2030 LEITFADEN FÜR DEN KLIMASCHUTZ IN DEN KULTUREINRICHTUNGEN IN TRÄGERSCHAFT DES LANDES BADEN-WÜRTTEMBERG
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LEITFADEN FÜR DEN KLIMASCHUTZ IN DEN KULTUREINRICHTUNGEN IN TRÄGERSCHAFT DES LANDES BADEN-WÜRTTEMBERG 2030
FÜR DEN KLIMASCHUTZ IN DEN KULTUREINRICHTUNGEN IN TRÄGERSCHAFT DES LANDES BADEN-WÜRTTEMBERG
AG Arbeitsgruppe BKM Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien CCF Corporate Carbon Footprint – CO2-Bilanz für Unternehmen CO2 Kohlenstoffdioxid DNK Deutscher Nachhaltigkeitskodex DTHG Deutsche Theatertechnische Gesellschaft EMAS Eco-Management and Audit Scheme – europäisches Umweltmanagementsystem FABW Filmakademie Baden-Wü rttemberg GG Grundgesetz GHG Greenhouse Gas Protocol IKT Informations- und Kommunikationstechnologie IT Informationstechnologie KSG Klimaschutzgesetz MdL Mitglied des Landtags PCF Product Carbon Footprint – CO2-Bilanz für Produkte RLT Raumlufttechnische Anlagen TWh Terawattstunden VwV Verwaltungsvorschrift
Abkürzungsverzeichnis 2 Vorwort Staatssekretärin 5 Der Leitfaden auf einen Blick 7 Zusammenfassung 9 1. Einleitung 11 1.1. Klimaschutz als Aufgabe der ganzen Gesellschaft 12 1.2. Ziele und Selbstverständnis des Leitfadens 13 1.3. Gesetzlicher Rahmen 14 1.4. Kunstfreiheit und Klimaschutz 15 2. Wie loslegen? Ein Vorschlag zum methodischen Einstieg: Der Weg zum konsequen- ten betrieblichen Klimaschutz 17 2.1. Die Planung von Klimaschutzmaßnahmen: Vorgabe einer gemeinsamen Richtung („Plan“) 19 2.2. Die Umsetzung von Klimaschutz- maßnahmen („Do“) 21 2.3. Die Überprüfung von Klimaschutz- maßnahmen („Check“) 22 2.4. Die Verbesserung auf der Basis einer Bewertung („Act“) 22 3. Was tun? Wo und wie packen wir an? Hand- lungsfelder, Instrumente und Maß- nahmen 25 3.1. Das Handlungsfeld Management 27 3.1.1. Zertifizierungssysteme zur Einführung eines Umweltmanagementsystems 29 3.1.2. CO2-Rechner, CO2-Bilanz und Verbrauchsüberwachung 31
3.1.3. Personal und Organisation 33 3.1.4. Beschaffung 34 3.2. Handlungsfeld Wärme: Reduktion des Wärmeverbrauchs 37 3.2.1. Einfluss der Beschäftigten 37 3.2.2. Betriebliche Maßnahmen 38 3.2.3. Einfluss des Gebäudeeigentümers 40 3.3. Handlungsfeld Strom: Reduktion des Stromverbrauchs 40 3.3.1. Einfluss der Beschäftigten 40 3.3.2. Betriebliche Maßnahmen 41 3.3.3. Einfluss des Gebäudeeigentümers 42 3.3.4. Nutzung von Green IT 42 3.4. Handlungsfeld Wasser: Reduktion des Wasserverbrauchs 43 3.4.1. Einfluss der Beschäftigten 44 3.4.2. Betriebliche Maßnahmen 44 3.4.3. Einfluss des Gebäudeeigentümers 44 3.5. Handlungsfeld Mobilität 45 3.5.1. Einfluss der Kultureinrichtungen auf die Mobilität von Mitarbeiter:innen, Künstler:innen und Logistik 46 3.5.2. Einfluss der Mobilität der Besucher:innen und des Publikums 47 3.6. Handlungsfeld Abfall: Reduktion des Abfalls 48 3.7. Zustand der Gebäude 50 4. Wen beteiligen? Klimaschutz gemeinsam umsetzen: Kommunikation und Partizipation 53 4.1. Kommunizieren und Mobilisieren 55 4.2. Vorbildrolle und Führung 55 4.3. Lernen und Experimentieren 56 4.4. Neue Unternehmenskultur leben 56 5. Fazit und Ausblick 59 Impressum 64 Fußnoten 65 4
VORWORT Wissenschaftler:innen aus aller Welt warnen uns seit Jahrzehnten eindringlich davor, dass unsere derzeitige Lebensweise die natürlichen Grundlagen zerstört, von denen wir abhängig sind. Wir wissen seit langem: Das verbleibende globale CO2-Budget, bis zu dem ein globales Überleben mit beherrschbaren Klimafolgen möglich ist, reicht nur noch wenige Jahre. Uns bleibt also nur noch wenig Zeit, um den aktuellen Trend aufzuhalten. Doch auch wenn wir die Fakten kennen, so lange wir die Folgen in unserem Alltag nicht tatsächlich spüren, neigen wir dazu, sie zu verdrängen. Es gibt sie immer wieder, die aktuell scheinbar noch drängenderen Aufgaben, die zuerst gelöst werden müssen. Das gilt auch für diese Monate und Wochen. Es scheint so, als würde in dieser durch Pandemie und Krieg krisengeschüttelten Zeit, die existenziellste Krise der Menschheit in den Hintergrund zu treten. Und das, obwohl die Symptome – Hitzerekorde, Überschwem- mungen, Sturmschäden – mehr denn je in der medialen Wahrnehmung und unserem eigenen Erleben auftau- chen. Aber wieder heißt es angesichts der aktuellen Gaskrise, dass erst einmal gelöst werden muss, was uns in den nächsten Monaten vor allem belasten wird: die Gasmangellage. Die Gaskrise hat uns aber auch endgültig deutlich ge- macht, wie sehr unsere Gesellschaft noch von fossilen Energieträgern abhängt. Aktuell stellen die Engpässe in der Energieversorgung auch die Kultureinrichtungen des Landes vor erhebliche Herausforderungen und machen sofortige Einsparungen im Energieverbrauch unumgäng- lich. Dies erfordert kurzfristiges Krisenmanagement, wie wir es schon während der Corona-Pandemie kennen gelernt haben. Für unsere Gesellschaft kann diese Not- situation, die wir derzeit erleben, aber auch ein Weckruf 5
sein für langfristig angelegtes Handeln. Wie können wir Trägerschaft des Landes. Sie sind mit diesem Leitfaden unseren Energiebedarf auf Dauer senken? Wie den Anteil in erster Linie angesprochen. Allerdings sind viele Anre- erneuerbarer Energien am Energiemix erhöhen? Das sind gungen auf alle Kultureinrichtungen – ob groß oder klein – Fragen, die neben der akuten Versorgungssicherheit übertragbar. auch den Schutz der Umwelt für uns als Gesellschaft in den Mittelpunkt rücken können. Ich möchte insbesondere allen Teilnehmer:innen der AG Green Culture herzlich danken, dass sie die Initiative Ein Problem des Klimawandels ist, dass er oft durch des Landes mit Leben gefüllt und gemeinsam um die zahlreiche, aber für sich genommen geringe Mengen an Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit gerungen haben, Treibhausgasen verursacht wird, die erst im Gesamten ohne dabei die große Bedeutung der Kunstfreiheit aus negative Wirkung zeitigen. Maßnahmen, die an einigen dem Blick zu verlieren. Das Ergebnis Ihres Engagements der kleinen Emissionsquellen ansetzen, wirken ange- ist der vorliegende Leitfaden. Damit steht in einem ersten sichts der globalen Dimension des Problems oft zu trivial, Schritt ein solides Fundament für die Klimaaktivitäten das gesamte Unterfangen aus weltweiter Sicht aus- der Kultureinrichtungen im Land bereit. sichtslos. Aber: gerade weil sich der Klimawandel aus einer unüberschaubaren Vielzahl an Emissionsquellen Meine Bitte an alle Kultureinrichtungen lautet: Nutzen Sie speist, kann er auch nur durch vielfältige Maßnahmen zur den Leitfaden, um mit ihm viele kleine und größere Maß- Begrenzung dieser Emissionen gebremst werden. Dabei nahmen zum Klimaschutz anzustoßen. Bleiben Sie Räume liegt es in der Natur der Sache, dass viele kleine Maß- der Kreativität und nutzen Sie Ihre Strahlkraft, um auch an- nahmen notwendig sind – den einen großen Wurf kann dere zu erreichen und zum Mitmachen zu bewegen. es nicht geben. Stattdessen braucht es Vorbilder, die Anregung geben und Mut machen. Klimaschutz ist eine Um das Ziel der Klimaneutralität auch in allen Kulturein- gesamtgesellschaftliche Aufgabe. richtungen zu erreichen, müssen wir jetzt anfangen. Ich rufe daher alle Kultureinrichtungen in Trägerschaft des Hierbei sehe ich Kunst und Kultur als die großen gesell- Landes auf, bis zum Sommer 2023 auf der Basis dieses schaftsprägenden und -verändernden Kräfte in einer be- Leitfadens erste Konzepte mit Maßnahmen und Meilen- sonderen Verantwortung, wobei in der Betrachtung die steinen zu erarbeiten, wie sie ihre Energie- und Wasser- künstlerische Produktion von der Präsentation von Kunst verbrauche sowie den CO2-Verbrauch systematisch durch kulturelle Einrichtungen unterschieden werden erfassen und schrittweise verringern werden. Auch die muss. Auch wenn die Kultur in der Regel nicht zu den Einrichtungen in anderen Trägerschaften sollen sich er- großen CO2-Emittenten zählt, kann sie durch viele kleine mutigt fühlen – wir werden das Gespräch in den nächsten richtige Entscheidungen und Maßnahmen Vorbild sein Monaten auch mit ihnen führen. und vor allem dazu beitragen, ein nachhaltiges Leben als neue Normalität in der Gesellschaft zu verankern. Auf den gemeinsamen Weg hin zu einer nachhaltigen Im Filmbereich konnten viele engagierte Produzent:innen und klimaneutralen Gesellschaft freue ich mich. im Zusammenhang der Green-Shooting-Initiative des Landes Baden-Württemberg schon sehr vorbildhaft wirken. Es gibt keinen anderen Weg als diesen: Wir müssen unsere Lebensweise auf nachhaltige Grundlagen stellen, gemeinsam aktiv werden und so darauf achten, dass Petra Olschowski MdL es dabei nicht zu sozialen Verwerfungen kommt. In Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Deutschland sind hierbei neben dem Bund vor allem Forschung und Kunst Baden-Württemberg auch die Länder gefragt, ohne die die Klimaschutzziele nicht zu erreichen sind. Das Land Baden-Württemberg hat es sich zum Ziel gemacht, diesen Transformations- prozess mit anzuführen. So haben Landesregierung und Landtag beschlossen, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu organisieren. Um diese ambi- tionierten Ziele zu erreichen, sind erhebliche Anstrengun- 6 gen notwendig – auch der Kultureinrichtungen in der
Der Leitfaden auf einen Blick 1. Klimaschutz ist nur möglich, wenn die gesamte Gesell- Der Fokus liegt auf betriebsökologischen Maßnahmen. schaft sich auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit begibt. Besonders wichtig sind dabei die Einführung einer Dabei kommt es gerade auch auf Kultureinrichtungen CO2-Bilanzierung, eines Umweltmanagementsystems an, etwa als Motivatoren und Vorbilder. Dies gilt in be- sowie die Bildung von Klimateams und Benennung von sonderem Maße für die Kultureinrichtungen in der Trä- Klimaschutzmanager:innen in jeder Einrichtung gerschaft des Landes Baden-Württemberg, denn das Land hat sich verpflichtet, die Landesverwaltung, zu 5. der auch die Kultureinrichtungen zählen, bis zum Jahr Klimaschutz kann nur gemeinsam mit den Mitarbeiter- 2030 klimaneutral zu organisieren. :innen erfolgreich in den Kultureinrichtungen verankert werden. Das Engagement und die Anregungen der oft 2. bereits interessierten und zum Teil aktiven Mitarbeiter- Der Leitfaden ist das Ergebnis eines rund neunmonati- :innen sollen dabei berücksichtigt werden. gen Austauschs der AG Green Culture, in den Kultur- einrichtungen der unterschiedlichen Sparten ihre 6. Gedanken und Impulse zum Thema Nachhaltigkeit ein- Der Leitfaden markiert einen ersten Schritt für den vor gebracht haben. uns liegenden Weg zu mehr Klimaschutz. Er bietet Kul- tureinrichtungen einen Einstieg in das Thema und soll 3. diese in die Lage versetzen, sich selbst in den Dialog Kunst und Nachhaltigkeit sind wichtige gesellschaftli- zu mehr Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur einzubrin- che Ziele. Es braucht Nachhaltigkeit, um die Kunstfrei- gen. heit auch für die Zukunft zu sichern. 7. 4. Die Kultureinrichtungen des Landes sind aufgefordert, Wichtige Handlungsfelder zur Verbesserung des Kli- auf dieser Basis gemeinsam Konzepte zu entwickeln maschutzes in Einrichtungen sind die Bereiche Ma- sowie individuelle Maßnahmenkataloge zu erarbeiten, nagement, Wärme, Strom, Wasser, Mobilität, Abfall und um die gesetzlich normierten Klimaschutzziele zu er- Gebäude. Der Leitfaden listet zu diesen Handlungsfel- reichen. Bis Sommer 2023 sollen dazu die Planungen dern erprobte Instrumente und Maßnahmen auf. konkretisiert werden. 7
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ZUSAM MEN Der Leitfaden gliedert sich in fünf Kapitel. Kapitel 1 führt in das Thema Nachhaltigkeit als gesell- Kapitel 4 befasst sich mit der Ansprache und Betei- schaftliche Aufgabe ein und erläutert die Ziele des ligung der Mitarbeiter:innen in den Einrichtungen. Effekti- Leitfadens. Dabei werden der gesetzliche Rahmen und ver Klimaschutz setzt die Bereitschaft der Beschäftigten insbesondere das Verhältnis von Kunstfreiheit und Klima- voraus, das Thema als wichtig anzuerkennen und durch schutz näher beleuchtet. eigene Beiträge und Ideen zu unterstützen. Hierzu wird ein Change-Management-Modell vorgestellt, das die Kapitel 2 bietet den Leser:innen einen methodischen Stufen eines gelingenden Kommunikations- und Partizi- Rahmen für die Planung und Implementierung betriebs- pationsprozesses beschreibt. ökologischer Nachhaltigkeitsmaßnahmen in kulturellen Einrichtungen. Hierzu wird das Modell des PDCA-Zyklus Die zentralen Ergebnisse und ein Ausblick auf die jetzt zur kontinuierlichen Verankerung von Nachhaltigkeitszie- anstehenden Schritte werden in Kapitel 5 zusammen- len vorgestellt und auf die einzelnen Schritte des Zyklus gefasst. Dabei werden auch die Wünsche artikuliert, die „Plan“, „Do“, „Check“ und „Act“ eingegangen. im Rahmen der AG Green Culture an die Politik formuliert wurden. Kapitel 3 bündelt die wichtigsten Bereiche, in denen über betriebsökologische Maßnahmen der Klimaschutz in Kultureinrichtungen optimiert werden kann. Neben Handlungsmöglichkeiten der Leitungsebene werden konkrete Aktionsfelder, Instrumente und Maßnahmen be- nannt, in denen üblicherweise die größten Einsparungen von Umweltemissionen zu erzielen sind. Daneben wird aufgrund seiner besonderen Bedeutung hinsichtlich möglicher Einspareffekte auch der Bereich Bau und Flächennutzung kurz angerissen. 9
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1. Einleitung 1.1. Klimaschutz als Aufgabe der ganzen Gesellschaft Mit der Klimakrise kommen auf die Weltgemeinschaft Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche enorme Kraftanstrengungen und Herausforderungen zu. Aufgabe, zu der Individuen und Institutionen 197 Staaten haben sich im Pariser Klimaabkommen da- einen Beitrag leisten können und müssen. rauf geeinigt, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu Kunst und Kultur kommt hier eine herausgeho- begrenzen.1 Auch die 17 Nachhaltigkeitsziele der Verein- bene Rolle zu. Denn Kultureinrichtungen sind ten Nationen haben die Bekämpfung des Klimawandels einerseits oft große Energieverbraucher, ande- fest im Blick.2 Ökologische Nachhaltigkeit ist aber nur zu rerseits aber Orte des Bewusstwerdens, der verwirklichen, wenn soziale und wirtschaftliche Aspekte Diskussion, des Hinterfragens, des Zusammen- mitgedacht werden. Dies gilt auch umgekehrt: ökonomi- kommens und der Bildung zu aktuellen The- sche und soziale Nachhaltigkeit sind nur mit einer intakten men und Entwicklungen. Natur zu erreichen. Die UN-Nachhaltigkeitsziele gehen daher über die ökologische Dimension hinaus und ent- halten ein breites Spektrum an wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zielen. Auch für die Landesregierung ist die Balance zwischen ökologischer, sozialer und öko- nomischer Nachhaltigkeit der Grundpfeiler ihrer Nachhal- tigkeitsstrategie. Daher wurden die UN-Ziele bereits im Jahre 2016 in das Zielesystem der Landesnachhaltig- keitsstrategie integriert.3 Das Erreichen dieser Ziele ist allerdings nur möglich, wenn sich die Gesellschaft als Ganzes der Herausforde- rung des Klimawandels stellt und sich aktiv bei der Gestaltung einer nachhaltigeren Welt einbringt. Zivil- gesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik stehen in der Verantwortung. 12
1. Einleitung 1.2. Ziele und Selbstverständnis des Leitfadens Im Koalitionsvertrag von Bündnis 90/Die Grünen Baden- Der Leitfaden richtet sich in erster Linie an die Württemberg und der CDU Baden-Württemberg ist das Leiter:innen und Beschäftigten der Kunst- und Ziel verankert, dass die Kultur- und Kreativeinrichtungen Kultureinrichtungen in Trägerschaft des Lan- im Land einen substanziellen Beitrag zu Klimaschutz und des. Gleichzeitig soll der Leitfaden ein Aufruf Nachhaltigkeit leisten. Die vom Land getragenen und ge- an die gesamte Kulturlandschaft Baden-Würt- förderten Institutionen sollen dafür Konzepte entwickeln.4 tembergs sein, das Thema Nachhaltigkeit und Auf Initiative von Staatssekretärin Petra Olschowski, MdL, Klimawandel als wichtigen Teil der kulturellen hat sich im November 2021 die Arbeitsgruppe (AG) Arbeit zu integrieren. „Green Culture“, bestehend aus Kultureinrichtungen in staatlicher Trägerschaft der Sparten Film, Museen, Biblio- theken und Archive, Theater, Orchester und künstlerische Ausbildung, gebildet, um gemeinsam mit dem Ministe- rium für Wissenschaft, Forschung und Kunst den vorlie- genden Handlungsleitfaden zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe hat die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit und insbesondere den Klimaschutz in den Fokus gerückt, um eine praktische Anleitung zu betriebs- ökologischen Maßnahmen in Kultureinrichtungen zu bieten. Mit dieser Schwerpunktsetzung sollen die drän- gendsten problematischen Umweltauswirkungen der Kultureinrichtungen adressiert und das große Gestal- tungs- und Einflusspotenzial zur Vermeidung klima- schädlicher Effekte bestmöglich genutzt werden. Der Leitfaden zeigt: Es gibt eine Vielzahl von Maßnah- men, die zu ergreifen sind, um einen Beitrag zu leisten und Kultur in einem nachhaltigen Rahmen zu ermögli- chen. 13
1. Einleitung 1.3. Gesetzlicher Rahmen 1.4. Kunstfreiheit und Klimaschutz Den gesetzlichen Rahmen für die Klimaschutzpolitik des Kunstfreiheit und Klimaschutz sind im Grundgesetz Landes setzt das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verankert. (KSG BW), das derzeit novelliert wird (Stand Juli 2022). Bereits mit der aktuellen Fassung des Gesetzes ist In Artikel 20a Grundgesetz (GG) ist die Verpflichtung Baden-Württemberg ein Vorreiter beim Kampf gegen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen als den Klimawandel und setzt sich das Ziel, die Netto-Treib- Staatsziel formuliert: hausgasneutralität des Landes bis zum Jahr 2040 zu erreichen.5 Einen umfassenderen Überblick zu weiteren „Der Staat schützt auch in Verantwortung für relevanten Rechtsvorgaben bietet Abschnitt 2.1. die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen Das Klimaschutzgesetz hat unmittelbare Aus- der verfassungsmäßigen Ordnung durch die wirkungen auf die Landesverwaltung und Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz Landeseinrichtungen, da die Landesregierung und Recht durch die vollziehende Gewalt den Bereich der Landesverwaltung bis zum Jahr und die Rechtsprechung“ (Art. 20a GG). 2030 netto-treibhausgasneutral organisieren will. Klimaschutz ist damit auch eine Aufgabe der Der Umweltschutz genießt keinen absoluten Vorrang, er Kunst- und Kultureinrichtungen in Träger- ist mit anderen Verfassungsprinzipien und Rechtsgütern in schaft des Landes. Ausgleich zu bringen – wie der Kunstfreiheit. „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Der Begriff Netto-Treibhausgasneutralität bedeutet, Lehre sind frei“ (Artikel 5 Absatz 3 GG). dass entweder keine Treibhausgase in die Atmo- sphäre abgegeben oder deren Emissionen vollständig Bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bzw. von natürlichen oder künstlichen Senken aufge- Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes sind nommen werden (negative Emissionen).6 Dabei gilt Kunstfreiheit und der Schutz der natürlichen Lebens- der im Koalitionsvertrag beschriebene Grundsatz, grundlagen im Kontext der konstitutionellen Werteord- der auch im Klimaschutzgesetz verankert ist: nung im jeweiligen Einzelfall gegeneinander abzuwägen. Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren.7 Mit dem Beschluss vom 24. März 2021 hat das Bundes- verfassungsgericht einen Meilenstein im Bereich des Klimaschutzes gesetzt. Das Bundesverfassungsgericht machte deutlich, dass es die Schonung künftiger Freiheiten praktisch gebiete, den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten. In allen Lebensbereichen – etwa Produktion, Dienstleis- tung, Infrastruktur, Verwaltung, Kultur und Konsum, letztlich bezüglich aller heute noch CO2-relevanten Vor- 14 gänge – müssten daher Entwicklungen einsetzen, die
1. Einleitung ermöglichten, dass von grundrechtlicher Freiheit auch notfalls kompensiert. Darüber hinaus vermögen es Kunst später noch, dann auf der Grundlage CO2-freier Verhal- und Kultur, die öffentliche Debatte zum Thema Nachhaltig- tensalternativen, gehaltvoll Gebrauch gemacht werden keit und Klimaneutralität konstruktiv und visionär mitzuge- könne.8 Dabei betont das höchste deutsche Gericht auch stalten. Die Institutionen sollten zudem überlegen, was die die Bedeutung der Kultureinrichtungen explizit: „Der Forderung nach mehr Nachhaltigkeit für ihr jeweiliges nötige Entwicklungsdruck entsteht, indem absehbar wird, künstlerisches und kulturelles Grundverständnis bedeutet dass und welche Produkte, Dienstleistungen, Infrastruk- und wie sie sich im Rahmen der gesellschaftlichen Nach- tur-, Verwaltungs- und Kultureinrichtungen, Konsumge- haltigkeitstransformation positionieren und einbringen kön- wohnheiten oder sonstigen heute noch CO2-relevanten nen. Strukturen schon bald erheblich umzugestalten sind.“ Klimaschutz, so die Feststellung, folge dabei keiner Ver- botslogik, sondern sichere Freiheitsrechte, sowohl heuti- Kunst und Kultur sind für die bevorstehende histori- ger als auch zukünftiger Generationen.9 sche Aufgabe daher in mehrfacher Hinsicht bedeut- sam: Als gesellschaftliche Mahner, die für die Im kulturellen Diskurs stehen angesichts der gesell- Gefahren des Klimawandels sensibilisieren und ihre schaftlichen Nachhaltigkeitsdebatte auch Befürchtungen Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zu diesem im Raum, dass mit vermehrtem Klimaschutz künstleri- Thema künstlerisch aufgreifen und mitteilen kön- sche Spielräume eingeengt werden sollen oder müssen. nen; als Teil einer kreativen Avantgarde, die neue Die notwendigen Transformationen bedeuten jedoch Wege aufzeigt, die Herausforderungen der Transfor- nicht eine Aufgabe kultureller Praxis. mation anzugehen; aber eben auch als Gruppe, die durch eine reflektierte Wahrnehmung ihrer Es geht darum, Nachhaltigkeit und Klima- kulturellen Freiheitsrechte dazu beiträgt, die künst- schutz in den Kultureinrichtungen mitzuden- lerischen Ausdrucks- und Freiheitschancen auch ken und ein Bewusstsein zu schaffen, welche zukünftiger Generationen zu bewahren. CO2-relevanten Ressourcenverbräuche im Rahmen des künstlerischen Schaffens oder kulturellen Erlebens vermeidbar und welche wiederum hierfür unerlässlich sind. Dabei sollten beide Ziele, die natürlichen Lebensgrundlagen nicht unverhältnismäßig zu beeinträchtigen und die Frei- heitsausübung auch im Kulturbereich über die Generatio- nen sicherzustellen, berücksichtigt werden. Und mehr noch: Die Künste können eine entscheidende Rolle bei der Erar- beitung von Lösungen auf dem Weg zur Klimaneutralität übernehmen und ihre kreative und kommunikative Energie in transformatorische Prozesse einbringen. Dazu gehört auch, dass Kulturinstitutionen sowie Künstler:innen bei- spielhaft Wege aufzeigen und ausprobieren können, wie man mit gemeinsamen Anstrengungen und in künstleri- scher Freiheit CO2-Emissionen vermeidet, reduziert und 15
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EIN VORSCHLAG ZUM METHODISCHEN EINSTIEG: DER WEG ZUM KONSEQUENTEN BETRIEBLICHEN KLIMASCHUTZ 17
2. Wie loslegen? 2. Wie loslegen? aus den vier Stufen „Plan“, „Do“, „Check“ und „Act“ Ein Vorschlag zum methodischen zusammensetzt) bietet hierfür einen methodischen Einstieg: Der Weg zum konsequen- Ansatz, der die Grundlage der meisten Qualitätsmanage- ten betrieblichen Klimaschutz mentsysteme bildet. Auch etablierte Umweltmanage- mentsysteme wie z. B. ISO 14001 und EMAS (vgl. Kapitel Schon die gesetzliche Zielvorgabe einer klimaneutralen 3.1.1) basieren auf diesem Modell. Landesverwaltung im Jahr 2030 zeigt: Klimaschutz ist eine drängende Aufgabe. Das Ziel, die Klimaneutralität im Der PDCA-Zyklus skizziert eine Grundstruktur, Land dauerhaft sicherzustellen, erfordert ein langfristiges mit der Organisationsziele im Rahmen eines Engagement aller Einrichtungen. Nachhaltigkeit muss kontinuierlichen Verbesserungsprozesses er- zum normalen Arbeitsstandard werden. reicht werden können. Um die hierfür notwendigen Aktivitäten systematisch Die vier Komponenten des PDCA-Modells beschreiben planen und koordinieren zu können, stehen verschiedene die vier Schritte, die eine Einrichtung bei der Einführung Managementsysteme zur Verfügung. Sie können im Rah- eines Zielerreichungssystems durchlaufen sollte. Diese men des regulären betrieblichen Qualitätsmanagements Schritte können als Grundraster dienen, anhand dessen Organisationen bei der kontinuierlichen Erreichung ihrer die in den Kapiteln 3 und 4 beschriebenen Handlungs- spezifischen Ziele unterstützen. Insbesondere das Modell empfehlungen zur Verbesserung der ökologischen Nach- des „PDCA-Kreislaufs“ (wobei das Akronym PDCA sich haltigkeit einer Einrichtung strukturiert werden können. Plan Plan Act Check Do PDCA-Zyklus 18
2. Wie loslegen? 2.1. Die Planung von Klimaschutzmaß- Hinsichtlich des Ziels der Klimaneutralität in Kulturein- nahmen: Vorgabe einer gemein- richtungen umfasst dieser Schritt „Plan“ im Wesentlichen samen Richtung („Plan“) folgende Bereiche: Der erste Schritt des PDCA-Kreislaufs umfasst die Fest- ▪ Die Analyse der Ausgangsbedingungen der legung von Zielen und konkreten Maßnahmen, wie und Einrichtung. Hierzu gehört die Erfassung der bis wann diese Ziele erreicht werden sollen. Dies erfolgt umweltrelevanten Effekte, die eine Einrichtung idealerweise im Rahmen eines etablierten Standards zur im Rahmen ihrer auftragsgemäßen Tätigkeit Einführung eines Umweltmanagementsystems (vgl. Info- regelmäßig hervorruft. Hinsichtlich des gesell- box). schaftlichen Ziels der Klimaneutralität wird die- ser Effekt insbesondere über den CO2-Ausstoß einer Einrichtung ermittelt. Daher kommt Umweltmanagementsysteme unterstützen Einrich- einem CO2-Rechner und der regelmäßigen tungen durch eine standardisierte Methodik bei der Erstellung der CO2-Bilanz einer Einrichtung Aufgabe, ein umfassendes Umweltmanagement in (vgl. Unterabschnitt 3.1.2.) besondere Bedeu- allen Bereichen einzuführen und kontinuierlich wei- tung zu. terzuentwickeln. Die Systeme weisen auf bewährte ▪ Die Analyse des Handlungsrahmens der Ein- Managementinstrumente, wichtige Vorschriften und richtung. Ein Überblick auf die nachhaltigkeits- übliche Umweltbelastungsquellen hin und geben relevanten Rahmenbedingungen hilft, sich detaillierte Anregungen, wie diese in effizienter schnell in der Materie zurecht zu finden und Weise reduziert werden können. Sie fassen damit die Einrichtung zu positionieren. Dabei können den aktuellen Qualitätsstandard im einrichtungs- z. B. politische, rechtliche, technische und öko- bezogenen Umweltmanagement zusammen. Ein- nomische Vorgaben in die Planungen einflie- richtungen, die den Empfehlungen folgen, können ßen (vgl. Infokasten Seite 20/21). die Einhaltung dieses Standards anschließend ▪ Die Untersuchung der wesentlichen Hand- durch einen externen Auditor zertifizieren lassen. lungsfelder und Prozesse für die Emissions- Weitere Informationen zu Umweltmanagement- minderung sowie der relevanten Akteur:innen systemen bietet Unterabschnitt 3.1.1. innerhalb und außerhalb der Kultureinrichtung (vgl. Abschnitt 3.2 ff.) sowie die Ermittlung von potenziell günstigen Auswirkungen (Chancen) und Belastungen (Risiken). ▪ Die Festlegung der einrichtungsspezifischen Ziele, Zwischenziele und Zeiträume zur Ziel- erreichung. Dabei müssen die Ausgangsbasis und der individuelle Handlungsrahmen in die Planung einfließen, um ambitionierte, aber den- noch erreichbare Ziele formulieren zu können. ▪ Die Planung von Maßnahmen zur Erreichung der Ziele inkl. Festlegung von Zuständigkeiten und Bereitstellung von Ressourcen (vgl. Unter- abschnitt 3.1.3). Wichtig ist eine Priorisierung 19
2. Wie loslegen? der möglichen Maßnahmen und die Entwick- lung eines groben Zeitplans für die Implemen- Übersicht zu den wesentlichen Elementen tierung bis 2030. Dazu muss jede Maßnahme des Handlungsrahmens hinsichtlich ihres Wirkungspotenzials, der zu erwartenden Kosten und des Personalbedarfs Politische Rahmenbedingungen abgeschätzt werden. Dabei ist zu bedenken, beinhalten etwa dass aufgrund finanzieller und personeller Be- schränkungen nicht alle Maßnahmen gleichzei- ▪ internationale Vereinbarungen tig umgesetzt werden können. Die Gesamtheit (z. B. Pariser Klimaschutzabkommen von aller Maßnahmen muss geeignet sein, die Kli- 2016) maschutzziele zu erreichen. ▪ politische Zielsetzungen der europäischen ▪ Die Einbeziehung der Mitarbeiter:innen und Ebene (z. B. „20-20-20-Ziele“ der EU von auch der Besucher:innen als kontinuierliche 2010, verbindliche Klimaschutz- und Aufgabe, die man in regelmäßigen Abständen Energieziele bis 2030) durch besondere Aktionen beleben sollte (vgl. ▪ politische Zielsetzungen des Bundes Kapitel 4). (z. B. Klimaschutzplan 2050) ▪ Die Analyse der Ausgangsbasis, die Definition ▪ politische Zielsetzungen des Landes der Ziele und die geplanten Maßnahmen wer- (z. B. Koalitionsvertrag „Jetzt für Morgen.“ den im Rahmen eines einrichtungsspezifi- 2021-2026, Energie- und Klimaschutzkon- schen Klimaschutzkonzeptes festgehalten. zept für landeseigene Liegenschaften 2020 bis 2050 (Aktualisierung geplant)) Rechtliche Rahmenbedingungen mit Außenwirkung umfassen etwa ▪ Regelungen der europäischen Ebene (z. B. EU-Klimaschutzverordnung) ▪ Regelungen der Bundesebene (z. B. Bundes-Klimaschutzgesetz, Gebäudeenergiegesetz) ▪ Regelungen der Landesebene (z. B. Klimaschutzgesetz BW, derzeit in Überarbeitung). 20
2. Wie loslegen? 2.2. Die Umsetzung von Klimaschutz- Technische Rahmenbedingungen bzw. maßnahmen („Do“) inneradministrative Verwaltungsregelungen umfassen etwa Der zweite Schritt des PDCA-Kreislaufs betrifft die Imple- mentierung der ausgewählten Maßnahmen. Aus den ▪ Verwaltungsvorschriften (z. B. VwV Be- priorisierten Maßnahmen müssen konkrete Projekte aus- triebsanweisung Energie, VwV Beschaf- gewählt werden, die in der nächsten Umsetzungsperiode fung) (jährlich oder zweijährlich) mit dem verfügbaren Personal ▪ Leitfäden für landeseigene Liegenschaf- und Budget umgesetzt werden können. Diese Projekte ten (z. B. Leitfaden „Biodiversität auf werden in ein Arbeitsprogramm aufgenommen. landeseigenen Liegenschaften“, Leitfaden „Außenanlagen und Grünflächenmanage- Dabei bestehen grundsätzlich zwei Vorgehensweisen: ment“) Einerseits kann die Umsetzung von Maßnahmen zu- nächst in kleineren Einheiten einer Organisation erprobt Ökonomische Rahmenbedingungen bzw. schrittweise eingeführt werden. So können Res- umfassen etwa sourcen geschont, Probleme frühzeitig identifiziert und gelöst, vor allem aber bei der späteren Umsetzung in an- ▪ der Organisation regulär zur Verfügung deren Bereichen der Organisation vermieden werden. stehende Ressourcen (insbesondere: Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist ein höherer Zeit- Budget, Personal) einsatz durch die verzögerte Implementierung. ▪ Förderangebote, die zusätzliche Ressour- cen eröffnen, z. B. Förderungen durch EU, Zum anderen kann es auch sinnvoll sein, Maßnahmen Bund oder Land ohne Vorlauf in der ganzen Einrichtung umzusetzen. Dies ▪ Potenziale, Ressourcen einzusparen ist insbesondere dann zu bedenken, wenn Instrumente oder durch Kooperationen zusätzliche sich nicht für eine schrittweise Einführung eignen oder Ressourcen zu akquirieren vielfach erprobte Standardmaßnahmen sind, die – ggf. mit Unterstützung externer Beratung – auch ohne Probe- Bitte beachten Sie: viele Regelungen im Bereich Klima- phase implementiert werden können. schutz werden aktuell überarbeitet. Bitte stellen Sie daher sicher, dass Sie mit den aktuellsten Unterlagen Um die geplanten Maßnahmen umzusetzen, sollten arbeiten. Die jeweils aktuellen Regelung können Sie diese am besten in die bereits vorhandenen organisatori- unter www.landesrecht-bw.de abrufen. schen Abläufe integriert werden; vorhandene Arbeits- abläufe in der Kultureinrichtung werden also um die durchzuführenden Maßnahmen ergänzt. Das beinhaltet beispielsweise die Erfassung des CO2-Ausstoßes der Transporte bei der Planung und Durchführung einer Aus- stellungsproduktion durch die zuständige Person. 21
2. Wie loslegen? 2.3. Die Überprüfung von Klimaschutz- 2.4. Die Verbesserung auf der Basis maßnahmen („Check“) einer Bewertung („Act“) Die durchgeführten betrieblichen Klimaschutzmaßnah- Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Phase „Check“ men werden auf ihre Wirksamkeit überprüft. Dies erfolgt können im vierten Schritt, der Phase „Act“ die als not- mit dem Monitoring von Maßnahmen sowie regelmäßi- wendig erkannten Anpassungen vorgenommen werden. gen internen und externen Bewertungen der Maßnah- So können etwa die geplanten Maßnahmen hinsichtlich men zum Umweltschutz in der Kultureinrichtung (z. B. der Zielerreichung adaptiert oder – bei erfolgreicher interne und externe Audits, vgl. Kapitel 3.1.1). Zusätzlich Bewährung – auch auf andere Organisationsteile aus- sind die rechtlichen Anforderungen zu überwachen und geweitet, wiederholt (z. B. Nutzersensibilisierung alle zwei bei Änderungen in die Arbeitsabläufe zu integrieren. Jahre) und ggf. als organisationsweiter Standard über- Maßnahmen, die in ausgewählten Bereichen implemen- nommen werden. tiert wurden, werden hinsichtlich ihrer Geeignetheit zur Erfüllung der definierten Ziele untersucht und bei einem Im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung setzt sich positiven Ergebnis zur Ausweitung auf andere Bereiche der Zyklus nach dem vierten Schritt fort: Die aus dem freigegeben. letzten Kreislauf gewonnenen Erkenntnisse fließen wie- derum in eine neue Planungsphase ein, in der die formu- lierten Ziele vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den bisherigen Maßnahmen und ggf. neuer Rahmenbe- dingungen erneut untersucht und aktualisiert werden. Anschließend werden vor dem Hintergrund der neuen Vorgaben Maßnahmen angepasst, zusätzliche oder andere Maßnahmen eingeführt, erprobt und ggf. organi- sationsweit implementiert und damit der Kreislauf mit Initiierung eines neuen jährlichen oder zweijährigen Aktionsplans erneut durchlaufen. Fazit Mit den vier Etappen „Plan – Do – Check – Act“ wird ein Regelkreis der fortlaufenden Verbesserung von Maßnahmen und Zielsetzungen zur Erreichung der Netto-Treibhausgasneutralität etabliert und eine schrittweise Verringerung der Umweltverbräuche sichergestellt. 22
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WO UND WIE PACKEN WIR AN? HANDLUNGSFELDER, INSTRUMENTE UND MASS- NAHMEN 25
3. Was tun? 3. Was tun ? Wo und wie packen wir an? Handlungsfelder, Instrumente und Maßnahmen Die Maßnahmen und Instrumente für einen betrieblichen Grundprinzip bei der Auswahl der Maßnahmen Klimaschutz lassen sich sechs Handlungsfeldern zuord- sollte sein, dass Wärme, Licht, Strom, Luft und nen: Zunächst dem Handlungsfeld „Management“, in Wasser in der erforderlichen Qualität und wäh- dem übergeordnete Fragen zur Systematik, Erfolgsmes- rend der erforderlichen Zeit mit dem geringst- sung und Zuständigkeitsverteilung angesiedelt sind, aber möglichen Energieeinsatz bereitgestellt werden. über den Bereich Beschaffung auch unmittelbar Einfluss auf den CO2-Ausstoß einer Einrichtung genommen wer- Gleichzeitig sind bei der Auswahl aller Maßnahmen aber den kann (vgl. Abschnitt 3.1). auch andere Ziele und Anforderungen, wie z. B. die indi- viduellen konservatorischen Bedingungen der einzelnen Die Handlungsfelder Wärme, Strom, Wasser, Mobilität Kultureinrichtungen, zu berücksichtigen. und Abfall (Abschnitte 3.2-3.6) fassen dagegen vor allem die regelmäßig wirkungsvollsten betriebsökologischen Abschnitt 3.7 skizziert schließlich im Rahmen eines Instrumente und Maßnahmen zusammen. Hierbei wer- Exkurses den ebenfalls wichtigen Bereich des Bau-, den in den Abschnitten in der Regel zunächst die Ein- Gebäude- und Flächenmanagements. Da dieses Feld flussmöglichkeiten der Beschäftigten auf die jeweiligen die nicht betriebsökologischen Maßnahmen umfasst, Handlungsfelder überblicksweise vorgestellt. Anschlie- wird hierauf nur kursorisch eingegangen. ßend folgen die Einflussmöglichkeiten beim Betrieb, die oft in der Verantwortung des Gebäudebeauftragten liegen. Abschließend werden die Aufgaben der Gebäudeeigentümer:in aufgezeigt. Alle drei Gruppen sollten ihr Engagement zur Erreichung der Nachhaltig- keitsziele einer Einrichtung regelmäßig aufeinander abstimmen. Die Handlungsfelder und Maßnahmen werden dabei nicht erschöpfend, sondern zusammenfassend vor- gestellt, um einen Eindruck typischer Maßnahmen zu vermitteln. Je nach Einrichtung sind dabei manche Maßnahmen eher geeignet als andere. 26
3. Was tun? 3.1. Das Handlungsfeld Management Das Handlungsfeld Management beschreibt den betrieb- Kapitel 3.1 lich-organisatorischen Rahmen, in dem die konkreten Handlungsfeld Management Klimaschutzmaßnahmen der Kultureinrichtung umge- setzt werden. Klimaschutz in Kultureinrichtungen ist Kapitel 3.2 (auch) Chef:innensache. Handlungsfeld Wärme Die Leitungen der Kunst- und Kultureinrichtungen sind daher zunächst gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um Nachhaltigkeit und Klimaschutz als wichtige Aufgaben Kapitel 3.3 in der täglichen Arbeit der Einrichtungen zu verankern. Handlungsfeld Strom Hierzu werden im Folgenden entscheidende Themen mit Exkurs Green IT vorgestellt, die die Leitungsebene jeder Kultureinrichtung berücksichtigen sollte. Kapitel 3.4 Die systematische Zielerreichung kann insbesondere mit Handlungsfeld Wasser der Entscheidung zur Einführung eines Umweltmanage- mentsystems gewährleistet werden, hierzu werden die Systeme ISO 14001 und EMAS überblicksweise vor- gestellt (Kapitel 3.1.1). Kapitel 3.5 Handlungsfeld Mobilität Unabhängig vom genutzten System bildet die Analyse der organisationseigenen CO2-Bilanz mithilfe eines CO2-Rechners den Ausgangspunkt aller Maßnahmen. Hierdurch können nicht nur die spätere Zielerreichung kontrolliert, sondern zugleich die Handlungsfelder mit Kapitel 3.6 dem größten Handlungsbedarf und -potenzial individuell Handlungsfeld Abfall und spartenspezifisch identifiziert werden (Kapitel. 3.1.2). Eine wichtige Leitungsaufgabe ist die Klärung von Zu- ständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Welche Mitarbei- Kapitel 3.7 ter:innen sind mit dem Thema befasst? Wie erfolgt die Exkurs Bau & Fläche Abstimmung und Zusammenarbeit der Zuständigen? Abschnitt 3.1.3 gibt zu diesen Themen des Personal- und Organisationsbereichs einige Hinweise. Neben den übergeordneten Leitungsaufgaben bietet der Bereich Beschaffung die Möglichkeit, den CO2-Austoß einer Einrichtung unmittelbar zu reduzieren (Abschnitt 3.1.4). 27
3. Was tun? BEST PRACTICE Best Practice „Nachhaltigkeitsstrategie der Filmakademie Baden-Württemberg“ Die Filmakademie Baden-Württemberg (FABW) Die Erfassung des Ist-Zustands ist noch nicht widmet sich seit Oktober 2021 mit Nachdruck der abgeschlossen, eröffnet aber zum gegenwärtigen Aufgabe, zukünftig in allen Wirkungsbereichen Zeitpunkt bereits Einblicke in die Energie-, bzw. ökologisch und sozial nachhaltig und ressourcen- CO2-Bilanz der Akademie, zeigt wesentliche Inter- schonend zu arbeiten, zu produzieren und zu lehren. dependenzen der oben genannten Arbeitsfelder auf In der ersten Phase konzentriert sich die FABW in und liefert erste, interessante Fragestellungen und ihrer Nachhaltigkeitsstrategie auf die Aspekte der Perspektiven für weitere Themenbereiche an der ökologischen Nachhaltigkeit. Auf Basis ihres Leit- FABW. bilds zur Nachhaltigkeit wurden folgende Arbeitsfel- der für die stufenweise Implementierung einer Für die Einleitung des zweiten Schritts wurden an- ökologischen Nachhaltigkeit an der FABW definiert: hand der Referenz- und Zielvorgaben kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen entwickelt und in Form 1. Management einer Zielmatrix festgehalten (2022 – 2025/26). Die 2. Lehre Zielmatrix bildet dabei einen fortlaufenden Work-in- 3. Studentische Produktionen Progress ab, gemäß dem PDCA-Prinzip (Plan, Do, 4. Mobilität Check, Act). Darüber hinaus wurden zwei weitere 5. Green Studio Arbeitsfelder an der FABW identifiziert, die kurz- und mittelfristig in die strategische Planung zur Im ersten Schritt wurde der Prozess einer Ist-Bilan- Nachhaltigkeit einbezogen werden: „Green IT“ zierung in den genannten Bereichen initiiert und mit: sowie die nachhaltige Ausrichtung der internatio- nalen Veranstaltung „FMX“. ▪ den äußeren politischen und branchen- üblichen Rahmenbedingungen, Die gegenwärtigen Erfahrungen und Vorbereitungen ▪ den nationalen und internationalen sollen ab 2023 in den Beginn einer Nachhaltigkeits- Standards zur Nachhaltigkeitstransformation, zertifizierung der FABW münden. sowie ▪ den internen, institutionellen Vorgaben und Zur weiteren strategischen Entwicklung sowie der Abläufen an der FABW Durchführung der Maßnahmen in ihren internen und externen Wirkungskreisen hat die FABW eine Per- abgeglichen. sonalstelle in das „Management Nachhaltigkeit“ umgewidmet. 28
3. Was tun? 3.1.1. Zertifizierungssysteme zur Für ISO spricht: Einführung eines Umweltmanage- ▪ Die Norm bietet hohe Freiheitsgrade. Die Ein- mentsystems richtung kann Umweltziele selbst definieren. ▪ Es besteht die Möglichkeit, neben dem Um- Ein Umweltmanagementsystem bildet alle Maßnahmen weltmanagement auch weitere Management- der Kultureinrichtung ab, die zur Verringerung ihrer kli- systeme, etwa für die Bereiche Qualität, maschädlichen Umwelteinflüsse beitragen sollen. Durch Energie oder Arbeitsschutz, einzuführen und die Strukturierung, Steuerung und stetige Optimierung diese zertifizieren zu lassen. von Abläufen und Maßnahmen sind Umweltmanage- ▪ Die Norm ist weltweit anerkannt. mentsysteme ein wichtiges Instrument zur Erreichung der Klimaschutzziele. Das Konzept, welches das Klima- team zusammen mit der zuständigen Leitungsperson www.iso.org/home.html erarbeitet, ist eine wesentliche Grundlage dafür. (englisch) www.umweltbundesamt.de/themen/ wirtschaft-konsum/wirtschaft- Umweltmanagementsysteme, die eine Zertifizierung umwelt/umwelt-energiemanage- erfordern, können auch als Zertifizierungssysteme ment/iso-14001- bezeichnet werden. Eine Zertifizierung schafft Trans- umweltmanagementsystemnorm# parenz nach innen und nach außen, unterstützt inhalte-der-iso-14001 beim Erfüllen von rechtlichen Anforderungen und erwirkt eine ständige Verbesserung der Energie- Umweltbundesamt ISO-14001 – und Umweltleistung einer Einrichtung. Umweltmanagementsystemnorm Etablierte Systemstandards sind insbesondere ISO 14001 EMAS (Eco Management Audit Scheme) ist eine europäi- und EMAS. Beide sind gut geeignet, Einrichtungen bei sche Norm zum Umweltmanagement, die zur Verbes- der Einführung eines systematischen Umweltmanage- serung der Umweltleistung von Betrieben eingesetzt wird. ments zu unterstützen. EMAS basiert auf dem Umweltauditgesetz. Sie enthält alle Anforderungen der ISO 14001 und weitere Anforderungen. ISO 14001 ist eine internationale Norm zum Umweltma- nagement, die sicherstellt, dass alle Umweltaspekte im Die Kulturstiftung des Bundes ist beispielsweise EMAS Unternehmen rechtssicher und transparent umgesetzt zertifiziert. werden. Die kontinuierliche Verbesserung der Umwelt- leistung, der Vermittlung von Umweltwissen und der Für EMAS spricht: damit verbundenen Prozesse stehen dabei im Vorder- ▪ Die zertifizierte Einrichtung wird in das grund. öffentliche europäische EMAS-Register aufgenommen. Die Staatsgalerie Stuttgart ist seit dem Jahr 2016 als ▪ Eine EMAS-Zertifizierung erfordert eine erstes Museum in Deutschland ISO 14001 zertifiziert. öffentliche, detaillierte Umwelterklärung mit allen konkreten Maßnahmen und Daten. Die Umwelterklärung als ein zentrales Kommuni- 29
3. Was tun? kationstool stärkt die Glaubwürdigkeit des Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DKN) unter- Unternehmens gegenüber Mitarbeiter:innen, stützt den Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie und Besucher:innen, Lieferant:innen und der bietet einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsbericht- Öffentlichkeit. erstattung. ▪ Die EMAS-Zertifizierung basiert auf einem staatlich beaufsichtigten Prüfsystem durch Umweltgutachter:innen. www.deutscher- nachhaltigkeitskodex.de www.emas.de www.umweltbundesamt.de/themen/ Zur Erreichung des Klimaziels ist die wirtschaft-konsum/wirtschaft-um- Einführung von Umweltmanagement- bzw. welt/umwelt-energiemanagement/ Zertifizierungssystemen in den Kulturein- emas-umweltmanagement- richtungen sinnvoll. guetesiegel-der-europaeischen Umweltbundesamt EMAS – Umwelt- management-Gütesiegel der Europäi- schen Union Kleinere Kultureinrichtungen, für die eine Zertifizierung organisatorisch und betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll ist, können stattdessen auch auf den Deutschen Nach- haltigkeitskodex zurückgreifen (DNK). Der DNK ist ein Transparenzstandard für die Berichterstattung betriebli- cher Nachhaltigkeitsleistungen. Durch den DNK kann keine Zertifizierung erlangt werden, er bildet jedoch die Basis für eine Zertifizierung nach EMAS oder ISO 14001. 30
3. Was tun? 3.1.2. CO2-Rechner, CO2-Bilanz und Um die CO2-Emission auch für die Planung eines laufen- Verbrauchsüberwachung den Jahres nutzbar zu machen, wird zudem eine regel- mäßige, z. B. monatliche Verbrauchserfassung der Ziel der CO2-Bilanzierung ist es, zu Beginn Einsparpoten- wichtigsten Emissionsquellen empfohlen. Durch den ziale, aber im Weiteren auch bereits erreichte Einsparun- Vergleich zum Vormonat und zum Vorjahr können dabei gen sichtbar zu machen. Dadurch können prioritäre Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und korrigiert wer- Handlungsfelder erkannt und Entscheidungen bei der den. Insbesondere sollten dabei die Energieverbräuche, Auswahl von geeigneten Maßnahmen begründet wer- d. h. der Verbrauch von Strom, Wärmeenergie und den. Die CO2-Bilanz ist damit das zentrale Instrument zur Frischwasser erfasst werden (Energiecontrolling). Feststellung und Analyse der Ausgangssituation, zur Überwachung der Zielerreichung und zur kontinuierli- Der Energieverbrauch sollte in Kultureinrich- chen Verbesserung des Maßnahmenplans. tungen konsequent gemessen und überwacht werden. Dabei hilft die Einführung entspre- chender Messsysteme. In einem bundesweiten Pilotprojekt unterstützte die Kulturstiftung des Bundes 19 Kultureinrichtungen Die Ergebnisse sollten möglichst intern kommuniziert aus verschiedenen Sparten dabei, eine Klimabilanz und z. B. im Intranet oder über Rundmails allen Mitarbei- zu erstellen und den eigenen CO2-Fußabdruck zu ter:innen bekannt gemacht werden. Bei der Durchführung ermitteln. Die Dokumentation des Vorhabens mit von Einsparprojekten in den Räumlichkeiten ist es sinnvoll, Auswertungen, Erfahrungsberichten, Handlungs- Strom und Wärmezählerstände vor und nach dem Projekt empfehlungen und Arbeitsmaterialien ist auf der abzulesen. So lässt sich der Verbrauch zielgerichtet eva- Seite der Kulturstiftung des Bundes zu finden. luieren. Hinsichtlich der Erfassung der Energieverbräuche wird die Nutzung einer Energiecontrollingsoftware emp- fohlen. Sie vereinfacht und automatisiert die Auswertung Um ein wirksames Umweltmanagement ge- und das Berichtswesen (Reporting). währleisten und insbesondere den Erfolg der Zielerreichung sicherzustellen, sollten Einrich- Ein CO2-Rechner unterstützt die Kultureinrich- tungen eine jährliche CO2-Bilanz erstellen und tungen bei der Erstellung ihrer individuellen diese zum Ausgangspunkt des kontinuierlichen CO2-Bilanz. Ein regelmäßiges Controlling er- Verbesserungsprozesses machen (vgl. Ab- leichtert die Planungen zur Zielerreichung im schnitt 2.1). laufenden Jahr. 31
3. Was tun? Die Software zur Erstellung der CO2-Bilanz wird als ▪ Scope 1: CO2-Rechner bezeichnet. Dabei ist es wichtig, dass alle direkten Treibhausgasemissionen, der CO2-Rechner bestimmte Voraussetzungen er- z. B. Brennstoffeinsatz in Heizkesseln und füllt. Insbesondere sollten die Scopes 1-3 des GHG Treibstoffverbrauch im eigenen Fuhrpark Protocols (Greenhouse Gas Protocol Corporation ▪ Scope 2: Standard10) berechnet werden können. Gemäß indirekte Treibhausgasemissionen aus dem GHG-Protokoll werden die Emissionen in drei Berei- Verbrauch von eingekauftem Strom, Wärme oder che eingeordnet: Dampf ▪ Scope 3: andere indirekte Emissionen, insb. Beschaffung, Geschäftsreisen, Abfall, Wasser, Transporte und Publikumsverkehr CO2 NF3 N 2O CH4 PCFs HCFs SF6 Scope 3 Scope 2 Scope 1 Scope 3 vorgelagert nachgelagert angemietete oder bezogene Unternehmens- geleaste Sachanlagen Elektrizität, einrichtungen Transport & Verteilung Dampf, Heizung & (Heizung, Kühlung für die Notstrom, Verarbeitung Abfall eigene Nutzung Kältemittel,...) verkaufter Produkte Pendeln der Arbeit- Nutzung der nehmer & Homeoffice Fuhrpark verkauften Produkte Kapitalgüter Investitionen Brennstoff & energie- bezogene Emmissionen Franchise eingekaufte Güter & vermietete oder Dienstleistungen verleaste Sachanlagen Umgang mit Produkten an Transport & Verteilung deren Lebenszyklusende Geschäftsreisen Emissionen aus Emissionen innerhalb Emissionen aus vorgelagerten Aktivitäten des Unternehmens nachgelagerten Aktivitäten Quelle: Arqum GmbH, eigene Darstellung in Anlehnung an www.klimareporting.de 32
3. Was tun? Es wird allen Kultureinrichtungen empfohlen, 3.1.3. Personal und Organisation bereits jetzt eine CO2-Bilanz zu erstellen. Für Klima- und Energiemanagement soll beim Trans- Die CO2-Bilanz kann dabei helfen, die größten Emis- formationsprozess zur Netto-Treibhausgasneutralität sionsquellen zu identifizieren und als Ausgangsbasis für ausreichend Personalkapazität vorgesehen werden. Ein- die Bewertung unternommener Maßnahmen dienen. richtungen brauchen zudem klar definierte Strukturen Aktuell gibt es im Kulturbereich noch keinen Rechner und Verantwortlichkeiten. Dabei ist es wichtig, dass die zur Erstellung einer CO2-Bilanz, der alle Bedarfe gleicher- Leitungsspitze das Thema Nachhaltigkeit dauerhaft be- maßen abdeckt. Für den Einstieg bieten sich daher gleitet. Instrumente wie etwa der kostenlose CO2-Rechner des Aktionsnetzwerks Nachhaltigkeit in Kultur und Medien11 In der Führungsebene ist ebenfalls eine verantwortliche oder aber auch anderer Anbieter an. und speziell geschulte Person – die Klimaschutzmana- ger:in – zu benennen, die für das Thema ökologische Um der Komplexität der CO2-Bilanz von Kultureinrichtun- Nachhaltigkeit zuständig ist und es vorantreibt. Mittlere gen gerecht zu werden, strebt Baden-Württemberg nun und kleine Einrichtungen könnten prüfen, sich mit ande- gemeinsam mit weiteren interessierten Ländern die ren Einrichtungen zusammenschließen, um die Auf- Entwicklung eines adäquaten CO2-Rechners an, der ein- gabenwahrnehmung zu bündeln. heitliche Standards schafft und damit zur bundesweiten Vergleichbarkeit der erhobenen Daten beiträgt. Vor die- Darüber hinaus ist es sinnvoll, ein Klimateam im Sinne sem Hintergrund prüft derzeit auch der Bund seine eines Koordinationsgremiums einzurichten, dem Vertre- Mitwirkung an diesem Vorhaben. ter:innen aller betroffenen Organisationsbereiche ange- hören. Ziel des Gremiums ist, das Organisationswissen Für die staatlichen Kultureinrichtungen soll zum Thema Nachhaltigkeit zu bündeln und eine zentrale mittelfristig spartenübergreifend ein einheitli- Plattform zu etablieren, über die die Mitarbeiter:innen cher CO2-Rechner eingesetzt werden. Eine informiert und Nachhaltigkeitsthemen beraten werden CO2-Bilanzierung und der Einsatz eines CO2- können. Aus diesem Gremium heraus sollte, unterstützt Rechners sind in jeder Kultureinrichtung in von der bzw. dem Klimaschutzmanager:in, das Klima- staatlicher Trägerschaft zur Erreichung des team ein Klimaschutzkonzept für die Einrichtung erarbei- Klimaziels unabdingbar. ten. Wichtige Schritte sind Verbrauchsüberwachung, Betriebsoptimierung, Beschaffung und – für größere Einrichtungen – die Implementierung eines Umweltma- nagementsystems. Zusätzlich können weitere Arbeits- gruppen in den Handlungsfeldern aus dem Klimateam gebildet werden, z. B. Energie- und Flächenmanagement, Dienstreisen, Lieferketten, Nachhaltigkeit, Mobilität. 33
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