsrückgangs                                                              Ausdauernde Pflanzen: Sie vertragen regel­
bei fehlender Bestäubung                                                                                       mäßigen Schnitt und können sich danach
                                                                                                               ­wieder gut regenerieren und blühen wieder.
                                                                                                                Beispiele: Färberkamille, Wegwarte,
Für unser Essen unersetzbar                                                                                  ­Wiesensalbei, Dost
Drohender Rückgang der Ernte von 107 pflanzlichen Nahrungsmitteln*
beim Wegfall tierischer Bestäubung. Zahl der Früchte und Beispiele
                                                                                                             Wilde Karde (Dipsacus fullonum)
Rückgang um                    Wassermelone                                              Pflaume
   über 90 Prozent             Paranuss                                                   Kirsche
   40–90 Prozent               Kürbis                                                     Mandel
   10–40 Prozent               Kakao                13                 30                   Gurke
   1–10 Prozent                                                                             Apfel
   keiner                                      9
   unbekannt
                                               7
                               Pfeffer                                                    Feige
                               Tomate                                    27             Kaffee
                               Papaya                 21                              Erdbeere
                               Zitrone                                              Kokosnuss
                               Kidneybohne                                        Sonnen­blume

* für den menschlichen Verzehr und auf dem Weltmarkt gehandelt.
Quelle: Insektenatlas 2020
12                                                       Standpunkte

Neue Förderperiode:

Was braucht es
in Z
   ­ ukunft für lebendige
ländliche Räume?
Im Mai des Vorjahres wurde im Bundesministerium für
­Landwirtschaft, Regionen und Tourismus mit den Arbeiten
 für die neue Förderperiode begonnen. Das Netzwerk
 ­Zukunftsraum Land hat fünf Personen des ländlichen
  Raums gebeten, ihre wichtigsten Anliegen für die
  nächsten Jahre niederzuschreiben.

                            Arbeitsplätze und Infrastruktur
                            Seit dem Beginn der Coronakrise mehren sich die ­Stimmen, die
                            mehr Regionalität anstelle von Zentrali­sierung und Globalisierung
                            fordern. Wenn sich hier mittel- und langfristig Fortschritte einstel-
                            len, wäre das gerade für den ländlichen Raum eine große Chance,
           Irene Gölles,    der Abwanderung entgegenzuwirken und vielleicht s­ ogar Zuzug
       ­Bürgermeisterin     zu ermöglichen. Wenn die Arbeit mehr und näher zu den Menschen
    der Stadtgemeinde       kommt, statt dass die ­Menschen der Arbeit folgen, dann eröffnen
              ­Gloggnitz,
                            sich ­Perspektiven für mehr Jobs vor Ort.
      ­Niederösterreich
                                    Wenn ein solcher Trend mit Initiativen zur Verbesserung der
                            ­Infrastruktur in ländlichen Gemeinden ein­herginge, könnte sich
                             das drohende Bild der Aushöhlung regionaler Strukturen nachhaltig
                             ­ändern. Zu diesen I­ nfrastrukturmaßnahmen zählen moderne
                              ­Bildungs- und Betreuungseinrichtungen vor Ort genauso wie
                               ­Fördermaßnahmen für lokale Wirtschaftsbetriebe und Investitionen
                             im kommunalen Bereich. Somit wären mit lokalen Arbeitsplätzen
                             und dem Abdecken der ­Bedürfnisse der Bevölkerung die Vorausset-
                            zungen g   ­ egeben, um Anreize für Verbleib und Zuzug zu bieten.

                                         Ehrliche Kennzeichnung                          Verarbeitungsprodukten herrscht Hand-
                                         und Förderung der ­Qualität                     lungsbedarf. Wenn wir in Österreich weiter-
                                         Dringender denn je braucht der ländliche        hin eine sichere Lebensmittelversorgung
                                         Raum die bäuerlichen Familienbetriebe.          ­haben wollen, wird die Landwirtschaft dazu
                                         Sie produzieren regionale Lebensmittel in        ihren Beitrag leisten. Die Landwirtschaft
                       Astrid Brunner,   höchster Qualität. Um diese für die Konsu-       wird unterstützt, wenn es den Konsumentin-
                  Bäuerin am Kollehof    mentinnen und Konsumenten sichtbar zu            nen und Konsumenten erleichtert wird,
                     in Moosburg und     machen, bedarf es einer ehrlichen Herkunfts-     ­regionale Lebensmittel zu erkennen!
                   Landesbäuerin von
                                         kennzeichnung. Umfragen zeigen, dass                  In der neuen Förderperiode sind dazu
                              ­Kärnten
                                         86 Prozent der Verbraucherinnen und Ver-          Schwerpunkte zur Stärkung der bäuerlichen
                                         braucher daran interessiert sind zu erfahren,     Klein- und Mittelbetriebe und eine Weiter-
                                         wo die Lebensmittel herkommen. Gerade            entwicklung der Qualitätsproduktion not-
                                         in der Gemeinschaftsverpflegung und bei         wendig.
Standpunkte                             13

                                                                         Innovative Mitfahrbörsen können
                                                                         mehr als reines Ridesharing
                                                                         Mobilität ist Beweglichkeit und verbindet. Im ländlichen
                                                                         Raum ist sie eingeschränkt, denn mit zunehmender
                                                                         ­Entfernung sind wir auf ein Transportmittel ­angewiesen.
                                                         Rene Schader,    Verkehr entsteht, und in so mancher ­Region zu viel
                                                    ­Mitbegründer der     ­davon.
                                                     ­Mitfahrbörse mit            Ein flächendeckendes, gut ausgebautes öffentliches
                                                        ­Belohnsystem
                                                                           Verkehrsnetz wäre ein Segen, doch finanzieren lässt
                                                          ­„ummadum“,
                                                                 Tirol     es sich nur schwer. Die beste oder vielmehr einzige
                                                                           ­Alternative ist das eigene Auto. In den nächsten Jahren
                                                                            muss mehr in neue Alternativen investiert werden,
                                                                            die Digitalisierung bietet dazu die entsprechenden
                                                                            ­Möglichkeiten.
                                                                                  Würden alle Privatfahrzeuge, die täglich unterwegs
                                                                             sind, digital sichtbar werden, hätten wir das beste Ver-
                                                                             kehrssystem, das es je gab – mit dynamischem Fahrplan
                                                                             und flexiblem Streckennetz. Klingt gut? Dann stellen
                                                                             Sie sich vor, Sie würden dafür, dass Sie jemanden
                                                                             ­mitnehmen, zusätzlich belohnt und ihre Region gestärkt!
                                                                              Wir bei „ummadum“ arbeiten daran, diese ­Vision umzu-
                                                                              setzen, und alle können dabei sein!

                                                                                                      Digitalisierung
                                                                                                      für e
                                                                                                          ­ inen jungen
                                                                                                      ­ländlichen Raum
                                                                                                      „Wieder kein Netz!“ Viele von
                                                                                                      uns, die in ländlichen Gebieten
                                                                               Sandra Uschnig, 27,    leben, kennen das Problem.
                                                                                 ­BOKU-Absolventin    Dringende Mails gehen nicht
                                                                           und Präsidiumsmitglied     raus, Daten können nicht abge-
                                                                              der Österreichischen
                                                                                                      rufen werden. Die stockende
                                                                                ­Jungbauernschaft,
                                                                                  ­Kärnten/Salzburg   und langsame Verbindung er-
                                                                                                      schwert die Arbeit. Eine stabile
                                                                                                      Internetverbindung ist für
                                                                                                      den Alltag aber unverzichtbar,
                                                                                                      sei es privat oder beruflich.
                                                                                                      Auch in der Land- und Forst-
                                Wirtschaftsstandort Land                                              wirtschaft sorgt Digitalisierung
                                Überall liest man, was sich nach der Coronakrise alles                für mehr Effizienz und Nach-
                                ändern werde. Wir ­wissen es nicht. Was wir jedoch                    haltigkeit. Stichwörter hierfür
                                jetzt schon wissen, ist, dass die Krise wie ein Brennglas             sind Landwirtschaft 4.0 und
                                Veränderungsnotwendigkeiten gnadenlos sichtbar ge-                    Smart Farming. Die Entwick-
              Gerald Mathis,    macht hat. So auch die Kluft zwischen Stadt und Land.                 lung der digitalen Infrastruk-
       Geschäftsführer des      Fehlende Infrastrukturen und unzureichendes Internet                  tur spielt auch im Hinblick
    ­Instituts für Standort-,   auf dem Land und umgekehrt Dichtestress in den                        auf Jobaussichten am Land
­Regional- und Kommunal­
                                Metro­polen. Die Arbeitsplätze sind geradezu monopo-                  eine ­erhebliche Rolle. Gerade
           entwicklung (ISK),
              ­Dornbirn/Graz    listisch in der Stadt konzentriert. In Deutschland                    die Jugend befindet sich oft
                                ­werden 93 Prozent der Flächen von Gemeinden jenseits                 im Spagat: Soll ich bleiben oder
                                 der großen Metropolen eingenommen. Es wäre daher                     gehen? Digitalisierung ist hier
                                 dringend notwendig, die Arbeitsplätze besser auf                     ein wichtiger Entscheidungs-
                                 das Land zu verteilen. Das b­ e­deutet weniger pendeln               faktor und garantiert eine aus-
                                 und trägt wesentlich zur E­ ntlastung des Klimas bei.                sichtsreiche Zukunft am Land.
                                 Das würde auch die Städte entlasten. Ins Land zu
                                 ­investieren und ­Arbeitsplätze und Infrastrukturen
                                  zu schaffen, damit die Menschen auch auf dem Land
                                  wohnen bleiben können, ist ein Gebot der Stunde.
14                Innovation

Die Agrarwissens- und -innovationssysteme
AKIS und ihre Bedeutung in der GAP 2021+
                                Die Agrarwissens- und Informationssysteme der Mitgliedsländer werden
                                in der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eine zentrale
                                Rolle spielen. Die Zusammenarbeit von Beratungsdiensten, Forschung
                                und Netzwerken für den ländlichen Raum wird bereits in den GAP-Strategieplänen
                                ­verankert sein. Michaela Schwaiger und Lisa-Maria Kaufmann

In Österreich bildet ein gut vernetztes Bil-              maßnahmen und begleitender Berufsaus­                 J­ eder Mitgliedstaat bzw. jede Region
dungs- und Beratungssystem die Grundlage                  bildung über Demonstrationsvorhaben und                kann künftig eine Reihe von Maßnahmen
für ein flächendeckendes Wissensangebot                   Betriebsbesichtigungen bis zu Austausch-               ­finanzieren, die Wissens­austausch und
in der Land- und Forstwirtschaft (siehe                   programmen. Thematisch werden alle Berei-               ­Innovation zum Ziel haben. Im BMLRT arbei-
­Abbildung). Im Rahmen der geförderten                    che der ländlichen Entwicklung (Programm                 ten ­aktuell 14 thematisch an den spezifi-
 ­Erwachsenenbildung gibt es aktuell 26                   LE 2014–2020) angesprochen.                     schen Zielsetzungen der GAP orientierte
  vom Ministerium für Landwirtschaft, Regio-                  Im Rahmen der GAP nach 2020 (2021)          ­Expertinnen- und Expertengruppen an
  nen und Tourismus (BMLRT) anerkannte                    sind die ­Mitgliedstaaten gefordert, Qualität    ­Entwürfen für den zukünftigen nationalen
  ­Bildungsanbieter, für die seit August 2019             und Wirksamkeit der Beratung zu erhöhen.          Strategieplan. In der Gruppe „Querschnitts-
   verpflichtend eine Zertifizierung vorgesehen           Um aktuelle technologische und wissen-            ziel Informations- und Wissenstransfer“
   ist. Ö-Cert, ein überregionales Modell                 schaftliche Erkenntnisse aus Forschung            ­stehen ­neben der Entwicklung von Ideen
   zur Anerkennung von qualitätssichernden                und ­Innovation bereitstellen zu können,           für die ­erfolgreiche Fortführung des in
   ­Maßnahmen von Erwachsenenbildungs­                    kommt der Integration von Beraterinnen             ­Österreich flächendeckend etablierten
    organisationen, hat europaweit Vorbildcha-            und Beratern in die Agrarwissens- und               ­Bildungs- und Beratungssystems auch
    rakter und trägt dazu bei, qualitätsfördernde         -innovationssysteme (AKIS) zentrale Bedeu-           die Themen Innovation (EIP) und AKIS zur
    Maßnahmen zu setzen und die Erwachse-               tung zu. Bereits in den nationalen Strategie-          Diskussion.
    nenbildung weiter zu professionalisieren            plänen sollen Informationen darüber                             Die Zielsetzungen der Europäischen
    (Ö-Cert, 2019). Das Angebot in der geförder-        ­ent­halten sein, wie Beratungsdienste,                ­Innovationspartnerschaft (EIP):
    ten Erwachsenenbildung spannt den Bogen              ­Forschung und Netzwerke für den länd­                 — Schaffung eines Mehrwerts durch
    von Fort- und Weiterbildung, Informations-            lichen Raum zusammenarbeiten werden.                          ­bessere Verbindung der Forschung
                                                                                                                         mit der landwirtschaftlichen Praxis,
                                                                                                                   — Vernetzung von Innovationsakteurinnen
                                                                                                                         und -akteuren sowie Innovations­
Organisation der landwirtschaftlichen Bildung,                                                                           projekten,
Beratung und Innovation in Österreich                                                                              — Förderung einer schnelleren und
                                                                                                                         ­breiteren Umsetzung innovativer
                    Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus                                          ­Lösungen in die Praxis,
                                                                                                                   — bessere Kommunikation mit wissen-
                                                                                                                           schaftlichen Institutionen über den
        Offizialberatung                             EIP                      Erwachsenenbildung                           ­Forschungsbedarf in der landwirtschaft-
                                                                                                                            lichen Praxis.
        Arge Beratung                      Forschung und Innovation          Fort- und Weiterbildung
     10 Landwirtschafts-                    Operationelle Gruppen                 26 anerkannte           Diese Ziele können und sollen auch als Leit-
    kammern + Bio Austria                                                       Bildungsanbieter          linien für die zukünftige Entwicklung und
                                                                                                          weitere Verbesserung der „österreichischen
                                                                                                          AKIS“ bestehen bleiben. q

                                   Land- und forstwirtschaftliche Betriebe                                Michaela Schwaiger ist Abteilungsleiterin
                                                                                                          und Lisa-Maria Kaufmann Mitarbeiterin der
Quelle: BMLRT, Abteilung II/1                                                                             ­Abteilung II/1 – Agrarpolitik, Datenmanagement
                                                                                                           und Weiterbildung im BMLRT.
Innovation                      15

  Was bedeutet AKIS?

  AKIS steht für Agricultural Knowledge and Innovation Systems.
  In die Systeme sind all jene O  ­ rganisationen und Institutionen
  ­integriert, die zum aktiven Wissensaustausch und zu Innovation
   und Forschung beitragen. Die AKIS um­fassen somit zum Beispiel
     landwirtschaftliche Praxis, Behörden, Forschungs- ­sowie Bildungs-
     und ­Beratungseinrichtungen, aber auch innovative Gruppen,
   wie zum Beispiel jene, die sich mit EIP-AGRI-Projekten ­befassen.                                      Veranstaltung
   Funktionierende AKIS leisten einen Beitrag dazu, dass die Kluft                                        GAP-Strategiepläne:
   ­zwischen Wissenschaft und ­Praxis abgebaut wird; g   ­ emeinsam                                       Die Schlüsselrolle von AKIS
     ­tragen die Akteurinnen und ­Akteure innerhalb der AKIS dazu                                         in den Mitgliedsstaaten
    bei, dass ­zentrale Herausforderungen des ­landwirtschaftlichen
    ­Sektors innovativ gelöst werden.
                                                                                                          Die Europäische Kommission, Generaldirek­
                                                                                                          tion für Landwirtschaft und ländliche
                                                                                                          ­Entwicklung und der Service Point der Euro­
                                                                                                           päischen Innovationspartnerschaft (EIP-AGRI)
                                                                                                           laden die EU-Mitgliedstaaten dazu ein, sich
                         Die verstärkte Bedeutung der AKIS                                                 in ­einer voraussichtlich am 17. und 18. Sep-
                         in der neuen GAP                                                                  tember in Polen stattfindenden Konferenz
                                                                                                           über die Rolle der AKIS im Rahmen der neuen
                                                                                                           GAP 2021+ auszutauschen. Gezielt werden
                                                                                                           sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit
             Wissen und Innovation spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum                              der Frage ausei­nandersetzen, wie funktionie-
             geht, die aktuellen und ­zukünftigen Herausforderungen in ländlichen                          rende AKIS etabliert ­werden können.
             Räumen zu lösen. Das Wissen zu diesen Lösungen ist jedoch oft
             auf unterschiedliche Akteurinnen und Akteure verstreut. Diese sind
             nicht ausreichend v­ ernetzt und miteinander ­verbunden, weshalb
             ­Innovationspotenzial auf der Strecke bleibt.
                   Aus diesem Grund werden in der neuen GAP Agrarwissens- und
              -innovationssysteme in den Mitgliedstaaten ­gestärkt. Es sollen offene,
              unabhängige und heterogene Netzwerke entstehen, die einander
              zu Innovationen inspirieren, auf bestehendem Wissen aufbauen und
              ­gemeinsam neue Lösungen suchen und ­entwickeln. Besser vernetzte                        Innovationsökosystem
            ­nationale AKIS ­werden dazu beitragen, Innovation in der g
                                                                      ­ esamten                        der ländlichen Räume
               EU zu beschleunigen, Doppelarbeit in und zwischen den Mitgliedstaaten
               zu ver­meiden und so auch Kosten zu sparen. Dadurch werden die
            ­Wirkung der EU- sowie der ­nationalen und regionalen Forschungs-
               und Innovations­finanzierung sowie die Innovationskraft in der              Die Herausforderungen, die landwirtschaftliche
            ­gesamten EU gestärkt. q                                                       Betriebe und ländliche Regionen zu bewältigen
                                                                                           haben, sind enorm. Es b    ­ edarf daher über
            Inge van Oost, Europäische Kommission, ­Generaldirektion                       Silos hinweg der Zu­sammenarbeit in einem
            ­für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung                                  ­agilen und heterogenen Innovationsökosystem,
                                                                                            das ­offen für neue und unübliche Partnerschaf-
                                                                                            ten ist. Dabei geht es nicht nur darum, Wissen
                                                                                            zu teilen. Vielmehr sollen Zukunftsfragen
            Die Rolle der Beratung                                                          in ­Angriff genommen und durch ­Innovationen
            in den AKIS                                                                   ­gelöst werden.
                                                                                                   Wichtig ist, dass das theoretische Konzept
                                                                                            der AKIS s­ ystematisch zum Leben erweckt
                                                                                            und echte partnerschaftliche Zusammenarbeit
Wissen ist unabdingbar, um land- und forstwirtschaftliche Betriebe und deren Sektor         innerhalb von nationalen AKIS und in Verbindung
bei der Erhaltung der Wett­bewerbsfähigkeit oder der Meisterung immer komplexer             mit internationalen AKIS gelebt wird. Denn nur
­werdender Herausforderungen wie dem Klimawandel zu u      ­ nterstützen. Struktur und      in einem funktionierenden Innovationsöko­
 Funktionsfähigkeit der Agrarwissens- und -innovationssysteme (AKIS), in denen erfor­       system über Grenzen hinweg können die großen
 derliches Wissen durch Zusammenarbeit verschiedener ­Akteurinnen und Akteure er­           Herausforderungen gemeinsam bewältigt
 arbeitet und kommuniziert wird, müssen in der neuen GAP-Periode bewusst betrachtet,        ­werden. Dazu brauchen die Akteurinnen und
 gezielt unterstützt und weiterentwickelt werden. Der Beratung kommt als Brücke              ­Akteure jedoch gezielte Unterstützung und
 ­zwischen Forschung und Praxis, die einerseits Bedarfe und Erkenntnisse aus der Praxis       ­systematische Hilfestellung. Nur dann gelingt
  einbringt und andererseits neues Wissen in diese transferiert, eine b
                                                                      ­ esondere Rolle         eine tiefgreifende Transformation zu einer
  als Motor der Innovation in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft zu. q        ­Innovationspartnerschaft auf Augenhöhe. q

Florian Herzog, Landwirtschaftskammer Österreich, Agrar- und Regionalpolitik,             Johanna Rohrhofer, Netzwerk Zukunftsraum
­Bildung und Beratung                                                                     Land, ­Innovationsbrokerin
Sie können auch lesen