2019 01 Religiöse und spirituelle Praktiken und Glaubensformen in der Schweiz - Bundesamt für Statistik

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2019

                                                01
                                          Bevölkerung

                                       Neuchâtel 2020

Religiöse und spirituelle Praktiken
und Glaubensformen in der Schweiz
Erste Ergebnisse der Erhebung zur Sprache, Religion
und Kultur 2019
Herausgeber :     Bundesamt für Statistik (BFS)
Auskunft :        info.dem@bfs.admin.ch
Redaktion :       Maik Roth, BFS ; Fiona Müller, BFS
Reihe :           Statistik der Schweiz
Themenbereich :   01 Bevölkerung
Originaltext :    Französisch
Übersetzung :     Sprachdienste BFS
Layout :          Sektion DIAM, Prepress / Print
Grafiken :        Sektion DEM
Online :          www.statistik.ch
Print :	
        w ww.statistik.ch
        Bundesamt für Statistik, CH-2010 Neuchâtel,
        order@bfs.admin.ch, Tel. 058 463 60 60
        Druck in der Schweiz
Copyright :       BFS, Neuchâtel 2020
                  Wiedergabe unter Angabe der Quelle
                  für nichtkommerzielle Nutzung gestattet
BFS-Nummer :      1368-1900
Inhaltsverzeichnis

1   Einleitung4

2   Religionslandschaft in der Schweiz5

3   Religiöse und spirituelle Praktiken10

3.1 Teilnahme an Gottesdiensten                             10
3.2 Beten, Religiosität und Spiritualität                   12
3.3 Verschiedene religiöse und spirituelle Praktiken        15

4   Glaube19

5   Bedeutung von Religion und Spiritualität22

5.1 Religion und Spiritualität im Alltag                    22
5.2	Weitergabe von religiösen oder spirituellen ­Werten
     an die ­Kinder                                         23

6   Werte und Einstellungen27

6.1 Einstellungen zur Religion                              27
6.2	Diskriminierung aufgrund der Religions­zugehörigkeit   28

7   Schlussbemerkungen30

8   Erhebung und Methode31
1

1       Einleitung

Alle modernen Gesellschaften unterliegen einem starken Wandel, der
unter anderem mit dem wissenschaftlichen Fortschritt, der Entwick-
lung der Sitten und Bräuche oder mit der Migration zusammenhängt.
Die Schweiz ist seit Jahrhunderten von religiöser Vielfalt geprägt,
doch die Art, wie Religion und Spiritualität gelebt werden, hat sich
stark diversifiziert.
    Die Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur (ESRK), die seit
2014 alle fünf Jahre durchgeführt wird, beleuchtet diese Entwicklun-
gen anhand von zuverlässigen und breitgefächerten Daten. Sie zeigt
die religiösen und spirituellen Praktiken in der Schweiz und liefert eine
wichtige Diskussions-, Entscheidungs- und Forschungsgrundlage.
Dadurch leistet sie einen wichtigen Beitrag für das Zusammenleben
in der Schweiz und dessen Förderung. Religion ist nicht nur eine
private Angelegenheit, sondern ähnlich wie die Sprachenvielfalt ein
zentrales Element der Schweizer Kultur.
    In der vorliegenden Publikation werden die ersten Ergebnisse der
ESRK 2019 im Bereich Religion präsentiert und mit der vorangehen-
den Erhebung von 2014 verglichen. Anhand von Daten aus den Volks-
zählungen und der Strukturerhebung bietet sie im ersten Teil einen
Überblick über die Religionslandschaft in der Schweiz und ihre Ent-
wicklung in den letzten 40 Jahren. Ausserdem werden die heutigen
religiösen bzw. spirituellen Praktiken und der Glaube analysiert. Es
folgt eine Untersuchung von Religion und Spiritualität im Alltag, bei
der auch auf die Übermittlung von religiösen und spirituellen Werten
an Kinder eingegangen wird. Abschliessend werden die Einstellungen
und Meinungen zur Religion beleuchtet.

4
2

2       Religionslandschaft in der Schweiz

Die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung wird seit den Anfängen
der öffentlichen Statistik erhoben, konkret seit der ersten Volkszäh-
lung von 1850. Bis 2000 wurden diese Informationen im Zehnjahres-
rhythmus erfasst. Seit 2010 sind die Fragen zur Religion Teil der
jährlich durchgeführten Strukturerhebung. Die dabei erhobenen Da-
ten werden alle fünf Jahre mit den Ergebnissen der Erhebung zur
Sprache, Religion und Kultur (ESRK) ergänzt.

    Religionszugehörigkeit :
    Bestimmte Religionsgemeinschaften wurden zusammenge-
    fasst, damit die Ergebnisse statistisch zuverlässig und mit
    jenen von 2014 vergleichbar sind.
    Katholische Gemeinschaft (35%) : Diese Kategorie umfasst
    ausschliesslich die römisch-katholische Kirche.
    Protestantische Gemeinschaft (23%) : Diese Kategorie enthält
    die evangelisch-reformierten Landeskirchen.
    Andere evangelikale Gemeinden oder Freikirchen (1,5%) : Zu
    dieser Kategorie zählen regionale freie evangelische Gemeinden
    (FEG, FREE), internationale evangelische Gemeinden, aber auch
    baptistische, täuferische, charismatische und adventistische
    Gemeinden sowie Heiligungs-, Pfingst- und Endzeitgemeinden.
    Andere christliche Gemeinschaften (4,1%) : Zu dieser Kategorie
    gehören ostkirchlich-orthodoxe Kirchen und andere christliche
    Ostkirchen (2,5%), die evangelisch-lutherischen Kirchen, andere
    auf die Reformation zurückgehende Kirchen sowie internatio-
    nale christliche Gemeinschaften (1,1%), anglikanische und
    christkatholische (0,1%) sowie ökumenische Gemeinden.
    Muslimische und aus dem Islam hervorgegangene Gemein-
    schaften (5,3%) : Unter diese Kategorie fallen die sunnitischen,
    die schiitischen, aber auch die alevitischen und die sufistischen
    Gemeinschaften.
    Andere Religionen (1,5%) : In dieser Kategorie werden jüdische
    (0,2%), hinduistische (0,6%), buddhistische (0,5%) und alle üb-
    rigen als Religion betrachteten Vereinigungen (0,2%) zusam-
    mengefasst.
    Ohne Religionszugehörigkeit (28%)

    Quelle: BFS, Strukturerhebung 2018

                                                                        5
2

    In den letzten Jahrzehnten hat sich die Religionslandschaft in der
Schweiz wesentlich verändert. Während sich die katholische Gemein-
schaft nur leicht verringert hat, verbucht die protestantische insge-
samt den stärksten Rückgang (Grafik 1). 1970 bezeichneten sich 49%
der Bevölkerung als protestantisch, 2018 waren es noch 23%1. Die
katholische Gemeinschaft machte im gleichen Jahr 35% der Bevöl-
kerung ab 15 Jahren aus, gegenüber 47% im Jahr 1970. Verantwort-
lich für diese Rückgänge ist insbesondere die wachsende Zahl der
Personen ohne Religionszugehörigkeit. Ihr Anteil an der Bevölkerung
hat zwischen 1970 und 2018 am stärksten zugenommen. 1970 be-
zeichneten sich lediglich 1,2% der Bevölkerung als keiner Religion
zugehörig, 2018 war es über ein Viertel (28%).

Religionszugehörigkeit                                                                 G1

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
100%
    90%
    80%                                                      38,6        37,9      35,1
              46,7       46,2       46,2         42,3
    70%
    60%
                                                                                   23,1
    50%                                                      28,0        25,5
    40%                                          33,9
                         45,3       39,6
    30%       48,8
    20%
                                                                         23,0      27,9
    10%                                          11,4        20,1
               1,2        3,9        7,5
    0%
              1970       1980       1990        2000        2010         2014      2018

           katholische Gemeinschaft                     andere evangelikale und christliche
           protestantische Gemeinschaft                 Gemeinschaften (1970–2000)
           andere evangelikale                          muslimische Gemeinschaften
           Gemeinden (seit 2010)                        andere Religionen
           andere christliche                           ohne Religionszugehörigkeit
           Gemeinschaften (seit 2010)                   Religionszugehörigkeit unbekannt

Quellen: BFS – Volkszählung (VZ, 1970–2000), Strukturerhebung (SE, 2010–2018)   © BFS 2020

   Die religiöse Vielfalt hat sich im vergangenen Jahrzehnt weiter
verstärkt. Nebst den beiden grössten Gemeinschaften – der pro-
testantischen und der katholischen Kirche – fühlen sich rund 12%
einer anderen Religionsgemeinschaft zugehörig. Der Anteil der
1
        Quelle für die Daten zur Entwicklung der Religionslandschaft in der Schweiz sind
        die eidgenössische Volkszählung (VZ, 1970–2000) und die Strukturerhebung
        (SE, seit 2010). Die neusten verfügbaren SE-Daten stammen von 2018. Alle im
        Folgenden präsentierten Ergebnisse basieren auf der ESRK 2014 und 2019.

6
2

muslimischen Gemeinschaften hat zwischen 1990 und 2010 zuge-
nommen und ist anschliessend zwischen 2011 und 2018 stabil bei
rund 5% geblieben. Auch der Anteil der anderen christlichen oder
evangelikalen Gemeinschaften sowie der übrigen Religionen ist an-
gestiegen, und zwar von 2,5% im Jahr 1970 auf 7,1% im Jahr 2018.
   Die genannten Religionsgemeinschaften unterscheiden sich in
verschiedenen demografischen Aspekten, namentlich in ihrer Alters-
struktur (Grafik 2) und bezüglich Migration (Grafik 3).
   Die katholische Gemeinschaft verdankt ihre Stabilität weitge-
hend der Migration: Ein grosser Anteil der Personen, die in den letzten
Jahrzehnten in die Schweiz eingewandert sind, gehören der katholi-
schen Kirche an. Insbesondere die seit den 1990er-Jahren aus Spa-
nien und Portugal eingewanderten Personen haben den Rückgang
der katholischen Bevölkerung gebremst. Lange hat diese Bevölke-
rungsgruppe die katholische Gemeinschaft auch verjüngt, doch
mittlerweile ist der Anteil der Personen ab 65 Jahren mit 24% eher
hoch.

Religionszugehörigkeit nach Alter                                                                                                           G2

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
100%
                                                                                 10,6                (3,8)
                                                                                                                     15,0            12,9
 90%        21,8        24,0                               20,8                                      14,1
 80%                                    34,5
                                                                                 20,1
                                                                                                                     21,2            24,3
 70%
            25,6                                           25,8                                      34,0
 60%                    29,3
 50%                                    25,3                                     35,2                                28,2            28,1
 40%        24,8                                           25,6
                        23,6
 30%                                    18,8
                                                                                                     48,1
 20%                                                                             34,2                                35,6            34,7
            27,8        23,1                               27,8
 10%                                    21,4
   0%
            Total

                                                                               Gemeinschaften
                                                                Gemeinden

                                                                                                   Gemeinschaften

                                                                                                                    Religionen
                        Katholische
                      Gemeinschaft

                                      Protestantische

                                                        Andere evangelikale

                                                                                                                       Andere
                                                                              Andere christliche

                                                                                                     Muslimische

                                                                                                                                   Ohne Religions-
                                                                                                                                    zugehörigkeit
                                       Gemeinschaft

         15–34 Jahre                                50–64 Jahre
         35–49 Jahre                                65 Jahre oder älter

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                          © BFS 2020

                                                                                                                                                     7
2

    Auch die protestantische Gemeinschaft ist im Vergleich zur
Gesamtbevölkerung relativ alt. 35% sind 65 Jahre oder älter. Frauen
bilden zudem eine Mehrheit (56%, gegenüber 51% in der Gesamtbe-
völkerung der Schweiz ab 15 Jahren). Im Gegensatz zur katholischen
profitiert die protestantische Gemeinschaft nicht von der Migration.
    Die anderen evangelikalen Gemeinden weisen eine relativ junge
Altersstruktur auf – die Mehrheit (53%) ist unter 50 Jahre alt – und
setzen sich zu zwei Dritteln aus Personen ohne Migrationshinter-
grund zusammen.
    In den anderen christlichen Gemeinschaften ist der Anteil der
15- bis 34-Jährigen mit 34% relativ hoch, während die Personen ab
65 Jahren lediglich 11% ausmachen. Die Frauen bilden eine Mehrheit
(59%). Der auf die Migration zurückgehende Anteil hat in diesen Ge-
meinschaften in den letzten fünf Jahren stark zugenommen. 2019
haben 71% einen Migrationshintergrund der ersten Generation und
15% der zweiten oder dritten Generation (2014 : 49% bzw. 7,9%). Es
handelt sich hauptsächlich um Personen schweizerischer (43%) und
serbischer Staatsangehörigkeit (15%).

Religionszugehörigkeit nach Migrationsstatus                                                      G3

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

                  Total                       60,6                            30,8             8,6

           Katholische
                                             58,4                            31,9              9,7
         Gemeinschaft
        Protestantische
                                                       87,2                               10,7         2,1
         Gemeinschaft
                                                                                               (6,7)
Andere evangelikale
                                               65,2                              28,1
        Gemeinden
    Andere christliche
                               14,2                         71,3                          14,5
     Gemeinschaften
       Muslimische
                    (2,8)                            72,4                               24,8
     Gemeinschaften

    Andere Religionen             26,5                        54,1                       19,4

        Ohne Religions-
                                             59,8                             31,9             8,3
         zugehörigkeit

                          0%          20%             40%          60%           80%            100%

           Bevölkerung ohne Migrationshintergrund
           Bevölkerung mit Migrationshintergrund, 1. Generation
           Bevölkerung mit Migrationshintergrund, 2. Generation oder mehr

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                  © BFS 2020

8
2

    In den muslimischen Gemeinschaften sind jüngere Altersklassen
stark vertreten. Der Anteil der 15- bis 34-Jährigen beläuft sich auf
48%, gegenüber lediglich 3,8% bei den Personen ab 65 Jahren. Die
Männer bilden eine Mehrheit (58%). Die Musliminnen und Muslime
in der Schweiz haben grossmehrheitlich einen Migrationshintergrund
(97%). Sie verzeichnen von allen Religionsgemeinschaften den
höchsten Anteil an Personen mit Migrationshintergrund der ersten
(72%) und der zweiten oder dritten Generation (25%). 40% dieser Ge-
meinschaft sind Schweizerinnen und Schweizer 2. Die Personen mit
ausländischer Staatsangehörigkeit stammen hauptsächlich aus dem
Kosovo, der Türkei und Nordmazedonien. Nach der Zuwanderung von
türkischen Staatsangehörigen infolge des Militärputsches im Jahr
1980 erhielten die muslimischen Gemeinschaften aufgrund der Wan-
derungsbewegungen vom Balkan in die Schweiz während und nach
dem Jugoslawien-Krieg in den 1990er-Jahren nochmals Zuwachs.
    Personen mit anderen Religionen, insbesondere jüdischer, bud-
dhistischer und hinduistischer Gemeinschaften, sind mehrheitlich
jung und haben einen Migrationshintergrund (54% der ersten und
19% der zweiten oder dritten Generation). Die meisten sind schweize-
rischer (63%) oder sri-lankischer Staatsangehörigkeit (15%)3.
    Bei den Personen ohne Religionszugehörigkeit ist der Männer­
anteil höher (55%). Sie sind im Vergleich zu den katholischen und
protestantischen Gemeinschaften zudem eher jung : Die 15- bis
34-Jährigen machen 35% aus, die Personen ab 65 Jahren 13%. Diese
Altersklasse hat bei den Personen ohne Religionszugehörigkeit seit
2014 am stärksten zugenommen (+1,7 Prozentpunkte), was unter
anderem auf die Bevölkerungsalterung zurückzuführen ist. Perso-
nen ohne Religionszugehörigkeit haben mehrheitlich keinen Mig-
rationshintergrund (60%). Die Personen mit Migrationshintergrund
der ersten Generation sind hauptsächlich deutscher, französischer,
italienischer, portugiesischer und spanischer Staatsangehörigkeit.

2
    Personen mit Doppelbürgerschaft werden zu den Schweizer
    Staatsangehörigen gezählt.
3
    Dieser Wert basiert auf weniger als 30 Beobachtungen und ist somit mit
    Vorsicht zu interpretieren.

                                                                                 9
3

3     Religiöse und spirituelle Praktiken

3.1   Teilnahme an Gottesdiensten

Die Häufigkeit der Teilnahme an Gottesdiensten (Predigt, Messe
usw.) liefert Anhaltspunkte zur religiösen Praxis der Bevölkerung.
Zwischen 2014 und 2019 hat die Zahl der Personen, die zwischen
sechsmal pro Jahr und einmal pro Woche an einem Gottesdienst
teilnehmen, von 29% auf 26% abgenommen. Dieser signifikante
Rückgang ist insbesondere bei den Personen ab 50 Jahren festzu-
stellen. Der Anteil Personen, die in den letzten zwölf Monaten vor der
Erhebung zwischen ein- und fünfmal pro Jahr eine religiöse Einrich-
tung aufgesucht haben, um einem Gottesdienst beizuwohnen, ist
hingegen seit 2014 stabil geblieben (40% ; Grafik 4). Nach der Bevöl-
kerung ohne Religionszugehörigkeit weisen die islamischen Gemein-
schaften den grössten Anteil Personen auf, die in den letzten zwölf
Monaten vor der Befragung nie (46%) an einem Gottesdienst teilge-
nommen haben. Dabei bestehen signifikante Unterschiede zwischen
Männern und Frauen. So haben beispielsweise 18% der Muslime
mindestens einmal pro Woche an einem Gottesdienst teilgenommen,
aber lediglich 6% der Musliminnen. Bei den Mitgliedern anderer evan-
gelikaler Gemeinden wohnen 68% mindestens einmal pro Woche
einem Gottesdienst bei. Die katholische Gemeinschaft verzeichnet
den grössten Anteil Personen, die zwischen sechsmal pro Jahr und
mindestens einmal pro Monat einen Gottesdienst besuchten (26%),
während der grösste Anteil Personen, die ein- bis fünfmal pro Jahr
an Gottesdiensten teilnehmen, bei der protestantischen Gemein-
schaft zu finden ist (49%). 87% der Personen, die unabhängig von der
Religionszugehörigkeit zwischen ein- und fünfmal pro Jahr einem
Gottesdienst beiwohnen, tun dies aus sozialen Gründen, etwa anläss-
lich einer Hochzeit oder Beerdigung.

10
3

Teilnahme an Gottesdiensten in den letzten
zwölf Monaten, nach Religionszugehörigkeit                                                                 G4

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

                  Total     8,7        17,1                   40,0                             34,2

         Katholische
                            11,1              25,8                        43,0                     20,1
       Gemeinschaft
     Protestantische
                           6,7         19,6                        49,1                          24,6
      Gemeinschaft
                                                                                                 (10,6)(5,9)
Andere evangelikale
                                                     67,7                               15,8
        Gemeinden
  Andere christliche
                           10,6          20,0                      42,1                         27,3
   Gemeinschaften
       Muslimische
                               13,0      14,8               26,4                        45,8
    Gemeinschaften

  Andere Religionen             17,2            23,1                 28,6                      31,0
                      (0,8)
     Ohne Religions-
                     2,6                33,1                                     63,4
       zugehörigkeit
                          0%            20%             40%               60%             80%             100%

         mindestens einmal pro Woche
         zwischen sechsmal pro Jahr und mindestens einmal pro Monat
         zwischen einmal und fünfmal pro Jahr
         nie in den letzten zwölf Monaten

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                               © BFS 2020

   Im Vergleich zu 2014 wurden Gottesdienste 2019 tendenziell we-
niger am Fernsehen oder Radio verfolgt, dafür häufiger im Internet.
Am häufigsten werden religiöse Veranstaltungen von den Mitgliedern
der anderen evangelikalen Gemeinden (55%) in den Medien verfolgt,
gefolgt von den anderen Religionen (38%), den muslimischen sowie
den katholischen Gemeinschaften (je 29%). Bei den Personen ohne
Religionszugehörigkeit beläuft sich dieser Anteil auf 10% (Grafik 5).
   Personen, die den katholischen, protestantischen und anderen
christlichen Gemeinschaften angehören, verfolgen religiöse Ver-
anstaltungen am häufigsten am Fernsehen (24%, 21% bzw. 19%).
Die Mitglieder anderer evangelikaler Gemeinden, der muslimischen
Gemeinschaft und der anderen Religionen tun dies dagegen am
häufigsten im Internet (43%, 23% bzw. 31%).

                                                                                                               11
3

Anteil der Personen, die in den letzten zwölf Monaten
eine religiöse oder spirituelle Veranstaltung in den
Medien verfolgt haben, nach Religionszugehörigkeit G 5

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

 0%
                                     Protestantische
           Total

                       Katholische

                                                              Gemeinden
                     Gemeinschaft

                                      Gemeinschaft

                                                       Andere evangelikale

                                                                              Andere christliche
                                                                               Gemeinschaften

                                                                                                     Muslimische
                                                                                                   Gemeinschaften

                                                                                                                       Andere
                                                                                                                    Religionen

                                                                                                                                   Ohne Religions-
                                                                                                                                    zugehörigkeit

         mindestens ein Medium                                               TV                                Radio
         Internet                                                            Vertrauensintervall (95%)

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                          © BFS 2020

3.2 Beten, Religiosität und Spiritualität

Wie häufig jemand betet, gibt ebenfalls Aufschluss über die Religio-
sität einer Person. Knapp ein Drittel der katholischen (30%) und der
muslimischen Gemeinschaften (31%) beten täglich oder fast täglich.
Der Anteil Personen, die nach eigenen Aussagen in den letzten zwölf
Monaten nie gebetet haben, hat im Vergleich zur vorangehenden
Erhebung bei der katholischen und der protestantischen Gemein-
schaft zugenommen. Er ist bei den muslimischen Gemeinschaften
und den anderen Religionen zurückgegangen. In der protestanti-
schen Gemeinschaft ist der Anteil Personen, die in den letzten zwölf
Monaten vor der Erhebung nie gebetet haben, höher (38%) als bei
den muslimischen (31%) und katholischen Gemeinschaften (30%).
Mitglieder der anderen evangelikalen Gemeinden beten häufiger : 30%
beten mehrmals täglich und 54% täglich oder fast. Rund jede fünfte
Person, die angab, keiner Religion anzugehören, betet mindestens
einmal pro Jahr.

12
3

Häufigkeit des Betens in den letzten zwölf Monaten,
nach Religionszugehörigkeit                                                                                                                 G6

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
100%
                               (2,4) (6,8)
 90%
                 29,5                                                             29,4                31,1            29,4
 80%                      38,1 (7,3)
         44,8
 70%
                 14,2                                                             13,6                14,9            16,9
 60%                                                                                                                                  80,8
                          14,4       53,9
 50%     11,8
                 26,6                                                             23,7                23,4
 40%                                                                                                                  23,1
         19,3             21,6
 30%
    20%                                                                                               17,2
                         26,2                                                     30,1                                23,0          5,6
            20,3                         22,7               29,6
    10%                                                                                                                             6,5
                                                                          (3,2)                       13,5 (7,6)              (0,7) 6,4
             3,8          3,4              3,1
    0%
                                       Protestantische
             Total

                         Katholische

                                                                Gemeinden
                       Gemeinschaft

                                        Gemeinschaft

                                                                                                      Muslimische

                                                                                                                        Andere
                                                                                                                     Religionen
                                                         Andere evangelikale

                                                                               Andere christliche
                                                                                Gemeinschaften

                                                                                                    Gemeinschaften

                                                                                                                                    Ohne Religions-
                                                                                                                                     zugehörigkeit
          nie in den letzten zwölf Monaten                                                          täglich oder fast täglich
          zwischen einmal und elfmal pro Jahr                                                       mehrmals pro Tag
          zwischen einmal pro Woche und
          mindestens einmal pro Monat

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                           © BFS 2020

    Verglichen mit 2014 hat die Religiosität in der protestantischen
Gemeinschaft abgenommen, in den anderen evangelikalen Gemeinden
ist sie dagegen angestiegen. Bei den anderen Religionszugehörigkeiten
und bei den Personen ohne Religionszugehörigkeit ist keine Verände-
rung festzustellen. Personen, die einer anderen evangelikalen Gemeinde
angehören, bezeichnen sich am häufigsten als religiös (83%; Grafik 7),
gefolgt von den Musliminnen und Muslimen (62%). Bei den katholischen
und den anderen christlichen Gemeinschaften sowie den anderen Religi-
onen bezeichnet sich ebenfalls eine Mehrheit als eher oder sehr religiös
(53% bzw. je 56%). Personen aus der protestantischen Gemeinschaft
geben mehrheitlich an, eher nicht oder gar nicht religiös zu sein (60%),
bei den Personen ohne Religionszugehörigkeit sind es 94%. Bei der Er-
hebung von 2014 wurden im Hinblick auf den Glauben und die religiösen
Praktiken in der Schweiz Geschlechterunterschiede festgestellt1. Diese
Unterschiede bestehen auch 2019 noch. 42% der Frauen bezeichnen
sich als eher oder sehr religiös, gegenüber 35% der Männer.

1
     BFS (2016). Religiöse und spirituelle Praktiken und Glaubensformen in der
     Schweiz. Erste Ergebnisse der Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur
     (ESRK) 2014. Neuchâtel.

                                                                                                                                                  13
3

Religiosität nach Religionszugehörigkeit                                                               G7

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

                  Total        12,3         26,3                 31,9                    29,5

         Katholische
                               14,9                38,0                     33,1                14,0
       Gemeinschaft
      Protestantische
                            11,7            28,3                    40,4                   19,6
       Gemeinschaft
                                                                                         (10,6) (6,7)
Andere evangelikale
                                                63,4                             19,3
        Gemeinden
  Andere christliche
                                 22,2                  33,4                  31,2               13,2
   Gemeinschaften
       Muslimische
                                 21,5                     40,6                    27,1          10,9
     Gemeinschaften
                                                                                             (13,8)
  Andere Religionen             (19,8)               36,0                   30,4
                      1,9
      Ohne Religions-
                       4,6               25,0                             68,5
        zugehörigkeit

                          0%             20%           40%          60%             80%            100%

«Würden Sie sich selbst als eine religiöse Person bezeichnen ?»

         sicher ja                    eher ja                 eher nein                  sicher nicht

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                     © BFS 2020

    Personen, die einer anderen Religion einschliesslich des Buddhis-
mus und des Hinduismus angehören, bezeichnen sich mehrheitlich
als eher oder sehr spirituell (66% ; Grafik 8), ebenso die Mitglieder der
anderen evangelikalen Gemeinden (61%). Bei den Personen aus der
protestantischen Gemeinschaft bezeichnet sich die Mehrheit als eher
nicht oder gar nicht spirituell (69%). Ebenfalls hoch ist dieser Anteil
bei den katholischen (59%), muslimischen (58%) und anderen christ-
lichen Gemeinschaften (55%). Personen ohne Religionszugehörigkeit
geben zu 31% an, eher oder sehr spirituell zu sein. Insgesamt hat der
Anteil Personen, die sich als eher oder sehr spirituell bezeichnen,
seit 2014 leicht zugenommen, von 35% auf 37% der Bevölkerung.
Der Anstieg ist hauptsächlich den katholischen und protestantischen
Gemeinschaften zuzuschreiben.

14
3

Spiritualität nach Religionszugehörigkeit                                                             G8

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

                  Total     9,7           27,0                 32,9                        30,5

         Katholische
                            9,6             31,3                  35,7                      23,5
       Gemeinschaft
      Protestantische
                           6,7       24,2                  35,0                        34,0
       Gemeinschaft
Andere evangelikale
                                     35,7                  25,1              18,2            21,0
        Gemeinden
  Andere christliche
                            11,9             32,7                     34,0                   21,4
   Gemeinschaften
       Muslimische
                            12,0             30,5                     39,0                    18,5
    Gemeinschaften
                                                                                                  (11,4)
  Andere Religionen                30,6                   35,1                      23,0

      Ohne Religions-
                            8,7       21,9              27,6                         41,8
        zugehörigkeit

                          0%          20%           40%            60%               80%             100%

«Würden Sie sich selbst als eine spirituelle Person bezeichnen ?»

         sicher ja                 eher ja                 eher nein                       sicher nicht

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                       © BFS 2020

3.3 Verschiedene religiöse und spirituelle Praktiken

Die individuellen Praktiken geben Auskunft über die Spiritualität in
der Bevölkerung. Nahezu ein Viertel der Bevölkerung (24%) hat in
den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung eine spirituelle Bewe-
gungs- oder Atmungstechnik wie Yoga, Tai-Chi oder Qigong ausgeübt
(Grafik 9). Dieser Anteil hat seit 2014 stark zugenommen (19%). Auch
bei der Persönlichkeitsentwicklung ist ein signifikanter Anstieg von
21% im Jahr 2014 auf 23% im Jahr 2019 zu beobachten.
   Bei den anderen Praktiken ist dieser Anteil im Vergleich zur vor-
angehenden Erhebung relativ stabil geblieben.

                                                                                                           15
3

Anteil Personen, die in letzten zwölf Monaten
eine spirituelle Aktivität ausgeübt haben                                                       G9

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

                Eine Bewegungs- oder                                                19,2
                   Atmungstechnik auf
            spirituelle Weise ausgeübt                                                      23,8

      Schritte in Richtung Persönlich-                                                21,1
      keitsentwicklung unternommen                                                      22,8

       Gegenstände verwendet, denen                                                    21,6
     glück-, schutz- oder heilbringende
          Wirkung zugeschrieben wird                                                   21,5
       Regelmässig ein oder mehrere
        religiöse Bücher wie die Bibel,                                      16,4
       den Koran, die Thora oder eine                                        15,8
        andere heilige Schrift gelesen
       Regelmässig ein oder mehrere                                   12,8
       Bücher oder Zeitschriften über
     Esoterik oder Spiritualität gelesen                              12,2

                                                            6,6
Eine Heilerin/einen Heiler aufgesucht
                                                                6,7

 Ihr Horoskop erstellen lassen oder                       4,9
 die Dienste einer Hellseherin/eines
 Hellsehers in Anspruch genommen                          4,7

 An einem esoterischen, magischen                   2,6
schamanischen Ritual teilgenommen                   2,6

                                           0%               10%               20%               30%
          2014               2019               Vertrauensintervall (95%)

Quelle: BFS – ESRK 2014, 2019                                                              © BFS 2020

16
3

Anteil Personen, die in den letzten zwölf
Monaten eine spirituelle Aktivität ausgeübt
haben, nach Religionszugehörigkeit                                                                                                                                    G10

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
100%
 90%
 80%
 70%
 60%
 50%
 40%
 30%
 20%
 10%
   0%
                                                                       glück-, schutz- oder heilbringende

                                                                                                                                               Esoterik oder Spiritualität gelesen
                Eine Bewegungs- oder

            spirituelle Weise ausgeübt

                                                Schritte in Richtung
                                         Persönlichkeitsentwicklung
                                                     unternommen

                                                                        Gegenstände verwendet, denen

                                                                           Wirkung zugeschrieben wird

                                                                                                            den Koran, die Thora oder eine
                                                                                                             andere heilige Schrift gelesen

                                                                                                                                                 Bücher oder Zeitschriften über
                   Atmungstechnik auf

                                                                                                            Regelmässig ein oder mehrere
                                                                                                             religiöse Bücher wie die Bibel,

                                                                                                                                                Regelmässig ein oder mehrere

        katholische                                                    muslimische
        Gemeinschaft                                                   Gemeinschaften
        protestantische                                                andere
        Gemeinschaft                                                   Religionen
        andere evangelikale                                            ohne
        Gemeinden                                                      Religionszugehörigkeit
        andere christliche                                              Vertrauensintervall (95%)
        Gemeinschaften

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                                               © BFS 2020

    Die Mitglieder der anderen evangelikalen Gemeinden haben in den
letzten zwölf Monaten am häufigsten in einem religiösen Buch gele-
sen (79% ; Grafik 10). Personen, die einer muslimischen Gemeinschaft
oder einer anderen Religion angehören, haben dies zu 42% bzw. 39%
getan. Verschiedene individuelle Aktivitäten wie das Ausüben von
einer Bewegungs- oder Atmungstechnik oder das Lesen eines Bu-
ches über Spiritualität sind bei den anderen Religionen am stärksten
verbreitet (44% bzw. 30%). 29% der Personen ohne Religionszugehö-
rigkeit haben sich mit der Persönlichkeitsentwicklung befasst und
30% eine spirituelle Bewegungs- oder Atmungstechnik wie Yoga oder
Tai-Chi ausgeübt.

                                                                                                                                                                                     17
3

    Meditation kann Teil einer spirituellen Aktivität oder der Persön-
lichkeitsentwicklung sein. Sie spielt bei den erhobenen individuellen
Aktvitäten eine wichtige Rolle. 40% der Bevölkerung haben in den
letzten zwölf Monaten vor der Erhebung mindestens einmal medi-
tiert, und 11% meditieren regelmässig, d.h. täglich oder fast täglich.
Frauen tun dies mit 45% häufiger als Männer (35% ; Grafik 11). Bei
den 50- bis 64-jährigen Frauen hat mit 52% eine Mehrheit mindes-
tens einmal im Erhebungsjahr meditiert. In der Altersgruppe der 15-
bis 34-Jährigen hat die Meditation im Vergleich zu 2014 signifikant
zugenommen.

Häufigkeit des Meditierens in den letzten
zwölf Monaten, nach Alter und Geschlecht                                                                                            G 11

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
100%
 90%
 80%
                                                                                                             47,8
                         55,1

                                                                                54,9

                                                                                                                                    56,6
                                                     60,8

                                                                                                                      61,3

 70%
                                                                                               62,8
            65,1

                                                                   66,4
                                        68,4

 60%
 50%
 40%
                                                                                                             35,7

                                                                                                                                    27,3

 30%
                         32,3

                                                                                32,7

                                                                                                                      25,2
                                                                                               26,5
                                                     32,9
            25,3

                                                                   25,5
                                        24,2

 20%
 10%
                                                                                                             16,5

                                                                                                                                    16,1
                                                                                                                      Männer 13,5
                         Frauen 12,6

                                                                                Frauen 12,3

                                                                                               Männer 10,7
            Männer 9,6

                                                                   Männer 8,1
                                        Männer 7,3

                                                     Frauen 6,3

     0%
                                                                                                             Frauen

                                                                                                                                    Frauen

                  Total                15–34 Jahre                35–49 Jahre                 50–64 Jahre             65 Jahre
                                                                                                                      oder älter

          nie in den letzten zwölf Monaten
          zwischen einmal pro Woche und einmal pro Jahr
          täglich oder fast täglich

Quelle: BFS – ERSK 2019                                                                                                   © BFS 2020

18
4

4       Glaube

Zwischen 2014 und 2019 hat sich der Anteil Personen, die angeben,
an Gott oder an eine höhere Macht zu glauben, signifikant verändert.
Der Glaube an einen einzigen Gott ist ein starker Indikator für die
Religionszugehörigkeit und in der Bevölkerung am stärksten verbrei-
tet. Dennoch ist in diesem Zeitraum ein Rückgang von 46% auf 40%
zu verzeichnen (Grafik 12). Ein Viertel der Bevölkerung gibt an, weder
an einen einzigen, noch an mehrere Götter zu glauben, sondern viel-
mehr an eine höhere Macht. Dieser Anteil ist seit 2014 unverändert.
Der Anteil atheistischer Personen ist zwischen 2014 und 2019 von
12% auf 15% angestiegen, jener der Agnostikerinnen und Agnostiker,
d.h. der Personen, die nicht sicher sind, ob es einen oder mehrere
Götter gibt, hat im gleichen Zeitraum von 17% auf 18% zugenommen.
Diese beiden Kategorien sind nicht unbedingt deckungsgleich mit
den Personen ohne Religionszugehörigkeit. Letztere bezeichnen sich
zu 38% als atheistisch und 22% als agnostisch (Grafik 13). 9,1% glau-
ben an einen einzigen Gott und 30% an eine höhere Macht.

Glaube an Gott oder an eine höhere Macht                                             G12

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

                                                                                  46,2
Ich glaube an einen einzigen Gott
                                                                           40,1

       Ich glaube weder an einen                             23,9
         noch an mehrere Götter,
       aber an eine höhere Macht                              25,3

Ich weiss nicht, ob es einen oder                  16,6
  mehrere Götter gibt, und glaube
nicht, dass man dies wissen kann                      17,9

        Ich glaube weder an einen              11,5
          noch an mehrere Götter
       noch an eine höhere Macht                  15,1

                                         1,7
    Ich glaube an mehrere Götter
                                         1,6

                                    0%   10%    20%       30%        40%    50%          60%

        2014                2019         Vertrauensintervall (95%)

Quelle: BFS – ESRK 2014, 2019                                                 © BFS 2020

                                                                                          19
4

    2019 geben 51% bzw. 40% der Mitglieder der katholischen bzw.
der protestantischen Gemeinschaft an, dass sie an einen einzigen
Gott glauben. Über ein Fünftel (23%) bzw. ein Drittel (31%) glaubt eher
an eine höhere Macht. Es zeigt sich, dass sich die Religionszugehö-
rigkeit nicht unbedingt mit der Glaubensform deckt : In der katholi-
schen und in der protestantischen Gemeinschaft bezeichnen sich
6,3% bzw. 9,1% der Personen als atheistisch, 18% bzw. 19% als ag-
nostisch. Die Mitglieder der anderen evangelikalen Gemeinden sowie
der muslimischen Gemeinschaften geben häufiger an, an einen ein-
zigen Gott zu glauben (93% bzw. 92%).

Glaube an Gott oder an eine höhere Macht,
nach Religionszugehörigkeit                                                                                                                          G13

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
                                                                                                (3,3)                    (1,7)
100%                                                    (2,9) (2,5)
               6,3                 9,1                                                                    (4,3)                   (9,3)
 90%                                                                          11,1
              17,9                                                                                                       (1,7)
                                 18,9                                                                                            (13,9)          37,9
 80%                                                                          16,7
 70%
              23,2                                                                              (0,9)                             28,4
 60%
                            1,9 31,3
 50%                                                                                                                                             22,0
                                                 (1,1) 92,9                                               92,3
 40%                                                                                                                              22,5
                                                                             68,0
 30%
             50,7                                                                                                                                30,0
 20%                             39,7
                                                                                                                                  25,9 (0,9)
 10%
                                                                                                                                                  9,1
   0%
                               Protestantische
              Katholische

                                                            Gemeinden
            Gemeinschaft

                                Gemeinschaft

                                                                                                          Muslimische

                                                                                                                                    Andere
                                                                                                                                 Religionen
                                                     Andere evangelikale

                                                                           Andere christliche
                                                                            Gemeinschaften

                                                                                                        Gemeinschaften

                                                                                                                                               Ohne Religions-
                                                                                                                                                zugehörigkeit

         Ich glaube an einen einzigen Gott.
         Ich glaube an mehrere Götter.
         Ich glaube weder an einen noch an mehrere Götter,
         aber an eine höhere Macht.
         Ich weiss nicht, ob es einen oder mehrere Götter gibt,
         und glaube nicht, dass man dies wissen kann.
         Ich glaube weder an einen noch an mehrere Götter
         noch an eine höhere Macht.

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                                       © BFS 2020

20
4

   Der Glaube an metaphysische, wissenschaftliche und materialisti-
sche Thesen ist seit 2014 relativ stabil geblieben. Umgekehrt ist 2019
der Anteil Personen, die nicht wissen, welche Position sie einnehmen
sollen, bei all diesen Fragestellungen gestiegen.
   Am verbreitetsten sind die Überzeugung, dass die Evolutionsthe-
orie die schlüssigste Erklärung für den Ursprung des Menschen ist
(55%), sowie der Glaube an eine höhere Macht über unser Schicksal
(51% ; Grafik 14). Jeweils 45% der Bevölkerung glauben an ein Leben
nach dem Tod, an Engel oder übernatürliche Wesen, die über uns
wachen, sowie daran, dass manche Personen über die Gabe des
Heilens oder Hellsehens verfügen. Am wenigsten verbreitet ist der
Glaube an eine Wiedergeburt (19%) sowie daran, dass wir mit den
Geistern von Verstorbenen Kontakt aufnehmen können (20%).

Glaube an metaphysische, wissenschaftliche
und materialistische Thesen                                                                                                                                                                                     G 14

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
100%                                                                                                         5,6
                                                                                       6,4                                                                                                                     6,4
 90%                                18,8                         20,7                                                                   15,7
          21,7                                                                         13,0               14,3                                                                                              13,8
                                                                                                                                                                             27,9
 80%
 70%                                26,4                                               24,7               25,9                          29,4
          23,4                                                   29,8                                                                                                                                       27,9
 60%                                                                                                                                                                         27,1
 50%
          18,5                      19,1                                                                                                21,2
 40%                                                             18,7                  33,0                                                                                  13,3                           28,2
                                                                                                          36,1
 30%      15,3
                                    21,4                                                                                                20,6                                 11,1
 20%                                                             17,5

 10%      21,1                                                                         22,9               18,1                                                               20,5                           23,7
                                    14,3                         13,3                                                                   13,1
  0%
                                                                                                                                                                              Evolutionstheorie als
           Leben nach dem Tod

                                 Engel oder übernatürliche
                                Wesen die über uns wachen

                                                             Höhere Macht, die unser
                                                               Schicksal beeinflusst

                                                                                       Wiedergeburt

                                                                                                          Kontaktaufnahme mit
                                                                                                      Geistern der Verstorbenen

                                                                                                                                    Personen, die über die Gabe des

                                                                                                                                                                        schlüssigste Erklärung für
                                                                                                                                                                      den Ursprung des Menschen
                                                                                                                                   Heilens oder Hellsehens verfügen

                                                                                                                                                                                                         Keine andere Wirklichkeit
                                                                                                                                                                                                        neben der materiellen Welt

        sicher ja                                                 eher nein                                                       weiss nicht
        eher ja                                                   sicher nicht

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                                                                                               © BFS 2020

                                                                                                                                                                                                                                 21
5

5        Bedeutung von Religion und Spiritualität

5.1      Religion und Spiritualität im Alltag

Religion und Spiritualität können in verschiedenen Bereichen und
Momenten im Leben eine mehr oder weniger grosse Rolle spielen.
2019 war Religion oder Spiritualität in schwierigen Momenten des
Lebens bei mehr als jeder zweiten Person (56%) eher oder sehr wich-
tig, im Fall einer Krankheit bei 44% (Grafik 15). In Bezug auf die Ein-
stellung gegenüber Natur und Umwelt sowie auf die Kindererziehung
sind Religion oder Spiritualität bei 40% bzw. 42% der befragten Be-
völkerung ab 15 Jahren von Bedeutung. Im Berufsleben (21%), bei
Entscheidungen in Zusammenhang mit Abstimmungen oder bei der
politischen Ausrichtung (14%), im Sexualleben (16%) und bei den Er-
nährungsgewohnheiten (14%) sind religiöse oder spirituelle Aspekte
für einen kleineren Bevölkerungsanteil wichtig. Ausser bei den Ernäh-
rungsgewohnheiten, beim Sexualleben sowie bei der Organisation
von Familienfesten hat sich die Bedeutung der Religion oder Spiritu-
alität im Vergleich zu 2014 in allen erwähnten Bereichen verringert.

Bedeutung von Religion und
Spiritualität im Alltag                                                            G 15

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

In schwierigen Momenten                                                        56,3
              des Lebens                                                     53,1
                                                                     46,9
     Im Fall einer Krankheit
                                                                   43,8
                                                                      46,8
      Erziehung der Kinder
                                                                  42,0
     Einstellung gegenüber                                        42,5
         Natur und Umwelt                                        40,4
                                                    25,2
              Familienfeste
                                                    25,4
                                                  22,9
               Berufsleben
                                                 20,9
                                           15,9
               Sexualleben
                                           15,8
      Abstimmungen bzw.                     16,3
     politische Ausrichtung               13,7
                                          13,2
Ernährungsgewohnheiten
                                          13,5

                               0%   10%   20%      30%     40%    50%        60%      70%
        eher oder sicher wichtige Rolle 2014
        eher oder sicher wichtige Rolle 2019
        Vertrauensintervall (95%)

Quelle: BFS – ESRK 2014, 2019                                                 © BFS 2020

22
5

5.2	Weitergabe von religiösen oder spirituellen
     ­Werten an die Kinder

2019 spielen Religion oder Spiritualität für 42% der Bevölkerung eine
eher oder sehr wichtige Rolle bei der Kindererziehung. Es ist folglich
interessant, die Religion der Kinder zu untersuchen und mit jener der
Eltern zu vergleichen. Die befragten Personen mit Kindern unter 15
Jahren im gleichen Haushalt wurden gebeten, die Religion jedes ihrer
Kinder anzugeben. Ein Viertel der Kinder hat eine andere Religion als
eines ihrer Elternteile. Manche Elternteile geben eine Religionszuge-
hörigkeit für sich selber, aber keine für ihre Kinder an. 2019 gehörte
nahezu ein Drittel der Kinder unter 15 Jahren keiner Religion an (Gra-
fik 16), 2014 war es ein Viertel. Bei den protestantischen Kindern
ist dieser Anteil im gleichen Zeitraum von 23% auf 19% gesunken.
Bei den anderen Religionszugehörigkeiten ist die Veränderung nicht
signifikant. Ein Drittel der Kinder ist katholisch, 8,1% sind muslimisch,
5,4% gehören einer anderen christlichen Gemeinschaft, 2,2% einer
anderen evangelikalen Gemeinde und 1,8% einer anderen Religion an.

Religionszugehörigkeit1 der Kinder unter 15 Jahren                                       G16

Ständige Wohnbevölkerung

          Katholische                                                                 34,1
        Gemeinschaft                                                                32,6

      Protestantische                                                23,1
       Gemeinschaft                                           19,0

Andere evangelikale               2,7
        Gemeinden                2,2

    Andere christliche                  4,9
     Gemeinschaften                      5,4

        Muslimische                              9,3
     Gemeinschaften                            8,1

                                1,4
    Andere Religionen
                                1,8

      Ohne Religions-                                                  24,6
        zugehörigkeit                                                             30,8

                         0%     5%        10%      15%    20%    25%        30%   35%    40%
         2014                 2019                Vertrauensintervall (95%)
1
    Die Befragten geben die Religionszugehörigkeit der im Haushalt lebenden Kinder an,
    wenn eine Eltern-Kind-Beziehung besteht.

Quelle: BFS – ESRK 2014, 2019                                                      © BFS 2020

                                                                                             23
5

    Für die Mehrheit der Personen aus muslimischen Gemeinschaf-
ten (64%), anderen Religionen (64%) und anderen evangelikalen Ge-
meinden (90%) spielt die Religion eine eher wichtige oder sehr wich-
tige Rolle bei der Kindererziehung (Grafik 17). Bei den protestantischen
Gemeinschaften (40%) sowie den Personen ohne Religionszugehö-
rigkeit (17%) ist dies lediglich bei einer Minderheit der Fall. Dagegen
misst in den katholischen (52%) und den anderen christlichen Ge-
meinschaften (51%) eine Mehrheit der Religion oder Spiritualität in
diesem Bereich Bedeutung bei. Ausser für die Mitglieder anderer
evangelikaler Gemeinden und der anderen Religionen ist die Religion
oder Spiritualität bei der Kindererziehung bei allen Religionszugehö-
rigkeiten für einen kleineren Bevölkerungsanteil wichtig als noch
2014.

Wichtigkeit der Religion oder Spiritualität
bei der Erziehung der Kinder,
nach Religionszugehörigkeit                                                                   G 17

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren

         Katholische
                                          52,1                                47,9
       Gemeinschaft

      Protestantische
                                      40,2                                59,8
       Gemeinschaft
                                                                                           (10,5)
Andere evangelikale
                                                        89,5
        Gemeinden

  Andere christliche
                                          51,1                                48,9
   Gemeinschaften

        Muslimische                            64,4                                35,6
     Gemeinschaften

  Andere Religionen                            64,2                                35,8

      Ohne Religions-         16,6                                83,4
        zugehörigkeit

                        0%            20%             40%          60%           80%           100%

         eher oder sicher wichtige Rolle
         eher nicht wichtig oder keine Rolle

Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                   © BFS 2020

24
5

    Die den Kindern vermittelten Werte können humanistisch, religiös
oder spirituell sein. Über ein Fünftel der Eltern (22%) empfindet es als
wichtig, ihre Kinder unter 18 Jahren nach den Prinzipien ihrer Religion
zu erziehen. 15% möchten ihnen spirituelle Werte vermitteln und 44%
ziehen andere Werte vor, die wieder religiös noch spirituell sind. Bei
Eltern ohne Religionszugehörigkeit ist zu 65% letzteres der Fall, wäh-
rend jede fünfte Person (20%) keiner der Aussagen zustimmt (Gra-
fik 18).

Eltern von Kindern unter 18 Jahren,
nach Religionszugehörigkeit und Art
der Werte1, die sie vermitteln möchten                                                                           G18

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

    0%
                           Protestantische
             Katholische

                                                    Gemeinden

                                                                                                         Ohne Religions-
                                                                                                          zugehörigkeit
           Gemeinschaft

                            Gemeinschaft

                                                                   Andere christliche
                                                                    Gemeinschaften

                                                                                          Muslimische
                                             Andere evangelikale

                                                                                        Gemeinschaften

         Mir ist es wichtig, meine Kinder nach den Grundsätzen
         meiner Religion zu erziehen.
         Mir ist es wichtig, meinen Kindern spirituelle Werte zu vermitteln.
         Mir ist es wichtig, meinen Kindern andere Werte, die nicht religiöser oder
         spiritueller Natur sind, zu vermitteln.
         Ich stimme keiner der obigen Aussagen zu.
         Vertrauensintervall (95%)

1
   Nur eine Aussage konnte ausgewählt werden.
Die schraffierten Flächen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fallzahl dort unter 30 liegt.

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                  © BFS 2020

                                                                                                                           25
5

    Eltern, die einer anderen evangelikalen Gemeinde angehören,
möchten ihre Kinder mehrheitlich nach den Prinzipien ihrer Religion
erziehen (62%). In der protestantischen Gemeinschaft geben Eltern
am häufigsten an, ihren Kindern andere Werte zu vermitteln, die we-
der religiös noch spirituell sind (49%). Bei den muslimischen Eltern
ziehen 35% eine religiöse Erziehung vor, fast gleich viele stimmen
keiner der Aussagen zu (39%). In der katholischen und in den anderen
christlichen Gemeinschaften bevorzugen anteilsmässig etwa gleich
viele Eltern eine religiöse Erziehung (30% bzw. 29%) oder vermitteln
andere Werte, die weder religiös noch spirituell sind (36% bzw. 34%).

26
6

6       Werte und Einstellungen

6.1     Einstellungen zur Religion

Die Mehrheit der Bevölkerung (73%) stimmt der folgenden Aussage
voll und ganz oder eher zu : «Alle religiösen und spirituellen Gemein-
schaften sollten das Recht haben, ihre eigenen Begräbnisriten durch-
zuführen». Auch mit der Aussage «Alle Kinder sollten allgemeine
Kenntnisse über alle grossen Weltreligionen erhalten» ist die Bevöl-
kerung weitgehend einverstanden (79%). Nach Sprachregion lassen
sich allerdings Unterschiede feststellen (Grafik 19). Die Bevölkerung
der Deutschschweiz ist weitgehend der Meinung, dass Kinder allge-
meine Kenntnisse über alle grossen Weltreligionen erhalten sollten.
Dagegen stösst das Recht aller religiösen und spirituellen Gemein-
schaften, ihre eigenen Begräbnisriten durchzuführen, in der Deutsch-
schweiz auf weniger Akzeptanz als in der französischen und italieni-
schen Schweiz. Die positiven Meinungen zu den Begräbnis­riten
haben seit 2014 jedoch insbesondere in der Deutschschweiz zuge-
nommen. Die Meinungen zur Vermittlung von Kenntnissen über alle
grossen Weltreligionen haben sich dagegen seit der letzten Erhebung
nicht verändert.

Anteil Personen, die den Aussagen zu Begräbnisriten
und Vermittlung von Kenntnissen zu
den Weltreligionen voll und ganz oder
eher zustimmen, nach Sprachregion                   G 19

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
90%
80%
70%
60%
50%
                         80,6                     80,0 76,4 75,2 78,9
40%            70,9 76,0      72,5
30%
20%
10%
 0%
           Alle religiösen und spirituellen    Alle Kinder sollten allgemeine
              Gemeinschaften sollten           Kenntnisse über alle grossen
           das Recht haben, ihre eigenen           Weltreligionen erhalten
           Begräbnisriten durchzuführen

       deutsche Sprachregion                  italienische Sprachregion
       französische Sprachregion              Schweiz
       Vertrauensintervall 95%

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                   © BFS 2020

                                                                                 27
6

6.2	Diskriminierung aufgrund der Religions­
     zugehörigkeit

Diskriminierung umschreibt sämtliche Praktiken, bei denen eine Per-
son (oder Personengruppe) in ihren Rechten eingeschränkt, ungleich
oder intolerant behandelt, erniedrigt, bedroht oder in Gefahr gebracht
wird. Die entsprechenden Fragen wurden in der Erhebung von 2019
zum ersten Mal gestellt. 8,2% der Gesamtbevölkerung geben an, in
den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung aufgrund ihrer Religions-
zugehörigkeit diskriminiert worden zu sein (Grafik 20). 35% der mus-
limischen Personen waren mindestens in einer konkreten Situation
in der Schweiz Opfer von Diskriminierung aufgrund ihrer Religions-
zugehörigkeit. Darauf folgen die Personen aus anderen Religionen
(26%) sowie den anderen evangelikalen Gemeinden (17%). Von den
Personen, die gemäss eigenen Angaben Diskriminierung erfahren
haben, wurden 50% im Rahmen von Gesprächen, 24% im Berufsle-
ben, 22% in der Schule oder bei der Ausbildung, 22% im öffentlichen
Raum und Verkehr, 21% beim Kontakt mit Behörden, 18% bei der
Wohnungssuche, 17% beim Kontakt mit Gesundheitspersonal, 16%
beim Kontakt mit Ordnungskräften, 14% beim Zutritt zu Restaurants,
Bars oder Clubs, 14% in der Freizeit und 26% in anderen Situationen
diskriminiert. Unabhängig von der Religionszugehörigkeit besteht
kein signifikanter Unterschied zwischen Frauen und Männern. Bei
den Opfern von Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörig-
keit in den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung handelt es sich
mehrheitlich (50%) um junge Personen zwischen 15 und 39 Jahren.

28
6

Diskriminierungserfahrung aufgrund der Religions-
zugehörigkeit in den letzten zwölf Monaten in
mindestens einer konkreten Situation in der
Schweiz, nach Religionszugehörigkeit              G20

Ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren
50%
45%
40%
35%
30%
25%
20%
                                                                                                 34,8
15%
                                                                                                                  26,4
10%
                                                       16,6
 5%                                                                          12,3
          8,2        6,2                                                                                                           6,8
                                      4,6
 0%
                                  Protestantische
          Total

                    Katholische

                                                           Gemeinden
                  Gemeinschaft

                                   Gemeinschaft

                                                                          Andere christliche
                                                                           Gemeinschaften

                                                                                                 Muslimische

                                                                                                                   Andere
                                                                                                                Religionen
                                                    Andere evangelikale

                                                                                               Gemeinschaften

                                                                                                                               Ohne Religions-
                                                                                                                                zugehörigkeit

      Vertrauensintervall (95%)

Quelle: BFS – ESRK 2019                                                                                                      © BFS 2020

                                                                                                                                             29
7

7     Schlussbemerkungen

Der Wandel der Religionslandschaft hat sich in den letzten Jahren
beschleunigt. Sowohl der Anteil der Bevölkerung ohne Religionszu-
gehörigkeit als auch die religiöse Vielfalt haben zugenommen. Per-
sonen ohne Religionszugehörigkeit sind nicht zwingend atheistisch,
und atheistische Personen geben teilweise an, der protestantischen
oder katholischen Gemeinschaft anzugehören. Der Glaube, die re-
ligiösen Praktiken und die Religionszugehörigkeit hängen folglich
nicht in jedem Fall zusammen. Wie die Ergebnisse der ESRK zei-
gen, steigt der Anteil atheistischer Personen in der Bevölkerung an,
während jener der Personen, die an einen einzigen Gott glauben, in
den grössten Religionsgemeinschaften in der Schweiz (protestan-
tische und katholische Gemeinschaft) und bei den Personen ohne
Religionszugehörigkeit abnimmt. Religion und Spiritualität verlieren
in den meisten Lebensbereichen tendenziell an Bedeutung. Bei der
Erziehung der Kinder sind diese Aspekte immer weniger wichtig und
der Anteil Kinder ohne Religionszugehörigkeit nimmt zu.
    In Bezug auf religiöse oder spirituelle Praktiken haben zwischen
2014 und 2019 individuelle Aktivitäten wie Meditation an Bedeutung
gewonnen. Insbesondere junge Personen zwischen 15 und 24 Jahren
meditieren immer häufiger.
    Ausgehend von den Meinungen zu verschiedenen Begräbnisriten
oder zur Vermittlung von Kenntnissen der Weltreligionen zeigt sich
die Bevölkerung hinsichtlich religiöser Vielfalt mehrheitlich tolerant.
Die Ergebnisse zur Diskriminierung aufgrund der Religionszugehö-
rigkeit lassen jedoch auch darauf schliessen, dass es weiterhin eine
Herausforderung bleiben wird, dass Religion und Religionsfreiheit in
einer zunehmend säkularen Gesellschaft ihren Platz finden.

30
8

8      Erhebung und Methode

Die Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur (ESRK) ist Teil des eid-
genössischen Volkszählungssystems. Sie wird vom Bundesamt für
Statistik (BFS) seit 2014 in einem Fünfjahresrhythmus durchgeführt ;
2019 hat sie zum zweiten Mal stattgefunden. Es handelt sich um
eine Stichprobenerhebung anhand von computergestützten telefo-
nischen Interviews (CATI) und einem anschliessenden schriftlichen
Teil (Online- oder Papierfragebogen). Die befragten Personen gehören
zur ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren in Privathaushalten.
Die Befragung fand zwischen Februar und Dezember 2019 statt und
erfolgte auf Deutsch, Französisch oder Italienisch.

    Inhalt der Erhebung, Teil Religion und Spiritualität
    – Religionszugehörigkeit heute und früher
    – Teilnahme an Gottesdiensten / Pilgerfahrten
    – Häufigkeit des Betens / Meditierens
    – Religiöser und spiritueller Glaube
    – Individuelle religiöse und spirituelle Praktiken
    – Bedeutung von Religion und Spiritualität
    – Selbst wahrgenommene Religiosität / Spiritualität
    – Religionszugehörigkeit der Eltern / der Kinder

   Das BFS hat aus dem Stichprobenrahmen für Personen- und
Haushaltserhebungen (SRPH) per Zufallsprinzip eine Stichprobe
von 31 959 Personen gezogen. 13 417 Personen (42%) haben an
der Erhebung teilgenommen. Befragt wurden 51% Frauen und 49%
Männer bzw. 76% Personen mit schweizerischer Staatsbürgerschaft
und 24% in der Schweiz wohnhafte Ausländerinnen und Ausländer.
Um dem Stichprobenplan und den Antwortausfällen Rechnung zu
tragen, wurden die Daten gewichtet und kalibriert. Der Datenschutz
wird durch das Bundesstatistikgesetz und das Datenschutzgesetz
gewährleistet. Die Daten werden streng vertraulich behandelt und
anonymisiert ausgewertet. Sie dienen einzig statistischen Zwecken.

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BFS-Nummer
1368-1900

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